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weAreAnimals
http://www.neon.de/user/weAreAnimals
Wie viel Schweiß?
Ich frage mich, wer sich mit dieser Bettdecke schon zugedeckt hat.
Der Himmel wird schwarz über Amsterdam. Ich schaue ihn an, ein letztes Mal für heute.Nichts hat sich verändert. Die Nacht bricht an, so wie sie es immer tut. Es riecht nach Straße und auch nach Wasser. In der Nähe blüht ein Baum, auch der Geruch seiner Blüten weht herüber. Es wird kühl. Gestern kam ich hier an. Der Rummel der Stadt, beherrscht von Fahrrädern, hat keine Gedanken zugelassen und auch keinen Schlaf. Es ist schön, nicht schlafen zu können, weil es so viel zu sehen gibt, und nicht, weil die Fragen mir die Ruhe rauben. Ich fühle mich ausgelaugt und fern aller Wirklichkeit. Die Dunkelheit legt sich über die Stadt, obwohl das gar nicht stimmt. Die Dunkelheit legt sich nicht. Viel eher breitet sie sich von einer Richtung aus. Dort wo die Sonne heute Morgen aufging, ist es bereits finster. Der Himmel verdunkelt sich. Ich denke an das Tintenfass, das ich als Kind über das Kleid meiner Tante gekippt habe. Das Kleid war einmal von einem hellen Blau gewesen. Danach nicht mehr. Das Hotel in dem ich diese Woche wohne, ist okay. Das kann ich aber auch über die WG meines älteren Bruders sagen. Die ist auch okay. Vier Typen, vier Zimmer, ein stinkendes Bad. Ein Schlachtfeld, das sie „Küche“ tauften. Und ich. Ist okay. Als ich vor dem Bett stehe frage ich mich, wer sich mit dieser Decke schon zugedeckt hat. Ich frage mich, wie viele Pärchen darauf Sex hatten. Wie oft jemand darauf fremdging und wie viele Tränen darauf getrocknet sind. Wie viel Schweiß? Ich beschließe, dass ich mich erst einmal nur drauflegen sollte, noch nicht damit zudecken, und ziehe einen Pulli an, um mir den direkten Kontakt mit dem miefigen Teil zu ersparen. Dann lasse ich mich fallen. Es kracht und knarzt. Ich schließe die Augen und höre durch das angelehnte Fenster, wie Fahrradfahrer klingeln und rufen. Jemand singt. Meine Augen springen auf, als ich merke, dass es Queens Bohemian Rapsody ist. Muss lachen und daran denken, wie ich es gesungen habe, im Auto. Auf dem Weg hierher. Ich würde gerne mitsingen, Doch plötzlich verspüre ich die Müdigkeit, auf die ich seit Tagen warte. Endlich. Da ist sie, denke ich noch,schließe die Augen und drehe mich zur Seite, drücke mein Gesicht in die Decke und- "Böäh!" Das stinkt ja wie… Hölle! Wie Tante Bessy unter den Armen. Was ist das denn jetzt? Knallwach stehe ich auf und reiße das Fenster auf. Merke dabei, dass es taghell ist. Wie geht das denn? Nur geträumt? Wann, was, wie? Häh? Ich gehe nochmal zum Bett, zu der Decke und will schnuppern ob der Gestank überhaupt echt war. Beuge mich runter, erst schnell, dann langsamer und widerspenstiger, fürchte mich doch vor dem Geruch und atme kurz ein. Ja! Okay. Das war echt! Ich s chaue mich im Zimmer um. Alles anders. Unordentlich, überall Bücher und Essen. Das ist kein Hotelzimmer. Aus dem Radio tönt Queen. Ich lege mich wieder hin. Mein Bruder klopft an die Tür: "Eh! Magst Pizza?" Ich grunze nur. Dann geht die Tür auf: "Pizza?", fragt Waldi nochmal und sein zerzauster Kopf steckt in der Tür. Ich grunze wieder und er zieht seinen Kopf in Sicherheit, bevor ihn mein Kissen treffen kann. "Ok.", sagt er, und die Tür fällt wieder ins Schloss. Zeit meine Sachen zu packen, beschließe ich, wobei ich mit einer Woche rechne und genauso viele paar Socken, Höschen und Shirts einpacke. Ich belasse es bei einer Reservehose und einem Pulli, falls es kalt werden sollte. Dann stürme ich raus. Waldi ruft noch: "Wohin?" Ich mache kehrt, drücke ihn kurz an mich. "Amsterdam." Und mache die Tür zu.
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reise
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Fakingasmile
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Inventur und Kassensturz
Das Jahr schreibt rote Zahlen, nichts übrig von dem, was wertvoll war - und keine Versicherung, die Schadensersatz leisten könnte.
Am Ende bleibt nichts von dem, was mir der Anfang des Jahres versprach. Nichts, außer dieses gebrochene Herz, der zentner-schwere Rucksack voller Selbstzweifel, Zukunftsängsten und der Frage, ob dieses Leben überhaupt noch einen Sinn macht. Die Unfähigkeit zu weinen, mich von dem ganzen Druck nur kurzfristig durch die Zeremonien über der Toilette befreien zu können, immer die 50 kg im Hinterkopf - dein für mich perfektes Idealgewicht. Der tägliche Kampf gegen die Frau im Spiegel, die alles könnte, wenn sie ihr zerrüttetes Inneres mit dem nach außen so scheinbar Perfekten in ein Gleichgewicht bringen könnte. Die Mogelpackung, deren Inhalt sich täglich entleert und offenbart, sobald es still wird und keiner mehr zusieht. Doch wie kann ich länger verbergen, was allmählich so offensichtlich erscheint? Du hast mir einen Rucksack gefüllt, der, wenn man die Größe betrachter, in keinem Verhältnis mehr zu meiner Körper- und Kleidergröße steht. Der Grund, weshalb ich nie zur Bundeswehr gegangen bin, das Gewicht erdrückt mich. Meine Liebeskind-Tasche hast du behalten. Darin befindet sich vermutlich noch immer diese Offenheit und Ehrlichkeit, die die Menschen um mich herum so faszinierte. Die besondere Art von Humor, meine Lebensgeister, das Urvertrauen in die Welt und vor allem - die Liebe zu mir selbst. Ich bin jetzt die, die du haben wolltest. Die Frau die nicht mehr isst und nur noch schläft, nur noch funktioniert und die Mauern höher zieht, sobald sich wieder einer bemüht, das scheinbar perfekte Mädchen zu erobern. Ich hasse dich. Und ich hasse mich. Am du bin ich zum ich geworden, das ich, das längst für keinen mehr greifbar ist, sich durch Alkohol und Zigaretten betäubt und auf ein Ende hofft. Wie lange muss ich noch verweilen? Wann hört das endlich auf? Und weshalb habe ich nicht auf all die Stimmen im Bekanntenkreis gehört, die mir laut zuriefen, dass du der Teufel bist? Das Jahr schreibt rote Zahlen, nichts übrig von dem, was wertvoll war - und keine Versicherung, die Schadensersatz leisten könnte.
http://www.neon.de/artikel/fuehlen/liebe/inventur-und-kassensturz/1465709
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liebe
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Tinuschka
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Sex is on fire
Ein Versuch das Gefühl zu dem Lied von Kings of Leon festzuhalten.
Sex is on fire Sie werden es verurteilen. Nein, uns verurteilen. Aber was konnten wir tun? Das Verlangen nach dir konnte nicht ruhn. Wie konnte ich der Gier nur nachgeben? Wie konnte die Natur nicht zum Richtigen streben? Ich konnte nicht widerstehen. Musste dich einfach wiedersehen! Dein Duft war es, der mich süchtig machte. So, dass ich nun nach meinem Ansehen trachte. Das Geheimnis machte es spannend, stets ein neues Versteck planend. Ich kann es nicht bereuen. Muss mich deines Seins freuen. Schwinden müssen wir, schnell und zwar fort von hier! Ich konnte nicht widerstehen. Musste dich einfach wiedersehen! ><> 14.9.09
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tantini
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Kreidemalerei
An sonnigen Tagen wollten wir es meist bunt und wenn wir übermütig waren, malten wir Herzen.
Dünne Striche zierten unsere gemeinsamen Wege. Feine Linie verfolgten uns und dienten zur Orientierung. Wir hielten Spur. An sonnigen Tagen wollten wir es meist bunt und wenn wir übermütig waren, malten wir Herzen. Du maltest meine aus - stets innerhalb der bunten Linien. Ich malte großzügiger, oft über den Rand, um dich auszutesten und schon standen Seife und Wasser neben meinen Knien, weil dir die Wahrung der Form so wichtig war. Die Striche verliefen in unserer Mitte, wenn wir die Umgebung erforschten. Nur unsere Hände schwebten wie ein Knoten über den Strichen, wenn wir mutig genug waren, die Hand des anderen zu halten. Wenn unsere Hände zitterten, waren die Linien gezackt - jeder Zacken ein kleiner Dorn. Bei jeder zufälligen Berührung spürte man einen stechenden Schmerz. Aber oft wurden wir nur so daran erinnert, dass es sie gab. Wenn die Wege ins Nichts liefen, änderten wir die Richtung. Noch waren wir uns einig, auch über die Farben mussten wir nicht streiten. Wir zogen fleißig unsere Linien und zur Abwechselung unsere Herzchen. Eines Tages beobachtete ich dich mit einem Wassereimer. Du wolltest meinen letzten Strich auswischen und eine andere Richtung einschlagen. Du hast mich nicht gesehen, aber dich letztendlich auch nicht getraut. Von da an zogen wir oft Striche, die aneinander vorbei führten oder sich im Kreis drehten. Weiß beherrschte unsere Kreidemalerei, bunt war nur noch Vergangenes. Immer öfters kam es dazu, dass sie sich zwar noch kreuzten, aber stets in entgegengesetzte Richtungen verliefen. Wir verloren die Orientierung zwischen all den Strichen. Die Malerei mutierte zu einem wirren Bild. Die Herzen hatten wir längst übermalt. Unsere zitternden Hände hinderten uns an weiteren Herzen mit klaren Formen. Wir versuchten es dennoch. Und als wir dann beide über den Rand malten, fühlten wir uns wie Kunstfälscher - ertappt und ohne Rechte. Die Tage wurden grau und ein Wind kam auf, wenn wir auf unserer Straße spielten. Wir warteten auf Regen, als der Kreideeimer leer und unsere Finger ganz staubig verfärbt von den letzten Kreideresten waren. Als dieser dann endlich fiel, schauten wir zu, wie sich die bunte Brühe im grauen Asphalt verlor. Es brauchte viel Regen, um unser Werk zu zerstören. An einem neuen Tag schien dann wieder die Sonne, die wärmenden Strahlen fielen über neue Straßen her. Die Wege waren gereinigt. Und plötzlich schien es so, als hätte es uns nie gegeben.
http://www.neon.de:80/artikel/fuehlen/liebe/kreidemalerei/790004
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fuehlen
liebe
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AnnikaFroe
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Liebes Internet
Ein Brief an das Internet. Alles, was ich sagen wollte, was sich verändert hat und auch ein bisschen Urheberrecht.
Liebes Internet, wir kennen uns jetzt schon seit ungefähr 13 Jahren. Mehr als die Hälfte meines Lebens zumindest. Wann genau ich dich kennengelernt habe, weiß ich gar nicht mehr. Am Anfang hast du dich ja auch noch gar nicht für mich interessiert, weißt du noch? Erst seit 2005 ungefähr, als du angefangen hast dir zu merken, was ich gerne mache und wonach ich eigentlich suche. Seitdem gibst du dir ja auch die größte Mühe meine Wünsche zu erfüllen. Du bist wirklich sehr aufmerksam geworden! Deshalb schreibe ich dir. Weil du so präsent geworden bist und weil sich durch dich einiges in meinem Leben verändert hat. Ich wollte dich einiges fragen und dir aber auch viel erzählen. Ich habe damals jedenfalls überhaupt nicht mit dir gerechnet. Und dass du jemals so eine große Rolle in meinem Leben spielen wirst, das konnte ich mit elf Jahren ja auch noch nicht ahnen. Damals war es hauptsächlich lustig mit dir. Durch dich habe ich viele Menschen kennengelernt und ganze Tage nicht mit meiner Familie verbracht, weil ich mich lieber mit dir getroffen habe. Wir haben uns auch ein bisschen verschworen, damals. Meine Mutter hat uns nie verstanden. So langsam kommt sie hinter die Beziehung, die wir beide führen, aber so ganz wird sie dich wohl nie durchschauen. Über dich habe ich damals auch meinen ersten „Freund“ kennengelernt. Ist das nicht komisch, dass ich heute sage, ich kann mir nicht mehr vorstellen ohne dich zu leben. Ich habe dir meinen ersten Kuss zu verdanken, meine erste Liebe. Wir haben damals noch Briefe geschrieben, mein Freund und ich und stell dir vor, wir haben gefaxt. Ich habe alle Briefe und Faxe aufbewahrt. Aber ohne dich, hätten wir uns ja gar nicht getroffen. Ich habe dir auch einen Freund zu verdanken, der mir lange Zeit sehr wichtig war. Hin uns wieder sehe ich ihn mal im Zusammenhang mit dir. Martin heißt er. Du kannst dich sicher nicht mehr erinnern. Als wir beide uns dann besser kannten, konnte ich auch mal von dir lassen. Da war ich dann in etwa 15 Jahre alt. Aber so ist das ja mit Beziehungen, am Anfang warst du eben neu für mich, spannend und aufregend und du hast mir, ach, die ganze Welt versprochen.Aber ich habe dich irgendwann einfach mehr als Teil meines Lebens gesehen und deine Existenz gar nicht mehr hinterfragt. Da habe ich auch wieder ein bisschen mehr mit meiner Familie gemacht. Wobei, dann kam mein zweiter Freund. Aber auch mit ihm hast du mir geholfen, auch wenn er und ich uns schon kannten, bevor ich überhaupt von dir gehört habe! Du hast mir peinliche Fragen an meine Eltern erspart – hast mir geduldig erklärt, wie Verhütung funktioniert. Damals haben viele gesagt, dass du mich zu einem unsozialen Verhalten verleitest, weil ich oft den ganzen Tag nur mit dir in meinem Zimmer verbracht habe. Auch wenn draußen die Sonne geschienen hat. Ja, damals bist du partout nicht mit mir nach draußen gegangen. Ich denke jedenfalls nicht, dass du mich zu einem unsozialen Menschen gemacht hast. Im Gegenteil. Früher, als ich mit meiner besten Freundin noch Baumhäuser gebaut habe, da wusste ich noch nichts von dir. Da war Vanillemilch aus Glasflaschen in der Grundschule noch erlaubt und wir haben aus schwarz-weißen Mathebüchern gelernt und beim Kreideholen haben wir uns besonders viel Zeit gelassen. Heute bist du ja auch in der Schule und Kreide gibt’s dort bald nicht mehr. Durch dich (und natürlich in der Schule) habe ich aber etwas sehr wichtiges gelernt. Es nützt mir ja recht wenig, wenn du mir auf der einen Seite erzählst, dass Vanillemilch schlecht für die Zähne und Glas sehr gefährlich für Kinder ist, weil es ja brechen kann – auf der anderen Seite erzählst du mir dann wieder, dass es wichtig ist, dass man sich auch mal was gönnt und dass Zucker glücklich macht. Was soll ich denn da glauben? So ist das ständig mit dir. Du erzählst mir alles aus hundert verschiedenen Blickwinkeln. Das nenn ich ja mal wirklich objektiv! Wo sich doch alle immer beschwert haben, dass das Fernsehen, die Zeitungen und das Radio so subjektiv berichten. Heute kann ich mir, dank dir, aussuchen, welcher subjektiven Meinung ich glauben will – oder ich bilde mir im besten Fall aus all den subjektiven Meinungen meine eigene. Ja, weißt du eigentlich, dass du mir bei sehr vielen Hausaufgaben geholfen hast? Du bist echt besser als jede Nachhilfe. Na ja. Eigentlich hast du mir bloß alles vorgesagt. Aber wenn es mich dann interessiert hat, dann hab ich ja weiter gefragt; meinen Eltern, den Lehrern und den Büchern geglaubt. Zu der Zeit hat man nämlich gesagt, dass du auch viele Unwahrheiten erzählst. Das stimmt schon und das ist sicher auch immer noch so. Ich kann dir oft einfach nicht alles glauben was du sagst, aber ich kann es mir aus vielen verschiedenen Blickwinkeln erzählen lassen. A propos Bücher. Ich glaube dir ist es egal, wenn ich sage, ich liebe Bücher. Ich glaube du bist dir deines großen Einflusses auf mich bewusst. Und gleichzeitig muss ich dir jetzt was sagen: Manchmal bin ich lieber mit den Büchern zusammen, als mit dir. Du bist so ungeduldig geworden und so hastig. Gerade noch reden wir über ein Thema und schon quatscht du mir wirr rein und schlägst zehn weitere Themen vor, die mich interessieren. Was soll das? Das war früher anders zwischen uns. Ich kann es dir aber nicht übel nehmen. Es ist ja alles irgendwie schneller geworden. Jetzt hör ich mich schon an wie meine Oma früher. Ja, ja. Die Autos, die Züge und die Flugzeuge. Schade eigentlich, dass wir nie zusammen verreisen können, du bist ja immer schon vor mir da! Jedenfalls hast du mir aber auch schon viel Heimweh erspart oder es mir zumindest leichter gemacht – ich glaube sogar, daran könntest du dich jetzt noch erinnern, weißt du noch, als ich in Argentinien war? Ich hab es dir bestimmt irgendwann mal erzählt. Das war 2006 erst. Als ich dort, am anderen Ende der Welt war, hast du mir die Zeit wieder zurückgegeben, die ich damals, als ich dich kennengelernt habe, nicht mit meiner Familie verbracht habe. Seltsam, oder? Über dich habe ich sehr viel mit ihnen geschrieben und gesprochen. Danke, fürs Übermitteln meiner Nachrichten. Liebes Internet, ich wüsste gerne, wie ich wäre und wo ich wäre, wenn ich dich nicht kennengelernt hätte. Ich kann es mir nicht vorstellen. Ich würde wahrscheinlich ein bisschen gelassener sein und mir weniger Gedanken über meine Zukunft machen, die mir ja, wie du immer sagst, tausend Möglichkeiten bietet. Dass du mir auch immer alles so genau erklären musst und mir in schillernden Farben vor Augen hältst! Das macht's nicht leichter. Als du mir damals die ganze Welt versprochen hast, hast du zumindest nicht gelogen. Du hast mir Musik und Orte gezeigt, die ich allein nie gefunden hätte, du hast mir Geschichten erzählt und so unglaublich viele Dinge beigebracht, dass ich mir vieles davon einfach nicht mehr merken kann, und dich jedes mal wieder fragen muss. Was für ein Glück, ich muss es mir nicht merken. Du hast mir immer vermittelt, dass Wissen wichtig ist, das man das, was man weiß, teilen soll. Das hab ich auch gemacht, ich habe mit dir geteilt. Seit ein paar Jahren gehst du ja auch raus an die Sonne. Da können die Mütter von den jetzt Elfjährigen sicher nicht mehr meckern. Ich find's schon klasse, dass du mir sagst, wie das Wetter morgen wird und mir gleich passend dazu Bikinis zeigst. Ich find's auch immer wieder erstaunlich, dass du dir merkst, dass ich gerne noch mal nach Barcelona fliegen will und mich regelmäßig daran erinnerst. Ja, ich will es immer noch. Frag mich also ruhig weiterhin. Aber pass auf, es könnte schon übermorgen der spontane Roadtrip mit dem Auto an die Nordsee sein. Du kannst mir dann ja zum Bikini noch eine windabweisende Jacke zeigen. Du weißt ja, dass ich studiere. Das Thema meiner Bachelorarbeit ist Kopie, ich glaube, das hab ich dir noch nicht erzählt. Genau Kopie. Das was durch dich so in aller Munde ist. Copy & Paste, Urheberrecht und das was du „teilen“ nennst. Ich wollte mich ja nicht beschweren, aber du bist nicht nur wirklich ungeduldig geworden, du bist auch eine Plaudertasche. Alles was ich dir erzähle, erzählst du weiter. Das geht so nicht. Ich glaube, da müssen wir jetzt mal drüber reden. Du erzählst ja auch mir alles, was deine anderen Freunde dir erzählen. Na ja, eigentlich wissen wir ja, dass du den Mund nicht halten kannst. Wir sind also eigentlich selber Schuld. Aber ich wollte dich etwas fragen und dir etwas erzählen, damit du mich besser verstehst. Früher, als ich dich noch nicht kannte, hat mein Vater mir oft Musik vorgespielt. Das war immer sehr schön, wir saßen dann vor seiner großen Platten- und CD-Sammlung und er hat mir was über den Musiker erzählt. Meistens waren das Jazzmusiker. Hat mich mit acht noch nicht so sehr fasziniert, aber den Zugang zur Musik, den hab ich sicher dadurch bekommen – aber darum geht’s nicht. Seine Plattensammlung ist riesig und heilig. Ich durfte die Platten und den Plattenspieler ganz früher nicht anfassen. Die ganze Plattensammlung war für mich in dem Moment also unnütz, weil ich sie nicht hören durfte. Das war früher so, das kannst du dir gar nicht vorstellen. Wenn man etwas hören wollte, dann musste man es kaufen. Oder man hatte Glück und es kam mal im Radio. Ganz am Anfang, als ich dich noch nicht so lange kannte, hattest du eine Idee, die unser aller Leben und unsere Kultur verändert hat. Du meintest, Musik solle man tauschen. Tauschen bedeutet ja eigentlich ich gebe dir etwas von mir und nehme dafür etwas von dir. Aber du hast ja gar nicht getauscht. Du hast gesagt, du bringst das Lied zu meiner Freundin und mir im Gegenzug ein anderes von ihr. Für mich minus A, plus B. Du hast gemogelt, hast dir heimlich alle Lieder, Texte und Filme kopiert und so deine eigene Sammlung vergrößert. Für dich plus A, plus B. Und weil du das mit allem gemacht hast, was man dir erzählt und gegeben hat, hast du jetzt die größte Mediathek der Welt. Sehr edel von dir finde ich immerhin, dass du jedem Zugang zu deiner Sammlung gewährst und es ist ja sogar so, dass sich jeder eine Kopie von dem Werk seiner Wahl mitnehmen kann; oder man hört das Lied, schaut den Film oder liest den Text einfach direkt vor Ort in deiner Sammlung. Man muss Werke also gar nicht mehr besitzen, geschweige denn kaufen. Ich habe früher trotzdem die Plattensammlung meines Vaters durchstöbert und Musik angehört, natürlich wenn er nicht da war. Trotz des Verbots und wider der Gefahr erwischt zu werden. Es gab ja nicht nur Jazz und die Cover waren so schön. Wir, als die Besucher deiner Sammlung, stehen also vor der Frage ob wir dort hinein gehen und uns eine Kopie mitnehmen, (denn die Überwachungskameras sind ja nicht sehr hochauflösend), oder ob wir das lieber nicht tun, denn wir könnten ja doch erwischt werden. Warum erwischt werden, wirst du sicher fragen. Tauschen ist doch erlaubt, wirst du sagen. Ja und ich weiß auch, dass du die Kameras gar nicht installiert hast. Ich mache dir jetzt auch gar keinen Vorwurf, ich glaube wir müssen uns viel mehr selber an die Nase fassen. Wir wussten doch, dass du eine Plaudertasche bist und dass du von allem eine Kopie für dich behältst und so tust, als hättest du das Recht dazu, die Dinge kostenlos auszugeben. Hast du aber nicht. Der Unterschied zwischen deiner und der Plattensammlung von meinem Vater ist nämlich, dass er dafür bezahlt hat. Große Teile deiner Sammlung hast du ja auch schon kopiert und verlangst jetzt Eintritt in diesen Bereich. Das wollten ja die Künstler so. Und ich versteh sie schon, einerseits. Ich will ja selber mal mein Geld mit meinen geistigen und kreativen Ergüssen verdienen. Und wenn dann so jemand wie du daher kommt und meine Arbeit verschenkt, ich glaube das würde mir nicht so gefallen. Aber vielleicht ist es auch an der Zeit neue Wege zu gehen? Hast du eine Idee? Du bist ja selber, Entschuldigung, wenn ich das so sage, ohne uns nichts. Inzwischen sind wir aber auch ohne dich nichts, das hab ich ja schon angedeutet. Und das ist jetzt die Krux an der Sache – denn wir wollen ja auch, dass unsere Texte, die Lieder und die Filme, gelesen, gehört und gesehen werden. Und du bist einfach unsere beste Möglichkeit dazu. (Das meinte ich, als ich vorhin davon sprach, du seist dir deines Einflusses auf mich, auf uns, sicher bewusst.) Schau, ich wollte dir eigentlich nur schreiben, weil ich dir sagen wollte, dass ich dich unglaublich gerne mag. Ja, jetzt ist es raus, und das so nebenbei. Aber während des Schreibens ist mir aufgefallen, dass auch meine Gefühle zu dir zwiegespalten sind, nicht nur unsere Gesellschaft. Ich mag dich, weil ich mit dir zusammen auf viele Ideen komme. Du hilfst mir, wenn ich nicht weiterkomme – auf dich ist Verlass. Du bringst Distanzen zum Verschwinden und machst das Unmögliche (aus der Sicht meiner Oma) möglich. Für mich ist inzwischen irgendwie fast alles möglich. Ich glaube also fast, das Problem ist nicht, dass du jedem Zugang zu deiner Mediathek gewährst und dass jeder kostenlos alles haben kann, sondern, dass du uns all das überhaupt erst ermöglicht hast. Und niemand wird jetzt freiwillig auf den Zugang zu deiner Sammlung allen Wissens, allen Kulturguts, aller Nachrichten verzichten. Jetzt will ich dir aber noch was sagen: Ich kann dir gar keinen Vorwurf machen, selbst wenn ich wollte. Wenn ich einem Bäcker sage, er soll das Backpulver aus dem Kuchen lassen, kann ich mich nicht darüber aufregen, dass meine Rechnung und der Kuchen nicht aufgeht. Ich kann den Bäcker nicht anschreien und ihm sogar sagen, er solle den Kuchen mit dem gleichen Rezept noch mal backen, aber diesmal richtig. Will sagen, wir können dich nicht dafür verantwortlich machen, dass du uns die Möglichkeit zur größten Mediensammlung der Welt gegeben hast (mit all den Vor- und Nachteilen), denn wir haben selbst bestimmt, wie du bist, was du bist und was nicht. Natürlich gibt es noch einige Menschen, die das nicht mitbestimmt haben. Die du nicht kennst und die dich nicht kennen, wie zum Beispiel meine Oma. Meine Mutter kennt dich ja jetzt auch schon ganz gut. Aber es gibt wohl kaum jemanden mehr, der noch nie von dir gehört hat und der nicht die Veränderungen spürt, die du – mit uns allen zusammen – verursacht hast. Um bei dem Beispiel mit dem Kuchen zu bleiben: Diejenigen, die nicht mitbestimmt haben, welche Zutaten in den Kuchen kommen, aber jetzt trotzdem ein Stück essen wollen (oder müssen), die regen sich natürlich auf, wenn er nicht so ganz gelungen ist. Und diejenigen, deren Mehl ungefragt in den Kuchen gegeben wurde auch. Aber einmal im Kuchen, kann keiner sein Mehl zurückverlangen! Verstehst du, was unser Problem ist? Ich glaube du bist es nicht. Du hast unsere Welt ja eigentlich nur dadurch verändert, dass du Verbindungen geschaffen hast, zwischen Dingen und Menschen, die vorher unverbunden geblieben wären. Aber, was viele gar nicht sehen, und da muss ich dich in Schutz nehmen, ist, dass sehr viele Werke auch nur deshalb in deiner Sammlung stehen, weil du jeden reinlässt. Du hast uns Einflüsse und Ideen, Inspirationen und Anreize geliefert, um neue Werke zu schaffen. Wir haben viel über das Thema Kultur gesprochen, du und ich. Und ich glaube genau so funktioniert sie. Man inspiriert sich – ob das jetzt ein Lied im Radio ist, ein grünes Blatt auf dem Gehweg, die Begrüßungsrituale in fremden Ländern, Gespräche mit Fremden oder Freunden – oder ob das ein sehr ausgiebiges Gespräch mit dir ist, wichtig ist doch, was dabei herauskommt. Dank dir haben wir ein unglaubliches Potenzial vor uns. Ein riesiger Raum, aus dem wir schöpfen können und immer neue Ideen generieren werden. Denn das ist der Unterschied zwischen uns beiden. Du schaffst zwar Verbindungen zwischen unverbundenen Dingen, aber du bist (noch) nicht in der Lage das hinzuzufügen, das wir Kreativität nennen. Wir sollten uns also nicht über dich aufregen, du warst immer nur ein Vermittler. Vielmehr müssen wir uns fragen, was wir von dir in Zukunft erwarten und was nicht und wie wir mit dir umgehen wollen. Denn dass du keinem von uns mehr von der Seite weichen wirst, ist ja inzwischen klar. Liebes Internet, das ist jetzt ein ganz schön langer Brief geworden. Ich denke aber, er macht dir klar, warum wir dich mit so geteilten Meinungen sehen. Ich jedenfalls bin sehr froh, dass wir uns kennen. Lass uns doch bald mal wieder rausgehen, ich hätte Lust auf einen Cappuccino, weißt du ein gutes Café? Bis bald und bleib wie du bist. Deine Annika Tags: Internet, Urheberrecht, Brief, persönlich, Gesellschaft, Konsumgesellschaft, Beziehung, Veränderung
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https://web.archive.org/web/20120513112612/http://www.neon.de:80/artikel/sehen/gesellschaft/liebes-internet/875745
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I.
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Wir können sein, wer wir wollen.
Wir an diesen Abenden. Warum versuchen wir immer wieder herauszufinden, wer wir sind oder sind wir einfach nur süchtig nach dem Schmerz...
Wieder einer dieser Abende, wir treffen uns, immer der gleiche Grund, seit Jahren. Süchtig nach dem Schmerz in so unglaublich tiefe und ehrliche Gespräche zu fallen, sich gegenseitig rücksichtslos die Wahrheit ins Gesicht zu schmettern um sich anschließend mit Blicken in die Nacht zu verlieren, um darüber nachzudenken. „Darüber“ sind in dem Falle immer wir selbst. Wir auf der Suche nach uns, weil wir keine Ahnung haben, wer wir eigentlich sind. Also sitzen wir da, öffnen uns dem anderem komplett und hauen uns schonungslos und direkt alles um die Ohren, um etwas über uns selbst zu lernen. So viel schonungslose Ehrlichkeit. Ich würde uns verachten, würde ich es nicht besser wissen. Dann triffst du mich oder auch ich dich wieder an so einem Punkt, da wo wir uns selbst noch nie gesehen haben und mir ein Schauer über den Rücken fährt, die Erkenntnis weh- und gut tut zugleich und mir die Worte fehlen. Mir die Worte fehlen, das heißt schon was. Dann stille, aber nein, nicht ansatzweise eingeschnappt über die schonungslose und manchmal grausame Ehrlichkeit. Nippen an unserem siebten Bier, rauchen und schweigen. Es ist nicht dieses unangenehme Schweigen, viel mehr ein zufriedenes, wir haben uns gegenseitig wieder was aufgedeckt was wir nicht verneinen oder bejahen können und erst Zeit brauchen darüber nachzudenken. Genauso läuft es immer, wir gehen ins Gericht mit uns selbst. Aber genau dann hast du mich und ich hab dich, es hat mal wieder geklappt - dieser Abend, einer von zu vielen, denn wir sind beide süchtig nach dem Schmerz in so unglaublich tiefe und ehrliche Gespräche zu fallen, nur deshalb funktioniert das ganze auch… wir schätzen diese schaurig schönen Abende. Nachdem diese Sucht gestillt und genug Dinge zum Nachdenken zusammengekommen sind, wir uns verabschiedet haben und ich dir aus dem Kopf schlagen konnte mir ein Taxi zu rufen, gehe ich wieder durch die Nacht. Die Nacht, so klar, so kalt, so still, manchmal gruselig aber gleichzeitig so wunderschön, dass es schon wieder wehtut. „Oft nimmt sie einem Träume und Hoffnung, oft ist sie sanft und beruhigend“ sagtest du mal. Die kalte Luft brennt in meiner Lunge und ich frage mich, warum ich eigentlich kein Taxi wollte. Ich will kein Taxi. Nicht weil ich dich verärgern will oder diese Geste nicht zu schätzen weiß, sondern weil ich diesen Weg nach diesen Abenden brauche. Dieser Nachhauseweg, für mich wie der typische „Absacker“-Schnaps nach dem Essen, nur dass ich diesen nach unseren Abenden brauche. Was jetzt erstmal schlecht klingt, aber dass ist es nicht, denn diese Abende sind wie eine Achterbahnfahrt und eigentlich steigen wir dann bei dem anderen mit in den Ring - in dem jeder normalerweise nur mit sich selbst kämpft, schubsen uns in die Richtung, vor der wir uns fürchten, sorgen dafür, dass der andere sich sich selbst stellt und dabei auch mal ordentlich auf die Fresse fällt. Aber wir lassen uns liegen. Wir helfen nicht einander auf, wir sind da, aber unnahbar. Vielleicht muss man sich ein bisschen in der Scheiße liegen lassen, um sich zu verstehen, vielleicht sind wir aber auch einfach nur süchtig nach dem Schmerz. Ich brauche diese Abende und meinen "Absacken-Spaziergang", die ich so zu schätzen weiß, auch wenn sie meistens darin enden das wir uns nicht aufhelfen und in der Scheiße liegen lassen. Eine komische Art der Freundschaft und Konversation, aber eine Art, die ich liebe. Trotzdem wissen wir nach diesen Abenden nicht, wer wir sind. Dabei ging es den ganzen Abend doch um uns? Zu hinterfragen, wer wir sind und sich sich selbst vorzuführen? Warum versuchen wir immer wieder herauszufinden, wer wir sind oder ist es wirklich nur die Sucht nach dem Schmerz, der mit der Erkenntnis einhergeht? Denn eigentlich wissen wir doch genau… wir können eigentlich sein, wer wir wollen. Und wenn wir das doch können, ist diese Frage doch ganz einfach zu beantworten. Wir sind Mensch - nicht mehr und nicht weniger.
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psychologie
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Nemesiss
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Der Letzte mit Moral?
Irgendwie denken das alle von mir.
Die Bahn rattert durch die Tunnel der Stadt, das Handy vibriert in der Tasche. Ich schaue nach und unterbreche damit schonwieder das Gespräch mit meinem neuen Mitbewohner, ziemlich unhöflich aber naja. Das Mädchen von gestern schreibt, sie fand es sehr schön und auch als wir getanzt haben war alles ganz toll. Ich lächle, mein neuer Mitbewohner fängt an zu grinsen und fragt mich ob ich "schon wieder" "eine klargemacht" hätte. Ich antworte nicht. Er kennt mich seit vielleicht 3 Tagen und hat schon die feste Meinung das ich Frauen eh nur zum Spaß um mich habe. Klasse Einstieg, super Sache. Ich schreibe noch drei weitere sms an andere Freundinnen, Belanglosigkeiten, halb ernst gemeinte Flirtversuche. Ich bin so satt. Ich zeige ihm die Stadt, er ist neu hier und ein bißchen introvertiert, aber das bekommen wir schon hin, schüchtern war ich auch aber nach einem Jahr in diesem Studiengang geht das eigentlich gar nicht mehr. Ich frage ihn über seine Mitstudenten aus, ich bin gerne gut informiert. Er erzählt mir das das Mädchen mit dem ich getanzt hatte einen Freund hat. Tolle Sache. Meine Moral-Rundum-Warnleuchte springt an und sagt mir das ich ihr nicht mehr schreiben sollte. Warum hat sie mir das nicht gesagt? Ich schreibe ihr eine sms. Ich bin sauer, fühle mich hintergangen, warscheinlich eine total übertriebene Reaktion. Ich texte meinem besten Freund die Neuigkeiten, verfluchte sms flat. "Ja und, die will, tu es!" Die Antwort hätte ich mir denken können. Das Handy vibriert, das Mädchen entschuldigt sich groß und fragt ob wir nicht vor der Party bei mir etwas vorher trinken wollen. Sehr gut! Sie bestätigt das mit ihrem Freund und lädt sich gleichzeitig bei mir ein, bin ich denn der einzige hier der ein bißchen Moral hat? Wir kaufen ein wenig für den Abend ein, scherzen und lachen, er kommt schon ein bißchen aus sich raus, mal sehen wie er sich auf der ersten Party schlägt. Abend. Beim Vortrinken halte ich mich von ihr fern, scherze mit ihren Freundinnen, zeige ihnen mein Zimmer, meinen Balkon, den wunderbaren Sessel. Als ich die Treppe herunterkomme, die Freundinnen hinter mir, steht mein 2ter Mitbewohner da und grinst vielsagend. "Das die Mädels schonmal wissen wo's heut nach der Party hingeht, wa?" Ich antworte nicht. Irgendwie denken alle das von mir. Dabei bin ich der bei dem der Moralkompass noch nicht in die völlig falsche Richtung zeigt. Die Party ist gut, ist sie immer da wo wir hingehen. Ich begrüße meine Bekannten Freunde aus der Uni. Wir trinken ein bißchen. Ich habe Lust zu tanzen. Am besten allein. Das das nicht lange gut geht war klar. Das ignorierte Mädchen schleicht sich an. "Ich will tanzen!", Ich auch denke ich, ich tanze ein paar Takte mit ihr dann rettet mich mein Mitbewohner. "Hey kennst du schon die?" und zerrt mich weg, dass war knapp. Für einen Augenblick schaue ich zurück und sehe das sie ein wenig schmollt, ist besser so denke ich. Ich will doch auch. Aber nein, so etwas macht man nicht, warum schaut sie mich so an? Warum kommt sie so nah, warum denkt sie nicht an ihren verdammten Arschloch-Freund der sie nicht verdient hat. Ich rette mich zu einem anderen Mädchen. Sie ist einfach gestrickt, lieb, nett, naiv, gutaussehend. Wir tanzen eng, meine Augen wandern durch den Raum und suchen das Mädchen. Sie tanzt mit jemandem, schaut mich an. Ich küsse meine Tanzpartnerin, schaue hoch, sie schaut weg. Es ist besser so. Am nächsten Tag bekomme ich anerkennende Klopfer auf die Schulter von meinen Leuten. "Mann war die heiß!", "Hast du sie noch mit nach Hause genommen?" Ich antworte nicht. Irgendwie denken das alle von mir, dabei bin ich der Letzte mit Moral.
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fuehlen
liebe
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shaker26
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5 Monate ohne Sex
Hat mir was gefehlt? Was dann?
Zurueck in der Heimat, gleich die Ex anrufen, und Freude ist gesichert.. Wirklich Freude? Ich war 5 Monate in Spanien in einem kleinen Oertchen direkt am Strand. Ohne Spanischkenntnisse war man dort fast verloren, die aber erst so nach 2-3 Monaten kamen. Die Dates die ich hatte, hab ich mir meist versaut, da ich nicht richtig Verstand was die Frauen wollten, da sie eben nur spanisch sprachen. Meist wurde ich fuer meine Spanischkenntnisse mit nicht beantworten der naechsten SMS bestraft. Gracias. Insgesamt war es ein Hammer-Sommer. hab viel gearbeitet, viel gelernt und richtig viel Spass gehabt. Aber warum fehlt der Hoehepunkt? Wem fehlt er? Mir? Oder den ganzen Freunden die Fragen, wie sind die spanischen Frauen so? Hast du eine gehabt? Wie wars? Luegen? nee, tu ich nicht. Ich habs so gesagt, wie ichs schreib. Hatte nur viel mehr ausreden, ueber.. die Sprache, den kleinen Ort, die viele Arbeit.. es fiel mir vieles ein. Aber warum? Hat 'es' wirklich gefehlt? Natuerlich haette ich den ganzen Sommer diese Frage mit Ja beantwortet. Schon allein wenn man dort am Strand entlang ging war man fast ueberfordert keinen Staender zu bekommen. Mittlerweile bin ich bei einem Jein angekommen und ich hoffe sehr, dass ich zu nem Nein kommen werde. Denn mir hat nichts gefehlt! Ich hatte den vielleicht geilsten Sommer meines Lebens. Ich bin in ein Land gegangen ohne Sprachkenntnisse, hab n Job gefunden, ne Wohnung und hatte einfach die besten Arbeitskollegen. Nach Feierabend sind wir oft an den Strand gegangen, haben viel getrunken, gekifft, und mega spass gehabt. Was will ich mehr? War ich nicht zufrieden? Genau. Ich war oft irgendwie unzufrieden. Weil ich allein war. Weil ich meine Gedanken in spanisch nicht so ausdruecken konnte wie ich es gewohnt war. Usw... es fallen einem unglaublich viele Dinge ein um nicht gluecklich sein zu muessen. Das ist irgendwie Schade. Denn im nachhinein war ich die ganze Zeit super happy und hatte ne geniale Zeit. Und es fehlte mir nichts! Das weiss ich jetzt nachdem ich Sex hatte. Es war prima, super-genehm. Ich mag meine Ex auch noch sehr und war wirklich willkommen. Das ist ein sehr schoenes Gefuehl. Aber 2, 3 Tage spaeter ist alles wieder beim alten. Ich hatte nach langer Zeit wieder Sex. ich werd es wohl vergessen, wie die vielen Male zuvor. Aber den Sommer mit all seinen neuen Erlebnissen werd ich nie wieder vergessen. Das immer mehr wollen, der Perfektionismus in meinem (unserem?) Kopf, der Hunger nach mehr... irgendwie hatte ich das Gefuehl, dass ich mich da bis jetzt gut rausgehalten hab. Dieser Fall zeigte mir, dass ich auch einer von diesen Leuten bin, die eben alles wollen. Der Beweis: ich war gleich nach dem ich zurueck war bei meiner Ex. (Soundtrack des Textes - FM4 Radio)
http://www.neon.de:80/artikel/wissen/alltag/5-monate-ohne-sex/641679
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Traumversinken
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How to start the perfect day…
...not.
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Fahrstuhlpilot
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Kopf aus, Herz an
Zu viel Nachdenken ist auch nicht gut.
Wie schön und befreiend muss es sein, zu wissen, was man will. Sich entscheiden zu können, den Mut überhaupt zu haben für manche Entscheidungen. Allerdings kommt es am Wenigsten auf den Mut an, sondern eher auf die Fähigkeit, nicht lange nachdenken zu müssen. Wie viel leichter würde manches funktionieren, wenn man sich nicht ewig das Hirn über das Wenn und Aber zermartern würde. Dabei ist natürlich nicht garantiert, ob es besser funktionieren würde, in jedem Falle aber schneller. Was uns zu diesem endlosen Überlegen bringt ist Unsicherheit, die Angst, enttäuscht zu werden. Perfektes Beispiel: Liebe. Wie oft und lange haben wir gewartet, bis wir dieser einen Person gesagt haben, dass es uns vielleicht doch um mehr, als Freundschaft, ginge. Sooft und so lang, bis es meistens zu spät war. Aus Angst vor Nichterwiderung, aus Angst die gegenseitige Beziehung zu ruinieren. Auf der einen Seite mögen das ja berechtigte Ängste sein, die Sehnsucht bleibt trotzdem. Auch die Sehnsucht danach, auf Knopfdruck seinen Kopf ausschalten zu können, aus dem Bauch heraus handeln zu können. Für manche Menschen ist das ja überhaupt kein Problem, für andere eins der größten, wie zum Beispiel für mich. So lange nicht Alkohol im Spiel ist, aber der macht ja eh alles schlimmer. Meistens. Am Ende ist es immer noch so, dass man diese eine Person jeden Tag an sich vorbei laufen sieht, mit ihr redet, mit ihr lacht. Und es gibt bestimmte Momente, in denen man zu zweit ist, sich vielleicht ein bisschen länger in die Augen schaut, als es eigentlich nötig ist, weil man sich darin verliert, weil man sucht. Nach Anzeichen von Erwiderung. Und trotzdem ist da etwas, in dir drin, das dich hemmt und du hellst inne und was tust du? Du denkst nach. Und der Augenkontakt bricht ab, und stattdessen kommt ein blöder Witz von dir, und ihr beide lacht gezwungen, und ihr seid wieder da wo ihr die ganze Zeit davor auch schon wart, um 6 Uhr morgens an Neujahr auf der Treppe am Bahnhof, neben einander sitzend- als Freunde. Aber wenn du wolltest wärst du ja schon längst über deinen Schatten gesprungen. Das einzige was dich hindert ist dein verdammter Kopf. Was hast du denn zu verlieren…? …und schon fängt es wieder an, das Nachdenken, das Abwägen, das „was-wäre-wenn“. Schlimmsten Falls redet ihr niemals mehr ein Wort miteinander, weil es auf einmal so komisch zwischen euch geworden ist und das erste Mal, dass ihr euch wieder in die Augen schaut ist wahrscheinlich ein halbes Jahr später auf irgend einer Party, weil die andere Person dich im ersten Moment für jemand anderen hält. Aber so schlimm muss es ja gar nicht kommen. Vielleicht tritt ja wirklich der unglaublichste Fall von allen ein und dein Gegenüber erwidert deine Gefühle. Unglaubwürdig? Vielleicht. Aber nur, weil diese beiden Vorstellungen genau daraus entstehen, wenn du ihr gerade in die Augen schaust, in dieser einen Sekunde. Also scheiß einfach mal drauf und sei Spontan.
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VulpesSilva
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Nachts, wenn die Straßenlaternen ins Zimmer scheinen
Dann tanz tanz tanz für dich allein..
Dann liege ich da, sehe mir ihr Spiel mit den dunklen Schatten an meinen Wänden an. Wie das gelbliche Licht über meine Haut fließt, kriecht, tanzt, stolpert und wankt. Wie die Scheinwerfer von vorbeifahrenden Autos kurz die Dunkelheit erhellen und mich in meinem Trance blenden. Die stumme Einsamkeit liegt neben mir, summt, flüstert, wispert, schnarcht und haucht mir ins Ohr. Friedlich blinzelt sie mich aus halb geschlossenen Lidern an und streckt sich genüßlich neben mir aus. Sie lacht, lacht mit mir in meinem Rausch. Wir lachen über sie, über mich, über uns. Lachen über dieses Leben. Über dieses Heute. Morgen. Gestern. Über diese Welt und ihre Seelen. Sie lieben, sie leben, sie töten, zerstören und sterben. Erlöschen.
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weissabgleich
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Cura sui
Menschen ändern sich nicht. Das war schon immer so! Wirklich? Dann werd ich eben die Ausnahme sein, die diese Regel bestätigt.
Mein Leben ist ziemlich gut. Guter Job, tolle Freundin, schöne Wohnung. Das einzige, was mich daran momentan stört, bin ich selbst. Ich passe nicht in dieses gute Leben, denn ich finde mich gerade gar nicht so gut. Das war mal anders. Mit 18 hielt ich mich für was Besonderes. Mit 25 für geradezu auserwählt. Jaha, ich werds der Welt schon zeigen, was sie bisher verpasst hat. Ich werde über sie kommen, langsam aber gewaltig. So langsam wars dann gar nicht mal. Ich hatte ziemlich schnell gute Jobs, tolle Freundinnen, schöne Wohnungen. Ein gutes leben eben, könnte man meinen. Was ich nicht hatte, war "inner peace", wie die Amerikaner sagen, stattdessen eine permanente innere Unruhe. Irgendwann müsste mein Leben doch losgehen, dachte ich. Die Voraussetzungen waren ja da: Guter Job, tolle ... naja, eben all das. Warum war ich dann nicht zufrieden? Hatte ich zu viel Ehrgeiz? Waren meine Erwartungen zu hoch? War ich vielleicht gar nicht so gut, wie ich immer glaubte? Ich stellte diese Fragen einer Psychotherapeutin. Naja, eigentlich ist sie Gestalttherapeutin in der Ausbildung und hat gerade sehr mit sich selbst zu tun. Aber sie gab mir einen guten Rat. Gut bist du nur, wenn du auch gut zu anderen bist. Vielleicht habe ich zu viel Wert darauf gelegt, gute Jobs und schöne Wohnungen an Land zu ziehen, und nicht so sehr darauf geachtet, wie gut es den Menschen um mich herum geht. Aber das kann man ändern. Man kann lernen, ein guter Mensch zu sein. Das behaupteten zumindest die alten Römer. Sie nannten das "cura sui", die Sorge um sich selbst. Und die beginnt paradoxerweise damit, sich auch um andere zu kümmern. Ich werd das ausprobieren. Cura sui. Eine 2000 Jahre alte Lebenskunst, um ein besserer Mensch zu werden. Hach, toll! Ich fühl mich schon viel besser. Nur dass das klar ist: Ich tue das nicht für andere Leute, ich tue es für mich. Und ich sag bescheid, obs klappt.
http://www.neon.de/artikel/fuehlen/psychologie/cura-sui/855697
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MademoiselleParapluie
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Und nicht jeder Abschied heißt, es gibt auch ein Wiedersehen.
"I hate to turn up out of the blue uninvited."
Mich von Dir zu verabschieden tut weh. So sehr weh. In wenigen Tagen ist es wieder so weit. Meine Laune sinkt wie die eisigen Temperaturen draußen. Du stehst in der Tür, willst Dich auf den Weg machen, aber Du kannst nicht. Weil ich da stehe. Heulend vor Dir stehe. Mascara verlaufen, kann Dich nicht loslassen. Du erträgst es geduldig, wobei Du in Gedanken längst auf der Heimfahrt und Deinen Freunden bist. Ich vermisse Dich. Vermisse Dich so doll, wie man als Kind seinen Lieblingsteddy vermisst, ohne den man nachts kein Auge zu machen kann. Klingt banal. Ich weiß. Fühle mich so leer. So unendlich leer ohne Dich. In mir drin ist es grau und trist. Wie an einem Regentag, an dem man am liebsten im Bett bleiben möchte. Nur, dass ich nicht liegen bleiben kann. Mein Umfeld ist geduldig mit mir. Es kann nicht mehr lange dauern bis die ersten sagen „Du hast es so gewollt, irgendwann musst Du damit selbst klar kommen.“ Stoße bei den meisten längst auf Kopfschütteln. Weil ich an Dir festhalte. Es ist jedes Mal ein bisschen wie Sterben. Du gehst weg und nimmst einen Teil von mir mit. Der Teil, der mir bleibt, ist nur schwer überlebensfähig. Klar, er wird es schaffen, irgendwie. Aber mit jedem Mal wird es schmerzhafter. Dabei ist es doch nur eine Freundschaft zwischen uns. Wieso stelle ich mich nur so an? Freundschaft ist eh beständiger als Liebe. Rede ich mir zumindest ein. Der Wunsch, Dir nahe zu sein, wird von Tag zu Tag größer.Es ist viel schwieriger, einem Verlangen zu widerstehen, als ihm nachzukommen.Und doch wird der Wunsch von Tag zu Tag größer. Du bist in mein Leben getreten. Einfach so. Und hast mich verzaubert. Diese Frage. Jeden Morgen. Wie wahrscheinlich es ist, dass Du Dich eines Tages bei mir meldest und sagst „Lass es uns miteinander versuchen.“ So wahrscheinlich wie die Tatsache, dass Weihnachten und Ostern auf den selben Tag fallen. Hör auf zu träumen und wach endlich auf. Denkt sich mein Umfeld. Der Tag wird kommen, an dem Du sie, die andere, kennenlernen wirst. Du wirst sie so ansehen, wie ich Dich ansehe. Mit diesem Funkeln in den Augen. Der Tag wird kommen, an dem sie Dich mich vergessen lassen wird. Der Tag wird kommen, an dem ich den Kampf verloren habe. Und doch. Wenn wir zusammen sind, ist die Welt perfekt. Ich liebe es, Dir einfach nur zuzusehen, wie Du Wäsche aufhängst. Klingt banal. Ich weiß. Ich liebe es, Dir mitten in der Nacht Deinen Lieblingsnachtisch zu kochen. Ich liebe es, mit Dir Umzugskartons zu zerlegen und den Keller auszumisten. Klingt banal. Ich weiß. Ist es aber nicht. Mit Dir ist alles so anders. Versuche die Momente in meinem Marmeladenglas zu konservieren. Für die Zeit, in der ich Dich nicht mehr habe und vor der ich schon jetzt so eine unbeschreiblich große Angst habe. Manchmal muss man „Auf Wiedersehen“ sagen, um sich irgendwann wieder zu treffen. Auf Wiedersehen. Glückliche Zukunft ausgeschlossen. Tags: Liebeskummer, Herzschmerz, Verzweiflung
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denkweisen
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Erträglicher Tod
Die schönen Dinge wären doppelt so schön und die schlechten Dinge nur halb so schlecht gewesen, wenn ich sie mit dir geteilt hätte.
„Mir fehlen die Worte!“ Wie oft habe ich diesen oder ähnliche Sätze schon gehört, wenn Leute versucht haben, mir Beistand zu leisten. Die Menschen glauben, ihnen fehlen die Worte, doch in Wahrheit stockt ihnen nur der Atem. Vielleicht haben sie Angst, etwas falsches zu sagen, vielleicht schwirren ihnen zu viele Worte im Kopf herum, die sie nicht ordnen können, vielleicht schnürt ihnen der Gedanke an das Geschehen die Kehle zu, vielleicht wissen sie einfach nicht, dass ihre Worte helfen können. Was auch immer, sie sprechen es nicht aus, bleiben still. In den Jahren nach deinem Tod habe ich viele Sprüche zum Trost gelesen oder gehört. Ich fand es lächerlich, wie eine harte Realität in Metaphern verpackt wird, nur um sie erträglicher zu machen. „[Der Mensch] erträgt die Vorstellung nicht, dass der Tod nichts sein soll als ein großes schwarzes Nichts, er erträgt den Gedanken nicht, dass seine Liebsten aufhören zu existieren.“ Und genau so ist es. Ich ertrage es nicht, dass du nirgends bist, denn du hast es nicht verdient, „einfach so zu sterben“. Also rede ich mir ein, dass ich einfach nur aufgehört habe, dich zu sehen, zu hören, zu spüren. Alles, was ich so an dir geliebt habe, hat einfach nur den Raum oder die Dimension gewechselt und ist somit für mich nicht mehr erreichbar. In den 6 Jahren, 2 Monaten und 20 Tagen ist so viel passiert. Die schönen Dinge wären doppelt so schön und die schlechten Dinge nur halb so schlecht gewesen, wenn ich sie mit dir geteilt hätte. „I don't know where there is, but I believe it's somewhere, and I hope it's beautiful.“ Tags: dufehlst
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Schwarzbrot
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Die Luft ist raus
Wie alles in Herr Rots Leben ist jede Minute eines jeden Tages perfekt durchorganisiert:
Montags, Dienstags, Mittwochs, Donnerstags und auch Freitags klingelt um exakt 6 Uhr und 25 der Wecker, um 6 Uhr 30 steht er auf, 5 Minuten später hat er bereits sein morgendliches Geschäft erledigt und die Zähne geputzt. Es dauert weitere 10 Minuten, bis er geduscht hat. Um 6 Uhr 52 schlägt er, bereits angekleidet, die Zeitung auf und danach trinkt er seinen Kaffee, den er schon vor dem Anziehen (6 Uhr und 46) aufsetzte. Ganz genau um 7 Uhr und 3 Minuten verlässt er das Haus. Schon 12 Minuten später wird er seinen Arbeitstag beginnen, der in der Strenge seiner zeitlichen Struktur dem Morgen gleicht. Erst um 19 Uhr 12 schließt er Rot die Haustüre wieder auf und fürchtet sich vor dem langen Abend, der vor ihm liegt, bevor er in sein Bett versinken und dieser Welt entkommen darf. Am schlimmsten aber sind für Herrn Rot die Wochenenden. Die Struktur, die ihm unter der Woche Halt und Sicherheit schenkt beginnt dann zu wanken. Wohin nur mit der freien Zeit, die er doch mit niemandem zu teilen vermag? So klingelt auch Samstags und Sonntags um exakt 6 Uhr und 25 der Wecker. Er geht dann, seinem üblichen Tagesrythmus folgend um 7 Uhr und 3 Minuten aus dem Haus, um schon um 7 Uhr und 15 an seinem Schreibtisch in der Fabrik angelangt zu sein, in der er bereits seit 21 Jahren arbeitet. Nur ein paar wenige Werksarbeiter sind da, in seinem Büro ist Herr Rot alleine. Aber das stört ihn nicht, alleine ist er ohnehin. Es war nie anders. Bis zu diesem einen Tag. Es war ein Dienstag, Herr Rot erinnert sich noch ganz genau. Der Tag glich bis zu jenem Moment jedem anderen gewöhnlichen Tag, der dem Leben keinen Sinn zu geben vermochte. An diesem (es war der 7687 Tag in der Firma, auch das hat Herr Rot genauestens aufgezeichnet) Tag änderte sich alles. Es war in der Mittagspause (die wie jeden Tag um 13.30 Uhr begann und 20 Minuten später endete), als er sie entdeckte. Wie schon seit vielen Jahren pflegte Herr Rot die Mittagspause im Hinterhof bei den Müllcontainern zu verbringen. Zum einen, da das Rauchen auf dem gesamten Gelände verboten war, zum anderen da es Herrn Rot davor grauste, mit anderen Menschen reden zu müssen. Doch als er sie sah, war sie es, die schüchtern wirkte. Sie saß auf dem Boden, an den Müllcontainer gelehnt. Herr Rot dachte noch bei sich, was dies ein komisches Bild abgebe! Doch im nächsten Augenblick schon erkannte er, dass sie das schönste war, dass er je sah! Und sie wandte sich nicht ab von ihm, ganz im Gegenteil, sie starrte ihn unablässig an. Und er wusste: Mit dieser Frau will ich mein Leben teilen. Die ganze Pause über sprachen sie kein Wort und sie regten sich nicht, doch als Herr Rot um 13 Uhr 51 (erstmals in seinem Leben eine Minute zu spät) seine Mittagspause beendete, wusste er schon auf dem Weg in sein Büro, dass er an nichts anderes würde denken können, als an sie. An diesem Tag machte er schon um 18.31 Uhr Schluss, länger hielt er es nicht aus. Er fragte sich, ob sie wieder da wäre. Und ob sie möglicherweise sogar wegen ihm da gewesen sei? Nur für ihn? Aber das konnte sich Herr Rot eigentlich nun überhaupt nicht vorstellen. So eine schöne Frau! Doch als er den Hinterhof betrat, war sie da. Sie lächelte und schaute ihn an. Es war als lachte sein Herz zum ersten Mal! Und er wusste, sie hatte auf ihn gewartet. Sie brauchten keine Worte. Als er ihr seine Hand reichte, griff sie diese bereit willig. Und nie hörte sie auf zu lächeln! Ein bisschen peinlich war es Herr Rot schon. Was mochten seine Kollegen denken, die ihn als den schweigsamen, den einsamen Mann kannten, der mit keinem je ein Wort sprach? Was mochten sie glauben, wenn auf einmal eine so wunderschöne Frau an seiner Seite stand? Und noch schlimmer, was wäre, wenn sie auf einen ebensolchen Kollegen träfen und er müsste sie vorstellen? Bezaubernd wie sie war, würde niemand die Finger von ihr lassen können. So glaubte Herr Rot. Und so führte er sie durch die kleine Türe des Hinterhofes hinaus zu seinem Auto, immerzu nervös zu allen Seiten blickend, aufmerksam beobachtend, ob jemand sie sah. Als sie im Auto waren löste sich seine Anspannung allmählich. Er dachte bei sich: Gefiele ich ihr nicht, so wäre sie nicht mit mir gekommen. Und nun begann er doch zu hoffen, dass sie nur auf ihn gewartet hatte, so wie er sein Leben lang auf eine Frau wie sie wartete. Am Abend seines 7687 Arbeitstages schlief Herr Rot erstmals nicht alleine ein. Sie war bei ihm geblieben, sie hatte sich still neben ihn gelegt. Sie waren schüchtern gewesen, beide, aber das gefiel ihm. Als er sich ihr näherte, wunderte er sich, wie kalt sie war, und er hatte sanft seine Arme um sie gelegt und seinen Kopf in ihren Haaren vergraben. Wie gut sie roch! Und als sie einschliefen, da lächelten sie beide. Am Morgen des 7688 Arbeitstages seines Lebens stand Herr Rot nicht um 7 Uhr und 30 auf. Er blieb liegen. Sie schlief noch immer und sah aus wie ein Engel. Man könnte glauben, dachte Herr Rot, die ganze Nacht habe sie sich nicht geregt. Als sie um 7 Uhr 45 noch immer schlief, wurde er nervös. Zu sehr hatten sich die hunderten Tage in Seele und Körper eingebrannt, in denen er jenem festen Rhythmus folgend dem Leben zu entfliehen versuchte. Doch als er aufstand ging er nicht wie üblich ins Bad, sondern er begann mit dem Kaffee und er machte statt der 2 Aufbackbrötchen wie üblich sogar fünf. Er belegte diese, man kann es nicht anders sagen, mit Liebe. Es war um ihn geschehen. Er wollte dieser Frau zeigen, dass er es wert sei, für immer an ihrer Seite zu bleiben. Er ging sogar vor die Türe um dort eine Blume zu pflücken, denn er selbst besaß nichts als Kakteen. Er hatte die Schönheit der Blumen noch nie gesehen, heute aber erschien ihm alles schön. Und als er auf Zehenspitzen mit dem Tablett in das Zimmer schlich, da war sie bereits erwacht. Und sie sah, so fand er, noch schöner aus als am Abend zuvor. Wie sich ihre Haare lockten, wie ihr Oberteil verrutscht war. Sanft strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht. Liebste, sagte er, Liebste, heute bleiben wir zuhause, es soll von nun an nur noch uns geben. Und so geschah es. Noch am selben Tag zog sie ein. Sein 7687 Tag in der Firma war zugleich sein letzter. Alles änderte sich, auch er. Sie hatte ihn verändert. Sein Leben war so berauscht! Er verstand nun, was es heißt, Glück zu empfinden. Und zum ersten Mal in seinem Leben fühlte er, dass es einen Sinn gab. Es ist nicht so, dass er ganz abließ von seinen festen Zeiten, doch ab und zu verschoben sie sich um einige (wenn auch wenige Minuten). Erst um 7 Uhr klingelte der Wecker, um 8 Uhr und 15 erst standen sie gemeinsam auf. Während er duschte und sich frisch machte, wartete sie in der Küche auf ihn, wo sie gemeinsam frühstückten. Manchmal fragte er sie, ob sie gewartet hatte damals auf ihn, doch sie gab ihm auf diese Frage nie eine Antwort. Im Stillen aber wusste Herr Rot, dass es Schicksal gewesen sein musste, und erstmals in seinem Leben dankte er Gott für dieses Glück und für diese Frau. Er vergötterte sie. Jeden Tag machte er das Essen, er deckte auch den Tisch und spülte später ab und er überlegte sich, wie sie den Tag und den Abend verbringen sollten. Und jeden Tag überlegte er, wie er sie glücklich machen sollte. Sie lebten von seinem Ersparnis und von eben diesem kaufte er ihr jeden Tag ein Geschenk. Er kaufte Kleidung (das rote Kleid gefiel ihm an ihr besonders gut, aber eigentlich sah sie jeden Tag wunderschön aus) und Parfüm. Er kaufte Blumen, die sich sich ins Haar stecken konnte und es wurde zur Gewohnheit, dass er ihre Haare nach dem Waschen kämmen durfte. Ihr seichtes, ihr goldenes Engelshaar! Das Leben, so dachte Herr Rot, könnte schöner nicht sein. Am 7687 Tag ihres Zusammenseins aber begann der Tag schon schlecht. Der Wecker hatte nicht geklingelt, weil seine Batterie leer gewesen war und als Herr Rot erwachte regnete es und ein Foto von ihm und ihr, dass er in Lebensgröße an die Wand gepinnt hatte, hatte sich an eine Ecke gelöst. Als er in Bad gegangen war und ins Schlafzimmer zurückkehrte, lag sie noch immer im Bett. Sie war nicht mehr so schön wie damals, auch sie war älter geworden. Ihre Haare waren stumpf geworden und sie schien noch länger zu schlafen als je zuvor. Herr Rot ärgerte sich. Er ärgerte sich über den Wecker, über den Regen und über das Poster, das von der Wand hing und die Heftzwecken, die auf dem Boden verteilt lagen. Und er ärgerte sich über sie. Durch seinen Kuss wachte sie nicht auf. Und auch die zarten und behutsamen Stupser hatten keine Wirkung. Er wurde wütend. Warum nur, dachte er, muss ich immer alles machen? Warum muss ich immer alles für sie tun? Warum darf sie einfach nur da liegen und schlafen während ich schufte? Warum sieht sie noch immer bezaubernd aus (trotz stumpfer Haare) während ich faltig und alt werde? Er schimpfte. Und er beschimpfte. Und sie lächelte. Sie lächelte noch immer unablässig, auch als er sie hoch gezogen hatte, so dass sie endlich anständig reden könnten mit einander. Ab heute Liebste, sagte er, ab heute wird sich alles ändern. Und so geschah es. Als er stundenlang mit ihr geredet hatte, ihr erklärt hatte, dass er nicht glücklich sei, nicht mehr glücklich sei, dass etwas geschehen müsse, das jetzt etwas geschehen müsse, da geschah etwas. Es hatte ihn so rasend gemacht, dass sie immerzu lächelte, egal wie schlecht es ihm ging, dass er sie zum ersten Mal in ihren 21 Jahren Zusammensein grob anfasste. Sie wehrte sich nicht. Alles ging schnell. Er hatte sie nur leicht geschubst, er hatte ihr nichts böses wollen. Sie war vom Bett gefallen. Herr Rot hatte es sofort bereut, er war aufgesprungen, an die vielen Heftzwecken auf dem Boden denkend und war zu ihr gelaufen. Liebste!, rief er, Liebste, es tut mir so Leid. Und er war sorgend um das Bett herum gelaufen. Doch als er bei ihr angelangt war, war ihr Lächeln erstorben. Tsch… machte es. Tsch.. tsch… tsch.. Und die Luft entwich ihr, bis sie in sich zusammen gesunken war. Sie lächelte jetzt nicht mehr.
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Die große Liebe und warum man sie verlässt
Ich kann meine große Liebe nicht verlassen, wenn sie im Sterben liegt. Ich sitze an seinem Bett und halte seine Hand, die kalt und grau ist.
Ich sitze an seinem Bett. Halte seine Hand. Sie ist grau und kalt. Die Geräusche all der Geräte in diesem Zimmer bringen mich um den Verstand. Neben ihm liegt ein Mann Mitte 30. Seine Schwester ist hier und weint. Dem Fremden gegenüber liegt eine alte Frau. Sie wirkt zerbrechlich, ihre Haut ist hell wie Porzellan. Irgendwie wirkt sie, als würde sie schlafen. Fast, als ob sie gar nicht mehr aufwachen wolle. Das Bett ihm gegenüber ist leer. Da ist es wieder. Dieses laute Surren und das Rote Licht. Ein Alarm. Was so alarmierend ist, weiß ich nicht, aber es macht mir schon gar nichts mehr aus. Zum fünften Mal heute kommt die Schwester, die mich den ganzen Morgen schon so traurig ansieht, dass ich sie am liebsten anschreien würde, das es für all die Trauer ja noch nicht mal einen Grund gibt und sie den Teufel ja nicht an die Wand malen soll, an sein Bett. Sie drückt irgendwelche Knöpfe und das Surren verstummt, das Rote Licht hört auf zu leuchten. Sie entschuldigt sich, sagt, dass ich nicht beunruhigt sein soll, aber, dass diese neuen Geräte einfach noch etwas zu sensibel eingestellt sind. Beunruhigt. Ich? Warum sollte ich denn beunruhigt sein? Vielleicht weil ich vor drei Tagen noch in einer Vorlesung in Wien saß, als meine Handy zum 15 Maul läutete. Die Vorlesung war wichtig, trotzdem hatte ich ein ungutes Gefühl, entschuldigte mich und ging nach draußen. Ich hatte nicht mal die Gelegenheit irgendeine der 5 Nummern zu wählen, die auf meinem Display aufleuchteten ,als mein Handy auch schon wieder vibrierte. Meine Mutter stammelte völlig verstört irgendwas von Lukas, einem Unfall und Intensivstation. Ich stand da, vor meinem Hörsaal und sagte kein Wort. In meinem Kopf gab es eine Explosion an Gedanken, in meinem Herzen eine Explosion an Gefühlen. Doch ich stand vollkommen gelähmt da. Langsam bewegte sich mein Körper Richtung Stiege. Ich begann zu rennen. Tränen liefen mir über die Wangen. Ich rannte aus dem Gebäude, vorbei an Bekannten, Studienkollegen, Freunden und Menschen die ich noch nie gesehen hatte. Das Rennen beruhigte mich. Ich konnte keinen einzigen Gedanken zu ende führen. Ich wollte zu ihm. Sofort. Ich rannte zu meiner Wohnung. Ich weiß nicht, wie viele Leute ich einfach aus dem Weg räumte, wie viele Straßenbahnen wegen mir bremsen mussten. Es war mir auch egal. Ich rannte zu meinem Auto. Noch nie war ich so froh darüber, ein eigenes Auto zu haben. Als ich im Auto saß, wurde mir klar, dass alles, was ich habe, in meiner Wohnung ist. Ich zwang mich ruhig zu bleiben. Stieg wieder aus und rannte hinauf in die Wohnung. Es dauerte sicher 5 min bis ich in der Lage war, die Tür zu öffnen, da mein ganzer Körper zitterte. Es ist noch nicht lange her, als ich all mein Hab und Gut ausgepackt habe. Der Koffer lag sogar noch auf dem Sofa. Wahllos schmiss ich alles hinein was ich in meinem Kleiderschrank fand. Normalerweise nehmen die Hälfte meines Koffers immer meine Bücher in Anspruch. Ich kann einfach nicht ohne Bücher fortfahren. Heute packte ich kein einziges ein. Ich schrieb einen Zettel. Ob Karin oder Anna in der Lage sein würden, auch nur irgendetwas, das ich darauf geschrieben hatte zu entziffern, wage ich zu bezweifeln. Aber wenn sie den Zettel bemerken, werden sie mich sicher anrufen. Ich riss den Koffer von der Couch und sah mich noch einmal hektisch im Zimmer um. Mein Blick fiel auf ein Foto von uns auf der Kommode. Es war Winter, und wir waren Schlittenfahren. Mir war so kalt, dass ich mich die ganze Zeit an dich klammerte, wie ein kleines Äffchen um nicht zu erfrieren. Ich sackte auf den Fußboden zusammen und begann herzzerreißend zu weinen, zu schluchzen zu schreien und konnte einfach nicht mehr aufhören. Ich hatte noch nie in meinem Leben solche Angst gehabt. Ich zwang mich aufzustehen, legte das Foto behutsam in den Koffer und ging aus der Tür. Ich sperrte ab, ohne zu wissen, wann ich wieder zurückkommen würde und ging zurück zum Auto. Normalerweise mach ich immer zwei Pausen, wenn ich von der Uni übers Wochenende heimfahre. Eine bei meiner Tante, die zweite bei meiner besten Freundin aus der Schulzeit, deren neue Wohnung genau auf meiner Strecke liegt. Ich mag das stundenlange Autofahren nicht. Doch heute stieg ich erst beim Haus meiner Eltern wieder aus dem Auto. Ich hatte noch nicht einmal meinen Koffer von der Rückbank geholt, als mir meine Mutter schon in die Arme fiel. Sie weinte bitterlich. Ihre Augen waren ganz rot und sie sah mich hilflos an. Ich weiß nicht mehr über was wir redeten, aber sie sagte, sie wolle mich ins Krankenhaus begleiten. Meine Mutter ist Krankenschwester, was mir an diesem Tag viele unangenehme Fragen ersparte. Als wir vor der Intensivstation standen, dauerte es ewig, bis wir endlich in den Warteraum gelassen wurden. Aber ich hatte mein Zeitgefühl sowieso irgendwo zwischen der Uni und dem Krankenhaus verloren. Die Tür des Warteraumes lies sich von außen nicht öffnen. Da gab es nur diesen Knopf. Ich drückte ihn und wartete. „Ja?“ Was sollte ich sagen. Ratlos sah ich meine Mutter an. Mein Freund liegt auf der Intensivstation. Ich hatte das noch nie ausgesprochen. Noch zu niemandem gesagt. Stumm blickte ich auf die Sprechanlage. Meine Mutter schubste mich etwas zur Seite und redete auf die unbekannte Stimme ein. „Sind sie mit der Person verwandt?“ Ob ich mit der Person verwandt bin? Meine Mutter sah mich kurz an, dann schwieg sie. „Nein“ sagte ich beinahe unhörbar, „Nein, ich bin nicht mit der Person verwandt. Sie ist nur meine große Liebe“ Ich spürte, wie mein Körper langsam auf den kalten Steinboden sank. Mein Kopf war leer. Meine Mutter hatte wieder begonnen, auf die Stimme hinter der Tür einzureden. An alles, was danach passierte, erinnere ich mich nur noch verschwommen. Meine Mutter hatte irgendwann zu schreien begonnen und dann tauchte wie aus dem Nichts plötzlich die Mutter von Lukas auf. Meine Mutter fragte mich nach einem Passwort. Ich blickte sie nur verstört an. Langsam hockte sie sich zu mir auf den Boden, griff nach meinen tauben, eiskalten Händen und sagte, dass ich zu Lukas darf, da seine Mutter irgendwas unterschrieben hat. Jetzt brauche ich ein Passwort. Ich verstand nicht. „Liebes, denk an Lukas und sag mir das erste Wort, dass dir einfällt“ Mein Kopf war immer noch leer. Denk an Lukas. Mir fiel nichts ein. Absolut nichts. Doch dann dachte ich an das Foto auf der Kommode, dass jetzt ganz oben in dem Koffer auf dem Rückbank meines Autos lag und sagt: “Schlittenfahrt“, und lächelte unmerklich für einen kurzen Augenblick. Ich musste einen grünen OP Kittel anziehen, mir die Hände desinfizieren. Dann begleitete mich eine Schwester in ein Zimmer, ganz am Ende des Ganges. Sie redete im Flüsterton mit mir, aber ich hörte ihr nicht zu. Dann sah ich ihn. Es wirkte beinahe, als würde er schlafen. Wären da nicht all diese Maschinen und Schläuche gewesen. Neben seinem Bett stand ein Stuhl. Ganz langsam betrat ich das Zimmer und blieb am Fußende seines Bettes stehen. Ich sah ihn einfach nur an. Nach 10 Minuten oder einer Stunde, Zeit spielte keine Rolle mehr, fragt mich die Schwester, ob ich mich nicht setzten wolle. Außerdem sagte sie, dass ich sehr blass aussehe. Hat die Krankenschwester immer neben mir gestanden? War es die gleiche, die mich herein begleitet hatte? Ich wusste es nicht. Ich setzte mich und griff nach seiner Hand, die kalt war, und mir rannen Bäche von stummen Tränen über die Wangen. Seit dem, war ich jeden Tag da. Heute ist es der vierte. Ich habe außer Kaffee nichts mehr getrunken, gegessen habe ich gar nicht. Ich habe mit Karin telefoniert, die keine Ahnung hatte was los war, weil sie absolut nichts auf meinem Zettel lesen konnte. Dann rief ich Steffi an, meine beste Freundin. Mit jedem Telefonat zerstörte ich eine Welt. So wie die meine am 18 Juli zerstört wurde. Hätte ich einfach nicht reagiert. Hätte ich das Handy doch einfach nur ausgeschaltet. Vielleicht wäre dann alles gar nicht passiert. Ich redete mit Lukas´ Eltern, und ich redete mit Ärzten. Aneurysma. Ich wusste nicht, was das bedeutete. Vor allem wusste ich nicht, ob ich wissen wollte, was es bedeutete. „Wird alles wieder gut?“ fragte ich. Die Frage klang lächerlich, wie die, eines Kindes, aber das war das Einzige, das mich interessiert. Mit all den medizinischen Begriffen wusste mein Hirn einfach nichts anzufangen. Aber auf „Wird alles wieder gut?“, kann man nicht mit Sinusrhythmus oder Katheter antworten. Auf „Wird alles wieder gut?“ muss man mir eine Antwort geben, die ich verstehe. „Es gibt durchaus Hoffnung“ Damit war ich zufrieden. Damit konnte ich etwas anfangen. Und jetzt sitze ich an deinem Bett und halte deine graue, kalte Hand, während die Schwester den Alarm abstellt und sagt, ich solle nicht beunruhigt sein. Aber ehrlich, warum sollte ich beunruhigt sein? Ich sitze da und sehe dich an. Jeder Streit, den wir in den drei Jahren hatten, kommt mir nun so unheimlich blöd vor. Ich versuche mich seit zwei Tagen daran zu erinnern, wann ich dich zum letzten Mal gesehen habe, außerhalb der Intensivstation. Wir waren Eisessen und sind danach zu seinen Eltern gefahren, die ich seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen habe. Er hat ein Nusseis mit Schokoladestreuseln gegessen. Das ist sein Lieblingseis. Wir redeten darüber, dass wir uns schon lange nicht mehr gesehen haben, und dass ich seit dem Studium keine festen Wohnsitz mehr habe. Mal wohne ich im Ausland, dann in Wien, dann bei meinen Eltern, manchmal in unserer Wohnung.Darüber haben wir geredet. Darüber, und das sich einiges geändert hat. „Ich fehle ihm“, hat er gesagt. „Du fehlst mir auch“. Aber wir haben beide gewusst, dass, sollte ich den Studienplatz in Wien bekommen, es nicht einfach werden wird. Als mir dann auch noch das Auslandsstudium angeboten wurde und ich für ein halbes Jahr nach Australien ging, wurde es wirklich schwierig. Wir wollten nie eine Wochenendbeziehung. Als ich nach Wien zog, wurde unsere, davor so innige Beziehung, aber zwangsweise dazu. Als ich dann in Australien war, hatten wir nicht einmal mehr das. Jetzt wünsche ich mir, das alles rückgängig machen zu können. Ich würde hier bleiben, in der Nähe studieren, sicher nicht nach Australien gehen und jede freie Minute meines Lebens mit ihm verbringen. Jetzt würde ich alles anders machen. Die Distanz zwischen uns machte sich nicht nur in den tausenden Kilometern bemerkbar, die uns trennten. Es hatte sich einiges verändert. In Melbourne hatte ich viel Zeit um nachzudenken. Aber meine Liebe zu ihm wurde trotz der Entfernung nicht weniger. Als ich zurück kehrte war es viel mehr so, dass ich mir nun sicher war, dass er es ist, mit dem ich alt werden möchte. Dass er es ist, den ich liebe und immer lieben wollte. Dass er es ist, der mich lieben darf. Natürlich gab es einige Versuchungen, im Ausland als auch in Wien, aber nie ging ich auf einem manchmal auch zweideutigen Angebote ein. Doch als ich zurückkam, war etwas anders. Ich habe mich verändert. Er hat sich verändert. Wir haben uns verändert. An dem Sonntag beim Eisessen habe ich ihm gesagt, dass ich ihn liebe. Er hat gelächelt und meine Hand gehalten. Ja, mit ihm möchte ich alt werden. Er hat von seiner Arbeit erzählt, von unsere Wohnung, in der ich schon ewig nicht mehr war und dass sich dort einiges geändert hatte. Ich habe versucht ihm zu erklären, dass das alles nicht mehr lang dauert. Dass ich mein Studium bald abschließen und zurück zu ihm kommen kann. Er hat nur milde gelächelt. „Jetzt ist es das Studium. Du bist gut Schatz, in dem was du tust bist du wirklich gut“ Er hatte recht, aber ich habe auch verdammt viel dafür geopfert, um so gut zu werden. „Sie werden dir einen Job anbieten. Du würdest mehr verdienen als hier. Wahrscheinlich würdest du sagen -Nur für ein paar Jahre, spätestens bis wir Kinder haben- und ich wäre wieder allein“. “Ich will dich nicht aufhalten, wenn du die Welt eroberst.“ Ich lachte, aber als ich ihn ansah, verstummte ich. Er hatte wieder Recht. Vielleicht wird mir ein Job angeboten. Möglicherweise sogar einer, den ich nicht ablehnen kann. Ich hatte ein schlechtes Gewissen. So redeten wir über die Zukunft. Ein seltsames Gefühl. Jetzt tat mir das alles so leid. Kein Job auf der Welt könnte mich mehr von seiner Seite weichen lassen. Gleich heute Abend werde ich im Unisekretäriat anrufen und um Beurlaubung ansuchen. Es gibt viel zu organisieren, aber das ist nebensächlich. So sitze ich an deinem Bett und halte deine Hand, die so grau und kalt ist und denke an all das und denke doch an gar nichts. Wenn ich bei ihm bin, kann ich stark sein. Ich hatte immer Angst, dass ihm etwas passieren könnte,nie davor, dass mir etwas passiert. Aber sobald ich an seinem Bett sitze, habe ich das Gefühl unendlich viel Kraft zu haben. Kraft für uns beide. Manchmal muss ich das Zimmer verlassen. Wenn er gefüttert oder gewaschen wird. Auch am Abend muss ich nach Hause, obwohl ich so gern bei ihm bleiben würde. Aber die Schwestern sind nett. Sie erlauben mir ohnehin schon weit länger als die normale Stunde Besuchszeit bei ihm zu sein. Aber ich kann ihnen dafür irgendwie nicht dankbar sein, weil sie mich alle mit diesen traurigen Augen ansehen. „Sie sind doch noch beide do jung“, habe ich eine der Schwestern einmal mitleidig sagen hören, als ich am Abend das Zimmer verließ. Es kostete mich immer irrsinnig viel Kraft, dich alleine zu lassen. Wenn ich allein bin, habe ich Angst. Angst für uns beide. Manchmal sind deine Eltern im Zimmer. Manchmal meine. Zweimal war Joe da, dein bester Freund. Ich habe unser Bild mitgebracht und es neben die ganzen Maschinen gestellt. Damals waren wir noch so glücklich. Wir konnten nicht ahnen, was uns erwartet. Mein Leben war auf einmal nicht mehr wichtig. Alles drehte sich nur noch um das deine. Verdammt, ich will doch mit dir alt werden! Am zweiten Tag, ein Freitag, an dem es brütend heiß war, bekam ich einen Anruf von seiner Mutter. Sie hatte sein Handy gefunden und wollte es mir geben. Sofort, als ich an dem Abend die Station verlassen habe, bin ich zu ihr gefahren. Seit dem trage ich es wie einen kleinen Schatz immer bei mir. Ich habe es natürlich auf lautlos gestellt und nie abgehoben, wenn es läutete. Was hätte ich auch sagen sollen, aber heute, am vierten Tag, kam eine sms. *Ich komme morgen aus dem Urlaub zurück. Hast du es ihr schon gesagt? Ich vermisse dich. Kuss Tina* Ungläubig blicke ich auf das Display. Langsam lasse ich seine Hand los. Dann lege ich das Handy auf den Tisch, atme einmal tief durch, greife wieder nach seiner Hand und weine. Ich liebe ihn doch so sehr. An diesem Abend fahre ich nicht zu meinen Eltern. Ich fahre in unsere Wohnung. Das wollte ich ohnehin schon lange machen, hatte aber einfach nicht den Mut dazu. Ich parke auf seinem Parkplatz vor dem schönen Altbau und beginne zu weinen. Irgendwann steige ich dann aus. Ich gehe ins Treppenhaus und mache mich auf den Weg in den vierten Stock. Jeder Schritt schmerzt. Ich bin schwach geworden. Meine Kräfte sind am Ende. Obwohl ich seit Tagen nichts gegessen habe, wir mir nur beim Gedanken daran schlecht. Ich sperre die Wohnungstür auf. Ich lege meinen Mantel auf die Ablage und sehe mich um. Es sieht anders aus. Ich bemerke die weiß, orange-gelben Wände von denen er mir erzählt hat. Als ich das letzte Mal hier war, waren sie blau. Ich fühle mich fremd, in unserer eigenen Wohnung. Doch hatte ich jetzt nicht mehr das Gefühl, sie unsere Wohnung nennen zu könne. Ich sehe mich um. Im Wohnzimmer steht ein neuer Sessel. Ich erinnere mich an die vielen Bilder von uns, die früher überall herumstanden. Jetzt sehe ich nur mehr eines. Plötzlich wird mir schlecht und ich renne ins Bad und übergebe mich. Als es mir wieder besser geht, blicke ich in den Spiegel. Ich sehe fürchterlich aus. Abgemagert, mit tiefblauen Augenringen und äußerst blass. Es ist etwas anders, obwohl ich nicht sagen kann was. Ich mache die Schublade unterm Spiegel auf, in die wir beide nie etwas hineingelegt hatten. Es war die Schublade für Gäste, die bei uns übernachten, was früher durchaus häufig vorkam. Eine Zahn und eine Haarbürste, die nicht mir gehören. Ich schließe die Lade, als dein Handy zu vibrieren beginnt. Tina Gefasst nehme ich den Anruf an. Noch bevor ich auch nur die Möglichkeit habe, irgendetwas zu sagen, höre ich eine bestimmte, aber zarte Frauenstimme. *Hey Schatz. Ich weiß, ich weiß, ich wollte mich erst melden, wenn ich wieder zu Hause bin aber ich habs einfach nicht mehr ausgehalten. Hast du es ihr endlich gesagt? Ich weiß ja, dass du sie liebst und dass es nicht leicht ist, aber ich hab das Versteckspielen so satt. Du musst es ihr endlich sagen, dann kann ich auch bei dir einziehen. Ich....* Ich lege auf, kauere mich auf den Boden zusammen und weine. Ich weine die ganze Nacht, bis keine einzige Träne mehr übrig ist. Dann nehme ich dein Handy und beginne seine Sms an sie zu lesen. 11 Dezember. Das ganze hat also angefangen, als ich in Melbourne war. Als ich mir sicher war, dass ich mit ihm alt werden möchte, hat er begonnen mich zu betrügen. Am 3 Februar schreibt er ihr, dass sie mehr ist, als nur eine Freundin, aber dass er mich liebt. Am 26 Februar schreibt er ihr, dass es zwischen uns nicht mehr so gut läuft, dass wir uns nur selten hören und, dass es gut tut mir ihr zu reden. Am 28 Februar schreibt er mir: Alles Gute zum Geburtstag meine liebe. Du fehlst mir so sehr. Dann, am zweiten Mai schreibt er ihr, dass er nicht weißt, ob dass mit uns noch einen Sinn hat. Am 7 Mai schreibst er ihr dann:* Verdammt Tina, ich liebe dich doch auch, aber was soll ich machen?* Ich sehe auf die Uhr. Es ist halb neun. Mein Handy läutet. Meine Mutter „Wo bist du denn Liebes, wir machen uns schon alle Sorgen. Ich hab auf der Station angerufen und die haben gesagt, dass du nicht dort bist. Sie haben gesagt, dass es Lukas, seit du gestern gegangen bist, schlechter geht und dass du kommen sollst. Ich lege auf. Dann nehme ich sein Handy und wähle ihre Nummer. Es läutet einige Male, bis ich zur Mobilbox komme. Hallo Tina, Du kennst mich zwar nur von den Fotos, die du in unserer, nein, in seiner Wohnung sorgfältig entfernt hast, aber ich wollte dir sagen, dass Lukas seit fünf Tagen wegen einem Aneurysma auf der Intensivstation liegt. Es geht ihm sehr schlecht. Ich dachte, dass du es wissen solltest. Dann lege ich auf und verlasse die Wohnung. Ich steige ins Auto und fahre zu Klinik. Wie ferngesteuert gehe ich über das Gelände zur Neuro, drücke den Knopf am Eingang: „Schlittenfahrt“, steige in den Aufzug und fahre in den elften Stock. Dann setze ich mich an sein Bett und halte seine Hand, die kalt und grau ist. Meine Augen sind leer. Ich bin nicht einmal wütend. Ich bin tot Die Schwester sieht mich mit ihrem üblichen Blick an, doch nun ist es mir egal. Es gibt keine Hoffnung. Um 15 Uhr 13 vibriert sein Handy. Tina. Ich lasse seine Hand los und küsse ihn zum Abschied. Dann verlasse ich die Station, ohne die Schwestern zu beachten, die mich fragend ansehen. Ich lasse dir Tür, die man nur von innen öffnen kann, hinter mir zu fallen und steige in den Aufzug. Ich verlasse das Gebäude. Wie erwartet treffe ich auf sie. Ich weiß sofort wer sie ist. In ihren Augen die pure Angst, in ihrem Herzen nur Verzweiflung und als sie mich sieht, Tränen in den Augen. Komisch, eigentlich sollte doch ich die sein, die weint. Ich gehe auf sie zu. „Ich werde ihn verlassen. Ich liebe ihn sosehr, dass ich ihn verlassen werde. Aber nicht heute. Wenn es ihm besser geht. Ich kann meine große Liebe nicht verlassen, wenn sie im Sterben liegt.“ Sie schluchzt. „Ich kann dich zwar nicht ansehen, ohne dass mir schlecht wird, aber Er hat dich geliebt.Ich werde da sein, an seinem Bett. Ich werde seine Hand halten. Aber wenn ich gehe, wenn ich seine Hand loslasse, dann darfst du da sein, für ihn. Weil du ihn liebst. Weil das das einzige ist, das ihm jetzt noch helfen kann. Liebe“ Dann gehe ich, ohne mich umzudrehen. Ich fahre zu meinen Eltern und sage ihnen ,dass ich Lukas verlassen werde. Sie sehen mich ungläubig an. Ich sage, dass ich es ihnen nicht erklären kann, aber, sobald es ihm besser gehe, werde ich ihn verlassen. Zwei Tage später ist er tot.
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derWaschbaer
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Die Sonnenbrille
"Du machst alles kaputt mit deinem Theater!"
Ich war mir keiner Schuld bewusst, ganz im Gegenteil, ich trug als Einziger überhaupt keine Schuld an dem, was Kathrin als „mein Theater“ bezeichnete. Wir saßen auf der Terrasse des Ferienhauses, das wir für zwei Wochen gemietet hatten und das jetzt plötzlich viel zu groß für uns war, nachdem Andrea und Marc abgereist waren. Oder war „geflohen“ der bessere Ausdruck? „Was ist so schlimm daran,“ entgegnete ich, „wir werden die restlichen zehn Tage auch ohne die beiden herumkriegen. Haben wir die letzten Jahre ja auch.“ Sie starrte auf die Bucht. „Dieses Haus,“ sagte sie, „immer haben wir dieses Haus gesehen und gesagt, da fahren wir mit den beiden hin, wenn es soweit ist.“ Sie klang belegt und dünn, als würde sie Tränen unterdrücken. “Und jetzt sind wir hier, keine drei Tage, und du machst alles kaputt. Wo kommt das eigentlich plötzlich her, du warst doch sonst nicht so ein verdammter Moralapostel?“ Jetzt schien sie ärgerlich zu werden, was mich beruhigte. „Und leisten können wir uns das jetzt auch nicht mehr,“ fuhr sie fort, „verstehst du das? Du kannst morgen zur Verwaltung runtergehen und zusehen, dass wir ein kleineres Haus bekommen. Oder, ach, lass es doch, wir sollten auch abreisen. Der Urlaub ist vorbei. Vielen Dank!“ Sie stemmte sich aus dem Liegestuhl hoch. „Und nur wegen dieser scheiß Sonnenbrille, das muss man sich mal vorstellen.“ Sie ging ins Haus und ließ mich allein auf der Terrasse zurück. Ich goss mir den letzten Schluck Rotwein ins Glas und blickte auf die Perlenkette der Lichter auf der anderen Seite der Bucht. Im Haus hörte ich eine Tür schlagen. Die Sache mit der Sonnenbrille hatte eigentlich ganz harmlos angefangen, so wie alle besonderen Ereignisse ihre Schatten nur selten vorauswerfen. Sie schleichen sich an, tarnen sich als eine alltägliche Begebenheit, als Einkaufsbummel, vielleicht, und verwandeln sich dann unmerklich in eine Krise. Marc wollte unbedingt in diesen Laden, wo es eine besondere Art von Hemden gab, die man angeblich nur hier kaufen konnte und sonst nirgendwo auf der Welt. Er hatte immer schon die Neigung gehabt, sich mit einzigartigen und exklusiven Dingen zu umgeben. Und jetzt, wo es ihm finanziell wieder besser ging, schien es, als wolle er auch damit wieder voll einsteigen. Vielleicht wollte er aber auch nur demonstrieren, dass er sich erholt hatte von der Pleite mit seiner eigenen Agentur, dass er wieder ganz der Alte war, seine Frau ewig auf Händen tragen und ihr endlich ein Leben in Luxus bieten kann, keine Luftschlösser ohne Hand und Fuß mehr, jetzt, wo er wieder einen Job gefunden hatte. Bei den Frauen rannte er mit seinen Einkaufsplänen natürlich offene Türen ein, noch bevor ich Protest anmelden konnte, spürte ich, wie Kathrin, die mit Andrea untergehakt neben mir lief, mich sanft über die schmale Straße drängte, die auf beiden Seiten von Modegeschäften gesäumt war. Es war Mittag, die Sonne brannte mit beachtlicher Kraft für einen Junianfang, und der Schweiß lief mir bereits in dünnen Bächen den Rücken hinunter und nässte den Saum meiner kurzen Hosen. „Komm schon“, sagte Kathrin, die meinen Widerwillen voraussah, „du könntest auch mal wieder ein neues Hemd gebrauchen.“ Als ich den dreien in den Laden folgte, war ich überrascht und erleichtert, dass es dort sehr kühl war. Auf einem der weißen Holzregale summte ein Ventilator. Für einen Moment dachte ich, in einen Traum geraten zu sein, denn die Kühle, die mich so wohltuend umfing, schien von dem vollständigen Fehlen aller warmen Farben unterstützt zu werden, wenn nicht ganz und gar davon herzurühren. Alles, was hier verkauft wurde, war entweder blau oder weiß. Die gesamte Einrichtung, der Fußboden, die Regale und Ständer waren weiß, und selbst die Werbeplakate an den Wänden waren bläulich eingefärbte Schwarzweißfotos. Auch die Verkäuferin hinter dem weißen Tresen trug eine weiße Bluse und hellblaue Shorts. So ähnlich muss es im Himmel aussehen, dachte ich. Während Marc, gefolgt von seiner Frau Andrea, zielstrebig dem Ständer mit den Oberhemden zustrebte, suchte ich mir einen Ort nahe der Tür, an dem ich nicht im Weg stehen würde. Das Einkaufen von Textilien ist mir ein Gräuel, sozusagen. Wenn ich zum zweiten Mal ein Hemd oder eine Hose anprobieren muss, um Größe und Sitz den kritischen und fachkundigen Blicken meiner Frau zu unterziehen, verliere ich bereits die Lust. Zwei Läden, zwei Anproben: das ist das Maximum dessen, was ich aushalte. Im Monat. Vielleicht sehe ich deshalb immer gleich aus. Jetzt kam Kathrin strahlend auf mich zu, in der Hand trug sie ein hellblaues, verwaschenes Polohemd, das am Kragen notdürftig geflickte Risse und Löcher aufwies. Der Stoff schien sehr alt zu sein. Meinen ablehnenden Gesichtsausdruck ignorierte sie. „Hier, zieh das doch mal an. Die Farbe passt zu deinen Haaren.“ Zu meinen Haaren? Warum zum Teufel... Ich hatte keine Lust, das Hemd anzuziehen, aber noch weniger Lust, mir hinterher ihre Vorhaltungen über meine „untherapierbare“ Abneigung gegen das Einkaufen von Textilien anzuhören, denen Andrea immer energisch beipflichtete. Die beiden Frauen tauschten bei diesen Gelegenheiten Blicke aus wie Mütter behinderter Kinder. Außerdem hatte sie Recht, ich konnte es tatsächlich gut gebrauchen. Also verschwand ich in einer der beiden kleinen Umkleidekabinen an der Rückseite des Geschäfts. Als ich das Hemd überstreifte, was mir unangenehm war, weil ich immer noch schwitzte, hörte ich Andrea und Marc in der Nachbarkabine tuscheln. Ich erinnere mich noch genau, wie befremdet ich war. Ich konnte keinen Grund sehen, was es über Größen und Farben zu flüstern gab und fühlte mich dennoch in die Rolle eines Lauschers gedrängt. Wenn zwei miteinander flüstern, wird der Dritte automatisch zum Spion, weil man ja instinktiv versucht zu verstehen, was da gesprochen wird. Ich schob den weißen Vorhang beiseite und trat vor die Kabine. Kathrin musterte mich kurz und sagte: „Prima. Das nehmen wir.“ Sie machte ein zufriedenes Gesicht. Ich betrachtete mich im Spiegel. Das Hemd stand mir tatsächlich gut, soweit ich das beurteilen konnte. Ich gefiel mir darin, was selten genug vorkam, und beschloss, das Hemd gleich anzubehalten. Kathrin rollte mit den Augen und schickte mich zur Kasse, damit die Verkäuferin die Diebstahlsicherung entfernen konnte. Ich hätte das glatt vergessen und wäre später unter dem Gejaule der Alarmanlage zusammengezuckt. Es wäre nicht das erste Mal. Als ich mit dem Rücken zur Theke stand, und die Verkäuferin sich mühte, mit einem unförmigen Apparat das Plastikschild zu entfernen, das am Kragen angebracht war, betrat ein Mann zögernd den Laden. Ich hatte den Eindruck, das er sich nicht sicher war, ob er wirklich hereinkommen wollte. Er erklomm die kleine Stufe an der Eingangstür, indem er sich am Türrahmen Halt verschaffte und langsam den anderen Fuß über die Schwelle setzte, so als hindere ihn die Kühle, die ihm entgegen kam wie ein Schwall kalten Wassers, am Betreten des Ladens. Dabei war er nicht richtig alt: sicher, ein Pensionär, wie es viele hier gab an der Küste, aber er wirkte gesund und vital, die Beine, die aus seinen weißen Shorts lugten, waren tiefbraun und drahtig, genau wie die Arme. Sein Gesicht stand dazu in auffallendem Kontrast. Es war leichenblass, als hätte er einen Schock erlitten, unmittelbar bevor er den Laden betrat. Er tastete sich jetzt an einem der weißen Kleiderständer, der bedenklich zu schaukeln begann, zur Kasse vor, und räusperte sich. Die Verkäuferin gab ihre Bemühungen um meine Diebstahlsicherung vorübergehend auf, um sich um ihn zu kümmern. Er fragte sie etwas, und mein Französisch ist zu schlecht, als dass ich hätte verstehen können, was er wollte. Aber seine Augen, die sprachen eine andere Sprache, sie waren geweitet, als hätte er große Angst, und seine Stimme war brüchig. Die Verkäuferin entgegnete „Bien sur, Monsieur“ und wies mit ihrer freien Hand in den hinteren Teil, wo Andrea und Marc sich immer noch nicht auf eine Farbe für sein Hemd geeinigt hatten. Der Alte ging jetzt mit wackeligen Schritten an ihnen vorbei und schob den Vorhang der Umkleidekabine zur Seite, die Marc benutzt hatte. Er steckte kurz den Kopf hinein, zog ihn wieder heraus und sah sich ratlos im Laden um. Auch Andrea und Marc hatten ihre Farbendiskussion unterbrochen und beobachteten ihn. Und dann geschah etwas seltsames: Der Blick des Alten, der bisher nur Kummer und Verzagen ausgedrückt hatte, schlug plötzlich um. Ich habe so etwas noch nie vorher gesehen, seine scheinbar blicklosen Augen verengten sich plötzlich, und darin glaubte ich tiefe Abscheu lesen zu können. Der Mann streckte sich jetzt, so als bemühe er sich, Haltung zu gewinnen; und schritt an Andrea und Marc vorbei, ohne sie aus den den Augen zu lassen, seine Mundwinkel zogen sich nach unten, als er sie von oben bis unten musterte und ich fragte mich, womit die beiden sich diesen Blick verdient haben konnten. Als er schließlich an mir vorbeikam, sah er für einen kurzen Moment direkt in meine Augen. Und was ich jetzt in seinem Gesicht las, war Verachtung, die mich wie eine Faustschlag an einer empfindlichen Stelle traf, von der ich nicht gewusst hatte, dass ich sie überhaupt besaß. Er wechselte noch kurz ein paar Worte mit der Verkäuferin, die endlich die Diebstahlsicherung aus meinem Hemd entfernt hatte. Dann verließ er das Geschäft ohne einen weiteren Blick oder Gruß. Der ganze Vorfall hatte höchstens eine Minute gedauert, und als ich wieder zum Kleiderständer sah, hatten sich Andrea und Marc endlich auf ein paar Farben geeinigt. Kathrin bezahlte mein Hemd, und auch Marc beglich seine Rechnung, in bar, was mich überraschte. Wir gingen hinaus, Andrea und Marc zuerst, und ich trottete hinterher, in er Hand meine weiße Tüte und in der Magengegend, dort, wo mich der Blick des Alten getroffen hatte, ein mulmiges Gefühl. Am frühen Abend saßen wir auf der Terrasse eines Restaurants, das oberhalb des Hafens gelegen war. Meine Missstimmung war verflogen, unter dem strengen Blick meiner Frau, die keine Irritationen in „ihrem“ Urlaub mit ihrer alten Freundin Andrea duldete, und wohl auch unter dem Einfluss einer Flasche Rose, die jetzt kopfüber in einem silbernen Kühler steckte. Die Hitze des Tages war einer milden Brise gewichen, die um unsere nackten Beine strich. Wir hatten einen prächtigen Ausblick, unter uns, im Hafen, erhoben sich die Aufbauten der mächtigen Motoryachten in die Dämmerung. Davor flanierte eine bunte Masse von Touristen über die Hafenstraße, man bewunderte die Boote oder schüttelte die Köpfe über diesen unglaublichen Luxus; junge Väter ließen ihre Familien vor den haushohen Yachten Aufstellung nehmen und knipsten Erinnerungsfotos, langhaarige Jungen schossen auf ihren Motorrollern durch die Menge und ließen die Motoren immer wieder laut knattern, um träge Touristen aufzuscheuchen. Dazwischen junge Mädchen in Miniröcken, englische Bustouristen mit sonnenverbrannten Nasen und immer wieder elegant gekleidete und tief gebräunte ältere Paare, die es sich leisten konnten, ihren Ruhestand hier zu verbringen. Marc, der mit seinem iphone spielte, um Dies und Das zu posten, saß mit offenem Hemd breitbeinig da, streichelte laufend sein Tattoo, welches auf seiner Brust schimmerte und bestellte schließlich eine Flasche Champagner, um unsere „Wiedervereinigung“ gebührend zu feiern, und Kathrin fasste ihn am Arm. „Moment, zeig doch erst mal die Brille!“ Marc grinste breit und griff in seine Einkaufstüte, die neben ihm auf dem Boden stand. „Hier,“ sagte er, an mich gewandt, „das hast Du gar nicht mitbekommen, oder?“ Über den Tisch schob er mir eine Sonnenbrille zu. Ich erkannte, das es nicht seine war; seine goldene Pilotenbrille ragte aus seiner Hemdtasche. „Was habe ich nicht mitbekommen?“ fragte ich und nahm die Brille in die Hand. Ich erkannte, dass sie alt war, die Gläser waren arg zerkratzt und die Form erinnerte mich an die Brillen, wie in den fünfziger Jahren modern waren. „Das ist eine Wayfarer, mein Lieber, und zwar eine Originale, wahrscheinlich frühe Sechziger oder sogar noch älter,“ dozierte Marc und ich nahm ihm sofort ab, dass er sich damit auskannte. „Und woher hast Du die?“ wollte ich wissen, noch immer ahnungslos. Die Frauen flüsterten sich etwas zu und lachten leise. „In dem Geschäft heute habe ich die gefunden, sie lag in der Umkleidekabine.“ Marc lachte jetzt auch. „Ein echter Schatz!“ Er legte die Hand auf die Brust, so, als wolle er sich entschuldigen. Ich schob ihm die Brille wieder über den Tisch und plötzlich wurde mir klar, dass es diese Brille war, die der Alte in dem Geschäft gesucht hatte. Marc setzte die Brille auf, fuhr sich durch die Haare und lehnte sich im Stuhl zurück, als setze er sich für ein Foto in Pose. „Na,“ sagte er „wie seh ich aus?“ Wieder sein kehliges Lachen, das ich plötzlich nicht mehr ansteckend fand. „Hör mal,“ sagte ich, und in meine Stimme schlich sich vielleicht eine gewisse Schärfe ein, „das kannst Du doch nicht machen! Hast Du den alten Mann nicht bemerkt? Das ist doch seine Brille, die Du da auf der Nase hast.“ Marc streckte die Hände aus und warf scheinbar verwirrt den Kopf hin und her. „Ich habe niemanden gesehen! Alles so dunkel hier!“ rief er und seine Hände tasteten nach dem Champagnerglas. „Ah, da!“ rief er und führte es mit beiden Händen zum Mund. Andrea und Kathrin lachten über diese misslungene Imitation eines Blinden. Ich dachte an den Blick des Alten, und mir war nicht nach Lachen zumute. Ich hätte mitlachen können, vielleicht sogar sollen, und dann diese Episode vergessen und über etwas anderes reden können. Das gelingt mir sonst auch, wenn Unterhaltungen eine Richtung bekommen, die mir unangenehm ist, leite ich einfach zu einem anderen Thema über. „Marc,“ hörte ich mich plötzlich sagen, „Das ist nicht richtig.“ Er hatte sein Glas abgesetzt und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Was?“ „Du hast den Alten gesehen, und Du wusstest, was er wollte.“ „Ach, nun hör aber mal auf. Was hätte ich denn Deiner Meinung nach tun sollen? In die Tasche greifen und sagen, 'Hier, die hab ich Ihnen aus versehen geklaut?' „Zum Beispiel,“ erwiderte ich dünn, obwohl ich wußte, dass ich mich dieser Bloßstellung wohl auch nicht ausgesetzt hätte. „Was ist denn mit Dir los,“ fuhr Andrea mich plötzlich an und knuffte mich auf den Arm, „was stänkerst Du denn hier so rum? Ist doch nur 'ne Sonnenbrille, Mensch!“ Andrea hat mich nie besonders gemocht und ließ mich das gelegentlich spüren. Ich war nie gut genug, Kathrin hätte „besseres verdient“, jemand, der sie auf Händen trägt und ihr ein Leben in Luxus bietet. Kathrin legte den Arm um meine Schulter. „Er gefällt sich manchmal in der Rolle des Moralapostels,“ sagte sie und strich mir übers Haar. „Normalerweise macht er das nur mit mir. Jetzt missionierst Du also schon unsere Freunde?“ Ihr Lächeln beschränkte sich auf die Lippen. Marc hatte die Brille wieder abgesetzt und mit ausgeklappten Bügeln vor sich auf den Tisch gelegt. Wie ein schwarzes Insekt hockte sie jetzt auf der weißen Tischdecke und starrte mich aus schwarzen Augen an. Marc fixierte mich mit leicht zusammengekniffenen Augen. „Sag mal, soll ich Dir mal vorrechnen, wie oft Du die Zeche geprellt hast früher? Oder Schwarzgefahren bist?“ Er spielte auf unsere Studentenzeit an. Marc arbeitete damals schon nebenberuflich in einer Werbeagentur und hatte immer ausreichend Geld. Ich kann mich nicht erinnern, jemals neidisch auf ihn gewesen zu sein, denn meinen chronischen Geldmangel konnte ich durch meine kleinen Tricksereien ausgleichen. Aber war das das Gleiche? „Das war Mundraub, Zechprellerei vielleicht und Schwarzfahren. Aber kein Diebstahl, Marc.“ „Diebstahl?“ Andrea war erkennbar aufgebracht und wurde laut, der ironische Unterton, den ich vorher noch gehört hatte, war verschwunden. „Das ist höchstens Fundunterschlagung. Du weißt doch gar nicht, wovon Du redest!“ Andrea war Rechtsanwältin bei einer großen Versicherung, und ich war sicher, das sie Recht hatte, in juristischer Hinsicht. „Es geht mir nicht um juristische Spitzfindigkeiten,“ versuchte ich sie zu beruhigen. Ich wußte, dass ich jetzt zurückstecken musste, um eine Szene zu vermeiden. Vielleicht war ich wirklich zu empfindlich. „Aber wir haben doch alle gesehen, dass der Mann etwas gesucht hat. Und Du,“ sagte ich zu Andrea und bemühte mich um einen versöhnlichen Ton, „hättest sogar verstehen müssen, was er wollte, mit Deinem perfekten Französisch.“ Andrea verdrehte die Augen. „Ich hab überhaupt nicht auf den Kerl geachtet. Würdest Du jetzt bitte aufhören? Du versaust uns den Abend.“ „Außerdem geht es hier nicht um Recht, Andrea,“ fügte ich noch hinzu. „Es geht um Richtig oder Falsch.“ „Doch, doch, mein Lieber,“ rief Andrea und lachte spöttisch, „dir geht es hier nur um Recht, nämlich um's Recht haben! Das war doch schon früher so.“ „Dass Moral Dich nicht interessiert, ist auch nicht erst seit gestern so,“ gab ich zurück und wusste, dass ich damit zu weit gegangen war. Ich spielte damit auf eine Zeit während ihres Studiums an, während der Andrea sich von Männern mit viel Geld hatte aushalten lassen. Kathrin hatte mir davon erzählt, ich war außer ihr der Einzige, der davon wusste. Andreas größte Sorge war, dass Marc Wind von der Sache bekommen könnte. Meine Anspielung war nicht fair gewesen, aber ich konnte nicht anders. Ihre Selbstgerechtigkeit hatte mich wütend gemacht. Sie wurde jetzt blass, ihre dunklen Augenränder traten plötzlich hervor und ließen ihr Gesicht unter der Neonbeleuchtung wie einen Totenschädel wirken. Kathrins Stimme war eisig. „Wenn Du philosophische Diskussionen führen willst, warum suchst Du Dir dann nicht jemand anderen und lässt uns hier feiern?“ Ich sah an dem Funkeln in ihren Augen, dass sie mich später für die ganze Sache verantwortlich machen würde. „Ich geh mal Zigaretten holen,“ sagte ich knapp und stieß beim Aufstehen an meinen Stuhl, der scheppernd umkippte. „Lass Dir Zeit,“ gab Andrea nur zurück.“ Ich fand den Alten, ohne das ich ihn gesucht hätte. Er saß auf einer Bank an der Hafenmole, vor einem riesigen weißen Boot, das den Namen „My Sweet Lady Valentine“ trug. Er schien in die Betrachtung der sanft schaukelnder Yachten, versunken, die mit dem Heck zur Straße festgemacht waren, aufgereiht wie Rennpferde vor dem Start. Auf einigen der Boote wurde gefeiert, man konnte zwar nichts sehen, aber ich hörte Musik und und ein Gewirr von Stimmen. Gelegentlich flammte das helle Lachen einer Frau auf. Auch vom Oberdeck der „Lady Valentine“ kam Musik. Ich blieb direkt vor dem Alten stehen. Sein Blick schien durch mich hindurch zu gehen. „Vermissen sie etwas?“ Diesen Satz hatte ich mir zurechtgelegt, während ich ziellos durch die Gassen geschlendert war. Ich spreche kein besonders gutes Französisch und war froh, dass mir diese paar Brocken noch eingefallen waren. Immer wieder hatte ich sie vor mich hin gemurmelt, entgegenkommende Passanten musterten mich mit Befremden und vergewisserten sich, ob ihre Brieftaschen noch an Ort und Stelle waren. Ich hatte mir vorgestellt, wie ich den Mann wiedertreffen würde und was ich sagen könnte und war, ohne es zu wissen, schon auf der Suche nach ihm, als ich unser Lokal verlassen hatte. Wahrscheinlich hielt er mich jetzt für den Dieb (oder unehrlichen Finder), aber das war mir gleichgültig. „Jetzt brauch ich sie eigentlich gar nicht mehr, wissen Sie,“ sagte er plötzlich in akzentfreiem Deutsch. „Ich hab mich operieren lassen im letzten Jahr, so eine Laser-Operation, in Düsseldorf, tolle Sache.“ Er schob die Unterlippe vor und nickte, als ob er sich selbst zustimmte. „Kann fast wieder sehen. Naja, nicht richtig scharf, aber immerhin, mehr als nur Umrisse und hell und dunkel.“ Er nickte wieder. „Kann mich wieder besser orientieren und allein auf mich aufpassen.“ Er wandte sich mir zu und schien mich prüfend zu mustern. Ich versuchte mir vorzustellen, wie viel er sehen konnte. Ob er mich vielleicht wiedererkannte, aus dem Laden. „Sie waren in dem Laden heute, nicht?“ „Ja, das war ich.“ Er lachte auf. „Sie habe ich am Geruch erkannt.“ Ich schwieg. „Wenn man vierzig Jahre fast blind ist, lernt man, sich auf seine anderen Sinne zu verlasen, mein Freund,“ sagte er und nahm meine Hand. Ich ließ es geschehen, und so standen wir da an der Hafenmauer, und sahen wohl, im Halbdunkel, für eine paar Augenblicke wie ein seltsames Liebespaar aus. „Haben Sie sie genommen?“ fragte er. „Nein, ich habe sie nicht genommen.“ „Dann der Andere. Ihr Freund.“ Ich schwieg wieder. „Nein,“ rief er und drückte meine Hand fest, „nicht ihr Freund: die Frau! Stimmt's? Die blonde Frau hat sie genommen!“ „Hören Sie,“ sagte ich, „ich werde die Sonnenbrille jetzt holen gehen. Es tut mir furchtbar leid, das wir Sie so in Verlegenheit gebracht haben.“ Ich wollte gehen, aber er hielt mich fest und stand auf von seiner Bank. „Es war ein Geschenk.“ Ich verstand nicht. „Die Brille. Sie war ein Geschenk.“ Er deutete über die Straße auf ein kleines Eiscafe. „Da vorne haben wir sie gekauft, diese Brille. Damals war das noch ein Juweliergeschäft, und dieser Ort war kein Ferienort, aber auch kein Fischerdorf mehr. Wahrscheinlich waren Sie noch nicht auf der Welt. Sie trug übrigens ein weißes Kleid mit blauen Blumen, damals trugen die Frauen im Urlaub noch Kleider. Im Jahr darauf waren wir wieder hier, aber da ging es schon schwer bergab mit meinen Augen. Aber ich war dabei, zu lernen, durch ihre Augen zu sehen, und dafür brauchte ich diese Brille, die meine Welt verdunkelte und in Umrisse verwandelte, in ein Schattenspiel. Ich lernte, durch diese Brille zu sehen - mit ihren Augen.“ Er lachte. „Und jetzt, dank dieser Operation, ist es fast wieder wie früher! Ich sage fast, weil immer noch alles etwas unscharf ist. Und farblos. Die Welt ist so seltsam farblos geworden, finden sie nicht? Nur noch Pastelltöne. Oder bilde ich mir das nur ein?“ „Ich gehe jetzt besser ihre Brille holen,“ erwiderte ich und schüttelte seine Hand ab. „Nein,“ sagte er, „warten Sie: die Frau soll sie bringen. Von Ihnen nehme ich sie nicht an. Sagen sie der Frau, sie muss selber kommen!“ „Ich will sehen, was ich tun kann.“ „Die Frau soll kommen,“ hörte ich ihn nochmal murmeln, als ich mich umdrehte und ging. Als ich mir den Weg durch die Tischreihen des Restaurants bahnte, sah ich schon von weitem, dass Kathrin allein an unserem Tisch saß, und ihre Augen funkelten mir entgegen. Auf dem Tisch lag, zusammengefaltet, die Sonnenbrille, das Corpus Delicti, wie ein Beweisstück in einem Prozess, es fehlte nur noch ein daran festgebundenes Etikett. Die Flamme der heruntergebrannten Kerze spiegelte sich in den schwarzen Gläsern. „Wo sind die beiden?“ fragte ich Kathrin und bemühte mich um einen geschäftsmäßigen Tonfall. Mein Zorn war jetzt, da ich die Geschichte der Sonnenbrille kannte, einem missionarischen Eifer gewichen. Ich hatte die Moral auf meiner Seite, doppelt auf meiner Seite. Ich würde Andrea und Marc zum Hafen zu bringen, vor ihr Opfer, das auch ihr Richter sein würde. Ich wollte sie zu einer Entschuldigung zwingen. „Gegangen,“ antwortete sie. Ich sah, dass sie geweint hatte. „Wenn Du dich beeilst, nach Hause zu kommen, und dich entschuldigst, dann reisen sie vielleicht doch nicht heute Nacht noch ab.“ Ich nahm die Brille vom Tisch. „Ja,“ antwortete ich, „ich beeile mich besser. Aber entschuldigt habe ich mich schon.“ Das Kunststoffgestell fühlte sich heiß an in meiner Hand, was mit Sicherheit Einbildung war, ich hielt die Brille vorsichtig mit der rechten Hand umfasst, wie ein lebendes Wesen, das ich beschützen wollte, und rannte durch die dunklen Gassen, hinunter in Richtung zum Hafen. Einmal bog ich falsch ab, musste nach dem Weg fragen und die ganze Straße zurück rennen. Schweiß nässte mein neues Hemd, aber ich war absolut sicher, dass wenn ich nur eine Sekunde verlöre, der Alte nicht mehr da sein würde. Ich war völlig beseelt von dem Gedanken, dieses Unrecht ungeschehen zu machen, jetzt wieder durchdrungen von Zorn, den ich nie gekannt hatte und als heilig empfand, und, oh ja, ich würde Andrea und Marc nachher einen Vortrag halten, wenn sie nicht schon abgereist waren, was ich insgeheim hoffte. Als ich den den Hafen erreichte, bestaunten nur noch vereinzelte Touristen die Yachten. Die Kellner der Straßenbars kassierten die letzten Gäste ab, während ihre Kollegen schon gemächlich die Stühle auf die Tische stellten. Vom Meer kam ein kühler Wind, der mich frösteln ließ. Ich ging an der Reihe der Boote entlang, auf denen es ruhig geworden war. Keine Musik mehr, der Wind pfiff in den Aufbauten der Segelboote. Der Alte war nirgends zu sehen, und die Bank, auf der er gesessen hatte, war jetzt von einem jungen Paar in Beschlag genommen. Sie küssten sich. Irgendetwas stimmte hier nicht. Etwas war anders. Als hätte jemand in seiner Wohnung die Möbel umgeräumt, oder die Bilder umgehängt. Dann bemerkte ich die Lücke und begriff, was hier nicht mehr stimmte: die „My Sweet Lady Valentine“ war ausgelaufen, und dort, wo sie gelegen hatte, schwappte nur noch schwarzes Wasser.
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Im Frühjahr nichts Neues
Gestern stand ich noch auf der anderen Seite des Bettes, ohne Mitleid.
Schwitzend wach ich auf, mein Körper ganz nass, die Kleidung klebt daran. In so einem Zustand träumt man die komischsten Sachen. Was auch immer man so den Tag über erlebt hat, in den Medien sieht und einem allgemein durch den Kopf geht bildet einen abstrakten Mischmasch an furiosen Träumen, welche man im Halbschlaf durchlebt. Pharaoähnlich lieg ich unter der Decke, die Arme auf der Brust gekreuzt, die Beine übereinander geschlagen. Dennoch ist mir kalt und die Gänsehaut auf meinem Rücken will nicht verschwinden. Eigentlich könnte ich ausschlafen, aber es scheint unmöglich. Drei Stunden liege ich nun schon hier. Die Sonne scheint durch das Fenster und blendet mich, ich würde gern den Vorhang schließen, aber abgesehen davon, dass mir bewusst ist, dass Sonne meinem Gemüt gut tut, habe ich schmerzen in den Gliedern. Wärend also nun die trostlosen Minuten verstreichen und alles still ist, bis auf die Heizung und die dumpfen, vorbeifahrenden Motoren, wird mir bewusst, dass Selbstmitleid nur halb so schön ist, wenn ihn niemand bestätigt. Forschungen haben bewiesen, dass Männer in der Regel mehr leiden als Frauen, sei es bei bakteriellen Krankheiten, oder sogar Liebeskummer. Diesen Forschungen glaube ich zu gern, denn ich bin so ein armes, männliches Wesen und habe noch einige Tage vor mir, wenn es heißt: 3 Tage kommt eine Grippe, 3 Tage bleibt sie und 3 Tage verfliegt sie.
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BobBuilder
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Beschwerdebrief
Mach dir keine Sorgen um mich, es geht mir gut. Viele Grüße: Dein Herz
Was fällt dir eigentlich ein? Warum musst du nach allem was passiert ist, nach allem was wir durch haben immer noch so irrsinnig gut aussehen? Ist es denn unbedingt notwendig, dass du so unsagbar attraktiv bist? Das du mich nach wie vor fesselst und in deinen Bann ziehst? Mit deiner Hochsteckfrisur, der süßen Stupsnase, deinen sinnlichen roten Lippen und der Jeansjacke? Eine Frechheit ist das! Kannst du nicht bitte einfach scheiße aussehen? Wenigstens scheiße aussehen! Das ist wäre ja wohl das Mindeste was du noch für mich tun könntest! Finde ich. Es ist doch eigentlich genug passiert. Genug um zu sagen, "leb wohl meine Liebe, das wars, macht doch so keinen Sinn!" Aber hast du es gesehen? Es fällt kaum auf. Da ist dieses kleine, unscheinbare Wort, zehn Buchstaben, nicht mehr, aber auch nicht weniger...EIGENTLICH! EIGENTLICH, EIGENTLICH, EIGENTLICH. Eigentlich geht es mir nämlich gut, eigentlich fehlst du mir auch gar nicht mehr, eigentlich denke ich gar nicht mehr so oft an dich und eigentlich geht es mir sogar besser ohne dich. Eigentlich. Eigentlich unfassbar was ein Herz so aushalten kann ohne völlig zu Grunde zu gehen. Vielleicht ist es wirklich so, dass Narbengewebe einfach widerstandsfähiger ist. Irgendwie finde ich das bewundernswert...es scheint so als hätte ich tatsächlich ein HULK-Herz...grün, stark, unbeugsam. Aber unzerstörbar? Auch ein HULK-Herz bricht irgendwann. Dabei könnte doch alles so einfach sein. Ich müsste doch nur einmal konsequent sein, einmal auf das hören was mein Kopf mir sagt. "Fackel die Brücken hinter dir ab, auf auf zu neuen Ufern! Ahoi, leb wohl!" So spricht es nämlich zu mir, das Ding auf meinem Hals. Tag für Tag. Nacht für Nacht. Ich weiß nicht wie viele "Fuck Yous" und "Wie kannst du nurs" ich bereits gepredigt habe, wie oft ich dich verflucht und zur Hölle geschickt habe...du hast nämlich recht! Du bist der Teufel in Person! Und ich dir verfallen. Hexe Hexe Hexe! Nur ist es nun mal so, dass ich kein Kopfmensch bin und deshalb tief in meinem Innersten erbitterte Kämpfe ausgetragen werden, epische Schlachten sind das! Schlachtfeld Liebe. Kopf gegen Herz, Herz gegen Kopf. Und ich habe mich dazu entschieden eine Allianz einzugehen, ja, wahrscheinlich macht es wenig Sinn, aber...ich habe mich mit meinem Herzen verbündet. Wir kämpfen jetzt gemeinsam gegen den Kopf an, wir wollen nämlich noch an das Gute glauben. Weil wir einfach nicht wollen das der Kopf kampflos gewinnt. Weil wir, mein Herz und ich, immer noch hoffen das am Ende alles gut wird. Wie war das? Wenn es noch nicht gut ist, ist es noch nicht das Ende? Dieser scheiß Spruch! Und so fahren wir Niederlagen ein, nehmen herbe Verluste in kauf und stecken unzählige Verwundungen weg. Aber noch sind wir stark, noch geben wir nicht auf, noch nicht, soweit sind wir noch nicht. Ich weiß das wir das gemeinsam schaffen können. Gegen Fügung kann man sich nicht beugen. Der Kopf darf niemals siegen, lang lebe mein Herz! Weißt du überhaupt das ich noch um uns, für uns, kämpfe? Nein, ich glaube nicht. Du hast uns schon lange abgeschlossen. Es gibt nach wie vor keinen Platz für mich in deinem Leben. Zumindest im Moment hast du gesagt. Eigentlich möchte ich dir das gar nicht glauben. Eigentlich. Wahrscheinlich wäre es besser, ich würde es einfach tun. Wenn das nur so leicht wäre. Denn da gibt es diese Lichtblicke, diese Momente, die von dir nicht mal beabsichtigt sind. Ganz unbefangen und ohne dir der Wirkung bewusst zu sein haust du es einfach raus: "Kochst du mal wieder für mich?" ' Bist du bescheuert!' ballert mein Kopf drauf los, 'das wirst du schön sein lassen du Idiot! Das wird nur wieder schmerzhaft für dich!' Doch das Herz war schneller! "Klar, gerne, wann passt es dir denn?" hat es den Kopf wiedermal ausgeschaltet. Herz: 1, Kopf: 0. Oder Verstand: 0, Schmerz: 1. Wie man eben möchte... Ich freue mich drauf! Ich freue mich auf dich! Auf in den Kampf! JUHU!
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fuehlen
liebe
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Alveroid
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Trilogie aus drei Gleisen - Gleis 1 - Zähl auf mich!
Der erste Teil einer erlebten Zugtrilogie . Folgeteile mit Arbeitstiteln: Gleis 2 - Der Punk und das Blumenmädchen Gleis 3 - Die Totschlägerreunion
Es war bis zu diesem Zeitpunkt eine Fahrt ohne Höhepunkte. Man folgte planmäßig dem Schienenteppich und versuchte nicht aufzufallen. Ein Pärchen, dass im Gang stehen musste, bildete mit ihren Körpern das Deutsche Bahn Zeichen. Er, hatte vermutlich mehrere Wochen im Speisewagon gelebt, und sie, war vermutlich die ehemalige Angestellte des Bordbistros. Ihr heißes Liebesspiel auf den DB-Mobil Magazinen endete mit dem Resultat Schwangerschaft. Nun standen diese beiden Fleischberge dort und aßen ihr Ditschgebäck mit ihrem Handbesteck. Sie waren das einzig Sehenswerte während dieser Fahrt von gerade-noch-hier bis gleich-da. So blieb es, bis wir in der nächsten, größeren Stadt hielten. Offensichtlich war es so etwas wie die Endhaltestelle für so ziemlich jeden Passagier. Das halbe Abteil sprang, noch gefühlte Wochen vor der Bahnhofseinfahrt, von seinen Sitzen und zog hektisch die Koffer zu sich. Womöglich fuhren sie das erste Mal mit einem deutschen Zug, eventuell aber, war der Zug entführt worden, während ich Musik gehört hatte. Ich blieb südeuropäisch gelassen. Ich vertraute auf den Fahrplan und meinen MixedMartialArts-Eintagesschnupperkurs. Nachdem wir den Bahnhof erreicht hatten und die Durchgangsarterien sich langsam entstopften, wurden die frisch frei gewordenen Sitzplätze neu annektiert. Die Neupassagiere sahen ihren Vorgängern erstaunlich ähnlich. Sie waren unsouverän, egoistisch und dabei äußerst putzig anzuschauen. Der Wagon war binnen Sekunden wieder halbvoll. Niemand musste stehen, die Platzwahl erfolgte spontan und wildfremde Menschen fanden zueinander. Nur eine Vierer-Sitzgruppe, wobei ich DB-Interieur-Wissen voraussetze, war zu Dreivierteln unbesetzt geblieben. Auf den ersten Blick nichts ungewöhnliches, nur waren die Ressourcen ungerecht verteilt. Ein einzelner Mann saß in dieser mit Strom und Tisch versorgten Nische. Ganz allein, während sich wildfremde Menschen teilweise zu zweit einen Doppelsitz teilen mussten. Es war kaum mitanzusehen. Diese Menschen saßen in Fahrtrichtung Angst. Vielleicht würden sie die gesamte Fahrt über eingepfercht verbringen. Dieser Mann aber, genoss Bein- und Begleitfreiheit. Meine Bewunderung war ihm sicher. Wie hatte er es geschafft die Sitzordnung neu zu interpretieren? Was war sein Geheimnis? Doch bevor ich meine Gedanken zu Ende führen konnte, wurde ich unterbrochen. Zwei ältere Damen mit Sommerhüten und reichlich Modegeschirr suchten verzweifelt nach einem Platz. Sie waren gänzlich überfordert und man spürte regelrecht wie Panik in ihnen aufstieg, nicht rechtzeitig einen geeigneten Sitzplatz finden zu können. Dabei hatten sie die Vierer-Sitzgruppe bereits zwei Mal passiert. Ich ergriff die Initiative, denn in wenigen Minuten würden diese beiden Frauen wie Stewardessen und Tomatensaft beim Absturz einer Passagiermaschine durch den Innenraum dieses Zuges fliegen. Keine zwei Sekunden später, saßen sie sicher, unangeschnallt, auf meinem Platz, und ich, ich saß in der Vierer-Sitzgruppe. Es war eine neue Perspektive. Ich sah plötzlich was er sah. Ich spürte, was er spürte. Wir waren die VIPs der zweiten Klasse. Unentwegt ernteten wir Blicke, wobei er noch mehr abgreifen konnte als ich. Der Zug hatte mittlerweile seine Reise wieder aufgenommen und unser Zugleben ging weiter. Meine Ohrstöpsel waren wieder an Ohr und Stelle und die Bahn nahm an Fahrt auf. Plötzlich schritt, wie aus dem Nichts, ein kleines Mädchen an uns vorbei. Sie hatte offenbar die Zugkraft unterschätzt und rauschte wenig später wieder an unserer Vierer-Sitzgruppe vorüber. Es dauerte eine kleine Siedlung lang, bis sie wieder vor uns stand. Dieses Mal setzte sie sich, doch nicht zu uns - zu ihm. Sie nahm Platz und interagierte mit dem Mann vom Fleck weg. Dabei zeigte das kleine Mädchen immer wieder nach draußen, bestimmend, fordernd, zum Teil etwas genervt. Die adretten Damen von gegenüber, deren Blick nie abgeschweift war, hatten sich an der Situation nun regelrecht festgebissen. Als mein Smartphone eine unsinnige Roaming-Nachricht erhielt, wurde mein Musikerlebnis kurz unterbrochen. Es war kurz genug, um etwas mehr von der Szenerie aufzunehmen. Das kleine Mädchen hatte soeben gefragt: „Wie viele silberne Autos?“ Ich reduzierte die Lautstärke meines Smartphones und lauschte. Der Mann sagte: „Elf.“ Die Kleine mit der Antwort sichtlich unzufrieden, sagte: „Papa! Du musst zählen. 1, 2, 3...“ Der Mann stieg mit ein: „Four, Funf, Sex, Acht, Nine, Zän, Elf. Elf silbern Auto.“ Sie korrigierte ihn. Er hatte sichtlich Schwierigkeiten ihrem perfekten Deutsch zu folgen. Das Mädchen jedoch gab keine Ruhe. „Papa! Wie viele rote Autos siehst du?“ Darauf Er: „Elf!“ Ein darauf folgendes „Papa“ hatte er wohl schon häufiger gehört. Er nahm etwas aus seinem Rucksack. Die Blicke der betagten Damen wurden augenblicklich aufmerksamer. Zu Tage trat ein Buch in gelbem Einband. Offenbar ein Kinderbuch. Für ihn offenbar mehr. Er schlug es auf und begann mit Hilfe seiner Tochter zu lesen. Wie liebevoll sich die Tochter um ihren Vater kümmerte, da sie zweifelsohne helfen musste und konnte, war irgendwie surreal. Ein kleines Mädchen von vielleicht sieben, vielleicht acht Jahren las einem erwachsenen Mann aus einem Kinderbuch vor. Er mochte die Wörter und Bilder mehr als das Zählen von Gebrauchsgegenständen. Die Szenerie hatte sich gewandelt. An einem Kapitel, ich lauschte nun schon einige Minuten dem Dialog, kamen sie nicht recht voran. Es handelte sich um einen Part, welcher auch ihr Schwierigkeiten bereitete. Nach einigen erfolglosen Anläufen bat der Mann mich um Hilfe. Das kleine Mädchen war plötzlich still, sie musterte mich zurückhaltend und hatte ihre Selbstsicherheit der vergangenen Minuten verloren. Ich konzentrierte mich also auf ihn und auch auf die Vertuschung meines Lauschangriffs. Er begann in gebrochenem Deutsch nach einer Zeile und deren Bedeutung zu fragen. Seine Augen waren dabei so tief schwarz und leer, dass ich mich in ihnen verlor. Ich verlor mich in ihrer Geschichte und dieser Situation. Das Mädchen bemerkte meine ausbleibende Reaktion und vermutete mit Sicherheit, dass ich ihren Vater nicht verstand. Sie fragte: „Können Sie das verstehen?“ Sie meinte das Buch. Alles andere verstand ich in diesem Moment nur marginal. Ich löste mich von ihm und seinem hilfesuchenden Lächeln und las die Zeile mit, zugegebener Maßen, etwas feuchten Augen. Anno 2010 Er war schwarz, Sie nicht, und alle anderen auch. Tags: Vorleser, Zählen, Vorurteile
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Lebe wohl
Muss ich das jetzt können? Dich aus meinem Leben streichen, einfach so, von heute auf morgen?
Ich habe dich verletzt, das weiß ich. Ich habe dich sogar sehr verletzt. Das war nie meine Absicht, doch das ist keine Entschuldigung. Das sehe ich ein. Ich sollte jetzt wohl alles tun, dass es dir besser geht. Heute kam dein Abschiedsbrief mit den großen Worten 'Lebe wohl' auf dem Umschlag. Ich habe geheult, wie ein kleines Kind, als ich das las. Ich kann doch jetzt nicht einfach 'Leb wohl' sagen und das war's. Noch vor einer Woche habe ich dir erzählt, wie sehr ich dich vermisse und mich gefreut wie ein Schneekönig, als wir uns trafen. Es hat sich doch nichts geändert. Ich mag dich noch genauso wie vorher. Jetzt spreche ich eben von Freundschaft, nicht von Liebe. Trotzdem ist es das gleiche Gefühl. Trotzdem empfinde ich gleich, ich hab es jetzt nur in eine andere Schublade gesteckt. Ich fühle mich so hilflos. Alle 5 Minuten nehme ich mein Handy in die Hand und will dich anrufen. Dich fragen wie es dir geht. Was du gerade machst. Schnell lege ich es dann aus meiner Hand. Ich will dich doch nicht quälen. Aber ich kann das nicht. Dich streichen. Als hätte es dich nie gegeben. Ich bin nicht in der Rolle, Anforderungen zu stellen, ich weiß. Aber ich brauche dich. Du bist mir so wichtig. Ich hatte die Wahl zwischen Beziehung und nichts. Nur wusste ich das vorher nicht. Ich hätte mich wohl anders entschieden. Hätte die Beziehung mit dir gewählt, allein um dich nicht zu verlieren. Allein um bei dir zu sein. Um der wichtigste Mensch in deinem Leben zu bleiben, so wie du das in meinem bist. Jetzt solltest du eigentlich nichts mehr für mich sein. Eine Ex-Freundin. Das versuche ich mir die ganze Zeit einzureden, wenn ich kurz davor bin, deine Nummer zu wählen, dich anrufe und deine Stimme hören möchte. Es geht nicht. Ich will nicht. Du meintest, ich hätte so viel kaputt gemacht. Ich hätte dich verloren. Das tut weh. Ich habe es dir gesagt, um dich nicht zu verlieren, um ehrlich zu dir zu sein. Der Gedanke, dich nie wieder zu sehen, zerstört mich innerlich. Nie wieder deine Stimme. Nie wieder dein Lachen. All das. Nie wieder. Lebe wohl...
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Die Zeit
heilt wirklich alle Wunden…
Jetzt nach ein paar tagen tut es nicht mehr so weh ..ich fühle mich erschöpft und ausgelaugt aber es geht mir schon besser …es klingt ab…ich weiß das es nie wieder weg gehen wird, es wird sich immer wieder mal einschleichen… das Gefühl was du mir gegeben hast diese Ablehnung … aber was mich beschäftigt was mich nicht los lässt ist …immer noch dieses Wieso, Warum, Weshalb …hast du dich zurückgezogen …. Aber das bleibt offen…weil wir schreiben ja nicht mehr … Wir sehen uns… Das war das letzte was du zu mir sagtest und was ist wenn wir uns wieder sehen? Tust du dann so als wäre ich Luft oder tust du so als wäre nichts gewesen? Ich hab die Ausreden satt. Ich will keine einzige Ausrede mehr hören..! Hörst du Keine einzige! Ich will nur noch die offene Wahrheit Das Spiel ist Vorbei … Du hast gewonnen … Du hast alles Gewonnen … Tags: zeit verschwenden, Zeitbombe, Zeit Ego Schlaf Sinn Alltag Gedanken, gebrochenes Herz, Wiedersehen
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Kauderwelsch der Liebe
Ist »Ich liebe dich!« zu sagen, die beste Methode »Ich liebe dich!« zu sagen?
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Gelegenheit macht Liebe?
Rosi ist keine 70. Auch keine 50 und auch keine 38. Sie ist 22. In Österreich geht das.
Ich lernte Sie bei einer Zimmerbesichtigung kennen. In ihrer Wohnung. Ich mochte Ihre Einrichtung und das was sie im Fernsehen anschaute, Ihre Studienrichtung oder besser ihr künftige Profession und Ihre Haarfarbe. Das Zimmer war aber zu teuer und ich gedachte schon WG samt Vermieterin im Ordner "wäre schön gewesen" abzulegen. Doch es kam anders. Sie entschied sich rasch – und zwar für mich als Mitbewohner und war sogar bereit mir im Preis entgegen zu kommen. Doch ich lehnte ab. Ich schob Gründe vor die keine waren, denn was mich abschreckte war etwas, das ich mich nicht ihr gegenüber zu äußern traute: Ich fürchtete zu viel Zuneigung. Mein Bauch sagte ja, die Vernunft aber hatte den Finger gehoben. Und ich gehorchte. Doch wir verabredeten uns fürs Wochenende. Bis dahin gab es viele Emails und Telefonate, doch am meisten die ungeliebten SMS. Eine solche Short Message hatte ich zuletzt im Jahr fünf nach der Technologieblase verfasst. Also schon ein Weilchen her. Und so pervertierte ich die Bezeichnung für diese kleinen Handymails. Mit dem Ein-Finger-System und T-was-weiß-ich-wie-viel-Verweigerungsattitüde oder schlicht Bedienunfähigkeit wurde short ziemlich long oder even longer. Wir trafen uns. Ich musste nach einer Stunde zur Vorlesung. Wir trafen uns am nächsten Tag und ich musste nach zwei Stunden weg. Ich bin geneigt zu sagen, zum Glück. Warum? Schwer zu sagen… Wir unterhielten uns übers Kinderkriegen. Wir waren beide von unseren Vätern nicht beabsichtigt. Da könnte man meinen, wir hätten einen verbindenden Groll gegen die Papas. Doch so war es nicht. - Weißt du, wenn ein Paar länger zusammen ist und sich vertraut und man aus nachvollziehbaren Gründen auf Kondome verzichtet, liegt die Macht über Schwangerschaft oder eben nicht in den Händen der Frau. Sie kann die Pille einfach nicht nehmen und wir schwanger. Bums, aus. In der Reihenfolge. Und man darf dann die Männer nicht verurteilen und ihnen unterstellen, sie seien fahrlässig und verantwortungslos und egoistisch gewesen. Klar, wer Sex hat, ist auch im Fall des Falles in der Pflicht. Unwissenheit schützt auch vor Plagen nicht. Abstinenz ist da der einzig wahre Schutz. Aber ein Vertrauensmissbrauch und damit Betrug ist es schon. Da ist man fest zusammen und trifft ein "Pillenabkommen" und dann hält sich der Vertragspartner nicht dran. Ist doch asozial. Und die Beziehung dann auch nichts wert. Wenn der Kerl dann die Flucht ergreift ist das für mich entschuldbar. Nur gibt es leider unschuldige Opfer dabei, nämlich die Kinder. - Ich seh' das schon so: Wenn er nicht selbst verhütet, dann… - …muss er sich halt raushalten. Buchstäblich. Aber dann wird sie ihm auch nicht mehr lange die Stange halten, wenn du verstehst was ich meine. Ich finde halt, beim Thema Kinder muss man sich von Anfang an einig sein. Wenn der eine grundlegend andere Vorstellungen hat als der andere ist auch das Stangenthema gleich gegessen und man sollte sich alle Bemühungen, den anderen umzustimmen gleich verblasen. Da werden die Studien gewissermaßen schon vor der Einführung abgebrochen. - Da hast du vielleicht Recht. Naja, irgendwie schien dieser Diskurs, aus dem ich hier nur einen kleinen Ausschnitt wiedergebe, zu noch mehr Nähe geführt zu haben. Bisher hatten wir uns nur andeutungsreiche Nachrichten geschrieben und verheißungsvolle Sätze ausgetauscht, doch auf dieser Couch wurde es natürlich körperlich. Man kennt es: Zufällige Berührungen mit den Füßen, ein Anpieken mit dem Finger am Arm bei einer rhetorisch-frechen Frage, eine mit Handbewegungen die auf dem Schenkel des anderen enden unterstrichene Aussage, breiter Körperkontakt, wenn man zufällig über den Sitznachbarn greifen muss, da er den Weg zwischen Sofa und Tisch versperrt und statisches Aneinandersein bei zum Beispiel den Knien. Sie beugte sich vornüber und presste ihre nicht un-ordentliche Oberweite von oben auf meinen Schenkel. Ob man das jetzt will oder nicht, das Blut strömt gen Äquator. In die feuchtwarmen Tropen. Doch wie sehr es mir schmeichelte, dass sie mich mit Nachrichten bombardierte, ich für kurze Zeit die Sonne ihres Lebens bin und sie mir jetzt aus der Hand fraß – manches an ihr gefiel mir nicht. Und nur die Gelegenheit zum Beischlaf zu nutzen bedrückte mich. Denn auch das hat Folgen, auch mit männlicher Verhütung. Da kommt man nicht so schnell wieder raus. Oder muss dann zumindest bald wieder rein. Ironischerweise hatte wohl gerade meine Rede von Aufrichtigkeit und "Nachhaltigkeit der Partnerwahl" die Nähe geschaffen, die ich nun nicht mehr wollte, da ich sie als ehrlicher potenzieller Beischläfer (klingt nach ausnahmsweise mal nicht nach islamistischem sondern katholischen Terrorismus) nicht zulassen will. Die Uhr rettete mich. - Kannst du das nicht sausen lassen? "Wie gerne ich bleiben will", log ich, "ich kann nicht. Bin halt sehr diszipliniert." Schweren Herzens entließ sie mich. Ich stand in der Tür und wusste nicht was tun. Umarmung ja/nein? Küssen gar? Salbungsvolle Worte? Abschied für immer oder Vertrösten auf bald? Ich stammelte etwas von schlechtem Gewissen und atmete schwer. Schon in der U-Bahn eine Short Message. Mag sie mich wirklich oder will sie nach einem Vierteljahr einfach nicht mehr Single sein? (Ich bin in der Hinsicht ja langstreckenhart.) Kann es überhaupt sein, dass sich jemand aufrichtig in einen verliebt, für den man nicht dasselbe empfindet? Unterscheidet sich Schwärmen von Verliebtsein nicht gerade im Punkt Gegenseitigkeit? Wie allegorisch sind doch die Wiener Verkerhrsbetriebe! Ein ständiges Auf und Ab, Hoch und Runter, Raus und Rein, Auf und Zu. Es geht immer weiter und die nächste Haltestelle kommt bestimmt.
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Ein letzter Brief.
Jetzt würd ich dich umarmen. Fast so wie in alten Zeiten. Nicht ganz, aber mit gutem Gewissen und in Gedanken an eine gute Zeit, die wir hatten.
Ich will dir schon ganz lange schreiben. So wie früher immer. Was du wohl mit den ganzen Karten und Briefen getan hast? Schreiben kann ich am besten, glaube ich. Und die Worte finden sich ganz von selbst, ganz anders als beim Reden. Ich will dir so, so Vieles sagen und gleichzeitig hab ich Angst davor, dir irgendwo über den Weg zu laufen und keinen Satz formulieren zu können. Es ist lange her und eigentlich doch nicht und trotzdem denke ich oft an dich. An dich und wie es dir geht und dass ich dir gern sagen würde, was ich dir wünsche. Das habe ich nie getan und es tut mir leid, wie vieles andere auch. Leid tut mir, dass ich dich im Aufzug nicht oft genug geküsst hab, am Flughafen nach so langer Zeit auch nicht. Und wenn ich Lust gehabt habe drauf, draußen in der Welt, als du meine Hand noch fest gehalten hast, wäre es mir peinlich gewesen. Irgendwann hast du dann damit aufgehört und heute, könnte ich die Zeit zurückdrehen, würde ich es so gerne versuchen. Auf ein Neues, du würdest mich anschauen, viel zu lange und wir beide würden lachen. Hand in Hand. Wehtun wollte ich dir nie, das weißt du. Niemals. Aber vielleicht verstehst du irgendwann, dass, als du meine Hand irgendwann nicht mehr so fest gehalten hast, obwohl ich nicht loslassen wollte, ich trotzdem verstanden habe, was passiert. Als ich Tag für Tag versucht habe, dich zu verstehen und dich so oft gebeten habe, mir zu vertrauen. Vergessen werde ich dich nie und lieben wahrscheinlich immer. Nicht so wie früher. Aber doch. Und die Erinnerungen an dich und die mit dir sind inzwischen hauptsächlich schöne. Die vielen, vielen Stunden auf Skype vom einen zum anderen Ende der Welt, als du schon so müde warst, dass du kaum noch die Augen offen gehalten hast wie in der Nacht vom 10. Dezember, in der ich dir zum ersten Mal von meinem Schweißhandproblem erzählen musste. Das dir egal war. Wie so vieles andere auch, und dafür bin ich dir so dankbar. Wie auch für deine unglaubliche Geduld. Und die vielen Geschichten, die du mir in so kreativen Worten erzählt hast, über den ganzen Atlantik. Und für die Ausflüge und die Sachertorte. Und deine Nachrichten, die auf mich in der Früh gewartet haben und mit denen ich beruhigt und zufrieden in den Tag gestartet bin. Wie einfach alles war und wie aufregend. Du fehlst mir. Oft. Wie wir gelacht haben, als hätt ich dich so lange gekannt. Ob ich jemals wieder jemandem so vertrauen werde wie dir? Inzwischen weiß ich, dass man nichts erzwingen kann. Das Leben ist kurios, oft nicht nachvollziehbar. Das war es für mich, als du weniger und weniger von dir hören hast lassen. Grundlos. Irgendwann gar nichts mehr. Das wollte mein Herz nicht verstehen, mein Verstand hat es dann irgendwann doch, mühsam war es und schrecklich und ich bin weinend aufgewacht und eingeschlafen und du, du warst wieder auf der anderen Seite der Welt und die ganze Nähe und das Vertrauen waren weg und du, dir war es egal. Und ich hab dich gehen lassen in der Annahme, dass ich uns beiden Gutes damit tue. Du warst dir vielleicht nicht so sicher wie ich, ich wollte dich sehen, mit dir im Bett liegen und deine Erzählungen, deine Stimme hören, öfter neben dir einschlafen – und aufwachen. Im Nachhinein erinnere ich mich an die vielen schönen Momente, das Gefühl, das ich immer hatte kurz bevor wir uns gesehen haben und das in der Nacht aufzuwachen und dich neben mir zu sehen – das hätte nicht oft genug passieren können. Ich hoffe, dass es dir wieder gut geht. Das hoff ich von ganzem Herzen. Und ich wünsche dir, dass es wieder läuft in deinem Leben, so wie du es willst und es dir vorstellst, dass es wieder bergauf geht und du neuen Mut fasst für deine Pläne und Träume, an die ich immer geglaubt habe. Und vielleicht wirst du irgendwann oder jetzt schon mit jemandem an deiner Seite durchs Leben ziehen, der du genug Vertrauen entgegenbringen wirst können, um ihr zu sagen, wenn es dir nicht gut geht. Und der du hoffentlich auch zeigen wirst können, wie wichtig sie dir ist. Jetzt würd ich dich umarmen. Fast so wie in alten Zeiten. Nicht ganz, aber mit gutem Gewissen und in Gedanken an eine gute Zeit, die wir hatten.
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Wie war dein Tag?
Drohnenkrieg: Sohn ballert am Computer virtuell - Vater tötet wirklich als Soldat aus 11000 km Entfernung
„Lass sein, Dad, davon verstehst du sowieso nichts“, musste sich Brad Paisley von seinem Sohn anhören, als er sich zu ihm an die Spielekonsole setzen wollte. „Keine Bange, ich wollte Dir nur sagen, dass ich heute früher losfahre. Bitte Deine Mutter, dass sie für mich den gestreiften Anzug und die blaue Krawatte herauslegt, wir sind heute Abend bei den Jeffersons eingeladen“ Draußen mahnte das ungeduldige Hupen der Fahrgemeinschaft zur Eile und nur wenige Minuten später hatten die drei Männer den Highway erreicht, der direkt zur Airbase führte. Unterwegs wurde wie immer über die laufende Football-Saison gefachsimpelt und alle waren sich darin einig, dass die Patriots dringend einen besseren Quarterback benötigten, um bei den „Finals“ ein Wörtchen mitreden zu können. Jetzt waren es nur noch wenige Meilen bis zum Flugplatz und das Heulen der startenden und landenden Kampfjets ließ keine weiteren Gespräche zu. Als wären die Worte eine Art Schutzwall gegen aufkommende Gedanken gewesen, meldeten sich nun verdrängte Kriegserlebnisse wieder. Seit ihren letzten Einsätzen als Piloten im Irak waren mehr als zwei Jahre vergangen und dennoch gelang es ihnen nicht, die wohl schrecklichste Phase ihres „Berufslebens“ dauerhaft auszublenden. Nie war man sich sicher, ob man von den sogenannten „Missions“ lebend zur Basis zurückkehren würde und zu den häufigen Schockerlebnissen gehörten die Nachrichten, dass Freunde, mit denen man wenige Stunden zuvor noch „Körbewerfen“ geübt hatte, mir ihren Jets am Boden zerschellt waren. Ihr neuer Arbeitsplatz befand sich auf dem streng abgesicherten Gelände eines großen Militärflugplatzes. Dort betraten die in Uniform gekleideten Männer ein unscheinbares Gebäude, um von hier aus per Fahrstuhl in einen 10 Meter tiefer gelegenen Bunker zu gelangen. Schnell war der Schichtwechsel vollzogen und die neue Crew checkte zunächst das elektronische Mission Board, um sich über die heute anstehenden Aufgaben zu informieren. Munitionslager, Waffentransporter, Ausbildungscamp und Versteck eines hochrangigen Anführers – und all diese Objekte wurden mit den zielführenden Koordinaten angezeigt. Brad Paisley konnte sich auf seine Kameraden im fernen Afghanistan verlassen, die dort die unbemannten Flugzeuge betankten und sie je nach Einsatzzweck mit speziellen Waffensystemen bestückten. Ja, diese sogenannten Drohnen waren schon ein Wunderwerk der Technik. Aus einer Distanz von 11000 Kilometern konnte man nun töten und zerstören und dennoch betrug die Entfernung zwischen Krieg und familiärem Umfeld lediglich eine halbe Autostunde. Da saß Paisley nun in einem vollklimatisierten Raum vor zwei großen Bildschirmen und steuerte mit den beiden Joysticks die Drohne auf das als Target ausgewiesene Munitionslager zu. Landschaft und Zielgebiet waren gestochen scharf auf den Monitoren zu erkennen. Schnell brachte der erfahrene Kampfpilot das Flugzeug in die ideale Schussposition und mit einem Klick wurde das Target auf dem Live-Bild mit einem Kreis markiert. Ein weiterer Knopfdruck und schon suchten die abgefeuerten Raketen selbsttätig das Ziel. Die Detonation war gewaltig und voller Stolz hörte Pasley das Lob seines Supervisors: „Nice shot, excellent job, Brad!“ Auch die anderen Punkte des Mission Boards wurden problemlos abgearbeitet, so dass einem pünktlichem Feierabend nichts mehr im Wege stand. Wieder zuhause angekommen, empfing ihn seine Frau mit der Routinefrage „Na, wie war dein Tag heute?“ „Alles prima gelaufen," antwortete Paisley – „aber die gefährliche Heimfahrt in der Rush Hour bereitet mir zunehmend Sorgen und bevor wir gleich zu den Jeffersons rübergehen, sollten wir endlich mal ein ernstes Wörtchen mit unserem Sohn sprechen. Der sitzt den lieben langen Tag an der Spielekonsole und ballert dort nur sinnlos herum“ Tags: Drohnen-Krieg, Spielkonsole
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gesellschaft
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meintext
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Monopolymarathon
Wer kam eigentlich auf diese glorreiche Idee an einem Sonntag, der eigentlich zum Entspannen gedacht ist, eine Monopolyrunde zu starten?
Nach nun schon 3 3/4 Stunden, dass sind 225 Minuten oder auch 13.500 Sekunden blanken Wahnsinns, überlasse ich meinem jüngsten Bruder und meinem Vater „dem Master“, so wie ich ihn ab jetzt nennen soll meine Strassen und muss mich mit viel zu vielen Schulden schon "frühzeitig" geschlagen geben. Meine Nerven sind offensichtlich nicht für Monopoly gemacht. „Das ist auch mehr ein Spiel für Männer!“ sagt mein Bruder, der mir gerade mal bis zur Brust reicht und winkt mitleidig in meine Richtung ab. Es geht weiter. Jetzt prallen Generationen aufeinander. Beide Zocker - durch und durch. Die 39 Jahre Altersunterschied spielen hier, auf dem Schlachtfeld keine Rolle. Die Luft glüht, die Scheine fliegen, die Würfel knallen hin und her. Die Konzentration ist schon lange dahin... Alles was jetzt noch dort am Tisch spielt, besteht aus Adrenalin, Schweiß und Kampflust. „Jetzt mach ich dich platt!“ brüllt der kleine Haufen Entschlossenheit und Aggression dem großen entgegen. „Die Betten in meinen Hotels sind frisch bezogen, schau doch mal vorbei und gib mir deine ganze Kohle, du Wurm“ zischt der Master. Es wird um jeden Monopolytaler gefeilscht. Das ist jetzt kein Spaß mehr...Inzwischen geht es um Ruhm und Ehre. Die Luftfeuchtigkeit beträgt mittlerweile mindestens 85%. Vor lauter Anspannung fliegen die Shirts in hohem Bogen davon. Das Blut kocht. Ich reiche den beiden ein Erfrischungstuch. Irgendwie haben die beiden ein bisschen was tierisches, wenn ich sie dort so oberkörperfrei hin und her grunzen sehe. Das Telefon klingelt , keiner reagiert. Es gibt jetzt Wichtigeres als andere Menschen, oder Kontakt zur Außenwelt. „1200!“ „540!“ „Los, her mit meinen 200 Tacken! Ich bin gerade über Los! Willst du mich bescheißen oder was?!? „ Langsam wird es dunkel draußen. 5 Stunden und einige geplatzte Kapillargefäße in den Augen später, beschließe ich,die beiden mit kleinen Stullenhäppchen, wahlweise mit Käse oder Ei und genügend Flüssigkeit zu versorgen.Ich versuche ihren Blutzuckerspiegel über der Bewusstlosigkeitsgrenze zu halten. Hier und da noch ein Bonbon. Doping mittels Zucker. Vor allem bei Kindern sehr erfolgreich. Natürlich kann auch nicht auf das Klo gegangen werden, es könnten ja plötzlich ein paar Scheinchen spurlos verschwinden. „Lieber mach ich mir einen Knoten in die Wiener, als dieses Zimmer zu verlassen!“ keucht mir mein rotgesichtiger Bruder quer über das Spielbrett entgegen. Ich sehe, wie er die große Topfpflanze in der Wohnzimmerecke mustert und wohl gerade davon träumt, seine Blase an dieser entleert. So müsste er wenigstens sein Geld nicht aus den Augen lassen. Natürlich weiss ich das zu verhindern und reiche ihm die gerade geleerte Colaflasche, die er dankend entgegennimmt und sie sogleich unter dem Tisch verwinden lässt. Nach 5 Stunden und 43 Minuten , also 343 Minuten oder auch 20.580 Sekunden, hat der Master mehr Hypotheken als er je im Leben abzahlen kann, nur noch 3 statt 15 Straßen und keinen Cent mehr auf dem Tisch. Ich weiche den vor entsetzen aus seinem Gesicht, springenden Schweißtropfen aus und bete um ein baldiges Ende, als er den Kopf auf den Tisch sinken lässt und sich mit einem „Ich war doch so nah dran!“ ergibt. Als das Freudentänzchen des Siegers auf dem Stuhl, auf der Couch, im Flur und unmittelbar vor der Nase des ziemlich geknickten Ex-Masters beendet ist, steht dieser auf und verkündet das dies seine letzte Partie gewesen sei. „Nie wieder! Und schon gar nicht an einem Sonntag.“ „Ach komm schon, sei nicht traurig! Ist doch nur ein Spiel. Hier nimm einen Schluck Apfelsaft!“ grinst ihm der Sieger des Abends entgegen und reicht ihm die Colaflasche.
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fuehlen
familie
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vogelmaus
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Busfahrer, Bauarbeiter, Bankangestellter
Als ich den Raum gerade verlassen will, steht er vor mir. Er ist größer als ich, dickbäuchig und trägt ein dreckiges Poloshirt. Er grinst mich an.
Ich bin auf der Arbeit. Wir werden gerade fertig, haben den Autoschlüssel drinnen vergessen. Ich gehe nochmal zurück in den halbdunklen Raum, es dämmert schon. Ich hole den Schlüssel und als ich den Raum gerade verlassen will, steht er vor mir. Er ist größer als ich, dickbäuchig und trägt ein dreckiges Poloshirt. Er grinst mich an. In gebrochenem Deutsch sagt er "Du bist ja eine süße Kleine" und drückt mir mit seinen fleischigen Fingern auf den oberen Bauch, in gefährlicher Nähe von meinem BH. Ich bekomme es mit der Angst zu tun. Im selben Moment kommt der Hausmeister herein. Meine Rettung. Es stellt sich heraus, dass der Mann ein Truckfahrer ist, sein Fahrzeug sei kaputt. Unschuldig erklärt er dem Hausmeister seine Lage. Mein Vater, der im Auto auf mich wartet, bietet ihm später an, ihn ein Stück mitzunehmen. Ich soll neben ihm sitzen, aber weigere mich. Dann wache ich auf. Mein Zustand ist geprägt von einem intensiven Verlangen nach einer heißen Dusche, ich fühle mich dreckig. Hartnäckig bleibt die Angst noch einige Zeit an mir kleben, ich starre in mein Dunkles Schlafzimmer. Woher kommen diese panischen Träume? In der Realität habe ich selten Erfahrungen mit sexueller Gewalt gemacht, überhaupt mit Gewalt. Zwar kenne ich das Gefühl der wehrlosen Unterlegenheit in Anwesenheit stärkerer männlicher Personen, jedoch waren das bisher immer mir bekannte Menschen, die mich unfreiwillig in Situationen hereinkatapultiert haben, aus denen ich letztendlich unversehrt wieder herauskommen konnte. Dass mir ein fremder Mann gegenübersteht und mich anfassen, ausziehen, missbrauchen will, ist mir in meinem Leben noch nie passiert. Auch bin ich nie ausgeraubt, überfallen, geschlagen worden. Das Gefühl der Angst kenne ich ausschließlich aus meinen Träumen. Was ist es also, was sich da in meinen Träumen äußert? Hat es mit Familie zu tun? Dass mein Vater, der sonst der einzige ist, der bedingungslos meine körperlichen Signale zu verstehen weiß, sie plötzlich missachtet? Als würde er mich mit alten, fiesen Männern zwangsverheiraten wollen. Sind es die Medien? Ich meine, was ist der Grund dafür, dass es immer die alten, übergewichtigen, Hornbrille-tragenden Männer trifft, die ihre wenigen Haare zur Seite gekämmt haben, um ihre Glatze zu verdecken? Es sind doch genau solche, die in Filmen den Pädophilen spielen, die zwielichtige Gestalt, mit der man lieber nicht alleine sein möchte. Im realen Leben bin ich diesem Klischee nur selten gemeinsam mit einem unbehaglichen Gefühl begegnet. Meine Erfahrung sagt mir, dass es jeder sein kann, ob dick oder dünn, Brille oder keine, alt oder jung, Bart oder rasiert, Busfahrer, Bauarbeiter, Bankangestellter, bei dem meine Intuition Alarm schlägt. Ob sich mein Unterbewusstsein wohl unrealistische Situationen einreden lässt? Wohl kaum. Laut einer Umfrage der EU wird jede zweite Frau in der EU mindestens einmal in ihrem Leben Opfer sexueller Gewalt. Ich sehe das etwas anders. Ich denke, jede Frau erlebt im Laufe ihres Daseins sexuelle Gewalt. Nur 50% nimmt es jedoch als sexuelle Gewalt wahr. Angst davor haben wir alle, da bin ich mir sicher. Und ich denke, es sollte selbstverständlich sein, dass man sie äußern darf. Leider sehen viele nach den Vorfällen in Köln den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Menschen sind nicht aufgrund ihrer äußeren Eigenschaften zu kategorisieren, nicht nach Alter und Herkunft, nicht nach Bauchumfang und Hornbrille. Was wir vergessen, wenn die Medienwelt unsere gesellschaftliche Orientierung durcheinanderbringt ist, wie oft wir schon ein wages Unbehagen empfunden haben, als wir uns mit den unterschiedlichsten Menschen in einem Raum befanden. Nur, weil der Anteil an neuen Einwanderern in Deutschland derzeit rasant steigt, werden die deutschen Sexisten nicht ungefährlicher. Das Problem liegt in keiner gesellschaftlichen Gruppe, es liegt bei keinem Geschlecht, keiner Nationalität. Und auch wenn ich unabhängig von bekannten Geschehnissen jeder Frau dazu rate, ihre Intuition zu befolgen und problematische Situationen zu meiden. Auch dann liegt das Problem ausnahmslos bei den Tätern. Tags: Sexuelle Gewalt, Gewalt, Träume, Köln, silvester, flüchtlinge
http://www.neon.de/artikel/fuehlen/psychologie/busfahrer-bauarbeiter-bankangestellter/1547265
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MrExpressYourself
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Ich bin der nächste Steve Jobs
Eine Vision. Der Glaube an sich selbst. Ehrgeiz. Tatendrang.
Studium abbrechend  und den Regeln der Gesellschaft trotzend habe ich mich entschieden. Ich werde ein Unternehmen gründen und aufbauen, ohne auch nur eine Ausbildung, oder halt ein Studium abgeschlossen zu haben. Denn was mir bewusst geworden ist, ist dass man diese Dinge nicht benötigt, um sich selbst, seinen Traum und seine Wünsche zu verwirklichen. Es gibt ein großartiges Zitat eines Mannes namens Steve Wozniak – einer der Mitgründer der Firma Apple-  „Ein Studium ist Geld- und Zeitverschwendung.“ Der Satz hat mich inspiriert, aber nicht nur der Satz. Viele große Persönlichkeiten unserer Gegenwart haben es auch begriffen. Bill Gates, Mark Zuckerberg, Steve Jobs, Wolfgang Joop, aber auch deutsche Bekanntheiten wie Günther Jauch oder Herbert Grönemeyer. Sie alle haben Ihr Studium abgebrochen, um Ihren eigenen Weg zu gehen. Um keinen Spuren zu folgen, sondern selber welche zu hinterlassen. Dies ist die Art, wie jeder von uns denken sollte. Seinen eigenen Weg mit seiner eigenen Moral und seinen eigenen Regeln zu gehen. Dem Bauchgefühl folgend das persönliche Ziel verfolgen. Vergisst Statistiken und Wahrscheinlichkeiten, denkt an euch selbst. Wer eine Ausbildung oder ein Studium absolviert, arbeitet meist für eine andere Person, aber nicht für sich selbst. Ist es das, was man will? Ein Monatsgehalt, ein Schreibtisch und Sicherheit. Kommt, wir leben nur einmal und so ein Leben ist mir zu langweilig. Wenn ich lebe, dann soll es mein Leben sein! Das größte Problem ist, dass die Menschen sich heutzutage nicht mehr trauen, sich nicht selbstbewusst genug fühlen, die eigenen Ideen in die Tat umzusetzen. Ohne überhaupt anzufangen, sehen sie schon  Hindernisse, die Ihnen möglicherweise begegnen könnten und geben auf. Ich kann für mich selbst sagen, dass ich nicht dazugehöre und verrückt genug bin, um zu sagen: „ Ich mache es, als wäre ich der nächste Steve Jobs“. Eine Vision. Der Glaube an sich selbst. Ehrgeiz. Tatendrang. Wer sich mit Steve Jobs‘ Vergangenheit ein klein wenig auseinandergesetzt hat, wird wissen, was ich meine. Ich werde es schaffen, besessen von meiner Idee. Das kann ich und das kann jeder, auch Ihr liebe Leserinnen und Leser. Denkt mal drüber nach. P.S. Bevor Ihr eure „netten“ Kommentare hier drunter setzt, solltet hier zweimal drüber nachdenken. Ihr werdet sehen, ich hatte Recht ;) Tags: Steve Jobs
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Zeitpunkte
„Hätten wir uns ein, zwei Jahre später getroffen, hätte das hier etwas werden können“, hast du gesagt und ich habe genickt.
„Hätten wir uns ein, zwei Jahre später getroffen, hätte das hier etwas werden können“, hast du gesagt und ich habe genickt, dir zugestimmt und es mir selbst immer wieder gesagt, wenn du dir gerade mal wieder unsicher warst, ob du mit mir zusammen sein möchtest oder nicht. Jetzt möchte ich dir sagen, dass das nicht stimmt, dass du das nicht einfach sagen kannst, weil Timing zwar wichtig ist, aber nicht alles. Weil wir in einem Jahr vielleicht an ganz anderen Stellen in unserem Leben sein werden, aber das nicht heißt, dass wir dann besser füreinander sein werden. Sein würden. Du hast gesagt, dass du mit mir zusammen sein möchtest, nur mit mir und mit niemand anderem und dass du etwas Festes möchtest, ein Wir. Zwei Wochen später hast du an die Decke gestarrt und ich hab die Löcher in ihr gezählt und die in uns und unserer Beziehung. „Es ist komisch eine Beziehung zu haben in der man sich nicht liebt“, hast du gesagt und meine Zunge wurde so schwer, dass ich nicht antworten konnte, meine Lippen haben gezittert, aber kein Wort herausgebracht. Ein Kuss zwischen uns war mehr als ich jemals zuvor gefühlt habe, gespürt habe, aber Leidenschaft ist nicht das Einzige was wir gebraucht haben. Als du gesagt hast, dass du das nicht kannst, dass du nicht so viel investieren kannst, wie du möchtest und dass das Timing falsch ist, hab ich gesagt, dass ich dich verstehe. Und das tue ich, das habe ich immer getan, aber das heißt nicht, dass ich deine Entscheidungen nachvollziehen kann. Also habe ich die Wand angestarrt und geschrieben, wenn ich konnte und habe lange Spaziergänge gemacht und traurige Musik gehört und mehr gefühlt als ich wollte, weil ich in der kurzen Zeit schon viel zu viel gegeben hatte. Aber du hast mich immer noch so angeschaut, wenn wir uns gesehen haben. Genau so wie vorher. Und als du mir geschrieben hast, dass du mich vermisst, dass du uns vermisst, habe ich vergessen zu Zögern. Vielleicht habe ich immer gehofft, dass es doch jetzt funktionieren kann. Denn wenn es in einem Jahr funktionieren könnte, warum dann nicht jetzt? Obwohl du gesagt hast, du hattest etwas mit einer anderen, habe ich mit dir geschlafen. Es hat sich angefühlt, wie nach Hause kommen und in dem Moment wusste ich, dass ich zu viel in dir sehe, dass du nie das erfüllen wirst, was ich von dir erwarte. Dass es für mich mit dir nur Enttäuschung geben kann. Ich dachte wir könnten irgendetwas haben, ich dachte wir könnten mehr sein, aber erst jetzt sehe ich, wie falsch du lagst mit deiner Behauptung. Wir können nie mehr sein, nicht jetzt und nicht in einem Jahr. Für uns wird der richtige Zeitpunkt niemals eine Rolle spielen, weil wir nicht zusammen passen. Weil wir schlecht füreinander sind. Weil wir zwar auf so vielen Ebenen funktionieren, aber nicht auf denen die zählen. Ich weiß jetzt, dass ich uns aufgeben muss, aber vielleicht ist es auch nur das, was ich mir einrede, damit ich irgendwann nicht mehr dein Gesicht sehe, wenn ich abends meine Augen schließe.
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Das Gegenteil von Liebe ist nicht Hass, sondern Gleichgültigkeit
...
Du drehst dich nochmal kurz um, lächelst mich an und gehst weiter. Du gehst weiter in deinem Leben mit deiner Freundin, deiner neuen Wohnung. Und ich? Ich musste noch warten, bin stehengeblieben doch nun geh ich auch weiter, in eine andere Richtung. In meinem Leben. Ich schaue mich nicht mehr um, ich blicke nach vorn. Ich habe dich losgelassen, ich stalke dich nicht mehr, ich frage nicht mehr nach Dir. Wir gehen unsere Wege. Ich weiß was es war, das Gefühl der Wärme, der Geborgenheit, einfach angekommen sein. Das Gefühl geht nicht verloren, es wartet da draußen auf mich, aber nicht mit Dir. Du gibst es nun jemand anderem und ich gebe meine Gefühle, meine Wärme jemanden, der es mir auch zurück gibt. Die Erinnerungen bleiben mir, die Tage im Büro, die Nächte am Balkon, die Chats, die Gespräche, die Küsse, die Lieder, aber es gibt mir keinen Stich mehr, ich kann Sie sehen und sie sind in meinen Secret Garden angekommen, sie nehmen einen Platz ein, neben den anderen.  Ich kann daran denken ohne Trauer, ohne Schmerz. Ein neuer Sommer wartet auf mich und somit auch eine neue Episode meines Lebens. Ich hoffe der Vorhang ist nun gefallen. Tags: Entlieben, Ende der Liebe, Leben
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Patrick_Bauer
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Gehört und getestet
Noch mehr Kurzkritiken: neue Musik von The Streets, Diddy Dirty Money, Bright Eyes und Munk.
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Peter
Was wir immer bei uns tragen.
Neun Jahre ist es jetzt her. Sie denkt noch oft an ihn. Fast jeden Tag. Immer wenn sie in den Spiegel sieht, ist er auch da. Es sind vor allem seine Augen, auch seine Nase. Sie lächelt, denn sie weiß es noch genau. Er hat meistens geschlafen, wenn sie nachmittags kam. Er konnte nachts nicht schlafen, hatte ihre Mutter ihr mal erzählt. Er fürchtete sich vor der Dunkelheit. Angstzustände wegen der Erinnerungen an eine Zeit, über die er nicht mehr sprechen darf, wenn sie bei ihm ist. Er soll ihr keine Angst einjagen, hat seine Frau gesagt. Ihm jagt es Angst ein. Seine Augen verraten es manchmal. Sie hat es das Ein- oder andere Mal gesehen. Es muss schlimm sein für ihn. Dann steht er auf, die staubige, beige Wolldecke noch um die Schultern, das Haar wirr im Gesicht. Die Hosenträger schlackern in den Kniekehlen und er kämpft mit seinen Hörgeräten. Er sinkt wieder zurück in das Sofa, die drei Schritte zum Schreibtisch haben ihn angestrengt. Er legt den Kopf zurück und lacht leise und verlegen. Sie liebt sein Lachen. Seinen Geruch. Seine schlackernden Hosenträger. Sie setzt sich auf seinen Schoß, er lacht wieder, legt ihr den Arm um die Schulter und fängt direkt an, zu erzählen. Von seinen Nachbarn damals in Flensburg. Davon erzählt er gern. Davon darf er erzählen. Vom dicken Nachbarsjungen Krrischaaan. Sie liebte seinen norddeutschen Akzent, hat ihn immer fröhlich nachgeplappert. Obwohl sie seine Unsicherheit ihr gegenüber spüren kann, fühlt sie sich ihm unheimlich verbunden. Sie sind sich sehr ähnlich, findet sie. Er fängt in einer Unterhaltung mit Fremden immer erst nach einer Weile an zu reden. Erst wenn er sich wohl und sicher fühlt. Wenn er dann aber einmal angefangen hat zu reden, hört er so schnell nicht auf. Er hat auch immer viel von seiner Frau erzählt. Wie sie sich kennen gelernt haben. Von der Hochzeit. Über sechzig Jahre sind sie verheiratet. Die Blicke, die sie sich zuwerfen, sprechen für sich. Es braucht keine Worte zwischen den Beiden. Eine Woche hat seine Frau es später ohne ihn ausgehalten. In der zweiten Woche ist sie eingeschlafen. Dann ist sie ihm gefolgt. An einem Sonntagmorgen kam der Anruf. Ein paar Jahre waren vergangen, sie hatte ihn nicht mehr so oft besucht. Aber vor zwei Wochen war sie noch dagewesen. Sie kann sich noch genau erinnern. Er saß in seinem Sessel. Die staubige, beige Wolldecke über seinen Beinen. Er freute sich, als er sie sah. Sie scherzten und lachten, und sie bemerkte nicht die Tränen in den Augen seiner Frau. Als sie los musste, gab sie ihm einen Kuss auf die Stirn und umarmte ihn fest. Er lächelte verlegen und nahm ihre Hand. Und sie erinnert sich noch genau an seine Worte. „Wer sind Sie eigentlich?“
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JuniKuss
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Irgendwann
Irgendwann mach ich es einfach...
Irgendwann stell ich meine kleine Seifenblasenmaschine im Schlossgarten auf und tanze umgeben von schillernden Kugeln zu der Musik in meinem Kopf... Irgendwann mach ich ein Picknick ganz ohne Decke, verpasse mir und meinen Klamotten Grasflecken und dusche mir zu Hause den Schmutz aus den Haaren, der vom auf der Wiese liegen und Wolkenbilder angucken hängen blieb... Irgendwann ergattere ich auf nem Rummel das superflauschige Einhorn aus "Ich - Einfach unverbesserlich" und lasse es in meinem Bett schlafen... Irgendwann laufe ich barfuß über eine Wiese voller Blumen und werfe dabei mit Glitzerstaub... Bleib ich wach bis die Sonne aufgeht oder steh ich extra früh auf? Egal... Irgendwann mach ich es einfach... Irgendwann finde ich meinen Mut früh genug um Dinge zu tun und zu sagen, bevor ich das Gefühl habe, dass es zu spät ist... Irgendwann bin ich eine von den zweien, über die alle die Augen verdrehen und sagen: "Nehmt euch n Zimmer!" Irgendwann streite ich mich mit jemandem so lange darüber, wer zuerst aufsteht um das Frühstück zu machen, bis wir zusammen aufstehen um das Mittag zu machen... Irgendwann ist irgendwann heute... Tags: irgendwann, Seifenblasen, Träume
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FraukeH
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Think bigger, Mrs. Slaughter!
Beitrag zur Diskussion um Karrierefrauen, die durch Anne-Marie Slaughter erneut angestossen wurde.
Women still can’t have it all, says Anne Marie Slaughter . But men can have it all? Can they have a top job and fully participate in family life? Can they do a top job and meet with their buddies over a beer on Fridays if they feel like it? Can they do a top job and kick a ball in a Saturday league? By the time you have made it to the top ranks, in business or government, your work is your life. Mrs. Slaughter would like to expand it to your work and your children being your life - at least for women. What about the dozens of other things in lives of women and men? What seems most peculiar to me is the way Mrs. Slaughter talks about her partner in her much read Atlantic article. She speaks very appreciative of him as endlessly supportive and selfless. But she never loses a word about how little they must have seen each other as a couple. Is a good relationship worth less than children and work? Mrs. Slaughter makes such a relationship sound like a perpetuum mobile . With careful selection of the partner and a good portion of luck such a relationship seems to function without any further input. And that still leaves the deep joy and meaning that relationships give to life unmentioned. Choosing a nanny sounds just as romantic. Mrs. Slaughter laments that men earn much more respect for running a marathon than women do for raising children, even though it requires the same discipline. There are women who run marathons. There are men who spend a lot of time with their children. Shouldn’t the real message be that everybody needs time next to their job to do what he or she enjoys? Have hobbies, have friends, have family? To be honest, I am profoundly surprised that there are so few men questioning the trade-off between professional success and other amenities of life. A majority of men might simply not have realized yet what they are giving up for each rung on the career ladder. Just demanding enough time for women to raise children next to a top job strikes me as criminally myopic, Mrs. Slaughter . Not only the personal life of top achievers suffers under an overly workaholic work culture. The claim that the nation goes down the drain because Washington is sleep-deprived has been expressed from journalists, authors and commentators of every couleur . No time to relax, recharge, enjoy life. Always on the go, always achieving. What sort of person do you become if you have spent the last ten to twenty years in offices and meetings? I can only guess. How can somebody who barely has a chance to leave the smog of his working life judge the world around him, let alone lead it? I cannot imagine. Sleep-deprivation and having lost touch with normal, everyday life can only make top officials and business people worse leaders. If working round the clock does not make you a more efficient worker - Mrs. Slaughter agrees with me on that point - why do we do it? Why do we expect nothing else from a top job? It is simple. It is the working culture in high offices nowadays. Making longer hours seems to be the currency of ambition. Quantity counts more than quality. If your rivals spend all his supposedly free time on the job, then you have to do the same to keep up. Consequently, only a change in working culture – a mass conversion away from the errant admiration for workaholics - will bring what Mrs. Slaughter is asking for: time for other things in life than work – without feeling guilty. Changing any culture takes generations. Changing working culture is even more difficult because working less is associated with being less productive. There is much evidence that this is a fallacy. Scandinavian countries have short working weeks and long holidays, but are still among the most productive countries in the world. (Something that cannot be said about Greece and Spain, though.) In my opinion demanding working environments would profit from smaller workloads. First, if top officials and businessman worked less, they had time to rest and live a better balanced life. It is my conviction that they would then do a better job. Second, if they worked less, more people would be needed to get the job done. This is exactly where the people come in who in the current situation chose quality of (private) life above (professional) success, like Mrs. Slaughter has done. A less workaholic working culture would attract those people and buffer the loss of productivity if the current top officials worked less and enjoyed more. The overly time-intensive working culture in the top ranks of business and government can only be changed with substantial organizational innovation. Why can the job of a CEO not be done by two people? Why can a high government official not delegate more tasks? Still there are first timid attempts of job sharing. Initially, job sharing might seem counterproductive. The communication challenge is huge, the coordination challenge even more formidable. However, in my opinion it is those kinds of experiments we have to dare, rather than pulling back and not having faith in the ability to change like Mrs. Slaughter does. If many men haven’t realized the value of life outside work or are not ready to fight for it, us women have realized and will fight for it with all our creativity. The men will thank us later when they, too, can have it all. Tags: Karriere, berufstätige Frauen
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macaveli
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I did wrong
Regen, Regen und schwarz, nicht einmal Blitze die zucken, kein Licht. Es ist Nacht und Frank sitzt wie gewöhnlich an einem Samstag zu später Stunde in
Regen, Regen und schwarz, nicht einmal Blitze die zucken, kein Licht. Es ist Nacht und Frank sitzt wie gewöhnlich an einem Samstag zu später Stunde in seiner Lieblingskneipe. Mit seinem besten Freund, ein paar Leuten, einer seiner besten Freundinnen und eigentlich auch mit der Belegschaft. Denn die gesellt sich immer wieder dazu, wann immer Zeit für eine kleine Pause ist, oder wann immer sie sich die Zeit für eine Zigarette nehmen. Eigentlich sitzt Frank nur hier, mit dem Kopf ist er ganz woanders. Er ist im gestern. Er hat noch das Gefühl ihren Geruch in der Kneipe zu verspüren. Er sitzt in der anderen Ecke des Raumes und kann auf den Tisch schauen, wo er gestern mit ihr saß. Sie waren auf einem Konzert, danach in der Kneipe, sie haben getanzt, gelacht, heimlich und still mitgesungen, weil sie sich voreinander schämten, sie haben stundenlang geredet und auch die Belegschaft hat sich nicht wie sonst dazu gesetzt. Sie saßen dort an dem anderen Tisch, als er tief in sich gespürt hat, dass er diese Frau liebt. Nach der Kneipe sind sie zu Frank. Vor der Tür haben sie sich noch eine halbe Stunde weiter unterhalten, er hat ihr erzählt, dass bald das Haus eingerüstet wird und er echt keine Lust darauf hat, dass dann ständig der Baulärm alarm macht, weswegen er dann wohl doch häufiger ins Büro kommen wird und von dort arbeiten wird. Sie hat ihn angegrinst und sagte, dass sie sich dann immerhin sehen würden. Frank wusste nicht was ihm das sagen sollte, er war zwar verliebt in sie, nein er liebte sie, aber er konnte nicht mit ihr zusammen sein. Sie hat einen Freund und da stellt man sich nicht dazwischen. War es wirklich das worauf sie hinaus wollte? Er wollte es sich nicht vorstellen. Er konnte sich das nicht vorstellen. Außerdem hatte Frank noch dazu den Vorsatz niemals etwas mit einer Arbeitskollegin anzufangen. Das kann nur schief gehen, hat er sich immer wieder eingeredet. Selbst wenn die Möglichkeit da war, er hat sie immer ausgeschlagen. Frank versinkt tiefer, wie er da gestern mit dieser Frau vor seiner Haustür steht. Er wollte sie noch flüchtig umarmen, ihr Auto stand direkt vor der Tür, sie wollte heimfahren. Er schaut sie verlegen an, deutet die Umarmung an, sie erwidert, ihre Arme umschließen sich, ihre Körper sind sich ganz nah und er vernimmt ihren Geruch. Sie umarmen sich, einen Moment zu lang für eine Verabschiedung, Frank kann gerade nicht loslassen. Sie will anscheinend nicht loslassen. Als die beiden sich voneinander lösen und sich dadurch ihre Gesichter nahe kommen passiert das, was nicht passieren sollte. Sie küsst ihn. Erst ganz zart, er lässt es geschehen, dann mit Nachdruck. Frank küsst sie. Frank öffnet die Lippen und sie ihre. Sie küssen sich, lang, feucht und immer heftiger. Frank fragt wider sein besseres Wissen, ob sie noch mit hoch kommen möchte. Frank wird wieder ins jetzt katapultiert, als Tom ihm auf den Rücken schlägt, er hat wohl mal wieder eine seiner Witze vom Stapel gelassen, alle lachen, nur Frank nicht. Das hat Tom wohl wahrgenommen. Frank schaut ziemlich dumm aus der Wäsche, was Tom dazu nötigt ihn damit aufzuziehen, dass der Witz ihm wohl doch zu sehr unter der Gürtellinie war. Frank erwidert, dass ihm der Schlag auf den Rücken einfach nur klar gemacht hat, was für ein Penner Tom ist, was aber auch einfach das Gefühl sein könnte, dass er dringend mal auf die Toilette muss. Als er von der Toilette wieder kommt, fängt ihn unterwegs Jana ab. Franks weibliches Pendant zu Tom, eigentlich ist sie genauso wie er, nur dass sie ihre Gefühle zeigen kann. Dafür liebt Frank sie ungemein. sie hält ihn im Gang von Toilette zu Gastraum ab. “Frank, ich weiß ganz genau, dass du den Witz von Tom überhaupt nicht gehört hast” “Bitte was? Ich saß direkt neben ihm, wie soll ich den Witz da nicht hören” “Weil du nicht da warst” “Jana, ich saß direkt neben ihm…” “Das meine ich nicht, das weißt du, du warst wieder in dir, auf Autopilot” “Jana, ich weiß nicht was du meinst” “Doch das weißt du sehr genau, es ist auch okay, wenn du zwischendurch aussteigst, aber wenn etwas ist, bitte sprich mit mir” “Hasipups, mach dir keine Sorgen, es ist alles gut” Jana funkelt ihn nochmal mit ihren dunkelbraunen Knopfaugen an, lässt ihn aber passieren. Frank geht an der Bar vorbei und holt für sich und Tom noch jeweils ein Bier, für Jana einen dieser billigen Rotweine, die sie hier ausschenken. Als er zurück an den Tisch kommt, wundert er sich tatsächlich, dass schon wieder neue Menschen mit dort sitzen. Er ist immer wieder darüber verwundert, wie das passiert. Da sitzen auf einmal einfach fremde Menschen mit am Tisch und unterhalten sich mit, als wenn sie schon immer dazu gehörten. Frank mag das, auch wenn ihm dabei einfällt, dass das gestern nicht so war. Er bemerkt noch, dass er schon wieder darüber nachdenkt. Dann hat ihn die gestrige Nacht wieder eingeholt. Nachdem Frank und sie Händchen haltend nach oben in seine Wohnung gegangen sind. Frank war wie in Trance. Oben angekommen, nahm sie ihn die Schlüssel ab und ging vor in die Wohnung. Er machte das Licht im Flur an, welches sie sogleich wieder löschte und ihn in das Wohnzimmer zog, in dem das Licht einer Straßenlaterne diffuses Dunkelheit erzeugte. Er mochte wie sie das machte und als sie es sich auf der Couch bequem gemacht hat, zündete er ein paar Kerzen an um sie besser sehen zu können und brachte noch eine Flasche Wein mit. Es war inzwischen zwei Uhr in der Nacht und er war mit ihr bei sich. In seinem Wohnzimmer passierte alles wie von selbst. Sie sagte nicht nein zum Wein, Frank hingegen schon, noch ein Wein und er wäre wahrscheinlich vor Aufregung gestorben. Sie setzten sich dicht beieinander und sprachen einfach weiter. Eine Stunde verging, was keiner von beiden bemerkte. Eine zweite Stunde verging…. Irgendwann nahm sie seine Hand, zögernd nahm Frank ihre. Sie berührten sich, Körper umschlängelten sich, streichelten sich und genossen einfach die Nähe. Währenddessen redeten sie immer weiter, unterbrochen von heftigen Küssen. Unterbrochen von einem seitlichen Knuff kommt Frank wieder in das Zweifall, Jana hat ihn als sie von der Toilette kam und das volle Weinglas erblickte aus dank umarmt. Das brachte Frank wieder ins jetzt. Jana beugt sich zu ihm runter, auch wenn das bei ihrer Größe eigentlich fast nicht nötig war, und flüstert ihm ”du warst ja schon wieder weg” ins Ohr. “Und ich hoffe du hast dir die Hände gewaschen” sagt Frank laut, so dass es alle mitbekommen. Jana schaut gekünzelt verärgert, drückt ihm dann aber doch einen Kuss auf die Stirn und setzt sich wieder an ihren Platz. Wieder so ein Phänomen hier im Zweifall. Selbst wenn Leute aufstehen, zur Toilette, zur Bar, oder sonst wohin gehen und in der Zeit neue Leute dazu kommen, irgendwie setzen die sich nie auf den Platz der anderen, sondern auf einen freien Platz am Tisch, oder holen sich einen Stuhl oder sogar einen Tisch dazu. Frank liebt es mit Jana und Tom hier zu sitzen, oftmals bis in die Morgenstunden, bis es draußen wieder hell wird. Frank schaltet wieder auf Autopilot, bis es draußen wieder hell wird geht ihm nochmal durch den Kopf, als es heute Morgen hell wurde, ist sie gefahren. Nach einer Nacht der Nähe, sie sind zwischendurch auf der Couch zusammen weggedöst. Sie haben gekuschelt. sie haben geknutscht. Sie haben gefummelt. Sie haben geredet, wann immer sie wach waren, Frank ist sich sogar sicher, er hat manchmal sogar noch geredet, selbst wenn sie weggedöst ist und umgekehrt. Diese Frau, dieser Intellekt, diese Gedankengänge, diese Lippen, verdammt dieser Körper. Als sie gefahren ist, war Frank noch wie in Trance. Er hat sich einen Kaffee gemacht, seine geliebte Stereoanlage an geschalten und völlig entgegen seinem allgemeinen Musikgeschmack das Unplugged Album von den Fanta4 aus der Sammlung gefischt und sich “Tag am Meer” angemacht. Bei der Passage “du spürst das Gras hier und da bewegt sich was es macht Dir Spass” schläft Frank mit der Tasse Kaffee auf der Brust, auf der Couch liegend, ein. Im Morgen eingeschlafen und im Zweifall aufgewacht. Tom hält seinem Gegenüber eine zusammengerollte Deadline vor die Nase und sagt “Sprechen sie in dieses Mikrofon solange die rote Lampe leuchtet”. Frank lacht lauthals, als Toms gegenüber in verdutzt anschaut, Jana im “sag Onko” zuflüstert und er wie als wenn er nicht anders könnte “Onko” sagt. Tom krümmt sich ebenfalls vor lachen und hält Frank die Zeitschriftenrolle hin “Sprechen sie in dieses Mikrofon solange die rote Lampe leuchtet”. Doch Frank winkt ab. “Tom wir sind weder in den Achtzigern, noch in einem Sven Regener Roman” Jetzt ist es Jana die lauthals loslacht, doch klingt es bei ihr anders, als bei Frank und Tom, es ist lieblich, zuckersüß und zum dahinschmelzen. Frank wundert sich immer wieder, wie er einen Menschen so toll und sexy finden kann, aber sich niemals vorstellen könnte, mit ihr zu schlafen. Im hier und jetzt wieder voll und ganz angekommen, fällt Frank gar nicht auf, dass er schon seit Stunden nicht mehr auf sein Handy geschaut hat. Er wird ohnehin immer wieder belächelt, dass er noch immer so ein altes Handy hat, mit richtigen Tasten und sowas, noch keins dieser tollen neuen Smartphones, mit denen mach doch alles viel einfacher machen kann. Aber genauso wird er auch für seinen alten Röhrenverstärker immer wieder belächelt. Frank schätzt manchmal die einfachen Dinge, solange sie wirklich gut sind. Frank bekommt Hunger. Zum ersten Mal an diesem Tag. Abgesehen von einem notdürftigen verspäteten Frühstück, nachmittags um drei, hat er noch nichts gegessen. Er steht auf, beugt sich über den Tisch zu Jana, drückt ihr einen Kuss auf die Stirn und sagt in einem Marlon Brando Ton: “Komm Baby, wir müsssen vögeln, oder zumindest eine Pizza essen gehen!” Worauf sie gekonnt antwortet: “Dein Ego stellt Checks aus, die dein Körper nicht einlösen kann” Oh mein Gott denkt sich Frank, sie zitiert Top Gun. Der Mann, der sie mal ehelichen darf ist echt ein Glückspilz. Jana schiebt nach einer perfekten Kunstpause nach: “Also nehme ich die Pizza” Tom kann nicht mehr vor Lachen. Die Fremden an unserem Tisch trauen ihren Augen und Ohren nicht. Als Jana und Frank vor die Tür treten und nebenan an den kleinen Bauwagen der zur Pizzabude umgebaut wurde wandern, hält Jana ihn nochmal fest. “Sag mir bitte was mit dir los ist, da drin warst du völlig in dir versunken und als du wieder auftauchst bist du nicht melancholisch wie sonst, sondern haust Tom und mir Sprüche um die Ohren” Frank schaut ihr ernst und fest in die Augen “Ich bin was ich bin, einer muss es sein!” Jana haut ihm mit der Faust gegen die Brust “Frank, jetzt mal ehrlich, irgendwas ist los mit dir und es ist irgendwas komisches und das du Königreich der Himmel zitierst bestärkt mich nur.” In dem Moment spürt Frank sein Handy in der Hosentasche vibrieren. Er fischt es heraus und sieht, dass es eine SMS von ihr ist. Er überfliegt die Worte, doch sie Brennen sich in seine Netzhaut. “Frank, ich bin ich dich verliebt. Das weiß ich. Aber ich kann Lars nicht verlassen. Ich liebe ihn. Der Abend, die Nacht, das alles war so wunderschön, das will ich wieder, jetzt, morgen, nur nicht im Büro, kann ich morgen zu dir kommen?” Das war es. Schlag auf die kurze Rippe, danach auf den Solarplexus, die Luft bleibt weg, Sternchen vor den Augen, Knoten im Magen, Kamillentee mit Honig, hauchzarte Berührung und das Gefühl eines frisch bezogenen Bettes. Alles auf einmal. Frank wankt. Jana hält ihn. “Was ist los?” Frank weiß nicht was er sagen soll. “I did wrong” “Was meinst du damit? Was hast du falsch gemacht” “Ich habe mich verliebt, Jana, ich liebe” “Aber das ist doch toll! Frank, das ist nichts schlimmes, das musste ja mal wieder passieren” “Ja, nein, ja, aber in die Falsche” “Frank, sie ist nur Falsch, wenn du sie zu etwas Falschem machst” “Jana, Schatz, du kennst meine zwei Grundsätze in der Liebe” “Du meinst, niemals mit Toten und niemals mit Tieren?” “Ja die auch, aber die meine ich nicht” “NEIN!” Frank und Jana beschließen, Pizza sein zu lassen und stattdessen spazieren zu gehen. Es ist angenehm warm. Frank erzählt ihr alles. Jana hört ihm zu. Bei manchen Stellen freut sie sich. Bei vielen Stellen ist sie stinkwütend auf Frank, bei der Sache mit dem Geruch den er heute noch in der Kneipe verspürt hat, verdreht sie die Augen. So geht es Frank mit sich selbst auch. Nachdem die Beiden drei Stunden durch die Gegend gelaufen sind, kehren sie im Nachtcafe ein. Beide bestellen sich einen Kaffee, beide bestellen sich einen Bagel, beide den mit Lachs und Rucola. Für Jana ist dort zu viel Lachs drauf, für Frank zu viel Rucola. Ohne ein Wort über die Bagel zu verlieren, schnappt Frank sich ihren und eine Gabel. Pult damit etwas Lachs ab und bei sich etwas Rucola und verteilt Beides neu auf die Bagel. Sie reden im Nachtcafe immer weiter. Er verspricht Jana, die Sache zu klären. Er zückt sein Handy und schreibt ihr “Morgen ist gut. Wir müssen reden und mit reden meine ich reden. 15 Uhr bei mir!” so abgeschickt. Jana schaut ihn ganz verdutzt an. “Dir tut das echt leid, was da passiert ist, oder?” “Nein. Ja. Ach was weiß ich.” Sie schlägt ihm wieder gegen die Brust. Nachdem sie aufgegessen haben, spazieren sie wieder los. Jana möchte gerne heim. Frank bringt sie bis vor die Haustür, drückt, keine Sekunde zu lang. Sie kneift ihm nochmal in den Arm. “Wenn was ist, du weißt ja wen du anrufen kannst” “Ja, aber Tom geht meistens nicht ran” “Arschloch” presst sie zwischen ihrem Grinsen hervor und schließt die Tür auf und verschwindet. Als Frank wieder ins Zweifall kommt, sitzt Tom dort allein mit vier fremden Frauen. “Man man man” geht es Frank durch den Kopf “ich wüsste echt zu gern wie er das macht”. Frank holt zwei Bier, sich ein Becks, Tom das Einheimische. Aber auch wenn Tom mal wieder lauter fremde Menschen um sich gebracht hat und wieder seine Späße macht und obwohl Frank sein Lieblingsbier vor sich hat, stimmt irgendwas nicht. Frank fühlt sich müde. Aber nicht wie sonst fahl und müde, sondern wohlig müde. Ein Gefühl, das er eigentlich seit Jahren nur kannte, wenn eine Frau im Spiel war. Er stößt mit Tom an. “Wo hast du denn Jana gelassen?” “Es hat sich herausgestellt, dass mein Körper doch stärker ist als mein Ego” “Du hast sie umgebracht?” “Nein, nur nach Hause, sie pennt wahrscheinlich schon.” Frank ext sein Bier und verabschiedet sich seinerseits. Das Gefühl der wohligen Müdigkeit will er ausnutzen. Außerdem möchte er morgen nicht aussehen wie ein Wrack. Also zumindest nicht mehr als sonst. Häufig genug stellt er auch so schon immer wieder fest, dass ein teurer Anzug nicht über Schlafmangel und einhergehend Augenringen und fahler Gesichtsfarbe hinwegtäuschen kann. Er flaniert die zehn minütige Strecke heim, ohne auch nur einen trüben Gedanken. Daheim duscht er, wickelt sich ein Handtuch um, geht ins Wohnzimmer um aus der Plattensammlung  eine bestimmte Platte raus zu suchen. Geht ins Schlafzimmer, wo er sich noch immer ärgert, dass er hier nur eine so kleine Anlage stehen hat, legt die Scheibe auf, setzt behutsam die Nadel auf, legt sich aufs Bett dreht langsam per Fernbedienung die Lautstärke am Verstärker hoch und hört das mehrminütige Intro von Ritchie Blackmore an der Gitarre, als der Song durch die Klänge der Hammond Orgel erkennbar wird und ihm das Kribbeln den Rücken herunter läuft verspürt Frank tiefe Glückseligkeit und schläft vollkommen beseelt zu den wunderbaren Klängen von Child in Time ein. Als er aufwacht ist draußen hellster Tag. Durch die weißen Vorhänge im Schlafzimmer dringt das Sonnenlicht und durch die Außenkanten strahlt ihm die Sonne direkt ins Gesicht und erwärmt es. Es ist gerade elf Uhr, also noch vier Stunden bis sie kommt. Frank putzt sich die Zähne, cremed sein Gesicht ein, wählt seine Kleidung mit bedacht. Es sind Laufsachen. Er geht eine kleine Stunde laufen, einmal durch den Stadtwald, hoch bis zu dieser wunderschönen burgähnlichen Villa, herunter bis zum Zoo, rund um die Wiese wo im Winter die Kinder rodeln, wenn denn mal Schnee liegt, an der Uni vorbei, noch ein paar Meter an den Eisenbahnschienen entlang und dann wieder heimwärts. Daheim angekommen geht Frank duschen, setzt sich Kaffee auf, geht gegenüber zum Kiosk um belegte Brötchen zu holen und frühstückt in aller Ruhe während am Fernseher irgendjemand im Rahmen einer Soap so etwas wie eine schauspielerische Leistung versucht darzubieten. Das geht natürlich in die Hose. Aber Frank ist sowieso nicht wirklich beim TV-Programm. Trotz aller Ruhe die er am Morgen noch verspürt hat, geht er nun im Kopf alle Möglichkeiten durch, wie er das Gespräch mit ihr führen sollte. Wie ein Schachspieler versucht er alle Optionen und Reaktionen abzuwägen. Doch leider gibt es für solche Gespräche keine so starren Muster, es gibt mehr mögliche Reaktionen als es sie beim Schach gibt. Seine Gedanken drehen sich. Als es an der Tür klingelt schaut Frank erschrocken auf die Uhr. Sie ist pünktlich. Aber er nicht bereit. Er öffnet die Tür und als sie hoch kommt, weiß er schon nicht mehr, was er mit ihr besprochen wollte. Es ist wieder da. Dieses komische Gefühl der Vervollkommnung durch eine andere Person: Liebe. Nachdem sie sich die Jacke ausgezogen hat, verlieren Frank und sie kaum ein Wort und machen nahtlos damit weiter, womit sie zwei Tage zuvor aufgehört haben. Frank verliert nicht mehr ein Wort, nicht einmal einen Gedanken bezüglich dessen was er mit ihr eigentlichen Besprechen sollte. Als es draußen dunkel wird, sagt sie, dass sie wieder fahren muss. Damit er es nicht merkt. Schlag auf die kurze Rippe und ein doppelter Treffer auf den Solarplexus. Sie küssen sich noch einmal ausgiebig, sie nimmt ihre Jacke und geht. Kein Wort zum Abschied. Sie geht einfach. Frank laufen die Tränen. Was hat er getan? Er schaut auf sein Handy, Jana hatte ihm geschrieben. Sie fragt ob alles gut lief. Frank schämt sich und traut sich nicht ihr zu antworten. Neun Wochen lang läuft es mit ihr so. Jedes Mal nimmt sich Frank vor es zu beenden, doch sieht er sie, kann er es nicht. Er sieht sie nahezu täglich im Büro. Kann ihr eigentlich nicht aus dem Weg gehen. Im Büro tun sie so als wäre da nix. Ihr Freund weiß auch von nix. Natürlich nicht, sonst wäre er wahrscheinlich nicht mehr ihr Freund. Jedes Mal wenn Frank sich Abends oder am Wochenende mit ihr trifft, traut er sich danach nicht mehr ins Zweifall, aus Angst Jana über den Weg zu laufen, ihr sagen zu müssen, dass er es noch immer falsch macht. Jedes Mal wenn sie abends wieder fährt, laufen bei Frank die Tränen. Nach neun Wochen sagt sie Frank, dass sie beruflich eine Zeit lang in eine andere Stadt müsse. Aber am Wochenende hier wäre. Das er und sie sich aber nicht mehr so häufig sehen könnten. Es vergehen sieben Wochen. Anfangs haben Frank und sie sich noch nahezu stündlich SMS geschrieben und abends zumindest noch kurz telefoniert. Sie hatte an den Wochenenden keine Möglichkeit, dass sie sich sehen. Frank traut sich wieder häufiger ins Zweifall. Er redet sogar mit Jana über seinen Fehler, sie verurteilt ihn nicht, klagt ihn nicht einmal an. Tom weiß von alle dem noch immer nichts. Auch nicht fair, seinem besten Freund gegenüber. In Woche acht räumt sie Frank ein paar Stunden ein. Als sie vor seiner Wohnungstür steht, sieht Frank sie an und fragt: “Warum?” “Was meinst du?” fragt sie zurück “Warum bist du hier?” “Weil ich dich liebe” “Warum bist du dann noch immer mit Lars zusammen?” “Weil ich ihn auch liebe” “Warum tust du ihm dann so weh?” “Aber er weiß es doch nicht” “Warum tust du mir dann so weh?” “Frank….” “Nein, stop, warte. Marie, du weißt, dass es so nicht geht. Dass wir nicht zusammen sein können. Das du Lars das nicht antun kannst. Dass ich es mir nicht mehr antun kann. Das wir es dir nicht mehr antun können. Das es nicht Fair, keinem gegenüber, ist. Aber ganz besonders Lars nicht, ich kann ihm das nicht antun, nicht mehr, obwohl ich ihn nicht einmal kenne, obwohl er mich nicht einmal kennt, obwohl ich dich liebe. Es ist falsch und wir beide wissen das” Sie drückt Frank einen Kuss auf den Mund, dreht sich um und geht. Wieder ohne etwas zu sagen. Als Frank sich sicher ist, dass sie weg ist, zückt er sein Handy. Er tippt “ich habe es getan” und schickt ab. Keine halbe Stunde später steht Jana vor ihm. Frank ist fahl, seine Wangen wirken wie eingefallen. Noch im Türrahmen nimmt sie  Frank in den Arm und hält ihn einfach fest. Sie fragt nichts. Sie sagt nix. Sie zieht ihn mit sich. Herunter auf die Straße. Sie zückt den Zweitschlüssel seines Wagens, schließt auf, setzt ihn auf den Beifahrersitz, platziert sich auf dem Fahrersitz und fährt mit ihm los. Frank ist noch immer nicht bei sich. Sie fahren zu ihr. Noch immer hat sie kein Wort gesagt. Noch immer hat Frank kein Wort gesagt. Frank setzt sich auf die Couch. Sie sich neben ihn. Nach einer Weile schubst sie Frank um. Frank fällt zur Seite in die Kissen. Ihm laufen die Tränen. Er weiß ja dass es richtig war. Er weiß, dass er nicht wegen ihr weint, er weiß, dass er sich in den letzten Wochen von ihr entfernt hat, sofern er ihr jemals wirklich nah war, doch, er weiß, dass er ihr auch wirklich nah war. Nah auf Zeit. Aber wegen all dem weint er nicht. Eine Sache hat sich bei ihm ins Gehirn geätzt “I did wrong”. Jana steht auf und geht zum Telefon, auswendig wählt sie eine Nummer, geht aus dem Raum und kommt mit einem ernsten Mund aber strahlenden Augen zurück. Frank sieht nur diese Augen. Er fragt, warum sie so strahlt. Sie bleibt ernst. “Wirst du gleich sehen” Frank bleibt weiter auf der Couch liegend. Jana bewirft ihn mit Kissen. Frank stört sich nicht daran. Die Tränen werden aber weniger. Eine angemessene Zeit später klingelt es an der Tür. Jana macht auf und kommt dick bepackt mit Essenschachteln aus Styropor wieder ins Wohnzimmer. Sie hat etwas zu Essen bestellt. Für Frank ein extra scharfes Vindaloo und für sich ein mildes Kichererbsencurry, für beide zusammen eine Portion Samosas und Papadams. “Diese Frau weiß wie man einen Mann auf andere Gedanken bringt” denkt sich Frank. Mit dem Essen kommt auch wieder Leben in Frank, mit seinem Lieblingsessen kann man ihn einfach immer wieder aufbauen. Als beide aufgegessen haben, verschwindet  Jana mit den leeren Schachteln, doch statt gleich wieder zu kommen, verbringt sie für den Weg von der Küche zum Wohnzimmer zu viel Zeit im Flur der Wohnung. Frank denkt sich dabei nicht viel. Wahrscheinlich muss sie einfach mal wieder ihre DVD-Sammlung begutachten. Als sie wiederkommt, versteckt sie eine DVD vor ihm. Schaltet Fernseher, die Dolby-Surround Anlage und den Blu-ray Player ein. Noch immer versteckt sie die DVD. Legt die Disc ein, setzt sich in die Ecke der Couch und startet den Film. Schon bei den ersten Tönen von Costellos “She” erkennt Frank den Film. Sie macht wirklich Notting Hill an. Die Frau kennt Frank einfach zu gut. Einen seiner ewigen Top 10 so passend auszuwählen, das können nur besondere Menschen. Als Frank nicht recht weiß was er machen soll, streift Jana ihre langen dunkelbraunen Haare über ihre schmalen Schultern nach hinten und dreht sie zusammen, so dass sie sich nicht gleich wieder selbständig machen, dann zieht sie Frank zu sich. Legt seinen Kopf in ihren Schoß, so dass er den Film noch sehen und sich trotzdem lang machen kann. Während der Film läuft und Frank (wie immer bei diesem Film) immer wieder Tränen in die Augen kommen, streichelt sie seinen Kopf. Als Anna Scott wieder in den Buchladen von William Thacker kommt und Franks liebsten Satz loslässt “Aber vergiss nicht…..ich bin auch nur ein Mädchen, das vor einem Jungen steht und ihn bittet es zu lieben!” schauen sich Jana und Frank an und sprechen ihn gemeinsam, synchron mit. In dem Moment haben Jana und Frank die Tränen in den Augen. Frank beugt sich auf, Jana beugt sich herunter, ihre Gesichter kommen sich näher, ihr Lippen berühren sich, es knistert, in diesem Moment weiß Frank, was Liebe ist. Bedingungslos, einfach, ehrlich. Als sich der Kuss löst, versteht Frank noch immer nicht. “Aber…” “Psssst” “Ich habe etwas Falsches getan” “Psssst”
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Ein Kleid aus Freiheit.
M steht für Malwina.
Malwina war ein seltsames Mädchen. Als ich sie kennen lernte - da war sie gerade einmal fünf Jahre alt geworden - kannte sie ihre bunt bebilderten Kinderbücher nicht nur auf deutsch auswendig, sondern konnte auch jene in kyrillischen Lettern bereits flink und voller Wissensdurst lesen. Sie wanderte so sicher durch die Welten von Lyrik und Belletristik wie kein anderes Kind, das mir bis dahin begegnet war, doch verlief sie sich regelmäßig auf dem Weg zu Tante Emmas Laden, der gerade einmal 200 Meter die Straße hinunter lag, ohne dass man auch nur ein Mal hätte abbiegen müssen. Ich erinnere mich daran, dass sie den Konversationen der Erwachsenen aufmerksam folgte, zumindest den Anschein erweckte, doch wurde sie darin unerwartet etwas gefragt, blieb sie stumm wie ein Fisch und übte sich in Unsichtbarkeit. Das fanden die Leute meist ganz bezaubernd - Schaut euch die kleine Träumerin doch nur mal an! - und dann doch auch ein wenig merkwürdig. Ein Glück wuchs Malwina noch in einer Zeit auf, in der Kinder das Privileg hatten, unaufmerksam und sonderbar sein zu dürfen. Nun ist es ja so, dass seltsame Kinder nicht unbedingt auch zu seltsamen Erwachsenen heranwachsen müssen. Sie tat es dennoch, aber viel auszumachen schien es ihr nie - vielleicht auch nur deshalb, weil diese Tatsache von ihr selbst recht unbemerkt blieb. So wie sie als Kind ihre Konzentration lediglich den Dingen schenkte, die sie für wichtig erachtete, so behielt sie sich das auch bei, als sie älter wurde. Nur funktionierte das dann nicht mehr ganz so gut wie früher, als sie noch bestickte Kleidchen und Schleifen im Haar getragen hatte. Plötzlich wurde ihr ihre Lieblichkeit zum Verhängnis, ihre Tagträume passten nicht mehr ins Nine-to-Five -Schema ihres standardisierten Alltags und rempelte sie Menschen auf der Straße versehentlich an, weil sie mit der Konstruktion von Luftschlössern beschäftigt war, so ärgerte man sich öfter über sie als sich von ihrem Zauber berühren zu lassen. Doch dieses Mädchen, so sehr sie mich auch oft zweifeln und verzweifeln ließ, behielt sich eines bei - ihre Kreativität. Und beschränkte sich diese irgendwann auch hauptsächlich darauf, sich kreative Fluchtwege auszudenken. Ich erinnere mich noch genau an den Tag, an dem sie vom Flohmarkt auf dem Schlossplatz einen alten verstaubten Globus anschleppte. Sie wurden Freunde, weil sie Gegensätze bildeten - er hatte seine besten Tage schon lange hinter sich, ihre lagen noch vor ihr. Ich gehe reisen, Baba, sagte sie und strahlte, als hätte sie mir ein Geheimnis anvertraut, das nur wir beide jemals teilen würden. Nun, wir beide und dieser alte Globus. Wohin soll es denn gehen, Kind? Und sie sagte mir nur, das wüsste sie auch gerne, das hätte die Zeit ihr nur noch nicht verraten wollen. Eigentlich hätte ich sie gut genug kennen müssen, um mich schon in diesem Moment um sie zu sorgen. Kleine Träumerinnen haben es gar nicht so leicht in der Welt. Sie verirren sich zu oft in ihr, ihre Strumpfhosen sind immer voller Laufmaschen, sie vertrauen Kleinganoven ihre Herzen und ihre Handtaschen an und sind erstaunt über die Tatsache, wie gut sich Böses hinter sanften Zügen zu verstecken weiß. Und doch sind sie mutig, mutig und hungrig - wie Malwina. Ich sah sie an diesem Tag zum letzten Mal, doch sie vergaß nie, mir Bilder und Worte von ihren Reisen zu schicken. Sie blieb das visuelle Mädchen, als das ich sie vor Jahren getroffen hatte, und nie schien sie das, was ihr in den Weiten der Welt begegnete, traurig zu stimmen. Im Gegenteil, ihr stand das selbst geschneidertes Kleid, das sie sich aus dem Stoff der Freiheit zusammengeschustert hatte, perfekt. Sie verliebte sich im Iran, in Texas vergaß sie ihre Jacke nach einer durchzechten Nacht bei Kippen und goldenem Tequila, in Bulgarien trank sie schlechten Wein aus Pappbechern und ließ sich vom Leben die schönsten Versprechen geben, im Irak verlor sie Kopf und Kleid, in England tanzte sie zu ihrem Lieblingslied, bis der DJ aufhörte zu spielen und sie zusammen mit Nachtschwärmern und Glasscherben auf die Straße hinausgefegt wurde. Malwina verpasste die letzte Bahn nach Hause in Kanada, doch bevor sie ging vergaß sie nie, ihren Weggefährten zum Abschied zu küssen, um ihm etwas zu geben, woran er sich auf dem Heimweg wärmen konnte. Nicht ein einziges Mal zog sie in dieser Zeit eine Straßenkarte zu Rate. Es ist nicht so, dass sie sich nie verirrt hätte in diesen Nächten - aber sie störte sich nicht daran, sondern zelebrierte ihre Unstetigkeit in Exzess und Schönheit. Malwina brauchte keinen Kompass, sie war sich selbst einer. Bei diesem Mädchen traf Orientierungslosigkeit auf Liebe und das machte ihre unendliche Faszination aus. Sie stand ihr fast so gut wie das Kleid aus Freiheit, das sie auch zu meiner Beerdigung trug. Ein bisschen bereute ich es schon, dass ich keine Umarmung mehr für sie übrig hatte, als sie wieder nach Hause kam - zumindest keine, an der sie sich nach all der langen Zeit hätte wärmen können. Und doch hatte ich jedes Mal, wenn sie mir von ihren Reisen berichtete, das jeweilige Land auf ihrem Globus mit einem kleinen M versehen. M wie M alwina, M wie M ärchen, M wie die M eine. Es war mein letztes Geschenk an sie, ein Vermächtnis und eine Brücke von einer rastlosen Seele zur anderen. Und als sie diesen Globus, der längst nicht mehr leuchtete, wenn man ihn mit einer Steckdose zu verbinden versuchte, in meiner Wohnung fand, die inzwischen Staub und Melancholie angesetzt hatte, sah ich sie lächeln. Sie wusste noch immer nicht, wo sie war oder wohin sie wollte, aber sie wusste, sie trug in diesem Moment ihr Lieblingskleid. Und niemandem hatte es je besser gestanden als ihr. Tags: Weltreise, Tagträume, Jugend, Lieblingskleid
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Die Selbstverständlichkeit des Luxus...
"Damals war alles anders...", beginnt mein Vater seine Geschichte, als er mir von seinem Leben im Mittelalter erzählt.
An einem lauwarmen Sommertag sitzen wir zusammen am Essenstisch und ich schaue mir meinen Teller an. Das angefertigte Gericht duftet köstlich und lässt mir das Wasser im Munde zusammenlaufen und in meinem Kopf nimmt eine Erkenntnis Gestalt an: Ist es nicht wunderbar an einem reichlich gedeckten Tisch zu sitzen und sich die Wampe voll zu hauen? Ohne schlechtes Gewissen! So viel zu essen, dass man sich danach glatt übergeben könnte, nur um dann noch mehr in sich hinein zu schaufeln. Ich spreche diesen Gedanken laut aus und mein Vater nickt und sagt, dass wir Gott danken sollten, weil wir privilegiert sind. Dass es Menschen gibt, die so einen Tisch ihr ganzes Leben niemals sehen sollten… Und dann beginnt er zu erzählen: „Bei uns war das anders, damals. Wir haben einmal die Woche Fleisch gesehen. Einmal die Woche, Freitags, briet unsere Mutter ein Hühnchen und das mussten wir mit meinen Eltern und meinen neun Geschwistern teilen. Kannst du dir das vorstellen? Ein Hühnchen für 11 Leute? Die eine Hälfte hat mein Vater bekommen, den Rest durften wir essen und wir waren glücklich damit. Auf dieses Essen haben wir uns jedes Mal aufs Neue gefreut… wie hier die Kinder zu Weihnachten.“ Ich frage ihn, weshalb sie denn niemals zwei Hühnchen gebraten haben, da hätte jeder mehr davon gehabt und er antwortet: „Zwei? Das konnte sich niemand leisten. Zwei Hühnchen in einer Woche?“ Er lacht. „Weißt du, früher war das nicht so wie es heute ist. Du gingst nicht in einen Supermarkt und hast dir einfach mal zwei Hühnchen gekauft. Es gab von allem viel zu wenig und Hühner oder sonstiges galten als Statussymbol. Wer sich jede Woche ein solches Festmahl gönnen konnte, galt zu den angesehenen Menschen.“ Ich assoziiere seine Worte mit einer seltsam indisch anmutenden Szene, die ich irgendwann einmal in einem Film gesehen habe. Auf meine Frage, weshalb denn nie jemand auf die Idee gekommen sei, Hühner, Kühe oder Schafe professionell zu züchten erklärt er mir folgendes: „Wer hätte damals auf so eine Idee kommen sollen. Wir kannten es ja nicht anders. Wir wollten nie mehr, weil wir mit dem, was wir hatten eigentlich immer zufrieden waren. Außerdem wurde mit Eiern bezahlt. Wer eine neue Samowar haben wollte, musste tauschen… mit Eiern, Käse oder anderem. Wir haben Handel betrieben, wir waren keine Züchter.“ Ich schaue mir diesen Menschen an, der mir gegenüber sitzt und versuche ihn mit den Menschen in Verbindung zu bringen, von denen er mir gerade erzählt. Irgendwie gelingt es mir nicht. „Trotz allem war es wundervoll, damals. Wenn du etwas nicht kennst, vermisst du auch nichts.“ Wieder lacht er, als er mein erstauntes Gesicht sieht. Ich sage ihm, dass es mir vorkommt, als ob er von einem anderen Jahrhundert erzählt und wieder schmunzelt er. Er lacht viel, dieser Mensch, der in zwei verschiedenen Zeitaltern aufgewachsen zu sein scheint. Auf der einen Seite der gütige Vater, der mir mit seinen fantastischen Computerkenntnissen noch heute jedes Mal aufs Neue die Sprache verschlägt, auf der anderen Seite der Mann, dessen Kindheit in einem mir völlig fremden Land, einer mir völlig fremden Zeit stattgefunden zu haben scheint. „Du kennst es nicht anders mein Sohn.“ Jetzt schaltet sich meine Mutter ein: „Da hat er Recht. Damals, als wir nach Deutschland kamen, habe ich deine Windeln und die deiner Geschwister alle per Hand gewaschen. Überhaupt ist der Fortschritt nicht ganz so selbstverständlich, wie du annehmen magst. Als dein Vater hierher kam, hatte er in einer herunter gekommenen Bude gewohnt, in der es kein fließend Wasser und keinen elektrischen Strom gegeben hatte.“ „Wir mussten damals in Eimer scheißen und sie jedes Mal, wenn sie voll waren trugen wir sie weg und schütteten sie in Gullis.“ Ich kann das nicht glauben und hacke nach. „Ja, doch! Wir hatten keine Toilette und mussten unser Geschäft in Eimern verrichten. Genau wie damals im Dorf bei uns in der Türkei. Da gab es keine Toiletten… da ist man in den Stall gegangen, wenn man musste. Oder um die Ecke und hat hinter die Mauer gepinkelt. Du schaust so geschockt. Ja was denkst du denn? Ein PC oder eine Playstation gab’s bei uns nicht. Bei uns gab es ja nicht mal eine Heizung. Wir schliefen alle zusammen, also elf Personen in einem 15 Quadratmeter großen Raum, damit so wenig Wärme wie möglich entwich. Rücken an Rücken, damit man sein Gegenüber wärmen konnte. Und tagsüber, wenn wir in den frühen Morgenstunden die Schafe und Rinder aufs Feld treiben mussten, kamen wir nach Hause und haben geheult, weil unsere Hände schier abgefroren waren. Meine Mutter hat uns dann die Hände gerieben und sie ins kalte Wasser gesteckt. Dann hat sie uns mit in den Raum genommen, in dem der Tandir war… das kennst du. Das hab ich dir mal im Dorf gezeigt. Dieses ein Meter tiefe Loch im Boden, das uns als Herd diente. Da haben wir Kinder uns dazugesetzt und haben unsere Beine in das Loch gesteckt, damit die heiße Kohle am Boden des Loches unsere Körper wärmte. Daneben standen die den Stalagmiten ähnelnden Eiszapfen, die sich in der Nacht gebildet hatten, wenn es von der Decke tropfte.“ Ich sage ihm, dass sich das für mich anhört, als ob ein Kanppe des 15. Jahunderts mir gerade seine Lebensgeschichte erzählt und er antwortet mir, dass dies alles nur 40 Jahre und keine 540 Jahre zurückliege. Meine Mutter räumt den Tisch ab. „Die Selbstverständlichkeit des Lebens, mein Sohn… das ist eine eurer Generation zueigne Eigenschaft. All das, was du hier siehst mussten wir uns erarbeiten. Wir haben unsere Heimat verlassen, weil wir uns weiterentwickeln wollten. Aber manchmal frage ich mich, wenn ich denn so zurück denke, ob es das wert war?“ Ich schaue sie fragend an und verweise auf den Luxus um uns herum. Auf den reich gedeckten Tisch, auf die Waschmaschine, auf das warme Haus. „Ich denke an meine Kindheit zurück und an das Leben damals und muss gestehen, dass es uns jetzt sehr viel besser geht. Wir genießen den Luxus, der uns das Leben leichter zu machen scheint und es kommt nie vor, dass wir auch nur einen Tag Hunger leiden müssen… aber damals kannte ich diesen Begriff gar nicht. Luxus? Das war ein Fremdwort für mich. Aber dennoch war ich früher auch glücklich. Natürlich wirkten wir alle ein wenig unterernährt und mager, aber ich vermisste ja nichts, weil ich es wie gesagt nicht anders kannte.“ Mein Vater schaltet sich ein: „Da hat sie Recht…Die Frage ist doch die: Lassen wir uns nicht geiseln? Vom so genannten Luxus der uns eigentlich mehr nimmt, als gibt?“ Ich gebe ihm Recht. „Ja, damals war es wirklich anders“, sage ich und esse meinen Teller leer, mit Dankbarkeit im Sinn. PS: Mein Vater ist frische 50, ich selbst bin 25. Nur um die Relationen zu verstehen.
http://www.neon.de/artikel/fuehlen/familie/die-selbstverstaendlichkeit-des-luxus/640359
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Der Tequila-Wurm ist in Wahrheit eine Raupe
die Maguey- Schmetterlingslarve. Sie schwimmt in einigen mexikanischen Schnapsflaschen, aber nie in Tequila (...)
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Faltenansichten mal anders
Schöner wohnen leicht gemacht. Für jeden Einrichtungsstil und für jedes Alter.
Hurra, die neue Wohnung wurde gerade bezogen. Alles wurde schön renoviert. Vom Boden bis zum Wandvlies. Ein wahres Highlight ist das komplett neue Badezimmer mit Glasdusche und schöner Badewanne. Eine schöne lichtdurchflutete Wohnung, kein Vergleich mit unserer bisherigen Wohnung. Zwei Balkone können wir nun unser eigen nennen. Mit direkten Zugang von der Küche und dem Wohnzimmer. Ost- und Südwestseite einfach genial. Jetzt heißt es aber erstmal fleißig weiter Kisten auspacken, einräumen und Möbel aufbauen. Die Kinder in dem Chaos beschäftigen und den Überblick behalten. Das ist ganz wichtig. Was soll wo hin und was muss eventuell noch besorgt werden. Besonders für die Fenster muss ich mir noch etwas einfallen. Schön groß mit viel Lichteinfall aber das könnte im Sommer auch zum Problem werden. Stichwort Sonnenschutz! Und die Kleinen können bei zu viel an Helligkeit nicht schlafen. Also hier ist noch Ideen sammeln angesagt. Mein Mann hat mir freie Entscheidungshand gegeben mit nur einer Bedingung: er möchte die alten Gardinen auf keinen Fall mehr vor seinen Augen haben. Ehrlich gesagt: Ich auch nicht. Muß er aber nicht unbedingt wissen. Nach ein wenig googeln und ein paar Blicken in diversen Wohnzeitschriften meine Feststellung: Es gibt schöne alternative Möglichkeiten. Von der Jalousie bis zum Rollo. Beides fast ja schon Klassiker für zeitgemäßes einrichten. Aber die Jalousie ist mir zu nüchtern und das Rollo dann doch zu klassisch. Ich werde mich höchstwahrscheinlich für die perfekte Mischung aus den beiden entscheiden – so ein Plissee soll es werden. Textil wohnlich und verstellbar wie eine Jalousie. Der Stoff filigran gefaltet! Eine Faltenansicht mal ganz anders. Am Fenster und nicht im Spiegel. Da machen Falten richtigen Wohnspaß. Das Plissee erfüllt die für uns wichtige  Funktion einer Raumdekoration, bietet Sichtschutz & Sonnenschutz und es gibt diese auch in der Verdunkelungsvariante für die Kinderzimmer. Die Auswahl an Farben und Stoffen ist wirklich gross. Wir werden alle Fenster ausmessen und uns dann dann solche Plissees bestellen. Schöner wohnen leicht gemacht. Tags: Plissee, Rollo, Jalousie, Wohnung
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Eins ist Fakt: Ich habs verkackt.
Es könnte alles so einfach sein...
Gestern Abend war ich mit zwei Bekannten unterwegs und während ich ihnen von meiner komplizierten Endlos-Love-Story erzählte, wurde mir mit einem mal Eins ganz klar: Ich habs verkackt! Aus Angst geliebt zu werden habe ich mich dagegen gewehrt indem ich Alles immer so hindrehte, dass ich jegliche Handlung von ihm als eine Handlung gegen mich verstehen wollte. Ich machte mich selbst zum Opfer. Gestern wurde mir klar: Es gibt kein Opfer, denn es gibt auch keinen Täter! Wie so oft in den letzten Jahren stand mir vorallem eine Person im Weg, das Glück zulassen zu können : Ich selbst! Ich hab mich mal wieder hinter meinen „Ich kann nicht“ „Ich will nicht“ „Ich hab Angst“ …. bla bla bla …. Sprüchen versteckt. Er hat sich um mich bemüht. Nicht nur einmal. Aber ich hab alles zu einem Gegen-Mich gemacht. Ich hätte ihn einfach küssen müssen. Ich hätte ihn einfach in den Arm nehmen sollen. Ich hätte ihn einfach spüren lassen müssen, dass er für mich unendlich viel Bedeutung hat. Aber ich habe immer nur geredet. Geredet warum ich so bin…. Gefragt warum er so ist…. Über die Probleme des Lebens philosophiert… ihm ständig das Gefühl gegeben: Egal was du tust - es ist nicht gut genug für mich! Anstatt etwas zu tun – hab ich immer nur gelabert und gelabert. Es wurde immer lauter zwischen uns. Ich wurde immer lauter zu ihm. Jetzt ist es ganz ruhig. Denn er ist weg. Er hat sich nach endloser Geduld mir gegenüber, endgültig umgedreht und ist gegangen.Ich verstehe ihn und gestehe mir ein, dass ich nicht anders gehandelt hätte. Der Vorhang fällt. Die Brille des Bewusstwerdens und der Erkenntnis habe ich wieder aus der Schublade gekramt. Nach viel zu langer Zeit. Ich wollte dich. Ich wollte uns. Ich wollte… ich wollte… ich wollte… Dabei hab ich UNS vergessen und nur MICH gesehen. Die Egosau. Die Person die will… aber nur darüber spricht und nicht handelt. Weil sie zu feige und zu stolz dafür ist. Es tut mir leid. ES IST FAKT: ICH HABS VERKACKT! Tags: Gefühlschaos, Gefühlsduselei
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Polizeistaat Soundcloud und der Patriot-Act für Musik
Der Generalverdacht gegenüber den Nutzern und wie ma am besten in die Hand beißt die einen füttert.
Die Frage "wer nutzt alles Soundcloud?" zu beantworten dauert sicherlich länger als sich der Frage "wer nutzt es nicht?" anzunehmen , was allein daraus resultiert, dass es keine wirklich adäquate Alternative gibt und SC damit quasi ein Monopol inne hat. Zu was sich jedoch Monopole in der Regel entwickeln zeigt die Vergangenheit zweifellos und da macht auch SC keine Ausnahme. In letzter Zeit habe ich immer öfter Kontakt zu Bekannten die über das Verhalten von SC gegenüber den zahlender Kunden nur noch frustriert sind, hier findet förmlich eine Unterjochung statt die jeden unter Generalverdacht stellt, mit gezielter Bekämpfung von Spam, so die offizielle Begründung, hat das jedoch nichts mehr zu tun. Teilweise werden Nutzern diverse Funktionen für Monate gesperrt und mit seltsamen Floskeln abgehandelt, die jeder Grundlage entbehren. "Sie haben in den letzten 24h ihre Sounds in mehr als 75 Gruppen gepostet" ... ja wozu nutze ich Soundcloud denn, doch genau dafür, das verbreiten meiner Sounds! Allein als Webspace zum Uploaden sind mir 500€ im Jahr dann doch etwas zu viel. Man schießt hier definitiv um Lichtjahre über das Ziel hinaus und restriktiert genau die Funktionen, die den Grundstein dafür legen sich bei SC anzumelden und diese Plattform zu nutzen. "Sie folgen zu vielen neuen Accounts in einer zu kurzen Zeit" , ja gut bei der Menge an Musik die mir gefällt bin ich gerne auch Up-to-date was neue Künstler anbelangt, was bitte soll der Scheiss? "Dein Like/Repost-Verhalten kommt uns etwas seltsam vor" , aha wie soll es denn unseltsam aussehen, euer Verhalten kommt mir mehr als nur "etwas" seltsam vor! Die Funktion hätte man sich dann auch sparen können, den genau hier geht auch der Angriff auf die "normalen" reinen Listening-Nutzer los, die quasi nur am hören neuer Sounds interessiert sind und auch zeigen wollen was ihnen gefällt. Was hier abläuft ist reine Schikane und ein ordentlicher Tritt in den Allerwertesten der eigenen zahlenden Basis, was an sich schon dämlich ist, man sollte nie die Hand beißen die einen füttert, denn wo wäre SC jetzt ohne uns? Die Unfähigkeit ordentliche Algorithmen zu entwickeln um Urheberrechtsverletzungen (so werden z.B. neu produzierte Tracks auf Grund von Urheberrechtsverletzungen einfach nicht frei geschaltet, wie auch immer das gehen soll wenn der Track gerade frisch aus CuBase rausgeflutscht ist) oder Spam zu unterbinden mündet in einer pauschalisierten Verurteilung und Blockierung von Allem was nur irgendwie, möglicherweise, eventuell den Anschein hat irgendetwas zu sein ... woher kennen wir das denn? In diesem Sinne, Programmierer und Investoren dieser Welt, es wird Zeit eine Alternative zu schaffen, und Eines verspreche ich, an Zulauf von Nutzern wird es definitiv nicht mangeln !!! Tags: soundcloud, patriot act, nutzer, uploadportal, spam, monopol
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Das Krötengleichniss und die einbeinige Krähe.
Vom Blödsinn des Tuens. Und das Seien der Unnachgiebigkeit.
Hier, im Menschenfreilaufgelände, Kleinstadt. Wo ich nur die Namen der Busfahrer kennenlernte, die mich nicht wegen meiner Schuhe einsteigen lassen wollten. (weswegen auch immer) Plätze aus Beton. Das Marmor der Pfennigfuchser. Wie Poliert und frei von Grün und sonstigen Anzeichen freien Lebens. Was ich hier eigentlich will, weiß ich schon garnicht mehr. Und Wieso die Stadt noch bewohnt ist frag ich mich bereits seit dem Ich aus dem Zug gestiegen bin. Soeben schiebt sich ein Stein vor mich her. Ausgesprochen symmetrisch und dynamisch. Alle Achtung. Es lebt. Mein Kopf rutscht an das Steindouble heran. Atmung. Herzschlag. Warzen. Alles da. Das kartoffelfarbende Ding ist eine Kröte. Natürlich ist sie das. Ohne Müh und viel Ruhe zieht sich die aufgedunnsene Amphibie vorwärts. Unbeirrt und atmend. Meine Anwesenheit tut nichts zur Sache noch hät ich irgendeine Relevanz an ihrem Vorhaben. Selbst nicht als ich es hochheb. Ich betrachte es flüchtig und interessiert. Es gluckst leise und öffnet und schließt die Augen regelmäßig. Noch immer scheine ich ihr egal zu sein, wobei ich doch grade seinen Tagesplan durcheinanderbringe. Eigentlich sollte ich mich schämen. (Das nächste Mal, wenn mich ein Riese hochhebt, werde ich auch diese Geduld gebrauchen.) Dieses bewarzte Wesen ist alles andere als ein Sinnbild der Schönheit der Natur. Eher eines Ihrer Ausrutscher! Doch das Tier wird damit weitermachen. Weiter glucksen. Kriechen. Und Atmen. Sie erinnert mich an eine alte Nachbarin, die täglich Ihre Einkäufe macht und immer wieder meinen Weg kreuzt und dennoch irgendwie garnichts tut. Einfach weitermachen.. Wenn auch irgendwie traurig. Ich entlass die Kröte aus meiner Umlaufbahn. Und wie in einer Wiederholung zerrt sie sich weiterhin vorwärts. Trotz Unsehnlichkeit auf das eigene Seien bestehen. Und leben. Am Bahnhof setze ich mich mit einem überbackenen Käsebrötchen an den Gleisrand. Wartezeiten machens möglich. Gegenüber bewegt sich der Müll umgekehrt aus der Tonne. Ein Gewühle und Geraschel im Innern. Und zeigende Finger und Getuschel aus einer Gruppe Frauen mittleren Alters. Eine Krähe springt heraus an den Rand und durchstöbert das zu Tage geförderte. Vorwiegend Zeitungsseiten, leere Kaffeebecher und Schockoriegelverpackungen. Sie verhaart und senkt den Kopf. Offenbar bestürzt darüber, dass nichts brauchbares zu finden ist. Oder das Müll hier nicht getrennt wird. (!) Entweder hungrig oder engagiert. Zweiteres würde Sie mir sympathisch machen. Auf jeden Fall kommt Sie mit ihren unnatürlichen Zustand, dass sie nur ein Bein hat, bemerkenswert gut klar. Sie hüpft geschickt von Stein zu Stein. Der sperrliche Sonnenschein lässt Sie ungeheuer dunkel und matt erscheinen. Was ihre Anwesenheit für die gackernde Frauengruppe nur noch unappetitlicher macht. Worauf sie ihre Brote auf sie zuwerfen. Begierig nähert sich die Krähe diesen albernen Spielchen. Und scheint eine Freude mit sich zu tragen, darüber, dass sie nun so großzügig bedient wird. Nachteil zu Vorteil. Das Ende einer unsinnigen Geschichte über die einzigen Tiere, die mir in Hamm begegneten.
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Was man in Flensburg tun sollte
Tipps für Hinreisende, Daseiende und Fernwehende
- geh am Hafen spazieren. Du triffst mindestens drei Bekannte (so groß ist die Stadt ja nicht). Im Sommer hängen sowieso viele Leute dort ab. Hüte dich vor dem schlecht gelaunten Wirt des Bellevue. - fahr an den Strand. Ob Solitüde oder Ostseebad: die Strände sind gut mit den Bussen zu erreichen. Ein Besuch lohnt sich bei jedem Wetter. - geh ins Kaffeehaus (siehe andere Tipps). Kaufe einen Kakao mit Sahne. Trink ein Club Mate. Lies die ausliegenden Zeitungen, bis dich jemand zu einem Bier einlädt. Oder lade jemanden ein, der gerade Zeitung liest. - lauf durch die Fußgängerzone. Samstagsmorgens ist ein gratis Dänisch-Anfängerkurs inbegriffen. - iss einen Crepe im Holmhof. Mein Tipp: pikant, mit Kräuterbutter und Röstzwiebeln. - geh in die rote Straße. Bewundere die ausgefeilte Blumenkunst im Hinterhof. Kauf ein paar Blumen, einfach nur so. - gehe in das Gefängnis. Begib dich direkt dorthin. Gehe nicht über Los und ziehe nicht 4000 DM ein. - besichtige den Wasserturm. Wirklich, es lohnt sich! - die beste Beratung für Wandersachen und ähnliches gibt es bei Tum, mittlerweile in der Großen Straße. Vielleicht ist einer der Verkäufer dein Kommilitone und du bekommst Rabatt? - In der Eiszeit solltest du unbedingt Krümelmonster-Eis kaufen. Aber lass mir was übrig! - geh so oft wie irgend möglich ins 51 Stufen Kino. Die überaus meisten Filme sind absolut sehenswert. Und bezahlbar. Nimm das Kinopackage: 2 € für Getränk und Popcorn! - wenn es schon Fastfood sein soll: am Zob gibt es ein Subway. Leute mit mehr Geld gehen ins Viva in der roten Straße. Vorbestellen ist Pflicht. Das Essen ist großartig, das Ambiente auch, die Tische sind aber zu klein und zu eng gestellt. Probier unbedingt mexikanisches Bier. Modelo oder XX. - geh in den Carlislepark vorm Bahnhof und finde heraus, wie die Ulmenskulpturen (was für ein herrliches Wort, ich schreib es gleich noch mal:) Ulmenskulpturen mittlerweile aussehen. - verpass nie einen Tag der offenen Tür in der Holzbildhauerschule. Großartig. - wenn du ganz lieb fragst, darfst du im Waldkindergarten Engelsby bestimmt hospitieren. Faszinierend, denn die Kids sind bei wirklich jedem Wetter im Wald. - Besuch die Stadtbücherei (Angelburger Straße) und die danske Centralbibliotek (Norderstraße). In letzterer gibt es eine große Auswahl an kostenlos ausleihbaren CDs. Auch ohne Dänischkenntnisse wird geholfen, men folk der foretraekker at man snakker dansk. - sortier deine alten Bücher aus und bring sie in den Sozialladen, Neustadt. Und nimm gleich wieder neue Bücher von dort mit. 5 Jahre habe ich in Flensburg gewohnt - und ich vermisse es!
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Welche Stadt passt zu dir?
Für die neue Ausgabe von NEON haben wir 9 Städte getestet, mit Marilyn Manson über Demokratie gesprochen und die ehrlichsten Singles der Welt gefunden
Ist München besser als Berlin? Was ist mit Hamburg? Wo im Osten ist es am aufregendsten? Keine Party, kein Café-Plausch, kein Abendessen ohne die Städtediskussion. Wir haben uns neun deutsche Großstädte genauer angeschaut. Außerdem: Dick und Doof : Wie Michael Moore und George W. Bush gemeinsam unser USA-Bild zerstört haben. Liebst du mich trotzdem? So lernt man, die Macken seines Partners zu mögen. Angst und Hoffnung an den Unis: Was passiert, wenn die Studiengebühren kommen? "Ich neige zum Fremdgehen" Wir präsentieren: die ehrlichsten Kontaktanzeigen der Welt. Noch Mehr
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The same procedure as every morning
Der Kaffee ist heiß
Denke ich und freue mich beinah. Immer noch dieselben Rituale am Morgen. Kaffee, Kippe und das technische Lieblingsdings. Ekelige Angewohnheit, aber ich scheiß drauf. Ich überlege. Das Fangen der Gedanken ist heute müßig. Der Wille irgendwie auch nur noch mittelmäßig. Wenigstens ist die Musik gut. Die Finger ruhen auf der Tastatur und warten auf Eingebung. Nichts. Dann hör ich eben doch zu, was mir ins Ohr gespielt wird. Genau wie damals, schießt es mir durch den Schädel. Ich teste. Bestätigung. Der Kaffee ist nur noch lau. Das schonungsloseste Messgerät für verdachte Zeit. Ich spüle den letzten Schluck runter. Jetzt ist es wieder passiert. Manche Dinge ändern sich wohl nie, stelle ich trotzig fest. Ich grummel kurz und durchbreche das Kontinuum, indem ich mir einfach einen neuen braue. Wenn es so nicht geht, dann geht es eben anders. Der Wasserkocher rauscht. Aufgeregtes Brodeln. Mein Einsatz. Beim Aufgießen denke ich an Einstein. Zeit dient nur zur Orientierung in einem unendlichen Raum. Aber das bringt nun auch nichts. Der Wärmetest bestätigt mir, dass ich noch kein Stück weiter bin in meiner Überlegung. Funkstille in Kopf. Wie ich das hasse. Dann dreh ich mir eben noch eine von der schlechten Angewohnheit. Neuer Rauch – neues Glück. Die Musik ist alle und das Ablenkungsmanöver zur Hälfte weg. Statt zu sinnieren, stagniert es. Wenn ich es nicht besser wüsste, würd mich das jetzt frustrieren. So witzel ich über meine heutige Lektion. Statt Gedanken mach ich mir eben Frühstück. Hilft ja nichts, stur an etwas festzuhalten. Nur die Wut von damals, die ist weg. Und ab morgen bleibt der Kaffee heiß.
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Treacherous
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Merry Christmas, Mr. Mördergrube
Wie erwartet, war die Welt nicht untergegangen, und wir feierten Weihnachten bei meinen Eltern. Mutter servierte Fisch und gab mir einen weisen Rat.
Wie erwartet, war die Welt am 21. Dezember nicht untergegangen. An das Eintreffen der vermeintlichen Prophezeiung des Maya-Kalenders hatte wohl nie jemand wirklich geglaubt, auch wenn die Medien in den letzten Wochen und Tagen voll von Berichten über Menschen waren, die Vorbereitungen für die bevorstehende Katastrophe getroffen hatten. Die Welt war also nicht untergegangen. Immerhin aber hatte es über Nacht nochmal kräftig geschneit. Ich blickte aus dem Dachgeschossfenster an der Hinterseite des Hauses. Eine dicke Schneedecke umhüllte die Welt wie ein Schleier. Soweit das Auge reichte nur noch Weiß, lediglich hier und da unterbrochen durch einige hohe Bäume und ein paar Häuser, deren Fassaden und Dachgiebel undeutlich unter den Schneemassen erkennbar waren. Irgendwo in der Ferne stieg dunkler Rauch auf. Wir waren seit zwei Tagen zu Besuch bei meinen Eltern, um dort die Weihnachtstage zu verbringen. Die Schneewehen hatten bereits auf der Hinfahrt begonnen; nur mit Mühe und einiger Verspätung hatten wir deshalb unser Ziel erreicht. Der Anblick der samtigen Schneedecke und der leichte kühle Zug, den ich durch die Fugen im Fenster an meinen Händen spürte, beruhigten mich. Im Hintergrund spielte der Radiowecker, seitdem wir aufgewacht waren, einen Popklassiker nach dem anderen. Die vorweihnachtliche Dauerberieselung wurde nur durch den Verkehrsfunk immer mal wieder unterbrochen. Mit sonorer Stimme verkündete der Sprecher die jeweils aktuellen Staumeldungen. Nach zwei Tagen mit immer neuem heftigem Schneefall war die Verkehrsinfrastruktur in weiten Teilen des Landes zusammengebrochen. Eine Nachricht ließ mich aufhorchen. Auf der Autobahn 40 war in der Nacht eine vierköpfige Familie mit einem Opel Zafira kurz vor Bochum liegen geblieben und erfroren. Es gab immer Opfer. So war das wohl. „Mach aus deinem Herzen keine Mördergrube, mein Junge.“ Meine Mutter war unbemerkt ins Zimmer gekommen und stand plötzlich neben mir, wie ein Geist. Sie sprach leise und blickte mich eindringlich an. Meine Stirn legte sich in Falten. „Komm gleich runter. Das Frühstück ist fertig.“ Ich sah ihr nachdenklich hinterher, als sie wieder nach unten ging. Nachdem unser traditionelles Weihnachtsessen im vergangenen Jahr erstmals ausgefallen war, hatten wir alle in diesem Jahr beschlossen, dem Fest besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Wir waren müde, erschöpft, und schauten doch nach vorne. Meine Eltern, weil sie langsam merkten, dass ihnen vielleicht nicht mehr viele gemeinsame Jahre blieben, die Kinder, weil sie noch nicht sehr viele gemeinsame Weihnachten erlebt hatten. Und ich, weil ich dazugehören wollte. Wir müssten nur den Weltuntergang vorher überleben, hatte Jessica gewitzelt, weil sie meine Frau war. Was ich lustig fand. Je älter ich wurde, desto mehr schwächte sich mein nahezu zwanghaftes Bedürfnis ab, der erdrückenden Festtagsstimmung auszuweichen, das mich immer dann erfasste, sobald die Menschen in meiner Umgebung spätestens ab Anfang November anfingen, von der nahenden Adventszeit zu reden, sich eifrig um Kalender und Weihnachtsdekoration kümmerten, später dann um Geschenke und Tannenbäume, und schließlich um Fondue und Geflügel. Meine Mutter hatte für diesen Abend ein ambitioniertes Fischmenü angekündigt, mit drei verschiedenen Soßen und fünf verschiedenen Gängen, für das sie gleich nach dem Frühstück mit den Vorbereitungen beginnen wollte. Mal was anderes, hatte sie gesagt. Nicht immer das Gleiche. Ich erinnerte mich an meine Jugend, als wir Weihnachten immer bei den Eltern meines Vaters verbrachten. Als seine Geschwister noch miteinander redeten, und auch die Mutter meiner Mutter an Heiligabend vorbeikam, weil sie praktischerweise in der gleichen Stadt wohnte und unglücklicherweise keine eigene Familie hatte. Sie durfte mitfeiern, sie kam wohl vor allem wegen mir und ihrer Tochter, die für mich nur meine Mutter war und für die anderen ein Schatten. Das war  irgendwie alles selbstverständlich. Aber eigentlich unverständlich, denn ich lernte hier rasch die ganze Palette menschlicher Abgründe kennen. Diktatorische Frauen, die ihre Familien mit subtilen Druckmitteln in Geiselhaft nahmen. Männer, die ihre Frauen hassten, und alle anderen, und die gesamte Menschheit, aber vor allem die Russen, was wohl ein Kriegstrauma war, nur leider kein Traum. Frauen, die hysterisch waren und schrien. Männer, die abgestumpft waren und weghörten. Kinder, die undankbar waren und respektlos ihre Wut am schwächsten Glied der Kette ausließen. Verstehen lässt sich das nicht. Nein, Weihnachten ließ mich kalt. Ich schaute kritisch nach draußen. Die Schneelandschaft wirkte auf einmal nur noch öde und kalt. Mir war kalt. Behandelte ich die anderen deshalb so kalt? Weihnachten war nie mein Ding, und das wollte ich sie spüren lassen. Heuchlerisches Getue, unpassende und unerwünschte Geschenke, dümmliche Lieder, Küsschen links, Küsschen rechts, fettiges Essen, langweilige Gespräche, Menschen, die sich nichts zu sagen hatten, stinkende Scheiße und Wein. Wenigstens Wein. Wein. Und nochmals Wein. Immerhin den konnte ich, sobald ich alt genug war, runterkippen ohne Hemmungen, wenn ich denn überhaupt anwesend war, und nicht geflüchtet, auf eine der immer zahlreicher werdenden Weihnachtspartys. Auf denen nichts heilig war, denn offensichtlich war ich nicht allein mit meiner Festtagsphobie in diesem reichen, armen und kranken Land. Ich räusperte mich. In diesem Jahr wollte ich dem Fest besondere Aufmerksamkeit widmen. Nachdem ich mich komplett angezogen hatte, ging ich hinab in die Küche, wo sich die anderen außer Vater bereits zum Frühstück versammelt hatten. Die Kinder zankten sich auf dem Boden um irgendein Spielzeug, das der Adventskalender hinter dem letzten Türchen freigeben hatte. Meine Mutter stand mit Jessica vor der Anrichte und schüttete den Kaffee auf. Die beiden flüsterten miteinander. Als sie mich bemerkten, drehten sich zu mir und verstummten. Meine Frau lächelte mich sanft an. Der Lärm war verstummt, die Kinder hatten sich beruhigt und auf ihre Plätze gesetzt. Voller Stolz hielt der Jüngere, der offensichtlich den Sieg errungen hatte, seine Trophäe in die Höhe, und zeigte sie meinem Vater, der inzwischen ebenfalls in die Küche hereingekommen war. Er wirkte apathisch, wie immer, und lächelte nur kurz. Mutter deckte weiter den Tisch und stellte einen mit Brötchen und Brotscheiben reich bestückten Korb auf den Frühstückstisch. Dabei war ihr Gesichtsausdruck sehr konzentriert und irgendwie leise. Wie Schnee. Und in diesem Moment konnte ich in ihr Herz sehen, und die vielen Flagellanten, Lügner und Diebe erkennen, die sich dort eingenistet hatten. " Merry Christmas, Mrs. Mördergrube ". Tags: Furyo, David Bowie, Lachsforelle, Winterschläfer
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Die Gedanken sind frei...
...wer kann sie erraten?
Ich mach mir so meine Gedanken. Über die Menschen, die der Meinung sind, man würde sie bevormunden und ihrer vermeintlichen Freiheit berauben, wenn man einen Veggie-Day , Tempo 120 auf deutschen Autobahnen oder hier und dort Rauchverbot einführt. Diese Personen sagen dazu folgendes: David Hasselhoff Westerhagen DJ Bobo "Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will." (Jean-Jacques Rousseau) "Alle Freiheitsapostel, sie waren mir immer zuwider. Willkür suchte doch nur jeder am Ende für sich. Willst du viele befrein, so wag es, vielen zu dienen!" (Johann Wolfgang von Goethe) "Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo die Freiheit des Anderen beginnt" (Kant) Wikipedia: Freiheit (lateinisch libertas ) wird in der Regel verstanden als die Möglichkeit, ohne Zwang zwischen allen Möglichkeiten auswählen und entscheiden zu können. Der Begriff benennt in Philosophie und Recht der Moderne allgemein einen Zustand der Autonomie eines Subjekts. Hierbei hab ich mich gefragt, wie sich das Wort Zwang definiert und dazu sagt Google:" ein durch Gewalt erzeugter Druck auf jmdn., der diesen dazu bewegt, etwas gegen seinen Willen zu tun." Vor einigen Jahren hat mir mal auf Lokalisten jemand geschrieben "Man habe immer die Wahl." Diese Aussage hat mich zu diesem Zeitpunkt ziemlich wütend gemacht. Ich fand sie derart überheblich. Ich hab ihn gefragt, ob er wirklich denkt, dass ein Kind, das einem Sexualstraftäter ausgesetzt ist, die Wahl habe. Ich denke, er hat gemerkt, dass diese Unterhaltung zu nichts führt, weil ich dazu noch nicht bereit war und hat sie abgebrochen. Mich hat das, was er behauptet hat, lange beschäftigt. Bis heute. Und bis heute feile ich an meiner eigenen Definition der Freiheit. Ich persönlich denke mittlerweile, wer sich durch gesellschaftliche Regeln in seiner Freiheit eingeschränkt fühlt, hat den Sinn der Freiheit nicht verstanden. Ich denke heute auch, man hat immer die Wahl. Es steht doch jedem frei, sich Gesetzen zu widersetzen. Natürlich muss er hierfür Konsequenzen in Kauf nehmen, aber auch hier hat man die Wahl, ob man bereit ist, dieses Risiko einzugehen. Ich denke, Freiheit beginnt im Kopf und gerade die Menschen, die lautstark nach Freiheit brüllen, beschneiden sich dieser selbst. Sie knüpfen ihre eigene Freiheit an ihre eigenen Regularien. Freiheit bedeutet für mich nicht, zu tun, was auch immer ich will, sondern mir bewusst zu sein, dass ich allein in der Hand habe, wie mein Leben verläuft. Natürlich habe ich kaum bis keinen Einfluss auf äußere Einflüsse, aber ich habe es in der Hand, mit diesen Einflüssen umzugehen. Freiheit bedeutet für mich auch, sich aus einer Opferhaltung zu befreien. Darüber hinaus, mich nur geringfügig von Angst steuern zu lassen. Ich bin nicht unbedingt für Tempo 120 auf Autobahnen, einfach, weil ich gerne schnell fahre. Aber wenn es so kommt (und überwiegend besteht dieses Tempolimit ja bereits), habe ich nicht [mehr] das Gefühl, ich bin meiner Freiheit beraubt worden, wenn ich mich daran halte (und ich halte mich daran). Ich bin davon überzeugt, es ist meine Entscheidung, mich daran zu halten. Nun kommt mir sicher jemand damit, dass ich vielleicht von klein auf darauf geprägt wurde, mich an Regeln zu halten. Dem kann ich nur widersprechen. Ich hatte keine Erziehung und war lange Jahre eine Rebellin und habe mich jeder gesellschaftlichen Konvention widersetzt. Genau aus dem Grund, weil ich der Meinung war, nur so bin ich frei. Bis ich irgendwann anfing, darüber nachzudenken, für wie fair ich es halte, meine vermeintliche Freiheit auf Kosten der Freiheit der Anderen auszuleben. Natürlich denke ich nicht, dass es hier nur eine einzige Wahrheit gibt. Definitionen gibt es hier sicher reichlich. Allerdings denke ich, man sollte sich über die Begrifflichkeit, was genau Freiheit für den Einzelnen bedeutet und wie es in das Bild einer funktionierenden Gesellschaft passt erstmal Gedanken machen, bevor man sie einfordert. Nun meine Fragen an Euch: Was bedeutet Euch die Freiheit? Wie definiert Ihr sie? Worin seht Ihr Euch Eurer Freiheit beraubt? Tags: NUT, freiheit
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Brüssel.
Montag. 6:00Uhr.
Der Wecker klingelt. Reißt ihn aus seinen friedlichen Träumen. Zum Dank dafür schlägt er den Alarm aus. Der Wecker geht kaputt. Unter der Decke ist es so schön warm und er kuschelt sich an seine Frau. Seit 4 Jahren sind sie jetzt schon verheiratet. Wenn er danach gefragt wird, sagt er, dass er keine Minute davon bereut und meint es dann auch so. Seine Gedanken führen ihn dann meistens an das Krankenbett, in dem seine Frau vor zwei Jahren lag und ihr gemeinsames Kind gebar. Früher hatte er sich nie vorstellen können, in diesem Moment an diesem Bett zu stehen und dabei zuzugucken, wie sein Kind aus einer Vagina gepresst wird, die er nur als seine Lustgrotte kannte. Aber er stand da. Hielt ihre Hand. Streichelte ihren Kopf. Und als alles vorbei war und die Kleine in seinen Händen lag, war er der glücklichste Mensch der Welt. Manchmal saß er aber auch mit ein paar Arbeitskollegen in einer Bar. Schlürfte sein Getränk und dachte nach. Dann kamen ihm die Gedanken an die hässlichen Zeiten. Die Zeiten, die man verdrängen und vergessen will. In denen sie sich stritten, sich beleidigten. Sie wollte nie nach Brüssel. Ob sie sich mittlerweile damit arrangiert hatte? Seine Frau drehte sich unter der Decke zu ihm um. Nahm ihn in den Arm, schmiegte sich an seine Brust und begann, seinen Schwanz zu streicheln. Nach einer viertel Stunde war er sich sicher, sie hatte sich arrangiert. Während sie in Bad ging, um zu Duschen, bereitete er das Frühstück zu. Eier, Bacon, Frenchtoast. Weil der Montag morgen scheiße ist, hatten sie sich angewöhnt, ihr Sonntagsfrühstück auf Montag zu verlegen. So hatte man zumindest einen guten Start in die Arbeitswoche. Nachdem auch er aus dem Bad kam, weckten sie gemeinsam ihre Tochter. Er war glücklich mit der Situation. Ein liebender Vater, zufrieden mit seiner Beziehung. Der letzte Schluck des Grünen Tee, den er Morgens immer trank, schmeckte Montags immer besonders bitter. Nach Abschied. Abschied von den zweieinhalb arbeitsfreien Tagen, nach Abschied von dem, was ihm lieb war. Jedes Mal, wenn er, diesen Geschmack im Mund, nach seiner Aktentasche griff, verfluchte er selbige. Dann ging er aus dem Haus und fuhr zur Arbeit. Dort angekommen, wartete bereits ein Berg Akten auf ihn. Probleme irgendwelcher Menschen, mit denen er nichts zu tun hatte und auch nichts zu tun haben wollte, die aber trotzdem irgendwie nach einer Lösung verlangten. Also begann er mit der Durchsicht, schrieb seinen Bericht und schickte ihn weiter. So ging das jeden Tag. Aber die Bezahlung war super. Die Mittagspause verbrachte er mit einem Kollegen in einem kleinen Restaurant. Der Fernseher in der Ecke zeigte einen Bericht, in dem die stummgeschaltete Moderatorin offenbar über den Krieg zwischen Israel und den Palästinensern berichtete. Er aß weiter. Der nächste Bericht setzte sich mit der ISIS auseinander. Es wurden Bomber gezeigt, die ihre Waffen auf ein Camp abwarfen. Danach ein Politiker, der sehr erleichtert wirkte. Sein Kollege, der den Bericht auch gesehen hatte, klopfte ihm auf die Schulter. "Gut gemacht. Das wars für die." "Wenn ich was mach, mach ichs auch richtig." erwiderte er, mit einem Grinsen im Gesicht. Das roch nach Bonuszahlung. Die weinenden Kinder und Frauen, die auf dem Bildschirm gezeigt wurden, ignorierten beide. Nach der Mittagspause wurde er in das Büro seines Vorgesetzten gerufen. Ihm wurde, ob des erfolgreichen Bombardements, gratuliert und es folgte ein wenig Smalltalk, bevor die Frage nach seinen Beweggründen für diese Arbeit gestellt wurde. "Ich will, das meine Tochter, meine Frau und all unsere Mitmenschen in Sicherheit glücklich aufwachsen können und versuche mein Möglichstes, um dies zu realisieren." Eine Standartantwort. Aber er glaubte tatsächlich daran. Nach der Arbeit, ging er, den Scheck in der Tasche, zurück zum Auto. Glücklich pfiff er zu dem Song im Radio und freute sich auf zu Hause. Dort angekommen, schmiss er, wie immer, wenn er einen Bonus erhalten hatte, seine Tasche in die Ecke und rief: "Rate mal wer wieder da ist!" Kein Antwort. "Schatz?" Keine Antwort. Im Wohnzimmer spielte leise Beethovens neunte Symphonie . Vielleicht war sie eingeschlafen. Er ging ins Wohnzimmer und sah seine Frau und seine Tochter auf der Couch liegen. Blutüberströmt. Über der Couch, das Zeichen der ISIS-Kämpfer. Wie ein Stein blieb er stehen. Den Mund vor Fassungslosigkeit leicht geöffnet. Tränen schossen in seine Augen und rannen ihm über sein Gesicht. Er stieß einen stillen Schrei aus, sein Hals war blockiert. Hinter ihm, aus der Ecke, kam ein stumpfes Geräusch. Die Waffe mit dem Schalldämpfer hatte geschossen. Er fiel zu Boden, neben ihm lag der Scheck, der von seinem eigenen Blut rot gefärbt wurde.
http://www.neon.de/artikel/sehen/politik/bruessel/1461153
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PONY.
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Will nur sein
Bin zerrissen und schlecht im puzzeln. Setze alles falsch zusammen und wundere mich über meine Absonderlichkeit.
Stille im Herzen und lautes Rauschen im Kopf. Ich schwebe und berühre den Boden mit den Fußspitzen. In meinen Körper wirbelt ein Hurrikan und außen herrscht Stillstand. Nicht einmal ein Windhauch nur drückende Hitze. Bin ganz leise und höre irgendwo Schreie. Habe schwere Füße und wilde Gedanken. Mein Mund ist ein Strich, mit Bleistift gezeichnet. Und ich will vieles sagen aber kann schlecht malen. Bin schwach und mein Gesicht ist hart wie Stein. Ohne Ausdruck, keine Gefühle, eine Maske, die auf der Haut brennt. Zu heiß, um sie wegzureißen. Ein Griff auf die Herdplatte, ein Scheißdreck dagegen. Manche nennen es Arroganz. Und sie alle kennen mich nicht, weil ich das so will. Bin innerlich leer und will auch nichts geben weil ich zu jung bin, um alles zu verlieren. Ich will scheinen und leben und verblasse vor aller Augen. Im Spiegel kaum noch zu sehen. Nur verschwommene Schemen. Bin grau, ein flüchtiger Schatten, eine Fata Morgana, ein Sack Reis in China, der nicht umfallen will. Nennt mich wie ihr wollt, gebt mir alle Namen, weil ich keinen habe. Ich bin alles nur nicht hier. Ich falle und komme nicht an, weil ich den Aufprall nicht einmal spüre. Bin träge und alleine unter Menschen. Meine Gedanken laufen im Zickzack wollen nicht gefangen und verstanden werden. Ich will sie jagen und schieße mir dabei ins eigene Bein. Tristesse noir in allen Farben. Und ich weine und ich lache. Ich vergesse und sehe alles Vergangene. Ich will gesehen werden, aber nur wenn niemand da ist. Will lieben ohne Herz, ohne zu geben, nur nehmen. Will besitzen und gleichzeitig alles loslassen. Ich arbeite und denke an das Meer. Fahre mit dem Auto und strecke die Hände in die Luft. Ich laufe auf einem schmalen Grat und halte die Augen geschlossen. Will nicht fallen und fühle die Notwendigkeit dazu. Um anzukommen irgendwo, bei mir. Will was erleben und starte gar nichts. Habe den Schuss nicht gehört und bin die beste Läuferin. Würde gerne alles von mir zeigen und drehe mich um. Im Winter will ich Sommer und im Sommer Winter. Will bergsteigen und im Gras liegen und Snowboarden und das alles an einem Tag. Nein gleichzeitig. Ich will Geld und Freiheit. Und leben, irgendwie, und still liegen, nur atmen, sonst nichts. Atmen und die Luft anhalten. Bin zerrissen und schlecht im puzzeln. Setze alles falsch zusammen und wundere mich über meine Absonderlichkeit. Ich könnte gut werden und weiß nicht wie. So viele Möglichkeiten und nicht einmal im Ansatz entscheidungsfähig. Bräuchte Hilfe und weiß immer alles besser. Kenne mich so gut wie meine eigene Westentasche und mache den Schrank auf und merke, dass ich gar keine Weste habe. Kann schön schreiben aber reden kann ich nicht. Nur leise, damit mich keiner hört. Ich bin hoffnungslos. Ein Fall für niemanden. Obwohl ich am schönsten falle. Ihr könnt mir dabei zusehen. Ich falle ganz langsam, in Zeitlupe. Drehe und überschlage mich dabei, vielleicht schreie ich auch. Die Kids haben noch Zeit die Handys in die Luft zu halten und zu filmen, zu fotografieren um dann zu twittern und zu facebooken und zu instagramen. Und dabei werden sie vergessen, dass man Menschen auch berühren kann. Und ich will gar nicht gefangen und berührt werden. Das wird sie verletzen obwohl ich ganz leicht bin. Eine Feder und ich hoffe auf starken Wind, damit ich nicht dort lande, wo sie vermuten. Ich bin unberechenbar und unerreichbar. Gefangen im Moment. Muss erst irgendwo ankommen und mich selbst finden. Will nur sein und weiß nicht wie und wo.
http://www.neon.de:80/artikel/fuehlen/erwachsen-werden/will-nur-sein/1142532
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Die Singles der Ausgabe 4/2011
Diesmal mit: Sinika, fraumaier, samfox, stev, frausun
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nyx_nyx
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Hinter-Listen
„Obstsalat ruft an“ steht auf dem Display und ich ertappe mich dabei, die Augen zu verdrehen.
Das ist eigentlich nicht meine Art, da ich ihn schon immer sehr mochte. Obstsalat - so nenne ich meinen Opa, der gar nicht mein richtiger Opa ist. Zumindest nicht biologisch betrachtet. Wir haben ihn sozusagen in die Familie adoptiert, als ich klein war. Seit ich mich erinnern kann, wohnt er schon neben meinem Elternhaus. Er war immer da und seine Tür stand für mich immer offen. Er brachte mir Dinge bei, die meine Eltern nicht konnten. Er half mir bei meinen Hausaufgaben, dafür versorgte ich seine Schildkröten. Er tat so, als würde ich ihm damit einen riesigen Gefallen tun, wusste aber, dass es mir einen Heidenspaß bereitete. Obstsalat wurde auch gerne von meinen Eltern als Babysitter beansprucht, da jeder wusste, dass es wohl niemanden auf der Welt geben kann, auf den mehr Verlass war. Warum? Er hatte einen Tick, für alles eine Liste zu verfassen. Akribisch erarbeitete er Notfallpläne, falls ein solcher eintreten würde. Er beschrieb jeden einzelnen Schritt, was bei einer Lebensmittelvergiftung, einer Schnittwunde, einem Kreislaufkollaps, Hausbrand oder Wasserschaden zu tun wäre. Darunter standen Adressen und Telefonnummern von Krankenhäusern in der Umgebung, Notärzten, seinem und meinem Hausarzt und Personen, die bei Unfall oder Todesfall kontaktiert werden sollen. Er fasste zusammen, wie viele Beatmungen bei wie vielen Herzmassagen nötig seien, welche Medikamente sich im Haus befinden und wofür sie sind. Darunter standen seine aktuellen Impfungen und die Termine der nächsten Vorsorgetermine. Eine solche Auflistung wirkt natürlich entsprechend beruhigend auf die Eltern. Und ich hatte viel Spaß mit ihm, konnte seine alphabetisch geordneten Bücher lesen und mir jederzeit etwas aus seiner ausführlichen Musik- und Filmliste ausleihen, was natürlich auf der Verleihliste vermerkt wurde. Er brachte mir das Tanzen bei. Wir unternahmen viel, und er ergänzte regelmäßig eine Liste der möglichen Freizeitaktivitäten der nächsten Wochen mit meinen Ideen und Wünschen. Beim Stadt, Land, Fluss spielen schummelte er, indem er sich schon vorher mögliche Antworten zu jedem Buchstaben überlegte, aufschrieb und auswendig lernte. Bei Scrabble hatte er jedoch keine Chance gegen mich. Während dem gemeinsamen Kochen lag neben dem Rezept stets eine Liste der Lebensmittel, die als krebserregend eingestuft wurden. Wenn er andere zum Essen einlud, führte er eine Gästeliste und stellte Namenskärtchen auf den Tisch. Er war ein sehr guter Gastgeber, erheiterte immer wieder mit Witzen und Sinnsprüchen, die er sich aufschrieb, um sie im passenden Moment spontan abrufen zu können. Andere belächelten diese Eigenheiten häufig, ich fand sie sympathisch. Geburtstage vergaß er nie, da er sie in seinem Adressbuch und im Kalender notiert hatte. Auch die Geschenke, die er von anderen bekam, listete er feinsäuberlich auf, damit ihm kein Missgeschick beim Weiterverschenken unliebsamer Dinge passieren konnte. Dafür schrieb er während dem Jahr mit, wenn ihm etwas einfiel, was jemandem als Geschenk gefallen könnte und ersparte sich somit zum Beispiel den stressigen Weihnachtseinkauf. Einkäufe wurden prinzipiell in einem Haushaltsbuch aufgeführt, wodurch er mir auch immer wieder wehmütig präsentieren konnte, wie teuer das Leben im Laufe der Zeit doch wurde. Er führte eine Statistik über die Häufigkeit und Seltenheit der gezogenen Lottozahlen. Dadurch bekam er das Gefühl, irgendwann wahrscheinlicher einer der Millionenglückspilze zu werden. Als ich ihn vor langer Zeit einmal fragte, was er an sich oder seinem Leben ändern würde, wenn er es nochmals leben könnte, begann er eine Liste darüber zu führen. Fremdsprachen wollte er lernen und schrieb ab diesem Zeitpunkt immer wieder Sätze ab, die er nicht aussprechen konnte. Auch Fremdwörter, die er nicht kannte, strich er in Büchern mit einem Textmarker an und schrieb aus dem Wörterbuch die Übersetzung daneben. Für meine ersten Bewerbungen schrieb er mir eine Liste der Berufe, die seiner Meinung nach zu mir passen könnten. Hinter jedem Beruf waren Universitäten, die in Frage kämen oder Firmen, bei denen ich mich bewerben könnte aufgeführt. Er gab sich unheimlich viel Mühe und wollte unbedingt, dass ich glücklich bin. Er gab mir einen Schlüssel für sein Haus und erklärte mir die Checkliste, die abgearbeitet werden muss, bevor das Haus verlassen wird. Damit konnte er beruhigt sein, dass z.B. die Kaffeemaschine aus ist. Er sammelte Fotos. Jedes Jahr machte er eines von mir und klebte es in ein Album. Ich war seine Familie. Was sehr traurig ist, denn er hatte sich immer eine eigene Familie gewünscht. Er sprach zwar nie darüber, aber ich entdeckte einst unter seinen vielen Listen eine, bei der er mögliche Vornamen für seine Nachkommen aufgeführt hatte. Darunter stand, was er in seinem Leben noch alles erleben und erreichen wollte. Kaum etwas davon hatte er je durchstreichen können. Bei den angegebenen Urlaubszielen setzte er einen Haken hinter Österreich und Tschechien. Und nun ruft er mich an, nachdem ich mich erst vor zwanzig Minuten von ihm verabschiedet hatte. "Ja?" "Hallo Liebes! Bist du noch in der Nähe?" Er klang hilflos und flehend. "Ich bin bei meinen Eltern. Brauchst du etwas?" "Ja, ich stehe hier im Laden um die Ecke. Kannst du mir bitte meine Einkaufsliste vorbeibringen?"
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wissen
alltag
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unbekannt_
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Ich bin keine Hure
Ich habe schon längst verdrängt was ich will, denn das zählt schon lange nicht mehr.
Du siehst mir in die Augen, aber siehst mich nicht. Ich seh dir in die Augen und verliere mich darin. Du rufst mich, du lockst mich, sprichst mir zu: komm ich tu' dir doch nichts. Ich weiß es ist nicht richtig, ich sollte fern bleiben, aber ich kann nicht. Wenn ich in deinen Armen liege, dann bist du mir so nah, gibt’s mir das Gefühl du bräuchtest meine Nähe. Du willst meine Nähe. Dabei will ich nur, dass du sie willst, also willst du sie.Eigentlich bist du mir nicht nah, du weißt gar nichts. Du siehst mich nicht. Du verstehst gar nicht wer ich bin, du kannst auch gar nicht verstehen wie ich bin. Du willst es gar nicht. Wenn ich in deinen Armen liege und mir einbilde, dass du mich brauchst, weiß ich, dass du mich nicht brauchst. Aber ich will, dass du mich brauchst, also brauchst du mich. Und wenn ich neben dir liege und deinen Körper an meinem spüre, versuche das Leben zu spüren, dich zu fühlen, dann  weiß ich, ich kann dich nicht fühlen. Du benutzt mich, wenn du das Bedürfnis danach hast, nur wenn du es willst. Hier geht es gar nicht darum was ich will. Du nimmst mich, wenn du es willst. Ich bilde mir ein du brauchst mich, denn du kommst ja immer wieder. Du könntest ja auch gehen und jede andere Person nehmen, aber du nimmst mich. Wieso nimmst du mich? Es ist ja auch einfach, wenn ich immer dann komme, wenn du rufst, also warum jemanden anderen rufen? Du benutzt mich, saugst mich aus bis auf den lezten Tropfen, nimmst mich und wirft mich weg. Eiskalt. Die bist unnahbar, ich komm nicht an dich ran, du bist so distanziert, Das schmerzt, du stichst in mich ein und lässt mich bluten. Du lässt mich fallen und versinken in dir und kurz bevor ich zerschmetter fängst du mich wieder und rufst: ich tu dir doch nichts. Wenn ich in den Spiegel schaue und mich selbst nicht wieder erkenne, dann ruftst du mich, dann lockst du mich. Und dann rede ich mir wieder ein, dass du mich doch brauchst, dass du mir doch nah sein willst, denn warum rufst du mich dann? Während du mich benutzt, denke ich: Ich bin keine Hure. Ich schlafe zwar mit dir und du benutzt mich, aber du siehst mich nicht, denn ich bin nicht deine Hure, du kannst nicht mit mir machen was du willst, du kennst mich gar nicht. Nur so kann ich dir nah sein, dich versuchen zu fühlen, endlich wieder etwas fühlen. Ob ich dich brauche? Ich wollte doch nur endlich etwas fühlen. Ich kann nicht anderes, als mich in dir verlieren. Ich hab doch schon verloren. Dabei weiß ich doch, dass du mich nicht brauchst, ich weiß, dass ich dir nichts bedeute, ich weiß doch, dass das nichts bedeutet, Schließlich nimmt nichts ein gutes Ende, aber ich kann ja wenigstens so tun. Wenn ich in deinen Armen liege, dann kann ich wenigstens für einen Moment so tun, als ob alles perfekt wäre, denn im Nächsten wird mir schmerzlich bewusst, dass es nicht so ist, und dann stoße ich den Gedanken von mir, während ich dir in die Augen schaue und lächel. Denn was ich will spielt keine Rolle, das hab ich schon längst verdrängt. Ich will nur, dass du mich willst, das wäre mir schon genug. Mit dieser Erfüllung bräuchte ich dich nicht mehr. Die Frage ist doch was wollen wir denn eigentlich? Während ich in deinem Arm liege und mein Herz blutet, schmiegst du dich sanft an mich. Ich bin keine Hure.
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Spendierhosen
Habt ihr schon mal gespendet?
Manchmal, wenn ich abends bei einem Glas Rotwein (oder einer Dose Bier) vor einem herrlich prasselnden Kaminfeuer sitze (oder vor der Glotze), werde ich ganz besinnlich. Dann schließe ich die Augen und grüble über den Sinn des Lebens: Erster Weltkrieg, Zweiter Weltkrieg, Genozid, Gestapo, Tschernobyl, Tsunami, Erdbeben, 9/11, al-Qaida, Guantanamo, Gaddafi, Hitler, Saddam, bin Laden - und alle schreien "Sodom und Gomorra!" Dann öffne ich die Augen, schüttle mich kurz und schalte rüber zu den Sexy Sport Clips. Am nächsten Tag plagt mich mein Gewissen und ich denke an all das Leid und die Armut auf der Welt. Ich denke daran, wie gut es mir mit meinen lächerlichen „First World Problems“ geht, als ich ein Plakat an der Bushaltestelle sehe: Afrikanische Kinder mit großen Augen und dicken Bäuchen starren mir vorwurfsvoll in die Seele: Hunger! Nun erstickt mich mein Gewissen geradezu. „Beim nächsten Mal werde ich dem Obdachlosen eine Zeitung abkaufen“ , denke ich. Ganz bestimmt. Ich glaube nicht an den Altruismus. Zumindest nicht, wenn es um die Gelder der westlichen Welt geht. Ich glaube, dass viele Menschen aus wohlhabenden Ländern nur deshalb so viel spenden – die Deutschen etwa drei bis fünf Millarden Euro jährlich – , um ihr Gewissen zu erleichtern und sich dem sozialen Druck zu beugen ( Forscher sehen das ähnlich ). Ja, es stimmt: Spenden macht glücklich. Die „Charities Aid Foundation“ hat einen Wert ermittelt, an dem sich das durchschnittliche Wohlbefinden der jeweiligen Nationen messen lässt. Der Wohlfühl-Index der Spender in Deutschland beispielsweise liegt bei knapp 7 von 10 Geldscheinen. Dabei steht die 0 für „Ich bin ein Star, holt mich hier raus!“ und die 10 für „Ist das Leben nicht schön?“ Angeblich steigt auch das persönliche Glücksgefühl mit der Höhe der Summe – beim nächsten Spendenmarathon also besser zweimal zum Hörer greifen. Was glaubt ihr? Macht spenden wirklich glücklich? Oder spendet man, weil man glücklich ist? Aus welchen Gründen habt ihr (oder habt ihr nicht) schon mal Geld verschenkt?
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metropolenherz
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Zwei Nächte und ein Abschied.
Wir beide hatten zwei perfekte Nächte miteinander. Zwei Nächte und einen Abschied.
Wir haben uns kennengelernt und wir haben nicht miteinander geflirtet. Wir haben keine zweideutigen Andeutungen gemacht und wir haben auch nicht darüber geredet, wie wir gemeinsam etwas unternehmen könnten. Wir haben über dein Politikstudium geredet und darüber, wo wir am liebsten essen in unserem Kiez, das zufällig dasselbe ist. Das war zumindest das erste geschriebene Gespräch. Das Zweite war anders. Es war charmanter und lauter, obwohl es eigentlich stumm war. Und irgendwie war es von da an ein anderes Gefühl. Es war sommerlich, es hat im Bauch gekitzelt und es hat mich nicht richtig schlafen lassen. Bis zu dem ersten Gespräch, das erste richtige Gespräch. Ich habe dir erzählt, wie ich ihm auf der Arbeit immer vorlese, wie das so seine kleine Einschlafroutine ist. Seine kleine Verabschiedung vom Tag und die Begrüßung in die Nacht, vor der er immer Angst hatte. Wie schön das sein muss, wie gern du auch von mir vorgelesen bekämst. Wir verhandelten die Regeln. Du darfst nicht reden, ich rief an, las dir vor. Dein Schweigen hielt nicht lang, viel zu groß war die Spannung und die Vorfreude wirklich miteinander zu sprechen, so richtig, mit Tönen und Pausen und einem Lächeln, das man hören konnte. Unsere erste Nacht. Die zweite Nacht begann ähnlich. Begann in zwei Betten, Luftlinie vielleicht 500 Meter voneinander entfernt. Die Stimme mittlerweile so vertraut, doch keine Vorstellung, wie der Andere aussehen könnte. Fast 1,90 Meter, braune gelockte Haare, eine Brille, aber mein Kopf war nicht fähig, daraus ein Bild zu basteln. Du fragtest nach meinen Gedanken und es fiel mir so schwer, sie dir zu schenken. Pausen. „Ich würde mich gern zu dir legen. Dich einfach nur umarmen. Einfach im selben Raum, im selben Bett liegen.“ Spannung. Auch diese Nacht blieb nicht frei von unseren kleinen Spielregeln. Die vordere Haustür bekam ich problemlos auf. An die zweite Tür hattest du einen Stein gelegt, sodass sie nicht richtig schloss. Das Licht im Treppenhaus blieb aus, ich lief im Dunkeln in den zweiten Stock, klopfte an deine Tür. Das Herz raste, die Hände zitterten. Nur Umrisse, Silhouetten. Die erste Umarmung. Du führtest mich durch deine Wohnung. Ich tastete alles mit den Fingerspitzen vorsichtig ab, die Sinne geschärft. Wir lagen in deinem Bett und vielleicht sind das diese Momente, die dich dein Leben lang begleiten werden. Die Momente, in denen du deinen Kopf vor der Tür gelassen hast, um nur noch auf dein Herz und seinen Herzschlag zu hören, nahezu unvorstellbar schön. Zwei perfekte Momente, die man vielleicht so hätte stehen lassen sollen. Schwer zu übertreffen, voll von Erwartungen. Zum Scheitern verurteilt.
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leiser regen...
...hör genau zu
ein tropfen frischer süsse, fängt sich an meiner seele, ich trinke ihn schnell und draussen kommt das glück...mit leisem regen er erbarmt sich tropfen für tropfen auf meiner haut...die sinnlichkeit, die lokale explosion des empfindens, offenbart mir nähe...nähe zur natur, zu einem körper, zu meiner selbst... unbehagen und freude mischen sich in magen und kopf...ein reizfeuerwerk...das bewusstsein des lebens scheint in mir, durchdringt mich mit starker kraft... ich will lachen..ich will weinen.. ich will keine zukunft, keine vergangenheit.. ich will jetzt, jetzt leben.
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Rebecca_Sandbichler
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Meine Stadt: Innsbruck
Die Stadt hat sich gemacht - zur modernen MINIMETROPOLE. Nicht nur für reiche Russinnen und Snowboarder ein gutes Wochenendziel.
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alleshieristlaut
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spuren(suche)
da wohnt etwas in mir, was hin und wieder nach schmerzhaften situationen sucht, die an meiner verkümmerten seele zerren, mich strapazieren.
da wohnt etwas in mir, was hin und wieder nach schmerzhaften situationen sucht, die an meiner verkümmerten seele zerren, mich strapazieren. alte wunden werden unbewusst wohl aber bei vollem bewusstsein aufgerissen, sodass dieser längst verborgen geglaubte und zurückgehaltene schmerz erneut ans tageslicht gerät. nicht, dass ich vollkommen absichtlich solche momente vor meinem geistigen auge herbeiführe, aber ich bemühe mich nicht, sie zu umgehen. dabei handelt es sich bei jeglicher form des ausdrucks des inneren schmerzes um die eigentliche suche nach einer berechtigung dafür, dass man, ungeachtet dessen, dass nicht einmal etwas schreckliches geschehen sein muss, einen tiefen schmerz in sich trägt. es besteht keine andere möglichkeit, das leid zuzulassen, da es so tief begraben und darüber hinaus so gigantisch, noch undefiniert und was erheblich schlimmer ist, ohne erkennbare ursache und somit vorerst ohne ersichtliche lösung vor einem steht und einen in beschmutzter unschuld anlächelt. darum benötigen einige menschen konkrete situationen, in welchen sie ein ventil für ihre qualen ausfindig machen. ob es sich diesbezüglich um den eigenen kopf vs. wand, eine zwischenmenschliche Krise oder sonst irgendetwas handelt, ist dabei vollkommen irrelevant. was meine wenigkeit betrifft, jedes mal, wenn ich mich am rande des wahnsinns aufhalte und zu allem überfluss vielleicht sogar die eine oder andere träne vergieße, spüre ich im nachhinein auf eine seltsame art und weise eine emotionale befreiung. ob diese sehnsucht sinn ergibt, ist fragwürdig. eventuell ist sie durchaus in der lage, in gesunden maßen seelische heilung zu vollbringen, weist sie einem doch alte wunden auf und lässt einen diese erkennen, fühlen und schlussendlich vielleicht sogar verarbeiten. anderenfalls ist sie nicht mehr, als ein entartetes vermächtnis, zusammengesetzt aus unzähligen traumatischen erfahrungen, in keinster weise heilbar, sondern für jede faser des ichs eine bedrohung in form von destruktivität. angesichts der tatsache, dass ich auf meine unbewussten sehnsüchte kaum einen einfluss habe, mich höchstens mit ihnen befassen und sie so ansatzweise verstehen kann, ist ungewiss, ob die antworten auf all die unausgesprochenen fragen überhaupt von belangen sind. Tags: alleshieristlaut, leben lernen
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See_Emm_Why_Kay
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Wieviel ist gute Beratung wert?
Viele Kunden holen sich beim Einzelhändler Beratung, kaufen dann aber doch im Internet.
In der WDR Lokalzeit sah ich neulich einen Bericht über ein Geschäft in Bochum, das sich eine Stunde Beratung jetzt mit 10 Euro bezahlen lässt. Diese Beratungsgebühr wird beim Kauf angerechnet. Generell versuche ich es immer zu vermeiden im Internet zu bestellen um den Einzelhandel zu unterstützen. Denn der Wegfall des Einzelhandels in den Wohngebieten fällt ja früher oder später auch wieder auf die Konsumenten zurück. Und sei es auch nur durch geringere Gewerbesteuereinnahmen durch die Kommune. Von daher denke ich, dass die Beratungsgebühr Sinn macht. Damit erhält man sich in seinem Stadtteil Kompetenz. Bei gezielten Produktinformationen kommt man bei einem direkten Gespräch im Laden immer schneller weiter als bei Informationen bei der Internetrecherche oder einem ungeschulten Callcenter-Mitarbeiter, deren Wahrheitsgehalt meist nicht geprüft werden können. Was denkt Ihr über diese Beratungsgebühr? Wäre es euch das Geld wert? Und habt ihr euch schon oft im Laden beraten lassen und dann doch online bestellt oder kauft ihr auch lieber im Einzelhandel und wartet dann ggf. wenn etwas erst nachbestellt werden muss weil es nicht vorrätig ist? Tags: Irgendwie weiss ich nicht mehr wie das NUT funktioniert
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TheOneThatGotAway
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Du warst doch perfekt.
Es ist ok, dass ich nicht die bin, nach der du suchst.
Es war im Sommer als wir uns das erste Mal sahen. Verlegene Blicke, zittrige Hände und Spannung in der Luft. Ich hänge an deinen Lippen ziehe jedes Wort auf, dass du sagst. Dann ist es leider auch schon an der Zeit zu gehen. Ich schließe die Tür und erst draußen zurück auf der Straße holen mich meine Gefühle ein, die zuvor wie erstarrt im Raum irgendwo zwischen dir und mir gehangen haben. Ich gehe über den Asphalt zurück zu meinem Auto, möchte am liebsten rennen, fliegen, mein Lieblingslied in voller Lautstärke hören, springen. Im Radio läuft Soulsister. Wieso bin ich eigentlich so glücklich? Ich würde dich doch nie wieder sehen. Du warst es der mich gefunden hat und den Kontakt aufnahm. Es waren nur ein paar Zeilen, die du schriebst und doch war es als hätte ich gerade den klischeehaften 6er im Lotto gewonnen. In meinem Bauch rosarote Schmetterlinge, in meiner Antwort „freundliche Gelassenheit.“ So ging es eine Weile hin und her. Meist schrieb ich dir in der Nacht zurück und schlief mit der Gewissheit ein am nächsten Morgen eine Nachricht von dir zu haben. Wir haben die gleichen Interessen, mögen dieselben Bücher, hören die gleiche Musik und lieben es zu reisen. Unsere Gespräche wurden länger und tiefer; gingen über das Leben, unsere Träume und Ziele. Aber das Allerbeste an dir war, dass du so verdammt anders warst. Klar - Partys, Feiern, Freunde sind gut und wichtig. Aber es gibt mehr. Du warst tiefsinnig. Scheutest Goethe und klassische Musik nicht, die bei vielen anderen in unserem Alter höchstens ein „Ohje“ entlocken können. Doch Nachrichten sind tückisch: es gibt Leerstellen und viel Platz zwischen den Zeilen, die die Fantasie all zu gut zu füllen versteht. Stück für Stück setzte sich das Bild von dir zusammen und schon vor unseren Treffen warst du für mich perfekt. Umso schwerer die neuen Teile von dir. Für sie war kein Platz mehr. Das Puzzle war fertig. Deine Art war anders, merkwürdig, oberflächlich, arrogant. Ich dagegen blieb kühl und verschlossen. War es Angst? Die Erwartungen zu hoch? Wie kann es sein, dass zwei Menschen, die so viele Gemeinsamkeiten haben, es nicht schaffen auf eine Wellenlänge zu kommen? Du warst doch eigentlich perfekt. Gäbe es einen Partnerkatalog wäre meine Wahl wohl auf jemanden wie dich gefallen. Die Eckdaten stimmten: Dein Aussehen, deine Interessen, deine Ansichten. Sogar das gewisse Etwas war bei unserer Begegnung im Sommer da. Umgekehrt war ich auch ideal für dich – so sagtest du es zumindest. Zwischen uns hat es nicht geklappt. Und doch mochte ich dich. Irgendwie. Als du dann eine Freundin hattest konnte ich nicht einmal weinen. Ich gab mir die Schuld. Später ein neuer Versuch zwischen uns. Diesmal war dein Herz nicht dabei. Und irgendwann konnte ich die Augen vor den neuen Puzzelteilchen, die du mir gabst nicht mehr verschließen. Zwar liebst du all das was ich auch mag, strebst nach den gleichen Zielen, suchst die Liebe und doch warst du nicht nett. Unser Ende war laut und voller Enttäuschung. Ich war verletzt, wütend und verwirrt. Wie konnte nur so etwas passieren? Wie konntest du nur so sein? Erst heute ein Jahr später habe ich erkannt, dass du niemals derjenige warst, den ich mochte. Und wenn wir uns jemals wieder sehen, könnte ich dir sagen, dass es ok so war. Es ist ok, dass du nicht derjenige warst, für den ich dich gehalten habe.
http://www.neon.de:80/artikel/fuehlen/liebe/du-warst-doch-perfekt/860998
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BakedBean
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Frei
Denn ich frage nicht mehr nach Tag oder Nacht. Ich lebe dazwischen. In einer Welt, die weder traurig noch glücklich ist.
Meine Angst wird sich nicht auflösen. Doch mein Mut ist gewachsen. Im Aufbruch, unaufhaltsam wird er sich seinen Weg bahnen. Denn ich frage nicht mehr nach Tag oder Nacht. Ich lebe dazwischen. In einer Welt, die weder traurig noch glücklich ist. Einer Welt, die die meine ist; still und laut, grau und bunt, rast- und bewegungslos. Ich höre auf mich zu fragen wer ich bin und fange an zu sein. Ich lasse die Zweifel zu und besiege sie genau in diesem Moment. Ich trachte nicht mehr nach Liebe und suche meine Wirklichkeit in der eines anderen. Ich suche niemanden mehr der mich trägt. Ich frage mich nicht mehr wer mich liebt. Ich nehme mich an meine eigene Hand. Ich fliege mit meinen eigenen Flügeln. Und zum ersten mal in meinem Leben fühle ich mich wirklich frei.....
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Quasselkaspar
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Lehrer und Notengebung
Personen die nicht gut mit Menschen umgehen können sollten auf keinen Fall der Lehrberuf ergreifen.
Angefangen von Lehrern die, wenn man nur eine einfache Frage stellt, direkt davon ausgehen, dass man das Thema nicht beherrscht und einem direkt schlechte Noten geben, bis hin zu den, die den guten alten Spruch „es gibt keine doofen Fragen“ nicht kennen. Alles dabei. Vor allem aber die Lehrer, die seit 20 Jahren den gleichen Unterricht durchziehen und nicht einmal merken, dass die Schüler die Klausuren, natürlich vom Vorjahr gesammelt, schon zuhause vorgeschrieben haben und einfach während der Klausur austauschen. Sie merken nicht einmal, dass man dann ganze zwei Stunden Löcher in die Luft starrt und darauf wartet mit ruhigem Gewissen gehen zu können. Das traurige an der Sache ist einfach, dass selbst wenn man den Erwartungshorizont schon vorher hatte, ihn gut durchgearbeitet und jeden Punkt schön knackig eingebaut hat, man trotzdem mit einem ausreichend belohnt wird. Ist das nicht der beste Beweis dafür, dass viel mehr Willkür und Sympathie die Notengebung bestimmen? Ein Schüler geht nach diesem Muster vor. Schreibt die Klausur zuhause vor, gibt diese seinen Eltern. Seine Eltern, Lehrer im gleichen Fach. Das Vorgeschriebene wird für gut befunden, die Klausur ein Tag später abgegeben. Nachdem dann mehrere Wochen! vergangen sind steht die ausreichend plus auf dem Papier. Seltsam. Der Schüler beschwert sich und schafft es in mehreren Gesprächen mit Belegen und Diskussionen sich ein befriedigend plus zu erkämpfen. Wie kann eine und dieselbe Klausur denn um eine ganze Note herauf gestuft werden? Das zeigt doch eindeutig auf, dass der Lehrer bei der ersten Notengebung einfach keine Lust hatte sich groß Gedanken über die Bewertung der Klausur zu machen. Wenn man einen Lehrer nach Notizen zur mündlichen Mitarbeit fragt bekommt man eine Große Tabelle zu Gesicht. Pfeile nach unten und oben. Striche, Zahlen von 1-6, plus und minus kann man in dem Durcheinander erkennen. Und jeder Name hat seine eigene Reihe. Die Notengebung ist hier so willkürlich und unnachweisbar, dass der Schüler zwar Einsicht in seine Noten bekommen, damit nur leider nichts anfangen kann. Wenn er sich dann noch ungerecht benotet fühl, kommt die typische Antwort, der Lehrer werde in Zukunft mal darauf achten. Gut, nur leider steht die schlechte Note schon. Der Lehrer ist nach diesem „Gespräch“ dann auch der tatsächlich der Meinung den Schüler zufriedengestellt zu haben. Da bleibt einem zwar noch die Möglichkeit sich Hilfe dazu zu holen. Leider schaut das im Ganzen dann so aus, dass man von Mitschülern die Antwort bekommt, dass die Notengebung so sei und dass man sich sowieso nicht durchsetzen könne. Andere Lehrer haben keine Zeit oder wollen es sich nicht mit dem Arbeitskollegen verscherzen. Danke Schule.
http://www.neon.de:80/artikel/wissen/ausbildung/lehrer-und-notengebung/671911
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Wider die Schönheit
Küss mich, wenn du mich schön findest.
Du bist schön, sagte er. Ich bin nicht schön, sagte ich. In mir drin, sagte ich, in mir drin, bin ich nicht schön. In mir drin sind Gedärme und Schleim und Galle und Blut und Sehnen, ja auch Sehnen, das ist nicht schön, das habe ich gesehen, einmal, als ich ein Reh überfuhr, nachts um drei, nachdem mir einer wie du sagte, ich sei schön, überfuhr ich ein Reh und ich sah das Reh und das Reh war schön und ich überfuhr das Reh und das Reh war nicht mehr schön, innendrin war das Reh ganz und gar nicht schön und ich sah mir das Reh an und ich sah mir die Augen an und ich fasste in die Augen des Rehs und sie waren kalt und sie waren feucht. Und wenn es etwas auf dieser Welt gibt, das schön ist, eine Sache nur, dann ist es mein Mundgeruch, weil nichts so direkt aus meinem Körper dringt, selbst der Schweiß presst sich durch die Poren, selbst der dringt nicht direkt aus meinem Innersten. Aber der Mundgeruch, der dringt direkt aus meinen brodelnden Organen, mein Mundgeruch ist schön. Und wenn du meinen Mundgeruch nicht schön findest, dann ist nichts auf dieser Welt schön. Hörst du mich, nichts ist schön, nicht einmal meine Gedanken sind schön, wie können meine Gedanken auch schön sein, meine Gedanken dringen aus grauem Matsch durch meinen Mund durch dein Ohr zu dir. Zwei Hüllen müssen sie durchdringen und dann sind die Gedanken nicht mehr, was sie einmal waren, als sie noch im grauen Matsch lagen. Im grauen Matsch lagen sie und im grauen Matsch sollen sie bleiben. Küss mich, wenn deine Organe brodeln wie meine. Küss mich, wenn du mich schön findest, küss mich.
http://www.neon.de/artikel/wissen/alltag/wider-die-schoenheit/654801
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Reset und Reboot sind zwei Paar kaputte Schuhe
Immer wenn statt Vogelgezwitscher das Surren der Drohnen zu hören war, wussten wir, dass es bald wieder Einschläge geben wird.
Jedes Mal, wenn ich hier am Brunnen sitze und die Menschen beobachte, versuche ich die Welt zu verstehen und etwas zu fühlen. Ich sehe ein streitendes Paar, er trägt die Einkäufe, sie schiebt den Kinderwagen, darin ein schokoladenverschmiertes Gesicht. Eine alte Dame mit Rollator, wie sie versucht, ihr Leben selbständig hinzubekommen; zwei Männer, die Hand in Hand gehen. Gurrende Tauben, das Plätschern des Brunnens, Kinderlachen, Skateboards auf Asphalt, Gesprächsfetzen, in der Ferne die Kirchturmglocken, der stockende Feierabendverkehr. Der Rauch meiner Zigarette mischt sich unter die Eindrücke, die ich nicht zuordnen kann – und trotz aller Bemühungen, fühle ich nichts. Zumindest nichts anderes, als das einzig folgerichtige Gefühl, wenn kein Funke an Zuhause erinnert, mir keines der Gesichter bekannt ist, es kaum Vertrautes gibt. Zwischen all der Fremde bin ich derjenige der fremd ist und es ist schwer, nicht zu hassen, wenn der Mut gebrochen und der Hunger nach Leben genommen wurde. Die furchtbaren Dinge, die ich in meinem Herzen spüre, sind das Ergebnis dessen, was ich gesehen und erlebt habe. Und dann ist man gezwungen, Entscheidungen zu treffen, die nicht nur das eigene Leben von Grund auf verändern. Vor 10 Jahren hätte ich meinen besten Freund beerdigen sollen. Wir gingen viele Jahre gemeinsam zur Schule, normalerweise versuchten wir, an der Ecke aufeinander zu warten. Wer zuletzt kam, musste auf dem Gepäckträger fahren, wer um 10 nach 7 nicht da war, musste alleine zu Fuß gehen, war es zu gefährlich, kehrte man um und blieb Zuhause – so lauteten drei unserer Regeln, von denen es viele gab. In einer solch unsicheren Umgebung braucht man das, um sich an etwas festhalten zu können und ein wenig Ordnung zu schaffen. An diesem Morgen war ich spät dran, da ich das kürzeste Streichholz gezogen hatte und somit nach meinen vier Geschwistern als letzter ins Bad gehen konnte. Die Streichhölzer kamen immer dann zum Einsatz, wenn wir alle gemeinsam im Keller schlafen mussten, außer Papa, der schnarchte zu laut, hielt nachts Wache und schlief erst, als wir in der Schule und damit andere für unsere Sicherheit verantwortlich waren. Wie ich ihn kannte, rechnete mein bester Freund mit meinem Zuspätkommen, so wie er wahrscheinlich auch mit der Rakete gerechnet hatte. Immer wenn statt Vogelgezwitscher das Surren der Drohnen zu hören war, wussten wir, dass es bald wieder Einschläge geben wird und hofften, dass es niemanden trifft, den wir kennen. Die ersten Minuten im Unterricht waren sehr still, man sah sich um. Die Lehrer konnten uns meist erst Tage später sagen, warum der Sitzplatz leer bleibt. Dann folgte ein kurzes, gemeinsames Gebet und der Alltag nahm seinen Lauf. Ich wünschte, es wäre immer so einfach, ich wünschte, Kalil wäre an diesem Tag zurück nach Hause gefahren. Ich musste ihn anhand der Papiere identifizieren, die er, wie jeder von uns, als Vorsichtsmaßnahme bei sich trug. Nichts anderes blieb übrig. Mit ihm wurde ein großes Stück von mir in Fetzen gerissen, ich hoffe nur, dass ihm die Rakete diesen Schmerz ersparte, den ich seither in mir trage. Sehe ich mir meine jetzigen Tage an, an denen ich zwischen fröhlichen Menschen als der einsame, rauchende Fremde sitze, oder abends im Bett wachliege, quälen mich Gewissensbisse und mir wird klar, dass ich den Großteil meiner Zeit damit beschäftigt bin, mir Sorgen zu machen. Sorgen um meine Familie, um meine Heimat, um die Zukunft der Welt. Dabei weiß ich objektiv betrachtet, dass ich es hier gut habe. Ich fahre ein Auto, habe mich an den Geschmack von Bier gewöhnt, habe geheiratet. Insgesamt fühle ich mich außerhalb meiner Träume sicher. Falls ich eine Fußballspielübertragung sehen möchte, werden keine Drohnen geschickt, um das Signal zu stören und mich zu filmen. Niemanden interessiert es, dass ich eine eigene Auffassung meiner Religion habe, es ist in Ordnung, sich durch diverses Essen zu probieren und ich kann sorglos durch die Straßen und einkaufen gehen, ohne beklaut zu werden. Nur wenn ich in Clubs feiern gehe möchte, sollte ich vermeiden meinen andersfarbigen Ausweis vorzuzeigen. Sobald sie sehen, dass ich zwar eine Aufenthaltserlaubnis habe, aber faktisch staatenlos bin und deswegen nicht abgeschoben werden kann, lerne ich, dass ein schlichtes Dokument Feinde schaffen kann. Wenn ich im Dunkeln sitze und meine Heimat im besetzten Staub liegt, gibt es nicht mehr viele Grautöne und es fällt mir schwer, die schönen Momente in dieser völlig anderen, heilen und bunten Welt zu würdigen. Ich weiß, dass die Menschen sehen, dass ich nicht von hier bin, weiß aber nicht was sie über mich denken. Vielleicht besser so. Wenn ich gefragt werde, ob ich ‚auch antisemitisch‘ bin, ob ich die angeblich vielen Vorteile genieße, mit einer deutschen Frau verheiratet zu sein, ob ich die deutsche Staatsbürgerschaft oder doch lieber zurück möchte, merke ich, dass die Menschen keine Ahnung haben, was es bedeutet ein solches Leben zu bestreiten. Ich weiß nicht woher all die Vorurteile kommen und schäme mich automatisch für meine Landsleute, die ich dafür verantwortlich mache. Ich habe keinen Schimmer was Kaffeekränzchen bedeutet, was der Unterschied zwischen einem Grübchen und einer Grube ist, oder welchen Artikel Butter hat, doch ich habe gelernt, mich in ihrer Sprache mit ihnen zu unterhalten und versuche zu verstehen, wie das Miteinander funktioniert. Ich passe mich an. Ich trenne meinen Müll, frühstücke und höre westliche Musik. Ich lerne neue Menschen kennen und freunde mich mit ihnen an, erweitere meine Sprachkenntnisse, lerne ihre Kultur und von ihren Erfahrungen. Ich weiß, dass hier Hunde erzogen werden, wie Kinder spielen und dass man nicht darüber sprechen sollte, dass man in kürzester Zeit ein Gewehr auseinander und wieder zusammenbauen kann, weil man kein anderes Spielzeug besaß und keine Möglichkeit hatte, auf der Straße Ball zu spielen. Meine Familie sagt mir regelmäßig, es gehe ihnen gut. Telefonate sind nicht möglich, daher nutze ich Facebook, um irgendwie in Kontakt zu bleiben. Ich wünschte ich könnte es sein lassen, Nachrichten zu lesen. Ich bin dankbar über die Chance eines waffenfreien Neustarts, auch wenn er mir die Erinnerungen an mein früheres Leben nicht nimmt. Immerhin Europa kann ich ohne Visum bereisen, ich arbeite viel, studiere im Master, dolmetsche nebenbei für andere, die es wie ich lebendig weg geschafft haben. Ich setze ein Lächeln auf, wenn ich nach meiner Herkunft, kulturellen Unterschieden oder nach den politischen Disputen und erlebten Kriegen gefragt werde, möchte keinen Ärger machen. Ich möchte helfen und fühle mich hilflos. Neue Freunde lenken mich ab und trösten ein wenig über düstere Gedanken hinweg. Meine Frau gibt sich Mühe, mir das Gefühl zu vermitteln, ein neues Zuhause zu haben und dass Unterschiede keine Rolle spielen. Alle finden toll, dass ich mich integriere und zeigen mir dabei täglich in den kleinen Dingen, dass ich dennoch immer ein Fremder sein werde. So fremd, wie mir mittlerweile meine eigene Heimat erscheint, die ich nicht besuchen, jedoch auch nicht abschütteln und hinter mir lassen kann. Dann kommt meine Frau zufrieden lächelnd mit vollen Taschen aus dem Laden. Das Wort Schnäppchenjägerin hat sie mir beigebracht. Sie kennt nur einen Bruchteil meiner Geschichte und ausschließlich ihre schillernde Welt. Ich drücke die Zigarette aus, sie hilft mir vom Brunnen auf und fragt mich, was ich heute Abend koche – sie hat ihren Hunger nie verloren und ich tue alles dafür, dass das so bleibt.
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Das Spiel mit der Liebe
Es gibt Tage an denen man einfach besser hat im Bett zu bleiben...
Es war nicht das Verlangen nach Liebe,das sie zu solch einer Tat verführte. Es war nicht das bekannt warme Gefühl der Stille, die sie zu nicht denkenden Wesen machte Es war nicht die gewohnte und stets vermisste Geborgenheit, die sie zu Lügner und Betrüger formte. Es war die Magie die an jenem Tage mit der Atmosphere verschmolzen schien. Die Magie, die ihre Gehirne auslutschte als wären sie der heiße Käse einer Pizzatasche. Vorsichtig, genießend aber doch bewusst saugend. Es war dieser Hauch von Schicksal der den Rest ihres Verstandes fickte und sie in Situationen brachte, die, wären sie früher passiert viel verändert hätten. Das Schicksal nichts zu Verstehen und nichts bewirken zu können und sie zu Mitspielern dieses kranken Spiels machte Es war diese Nacht die als letzte ihrer Art in die Köpfe der Beiden eingehen sollte. Diese Nacht die Klarheit schaffen sollte. Diese Nacht die ein Abschluss ihrer gemeinsamen Träume sein sollte. Doch es war diese Nacht die zeigte, dass sie wohl immer mehr als nur Freunde bleiben.
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happYlights
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der letzte Sommer
Du schaust mich an. Deine samtenen Finger wischen über meine Wange.
Und ich tanze mit dir im Wiener Walzer Schritt über den Dächern der Stadt. es gibt kein schöneres Gefühl als dein Lachen zu hören und meine Hand in deiner zu spüren. Minutenlang drehen wir uns unter dem immer dunkel werdenden Himmel. Barfuss stolpern wir umher und fallen letztendlich auf das steinige Fundament. Die Beine verkreuzt liege ich mit dem Kopf auf deinem Arm und höre dir beim atmen zu. Ich weiß ich werde es nie vergessen. Tränen steigen in mir auf als mir klar wird das der Moment endlich ist. Du schaust mich an. Deine samtenen Finger wischen über meine Wange. Du lächelst und küsst mich. Endlich habe ich verstanden was man unter Perfektion versteht.
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Äpfel oder Birnen?
Ich mag Männer.Ich mag Frauen.Muß ich mich entscheiden? Der Versuch einer Selbstfindung.
Manchmal wache ich morgens auf und betrachte den Mann, der neben mir liegt. Sein starker Rücken zeichnet sich unter der Bettdecke ab, ich fahre vorsichtig über die Bartstoppeln, die über Nacht nachgewachsen sind. Er ist nicht der einzige, der bisher in meinem Bett gelegen hat. Da gab es so einige Bartstoppeln, aber auch weiche Wangen, zarte Haut und Rundungen.Frauen. Man könnte von Phasen sprechen, Dr.Sommer spricht gerne von Phasen, wenn vierzehnjährige Teenager sich zum gleichen Geschlecht hingezogen fühlen.Ich mag das nicht, Phase klingt so, als ob etwas nicht ernst genommen wird. Es gab Zeiten, da wollte ich mich selbst in eine Schublade stecken. Ich schnitt mir die Haare kurz, las nur noch Bücher von lesbischen Autorinnen, schaute Filme wie "Women love Women", meine Welt bestand fast nur noch aus Frauen. Es gab natürlich auch viele Anfeindungen, doofe Sprüche in der U-Bahn, komische Reaktionen von Arbeitskollegen, wie das halt so ist in der heterosexuellen Welt. Doch ich fühlte mich geborgen in der Szene, dazugehörig und verstanden. Aber irgendwann meldete sich eine leise Stimme in mir, ich sah meine männlichen Mitbewohner mit anderen Augen, meine lesbische Welt bekam Risse. Am Anfang waren es nur kurze Affairen, damit konnte ich leben. Aber dann verliebte ich mich, Hals über Kopf und so richtig. Ich fühle mich wohl in dieser Beziehung, sie ist so, wie Beziehungen zu Männern oft sind. Ich mag es, auf der Straße nicht angestarrt zu werden, ich mag es, wie Mann und Frau körperlich zusammen passen. Ich habe meinen Sohn von ihm empfangen. Ich liebe ihn, aber da gibt es diese leise Stimme in mir.Ich bin bisexuell, das klingt nach großer Auswahl, aber auch nach Entscheidungen, Kompromissen. Und zu sagen, ich würde mich in einen Menschen verlieben und nicht in sein Geschlecht, klingt romantisch, aber trifft nicht auf mich zu. Äpfel oder Birnen?Am liebsten Obstsalat, würde ich sagen.
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Patrick_Bauer
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Die Wahrheit über Sex
Große NEON-Umfrage: Was wir im Bett mögen, uns wünschen – und was wir nie tun würden
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Mrs.McH
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Emmi wollte nur helfen
Wenn sie heute Fernsehberichte über, die angeblich nicht ausreichend vorhandene, Zivilcourage sieht, denkt sie daran, sich die Pulsadern zu öffnen.
Anna erzählt ihren Freundinnen Betty, Caro und Denise, dass ihr Freund sie grundlos geschlagen hat. Sie sind schockiert und fragen Anna, warum sie sich das gefallen lässt und raten ihr, ihn sofort zu verlassen. Wer einmal zuschlägt, wird es auch wieder tun. Die drei glauben Anna, wissen aber nicht recht, was sie tun sollen. Caro, die am engsten mit Anna befreundet ist, ist besonders besorgt und erzählt ihrer Freundin Emanuela, kurz Emmi, davon und fragt sie um Rat. Emmi kennt Anna nur flüchtig, deren Freund Frankie nur vom Hören-Sagen. Er und seine Kumpels sind schon einige Male in der Kleinstadt auffällig geworden. Frankie und seine Gang, alle dreißig plus minus zwei Jahre , nennen sich die „M-I-Sixpack“. Lächerlich für erwachsene Männer. Doch sie sind eine verschworene Gemeinschaft, kennen sich seit Kindertagen. Es geht das Gerücht um, dass sie tatsächlich Blutsbrüderschaft geschlossen haben, im wahrsten Sinne des Wortes. Wer ihnen begegnet, wechselt gerne die Straßenseite. Caro hat es Emmi erzählt, da Emmi mit einem Polizisten verheiratet ist und Emmi einfach immer und bei allem weiß, was zu tun ist. Außerdem hat sie dadurch das Gefühl „etwas zu tun“, obwohl sie insgeheim weiß, dass sie die Verantwortung eigentlich nur weiter delegiert. Emmi erzählt es ihrem Mann. „Misch Dich da erst mal nicht ein. Du kennst die Anna ja kaum und sie hat es Dir nicht selbst erzählt. Das gibt nur Ärger.“ Doch Emmi lässt es keine Ruhe und erkundigt sich regelmäßig wieder bei Caro über Anna. Demnach kommt es immer häufiger vor, dass Frankie Anna misshandelt. Emmi fragt Caro, warum sie oder die anderen Freundinnen nichts tun, um Anna zu helfen. Caro erzählt, sie seien der Meinung, wenn Anna selbst nichts tue und bei ihm bliebe, könnte es so schlimm ja nicht sein. Caro sagt deutlich, sie selbst hat Angst vor Frankie. Emmi versteht das irgendwie. Und doch irgendwie nicht. Sie rät Caro dringend nochmal mit den anderen und letztendlich mit Anna zu sprechen. Doch die Freundschaft der vier Frauen verliert an Substanz, da ständig Annas „Problem“ wie ein dunkler Schatten über ihnen liegt. Sie fangen an, Anna aus dem Weg zu gehen, der Zusammenhalt, der vielleicht ohnehin niemals wirklich vorhanden war, zerbröckelt. Emmi begegnet Anna zufällig, sie kommen ins Gespräch. Emmi wagt es aber nicht, Anna auf das Thema anzusprechen. Sie sucht nach Anzeichen. Doch wenn Frankie Anna schlägt, dann wahrscheinlich nicht ins Gesicht. Die zufälligen Begegnungen häufen sich und Anna wird zugänglicher, Emmi versucht die Gespräche in Richtung Frankie zu lenken. Bis Anna endlich von sich aus erzählt, dass ihr Freund sie grundlos verprügelt. Später wird Emmi erfahren, dass die Treffen keine Zufallsbegegnungen waren, sondern von Anna selbst eingefädelt wurden. Emmi würde Anna gerne helfen, aber auch sie kann Anna nicht davon überzeugen, Frankie zu verlassen. Somit hält sie sich weiterhin an den Rat ihres Mannes, der sie fragte „Hat Anna klar und deutlich um Deine Hilfe gebeten? Wenn nicht, halte Dich raus!“ Nein, Anna hat „nur erzählt“. Aber ist das nicht ein stiller Hilferuf? Doch auch Emmi hat Angst vor Frankie und versucht daher jeden weiteren Gedanken an Anna abzuschütteln. Sie fühlt sich nicht wohl dabei, auch wenn man die Beziehung, die sie zu Anna hat, noch nicht als Freundschaft bezeichnen kann. Als Emmi einige Wochen später erfährt, dass Frankie Anna erneut verprügelt und sogar vergewaltigt haben soll, kann sie nicht mehr anders. Sie ruft Anna an, die ihr es unter Tränen bestätigt. Emmi zeigt Frankie an. Er kommt für einige Tage in Untersuchungshaft, muss dann aber mangels Beweisen wieder entlassen werden. Anna hatte sich einer medizinischen Untersuchung zur Beweissicherung entzogen und war plötzlich für einige Tage nicht auffindbar. Als sie wieder auftauchte, sagte sie, sie hätte unter Schock gestanden, sie wüsste nicht genau, wo sie gewesen ist, „überall und nirgendwo“. Sie verweigerte sich zunächst der Untersuchung. Insbesondere der gynäkologischen. Als sie endlich zustimmte, waren zwar Spuren einer Körperverletzung noch deutlich zu erkennen, die Vergewaltigung jedoch nicht mehr nachweisbar. Sie ist erneut verschwunden als Frankie wieder nach Hause kommt, kehrt jedoch nach einigen Tagen zu ihm zurück. Die Ermittlungen wegen der Vergewaltigung werden eingestellt, die Untersuchung wegen der Körperverletzungen dauert an. Tatsächlich findet sie nicht statt. Der Staatsanwalt wird später sagen, es bestanden berechtigte Zweifel an der Glaubwürdigkeit des „Opfers“. Ein paar Wochen später gehen Emmi und ihr Mann am frühen Abend mit ihrem Hund spazieren. Emmi hat es inzwischen bereut, dass sie Anna helfen wollte. Sie versteht nicht, warum Anna zu Frankie zurück gegangen ist und sich so merkwürdig verhalten hat. Niemand versteht das. Emmi zweifelt nicht daran, dass Anna geschlagen und vergewaltigt wurde und vermutet, dass Anna Frankie hörig ist. Anders kann sie sich deren Verhalten nicht erklären. Anna schweigt und geht allen aus dem Weg. Emmi sieht ein, dass man niemand helfen kann, der sich nicht helfen lassen will. Emmis Mann ist sauer und hat kein gutes Gefühl. Soweit es sein Dienstplan zulässt, begleitet er Emmi auf den Spaziergängen mit dem Hund, besonders in den Abendstunden, wenn es schon dunkel ist. Er hat Angst um Emmi und ihre Tochter Gwen, die sie beide, soweit es möglich ist, nicht aus den Augen lassen. Sie werden von fünf Männern abgefangen. Frankies „Blutsbrüder“. Sie versuchen nicht einmal sich zu tarnen. Sie sind ausgestattet mit einem Elektroschocker, Messern, Totschlägern. Sie töten den Hund und setzen den Polizisten außer Gefecht, er hat keine Chance. Drei der Typen halten ihn in Schach und zwingen ihn zuzusehen, wie sich die anderen beiden Männer an Emmi vergehen. Als sie fertig sind, urinieren und spucken sie auf beide und lassen sie liegen. Der Polizist hat eine zertrümmerte Kniescheibe, mehrere Knochenbrüche, sowie einen angebrochenen Kiefer. Emmi hat eine gebrochene Rippe und ein zerfetztes Gesicht. Sie haben ihr das selbst kreierte „M-I-Sixpack-Zeichen“, welches auch ihre T-Shirts und Jacken ziert, mit dem Messer eingeritzt. Sie wurde zweimal vergewaltigt. Am gleichen Abend schlägt Frankie Anna halb tot. Sie liegt zwei Tage im Koma. Auch ihr Gesicht ist entstellt. Alle sechs Männer wurden zu Haftstrafen ohne Bewährung für mehrere oder wenige Jahre verurteilt. Die Wahrheit oder irgendetwas dazwischen: Frankie hatte Anna tatsächlich verprügelt, jedoch weitaus seltener, als Anna angegeben hatte. „Vielleicht zwei, drei Mal hat die Fotze bekommen, was sie verdient hat!“ Er behauptet bis heute steif und fest, sie niemals vergewaltigt zu haben. Außerdem hätte er sie nicht grundlos geschlagen, sondern weil sie mehrfach fremd gegangen sei. Zwei Zeugen waren bereit zu bestätigen, dass sie mit Anna Geschlechtsverkehr hatten, während sie in der Beziehung mit Frankie war. Auch hätte sie ihm ständig Geld geklaut und anderweitig hintergangen. „Was undankbare Fotzen halt so tun.“ Anna wollte sich dafür rächen und hatte gezielt Emmis Nähe gesucht, in der Hoffnung, dass diese eingreift, nachdem ihre Freundinnen, sie so „übel hängen gelassen“ hätten. Zu Frankies Behauptungen hat sie niemals Stellung genommen. Frankie wusste nicht, dass es Emmi war, die ihn angezeigt hatte. Am Abend des Überfalls auf Emmi und ihren Mann, hatte er Anna etwa zwei Stunden zuvor gezwungen, ihm zu erzählen, wem sie alles von der Prügel und der angeblichen Vergewaltigung erzählt habe. Er ist dann einfach davon ausgegangen, dass es Emmi gewesen sein muss, die ihn angezeigt hat, weil sie eine „Bullenschlampe“ sei. Seine Jungs standen schon bereit um Emmi und ihren Mann abzupassen und hatten nur auf sein Go gewartet. Die fünf Männer sagten alle aus, dass sie es immer wieder tun würden. Alle für einen, einer für alle. Dass es so ausgeartet ist, wäre nicht der Plan gewesen. Sie wollten den beiden eigentlich „nur eine Lehre erteilen“. Aber dann hätte alles „so eine Eigendynamik entwickelt“. Das Ergebnis: Zwei zutiefst traumatisierte Frauen und einen, bis auf weiteres, dienstunfähigen Polizisten, der dem Alkohol verfallen ist. Er verkraftet nicht, dass er seine Frau nicht beschützen konnte. Nicht zu vergessen mehrere verzweifelte dazu angehörige Familien, die nicht verstehen können, was mit ihren Söhnen, Töchtern, Brüdern, Schwestern und Eltern passiert ist. Später: Bald wird der erste der sechs „Blutsbrüder“ vorzeitig entlassen. Anna hat inzwischen schon lange die Stadt verlassen, keiner weiß, was aus ihr geworden ist. Es interessiert auch niemanden. Viele meinten, auch sie hätte in den Knast gehört, doch sie kam mit einer Bewährungsstrafe und gemeinnütziger Arbeit davon. Betty, Denise und Caro sind nicht mehr befreundet, alle gehen ihre eigenen Wege. Caro grämt sich sehr und versucht eine Beziehung zu Emmi aufzubauen und sie zu unterstützen. Der Polizist hat seine Alkoholsucht inzwischen überwunden und arbeitet wieder. Nur Innendienst ist noch möglich. Er wartet. Er weiß nicht genau auf was. Die Ehe mit Emmi ist inzwischen zerbrochen, er konnte ihr nicht mehr in die Augen sehen, obwohl sie ihm niemals Vorwürfe machte. Sie sind noch unschlüssig, ob sie sich scheiden lassen oder es nochmal miteinander versuchen sollten. Emmi ist mit Gwen zu ihren Eltern einen Ort weitergezogen, sie ist nicht in der Lage, sich alleine richtig um sie zu kümmern. Sie lebt vor sich hin, ihre Therapie schlägt nur schleppend an. Ab und zu kommt Caro vorbei. Sie macht auch ihr keine Vorwürfe. Wenn Emmi heute jedoch Fernsehberichte über, die angeblich nicht ausreichend vorhandene, Zivilcourage sieht, denkt sie daran, sich die Pulsadern zu öffnen. Sie wird es nicht tun, denn dann wäre nur ein weiteres Leben sinnlos zerstört. Gwen. Das Kind hat das Trauma dieser Nacht ohnehin nur schwer überwunden. Sie wurde, für ihr Empfinden mitten in der Nacht, von einer ihr nicht unbekannten, aber doch unvertrauten Polizistin aus dem Schlaf gerissen und zu ihren Großeltern gebracht. Sie hatten ihr erzählt, dass ihre Eltern einen Unfall gehabt hätten, bei dem der Familienhund leider gestorben sei. Natürlich verstand sie gar nichts, ihr war ja noch nicht einmal bewusst gewesen, dass ihre Eltern sie alleine zu Hause gelassen hatten. Erst recht verstand sie nicht, warum sie nicht sofort zu ihnen ins Krankenhaus durfte, sondern erst Tage später. Und dann der Schock Mama und Papa so sehen zu müssen. Es war schrecklich mit ansehen zu müssen, wie das Kind unter der wochenlangen Abwesenheit beider Elternteile litt. Selbst als dann wieder alle zusammen sein konnten, war die Welt noch lange nicht wieder in Ordnung. Sie ist es heute noch nicht. Nein, Emmi würde Gwen nicht im Stich lassen. Sie würde all ihre möglichen Kräfte aufbringen, um das Kind diese schreckliche Zeit vergessen zu lassen. Doch Gwen ist ihr sehr ähnlich und das beunruhigt Emmi sehr. Gwen hat einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, der bereits Folgen hatte. Erst kürzlich wurde Emmi zur Schule zitiert, weil Gwen eine Mitschülerin verletzt hatte. Sie hatte mitbekommen wie eine Klassenkameradin einem jüngeren Mitschüler das Pausengeld abknöpfen wollte und sich entsprechend für den Kleinen eingesetzt. Emmi war verdammt stolz auf ihre Tochter, doch weder sie noch ihr Mann wussten, wie sie damit umgehen sollten. Welche Werte sollten sie ihr vermitteln? Was würde Emmi heute tun, wenn sie wieder von so einer Anna-Geschichte erfahren würde? Damals wollte sie doch nur helfen. Handeln, als alle anderen nur zu- bzw. wegsahen. Sie weiß es nicht, vermutet aber, dass sie genau das gleiche wieder tun würde. Mit einem kleinen Unterschied. Sie würde mehr Fragen stellen. Sie würde viel mehr Fragen stellen. Und genau das wird sie Gwen mit auf den Weg geben: Die Dinge, die man ihr vorsetzt nicht als gegeben hinzunehmen, sondern von allen Seiten zu betrachten und zu hinterfragen. Tags: zivilcourageundsonscheiss
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Die UNTERbewertetesten Filme aller Zeiten
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mein reizvolles Geheimnis
Aus dem anfänglichen „Nur-sympathisch-Finden“ wurde ein Knistern, daraus ein Kuss, daraus weitere Treffen und Küsse und daraus ein Affäre und daraus..
Geplant hatte ich das nicht, wenn so etwas überhaupt zu planen ist. Kennen tun wir uns schon 2 Jahre, wobei kenn zu viel gesagt ist. Wir arbeiten in der gleichen Firma und haben uns hin und wieder mal gesehen. Aber im letzten Jahr wurde sie dann meine Chefin und von daher hatten wir öfter Kontakt. Wir wurden uns noch sympathischer, vor allem als wir feststellten, dass wir am gleichen Ufer zu hause sind. Unsere Gespräche hatten ihren eigenen Humor und so hatten wir viel Spaß, auch wenn nicht jeder mitreden konnte. Auf der letzten Weihnachtsfeier ergab es sich, dass sie mich nach hause gefahren hat. Diese Autofahrt verging wie im Flug, dauerte aber dennoch lang genug, dass sich ein starkes Knistern entwickelten konnte. Ich gebe zu, es hat mir sehr gefallen. Und ja, ich habe es dann drauf angelegt, sie gefragt, ob ich mutig sein soll. Ihre Antwort war ein „ja“ und so traute ich mich dann, sie zu küssen. Ein Kuss, ein kleiner! Aber nicht ohne Wirkung! Natürlich hatte ich vorher schon mal überlegt, wie es wohl wäre, sie zu küssen; aber über das Danach hatte ich mir keine Gedanken gemacht. Und auch jetzt nicht. Ihr ging dieser Kuss allerdings nicht aus dem Kopf und sie bat um ein weiters Treffen. Warum nicht, schließlich finde ich sie ja auch sympathisch und reizvoll. So nahm unser reizvolles Geheimnis seinen Lauf! Sie ist heute nicht mehr meine Chefin, Umorganisation sei dank, und viele Möglichkeiten uns zu sehen haben wir daher nicht, aber die paar genießen wir sehr! Was uns beide ins Grübeln bringt, ist die Tatsache, dass wir beide in einer Beziehung sind! Und – vor allem – diese auch nicht beenden wollen. Keine von uns will ihre Freundin verlassen! Und dennoch? – oder gerade deshalb? – beenden wir unsere Affäre auch nicht.?! Am wenigsten verstehe ich mich dabei, denn so kenne ich mich nicht……
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Mehr Meermenschen
Sie kommen aus dem Meer
Bis heute weiß keiner, wann und wo genau sie herkommen. Es gibt kein Schema, man kann sie nicht erwarten. Man weiß nur, dass sie immer aus dem Meer kommen, obgleich das bisher nie bewiesen wurde. Sie kommen bei Vollmond in sternklaren Nächten. Sie kommen am Tag inmitten überfüllter Touristenstrände oder aus versteckten Buchten, an denen einsame Fischer ihr Glück versuchen. Sie sind immer nackt und verschleimt, doch niemals nimmt auch nur ein Mensch sie wahr. Unbemerkt werden sie angespült, befreien sich aus ihrem Kokon und machen sich sogleich auf den Weg zu ihrem Ziel, das immer genau so weit entfernt ist, dass sie es zur exakt richtigen Zeit erreichen. So oder so ähnlich begannen alle Geschichten, die er mir erzählte. Immer handelten sie von den Meermenschen, von deren Existenz er vollkommen überzeugt war. Er erzählte mir von ihnen in unzähligen Variationen. Meistens hatte er mich davor sehr lange angeschaut. Ganz ruhig und sehr aufmerksam und in sich ruhend hörte er sich meine Klagen, Sorgen und Nöte an. Dann zwinkerte er mir zu, beugte sich vor, nahm meine Hand in seine und begann zu erzählen. Sie kommen aus dem Meer. Die Meermenschen sind unter uns. Sie kommen, um uns zu helfen. Sie sind so etwas wie Platzhalter für Menschen, die eine Auszeit vom Leben benötigen. Und sie gehen wieder, wenn der Mensch sich gefangen hat. Manche Menschen wollen nicht mehr zurückkehren. Dann sterben die Meermenschen einen Tod der vorgesehen war und damit unwiderruflich besiegelt ist. Er erzählte mir von dem Investmentbanker, der hoch verschuldet nicht mehr ein noch aus wusste. Von dem berühmten Schauspieler, der den plötzlichen Ruhm nicht verkraftet hatte. Von der Bordsteinschwalbe, die den Sinn ihres Seins nicht mehr verstand. Und er erzählte von dem kleinen leukämiekranken Mädchen, deren Lebenswille noch nicht so ausgeprägt war, dass es Hilfe benötigte, um die richtige Entscheidung treffen zu können. Sie alle wurden durch die Meermenschen ersetzt, damit sie Zeit hatten, sich wiederzufinden. Er erklärte mir, dass die Meermenschen die Körper mit den Menschen tauschen, deren Geist und Seele noch zu schwach oder bereits zu ausgebrannt sind. Die Menschen die fortgehen und durch Meermenschen ersetzt werden, haben alle Zeit der Welt, die sie benötigen. Nicht alle nutzen sie, aber die Entscheidung über ihre Rückkehr liegt ganz bei ihnen selbst. Die Zeit spielt überhaupt keine Rolle in der Zwischenwelt der Meermenschen. Das kranke Mädchen war ganze sieben Jahre fort, doch als sie zurückkehrte, war sie noch immer das kleine Mädchen, vielleicht nur den einen oder anderen Tag älter. Doch nur mit dem Wissen, welches sie in ihrer Abwesenheit erworben hatte, konnte sie das Leben lieben lernen und den Kampf gegen ihre Krankheit bestreiten. Man muss die Meermenschen nicht rufen. Ob sie kommen oder nicht, hat der Mensch ganz alleine entschieden. Er wurde nicht müde, mir von den Meermenschen zu berichten. Immer wieder hatte er die passende Geschichte parat, die zu meiner Lebenssituation passte. Er erzählte sie mir wie Gleichnisse, solange und beharrlich bis ich etwas begriffen hatte, von dem ich mir oft gar nicht bewusst war, dass ich es bis dahin nicht verstanden hatte. Nur eine Sache, die hatte er mir nie erzählt, sondern stattdessen wohlweislich verschwiegen. Ich musste es selbst herausfinden, nachdem er gestorben war und ich mich ein letztes Mal von ihm verabschiedete. Ich stand an seinem offenen Sarg. Selbst im Tod sah er weise und friedlich aus. Mein Herz schmerzte und schien zu zerspringen vor Trauer und Wut, dass er gegangen war. Nie wieder würde er mir eine Geschichte von den Meermenschen erzählen. Nie wieder würde ich wie gebannt an seinen Lippen hängen und mich an meinen Erkenntnissen erfreuen oder wie manches Mal unter ihrer Last zunächst zusammenbrechen. Ich haderte so sehr mit dem verdammten Leben, dass ich mir wünschte, ein Meermensch würde kommen und mich ersetzen. Ein letztes Mal nahm ich seine Hand in meine und erschrak, dass sie nicht so kalt war, wie ich erwartet hatte. Sie war stattdessen warm und... tröstend? Fast hatte ich das Gefühl, er würde zärtlich meine Hand drücken. So wie er es immer getan hatte, wenn er wieder einmal eine Geschichte der Meermenschen zu erzählen begann. Und da hörte ich seine Stimme. Liebes, das letzte Geheimnis der Meermenschen habe ich dir bis heute nicht offenbaren können. Es gab keinen Anlass dazu und du wärst ohnehin nicht bereit gewesen, sie anzunehmen. Nicht alle, die aus dem Meer angespült werden, kommen um einen Menschen zu ersetzen. Manche sind auch einfach nur so da. Sie kommen, lassen sich nieder und begleiten einige Menschen für eine Weile. Es sind Menschen, die innerlich zu stark und zu schwach zugleich sind. Menschen, die der Existenz der Meermenschen keinen Glauben schenken können, weil sie zu fest in ihrem Leben verankert sind. Sie sind zu gefestigt und stark auf der einen Seite, sie glauben keine Hilfe zu benötigen. Andererseits sind sie zu schwach um zuzugeben, dass genau das der Fall ist. Sie sind bisweilen nicht einmal in der Lage zu erkennen, wer sie selbst sind. Andere verleugnen schlichtweg alles, was sie nicht mit eigenen Augen gesehen und eigenen Ohren gehört haben. Auch du wirst in diesem Moment an dir zweifeln. Du wirst dich umschauen und dich fragen, ob auch die anderen Trauergäste hören, was du nun zu hören glaubst. Ihre Reaktionen zeigen dir, dass sie nicht wahrnehmen, dass ich zu dir spreche. Und das ist gut so, denn die Menschen könnten es nicht verkraften. Tote Menschen sprechen nicht. Und dennoch hörst du meine Worte klar und deutlich. Nun ist es an dir, mein Liebes. Glaubst du an mich oder zweifelst du noch immer an dir? Vertraue mir, dein Glaube an dich selbst ist nicht verloren. Du weißt, dass Zeit keine Rolle spielt . Fieberhaft überlegte ich, ob er mir jemals eine Geschichte erzählt hatte, in denen Meermenschen in Gestalt Toter mit anderen Menschen gesprochen haben. Oder sprechen Meermenschen auf diese Weise nur unter ihresgleichen? Das würde ja bedeuten, dass... Während meine Gedanken rasten und ich gleichzeitig das Gefühl hatte, den Boden unter den Füßen zu verlieren, streichelte ich unablässig seine warme Hand. Plötzlich war ich mir ganz sicher, dass er meine tatsächlich gedrückt hatte. Nun war es mir egal, ob es nur meine Phantasie war, die mir einen Streich spielte. Ich beugte mich hinunter um seiner Hand sanft einen Kuss aufzuhauchen. Mein letzter Gruß und mein letzter Dank an ihn ... mehr hatte ich nicht zu geben und ich wusste, dass er nach nichts verlangte. Ich hatte schon davon gehört, dass bei toten Menschen Haare und Nägel noch für einige Zeit weiterwachsen. Bei Meermenschen ist das offensichtlich nicht der Fall. Da wächst scheinbar nur die dünne Haut zwischen den Fingern wieder und der Meermensch kann nichts mehr dagegen tun. Ich sah es und war nur verwundert darüber, dass es mich in diesem Moment nicht mehr überraschte. Ich küsste ein letztes Mal zum Abschied seine Wange und... ich bin mir sicher, dass ich im Augenwinkel gesehen habe, wie er mir zugezwinkert hat. Seine letzten Worte klingen bis heute in mir nach. Du weißt, wo du dich findest.
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psychologie
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WhereWhenWhy
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Louis.
Louis ist witzig und ich frage mich, wie viele Menschen das von Louis wissen. Ja, irgendwie frage ich mich, wie viele überhaupt von Louis wissen.
Ich bin gerade in die Bahn zur 14. Straße eingestiegen und habe mich auf einen freien Platz auf der blauglänzenden Bank gesetzt, als die Türen schließen und ein Mann seine Stimme erhebt. "Hallo ihr, mein Name ist Louis und ich bin ein Geschäftsmann. Ich habe Socken für Frauen, Socken für Kinder, Socken für Herren, alle kosten einen Dollar." Ich sehe den Mann neben mir an, wie er aus einer dieser weißen Tüten, die man hier überall in kleineren Supermärkten bekommt, verschieden farbige Bündel herausholt und sie hochhält. Der Subway ist heute morgen noch ganz leer, nur einige wenige scheinen auf dem Weg zur Arbeit zu sein. Vielleicht sind die meisten schon längst dort, denn ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass es schon kurz vor zehn ist. "Alle Socken ein Dollar, ihr bekommt fünf Paar für einen Dollar." Niemand bewegt sich, die Leute schauen in ihre Bücher, auf ihre Smartphones oder einfach nur in die Luft. Ich sehe Louis an, beobachte wie er seine Ware wieder zurück in die weiße Tüte steckt und spüre wie er mich bemerkt. "Es ist noch früh." sagt er zu mir und lächelt. "Was machst du?" fragt er. "Ich bin gerade auf Reisen, bin hier, um mit Freunden zusammen zu sein und zu schreiben." Louis sieht mich an "Wo bist du zuhause?" Ich drehe mich weiter zu ihm und merke, wie mich die Menschen in der Bahn beginnen anzustarren. "Ich komme aus Deutschland." Louis lacht, wischt sich seine Hand an seiner Jacke ab und hält sie mir hin: "Ich bin Louis und wenn ich meiner Frau nachher erzähle, dass ich jemanden aus Deutschland getroffen habe, wird sie große Augen machen, das kann ich dir sagen." Ich lache nun auch, schüttele ihm die Hand, stelle mich vor und sage ihm, dass ich so oft hier bin, dass das fast schon an eine Lüge grenzt. Wir beide lachen. "Weißt du, ich schreibe auch, weil ich immer viel zu viel zu erzählen habe. Meine Frau ist da nicht so, die erzählt nicht viel. Ich will nicht sagen, dass ich schlauer bin als sie, aber sie ist halt immer eher ruhig, so funktioniert das Geschäft aber nicht. Ich wünschte, ich hätte einen eigenen Computer, irgendwann kaufe ich mir einen. Ab und zu darf ich auf dem meinen Bruders schreiben, der schreibt selber nämlich nicht so gern, der ist auch viel ruhiger als ich." beginnt Louis zu erzählen und ich versuche ihm trotz der lauten Ansagen der Haltestationen zu folgen. "Nunja Louis, der eine kann vielleicht das gut, aber der andere ist vielleicht sehr talentiert in etwas anderem. Ich bin auch eher ruhig, manchmal könnte ich den ganzen Tag schweigen. Aber Schreiben muss ich immer." antworte ich ihm. "Da könntest du Recht haben, denn meine Frau hat immer so viel Geduld, die ich nicht habe. Sie sagt mir immer, ich rede zu viel, bin zu hibbelig, wo sie da ja ganz anders ist." Louis ist witzig, denke ich und frage mich, wie viele Menschen das von Louis wohl wissen. Ja, irgendwie frage ich mich, wie viele Menschen überhaupt von Louis wissen. "Ich werde meiner Frau erzählen, dass ich eine getroffen hab aus Deutschland, die genauso wie ich gerne schreibt. Ich seh sie nachher, wenn ich Feierabend mache, ich weiß, sie wird es mir nicht glauben. Weißt du, sie redet nicht viel mit Menschen, sie ist ja eher ruhig, so lernt man keine Leute kennen." Der Mann neben uns scheint mittlerweile dem Gespräch zu folgen und er grinst vorsichtig aus seinem Buch hervor. "Wahrscheinlich wissen wir nun alle, dass Louis Frau eher ruhig ist und er lieber redet." glaube ich ihn fast denken hören zu können. Und auch ich muss grinsen. Die Bahn kommt quietschend zum Stehen. "Musst du hier raus?" fragt Louis mich. "Ja, ich steige hier aus." antworte ich und halte ihm erneut meine Hand hin. "Es hat mich gefreut, Louis." Louis lächelt zurück: "Mich auch, mach es gut und hab noch eine schöne Reise." Ich bedanke mich und wünsche Louis noch einen schönen Tag, drängel mich an dem Mann mit dem Buch in der Hand vorbei aus dem Waggon und laufe in Richtung des Ausgangs an der 7th Avenue. "Louis.", denke ich mir. "Louis, vielleicht schweigen manche Menschen, weil sie zuhören und vielleicht hören manche Menschen zu, damit sie nachher davon erzählen können."
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freundschaft
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MarekKlippendichter
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Drei Fenster
Fensterlos zum Hof.
Drei Fenster hier. Das eine hat einen vorzüglichen Blick auf die Hauswand gegenüber. Das andere macht durch Pixel die Farben, es lässt Chanchen verstreichen Und hilft Zeit totzuschlagen. Das dritte hat nur das dumpfe zum schaun, Haussegen schief - Niveau noch unterm Kellerverlies. Manipulativ der Sklave auf der Fernbedienung liegt, die so heißt weil der über die Welt entschied, der den Roten Faden im Programm noch zieht.. Drei Fenster, nur vages zu sehen. Ich sollte auf Reisen gehen.
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sehen
gesellschaft
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KathiKathi
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Ehebruch, oder nicht?
Zu wissen, dass die eigene Mutter Ehebruch begeht, ist nicht schön. Nicht zu wissen, wie man mit diesem Wissen umgehen soll, noch weniger.
So nennt man das wohl; Ehebruch, Betrug, Verrat, Fremdgehen, eine Affäre haben. Den Beischlaf mit einem Mann auszuüben, der nicht der Ehemann ist. Woher ich das weiß? Ich weiß es eben. Du bist nicht besonders gut darin, es zu verbergen. Du gibst dir zu viel Mühe. Und es mit einem Mann zu tun, der im selben Gebäude arbeitet wie wir beide - na na na. Die Frage ist: Was mache ich jetzt? Spreche ich dich darauf an? Dich hassen? Verzeihen? Versuchen, es zu vergessen? Wie könnte ich auch nur eins davon tun. Vielleicht hast du auch eine Absprache mit Papa. Vielleicht auch nicht. Vielleicht macht er das selbe. Vielleicht seid ihr jetzt quitt. Vielleicht auch nicht. Was ich jetzt machen soll, weiß ich immer noch nicht. An einem Tag hasse ich dich dafür, motze dich an, gebe Kindergarten-Antworten, bin fies, gemein, unausstehlich. An anderen versuche ich es zu verstehen. Wie ist das, fast 20 Jahre lang verheiratet zu sein. Immer ein und denselben Mann an der Seite und im Bett - oder auch nicht. Läuft es bei euch, tut es das nicht? Liebe? Keine Liebe? Ich habe es bisher nicht mal länger als 2 Jahre mit einem Kerl ausgehalten. Was kann ich schon dazu sagen. Vielleicht ist es ja berechtigt. Vielleicht kann dir wer anders geben was du brauchst. Vielleicht ist auch alles okay so. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht bist du einfach böse. Eine Ehebrecherin, Betrügerin, Verräterin. Untreu, uns allen gegenüber. Ich weiß es nicht, ich weiß es nicht. Was soll ich tun? Was wird noch kommen? Ich habe doch kein Recht, irgendwas zu tun. Oder? Möchte ich dich hassen, dir verzeihen, dich verstehen? Zu wissen, dass die eigene Mutter Ehebruch begeht, ist nicht schön. Nicht zu wissen, wie man mit diesem Wissen umgehen soll, noch weniger. Tags: Mutter, Ehebruch, Frage
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Reiners Welt ist eine reine Welt
Was darf man ok finden von den Dingen, die nicht ok sind?
Seit neustem habe ich einen Mitbewohner. Sein Name: Reiner. Bei Menschen wie Reiner wäre es äußerst hilfreich, wenn sich vorher jemand mal mit mir zusammensetzen würde und mir ganz langsam und geduldig Nachhilfe darin erteilen könnte, warum ich die Dinge so tue, wie ich sie tue. Denn Reiner macht alles richtig. Reiners Handlungen sind porentief, könnte man sagen. Aus meiner Nachhilfestunde über die chaotischen Gründe für mein eigenes Handeln könnte ich mir Notizen machen und diese hervorholen, wenn ich Reiner treffe. Ich mag Reiner nicht. Mein eigentliches Problem ist sein "Ist ok!". Reiner meint nicht mehr und nicht weniger damit, als dass er vollkommen zufrieden ist. Reiner ist ein im Wesentlichen zufriedener Mensch. Seine Grundmelodie ist fröhlich und entspannt. Und das macht mich grantig, kratzig, unbehagt. Reiner pfeift beim Frühstückmachen kleine Melodien, er stratzt durch die Gegend, er strahlt und zieht damit den Sonnenschein förmlich an. Wenn Reiners Freundin ihn fragt, ob es ihm was ausmachen würde, statt „I am Legend“ lieber „PS: Ich liebe dich“ anzusehen, ist das vollkommen ok. Wenn einer seiner Freunde anruft, um eine Verabredung zu verlegen, ist es für ihn ok, wenn ihn jemand verpflichten würde, auf einer stark befahrenen Kreuzung ein Schild mit "Bitte langsam, Schulkinder!" hochzuhalten, wäre das für ihn ebenfalls ok. Reiner ist ein geradezu einfältig zufriedener Mensch. Und das kann ich nicht leiden. In einer Welt, in der alles prima ist, auch Dinge, die eigentlich nicht prima sind - wo sind da die beruhigenden Standards? Wenn ich alle Leute mag, dann mag ich auch die kompletten Vollidioten, die Behindertenparkplatzwegnehmer, die Leute, die sich in der Supermarktkasse vor einen drängen, obwohl gerade Mittagspause ist und man es selbst eilig hat, und die sagen "Ich hab doch nur die paar Teile, ich kann doch sicher eben vor" und einen dabei schon beiseite schubsen. Diese Leute nicht zu mögen, DAS muss ok sein. Alles andere wäre nicht ok. Es gibt eben die Leute, die man nicht mögen muss, und es gibt die anderen. Es gibt die Dinge, die einen voran bringen und die, die fürs eigene Leben komplett sinnlos sind. Trotzdem: Seit ich Reiner kenne, komme ich mir karmatechnisch gesehen vor wie eine Küchenschabe. Blöd, oder?!
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Eulalie
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Eine Niederlage oder ein neuer Anfang
Ich bin gescheitert, aber ich krieg das wieder hin. Für mich.
Ich hab mich verloren. Irgendwo zwischen den schönen Momenten mit dir und den Momenten, in denen du mir das Herz so oft gebrochen hast. Ich mag mich selbst nicht mehr, finde, dass ich ein Heuchler geworden bin. Du hast das Schlechteste in mir hervorgebracht. Und ich hab dich machen lassen, bin selbst schuld. Ich war völlig eingesponnen in deinem Netz voller Liebe und Lügen. Aber was heißt ich war, ich bin es noch immer. Selbst jetzt noch, bin ich gefangen und komme nicht mehr daraus. Es ist jetzt allerdings nur noch meine Liebe für dich, die mich gefangen nimmt, die mich so sein lässt. Deine Liebe trägt dazu nichts mehr bei, sie ist nur noch wie die Nebelschwaden an einem Herbstmorgen, nach und nach verschwinden sie und es bleibt nichts mehr außer den Tautropfen, nichts mehr als eine Erinnerung. Eine Erinnerung, die mich verletzt. Ich bin gefangen, wehre mich und weine, schreie, tobe und fluche lautstark. Bin überall zu hören und doch hört niemand zu. Höre nur die klischeehaften Sachen, dass es ja Mütter mit anderen Söhnen gibt, dass wer anderes kommen wird, ich wen anderes finde. Aber das will ich im Moment nicht. Ich bin dabei in meinem Selbstmitleid zu ertrinken und will nicht gerettet werden, gönne mir eine Rettung nicht. Ich komme mir dumm vor, naiv. Ich hab gekämpft, immer und immer wieder, um uns und vor allem um dich. Aber gebracht hat es mir nichts außer dem Schmerz und die Leere. Ich bin hingefallen und so oft aufgestanden, jetzt will ich nur noch liegen bleiben. Habe meine Kraft für den letzten Kampf aufgebraucht und muss jetzt zu Atem kommen. Jetzt muss ich mich daran machen mein Herz zu flicken, ich alleine. Ich kann mich nicht auf jemand anderes verlassen, dadurch wird es nur wieder zerschmettert, irgendwann. Ich mach das lieber selbst. Nehme alles, was ich habe und stehe auf. Ich kann auch ohne dich, irgendwie. Oder zumindest wünsche ich mir das!
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Lolomai
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Ich war noch nie verliebt. Nie.
Dann gibt es ein Tag, wo du nicht suchst. Du gibst auf. Einfach so. An diesem Tag verschwendest du deine Zeit. Du sitzt. Du denkst. Du tust nichts.
Leben. Etwas so wunderbares. Und doch ist es scheiße, oft, manchmal. Du sitzt. Du denkst. Du tust nichts. Gar nichts. Wenn du vieler solcher Tage hast, denkst du dein Leben ist scheiße, sinnlos. Du denkst du hast versagt. Die Anderen. Die haben so viel zu tun. Die machen etwas. Die haben etwas. Die Anderen sind es, warum du denkst, dass du versagt hast. Du vergleichst. Du bemerkst, dass du etwas nicht hast. Etwas nicht hast, was der andere zum Leben braucht. Was ihn glücklich macht. Du dagegen hast es nicht. Du denkst, dass ist der Grund, warum du nicht glücklich bist. Nie glücklich sein kannst. Du willst es auch haben. Doch du bekommst es nicht. Nein, du hast es nicht. Vielleicht, denkst du, bekommst du es nie. Nie. Ewig auf der Suche wirst du sein. Dein Leben lang. Du suchst nach der Erfüllung deiner Leere. Nach dem etwas. Das, was die anderen so glücklich macht. Dann gibt es ein Tag, wo du nicht suchst. Sondern, du gibst auf. Einfach so. An diesem Tag verschwendest du deine Zeit. Du sitzt. Du denkst. Du tust nichts, um es zu finden. Deshalb hast du ein schlechtes Gewissen an diesen Tagen. Weil die anderen es ja haben, schon immer gehabt haben. Sie haben nie verschwendete Tage. Natürlich, sie sitzen, sie denken. Genauso, wie du. Doch sie haben das sichere Gewissen, dass sie es j a haben. Es ist immer da. Es bleibt vielleicht nicht. Aber das zählt nicht. Im Moment. An diesen Tagen. Sie haben es. Du denkst, ohne es kannst du nicht glücklich sein. Das macht dich traurig. Du weinst und fragst dich, warum es die anderen gefunden haben. Und du nicht .Du fragst dich, ob sie auch so verzweifelt danach gesucht haben oder ob sie es nur zufällig fanden. Irgendwo. Irgendwann. Dann kommst du an einen Punkt, wo du dir sagst, wozu solltest du danach suchen. Du weißt weder was es ist, noch wie es ist. Du willst es wissen. Aber brauchst du es wissen? In diesem Moment redest du dir ein, dass du auch ohne dieses etwas leben kannst. Du kannst Leben. Das Leben leben ohne dieses etwas, das klappt aber letztendlich dann doch nur wieder bis zu diesen bestimmten Tagen. Dann sitzt du wieder da, du hast es immer noch nicht gefunden. Natürlich nicht, du hast ja auch nicht danach gesucht. Aber du hast trotzdem gelebt und Spaß gehabt Darüber freust du dich. Dann bist du glücklich. Für ein Augenblick. Doch du weißt auch, dass es da die anderen gibt, die auch an diesen verschwendeten Tagen, glücklich sind. Dann bist du wieder traurig. Uns suchst weiter. Du denkst, du brauchst vielleicht gar nicht suchen und irgendwann, ja irgendwann kommt es zu dir. Von allein. So hat es auch bei manch anderen geklappt. Also lehnst du dich zurück und wartest. Du sitzt. Du denkst. Du verschwendest deine Zeit. .
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Narrenspiel
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Wir könnten die Welt verändern...
Als ich heute morgen aufgewacht bin, ist mir seit vielen Tagen wieder einmal aufgefallen, wie gut ich mich fühle. Hammergut. Supergut.
Nachdem ich geduscht, mir mein neuestes Top und knallenge, perfekt sitzende Jeans angezogen hab’, war ich – mit meiner Lieblingsmusik im Hintergrund – bereit., mich nackt auf die Straße zu stellen und zu schreien, dass ich zu allem bereit bin. Die Energie floss mir durch den Körper, ich vibrierte vor Spannung. Es wird Zeit, dacht’ ich mir, tu was! Nur… was? Schnell durch VIVA, MTW, Giga und ähnliche Sender gezappt – nichts interessantes zu sehen. Mein aktuelles Buch von der Couch geangelt – ach, das handelt nach hundert Seiten ja immer noch von der Bestürmung Trojas und dem endlosen Streitgespräch zwischen Achilles und Agamemnon. Den Rechner angeschaltet – ach, auch kein Game, das ich nicht schon durchgezockt hätte. Zeitung gelesen – es hätte auch die von gestern sein können. Freunde angerufen, zum Treffen verabredet – an der Frage gescheitert: „Was sollen wir machen?“ Ich bin jung, ich bin sexy, ich habe Energie, ich habe Lust, ich habe einen Packen Motivation für hundert weitere Leute; ich bin kein Opfer der verdummten Viva-Generation, ich habe meine eigene Meinung, ich habe Hobbies, die nicht jeder hat, ich habe Lust auf Konfrontation, ich habe super Freunde, ich hab’ mir für heute nichts vorgenommen, ich habe heute keine Termine, ich will einfach nur machen, was ich will… Allein, ich weiß nicht, was ich machen will. Meine Generation – zumindest so gut wie alle, die ich aus ihr kenne – sind nicht so verdummt, wie es uns die Sittenwächter gerne suggerieren würden. Wir sind nicht derart sexfixiert, wie die Musikvideoindustrie uns gerne haben würde. Wir sind nicht so simpel, dass wir uns den gesamten Tag vor ein und dasselbe Computerspiel hocken könnten. Wir sehen nicht immer gut aus und sind gutgelaunt wie amerikanische Cheerleaderinnen in einschlägigen Firmen. Wir haben keine Probleme – zumindest nicht mehr, als jeder andere Mensch auf dieser Welt auch. Ich fürchte einfach nur, dass ein Großteil der Leute, die in meinem Alter sind, keine Ahnung haben, was sie mit ihrer kaum zu bändigenden Energie anfangen sollen; wir haben einfach keine Probleme, keine diktatorischen Mächte, keine spießige Gesellschaft mehr, gegen die wir rebellieren könnten, und es lohnt sich den Aufwand kaum, wegen irgendetwas aus dem Haus zu gehen. Also schalten wir doch wieder den Fernseher an, lesen, hören Musik oder chatten mit unseren Freunden über die neueste Frisur der Jahrgangsschlampe, weil die das in den Filmen ja auch immer so machen und wir niemals auf die Idee kämen, auf die obligatorische Frage „Wie geht es dir?“ mit „Ich weiß nicht, aber ich hab’ da ein Problem…“ zu antworten. Ich glaube fest daran, dass wir alle insgeheim wissen, dass uns diese ganze Konsumgesellschaft, der stete Überkonsum als Folge daraus, dass wir ja nicht wissen, was wir sonst tun sollten – es hat uns ja niemals jemand gesagt, was wirklich Spaß, was glücklich macht! – niemals erfüllen kann. Aber keiner aus meiner Generation weiß, was er sonst tun sollte, außer zu konsumieren, und wenn es einer weiß, dann sagt er es uns nicht – warum auch? -, und so sitzen wir weiter vor unseren Fernsehern, Rechnern, Telefonen, in Clubs, Bars, Kneipen, Diskotheken und Rathaustreppen und reden, ohne zu wissen, worüber wir diskutieren sollten, weil alles schon gesagt ist und wir nicht wissen, was getan werden könnte. Uns fehlt die Fähigkeit, die Gelegenheit am Schop zu ergreifen, und nun stecke ich also fest und, wie ich zu sagen pflege, ich weiß, aber ich weiß nicht, was ich weiß.
http://www.neon.de/artikel/sehen/gesellschaft/wir-koennten-die-welt-veraendern/635098
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blissfully.insanity
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Soll ich dich kurz festhalten?
Und dann stehst du da und die zwei Meter, die uns trennen sind in Wirklichkeit mindestens zweitausend.
Bei dir passiert gerade so viel auf einmal. Eine schlechte Nachricht nach der anderen und du weißt langsam einfach nicht mehr, wo dir der Kopf steht. Am liebsten würde ich dich in den Arm nehmen und dir sagen, dass alles wieder gut wird. Irgendetwas sagen, dass dir Geborgenheit gibt. Dann stehst du vor mir und ich kann gar nichts rausbringen. Kann mich nicht mal entscheiden, ob ich dich jetzt umarmen oder dich in Ruhe lassen sollte. Und du hast nichts gesagt. Wolltest es nicht sagen. Und trotzdem hab ich es gewusst. Ich hab dich dann nicht in Ruhe gelassen, aber umarmt habe ich dich auch nicht. Ich hab schon vor längerer Zeit die Gelegenheit dafür verpasst und bin seitdem auch nicht mehr in der Lage, sie erneut zu finden und festzuhalten; dich festzuhalten. In solchen Momenten, weiß ich gar nicht mehr, was du willst oder ob du mich brauchst. Es ist, als gleitest du mir einfach aus den Händen. Dabei hätte ich dir so gerne Halt gegeben.
http://www.neon.de/artikel/fuehlen/freundschaft/soll-ich-dich-kurz-festhalten/1437992
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Eisnelke
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Dienstagsgedanken
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Wenn das Glück sprichwörtlich am seidenen Faden hängt, warum fehlt uns so oft eine Schere? Tags: Glücklich sein
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Feli24
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In meinem Kopf schweigst du nie
Ich wollte dich nie wieder küssen und trotzdem tue ich es ständig. Ich wollte nie wieder mit dir reden, aber in meinem Kopf schweigst du nie.
Manchmal, wenn ich aus meinem Fenster schaue, dann warten meine Augen und Ohren darauf, dass ein Auto vorbei fährt. Es ist über ein Jahr her, dass wir unsere Geschichte beendet haben. Über ein Jahr bin ich den Weg alleine gegangen, auch wenn ich dich immer bei mir hatte. Einen Tag nachdem ich dich verbannt oder es zumindest probiert hatte, habe ich meine kleinen Habseligkeiten in eine Kiste gepackt und bin gerannt. Ich bin bis in eine andere Stadt gerannt, weil ich dachte du könntest mich nicht einholen. Aber abends in den neuen Räumen, da warst du überall. Ich habe mir Wohnungen angeguckt, die weder von außen, noch von innen, wie deine aussahen. Die Fassade sollte komplett anders sein, damit ich nie wieder vor deinem Haus stehen muss. Das Treppenhaus durfte nicht so riechen, wie deins. Die Treppen durften nicht die deinen sein, und die Tür, ein anderes Holz, eine andere Farbe, ein anderer Stock. Damit ich nie wieder die Stufen zu dir hochsteige und dich grinsend in dem Türrahmen stehen sehe. Damit ich nie wieder die Stufen hoch renne und in deinem Lachen und in deinen Armen versinke. Ich wollte dich nie wieder küssen und trotzdem tue ich es ständig. Ich wollte nie wieder mit dir reden, aber in meinem Kopf schweigst du nie. Und ja, manchmal fährt dann eins vorbei und dann wünsche ich mir ganz leise, dass es deins ist, dass du aussteigst, zu mir hochschaust und mich fragst, ob wir endlich gehen können. Tags: Vermissen
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Hybridwesen
Was kommt dabei heraus, wenn man Mensch und Maus miteinander kreuzt? So könnte ein schlechter Witz beginnen. Doch es ist ernst:
Gefährliche Kreuzung von Mensch und Tier Von Jeremy Rifkin Was kommt dabei heraus, wenn man Mensch und Maus miteinander kreuzt? So könnte ein schlechter Witz beginnen. Doch es ist ernst: Vor kurzem unternahmen der renommierte Molekularbiologe Irving Weissman und sein Forscherteam an der Stanford University in Kalifornien Hightech-Experimente, bei denen sie menschliche Gehirnzellen in Mäuseföten verpflanzten. Die Wissenschaftler schufen so einen neuen Mäusestamm mit einem menschlichen Anteil von etwa einem Prozent. Nun strebt Weissman ein Folgeexperiment an, das Mäuse mit hundert Prozent menschlichen Gehirnzellen hervorbringen soll. Was wäre, wenn diese Mäuse entkommen und sich außerhalb des Labors fortpflanzen könnten? Welche Folgen hätte es für die Umwelt, wenn Mäuse, die wie menschliche Wesen denken, in freier Natur auftauchen? Weissman erklärt zwar, er werde die Mäuse sorgfältig bewachen und sie bei ersten Anzeichen menschlicher Gehirnentwicklung sofort töten, doch sehr beruhigend ist das nicht. In einer Welt, in der wir uns an das Bizarre gewöhnt haben, schockiert kaum noch etwas die menschliche Psyche. Doch bei Versuchen wie dem an der Stanford University, der eine teilweise humanisierte Maus hervorbrachte, verschwimmt die Grenze zwischen menschlichem Herumpfuschen an der Natur und pathologischem Handeln. Diese wissenschaftlichen Aktivitäten - man spricht von experimenteller Chimären-Forschung - sind der neueste Trend der Biotech-Revolution. Überall auf der Welt stellen Forscher bereits Versuche an, bei denen sie Zellen von Menschen und Tieren kombinieren, um so genannte Chimären zu kreieren - Mischgeschöpfe, die an die griechische Mythologie mit ihren Mensch-Tier-Sagengestalten erinnern. Ein Experiment dieser Art fand erstmals vor Jahren statt, als Wissenschaftler in Edinburgh, Schottland, die Zellen eines Schaf- und eines Ziegenembryos vereinten - zweier Tierarten, die nicht miteinander verwandt sind und sich in freier Natur weder miteinander paaren noch Hybrid-Nachwuchs zeugen können. Das Geschöpf, das dabei entstanden ist, wurde Schiege genannt. Es hatte den Kopf einer Ziege und den Körper eines Schafes. Jetzt machen sich Wissenschaftler daran, sich über das letzte Tabu der natürlichen Welt hinwegzusetzen: die Kreuzung von Mensch und Tier zur Erschaffung neuer Mensch-Tier-Hybriden aller Art. Neben der humanisierten Maus wurden bereits Schweine gezüchtet, in deren Adern menschliches Blut fließt, sowie Schafe, deren Leber und Herz überwiegend menschlicher Natur sind. Diese Experimente sollen die medizinische Forschung vorantreiben. Eine wachsende Zahl von Gentechnikern argumentiert, dass Mensch-Tier-Hybride ein goldenes Zeitalter der Medizin einläuten werden. Forscher erklären, je ähnlicher künstlich gezüchtete Versuchstiere dem Menschen sind, desto besser eignen sie sich, um an ihnen den Verlauf menschlicher Krankheiten zu studieren oder um die Wirkung neuer Medikamente zu testen und um ihnen Gewebe und Organe zur Transplantation in menschliche Körper zu entnehmen. Was die Befürworter solcher Forschung allerdings nicht erwähnen: Zu diesen befremdlichen Experimenten gibt es viel versprechende und mit weniger Auswüchsen verbundene Alternativen. Durch intelligente Computersimulation lässt sich viel über Krankheiten wie über die Wirksamkeit oder Schädlichkeit von Medikamenten herausfinden. Auch Gewebezüchtungen im Reagenzglas, Nanotechnologie und Prothesen können helfen, menschliches Gewebe und Organe zu ersetzen. Bei Chimären-Experimenten bleibt die Frage: Wie hoch ist der Preis, den wir dafür zahlen? Einige Forscher spielen mit dem Gedanken, ein Hybridwesen, halb Affe, halb Mensch, zu züchten. Ein solches Mischgeschöpf wäre das Nonplusultra für die Forschung, da Schimpansen eng mit der menschlichen Spezies verwandt sind. Das Genom eines Schimpansen entspricht zu 98 Prozent dem des Menschen. Die geistigen Fähigkeiten und das Bewusstsein eines voll ausgewachsenen Tieres sind vergleichbar mit denen eines vierjährigen menschlichen Kindes. Durch die Vereinigung der Zellen eines menschlichen Embryos mit denen eines Schimpansen - was durchaus möglich ist - würde ein Geschöpf entstehen, dessen menschlicher Anteil ziemlich hoch wäre. Die Frage, wie wir den Status eines solchen Wesens im moralischen wie im juristischen Sinn definieren, würde die in 4000 Jahren entstandene Humanethik in ärgste Verwirrung stürzen. Sollen für diese Kreaturen die Menschenrechte gelten, sollen sie unter dem Schutz des Gesetzes stehen? Hätten sie eine Art Menschlichkeitstest zu bestehen, um in die Freiheit entlassen zu werden? Oder würden sie zu niederen Diensten herangezogen und für gefährliche Aktivitäten eingespannt? Bei solchen Horrorvisionen stehen einem die Haare zu Berge. Würden menschliche Stammzellen - die primordialen Keimzellen, aus denen sich etwa 200 verschiedene Zellarten des Körpers entwickeln können - einem Tierembryo eingesetzt, so bestünde die Möglichkeit, dass einige dieser Humanzellen in die Hoden oder Eierstöcke des Tieres wandern und dort zu Sperma oder Eizellen heranwachsen. Paaren sich zwei solcher Mensch-Maus-Chimären, könnten sie womöglich einen menschlichen Embryo zeugen. Würde dieser Embryo anschließend entfernt und in einen menschlichen Leib implantiert, so wären Maus-Chimären die biologischen Eltern dieses heranwachsenden menschlichen Babys. Die Rede ist hier nicht von Science-Fiction. Die American National Academy of Sciences, dieses erlauchte amerikanische Wissenschaftsinstitut, wird voraussichtlich noch im April Richtlinien zur Chimären-Forschung herausgeben, da sie mit einer Flut neuer Experimente auf diesem sich rasant ausbreitenden Gebiet rechnet. Bio-Ethiker bahnen bereits moralisch den Weg für Experimente mit Mensch-Tier-Hybriden. Sie argumentieren, sobald erst einmal der Widerwille in der Gesellschaft überwunden sei, habe die Menschheit viel zu gewinnen durch die Aussicht auf neue, teilweise menschliche Geschöpfe. Mit der gleichen Begründung wird immer wieder versucht, eine Entwicklung zu rechtfertigen, die sich zusehends als gespenstische Reise in eine monströse Schöne Neue Welt entpuppt. In dieser Welt darf die Natur gnadenlos manipuliert werden, solange die Interessen und Launen einer einzigen Art - des Homo Sapiens - dadurch befriedigt werden. Mit den Chimären-Experimenten riskieren wir allerdings, im Namen des Fortschritts die biologische Integrität unserer eigenen Spezies zu unterminieren. Die Chimären-Technologie gibt Wissenschaftlern die Macht, die EvolutionsSaga umzuschreiben. Sie können dadurch Bestandteile des Homo sapiens nach Belieben im Tierreich verbreiten, oder Teile von anderen Spezies mit unserem eigenen Genom mischen. Ja, sie können sogar neue menschliche Unter- und Überrassen kreieren. Befinden wir uns also an der Schwelle zu einer biologischen Renaissance, wie manche meinen? Oder säen wir die Saat unseres eigenen Untergangs? Vielleicht sollten wir uns einmal näher mit der Frage befassen, was wir eigentlich unter Fortschritt verstehen. Übersetzung: Eva C. Koppold------------------------------------------------------------------------
http://www.neon.de:80/artikel/sehen/gesellschaft/hybridwesen/662367
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sehen
gesellschaft
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MademoiselleCinCin
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Fix you.
Einen Samstagabend allein. Nichts Besonderes.
„ When you try your best, but you don't succeed When you get what you want, but not what you need When you feel so tired, but you can't sleep Stuck in reverse.“ Einen Abend allein. Einen Samstagabend allein. Nichts Besonderes. Die letzten Wochen liefen da ganz anders.. von einer Party in die nächste. Mittwoch, Donnerstag, Freitag, Samstag- wen interessiert da der Wochentag? „Hauptsache es knallt.“ Der Rausch macht es einfach sich fallen zu lassen, über nichts nachdenken zu müssen. Leichtigkeit..nach der man sich die ganze Woche über sehnt. Thank god, it's friday. Juhu, endlich Urlaub... und raus hier! Doch dann ist da diese Hürde, die man versucht endlich zu überqueren.. Schatten der Vergangenheit die man versucht einfach wegzuspülen. „Da kommst du drüber weg, an Liebeskummer ist noch niemand gestorben.“ Schöne Weisheit. Aber wer sagt einem dann genauso klar wie man lernt wieder zu vertrauen? Wie schafft man es den Stein vom Herzen fallen zu lassen? Wer spielt Halloween mit der Vergangenheit? In den vergangenen Tagen, Wochen und Monaten hat sich mein Schema in Sachen Männer kaum verändert. Man ließ sich drauf ein, stürzte sich quasi direkt ins Schlafzimmer. Gefühle? So etwas lässt man nicht zu, nein. Ansonsten ergreift man eben die Flucht. Einfach wie dumm. Meist erledigte sich das „Problem“ fast wie von selbst.. wie gewonnen so zerronnen – geküsst, verliebt und auf und davon, aber nicht mit mir. „Glücksbringer“? Alles hat zwei Seiten. Und dann kommt ER. Im Grunde nichts Weltbewegendes, ein Kerl wie jeder andere. Aber doch..Der erste Kerl, der nicht anbeißt, wenn es darum geht sich „mal zu treffen“. Keine Handynummer. Zufällige, seltene Treffen, aufwallende Schüchternheit sobald ER den Raum betritt.Herzklopfen,Sprachlosigkeit,Ruhe.Langersehnte Ruhe kommt in mir auf. Ein Kerl wie jeder andere, nur nicht zu durchschauen. Dann diese Momente unglaublicher Nähe. Betrunken misst man dem Ganzen nichts bei, wieso auch? Und sonst hat das ja auch nichts zu bedeuten gehabt. Aber seit letzter Nacht ..dreht sich die Welt ein wenig anders? Kann das sein? Diese Blicke, die man nicht deuten kann, denen ich nicht standhalte. Winzige Momente der Zuneigung, auch mit Publikum. Beiläufige Bemerkungen, die einen aufhorchen lassen. Und im Leben nach der Party? Einschlafen und Aufwachen mit IHM. Ereignisse, die diesmal nicht der Alkohol auslöscht. Marmeladenglasmomente, die ich aufsauge wie ein Schwamm. Doch dann..kriecht die altbekannte, ja wohlbekannte Angst wieder die Kehle hoch. Was, wenn man zu viel reininterpretiert,wenn ER alles ganz anders sieht? Wenn man sich in einer Sache verrennt? Wenn ER doch kein guter Mensch ist? Und was ist, wenn ER geht? Samstagabend, allein. Zu viele Fragen ..und keine Antwort parat. „ And the tears come streaming down your face When you lose something you can't replace When you love someone, but it goes to waste Could it be worse?“
http://www.neon.de:80/artikel/fuehlen/liebe/fix-you/785806
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hellbunt
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...doch in mir tobt nur der Tod
Ich könnte sterben. Täglich.
Ich sitze in meinem Zimmer und räume Sachen hin und her, starre auf meine hässliche gelbe Tapete, werfe plötzlich das nächstbeste, das vor mir liegt an die Wand. Ich wollte schreien, aber krieg keinen Ton raus, weil ich Angst vor dem Geräusch habe. Also sitze ich stumm auf dem Boden, des Zimmers das mich zu erdrücken droht, dessen Wände näher kommen und in dem ich keine Luft mehr bekomme. Der Druck presst von innen gegen meine Schädeldecke und ich habe das Gefühl zu bersten, aber nichts passiert. Ich sitze unverändert auf dem kratzenden Teppichboden und starre vor mich hin. In mir zerbricht minütlich etwas und von Sekunde zu Sekunde schwillt etwas anderes in mir an. Es dringt nichts nach außen, dafür sorge ich. Jeden Tag steh ich auf, ohne zu wissen für was. Jeden Tag esse ich, obwohl ich verhungern möchte. Jeden Tag sitze ich in der Schule, auch wenn ich aufstehen und gehen will. Jeden Tag fahre ich nach Hause, obwohl es das schon lange nicht mehr ist. Jeden Tag bin ich zu Hause und wünsche mich fort. Jeden Tag lege ich mich ins Bett und versuche zu schlafen. Jeden Tag schlafe ich, ohne die Motivation wieder aufzuwachen.
http://www.neon.de:80/artikel/fuehlen/psychologie/doch-in-mir-tobt-nur-der-tod/681340
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psychologie
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Funny-Franzi
http://www.neon.de/user/Funny-Franzi
Wenn ich eines Tages sterbe...
möchte ich Spuren hinterlassen haben.
Wenn es eines Tages soweit ist, und ich diese Welt verlassen muss, dann will ich sagen können, dass ich etwas hinterlassen habe. Diese Welt wird mich nicht vergessen. Wir wissen nicht, wann wir gehen müssen. Es könnte in zwanzig Jahren sein, oder auch schon morgen. Ich möchte nicht reich sterben, denn das ganze Geld bringt mir nach meinem Tod nichts mehr. Meinen Hinterbliebenen vielleicht, aber reich möchte ich nicht sterben. Ich muss auch keinen Namen haben, wenn ich sterbe. Es müssen keine hunderttausend Leute um mich trauern. Ich will nicht, dass die Menschen am nächsten Tag eine Schweigeminute für mich halten - klar, das wäre schön, davon träumen viele, aber haben muss ich das nicht. Ich will nicht als jemand sterben, der die Welt verändert hat. Es wäre schön, es würde mir einen Namen machen, ich hätte auf meine Weise die Welt veränder, aber unbedingt sein muss das nicht. Ich will Spuren hinterlassen. Aber nicht im Sinne von Reichtum, einem Namen in einer Zeitung, einer Menge aus trauernden Leuten. Ich möchte den Menschen, die mir Nahe stehen, Spuren im Herzen hinterlassen. Erinnerungen. Erinnerungen an mich. Geschichten, die sie über mich erzählen werden. Kleine Taten, die ich getan habe, und wenn es nur ein kleiner Witz war, der sie für wenige Augenblicke erheitert hat. Aber so, und nicht anders, hinterlasse ich Spuren. Ich werde weitergetragen. Sie erzählen von mir, ich werde weiterhin bei ihnen sein und so gehe ich  nicht verloren. So hinterlasse ich Spuren. Spuren auf dieser Welt. Tags: liebe, Erinnerungen, Welt
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psychologie
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zion_country
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Neu
Endlose Korridore, stumme Schreie, Kanülen und lila Flecken.
Endlose Korridore, stumme Schreie, Kanülen und lila Flecken. Ihr habt mich aufgeschnitten, seid durch meinen Körper gegangen, habt in meinen Kopf geschaut, ihn repariert und ihn wieder verlassen. Erbrechen, Kopfschmerz, Angst und Verzweiflung. Kortison und Morphium. Freiheit, Laufen, Leben und Neubeginn. Ihr sagt ich bin repariert, funktioniere wieder. Ich kann sprechen, mich bewegen, schreiben und lesen. Lachen, Freude, Liebe, fehlt. Aber ich lebe, aber ich lebe, aber ich lebe, habt ihr gesagt. Oberflächlich ganz, tiefgründig leer.
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LaBella55
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Sitzengeblieben.
Als wäre ihr der Faden von jemandem weggenommen, aus der Hand gerissen und weit fort geworfen.
Sie sitzt da und starrt auf ihre Hände. Auf ihre jungen Hände, die gerade erst begonnen haben, nach etwas zu greifen - und nun doch wieder kraftlos in ihrem Schoß liegen. Sie sitzt nur da - verloren in einer Welt, in der sie ihren Platz nicht sehen kann. Es fühlt sich an, als hätte sie den Faden verloren. Als wäre ihr sein Ende über Nacht aus den Finger geglitten und wäre verschwunden. So, als stünde sie alleine in einer endlosen Wüste - ohne zu wissen, in welche Richtung sie gehen muss, um den Horizont zu erreichen. Oder wenigstens irgendetwas davor. Es fühlt sich an, als hätte sie Nebel im Kopf und die verwirrten Gedanken fänden den Weg nicht mehr. In einem Leben, von dem sie jetzt nicht mehr weiß, ob sie es richtig gewählt hat. Sie hat kein Ziel mehr vor Augen und irrt planlos umher - ohne inneren Kompass, ohne eine bewusste Richtung. Weil sie es einfach nicht weiß. Nicht, was sie will oder wie es richtiger wäre. Nicht, was sie erwartet oder was sich hinter all den kryptischen Erwachsenenworten verbirgt. Als wäre ihr der Faden von jemandem weggenommen, aus der Hand gerissen und weit fort geworfen. Und ihre Hände nun leer. Midlife-Crisis, sagt man ihr. Wäre sie 20 Jahre älter. In Gedanken greift sie nach all den Möglichkeiten. In Gedanken, klammert sie sich an etwas fest, weil sie nicht ohne sein will. Nicht ohne alles, ohne jegliche Idee. Trotzdem bleibt sie sitzen, denn für Taten ist sie nicht mutig genug. War sie nie. Sie traut dem Risiko nicht. Wagt nicht, aufzustehen und sich in die Unsicherheit zu begeben. Und so sieht sie nur dabei zu, wie die Zeit an ihr vorbeifließt und das Ende des Fadens unwiederbringlich verloren scheint. Die ganze Zeit bereut sie ihre Feigheit, bereut ihr Unvermögen aufzustehen und etwas zu verändern. Sie trauert um all die Dinge, die sie nicht gemacht hat. Die Wege, die sie nicht gegangen ist. Den Mut, den sie nie hat aufbringen können. Bedauernd, dass die Uhren sich einfach weitergedreht haben, während sie den Faden nicht wiederfinden konnte. Midlife-Crisis, sagt man ihr dann. So wie seit 20 Jahren. Und sie sitzt da und starrt auf ihre Hände. Sieht die Falten, von denen sich Jahr für Jahr mehr über ihre Hände ziehen. Hände, die sich so sehr gewünscht haben, nach den Sternen zu greifen, während sie zu feige war, aufzustehen und zu leben. Sie sitzt nur da - verloren in einem Leben, für das sie nicht mutig genug war. Tags: Leben, Entscheidungen
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JMW
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Die Philosophie des hellen Stadtrandnachmittags
Kannste nicht erklären, musste fühlen.
… denn bedenke: besser wird es kaum im Leben, als einen Nachmittag lang durchzuvögeln mit Tapeten an den Wänden und halbausgepackten Einkaufstüten auf dem Tisch, wobei die Nachmittagssonne durch die Fenster kommt, fleckend über den Teppich kriecht, eine Zimmerpflanze illuminiert und auf zwei nackte Ärsche scheint. Auf der Straße fahren Autos, Busse und  Straßenbahnen die im besten Fall trist aussehende und angepisste Menschen von A nach B bringen, wobei diese Menschen (wie es in der heiligen Schrift heißt) weder mögen, woher sie kommen, noch, wohin sie gehen aber hier, aber hier: nur zwei Menschen und das Sonnenlicht in einem Zimmer und eure Ärsche und danach vielleicht Selbstgedrehte oder bisschen was zu Kiffen, leise Erzählungen von früher Schulter an Schulter, an kleinen blonden Armhaaren zupfen und Musik im Hintergrund von einem Mann der vor 75 Jahren seine Gitarre gequält hat -- was passt, denn das ganze Leben ist quälen aber nur fast, denn hier denn hier plötzlich eine Auszeit, plötzlich Euphorie und maximale Entspanntheit und Drama alles zusammen wie die warme helle Unterseite einer Beethoven-Symphonie und dann nackt eine große Portion Spaghetti kochen zusammen und sich dabei dämliche Spitznamen geben, essen, womöglich ein geteiltes Bier dazu, ein kleiner Rülpswettbewerb und fertig für die nächste Runde ... Vergiss alle Pläne, Zeitabschnitte die zu füllen sind, Anforderungen und Ansprüche, Wünsche, Sehnsüchte, Ängste und Bedenken, vergiss dich am besten selbst das ist der Trick, im Grunde muss man sich nur an eines erinnern, traurig im Alltag unterwegs von A nach B, oder nachts allein im Bett: Dein wahres Leben misst sich in den Nachmittagen, in denen dir die Sonne auf den Arsch scheint.
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emel
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Musikfaschismus
Was steckt hinter der Intoleranz, wenn es um einige Musiker und Musikstile geht? Der selbstanalytische Versuch einer "untypischen" Türkin.
Ich erinnere mich: Als ich mit 15 Jahren versuchte, mit meiner R'n B-&-Hip-Hop-beladenen Musikvorliebe einen Schwenker Richtung "Rockmusik" zu machen, musste ich mir von einem Mädchen (zu der ich damals aufsah und der ich imponieren wollte, denn sie kam aus Istanbul) anhören, dass Red Hot Chili Peppers keine Rockmusik machen. "Das ist kein Rock. Das ist Pop." Gott, wie peinlich! Ich fühlte mich ertappt. Ich gehörte in ihren Augen zu den Leuten, die keine Ahnung haben, was Musik überhaupt ist. Mit 15 Jahren ist man wahrscheinlich auch noch nicht soweit. Aber jene Situation von vor sieben Jahren blieb mir immer im Hinterkopf. Nicht weil auf die Suche nach der "richtigen" Rockmusik ging. Sondern weil mir bewusst wurde, dass es etwas jenseits des allgemeingültigen, öffentlichen Geschmacks geben musste. Etwas, das nicht jeder kannte und denjenigen, der es kannte, zu etwas Besonderem machte. Aber wo sollte ich danach suchen? Ich habe keine Eltern mit einer Plattensammlung aus den 70ern. Keine Beatles, kein Pink Floyd oder Kool & The Gang. Meine Eltern hören noch heute türkische Klassik und Volksmusik. Da ich diese Musik damals als Jugendliche nicht mit meinem Umfeld in Einklang bringen konnte, fragte ich mich selber durchs Leben. Ich fand die Antwort (man glaubt es kaum) im Deutschunterricht auf dem Gymnasium: "Apocalypse Now". Ein Film, der mir eine völlig neue Dimension des Klangs offenbarte. In der Anfangsszene mit der Palmenreihe habe ich das erste Mal eine Gitarre gehört, wie ich sie vorher noch nie gekannt habe. So frei. Die Melodie schwebte über den Bäumen, waberte mit der heißen, napalmhaltigen Luft des Dschungels. Und dann kam diese Stimme aus dem Nichts und verkündete mit der Explosion das Ende: "The End" von The Doors war das erste Lied, das mich bewusst berührte. Seitdem war mir klar, dass Musik sehr stark mit der eigenen Persönlichkeit und ihrer entsprechenden Lebensphase verbunden ist. Ich war auf der Suche. The Doors kamen und nahmen mich mit. Und ich habe denen das abgekauft, die ganze Sache mit den "Pforten der Wahrnehmung" und so. Sie öffneten mir Augen und Ohren und gaben mir den Mut, meinen Ohren viel mehr zuzutrauen. Ich stehe noch heute zu meiner R'n B-Vergangenheit. Lieder wie "Sleeping im my bed" von Dru Hill, "Tell me what you want" von Mase oder "Home alone" von R. Kelly werden nicht so einfach wiederkehren. Selbst in der R'n B-Szene selber sind in den letzten Jahren solche Burner eher ausgeblieben. Dennoch höre ich mir bei Gelegenheit auch die neuen Sachen an. Denn auch hier lautet die Devise: "Wissen ist Macht." Seitdem ich mich in den letzten Jahren intensiv in die Indie-Szene begeben habe, ist mir eine besondere Grundhaltung aufgefallen. Die Leute, mit denen ich mich umgab, hatten Probleme mit vielen Stilrichtungen und Interpreten. "Geh bloß weg mit Black Eyed Peas! Die sind scheiße, besonders seitdem diese Bratz dabei ist." Oder "Electro? Itze, itze, oder was? Wo ist denn da die selbstgemachte Musik?" Oder "Dieser R'n B-Scheiß ist Kinderkacke. Bling bling & Wackel den Arsch. Alles dumm wie Brot." "Sophia" ja, "Phantom Planet" nein! "The Strokes" ja, "Beatsteaks" nein! "Adam Green" ja, "Robbie Williams" nein! Es ist die Oberfläche, die viele stört. Dass alle dieses oder jenes Lied, diesen oder jenen Musiker kennen. Das senkt den Reiz. Adam Green war top, bis er plötzlich zum Sarah-Kuttner-Liebling wurde. Danach kannten ihn alle und für viele war er danach gestorben. Aber warum? Wir wissen doch alle, wie kurzlebig die Popkultur ist. Nach paar Monaten hat man ihn doch wieder "für sich". Faschisten gibt es in jeder Szene. Die Hip Hopper sind auch nicht gerade die weltoffensten und die Heavy Metal-Leute machen allein optisch die Absenz ihrer Diskussionsbereitschaft deutlich. Es geht auch nicht darum, dass sich jeder lieb hat. Meine Frage lautet eher: Geht es in dieser Diskussion noch um die Qualität der Musik? Oder ist es ein bestimmter Lebensstil, der damit verbunden ist und den man verneint? Spielen da vielleicht sogar soziale Dinge eine Rolle, die die Haltung auslösen? Bei R'n B denke ich immer an Türken, die sich im Club auf die Fresse hauen, weil sie dicke Eier beweisen wollen. Ist das gerechtfertigt von mir? Vor allem: Wenn es stimmt, dass man Musik sozial zuordnen kann, ist dann unser musikalischer Werdegang nicht in bestimmter Hinsicht determiniert? Spielt das soziokulturelle Umfeld, aus der man nicht so leicht ausbrechen kann, nicht eine signifikante Rolle? Ich sage: Ja! Und der französische Soziologe Pierre Bourdieu würde folgendes hinzufügen: "Als Vermittlungsglied zwischen der Position oder Stellung innerhalb des sozialen Raumes und spezifischen Praktiken, Vorlieben usw. fungiert das, was ich Habitus nenne, das ist eine allgemeine Grundhaltung, eine Disposition gegenüber der Welt, die zu systematischen Stellungnahmen führt. Es gibt – und das ist meiner Meinung nach überraschend genug – einen Zusammenhang zwischen höchst disparaten Dingen: wie einer spricht, tanzt, lacht, liest, was er liest, was er mag, welche Bekannte und Freunde er hat usw. – all das ist eng miteinander verknüpft." Seitdem ich mich von R'n B & Hip Hop ein wenig entfernt habe, habe ich kaum noch türkische Freunde. Das ist kein Witz! Mein türkisches Umfeld ist völlig abgestorben und im Gegenzug dazu finden mich viele Nicht-Türken "interessant", weil ich "nicht typisch Türkisch bin", denn ich höre ja kaum R'n B. Ich habe mich aber schon damals für Theater interessiert und habe Sachen von Thomas Mann und Max Frisch gelesen. Das eine bedingt das andere. Daher wird es auch nie einen Weg aus dem Musikfaschismus geben. Das wäre so, als würde man soziale Räume abschaffen. Ich hasse zwar Robbie Williams, aber ich werde nie aufhören, mich mit jeglichen musikalischen Refreshments zuzudröhnen, denn diese Eigenschaft ist schlichtweg ein Teil meines Habitus. Also: Die Energie bündeln und konstruktiv nutzen! Den Musikfaschismus als einen Katalysator verwenden! Denkt immer zuerst daran zu erkennen, wie ihr musikalisch gesehen zu dem geworden seid, der ihr seid und wen ihr vor euch stehen habt, um eine für beide Seiten effektiven Diskurs zustande zu bringen.
http://www.neon.de/artikel/-/-/musikfaschismus/644275
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eDarling
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Verdammter Gutmensch
Jedes verdammte Heute wird irgendwann ein Gestern sein und wie oft wünscht man sich doch, man hätte... . Oder hätte eben nicht. Das ist der Punkt.
Ein verdammter Gutmensch will ich sein. Hab's grad gelesen: 'Die Gegenwart ist scheiße, weil in der Vergangenheit so viel schiefgelaufen ist. Wenn du weißt, was ich meine, Schätzelein.' Jedes verdammte Heute wird irgendwann ein Gestern sein und wie oft wünscht man sich doch, man hätte... . Oder hätte eben nicht. Und genau das ist der Punkt. Wenn eine beschissene Vergangenheit verleitet, die Gegenwart auch wieder zu verkacken. Was tun, was tun? Gutmensch werden! Alles richtig machen. Und mit Herzen wird nicht gespielt, meine Freunde. Nicht mal, wenn sie blond ist. Erst recht nicht, wenn sie dumm ist. Macht man einfach nicht. So steht man da, den Vodka in der Hand und fragt sich, was darf ich denn noch? Türen aufhalten, mein Sohn. Gesundheit sagen, wenn du angeniest wirst und alten Damen zulächeln und fragen, ob man helfen könne. Mein Sohn, du darfst tanzen, aber nicht zu eng, du darfst schäkern, ja, du darfst sogar einen Kaffee mit ihr trinken gehen. Doch als Gutmensch, mein Sohn, ist man immer ehrlich und was nicht da ist, kann man nicht verschenken. Also erzähl ihr von deinem verlorenen Herz, sag ihr, dass es noch nicht wieder da ist. Lass ihre Hand da, wo sie ist und tu nicht, als ob. Du lebst in einer Welt, in der lieber betrogen als verlassen wird und ich weiß, man fragt sich nicht zu knapp. Wenn alle plötzlich feige sind und sich es dort gut eingerichtet haben, warum unbequem und ehrlich sein? Die Wahrheit ist kein geschätztes Gut mehr, es lebt sich bunter in der Welt der Lügen. Auch das versteh ich wirklich gut. Gutmenschen sind auch wirklich ein unangenehmer Spiegel. Integrität, das kann doch heute keiner mehr buchstabieren und wenn doch. Dann kommt S-c-h-e-i-n-h-e-i-l-i-g-k-e-i-t dabei heraus. Gutmenschen mag man nicht um sich haben, sie machen den Schnaps bitter, die Frauen hässlich und sie versauen dir die Party. Nur weil sie die Jungfrau im Hurenhaus suchen. Was soll denn das. Heute gehört eine Vergangenheit zum guten Ton und jeder braucht schließlich etwas, das er verschweigen kann. Geheimnisvoll ist das neueste Credo. Scheinen, was man nicht ist und werden, was andere wollen, das kommt gut. Wenn man selbst nicht weiß, wer man ist, fällt es auch nicht schwer, kein Rückgrad zu haben. Und von außen ist's eh viel hübscher anzuschauen als von innen, will doch keiner sehen, mein Sohn. Schön im Heute, leer im Morgen und vergessen im Gestern, aber das Glas ist immer halb voll. Solange, bis die Schminke in den Abfluss fließt, zusammen mit ein paar Tränchen, die keiner gesehen hat. Aber sie suchen doch! Sie suchen doch nach der wahren Liebe, nach Treue und Verlässlichkeit. Und wenn alle Feigen diesen Traum träumen und doch immerzu nur lügen und lügen. So wird der Fehler des Ehrlichen zum Beweis. Und keiner wagt mehr, mutig zu sein. Ach was, mein Sohn, ich werfe den ersten Stein.
http://www.neon.de/artikel/sehen/gesellschaft/verdammter-gutmensch/1447427
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BEWUSST-SEIN
Bewusst sein, wer man ist tun sich viele, doch sind sie es wirklich? Lebst du dein Leben oder ein anderes? Das Bewusst werden ist der erste Schritt!
Man kommt auf die Welt, unbeeinflusst, frei, unbefleckt! Dies bist du ohne, sagen wir, einen Stapel Bücher auf dem Rücken. Im Laufe unserer Kindheit, Jugend und Erwachsenen Zeit sowie irgendwo dazwischen, werden wir beeinflusst. Dieses Beeinflussen beginnt in der Kindheit, mit dem was dir deine ersten Helden - Eltern - vorleben, dann geht es weiter mit Schule, Job, Freunden usw. Ich spreche dieses Thema nicht an um zu sagen, dass dies alles schlecht oder falsch ist, es gibt überhaupt kein falsch :) Das einzige was wir dabei immer in unserem Blickwinkel behalten sollen ist, was gehört davon wirklich zu uns uns was wäre ich gerne. Wir setzen uns Vorbilder, schauen uns Dinge ab, einfach weil wir auch so sein möchten und wir möchten uns durch andere ergänzen. Dieses kleine Wesen was an einem ganz bestimmten Zeitpunkt das Licht der Welt erblickt ist perfekt, es hat alles was ein vollkommener Mensch braucht, diese Aussagen sind immer auf das Emotionale und den Charakter eines Menschen bezogen! Durch Angst - Angst nicht gemocht zu werden ergänzen wir uns dann, oft ganz unbewusst! Einfach um in die Welt und in das Bild was andere haben, ein Bild was unseren Augen aufgehängt wird und wovon gesagt wird - dies ist richtig, hier müssen wir alle hineinpassen. Jeder Mensch ist ein krasses Individuum, ein so schönes vollkommenes, tolles Individuum! Deshalb sollte jeder diesen glauben an sich selbst haben, sein Leben zu Leben, sich zwar zu entwickeln und weiterzugehen, aber immer auf den eigenen Weg und nicht auf einem von irgendwem anderen! Das nur unser eigener der Richtige ist bestätigt unser Gefühl, dieses Gefühl das wir haben wenn wir einen schönen Tag, ein herzliches Erlebnis hatten das uns und nur uns speziell gefällt. Es gibt tausende Meinungen darüber, dies ist die meine und jede von euch ist richtig! Leute, feiert euch selbst, euer Bewusst sein oder werden, das tolle daran ist es hört nie auf! Ist dein Moment! Augenzwinkern euer MOU. (c) Tags: (bewusstseinundwerden) (deinleben) (glaubandich)
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evamaja
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Warten, wuff.
Biegt da jemand in meine Straße ein? Wäre ich wirklich ein Hund, würde ich mit den Ohren zucken, mein Blick sucht die Straße ab.
Ich sitze auf der Fensterbank, wie ein kleiner Hund, und starre aus dem Fenster, wartend. Du willst mich heute Vormittag abholen, ich höre auf jedes Motorgeräusch, versuche an dem Getrappel von Schritten heraus zu hören, ob deine dabei sind. Biegt da jemand in meine Straße ein? Wäre ich wirklich ein Hund, würde ich mit den Ohren zucken, mein Blick sucht die Straße ab. Nichts. Wir wollen doch an den Strand, und heute Morgen war es so schön sonnig, ich sitze bereit, hab meinen Bikini an, die Strandtasche ist gepackt. Vielleicht ist mein Handy kaputt? Hmm, sieht ganz heil aus. Wo bleibst du? Genau vor meiner Haustür ist zufällig ein Parkplatz frei, für dich, also komm endlich! Oh, ein paar Schritte! Aber du trägst wohl kaum Schuhe mit Absätzen, ich sinke wieder ein bisschen in mir zusammen, und lasse meinen Kopf auf die Knie fallen, ich lasse die Ohren hängen. Dabei hab ich doch gestern Mangoeis gemacht, und es extra schon aus dem Gefrierfach geholt, damit du es probieren kannst. Mittlerweile ist es wieder zu einer Mangosoße geworden, ich rühre ein bisschen darin rum und schlürfe einen Löffel voll, denn so langsam bekomme ich Hunger. Und du bist immer noch nicht da. Du hast mich nicht vergessen, bestimmt nicht. Vielleicht wurdest du, als du auf dem Weg zu mir warst, entführt, und sitzt gerade, mit einer Knarre im Nacken am Steuer deines Autos auf dem Weg nach Aserbaidschan, oder so. Oder du hattest einen Unfall, wobei du dein Gedächtnis verloren hast. Oh, ein Auto! Aber dein Auto ist nicht rot. Ich starre angestrengt meine frisch lackierten Fußnägel an, nein, dir ist nichts Schlimmes passiert, vielleicht hast du einfach dein Handy zu Hause liegen lassen, und bist noch bei einem Freund. Aber so langsam ist es schon später Mittag, verdammt später Mittag dafür dass du vormittags kommen wolltest. Ich seufze aus tiefster Seele. Mir ist langweilig, aber ich kann den Fensterbankplatz einfach nicht verlassen, bei jedem Autogeräusch sitze ich stocksteif und hoffe still, dass du es bist. Es klingelt an der Tür! Hab ich dich, so gedankenversunken, übersehen? Hätte ich einen Schwanz, würde ich damit wedeln, ich rase zur Tür und drücke schnell den Öffner. Ungeduldig tripple ich von einem Bein aufs andere, warte bis ich ein Fitzelchen Person sehen kann. Gelb? Achso, die Post. Argh. Nachdem der Postmann wieder weg ist, schleiche ich zurück auf meinen Fensterplatz. Der Parkplatz vor meiner Tür ist immer noch frei.
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Brandwunden
Anstelle meines Magens ein tiefes schweres Nichts, massiv, das brennt und alles auffrisst. Druck, ein hartes Knäuel, ein Pochen.
Die Hitze aus meiner Mitte sendet mir Schauer über den Rücken, als stünde der Hass hinter mir und hauchte seinen eisigen Atem in meinen Nacken, während er in meinem Bauch zündelte. Arme und Beine kribbeln, fühlen sich kalt an. Das Strampeln in kalten Gefühlen vertreibt das warme Blut aus meinen Gliedmaßen. Das klaffende Loch unter meiner Bauchdecke drückt auf meine Lunge, lässt mich nicht atmen. Mit jedem Ringen nach Luft ziehe ich mehr Nichts ein, lasse die Tiefe unterhalb meines Brustkorbs wachsen. Das vertraute Pfeifen in meinem Kopf, hoch, scharf, grausam, fächert den Flammen in mir Luft zu. Wut trocknet meinen Mund aus, die Zunge groß und schwer, drückt fest gegen meine Zähne. Die Lippen werden schmaler, schrumpfen, ziehen die Mundwinkel mit sich in die Tiefe. Es brennt, in meinem Magen, auf meiner Haut, in meinen Augen, die Tränen wie Salzsäure, wie Benzin, vergossen, unfähig zu löschen. Will schreien, will schlagen, will wüten, die Kälte aus meinem Nacken vertreiben, mich aus dem eisigen Griff der Trauer winden, wieder ich sein, wieder ganz sein, die Leere in meinem Inneren stopfen. Ich beiße mir auf die Wangen, schmecke Blut, atme weiter, spüre wie kühle Luft meine Lungen füllt. Jetzt und Hier verschließen den Schlund in meinem Rumpf, pflastern ihn zu, vergraben seine heiße Glut unter Decken aus Verdrängung und Erschöpfung. Bis der Brand neu entfacht. Tags: Angst, Fühlen, Hass, Trauer, Depression, Verlust, Enttäuschung
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Ab Montag am Kiosk
Die neue Ausgabe von NEON. Darin:
- Darum haben wir noch kein Kind: Karrieregeil, bindungsunfähig, verantwortungslos? Scheinheilige Vorwürfe und ehrliche Antworten - Das letzte Mahl: Was US-Häftlinge vor ihrer Hinrichtung zu essen bestellen - Verrückte Liebe: Wer verliebt ist, macht die lustigsten Dummheiten. Zehn Geständnisse. - Helge Schneider: »Es ist ein Kunststück, frei zu sein« Helge Schneider über den Sinn des Lebens. Und Tussen.
http://www.neon.de/artikel/freie-zeit/medien-presse/ab-montag-am-kiosk/633627
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soulstorm_everywhere
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Wie zur Hölle kann man das Gerechtigkeit nennen?
Ein Kommentar zur steigenden Sozialen Ungleichheit.
Nach einer Studie des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung nahmen die Gehälter der Vorstände von DAX Konzernen in den letzten 6 Jahren um ein dreifaches zu. Im gleichen nahmen die Gehälter ihrer Angestellten nur um ein 0,06 Faches zu. Ein Kommentar zur steigenden sozialen Ungleichheit von soulstorm_everwhere. „ Wie zur Hölle kann man das Gerechtigkeit nennen? 10 Prozent geht´s gut, und dem Rest geht´s schlecht. (...) Die Leute in der Hochhaussiedlung wollen auch n Benz, doch sie können ihn sich nich leisten und fühlen sich ausgegrenzt, ein Viertel weiter ham die Leute sogar Zweitwagen, kann jemand ma´ Angela Merkel kurz bescheid sagen?“ Was der Hamburger Rapper Samy Deluxe in seinem Lied „Wer wird Millionär“ schon erkannt hat, wurde nun offiziell in einer Studie des DIW bestätigt. Top Manager der DAX Konzerne verdienen immer mehr, während die Reallöhne der durchschnittlichen Arbeitnehmer sogar sinken. Die soziale Ungerechtigkeit nimmt zu. Doch diese Entwicklung ist nicht nur in DAX-Konzernen zu beobachten: Nach Studien der ZEIT aus  dem Jahr 2011 stiegen die Gehälter aller Gutverdiener seit 1999 deutlich an, während die der mittelmäßig und schlecht Verdienden sogar sanken. Das Ergebnis dieser ungerechten Entwicklung zeigt sich in einer weiteren ZEIT Studie: Der Anteil der Deutschen die unter der Armutsschwelle leben müssen hat seit der Jahrtausendwende um 50 Prozent zugenommen. 50 Prozent! Was nutzt es uns Deutschen in einem der reichsten Länder der Welt zu leben, wenn ein Großteil der Gesellschaft von diesem Reichtum immer weniger profitiert? Wenn wir nach jeder Bundestagswahl erneut sehen wie die Wahlbeteiligung sinkt, weil immer mehr Deutsche von unserer Politik enttäuscht sind. Einer Politik, die vorbildliche Arbeit leistet wenn es darum geht die Automobilindustrie vor der Finanzkrise zu bewahren, doch es nicht schafft unsere Gesellschaft vor dem Auseinanderbrechen zu bewahren. Dabei benötigt eine Demokratie eine intakte Gesellschaft die nicht von Ungleichheit geprägt ist. Und eine Politik, die nicht von Ignoranz geprägt ist: Zuletzt hatte  die sozialdemokratische Regierung unter Kanzler Schröder die Einkommenssteuer für Topverdiener gesenkt. Obwohl diese, wie man den beschriebenen Studien entnimmt, sowieso immer mehr verdienen. Was ist daran sozial oder demokratisch? Die Bezüge der Vorstände in DAX Konzernen entbehren jeder Berechtigung durch tatsächlich erbrachte Leistung: Ein besonders krasses Beispiel dieser überhöhten Verdienste die nicht verdient sind stellen die Vorstandsbezüge der Heidelberger Druckmaschinen AG dar: Während 2011 als Folge der Wirtschaftskrise Hunderte Mitarbeiter entlassen wurden genehmigte sich der Vorstand eine Gehaltserhöhung um 10 Prozent. Derselbe Vorstands hatte in den Jahren zuvor durch Fehlentscheidungen über die langfristige Konzernausrichtung die Entlassungswelle mitverursacht. Ich möchte nicht ausrechnen wie vielen Mitarbeiterlöhnen diese Gehaltserhöhung entspricht, zu sehr ekelt mich das Verhalten der Heidelberg Vorstände an. Deutschland braucht mehr Gerechtigkeit, mehr Lohn für Menschen die diesen auch verdienen. Wir müssen die Löhne der Topverdiener gesetzlich nach oben begrenzen und gleichzeitig die Löhne Deutschlands Wenigverdiener, ohne deren Arbeit hier auch nichts funktionierte, nach unten begrenzen. Ja, wir brauchen den Mindestlohn! Damit werden auch andere andere Probleme kleiner, meiner Meinung nach ist Armut eine Krankheit, und Kriminalität nur ein Symptom. Dieser Satz sollte den Politkern im Bundestag aufgehängt werden. Und allen anderen Menschen empfehle ich eine Strophe aus Samys Deluxes Lied: „Was zählt ist das ihr in eurem Herzen nich auf den Konten reich seid.“
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1 x Liebe zum Mitnehmen, bitte!
Gefühlswelt ausmisten.
Als ich den Hass auf dem Wertstoffhof der Gefühle als Sondermüll wegschmiss, fühlte ich mich leichter. Und als ich die Enttäuschung entsorgte, fühlte ich mich glücklicher. Es gefiel mir, mich von diesen Gefühlen zu trennen, also kramte ich nach anderem unnötigen Zeug, das mein Leben nur schwerer machte. In den Müll wanderten dann auch noch Verzweiflung, Egoismus und Pessimismus. Statt einem Frühjahrsputz in meinem Haus, räumte ich in meiner Gefühlswelt auf, um Platz für Neues zu schaffen. Als ich das alles entsorgte, fiel mir allerdings auf, dass die Container so gut wie leer waren, wohingegen andere fast überquollen. Ich schaute nach, was die Menschen so zahlreich entsorgt hatten: der am besten befüllte Container enthielt Empathie und Liebe. Aber auch Toleranz und Hoffnung schienen die Menschen wohl nicht mehr zu brauchen. Es machte mich stutzig und irgendwie verspürte ich eine Unsicherheit, die sich in mir breitmachte. Hatte ich die falschen Gefühle weggeworfen? Und sollte ich mich von dem, wovon sich so viele schon getrennt haben, ebenfalls lösen? Ich entdeckte noch, dass auch Traurigkeit ganz oft im Müll gelandet ist. Ich aber hatte sie behalten – und dies tat ich bewusst. Warum? Weil ich der Meinung war, dass man auch mal traurig sein muss, um Freude empfinden zu können, aber so, dass man es wahrnimmt, dass man sich bewusst glücklich fühlt. Der Regenbogen ist erst zu sehen, wenn es geregnet hat. So ist es auch im Leben. Jedenfalls dachte ich das - bis ich alleine auf dem Wertstoffhof stand und überlegte meine weggeworfenen Gefühle wieder rauszuholen und sie zu Hause an ihren alten Platz zu stellen. Ich drehte mich also um, um meine leere Kiste aus dem Auto zu holen und diese wieder mit dem alten Inhalt zu befüllen, als ich eine Person am Straßenrand sah, die etwas zu verkaufen schien. Aus Interesse ging ich hinüber und sah diesen Menschen, mit einem warmen Lächeln und strahlenden Augen. „Was verkaufen Sie?“ , fragte ich. „Ich verkaufe nichts, ich verschenke nur!“ sagte er und deutete auf ein Schild. Ich las das Schild und rannte zum Auto, holte meine leere Kiste, befüllte sie und stellte mich umgehend neben die fast schon mystische Person am Straßenrand. Auf dem Schild stand „Liebe zum Mitnehmen“. Ich schrieb „& Empathie“ dazu und stellte, von Glück erfüllt, meine volle Kiste ab.
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Identitätsfindung
Wer oder was ist eigentlich dieses ich? Weißt du wer du bist? Ein kurzer Ausschnitt aus den schriftlichen Selbstgesprächen eines 16 jährigen Mädchens
Ich bin ich. Aber wer oder was ist das eigentlich ... dieses ich? Der Duden definiert es als "das Selbst, dessen man sich bewusst ist und mit dem man sich von der Umwelt unterscheidet". Aber woher weiß soll ich denn wissen was Umwelt ist und was ich bin? Ist meine Umwelt nicht eindeutig Teil von mir? Bin ich nicht eigentlich nur Resultat meiner Umwelt? Meine Eltern sind ja eigentlich meine Umwelt aber doch sind meine Eltern immer noch, wenn auch ,glaub ich zumindest,  weniger als in meiner Kindheit ein Teil von mir? Sind die dann auch ich oder nicht oder beides, geht das? Wenn ich mir meines Ichs nicht bewusst bin hab ich dann kein Ich? Ist das Leben nicht langweilig wenn man weiß wer man ist? Weißt du vielleicht wer du bist? Tags: Identität, Identitätssuche, Jugend, du, Teenager, Langeweile, Schlaflose Nacht, Gedanken, Selbstgespräche
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93 Jahre
gemocht geliebt verlassen gegangen
93 jahre gemocht - geliebt - verlassen - gegangen in mein leben geschlichen, du herzensgute dich verstanden, du eigensinnige dich missverstanden, du sture mich abgewendet, du uneinsichtige - ohne leb` wohl zu sagen - nun bist du gegangen rufe ein leb` wohl hinterher wirst es nicht hören die welten unerreichbar geteilt °°°
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Rachmani
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Der Winter in mir
Ich lief in den Gassen der kleinen Stadt umher und atmete die Seele des Winters in mich ein; unter mir knarrte der frisch gefalle Schnee.
Es war nicht so kalt wie ich es erwartet hatte, trotzdem spürte ich den Winter in der Luft; es roch anders, es fühlte sich anders an, auf der Haut meines Gesichtes. Ich lief in den Gassen der kleinen Stadt umher und atmete die Seele des Winters in mich ein; unter mir knarrte der frisch gefalle Schnee. Wie wunderbar verträumt und märchenhaft und unschuldig war das Bild, das sich mir in dieser Nacht darbot. Alles um mich herum war bedeckt von dem reinen und weißen Schnee, lediglich ein paar Spuren von kleinen Katzenpfoten malten Muster in die jungfräuliche Schneelandschaft. Ein kühler Wind kam auf und durchströmte meinen leichten Mantel. Ich wollte mich bereits zurück in meine Wohnung begeben als ich bemerkte, dass es angefangen hatte zu schneien. Anfangs kleine Flocken wuchsen zu großen, weißen Blüten. Erleuchtet von einer einsamen Laterne rieselten sie mir auf mein Gesicht und auf meinen ganzen Körper. Es war ein wunderschöner Anblick, er erfüllte mich mit Ehrfurcht, gleichzeitigt fühlte ich Trauer. Die Vergänglichkeit der schönen Flocken brachte mich zum nachdenken. Der Wind wurde immer kälter, doch in meinen Gedanken versunken, spürte ich es nicht. Verträumt machte ich mich auf zu meiner Wohnung, die warm und einladend auf mich wartete. Im Zimmer angekommen fühlte ich mich eingeengt und ich vermisste die Illusion von Freiheit des Spaziergangs. Den Rest des Abends blieb ich in meinem Zimmer und dachte nach, über die Schneeflocken, ihre Vergänglichkeit, über das Leben und den Tod, über mich. Ich fühlte mich einsam. Ich konnte nicht einschlafen, mein Kopf war schwer, die quälenden Gedanken ließen mich nicht los. Ich blickte aus dem trüben Fenster, von der Kälte war es beschlagen. Die Lichter der benachbarten Fenster waren bereits erloschen, die Gassen waren leer und still, lediglich ein entferntes Lachen aus einer Kneipe war zu vernehmen. Auf meinem Nachttisch stand eine kleine, altmodische Lampe; sie leuchtete auf ein Bild in einem Bilderrahmen, auf ein Bild von ihr und mir. Ich musste an sie denken und fühlte mich noch mehr verloren. Der Nebel bedeckte die Dächer der Stadt und mit ihnen die Menschen. Das letzte Licht ging aus, das Licht meiner kleiner, altmodischen Lampe. Ich schlief ein, ohne es zu merken.
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