text
stringlengths
276
36k
summary
stringlengths
47
1.39k
topic
stringclasses
21 values
url
stringlengths
36
209
title
stringlengths
4
133
date
stringclasses
108 values
Microsoft-Deutschland-Chef Berg über den hiesigen Standort, die Bedeutung der Computer-Messe Cebit - und seine Jogging-Erlebnisse mit Konzernchef Ballmer. Achim Berg, 45, wirkt gelassen. Nach vielen negativen Berichten läuft es besser für den Software-Konzern Microsoft. Das schlechte Image hat mittlerweile ein anderer. "Diesen Kelch haben wir weitergegeben", sagt Berg - und meint den Rivalen Google. Nun konzentriert sich der Deutschland-Chef von Microsoft auf den Ausbau des Geschäfts mit dem Mittelstand. SZ: Herr Berg, Ihr Haus im Rheinland ist ein Smart Home, ein vernetztes Zuhause. Der Kühlschrank weiß, wann Strom am billigsten ist - bestellt er Ihnen auch schon das Essen? Berg: Einen Kühlschrank, der sich selbst befüllt, halte ich für Unsinn. Aber ich will Energie sparen. Bald klappt das auch, dann liefert mein Stromanbieter die Minuten-Strompreise, und der Kühlschrank kühlt automatisch runter, wenn Energie günstig ist. In der übrigen Zeit läuft er zwar auch, kühlt aber nicht so stark, die Isolation des Kühlschrankes hält die Temperatur. SZ: Das vernetzte Zuhause ist auch Thema auf der diesjährigen Cebit. Haben Sie gezählt, zum wievielten Mal? Berg: Mindestens das zehnte Mal. SZ: Das vernetzte Zuhause setzt sich nicht durch. Wollen die Verbraucher solche Technik vielleicht gar nicht haben? Berg: Der Nutzen für den Verbraucher ist hoch. Deshalb bin ich überzeugt, dass Smart Homes sich durchsetzen werden. Bislang war es aber zu teuer und zu kompliziert, das eigene Heim computertauglich zu machen. Jetzt gibt es günstige Angebote. Das vernetzte Zuhause wird bald für jedermann erschwinglich. In Hannover auf der Cebit werden wir entsprechende Produkte zeigen. SZ: Was soll das denn kosten? Berg: Bald wird es für weniger als 1000 Euro einfache Lösungen geben. SZ: Die Cebit ist in der Krise. 2010 werden so wenige Aussteller vor Ort sein wie zuletzt Anfang der 90er Jahre. Brauchen wir diese Messe überhaupt noch? Berg: Die Cebit ist ein Glücksfall für Deutschland. Es ist nach wie vor die mit Abstand größte IT-Messe der Welt. In der kommenden Woche habe ich so viele Gespräche mit Topkunden wie noch auf keiner Cebit zuvor. Wir sollten uns diesen Schatz einer wichtigen IT-Messe vor der Haustür lange bewahren. Die Cebit ist für Microsoft das wichtigste Ereignis des Jahres. SZ: Wenn die Cebit so toll ist: Warum leidet dann das Ansehen des IT-Standortes Deutschland? Berg: Der IT-Standort Deutschland ist in höchster Gefahr, aber das ist sicher nicht die Schuld der Cebit. Welche deutsche Firmen können denn im globalen Wettbewerb mithalten? SAP und die Software AG, das war's. Dabei mangelt es nicht an guten Ideen. Nur sterben viele junge Firmen bald nach ihrer Gründung. Das liegt oft nicht mal an der fehlenden Finanzierung. Vielen wäre schon geholfen, wenn sie auf das Wissen eines Business Angels zurückgreifen könnten, eines erfahrenen Mentors aus der Industrie. In Großbritannien sind Investitionen solcher Know-how-Träger von der Steuer befreit. Dazu kommt: Das Studium der Informatik ist unattraktiv. Das alles ist nicht neu. Wir diskutieren seit Jahren, passiert ist bislang viel zu wenig. SZ: Vielleicht ist die Cebit ja doch Teil des Problems: Mal schließt die Messeleitung Privatleute aus, mal sollen sie doch kommen. Kann man mit diesem Schlingerkurs für IT begeistern? Berg: Verbraucherthemen gehören auf die Cebit und ich unterstütze den neuen Kurs der Messe nachdrücklich. Mittlerweile geben die Konsumenten den Ton an, welche Produkte in Unternehmen eingesetzt werden. Früher war das anders. Mit dem Chatten etwa, dem Verschicken von elektronischen Kurznachrichten über das Internet, hat man erst privat begonnen, jetzt wird es auch beruflich gemacht. Die Messeleitung muss überlegen, ob es richtig ist, die Cebit schon am Samstag enden zu lassen. Wenn es dieses Jahr gut läuft, brauchen wir 2011 wieder den Sonntag.
Microsoft-Deutschland-Chef Berg über den hiesigen Standort, die Bedeutung der Computer-Messe Cebit - und seine Jogging-Erlebnisse mit Konzernchef Ballmer.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/microsoft-deutschland-chef-berg-in-hoechster-gefahr-1.18916
"Microsoft: Deutschland-Chef Berg - ""In höchster Gefahr"""
00/02/2010
Mit aller Macht gegen das US-Vorhaben: Der Porsche-Chef geißelt den Plan von strengeren Verbrauchswerten für Autos - mit starkem Vokabular. Der neue Porsche-Chef und Wendelin-Wiedeking-Nachfolger Michael Macht ist bislang nicht durch gewaltige Sprache aufgefallen. Jetzt allerdings nutzte er eine mächtige Wortwahl: "Das ist schon fast Wirtschaftskrieg, was da passiert", sagte Macht bei einer Diskussionsveranstaltung - und geißelte damit das geplante US-Vorhaben von strengeren Verbrauchsgrenzwerten für Autos. "Wir versuchen, da dran zu bleiben, um für die deutsche Automobilindustrie dort nicht unnötig das Terrain aufgeben zu müssen", sagte Macht. Hintergrund sind neue Grenzwerte beim Verbrauch, die im kommenden Jahr in Kraft treten - und die Porsche im Augenblick deutlich überschreitet. Den Stuttgartern drohen von 2016 an empfindliche Strafen. "Wir sind gerade dabei, Lobby-Arbeit zu machen, um das zu verhindern", sagte Macht. In den USA würden Kriterien wie Radstand und Spurbreite herangezogen, dies sei ein Vorteil für die breiteren US-Modelle. Noch hat Porsche ein paar Jahre Zeit für eine Lösung. Für die Modelljahre 2012 bis 2015 hat der Sportwagenbauer eine Ausnahmegenehmigung bekommen. Von 2016 an gilt diese aber nicht mehr. Die Gesetzesvorlage soll im Mai veröffentlicht werden und tritt dann für das US-Modelljahr 2012 in Kraft, das etwa dem Kalenderjahr 2011 entspricht. Strafzahlungen über Jahre Eine Möglichkeit wäre Macht zufolge, eine Verlängerung für die Ausnahmeregelung zu erhalten. Falls dies nicht gelingt, müsste Porsche bis 2016 für die gesamte Fahrzeugflotte eine durchschnittliche Reichweite von 41,4 Meilen pro Gallone Benzin erzielen. Das entspricht etwa einem Verbrauch von 5,7 Litern auf 100 Kilometern. Derzeit kommen die Stuttgarter lediglich auf 27 Meilen pro Gallone. Schon seit Jahren zahlt Porsche Strafen dafür, dass die Sportwagen die Verbrauchsziele nicht erreichen. Diese würden aber künftig dramatisch steigen. Ärger droht den Stuttgartern in den USA auch wegen der geplatzten Übernahmeschlacht um Volkswagen. Eine Gruppe von US-Investmentfonds hat die Dachgesellschaft Porsche Automobil Holding SE und deren ehemalige Vorstände wegen undurchsichtiger Aktiengeschäfte verklagt. Sie machten einen Schaden von mehr als einer Milliarde Dollar geltend. Er gehe aber nicht davon aus, "dass das Horrorszenario passiert".
Mit aller Macht gegen das US-Vorhaben: Der Porsche-Chef geißelt den Plan von strengeren Verbrauchswerten für Autos - mit starkem Vokabular.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/porsche-chef-macht-zu-us-plan-schon-fast-ein-wirtschaftskrieg-1.10514
"Porsche-Chef Macht zu US-Plan - ""Schon fast ein Wirtschaftskrieg"""
00/02/2010
Es sollte die große Reinigung sein - doch der Auftritt von Toyota-Chef Akio Toyoda vor dem US-Kongress gerät zur Posse. Da halfen auch später die Tränen vor dem eigenen Personal nicht mehr. Toyota-Chef Akio Toyoda hätte diesen Auftritt im Sitzungssaal 2154 des US-Kongresses gerne vermieden. Lange zögerte der scheue Enkel des Firmengründers, der Einladung des Kongresses zu einer öffentlichen Anhörung nachzukommen und zu dem Fiasko um die technischen Probleme seiner Fahrzeuge Stellung zu nehmen. Mit einer Verbeugung betritt er am Mittwoch schließlich den Tagungsraum in Washington. Die Abgeordneten erwidern die Demutsgesten des Konzernchefs mit scharfen Fragen. Ihr Misstrauen sitzt tief, Toyoda kann es nicht ausräumen. Die Vorwürfe wiegen schwer. Hat Toyota versucht, die gefährlichen technischen Probleme seiner Autos zu vertuschen und damit das Leben von Kunden gefährdet? Wie Geschosse fliegen die Fragen der Abgeordneten durch die Luft. Der 53-jährige Toyoda antwortet zögerlich, immer wieder berät er sich mit seiner Dolmetscherin. Bisweilen wirkt der Japaner ratlos und gibt an, Fragen zu Details nicht verstanden zu haben. Mehrfach springt der ebenfalls als Zeuge geladene Direktor von Toyota USA, Yoshi Inaba, ein, um Fragen zu beantworten, die eigentlich an seinen Chef gerichtet waren. "Ich sende meine Gebete" Zwei Botschaften indes bringt Toyoda in seiner zu Beginn verlesenen Erklärung klar rüber: eine Entschuldigung für die technischen Mängel seiner Fahrzeuge und ein Versprechen, in Zukunft besser zu sein. "Ich bedaure zutiefst jeden Unfall, den Toyota-Fahrer erleben mussten", sagt Toyoda. Der Konzernchef spricht den Hinterbliebenen tödlich verunglückter Toyota-Fahrer sein Beileid aus: "Ich sende meine Gebete und werde sicherstellen, dass sich eine solche Tragödie nicht mehr wiederholt." Die technischen Mängel an Toyota-Gaspedalen werden in den USA mit dem Unfalltod von mehr als 30 Menschen in Verbindung gebracht. Toyoda räumt Fehler bei der Qualitätssicherung seines Konzerns ein, für die er die "volle Verantwortung" übernehme. Toyoda und Inaba versprechen den Abgeordneten, künftig mehr Wert auf Sicherheit und Transparenz zu legen. Als Beleg für neue Transparenz des Konzerns war Toyodas Auftritt freilich nicht geeignet. Seine Antworten an die Abgeordneten fallen sehr abstrakt aus. Den Politikern gelingt es nicht einmal herauszufinden, wann genau Toyoda über die technischen Mängel seiner Fahrzeuge unterrichtet wurde. Den Abgeordneten Elijah Cummings veranlasst der Auftritt zu einem Stoßseufzer: "Warum sollten wir glauben, dass die Dinge wirklich besser werden?" Der Ausschussvorsitzende Edolphus Towns mahnt Toyoda zur Präzision: "Beantworten Sie Fragen doch einfach mit ja oder nein." Der Abgeordnete John Mica bezeichnet die Anhörung als "Peinlichkeit für Toyota". Bereits am Vortag hatte der Chef von Toyota USA, James Lentz, auf dem heißen Stuhl Platz nehmen müssen. Sollte Toyodas Statthalter in den USA dabei das Ziel gehabt haben, den Vertrauensverlust zu stoppen, so dürfte er dies verfehlt haben. Auf die Frage des Abgeordneten Henry Waxman, ob die bisherigen Reparaturmaßnahmen - also der Austausch der Fußmatte und der Einbau eines Zusatzteils für das Gaspedal - das gefährliche Problem lösen, räumte Lentz ein: "Nicht komplett." Waxman erwiderte überrascht: "Was wollen Sie nun also tun?" Lentz' Antwort: "Wir müssen weiter wachsam sein und allen Kundenbeschwerden nachgehen." Dana Milbank, Kolumnist der Washington Post, resümierte: "Wer vor der Anhörung Unbehagen beim Fahren eines Toyota fühlte, wird nun wohl Panik verspüren." Im Video: Bei seiner Anhörung vor dem US-Kongress bat Akio Toyoda die Hinterbliebenen der Todesopfer der Pannenserie abermals um Entschuldigung. Er kündigte zudem rückhaltlose Konsequenzen. Weitere Videos finden Sie hier Eine Ahnung von der emotionalen Verunsicherung bekamen die Abgeordneten, als die als Zeugin geladene Toyota-Kundin Rhonda Smith das Wort ergriff. Die Frau aus Tennessee berichtete weinend, wie ihr Toyota plötzlich auf mehr als 160 Stundenkilometer beschleunigt habe. Sie habe um ihr Leben gefürchtet. Toyota habe ihre Beschwerden lange ignoriert. "Schämt euch, Toyota, dass Ihr so geizig seid", rief Smith. Toyota stehe am Scheideweg, sagte später der Firmenchef bei einem Empfang vor Toyota-Arbeitern und -Verkäufern unter Tränen. "Wir müssen alles in unserer Firma überdenken", kündigte er ein radikales Umdenken an. Unterdessen sind mehrere Zulieferer von Toyota in den USA in das Visier der Strafermittler geraten. Die Bundespolizei FBI durchsuchte die Büroräume von insgesamt drei Unternehmen im US-Bundesstaat Michigan. Toyota bestätigte am Mittwochabend, dass die Behörden gegen seine Geschäftspartner vorgegangen seien. Der Konzern habe aber nur "beschränkte Informationen" über den Vorfall. Toyota selbst sei nicht kontaktiert worden. Nach Angaben von US-Medien hat die Durchsuchung nichts mit der Rückruf-Welle bei Toyota zu tun. Stattdessen soll es sich um mögliche Kartellvergehen drehen. Eine Sprecherin eines der betroffenen Zulieferers, Denso, bestätigte dies.
Es sollte die große Reinigung sein - doch der Auftritt von Toyota-Chef Akio Toyoda vor dem US-Kongress gerät zur Posse. Da halfen auch später die Tränen vor dem eigenen Personal nicht mehr.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/automobilindustrie-toyota-die-traenen-des-toyoda-1.14577
Automobilindustrie: Toyota - Die Tränen des Toyoda
00/02/2010
Der Verkauf der Geländewagenmarke Hummer nach China ist gescheitert. Der Mutterkonzern General Motors (GM) kündigte an, dass mit der Abwicklung der verlustreichen Tochter begonnen werde. "Wir sind enttäuscht, dass das Geschäft mit Tengzhong nicht abgeschlossen werden konnte", sagte der zuständige GM-Manager John Smith am Mittwoch. General Motors und der Maschinenbauer Sichuan Tengzhong Heavy Industrial Machinery hatten im Oktober vergangenen Jahres die Übernahme vereinbart. In den vergangenen Tagen hatten sich aber die Zweifel gemehrt, dass es zu einem Abschluss kommt. GM und der chinesische Spezialmaschinenbauer Sichuan Tengzhong hatten sich zunächst eine Frist bis zum 31. Januar gesetzt, um den Deal in trockene Tücher zu bringen. Weil die Genehmigung aus Peking nicht eintraf, wurde die Frist auf Ende Februar verschoben. Genutzt hat es nichts. Die chinesische Regierung sperrte sich, weil die spritdurstigen Hummer-Geländewagen das Ziel torpedieren würden, die Umweltverschmutzung zu senken. Der gewaltige Benzinverbrauch des Hummers und sein schlechtes Image als Luftverpester seien den Behörden ein Dorn im Auge, heißt es. Schließlich bastelt China an seinem Ruf als Auto-Nation mit Herz für die Umwelt. Eifrig arbeitet die Industrie am Durchbruch des Elektroautos. Wenn es eines Tages so weit sein sollte, will China weltweit Marktführer sein. Fehlende Fachkenntnisse für den Spritschlucker Das Desinteresse der Kommunistischen Partei hat aber auch noch einen anderen Grund: Das verantwortliche Ministerium zweifelt an der Sachkenntnis der wenig bekannten Maschinenbauer aus der Provinz Sichuan. "Das größte Hindernis ist, dass die Leute von Tengzhong keine Autobauer sind und im Management versagen könnten. Das Risiko ist der Regierung zu groß", sagen Experten. Tengzhong verdient sein Geld bisher mit dem Bau von Spezialmaschinen, etwa mit Kippern, Betonmischern und Dampfwalzen für die Bauwirtschaft. Autos befinden sich bisher nicht im Portfolio des Unternehmens. Medienberichten zufolge sollen sich GM und Tengzhong im vergangenen Jahr auf einen Kaufpreis von geschätzt 150 bis 200 Millionen Euro geeinigt haben. Chinesische Medien hatten in den vergangenen Wochen darauf spekuliert, dass Tengzhong dringend auf Kredite angewiesen wäre, um das Geschäft abzuwickeln. Hätte die Regierung dem privaten Unternehmen die Lizenz zum Autobau also wider Erwarten erteilt, dann wäre zwangsläufig staatliches Geld als Kredit an das Unternehmen geflossen. Schließlich war die Bezirksregierung im höchsten Maße am Aufbau einer Produktionsstätte vor Ort interessiert, weil so Steuereinnahmen gewunken hätten. Für die örtliche Banken wäre es ein riskantes Geschäft gewesen, große Summen an Tengzhong zu verleihen, ohne die strategische Schwächen des Unternehmens zu berücksichtigen. Zumal sich der Branchenneuling bei Produktion und Vertrieb auf internationalem und deswegen auch unbekanntem Terrain hätte behaupten müsste. Nach dem gescheiterten Verkauf der Kleinwagenmarke Saturn, die im Oktober 2009 zur Liquidation freigegeben wurde, ist Hummer der nächste Misserfolg des amerikanischen Autokonzerns. Der verlustreichen Geländewagen-Marke droht nun das gleiche Schicksal wie den Geschwistern Saturn und Pontiac: Sie soll abgewickelt werden. Eigentlich sollten die überdimensionalen Geländewagen vorerst weiter bei GM gebaut werden, 3000 Mitarbeiter sollten dadurch in Lohn und Brot bleiben. Gemeinsam mit ihnen, den Händlern und Zulieferern werde nun die Abwicklung angegangen, sagte GM-Manager Smith. Für Garantieleistungen und Service bei vorhandenen Wagen will GM weiter einstehen. Statussymbol in Hollywood und anderswo Der erste Hummer war ein ziviler Ableger des amerikanischen Militärtransporters Humvee. Dank seiner markanten Form entwickelte sich der teure Wagen schnell zu einem Statussymbol in Hollywood und anderswo. Die späteren Modelle H2 und H3 bekamen mehr Komfort und ein etwas weniger kantiges Äußeres. Der Anstieg der Ölpreise seit 2005 setzte dem Erfolg der Marke jedoch ein Ende. Hummer gehört zu den Marken, von denen sich General Motors bei seinem Neustart trennte. Der Autobauer war im vergangenen Jahr in die Insolvenz gerutscht, aus dem er nur dank einer milliardenschweren staatlichen Finanzspritze einen Ausweg fand. Die US-Regierung kontrolliert das Unternehmen seitdem. Erst am Dienstag hatte GM den Verkauf der schwedischen Tochter Saab an den niederländischen Sportwagen-Hersteller Spyker erfolgreich über die Bühne gebracht. Bei der deutschen Tochter Opel ringt der Konzern gerade um staatliche Hilfe für die Sanierung.
Angst vor einem schlechten Image durch den Spritfresser: Der Verkauf der GM-Marke Hummer nach China ist missglückt.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/hummer-verkauf-gescheitert-je-dicker-desto-schlechter-1.13140
Hummer: Verkauf gescheitert - Je dicker, desto schlechter
00/02/2010
Zoff in Athen: Nach abwertenden Medienberichten erinnert der griechische Vizepremier an die Besetzung durch die Wehrmacht. Politiker in Athen haben Deutschland in scharfer Form aufgefordert, sich mit Kritik an der griechischen Finanzkrise zurückzuhalten. Deutschland habe während der Besetzung Griechenlands im Zweiten Weltkrieg "das griechische Gold weggenommen, das bei der Zentralbank lag", sagte Vizepremier Theodoros Pangalos der BBC. Nun solle es "wenigstens dankbar sein". Oppositionspolitiker forderten die Regierung auf, von Berlin Reparationen zu verlangen. Auslöser der antideutschen Äußerungen sind als beleidigend empfundene deutsche Medienberichte über die Finanzkrise. Parlamentssprecher Filippos Petsalnikos hat für Donnerstag den deutschen Botschafter Wolfgang Schultheiß zu sich gebeten, um gegen Artikel der Magazine Focus und Stern zu protestieren. "Geschmacklos" "Die Wut ist groß", sagte Schultheiß. "Eine Welle der Empörung schlägt über uns herein. Meiner Meinung nach berechtigt." Schultheiß nannte das Titelbild des Magazins Focus, das im Zentrum der Proteste steht, "geschmacklos". Der Titel zeigt die Venus von Milo mit obszöner Geste unter der Überschrift "Betrüger in der Euro-Familie". Der begleitende Artikel bescheinigte Griechenland "2000 Jahre Verfall". Zeitungen wie Eleftheros Typos reagierten mit Hakenkreuz-Fotomontagen vor dem Brandenburger Tor. Manolis Glezos, eine Symbolfigur des Widerstands gegen die Besatzung, warf den Deutschen Geschichtsvergessenheit vor. Der Bürgermeister von Athen, Nikitas Kaklamatis, sagte: "Ihr schuldet uns 70 Milliarden Euro für die Ruinen, die ihr uns hinterlassen habt." Kolumnisten erinnern daran, wie Berlin Athen gedrängt habe, deutsche Rüstungsgüter zu kaufen und sich dadurch weiter zu verschulden. Audio Slideshow: Die Welt nach Lehman Bitte klicken Sie auf das Bild, um die Slideshow zu starten: Den Betrugsvorwurf kontern viele Zeitungen mit dem Hinweis auf die deutsche Firma Siemens, die den größten Korruptionsskandal der vergangenen Jahre in Athen zu verantworten hat. Die Erregung erinnere ihn "an die Proteste gegen die Mohammed-Karikaturen" in der muslimischen Welt, sagte der deutschsprachige Athener Autor Petros Markaris. Der Historiker Hagen Fleischer, der seit 1977 in Griechenland lebt, sieht "einen der schlimmsten Tiefpunkte" zwischen Deutschland und Griechenland erreicht. Er hat "vollstes Verständnis" für die griechischen Reaktionen. Es gibt auch mahnende Stimmen. Das Blatt Kathimerini warnte vor "antideutscher Hysterie". Und der Autor Markaris meint, beide Seiten verhielten sich provokativ und "blöd". Die antigriechische Stimmungsmache in der EU sei kontraproduktiv: "Sie dient vielen Leuten hier dazu, von der bösen Lage unserer Finanzen abzulenken. Jedes Mal, wenn die EU nun von uns strenge Maßnahmen verlangt, werden sie sagen: Da stecken die Deutschen hinter!" Auch Berlin wies die Vorwürfe zurück. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes wies auf ein Entschädigungsabkommen von 1960 hin, wonach die Bundesregierung 115 Millionen Mark an Griechenland gezahlt habe. Unterdessen legte ein 24-stündiger Generalstreik gegen das Sparprogramm der Regierung Griechenland am Mittwoch teilweise lahm. Gleichzeitig erhöhte die EU-Kommission ihren Druck auf Athen: Sie will Griechenland vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen, weil das Land rechtswidrige Steuerbeihilfen für Firmen nicht zurückgefordert habe - trotz einer EU-Aufforderung im Juli 2008. Im Video: Bei Protesten in der griechischen Hauptstadt Athen ist es am Mittwoch zu Ausschreitungen gekommen. Weitere Videos finden Sie hier
Zoff in Athen: Nach abwertenden Medienberichten erinnert der griechische Vizepremier an die Besetzung durch die Wehrmacht.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/haushaltskrise-in-athen-griechen-empoeren-sich-ueber-deutsche-1.23762
Haushaltskrise in Athen - Griechen empören sich über Deutsche
00/02/2010
Die Zeichen stehen auf Sturm: Die Finanzlage der Griechen wird von vielen Experten für den Beginn einer Krise des gesamten Euro-Systems gehalten. Deutschland muss jetzt Vorbild sein. Nun ist es also amtlich. Deutschland hat sich 2009 durch und im Kampf gegen die Rezession hoch verschuldet. Gut 79 Milliarden Euro borgte sich der Staat im vergangenen Jahr - eine gigantische Summe. Würde man entsprechend viele 100-Euro-Scheine aufeinander stapeln, entstünde daraus ein Turm von 79 Kilometern Höhe. Wollte man die Scheine per Hand zählen, man bräuchte ein ganzes Leben und würde nicht fertig. Der größte Teil des Geldes wurde eingesetzt, um die Folgen der schlimmsten Wirtschaftskrise in der Geschichte der Bundesrepublik zu lindern. Das ist zumindest kurzfristig gelungen, ob daraus ein dauerhafter Aufschwung wird, dürfte sich erst in den kommenden Monaten zeigen. Bemerkenswert am Kampf gegen die Krise ist vor allem, dass es gelungen ist, den Anstieg der Arbeitslosigkeit weitgehend im Zaum zu halten. Andere Nationen haben da schlechter abgeschnitten. Weil die Arbeitslosigkeit einigermaßen niedrig und die Schulden im Haushalt noch nicht zu begleichen sind, gehen die Deutschen weitgehend unbeschwert durch diese Krise. Noch. Denn die Zeichen stehen weiter auf Sturm. Die Finanzlage der Griechen wird von vielen Experten für den Beginn einer Krise des gesamten Euro-Systems gehalten - mit nicht absehbaren Kosten für die wirtschaftsstarken Nordländer. Auch wird die EZB nicht mehr allzu lange warten, bevor sie am Geldhahn dreht und damit beginnt, die Zinsen wieder auf ein Normalmaß anzuheben. Die EU braucht in dieser Situation die Bundesrepublik als Stabilitätsanker. Die schwarz-gelbe Koalition sollte sich deshalb zur Konsolidierung des Haushalts bekennen und auf die zu diesem Zeitpunkt unvernünftigen Pläne einer Steuersenkung verzichten.
Die Zeichen stehen auf Sturm: Die Finanzlage der Griechen wird von vielen Experten für den Beginn einer Krise des gesamten Euro-Systems gehalten. Deutschland muss jetzt Vorbild sein.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/deutschland-und-die-eu-einmal-vorbild-sein-1.11300
Deutschland und die EU - Einmal Vorbild sein
00/02/2010
Dicke Luft in Athen: Im ganzen Land wird gestreikt und jetzt klagt auch noch die EU. Es geht um illegale Steuerbeihilfen. Der Europäischen Kommission ist offenbar der Geduldsfaden mit Griechenland gerissen. Die Behörde kündigte am Mittwoch in Brüssel an, sie werde die Regierung in Athen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagen. Als Grund für den in der Europäischen Union eher ungewöhnlichen Schritt gab Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia an, Griechenland weigere sich, eine Entscheidung der EU-Kommission aus dem Jahr 2008 umzusetzen. Darin hatten die EU-Beamten die griechische Regierung aufgefordert, rechtswidrige Beihilfen zurückzufordern, die sie in Form von Steuervergünstigungen an Hunderte Unternehmen vergeben hatte. Das griechische Recht erlaubt es, dass die Unternehmen einiger Branchen 35 Prozent ihrer Gewinne aus den Jahren 2003 und 2004 von der Steuer absetzen, solange sie das Geld in die Modernisierung ihrer Gebäude, neue Ausrüstungen, Leasingfahrzeuge oder die Fortbildung der Mitarbeiter investierten. Bis heute nicht zurück gezahlt Zu den begünstigten Wirtschaftszweigen zählten unter anderem Textilhersteller, Metallschmelzen, Automobilbauer, Energieerzeuger, Bergbau, intensive Landwirtschaft und Fischereibetriebe, große internationale Handelshäuser sowie einige Tourismusunternehmen. Die Unternehmen konnten die Steuervorteile direkt bei den Finanzämtern beantragen, da die Beihilferegelung Teil des griechischen Steuersystems war. Die unrechtmäßig begünstigten Unternehmen hätten das Geld bis heute nicht zurückgezahlt, sagte Almunia. Deshalb müsse die EU-Kommission nun erneut aktiv werden. "Mit allem Nachdruck" "Rechtswidrige und mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfen müssen zurückgefordert werden, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle zu gewährleisten", erklärte der oberste Wettbewerbshüter der EU. Die Kommission werde "mit allem Nachdruck" dafür sorgen, dass die Mitgliedsstaaten ihrer Rückforderungspflicht nachkommen. Nach Angaben der EU-Kommission beläuft sich der Wert der unrechtmäßigen Subventionen auf rund 80 Millionen Euro. Bereits im Jahr 2007 monierte die EU-Kommission, dass das griechische Recht mit den EU-Beihilfevorschriften nicht vereinbar sei. Da die Behörde jedoch bis heute keine Information über die Rückzahlung der Beihilfen bekommen habe, habe sie beschlossen, das Land nun beim EuGH zu verklagen, sagte Almunia. Zwar betonte die EU-Kommission offiziell, die Klage stehe nicht im Zusammenhang mit der riesigen Schulden- und Finanzkrise des Landes. Hohe Beamte sehen das Vorgehen jedoch im Zusammenhang mit dem jüngsten Vergehen der griechischen Regierung. Glaubwürdigkeit noch weiter beschädigt Eigentlich hatte Athen den EU-Behörden zugesagt, bis zum Montag dieser Woche Details zu den Finanzgeschäften zu übermitteln, die dem Land die Aufnahme in die Währungsunion ermöglichten. Griechenland war 2001 unter anderem auf Basis falscher Angaben dem Euroraum beigetreten. Der EU-Kommission zufolge liegen diese Daten trotz der Zusage bisher nicht vor, angeblich, weil die Finanzbeamten in Griechenland streiken. Der Glaubwürdigkeit Griechenlands hat das zusätzlich geschadet. Die Regierung in Athen hat versprochen, zügig weitreichende Spar- und Reformpläne umzusetzen, um das bei knapp 13 Prozent liegende Haushaltsdefizit bis 2012 wieder unter die nach EU-Recht erlaubten drei Prozentpunkte zu drücken. Experten bezweifeln, dass die Griechen die Pläne umsetzen, da diese teilweise noch vom Parlament gebilligt werden müssen. Aufgrund der schlechten Wettbewerbsfähigkeit und des riesigen Schuldenberges ist das Land vom Konkurs bedroht. Es steht unter EU-Zwangsaufsicht.
Dicke Luft in Athen: Im ganzen Land wird gestreikt und jetzt klagt auch noch die EU. Es geht um illegale Steuerbeihilfen.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/klage-gegen-griechenland-vor-eugh-der-eu-reisst-der-geduldsfaden-1.11063
Klage gegen Griechenland vor EuGH - Der EU reißt der Geduldsfaden
00/02/2010
Er hat schwere Schlachten in der Politik geschlagen, jetzt soll Österreichs Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel den Aufsichtsrat von RWE verstärken. Auch dort gibt es viele Konflikte. Im Aufsichtsrat des Essener Energiekonzerns gab es seit einigen Wochen eine außergewöhnliche Konstellation: Die Arbeitnehmer hatten im Kontrollgremium die Mehrheit. Der Grund war die überraschende Entscheidung des früheren WestLB-Chefs Thomas Fischer, sein Mandat im RWE-Aufsichtsrat niederzulegen. Das war Ende Januar, und seither wurde hektisch ein Nachfolger gesucht. Nun scheint die Suche beendet: Neues Mitglied im Aufsichtsrat soll der frühere österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel werden. Bestätigt werden muss er von der Hauptversammlung am 22. April, zuvor soll er aber vom Amtsgericht bestellt werden. Schüssel hat Erfahrung mit kniffligen Angelegenheiten - und kommt schon deswegen dem RWE-Kontrollgremium wie gerufen. An die Spitze der Partei lanciert Es war nackte Angst, die im Jahr 1995 Wolfgang Schüssels entscheidenden Karriereschritt provozierte: Damals stand der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) Andreas Khol als neuer Vorsitzender ins Haus, ein in jenen Tagen selbst von Parteifreunden als sinistrer Rechtsausleger gefürchteter Intellektueller. Noch-Parteichef Erhard Busek lancierte den bis dahin nur wegen seiner bunten Fliegen am Hemdkragen auffälligen Wirtschaftsminister an die Spitze der christsozialen Volkspartei. Die Erleichterung war groß, und die Erwartungen waren es ebenso. Die verflogen allerdings schnell, als die ÖVP noch im selben Jahr die von Schüssel angezettelten Neuwahlen verlor. Es reichte aber für den Außenminister in der wiederaufgelegten großen Koalition mit der SPÖ. Vier Jahre später, bei der Wahl 1999, wurde die ÖVP von der rechtsradikalen FPÖ unter Jörg Haider haarscharf überholt. Ensetzen in Europa Das war die Stunde des gewieften Taktikers Schüssel: Wiewohl er den Rückzug in die Opposition angekündigt hatte, holte er zum Entsetzen des weiteren Europa Haiders FPÖ in die Regierung und wurde mit ihrer Hilfe Bundeskanzler. Rigide Führungsleistung Gut zwei Jahre später brachten ihm die Selbstzerfleischungstendenzen in der extremen Rechten einen der größten Siege der Volkspartei seit 1945 ein. Der spöttisch wie respektvoll "Millimetternich" titulierte Kanzler, der inzwischen nicht mehr die identitätsstiftende Fliege, sondern Krawatte trug, steuerte die neu aufgelegte schwarz-blaue Bundesregierung mit rigider Führungskraft. Und doch verlor er die nächste Wahl 2006 überraschend klar: Er hatte auch nach Aussagen von Parteifreunden wohl die Bodenhaftung verloren, sein legendärer Machtinstinkt hatte ihn verlassen. Versuche, ihn für EU-Ämter in Position zu bringen - zuletzt wurde über ihn als Kommissionspräsident spekuliert - fruchteten nichts. An der Tatkraft des 64-jährigen Wieners, der sich als Berufspolitiker aus einfachsten Verhältnissen hochgearbeitet hat, hegt freilich niemand Zweifel. Gute Kontakte nach Osteuropa Und die wird im RWE-Aufsichtsrat gebraucht. Hier gab es oft Schwierigkeiten, die Gruppen der Anteilseigner und der kommunalen Aktionäre unter einen Hut zu bringen. Auf der Arbeitnehmerseite ringen die großen Gewerkschaften Verdi und IG BCE um die Macht. Und immer wieder wurde mit vertraulichen Informationen aus Konzern und Aufsichtsrat gezielt Politik gemacht. Zermürbt von Indiskretionen hatte Thomas Fischer, der bis 2011 bestellt war, im vergangenen Jahr den Vorsitz des Kontrollgremiums niedergelegt und sich jetzt völlig zurückgezogen. Aufsichtsratsvorsitzender ist derzeit der frühere Bayer-Chef Manfred Schneider. Viel verspricht sich RWE von den Kontakten des Ex-Kanzlers in Osteuropa. Beim Pipeline-Projekt Nabucco könnte Schüssel einen alten Bekannten treffen: den ehemaligen deutschen Außenminister Joschka Fischer, der hier RWE berät. Freunde waren die beiden allerdings nie: Fischer war einer der Wortführer des europäischen Protestes gegen die österreichische Rechtsregierung unter Schüssel.
Er hat schwere Schlachten in der Politik geschlagen, jetzt soll Österreichs Ex-Kanzler Wolfgang Schüssel den Aufsichtsrat von RWE verstärken. Auch dort gibt es viele Konflikte.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/neuer-aufsichtsrat-rwe-holt-reizfigur-schuessel-1.13048
Neuer Aufsichtsrat - RWE holt Reizfigur Schüssel
00/02/2010
Spardiktat der EU, Massenstreik und eine Klage aus Brüssel - die Nerven in Athen liegen blank. Doch die Regierung keilt zurück, und zwar gegen den einstigen Nazi-Staat Deutschland. Griechenland versinkt im Generalstreik: Mit Arbeitsniederlegungen und Protesten haben die griechischen Gewerkschaften gegen die drastischen Sparpläne der sozialistischen Regierung mobilgemacht. Flüge wurden gestrichen, Ministerien und Schulen blieben geschlossen. Auch Fähren verkehrten nicht. In der Stadtmitte von Athen waren Transparente mit der Aufschrift zu sehen: "Das Volk und seine Bedürfnisse sind wichtiger als die Märkte." Vor dem Parlamentsgebäude zogen Demonstranten auf. Es ist das erste Mal seit der Übernahme der Regierung durch die Sozialisten im Oktober, dass sich Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes und der Privatwirtschaft zu einer solchen Aktion zusammenschließen. Die Beteiligung an dem Streik und den Demonstrationen dürfte Aufschluss darüber geben, wie stark der Rückhalt in der Bevölkerung für die Gewerkschaften ist. Meinungsumfragen zufolge wollen die meisten Griechen der sozialistischen Regierung Zeit lassen, um die Finanzkrise im Land zu bekämpfen. EU verklagt Athen Die EU-Kommission erhöht derweil ihren Druck auf das hochverschuldete Land. Sie verklagt den Eurostaat vor dem Europäischen Gerichtshof, weil er von Unternehmen illegale Steuervorteile nicht eingetrieben hat. Rechtswidrige Beihilfen müssten zurückgefordert werden, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle zu sichern, erklärte EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia. Einige Firmen konnten unter der beanstandeten Regelung 35 Prozent ihrer Gewinne aus den Jahren 2003 und 2004 von der Steuer absetzen, solange sie in ihre Modernisierung oder die Fortbildung der Mitarbeiter investierten. Die Kommission hatte die Regelung im Juli 2007 für illegal erklärt und die Regierung in Athen aufgefordert, das Geld zurückzuverlangen. "Die begünstigten Unternehmen haben die Beihilfen aber bis heute nicht zurückgezahlt", stellte die Kommission fest. Nach früheren Angaben geht es um einen Steuerausfall von insgesamt 200 Millionen Euro. Griechen erinnern an gestohlenes Gold In dieser Notlage erhob Griechenlands stellvertretender Ministerpräsident Theodoros Pangalos schwere Vorwürfe gegen Deutschland. Sein Land sei niemals für die Folgen der nationalsozialistischen Besatzung im Zweiten Weltkrieg entschädigt worden, sagte er dem britischen Radiosender BBC. "Sie haben das griechische Gold weggenommen, das bei der griechischen Zentralbank lag, sie haben das griechische Geld weggenommen und es nie zurückgezahlt." Deutschland müsse das Geld nicht unbedingt zurückzahlen, aber "sie sollten sich wenigstens bedanken", fügte er hinzu. Griechenland steht unter hohem internationalen Druck, seine Finanzen in Ordnung zu bringen. Der Balkanstaat muss in diesem Jahr rund 53 Milliarden Euro neue Schulden machen, mehr als 20 Milliarden Euro davon im April und Mai. Aus Angst vor einem Staatsbankrott verlangen die Investoren derzeit kräftige Risikoaufschläge für griechische Anleihen. Die Sorgen über die Zahlungsfähigkeit Griechenlands haben auch das Vertrauen in den Euro erschüttert. Im Video: Bei Protesten in der griechischen Hauptstadt Athen ist es am Mittwoch zu Ausschreitungen gekommen. Weitere Videos finden Sie hier
Spardiktat der EU, Massenstreik und eine Klage aus Brüssel - die Nerven in Athen liegen blank. Doch die Regierung keilt zurück, und zwar gegen den einstigen Nazi-Staat Deutschland.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/griechenland-der-ton-wird-rauer-vorwuerfe-gegen-ex-besatzer-deutschland-1.2839
Griechenland: Der Ton wird rauer - Vorwürfe gegen Ex-Besatzer Deutschland
00/02/2010
Verwirrspiel um den A400M: Erst prescht Spanien vor und behauptet, die Zukunft des Militärfliegers sei gesichert. Kurz darauf wiegelt Deutschland ab. Es klang wie der langersehnte Durchbruch: Die Zukunft des Airbus-Militärtransporters A400M sei gerettet, hieß es von spanischer Seite. Zum Auftakt eines EU-Verteidigungsministertreffens am Mittwoch in Palma de Mallorca sagte die spanische Ressortchefin Carme Chacon: "Wir haben eine prinzipielle Einigung zwischen den sieben Bestellernationen und dem Airbus-Mutterkonzern EADS erreicht." Einzelheiten zu dem Durchbruch, um den mehr als ein halbes Jahr erbittert gerungen wurde, sollen am Donnerstag bekanntgegeben werden. EADS-Entscheidung steht aus Doch EADS wollte die Einigung allerdings nicht bestätigen. Ein Konzernsprecher sagte in einem Interview: "Alle Parteien arbeiten an einer für alle Seiten akzeptablen Lösung." Auch Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg blieb verhalten: "Ich denke es gibt konstruktive Verhandlungen, und wir werden eine Einigung erzielen", erklärte er in Berlin. Ein Ministeriumssprecher sagte gar, es gebe keinen neuen Sachstand. Die sieben Käuferstaaten, darunter Deutschland, hatten vor rund einer Woche dem Hersteller EADS/Airbus ihr letztes Angebot über die Aufteilung der Milliarden-Mehrkosten vorgelegt. "Bisher gibt es auf dieses finale Angebot keine Antwort der Industrie", sagte er. Erst wenn EADS geantwortet habe, gebe es eine Grundlage für weitere Verhandlungen. EADS und die Regierungen von Deutschland, Belgien, Großbritannien, Frankreich, Luxemburg, Spanien und der Türkei konnten sich bislang nicht auf die Aufteilung der Sonderkosten von mindestens 5,2 Milliarden Euro einigen. Die spanische Verteidigungsministerin Chacon sagte nun: "Das Airbus-Projekt wird ein Erfolg für Europa." EADS wollte, dass die beteiligten Staaten einen Großteil der Zusatzkosten übernehmen. Unter anderem der Bundesregierung war dies zu viel. Nach Angaben Berlins waren die beteiligten Staaten bereit, zwei Milliarden Euro zu schultern. Frankreich schlug kürzlich einen zusätzlichen Kredit von 1,5 Milliarden Euro vor. Doch auch damit klaffte zuletzt immer noch eine Finanzierungslücke von einer Milliarde Euro. Noch am Montag hatte der französische Verteidigungsminister Hervé Morin betont, man werde nicht mehr Geld bereitstellen. Airbus-Chef Thomas Enders hatte mehrfach mit dem Scheitern gedroht. EADS drängte die Regierungen zu einer baldigen Entscheidung. Falls nicht, werde der Konzern Geld, Personal und Ausrüstung von dem Projekt abziehen und anderen Aufgaben zukommen lassen. Dies wäre ein herber Rückschlag für die europäische Rüstungsindustrie und ein massiver Imageverlust für Airbus gewesen gewesen. Und die europäischen Luftwaffen sind dringend auf die Neuentwicklung angewiesen. Im Dezember startete der A400M mit rund dreijähriger Verspätung zu seinem Jungfernflug, bei dem es aber auch zu technischen Pannen gekommen war. Der Transporter ist mit den bislang leistungsstärksten Turboprop-Triebwerken ausgerüstet und soll doppelt so viel Ladung schneller und flexibeler transportieren können als der Konkurrent Hercules des US-Konzerns Lockhead.
Verwirrspiel um den A400M: Erst prescht Spanien vor und behauptet, die Zukunft des Militärfliegers sei gesichert. Kurz darauf wiegelt Deutschland ab.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/airbus-pannenflieger-a400m-er-ist-gerettet-er-ist-nicht-gerettet-1.3511
Airbus: Pannenflieger A400M - Er ist gerettet, er ist nicht gerettet
00/02/2010
Die Verbraucher schnallen den Gürtel enger: Weil immer mehr Menschen um ihren Job bangen, geben sie weniger Geld aus - zum Leidwesen der Wirtschaft. Eine zunehmende Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes vermiest den Verbrauchern zusehends die Stimmung. Das Konsumklima verschlechterte sich im Februar dementsprechend leicht, wie die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in Nürnberg mitteilte. Die Konjunkturerwartung musste demnach deutliche Einbußen hinnehmen, die Einkommenserwartung und die Anschaffungsneigung verloren leicht an Wert. Der GfK-Konsumklimaindex sagt daher nach 3,3 Punkten im Februar eine Verschlechterung auf 3,2 Punkte im März voraus. Die Angst vor einem Jobverlust überlagere inzwischen die positiven Effekte des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes der Regierung, erklärte die GfK. Verunsichert seien die Verbraucher auch durch die öffentliche Diskussion um die Haushaltslage in Griechenland und anderen europäischen Staaten. Die Menschen erwarten davon demnach negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland. Dadurch lässt auch die Kauflust nach, die zu Jahresbeginn noch durch den Preiskampf des Einzelhandels befeuert worden war. Hyundai ruft Tausende Wagen in die Werkstätten Nach Toyota ruft nun auch der koreanische Autobauer Hyundai Tausende Wagen wegen technischer Probleme in die Werkstätten zurück. Hintergrund sind Kundenbeschwerden über Schwierigkeiten mit der Schließanlage an den Vordertüren. Betroffen sind rund 47.000 Hyundai Sonata, von denen etwa 46.000 in Südkorea und weitere 1300 in den USA gefertigt wurden. Wie das Unternehmen mitteilte, erfolgt der Rückruf auf freiwilliger Basis. Die zuständigen Behörden sollten noch in dieser Woche informiert werden, die Rücknahme sei für kommenden Monat geplant. Die Rückruf-Ankündigung schickte die Aktie des Konzerns, der zusammen mit dem Hersteller Kia Hyundai der fünftgrößte Automobilhersteller der Welt ist, auf Talfahrt. Konkurrent Toyota steht wegen des Rückrufs von 8,5 Millionen Modellen nach Problemen mit Gaspedalen, Fußmatten und Bremsen in der Kritik. Am Mittwoch soll Unternehmenschef Akio Toyoda vor einem Ausschuss des US-Repräsentantenhauses dazu aussagen. Japanische Exporte steigen wie seit 30 Jahren nicht mehr Die japanische Exportwirtschaft hat im Januar einen so starken Aufschwung wie seit 30 Jahren nicht mehr erlebt. Die Ausfuhren der zweitgrößten Volkswirtschaft nahmen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 40,9 Prozent auf rund 4,902 Milliarden Yen (37,7 Milliarden Euro) zu, wie das Finanzministerium mitteilte. Ein ähnliches Ausfuhrplus hatte das asiatische Land zuletzt im Februar 1980 erlebt. Die starken Exportzahlen verdankte Japan den Angaben zufolge besonders dem Handel mit den Ländern der Region: Die Ausfuhren nach China nahmen um 79,9 und nach Taiwan um 100,4 Prozent zu. Aber auch die Exporte in die USA sowie - erstmals seit 29 Monaten - in die EU wuchsen um 24,2 beziehungsweise 11,1 Prozent. Im vergangenen Jahr hatte die exportlastige japanische Wirtschaft als Folge der weltweiten Wirtschaftskrise ein schwarzes Jahr erlebt und war um fünf Prozent geschrumpft.
Die Verbraucher schnallen den Gürtel enger: Weil immer mehr Menschen um ihren Job bangen, geben sie weniger Geld aus - zum Leidwesen der Wirtschaft.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirtschaft-kompakt-angst-vor-jobverlust-vermiest-shoppinglaune-1.6667
Wirtschaft kompakt - Angst vor Jobverlust vermiest Shoppinglaune
00/02/2010
Es begann mit dem SB-Tanken - mittlerweile ist es allerorts üblich: Unternehmen verlagern Arbeit auf die Verbraucher. Das spart den Unternehmen Geld und den Kunden - manchmal - Zeit. Einchecken am Flughafen oder auch bei der Bahn ist für Morgenmuffel inzwischen ideal. Dafür sorgen Dutzende von Automaten, die Reisenden nach ein paar gezielten Knopfdrucken Ticket samt Reservierung ausdrucken. Das geht ohne Gruß und Dank - vorausgesetzt, die Kunden können damit umgehen. Für den Fall, dass es nicht klappt, stehen an den vollautomatischen Eincheck-Terminals zumindest noch ein paar Einweiser. Sie nehmen einem aber nicht etwa die Arbeit ab. Stattdessen helfen sie hektischen oder unbeholfenen Reisenden, die richtigen Knöpfe zu drücken und den Pass oder Personalausweis ruhig und gleichmäßig einzuscannen. Die eigentliche Aufgabe, sich zu registrieren und damit den Platz im Flieger zu sichern, erledigen die Kunden selbst. Was vor mehr als einem Vierteljahrhundert mit SB-Tanken begann und vor gut 15 Jahren mit dem Online-Banking perfektioniert wurde, ist auch bei Lufthansa und Bahn schon fast zur Routine geworden: Selbst ist der Kunde. Die Verbraucher werden aber auch in anderen Branchen zunehmend ihr eigener Dienstleister. Kunden nehmen Arbeits-Auslagerung an "Externalisierung der Dienstleistung" heißt das dann im Fachjargon der Ökonomen. Arbeitnehmervertretern geißeln das Verfahren als "Rationalisierung zu Lasten von Arbeitsplätzen", wie es ein Sprecher der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi formuliert. Tatsächlich können Verbraucher inzwischen Reisen buchen ohne Reisebüro, Brötchen kaufen ohne Bäcker, essen ohne bedient zu werden, im Hotel übernachten, ohne eine Rezeption aufzusuchen. Sie machen damit zunehmend den Job von Kassierern, Reisekaufleuten und Sachbearbeitern - aber werden sie dafür auch angemessen belohnt? "Die Kunden nehmen diese Auslagerung der Arbeit an sie entweder als echte Preissenkung wahr oder zumindest als unterlassene Preiserhöhung", sagt Manfred Schwaiger, Betriebswirtschaftsprofessor für marktorientierte Unternehmensführung an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sie nehmen es wahr? Ja, denn wie sollen Außenstehende erkennen, ob ein Unternehmen die Preise erhöht hätte, wenn es seine Kunden bedienen würde wie gewohnt? Das ist in den meisten Fällen unmöglich. Selbstbedienung wird bald die Regel sein Theoretisch kann man inzwischen einen ganzen Tag unterwegs sein, ohne mit einem Verkäufer, Kellner oder Rezeptionisten zu reden. Das ist vielleicht vorteilhaft für Routinierte, aber Verbraucher, die im Umgang mit den manchmal komplizierten Selbstbedienungsmaschinen nicht so versiert sind, werden sich ärgern.
Es begann mit dem SB-Tanken - mittlerweile ist es allerorts üblich: Unternehmen verlagern Arbeit auf die Verbraucher. Das spart den Unternehmen Geld und den Kunden - manchmal - Zeit.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/dienstleistungen-selbst-ist-der-kunde-1.8956
Dienstleistungen - Selbst ist der Kunde
00/02/2010
Entrüstung in den USA: Die Banker an der Wall Street machen schon wieder das dicke Geld, obwohl ihre Unternehmen vom Steuerzahler gerettet werden mussten. Letztere leiden immer noch unter der Finanzkrise. Es ist ein Paradoxon: Ungeachtet der gerade überstandenen Finanzkrise sind die Bonuszahlungen der Wallstreet-Firmen im vergangenen Jahr um 17 Prozent auf 20,3 Milliarden Dollar in die Höhe geschnellt. Bei der Bekanntgabe dieser Zahlen sagte der Finanzchef im US-Staat New York, Thomas DiNapoli: "Für die meisten Amerikaner sind diese riesigen Boni eine bittere Pille und schwer zu verstehen." Während viele Familien ums Überleben kämpften, machten die Angestellten der Wallstreet das dicke Geld, nachdem ihre Firmen mit dem Geld der Steuerzahler gerettet worden seien. Tiefe Kluft Im Durchschnitt gab es für jeden Mitarbeiter einer Wallstreet-Firma 124.850 Dollar (92.000 Euro) - in bar oder in Aktien. Die Top-Verdiener der Branche erhielten jedoch deutlich höhere Zahlungen. Bei Goldman Sachs etwa kassierte Vorstandschef Lloyd Blankfein eine Bonuszahlung von neun Millionen Dollar - 2007 waren es allerdings noch 68 Millionen gewesen. Die Höhe der Zusatzzahlungen hängt vom wirtschaftlichen Erfolg ab. In den ersten drei Quartalen 2009 erzielten die Maklerfirmen der Wallstreet einen Rekordgewinn von 49,9 Milliarden Dollar. Der Sozialwissenschaftler Chuck Collins vom Institute for Policy Studies sagte, die Bonuszahlungen machten eine tiefe Kluft in der amerikanischen Gesellschaft sichtbar. "Die Flut hebt ein paar wenige Jachten höher, während die Boote der anderen Leute noch tiefer im Wasser versinken." Widerstand im Kongress Unterdessen zeichnet sich eine Abschwächung der Pläne von Präsident Barack Obama für ein Verbot des Eigenhandels bei amerikanischen Großbanken ab. Das Finanzministerium sprach sich am Dienstag für "verpflichtende Beschränkungen" statt weitreichenden Verboten aus. Obama hatte bei der Vorstellung der Pläne im Januar noch gefordert, die betreffenden Finanzgeschäfte gesetzlich zu untersagen. Das Finanzministerium reagierte damit offenbar auf den Widerstand im Kongress, von dem die Pläne abgesegnet werden müssen. Der Bankenausschuss im Senat verständigte sich mit der Sache vertrauten Personen zufolge erneut auf eine Abschwächung der sogenannten "Volcker-Regel" aus. Nur noch große Banken betroffen So sollten davon nur Banken betroffen sein, die ein Vermögen von mehr als 50 Milliarden Dollar verwalteten. Der nach dem dem früheren Notenbank-Chef und jetzigen Regierungsberater Paul Volcker benannten Regel zufolge sollen Banken riskante Geschäfte auf eigene Rechnung verboten werden. Zudem sollen die klassischen Sparten wieder strikt vom Investmentbanking getrennt werden. Obama hatte im Januar bei der Vorstellung der Pläne angekündigt, die Größe der Banken beschränken und neben einer strengeren Aufsicht eine Krisengebühr erheben zu wollen. Im Senat formierte sich aber bald Widerstand gegen die Pläne.
Entrüstung in den USA: Die Banker an der Wall Street machen schon wieder das dicke Geld, obwohl ihre Unternehmen vom Steuerzahler gerettet werden mussten. Letztere leiden immer noch unter der Finanzkrise.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wallstreet-die-boni-sprudeln-wieder-eine-bittere-pille-1.18219
"Wallstreet: Die Boni sprudeln wieder - ""Eine bittere Pille"""
00/02/2010
SB-Verbraucher – Möbel selbst kassieren Ob Automatenkasse, Onlinebanking oder Hotels ohne Rezeption: Konzerne drängen die Verbraucher zum Selbstmachen. Der Mann im Pullunder liest offenbar gern: Drei flach verpackte "Billy"-Regale stapeln sich auf seinem Wagen, darauf ein Dutzend weitere Ikea-Produkte. Das kann dauern, bis der gezahlt hat. Also links vorbei: An dieser Kasse steht niemand - auch keine Kassiererin. "Hier kassieren die Kunden selbst", steht auf einem Schild. Selbstbedienungskassen gibt es in immer mehr Geschäften, natürlich auch bei der Kette, die ihre Möbel in Einzelteilen verkauft und einen Inbus-Schlüssel zum Zusammenbauen beilegt. Selbermachen hat bei Ikea Prinzip. An dieser Kasse läuft kein Warenband. Es gibt nur einen Monitor, daneben hängt ein Scanner, der ähnlich aussieht wie eine Zapfpistole an der Tankstelle. Damit sollen die Kunden den Barcode scannen, die schwarzen Striche an der Verpackung, erklärt eine Ikea-Mitarbeiterin, die aber nicht selbst kassiert. Also die Pakete vom Wagen wuchten, den Barcode suchen, darauf den Scanner richten. Der wirft einen roten Strich auf den Barcode. Es piept - "genau so", lobt die Angestellte. Der Ehrgeiz treibt: Schnell soll es gehen, die Kassierer können das ja auch. Und: Es macht Spaß. Nur noch schnell mit Karte zahlen, dann zum Aufzug. Den teilen sich die Selberzahler mit dem Pullunder-Träger samt Billy-Regalen. Schneller geht es an der Selbstbedienungskasse also nicht. lebr Eine Ikea-Kassiererin in Bayern verdient nach Tarif 2108 Euro brutto im Monat. Foto: Stephan Rumpf
Ob Automatenkasse, Onlinebanking oder Hotels ohne Rezeption: Konzerne drängen die Verbraucher zum Selbstmachen. In Bildern.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/sb-verbraucher-mache-es-selbst-1.14916
Möbel selbst kassieren
00/02/2010
Nach neuen Berichten über gravierende Missstände bei der S-Bahn Berlin hat Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) Konsequenzen angekündigt. "Es muss eine gesetzliche Verpflichtung für den sicheren Bau von Schienenfahrzeugen auch für Hersteller geben", sagte Ramsauer der Süddeutschen Zeitung. "Es geht nicht, dass die Pflicht allein bei der Bahn liegt." Notfalls müsse dazu auch das Allgemeine Eisenbahngesetz geändert werden. "Dazu bin ich bereit", sagte Ramsauer. Erst vorige Woche hatte sich die Bahn nach langem Streit mit dem ICE-Hersteller Alstom auf den Austausch schadhafter Achsen bei ICE-T-Zügen geeinigt. Kosten: 60 Millionen Euro. Am Dienstag legte die Bahn einen Bericht vor, der die Ursachen für die jüngsten Pannen bei der S-Bahn-Berlin aufklären sollte. Demnach waren neben "systematischen Manipulationen" vor allem schadhafte Materialien schuld. Bislang regelt das Allgemeine Eisenbahngesetz alles nach dem Prinzip der Betreiberverantwortung. Die Bahn kauft Züge von Herstellern, ist dann aber allein für deren Funktionstüchtigkeit verantwortlich. Die Bahn tritt deshalb seit längerem für eine Änderung dieser Regelung ein. Schwerwiegende Managementfehler Allerdings ist bei der S-Bahn Berlin das Material nur eine der Ursachen für die unvergleichliche Pannenserie gewesen, die die Berliner seit Monaten erdulden müssen. Eine weitere sind schwerwiegende Managementfehler. Zu diesem Ergebnis kommt der Untersuchungsbericht, den Anwälte der Kanzlei Gleiss Lutz im Auftrag der Bahn erstellt haben. Die externen Ermittler hatten Tausende Dokumente gesichtet und 95 Mitarbeiter befragt. Ergebnis: Seit Ende der neunziger Jahre habe es bei der S-Bahn "keine vernünftige Qualitätssicherung mehr gegeben", sagte Detlef Schmidt, Partner von Gleiss Lutz, am Dienstag in Berlin. So hätten die für die Wartungen der Züge zuständigen Handwerker unverständliche, seitenlange Anweisungen in die Hand gedrückt bekommen, aus denen sie sich selbst heraussuchen mussten, was sie genau zu tun haben. Es habe "von der Tagesform des Mitarbeiters" abgehangen, welche Schritte er unternahm. Einweisungen seien "eher zufällig" erfolgt. Die Ermittler stellten "erhebliche Organisationsdefizite" fest. Ein Unternehmen müsse seine Prozesse so gestalten, "dass sie von normalen menschlichen Schwächen unabhängig sind", sagte Schmidt. Im September hatte sich herausgestellt, dass bei der S-Bahn über Jahre hinweg Bremszylinder falsch gewartet worden waren, sodass die Bremsen zu versagen drohten. Die Ermittler stellten zudem "Schwächen in der Unternehmenskultur" fest. Kritik oder Vorschläge seien unerwünscht gewesen. Das habe die Mitarbeiter demotiviert. Fehler im Aufsichtsrat der S-Bahn sehen die Anwälte nicht. Es gebe keine Hinweise, dass ein Mitglied des Gremiums die Probleme kannte oder hätte kennen müssen. Schließlich sei die S-Bahn bis Mai 2009 in den Augen der Kunden und der DB erfolgreich gewesen. Ein Aufsichtsrat sei nicht verpflichtet, ohne Anlass Werkstätten anzusehen und Mitarbeiter zu befragen. Abläufe schon seit Jahren mangelhaft Die häufig geäußerte Kritik, dass Sparvorgaben der DB die S-Bahn ruiniert hätten, wies Schmidt zurück. Der Sparkurs sei 2005 ausgerufen worden, die Abläufe seien aber schon Jahre zuvor mangelhaft gewesen. Dennoch sah er das "Optimierungsprogramm S-Bahn" kritisch, mit dem die DB die Hamburger und Berliner S-Bahn wettbewerbsfähiger machen wollte. Die Verantwortlichen hätten erkennen müssen, "dass die Werkstätten keine betriebswirtschaftliche Sanierung benötigen, sondern eine Restrukturierung der Prozesse", sagte Schmidt. Verkehrsminister Ramsauer warnte am Dienstag davor, die Sicherheit und Zuverlässigkeit Renditezielen zu opfern. "Dahinter steht ein unternehmerisches Handeln, das ausschließlich nach kaufmännischen Zielen ausgerichtet ist", kritisierte er. Bei der Bahn, die letztlich auch dem Gemeinwohl verpflichtet sei, könne dies nicht dauerhaft funktionieren. Gleichzeitig forderte er eine höhere Zuverlässigkeit im Schienenverkehr. Dabei könne mehr Wettbewerb helfen, aber auch mehr Druck auf die Bahn. "Wir müssen gewährleisten, dass die Bahn pünktlich, schnell, zuverlässig ist." Mit Blick auf die aktuelle Quote verspäteter Züge sagte er: "Bei 94,1 Prozent ist die Grenze des Zumutbaren erreicht." Die Bahn kündigte eine umfassende Neuorganisation der Berliner S-Bahn an. Unter anderem wird sie künftig dem Geschäftsfeld DB Regio zugeordnet, dem die meisten S-Bahnen bereits angehören. Damit gelten einheitliche Qualitätsstandards für alle. Vier Geschäftsführer sind bereits beurlaubt. Vor weiteren personellen Konsequenzen will die Bahn die Betroffenen hören und die Ermittlungen des Staatsanwalts abwarten. Auch prüft sie Ersatzansprüche.
Durchgreifen für mehr Sicherheit: Bundesverkehrsminister Ramsauer nimmt nicht nur die Bahn, sondern auch die Hersteller in die Pflicht.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ramsauer-gesetzesaenderung-bahnfahren-soll-sicherer-werden-1.13900
Ramsauer: Gesetzesänderung - Bahnfahren soll sicherer werden
00/02/2010
Reuige Versprechungen eines unter Druck geratenen Autoherstellers: Nach einer Reihe tödlicher Unfälle mit Toyota-Fahrzeugen in den USA hat Konzernchef Akio Toyoda die Hinterbliebenen um Vergebung gebeten und Besserung gelobt. "Wir haben zu sehr auf Wachstum gesetzt und dabei die Ausbildung unserer Leute und die Entwicklung unseres Unternehmens aus den Augen verloren", sagte Toyoda laut einem am Dienstag veröffentlichten Redemanuskript für eine Aussage im US-Kongress. "Ich bedauere, dass dies zu den in den Rückrufen geschilderten Sicherheitsproblemen geführt hat, und ich bedauere zutiefst jeden Unfall, der Toyota-Fahrern passiert ist." Der publikumsscheue Konzernchef und Enkel des Firmengründers hatte sich erst nach langem Zögern dazu bereiterklärt, vor dem US-Kongress auszusagen. Seine für Mittwoch angesetzte Befragung wurde deshalb mit besonderer Spannung erwartet. Bereits am Dienstag trat der Chef des US-Geschäfts von Toyota vor den Ausschuss und entschuldigte sich ebenfalls für das Rückruf-Desaster. Jim Lentz räumte Versäumnisse ein und versprach, künftig offensiver mit Schadensmeldungen umzugehen. "Wir haben jetzt begriffen, dass wir anders mit Beschwerden umgehen müssen und dass wir früher, besser und effektiver mit unseren Kunden und den Aufsichtsbehörden sprechen müssen", sagte Lentz vor dem zuständigen Kongressausschuss. US-Verkehrsminister Ray LaHood kündigte an, den japanischen Konzern beim Wort zu nehmen und auf eine rasche Behebung der Mängel zu dringen. Kurz zuvor hatte die New Yorker Staatsanwaltschaft Vertreter des Konzerns vorgeladen. Die US-Börsenaufsicht SEC verlangte die Zusendung von Unterlagen im Zusammenhang mit den Autofahrer-Beschwerden über ein unbeabsichtigtes Beschleunigen. Zugleich erhärteten sich Vorwürfe, Toyota habe sich mit den US Aufsichtsbehörden auf eine Sparlösung zur Reparatur der seit Jahren bekannten Probleme mit den Gaspedalen verständigt. Der Verkehrssicherheitsbehörde sollen die Schwierigkeiten schon seit 2003 bekannt gewesen sein. "Sie haben mein Wort" Toyota hat weltweit mehr als 8,5 Millionen Pkw wegen klemmender Gaspedale, rutschender Fußmatten und defekter Bremsen zurückgerufen. In den USA vermuten die Behörden, dass mindestens fünf Unfälle mit Todesfolge durch die lockeren und sich unter dem Gaspedal verhakenden Fußmatten verursacht wurden. Weitere 29 Todesfälle werden untersucht. In seiner vorab veröffentlichten Rede griff Toyoda einen konkreten Unfall mit einem Lexus auf, bei dem im August ein Polizist außer Dienst mit drei Familienangehörigen ums Leben gekommen war. "Ich möchte gerne wegen des Unfalls in San Diego den Hinterbliebenen der Familie Saylor mein Beileid aussprechen. Ich möchte meine Gebete erneut schicken und ich werde alles in meiner Macht stehende tun, damit so eine Tragödie nie wieder passiert." Toyoda verwies darauf, dass nicht nur der Ruf des Unternehmens auf dem Spiel stehe. "Mein Name steht auf jedem Auto. Sie haben mein Wort, dass Toyota entschieden und unnachgiebig daran arbeiten wird, das Vertrauen der Kunden wiederherzustellen." Im Video: Der USA-Chef des größten Autobauers der Welt sagte bei einer Anhörung vor einem Ausschuss des US-Kongresses, die Probleme bei den Gaspedalen seien noch nicht ausgestanden. Weitere Videos finden Sie hier
Aussage vor dem US-Kongress: Nach einer Reihe tödlicher Unfälle mit Toyota-Fahrzeugen gelobt Konzernchef Toyoda Besserung.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/toyota-chef-ich-bedauere-zutiefst-jeden-unfall-1.23023
"Toyota-Chef - ""Ich bedauere zutiefst jeden Unfall"""
00/02/2010
Was zuvor in Wochen nicht geklappt hat, ist Arbeitsrichterin Silke Kohlschitter in zweieinhalb Stunden gelungen: die Lufthansa und ihre Piloten wieder an den Verhandlungstisch zu bringen. Hätten die Piloten und die Lufthansa nur mal früher bei Silke Kohlschitter um Rat gefragt, anstatt sich wochenlang zu beharken. Beiden wären so teure Streiktage erspart geblieben. In nur zweieinhalb Stunden hat die Richterin am Frankfurter Arbeitsgericht die zerstrittenen Parteien wieder an einen Tisch gebracht - und ins Schwärmen. "Die Richterin war genial", sagt Cockpit-Vertreter Thomas von Sturm. "Sie hat ein unglaubliches Gespür, wie man Kontrahenten zusammenbringt", lobt der Anwalt Thomas Ubber, der die Lufthansa vertritt. Vor allem verfügt Kohlschitter über eine Waffe, mit der sie die versteinerten Mienen der Widersacher rasch knackt: Fröhlichkeit. Belustigter Blick Schon als Silke Kohlschitter den völlig überfüllten Gerichtssaal betrat, blickte sie belustigt um sich. Andrang kennt sie von Kündigungsverhandlungen, zu denen bisweilen die halbe Firma erscheint. Das Blitzlichtgewitter, die vielen Kameras aber waren neu. "Ich finde, dem Arbeitsgericht fehlt noch ein Maskenbildner", war ihr Kommentar. Fröhlich schmunzelnd pickte sich die 44-Jährige rasch den entscheidenden Punkt heraus, der den Weg zur Lösung bot. Die Gewerkschaft verlangte von der Lufthansa eine Strafzahlung für jedes Flugzeug der italienischen Tochterfirma, das nicht von Piloten mit dem deutschen Tarifvertrag geflogen wird. Diese Strafe sollte in den Bonustopf für die deutschen Piloten fließen. Das klingt kompliziert, aber Kohlschitter machte den Streit ganz einfach: "Es geht Ihnen also um die Vergütung?", fragte sie. Raffinierte Verhandlungsführung Ziemlich raffiniert war das, weil die Piloten nicht zugeben durften, dass es ihnen um viel mehr geht. Ein Streik ist aber nicht zulässig, wenn er die unternehmerische Entscheidungsfreiheit verletzt. Die Piloten hatten also keine Wahl, sie mussten zustimmen - ja, ums Geld drehe sich alles. Sofort präsentierte die Richterin ihren Vorschlag, der alle überraschte, obwohl er so simpel war: "Sie müssen zurück an den Verhandlungstisch, aber schnell." Und übers Geld reden. Ehe sich die Anwälte zur Beratung zurückzogen, ermunterte Kohlschitter die Herren, doch bis zur "Tagesschau" um acht fertig zu werden. Während sie wartete, schlug sie ihrem ehrenamtlichen Richter vor, er solle ruhig noch "ein Zigarettsche rauche". So eine Unbefangenheit ist selten in einem Gerichtssaal, auf den gerade die ganze Republik schaut. Prinzipientreu Früher arbeitete die Juristin und promovierte Altphilologin in einer Bank, dann als Anwältin. Erst seit 2004 ist sie Arbeitsrichterin, eine mit Prinzipien: "Ein Urteil ist für mich immer die zweitbeste Lösung", sagt sie, "ich versuche lieber, einen Ausgleich herzustellen." Und der gelinge am besten in einer entspannten Atmosphäre. "Ah ja, jetzt kommen alle Mann zurück", sagte sie, als die Anwälte wieder auftauchten. Die zum Teil nervösen Herren stimmten dem Vorschlag zu. Als Kohlschitter den Vergleich diktierte, tauchte ein letztes Problem auf. Vereinigung Cockpit e.V. - "sehen Sie sich maskulin wie der Verein oder feminin wie die Vereinigung", fragte sie. "Feminin bitte", sagte der Anwalt. Alle lachten. Der Streik war vorbei. Noch sechs Minuten bis zur "Tagesschau".
Was zuvor in Wochen nicht geklappt hat, ist Arbeitsrichterin Silke Kohlschitter in zweieinhalb Stunden gelungen: die Lufthansa und ihre Piloten wieder an den Verhandlungstisch zu bringen.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/lufthansa-tarifstreit-vor-arbeitsrichterin-froehlichkeit-als-waffe-1.4752
Lufthansa: Tarifstreit vor Arbeitsrichterin - Fröhlichkeit als Waffe
00/02/2010
Monatelang war die Stimmung in der Wirtschaft prächtig, der Ifo-Index stieg von einem Hoch zum Nächsten. Damit ist jetzt Schluss: Besonders der Handel bangt um sein Geschäft. Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft hat sich im Februar nach zehn Anstiegen in Folge unerwartet wieder eingetrübt. Der Geschäftsklimaindex sei von 95,8 Punkten im Vormonat auf 95,2 Punkte gefallen, teilte das Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in München mit. Die meisten Experten hatten dagegen mit einem weiteren Anstieg des Konjunkturbarometers gerechnet. Verantwortlich für den Rückgang sei vor allem die Entwicklung im Einzelhandel, bei dem es im Februar zu einem Rückschlag gekommen sei, sagte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn. Insgesamt fielen die Urteile zur aktuellen Geschäftslage schlechter aus als im Januar. "Wirtschaftliche Erholung dürfte sich fortsetzen" Alleine das Baugewerbe stemmte sich gegen den Trend: In der Branche stieg der Geschäftsklimaindex erneut. Die befragten Bauunternehmen bewerten ihre momentane Geschäftssituation wieder etwas günstiger als im Vormonat. Allerdings ist die aktuelle Bautätigkeit nach Auskunft der befragten Unternehmen witterungsbedingt stark eingeschränkt. Ihre Geschäftsperspektiven schätzen sie erneut merklich besser ein, nachdem ihre Skepsis bereits im vergangen Monat deutlich abgenommen hatte. Insgesamt schätzen die rund 7000 befragten Unternehmen aus allen Branchen ihre Perspektiven für die kommenden sechs Monate etwas günstiger ein. "Die wirtschaftliche Erholung dürfte sich nach dem Winter fortsetzen", sagte Sinn. Der Ifo-Index gilt als wichtigster Frühindikator der deutschen Wirtschaft. Im Video: Der Ifo-Geschäftsklimaindex fiel im Februar überraschend auf 95,2 Punkte von 95,8 Zählern im Vormonat. Weitere Videos finden Sie hier
Monatelang war die Stimmung in der Wirtschaft prächtig, der Ifo-Index stieg von einem Hoch zum Nächsten. Damit ist jetzt Schluss: Besonders der Handel bangt um sein Geschäft.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/ifo-index-wirtschaft-plagt-winterdepression-1.2964
Ifo-Index - Wirtschaft plagt Winterdepression
00/02/2010
Das Bundeskartellamt hat Konzerne zuletzt reihenweise mit hohen Bußgeldern abgestraft. So einfach geht das aber nicht, stellt ein Gerichtsurteil jetzt klar. Das Bundeskartellamt hat einem Pressebericht zufolge eine empfindliche Niederlage vor Gericht erlitten und muss vermutlich um verhängte Bußgelder in Millionenhöhe fürchten. Wie das Handelsblatt berichtet, hat das in Kartellfragen maßgebliche Oberlandesgericht Düsseldorf die Bußgeldpraxis der Behörde gekippt. Die Richter bemängeln demnach, dass das Amt seit Umstellung der Bußgeldordnung für Kartellsünder im Jahr 2006 viel zu hohe Bußgelder verhängt habe. Dem Bericht zufolge war die Entscheidung bereits Anfang Oktober gefallen. Das Urteil ist aber noch nicht veröffentlicht. Kartellrechtler sind sich sicher, dass der Richterspruch nach seiner Veröffentlichung deutliche Konsequenzen für die Bonner Wettbewerbshüter haben wird. "Wenn das Urteil Bestand hat, werden sie sich eine komplett neue Bußgeldpraxis überlegen müssen", sagt Bernd Meyring, Kartellrechtler bei der Großkanzlei Linklaters. Bußgeldbescheide anfechtbar Ausschlaggebend für das jetzige Urteil war dem Bericht zufolge eine Beschwerde des sogenannten Zementkartells gegen einen Bußgeldbescheid des Amts. Dieses hatte fünf deutsche Zementkonzerne, darunter Heidelberg Cement und Dykerhoff, wegen Preisabsprachen zu 650 Millionen Euro Bußgeld verurteilt. Im Einspruchverfahren reduzierten die Oberlandesrichter die Summe auf 330 Millionen Euro. Neben diesem Aspekt enthält das Urteil einen grundsätzlichen Abschnitt. Sämtliche Bußgeldbescheide der vergangenen drei Jahre, die noch nicht rechtskräftig sind, können dem Bericht zufolge angefochten werden. Dazu zählt etwa die im Dezember ergangene Buße von 160 Millionen Euro gegen die vier Kaffeeröster Kraft, Tchibo, Melitta und Dallmayr. Die Flüssiggasfirmen Westfalen AG und Propan Rheingas sollen etwa 40 Millionen Euro an die Staatskasse zahlen. Eine 150-Millionen-Euro-Strafe verhängten die Kartellwächter gegen 16 Versicherungskonzerne. Insgesamt hat das Amt in den vergangenen drei Jahren wegen der Beteiligung an Kartellen Bußgelder von mehr als einer Milliarde Euro verhängt. So viel wie nie zuvor.
Das Bundeskartellamt hat Konzerne zuletzt reihenweise mit hohen Bußgeldern abgestraft. So einfach geht das aber nicht, stellt ein Gerichtsurteil jetzt klar.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/bussgeldpraxis-gericht-bremst-uebereifrige-kartellwaechter-1.13304
Bußgeldpraxis - Gericht bremst übereifrige Kartellwächter
00/02/2010
Solarenergie? Gerne, aber bitte selbst zahlen: Der Staat trimmt die Subventionen. Außerdem: Boeings Dreamliner muss zwangslanden, Reader's Digest hingegen startet durch. Die Koalitionsfraktionen von Union und FDP haben sich auf die künftige Förderung von Solaranlagen geeinigt. Zum 1. Juli 2010 wird die Subvention von Anlagen auf Dächern und Freiflächen um 16 Prozent zusätzlich gekürzt, teilte ein Sprecher der Unionsfraktion mit. Die Förderung von Anlagen auf Ackerflächen fällt demnach ganz weg. Nun solle die Regelung "zeitnah" im Kabinett beraten werden. Union und FDP hatten sich im Koalitionsvertrag auf eine Kürzung der Solarförderung geeinigt, die Details waren zwischen den Fraktionen jedoch zuletzt umstritten gewesen. Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) hatte vorgeschlagen, die Förderung von Photovoltaik-Anlagen auf Dächern zum 1. April zusätzlich zu den bereits zum Jahresbeginn wirksam gewordenen Kürzungen um weitere 15 Prozent zu senken. Für Anlagen auf Freiflächen sollte es ab dem 1. Juli 15 Prozent weniger Subventionen geben. Für Solaranlagen auf Ackerflächen wollte Röttgen die Förderung um 25 Prozent zusätzlich reduzieren. Gegen die rasche Kürzung hatten besonders CDU-Politiker aus Ostdeutschland protestiert, wo mehrere Solarfirmen produzieren. Bei den Ackerflächen trat die FDP für eine großzügigere Förderung von Solaranlagen ein als CDU und CSU. Krise zwingt Conti in die Knie Der Autozulieferer Continental hat im vergangenen Jahr aufgrund der schweren Wirtschafts- und Finanzkrise tiefrote Zahlen geschrieben. Unterm Strich standen Verluste in Höhe von rund 1,7 Milliarden Euro, mehr als eine halbe Milliarde Euro mehr als im Vorjahr, wie das Unternehmen mitteilte. Der Umsatz brach um 17 Prozent auf rund 20 Milliarden Euro ein. "Das zurückliegende Jahr hat uns einiges abverlangt", sagte Conti-Chef Elmar Degenhart in Frankfurt. Auf das Jahr 2010 sehe Conti mit vorsichtigem Optimismus. Der Konzern rechne mit einem Umsatzanstieg von mindestens fünf Prozent und einer deutlichen Ergebnisverbesserung. Boeing holt 787-Maschine vom Himmel Wegen technischer Probleme hat eine Maschine des neuen Boeing-Typs 787 in den USA eine ungeplante Landung einlegen müssen. Bei dem Testflugzeug habe es an einem der beiden Triebwerke einen Verlust an Schubkraft gegeben, sagte ein Boeing-Sprecher. Der "Dreamliner" könne zwar auch mit nur einem fliegen, doch in derartigen Fällen sei eine Landung die Standardprozedur. Das Flugzeug wird nach dem Vorfall untersucht. Die Maschine ist eine von mehreren 787, die sich derzeit einem Praxistest unterziehen müssen. Im Konkurrenzkampf mit Airbus soll die 787 vor allem mit einem geringen Spritverbrauch punkten. Zudem soll der "Dreamliner" leiser und für die Passagiere komfortabler sein. Erreicht werden soll das durch die Verwendung leichterer Materialien als das im Flugzeugbau derzeit dominierende Aluminium und Titan. Die 787 soll dem Airbus A380, dem größten Passagierflugzeug der Welt, entgegentreten. Boeing hatte sich entschieden, nicht ein Konkurrenzmodell von ähnlichen Ausmaßen zu bauen, sondern setzt auf ein mittelgroßes Modell mit hoher Reichweite. Damit wird der "Dreamliner" auch zum wesentlichen Konkurrenten für den Airbus A350 XWB, der im Jahr 2013 auf den Markt kommen soll. Reader's Digest beendet Insolvenzverfahren Der US-Verlag Reader's Digest hat den Neuanfang geschafft. Dank eines massiven Schuldenabbaus endete die sechsmonatige Insolvenz am Montag. "Dies ist ein ganz wichtiger Tag für unser Unternehmen", sagte Konzernchefin Mary Berner. Das Verlagshaus war 2007 von der US-Investorengruppe Ripplewood für insgesamt 2,4 Milliarden Dollar gekauft worden. Der Schuldenberg war bereits damals hoch. Die Wirtschaftskrise und in deren Folge das rückläufige Anzeigengeschäft war schließlich zu viel für Reader's Digest. Das Verlagshaus meldete im August in den USA Gläubigerschutz nach Kapitel 11 an. "Reader's Digest" ist nach eigenen Angaben die meistgelesene Zeitschrift der Welt. Sie erscheint weltweit in 50 Ausgaben. Zu dem Verlagshaus gehören weitere Magazine, Internetangebote, Bücher, Musik und Videos. Erst vor einer Woche hatte die britische Tochtergesellschaft Insolvenz anmelden müssen, weil sie die Pensionen nicht mehr alleine tragen konnte. In Deutschland wird "Readers Digest" in Stuttgart herausgegeben. Die Gesellschaft war von der Insolvenz nicht betroffen. Städte wollen Hartz-Pakete für Kinder schnüren Für Kinder aus Hartz-IV-Familien hat der Deutsche Städte- und Gemeindebund sogenannte "Teilhabepakete" vorgeschlagen. Das sei "besser und zielführender" als die Erhöhung der Regelsätze, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Neuen Osnabrücker Zeitung mit Blick auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Hartz-IV-Regelsätzen. Eltern sollten über das Jobcenter für ihr Kind einen sogenannten Stadtausweis erhalten. Dieser sollte nach Angaben von Landsberg bestimmte kostenlose Standardleistungen beinhalten wie zum Beispiel die Mitgliedschaft in einem Sportverein, die Nutzung von öffentlichen Bibliotheken, einige Stunden in der Musikschule und den vergünstigten Eintritt für Schwimmbäder und Museen. Zu dem vom Bund finanzierten Angebot solle auch ein Schulbedarfspaket mit Taschenrechner, Ersatzfüller sowie einigen Stunden Förderunterricht sowie das unentgeltliche Schulessen gehören, schlug Landsberg vor. Schon jetzt böten viele Städte auf freiwilliger Basis Kindern von Hartz-IV-Empfängern derartige Leistungen an. Diese Angebote könnten durch die Teilhabepakete ausgeweitet und dauerhaft finanziert werden. Das bedeute - anders als beim reinen Gutschein-System - kaum Bürokratieaufwand und vermeide die Diskriminierung bedürftiger Kinder.
Solarenergie? Gerne, aber bitte selbst zahlen: Der Staat trimmt die Subventionen. Außerdem: Boeings Dreamliner muss zwangslanden, Reader's Digest hingegen startet durch.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirtschaft-kompakt-regierung-stutzt-solar-foerderung-1.13634
Wirtschaft kompakt - Regierung stutzt Solar-Förderung
00/02/2010
Toyota gerät wegen der monströsen Pannenserie in den USA immer mehr unter Druck. Jetzt ermittelt auch die US-Börsenaufsicht SEC, außerdem droht ein Strafverfahren. Der Druck auf Toyota wegen der Pannenserie steigt gewaltig. Kurz vor der Anhörung des US-Kongresses am Dienstag tauchten brisante Interna und neue Vorwürfe gegen den japanischen Autohersteller auf. Nachdem das Verhalten von Toyota bereits von der US-Behörde für Verkehrssicherheit und gleich drei Ausschüssen unter die Lupe genommen wird, haben sich jetzt auch die Börsenaufsicht SEC und ein New Yorker Gericht eingeschaltet. Beide Stellen verlangen Einsicht in Dokumente über die jüngsten Rückrufe. Die SEC interessiert sich besonders dafür, wie Toyota die Öffentlichkeit über die technischen Probleme informiert hat. Die Börsenaufsicht wacht darüber, dass Unternehmen die Spielregeln des Kapitalmarkts einhalten. Strafverfahren droht Die Pannenserie hatte den Aktienkurs von Toyota schwer in Mitleidenschaft gezogen, viele Anleger hatten Geld verloren. Wie mächtig die SEC ist, hatte Siemens vor mehr als einem Jahr zu spüren bekommen, als der Mischkonzern wegen seiner Korruptionsaffäre umgerechnet rund 600 Millionen Euro an die USA überweisen musste. Noch heute steht Siemens unter Beobachtung der Börsenaufsicht. Das Einschreiten der Anklagekammer an einem New Yorker Gericht könnte zudem in einem Strafverfahren münden. Die Geschworenen entscheiden darüber, ob Anklage gegen den Hersteller beziehungsweise einzelne Verantwortliche erhoben wird. Durch das ungewollte Beschleunigen von Toyota-Wagen sollen alleine in den USA 34 Menschen ums Leben gekommen sein. Toyota kündigte am Montag an, mit den Behörden zu kooperieren. Der Autohersteller ruft weltweit 8,5 Millionen Wagen wegen diverser gefährlicher Defekte zurück, vor allem wegen klemmender Gaspedale und rutschender Fußmatten. Bei Hybridautos drohen die Bremsen zeitweilig zu versagen. Kreuzfeuer scharfer Fragen Am Dienstag beginnen die Anhörungen vor den Kongressausschüssen, am Mittwoch schlägt dann für Konzernchef Akio Toyoda die Stunde der Wahrheit, dann erscheint der begeisterte Motorsportfreund persönlich in Washington. Auf den medienscheuen Unternehmer wartet ein Kreuzfeuer scharfer Fragen der Politiker: Hat Toyota versucht, die gefährlichen technischen Probleme seiner Autos zu vertuschen? Hat es die Rückrufaktionen hinausgezögert und damit das Leben von Kunden gefährdet? Bei der Anhörung in Raum 2154 des Rayburn-Verwaltungsgebäudes geht es indirekt auch um die Führungskraft des Konzernchefs, dessen Krisenmanagement in der Kritik steht. Wenn im US-Kongress von "Grillen" die Rede ist, geht es in der Regel nicht um Barbecue-Abende. Der Begriff bezeichnet die verschärfte Befragung eines Amtsträgers vor einem Kongress-Ausschuss. Toyoda soll "gegrillt" werden, und US-Verkehrsminister Roy LaHood gab dafür bereits den Ton vor: "Man muss die Füße von Toyoda übers Feuer halten", forderte er.
Toyota gerät wegen der monströsen Pannenserie in den USA immer mehr unter Druck. Jetzt ermittelt auch die US-Börsenaufsicht SEC, außerdem droht ein Strafverfahren.
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/pannenserie-toyota-am-pranger-1.23663
Pannenserie - Toyota am Pranger
00/02/2010
359 Euro bekommt ein alleinstehender Hartz-IV-Empfänger jeden Monat, das ist zumindest der Regelsatz. Weil das jedoch nicht reicht, wird dieser Betrag durch verschiedene Leistungen aufgestockt. So übernimmt das Amt beispielsweise Miete, Heizkosten und die Beiträge zur Krankenversicherung. Außerdem gibt es Geld für Kinder. Der Betrag (60, 70 oder 80 Prozent der Regelleistung, abhängig vom Alter des Kindes) ist allerdings umstritten. Am Dienstag entscheidet das Bundesverfassungsgericht, ob die Regelung rechtmäßig ist. Doch damit endet der Anspruch von Langzeitarbeitslosen nicht. sueddeutsche.de zeigt, welche Kosten zusätzlich übernommen werden können. Erstausstattung der Wohnung Hartz-IV-Empfänger haben einmalig Anspruch auf eine Erstausstattung der Wohnung, etwa auf einen Tisch, Schränke, ein Bett oder auch ein Fernsehgerät. Die Leistung wird jedoch nur dann bewilligt, wenn der Betroffene die Gegenstände bislang nicht besessen hat, also beispielsweise neu in eine Wohnung zieht. Bundesweit werden durchschnittlich für einen Einpersonenhaushalt etwa 800 bis 1200 Euro bezahlt. Auch wenn durch außergewöhnliche Umstände (Geburt eines Kindes, Trennung, Wohnungsbrand) eine Notsituation entsteht, kann das Amt einspringen. Foto: dpa
Wie gerecht ist Hartz IV - mit 359 Euro Regelsatz? Das Verfassungsgericht urteilt am Dienstag. Wer zusätzliche Hilfe erwarten kann - ein Überblick
wirtschaft
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/hartz-iv-zusatzleistungen-geld-vom-amt-es-koennte-mehr-werden-1.78098
Hartz IV: Zusatzleistungen - Geld vom Amt - es könnte mehr werden
00/02/2010
Der Generaldirektor des Europäischen Statistikamtes, Walter Radermacher, wirft den EU-Regierungen vor, an der griechischen Krise mitschuldig zu sein. Bereits in den Jahren 2004 und 2005 habe es Probleme mit den aus Athen gelieferten Daten gegeben. Eurostat habe schon damals mehr Rechte und Kompetenzen gefordert, um zu prüfen, wie die Daten erhoben wurden. Einem entsprechenden Vorschlag der EU-Kommission hätten die nationalen Regierungen aber nicht vollständig zugestimmt, sagte Radermacher der Süddeutschen Zeitung. "Die Mitgliedsstaaten haben uns nicht die Instrumente gegeben, mit denen wir die Krise hätten verhindern können." Jahrelang gefälschte Daten, permanente Misswirtschaft, verschleppte Reformen und Korruption gelten als Hauptgründe für das unübersehbare Finanzdesaster, in dem sich Griechenland befindet. Die Regierung in Athen muss immer höhere Zinsen zahlen, um ihre Schulden zu refinanzieren. Ein Konkurs des größten Schuldners in der Währungsunion würde den Euro bedrohen. Die EU hat das Land unter Zwangsaufsicht gestellt. Europas oberstem Statistiker zufolge sind ausschließlich die Mitgliedsstaaten für die Qualität der gelieferten Daten verantwortlich. Eurostat prüfe diese nur. "Wir sind der Daten-TÜV." Radermacher räumte zwar ein, dass auch andere EU-Länder gelegentlich "Zahlen mit gewissen Unschärfen" übermittelten. Gravierende Fälschungen seien jedoch in keinem anderen Land vorgekommen. "Griechenland ist ein singulärer Fall." Die Schlamperei mit den Daten Radermacher fordert nun erneut, sein Amt als unabhängiger Aufseher auszubauen. "Wir müssen nicht nur die Daten prüfen, die geliefert werden, sondern den Weg der Daten von der Erhebung vor Ort bis zu uns", sagte er. Quelle allen Übels in Griechenland sei, "dass sie kein ordentliches Rechnungswesen haben". Öffentlich finanzierte Krankenhäuser, aber auch Gemeinden führten über ihre Finanzen kaum Buch, weshalb praktisch keine Daten erfasst würden. Das zentrale Statistikamt in Athen könne diese fehlenden Daten später auch nur durch Schätzungen ausgleichen. Ob Eurostat tatsächlich mit den geforderten weitreichenden Kontrollrechten ausgestattet wird, ist ungewiss. Die Einführung neuer Methoden stoße in einem "so komplexen System wie der EU schnell an ihre Grenzen", sagte Radermacher. Die Europäische Kommission habe erneut einen Vorschlag vorgelegt, dieser gehe nun durch die europäischen Gremien. Unterdessen verschärft sich der Ton zwischen Griechenland und Deutschland. Eine griechische Verbrauerschutzorganisation forderte am Freitag, deutsche Waren zu boykottieren. Und Premier Giorgos Papandreou sagte, die Frage deutscher Reparationszahlungen aus dem Zweiten Weltkrieg sei offen, solle aber während der derzeitigen Krise nicht diskutiert werden. Die Bundesregierung vertritt den Standpunkt, genügend materielle Entschädigung geleistet zu haben. Am nächsten Freitag kommt Papandreou nach Berlin. Große deutsche Banken wollen wegen der Finanzlage in Griechenland nicht mehr in Staatsanleihen des Landes investieren. Hintergrund der Verstimmung zwischen Berlin und Athen sind die restriktive Haltung Deutschlands zu EU-Hilfen für Griechenland und Berichte deutscher Medien über die dortigen Zustände.
Die EU-Regierungen tragen Mitschuld am griechischen Desaster, sagt der Generaldirektor des Europäischen Statistikamtes, Walter Radermacher.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/griechenland-schwere-vorwuerfe-gegen-europas-regierungen-1.14806
Schwere Vorwürfe gegen Europas Regierungen
00/02/2010
Wer Bankprodukte kauft, soll künftig besser vor Risiken gewarnt werden. Doch das ist offenbar nicht so leicht. Wer ein Medikament kauft, findet in der Verpackung stets einen Beipackzettel über "Risiken und Nebenwirkungen". Für Bankkunden gibt es bald etwas ähnliches: Es nennt sich "Produktinformationsblatt" und soll in übersichtlicher Form über die Kosten, Risiken und Funktionsweise eines Anlageproduktes informieren. Vorreiter sind die privaten Banken, die bereits vom Frühjahr an einheitliche Informationsblätter anbieten wollen. Die Sparkassen und Genossenschaftsbanken arbeiten ebenfalls an Muster-Beipackzettel für Anleger, die etwa Fonds oder Zertifikate kaufen. Auf dem zweiseitigen Infoblatt, das der Bundesverband deutsche Banken (BdB) am Freitag in Berlin vorstellte, gibt es sieben Felder: Hier müssen die Banken zum Beispiel eintragen, um was für ein Produkt es sich handelt, wer es verkauft, was es einschließlich der Provisionen kostet oder was Käufer etwa bei der Steuer beachten müssen. Unter der Rubrik Kosten ist auch aufgeführt, welche Rückvergütungen ("Kickbacks") der Herausgeber des Papiers an die Bank zahlt. Diese Informationen wurden bislang häufig verschwiegen oder so im Kleingedruckten versteckt, dass diese Kosten für weniger versierte Anleger kaum nachzuvollziehen waren. Das Standard-Informationsblatt baut auf einem Muster auf, das das Bundesverbraucherschutzministerium im Sommer 2009 vorgestellt hatte. Außerdem sind darin nach Angaben des BdB auch die Vorgaben der EU-Kommission berücksichtigt. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, Hans-Joachim Massenberg, sagte, er hoffe, dass mit dem Beipackzettel "eine gesetzliche Regelung überflüssig wird". Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) hatte zuvor damit gedroht, die Infoblätter notfalls per Gesetz durchzusetzen. Enorme Zahl von Produkten Bis die Beipackzettel auf den Markt kommen, müssen sich die Anleger jedoch gedulden: Im Frühjahr oder Frühsommer dürften private Banken die ersten Produkte auf Basis des neuen Infoblattes vertreiben, sagte Massenberg. Dies gilt vor allem für neue Angebote. Die Banken dürften damit überfordert sein, alle 360.000 Optionen und Zertifikate plus mehrere 1000 Fonds mit Beipackzetteln zu versehen. Die Vorlage des Verbandes ist als Muster gedacht: Die einzelnen Institute könnten auch "eigene Akzente setzen", sagte der BdB-Vertreter. Die Deutsche Bank und die größte deutsche Direktbank, die ING-Diba, hatten bereits eigene Informationsblätter vorgelegt. Verbraucherschutzministerin Aigner wertete die Initiative des Bankenverbands positiv: Damit "kommen wir unserem Ziel ein großes Stück näher, die Vergleichbarkeit der oft schwer verständlichen Anlageprodukte zu verbessern", sagte sie. Ein einheitlicher Beipackzettel aller deutschen Banken und Sparkassen ist in nächster Zeit allerdings unwahrscheinlich. Die Genossenschaftsbanken arbeiteten an einem eigenen Muster für ein standardisiertes Info-Blatt, teilte der Bundesverband BVR mit. Noch im Frühjahr soll das Blatt für Kunden verfügbar sein. Die Sparkassen wollen ebenfalls unter sich bleiben. Eine Sprecherin sagte, der Sparkassenverband sei dabei, die Produktinformation innerhalb der Sparkassen und Landesbanken zu vereinheitlichen. Keine Rede war davon, sich mit den Privat- und Genossenschaftsbanken abzustimmen. Gerade das aber fordern die Verbraucherschützer. "Wir brauchen einen einheitlichen gesetzlichen Standard für die gesamte Branche", sagte Manfred Westphal vom Verbraucherzentrale Bundesverband. Andernfalls seien die einzelnen Beipackzettel der Institute nicht vergleichbar. Das Muster des BdB weiche außerdem schon von dem der Deutschen Bank ab. "Es bleibt bei einem Flickenteppich", kritisierte Westphal. Schlecht sei auch, dass der Zettel zunächst nur für neue Produkte kommen soll. Auch seien Formulierungen wie "Transaktionspreis gemäß Preis- und Leistungsverzeichnis" nicht gerade das, was man von einer verständlichen Produktinformation erwarte. Sein Kollege Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg sieht den Beipackzettel ohnehin nur als einen Baustein für eine bessere Anlageberatung. Er ändere nichts daran, dass bei Finanzprodukten der Berater zugleich Verkäufer ist. Nötig seien unabhängige Berater, die Anlegern sagen, ob ein Finanzprodukt für sie geeignet sind.
Wer Bankprodukte kauft, soll künftig besser vor Risiken gewarnt werden. Doch das ist offenbar nicht so leicht.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/kreditinstitute-risiken-und-nebenwirkungen-der-bank-1.6117
Kreditinstitute - Risiken und Nebenwirkungen der Bank
00/02/2010
Griechenland in der Abwärtsspirale: Investoren wetten frech auf eine Pleite des Landes, und das Klima zwischen Berlin und Athen ist vergiftet. Die Nerven liegen blank. Es mag Zufall sein, dass Josef Ackermann gerade jetzt in Griechenland weilt. Zwar handele es sich um eine normale Geschäftsreise des Deutsche-Bank-Chefs, betont ein Sprecher des Konzerns. Doch Ackermann spricht dort auch mit Regierungsvertretern, womöglich trifft er sogar den Ministerpräsidenten George Papandreou. Zwar dementierte ein Regierungssprecher energisch, es gehe dabei auch um einen möglichen Kredit über 15 Milliarden Euro. Doch dürften der Banker und der Regierungschef sich beraten, wie Griechenland sich in den nächsten Wochen frisches Geld beschaffen kann. 16 Milliarden Euro fällig Schon diese Woche hatte Athen den Markt sondiert, um über eine neue Anleihe bis zu fünf Milliarden Euro einzusammeln. Das ist noch nicht einmal ein Zehntel dessen, was das Land in diesem Jahr braucht, allein im April und Mai werden 16 Milliarden Euro fällig. Doch gelänge die Aktion, würde dies die Märkte beruhigen und Vertrauen schaffen. Am Freitag aber hieß es in Finanzkreisen, das Land habe die Pläne zunächst verschoben. Zu schwierig schien es, Investoren zu gewinnen, nachdem ein Generalstreik das Land gelähmt und die Ratingagentur Standard & Poor's eine weitere Herabstufung der Bonität angedroht hatte. Jene deutschen Banken, die sich in der Vergangenheit in großem Stil mit griechischen Anleihen eingedeckt hatten, fallen als Investoren derzeit weitgehend aus. Die Hypo Real Estate als größter deutscher Gläubiger hat knapp zehn Milliarden Euro in Griechenbonds investiert. Anlagen in südeuropäischen Staatsanleihen gehören aber nicht mehr in die Strategie der Bank, heißt es in München. Ähnliches gilt für die Commerzbank-Tochter Eurohypo (3,1 Milliarden Euro) sowie Landesbanken. Sie alle wollen derzeit eher Risiken abbauen. Noch gibt es aber vermögende Privatinvestoren, die zu investieren bereit und in der Lage sind. Hedgefonds, die zuletzt gegen Griechenland spekulierten, könnten als Käufer der Staatsanleihen auftreten. Auch Versicherer, Pensionsfonds und Staatsfonds kommen als Investoren in Frage. "Es gibt viele, die gerade jetzt auf der Suche nach höheren Zinsen sind", sagte ein Kreditexperte.Dennoch wächst die Angst, dass Athen es nicht schafft, sich frisches Geld zu beschaffen. "Unsere Hauptsorge ist, ob Griechenland zu tragbaren Zinsen Zugang zum Kapitalmarkt hat", sagt Chris Pryce, Analyst bei der Ratingagentur Fitch. In Finanzkreisen wird darauf verwiesen, dass auch die Polemik deutscher Medien und Politiker gegen Griechenland Spekulanten in die Hände spielt. "Die Hedgefonds klatschen Beifall", sagte ein Marktkenner. Die öffentliche Kritik an Griechenland erschwere Athen die Refinanzierung, damit wachse die Wahrscheinlichkeit, dass Deutschland helfen muss. Empörung hatte in Griechenland unter anderem ein Titelbild des Magazins Focus ausgelöst, das die Venus von Milo mit einem ausgestreckten Mittelfinger neben dem Schriftzug "Betrüger in der Euro-Familie" zeigt. Zwar sind deutsche Banken allein nicht ausschlaggebend dafür, ob Griechenland genug frisches Geld bekommt oder nicht. Doch erstens ist unklar, ob andere europäische Kreditinstitute sich ähnlich zurückhalten. Zweitens versuchen Banken mit großen Griechenbond-Beständen offenbar, ihr Risiko zu reduzieren. Sie können dies auf zwei Wegen tun. Entweder sie stoßen ihre Anleihen, deren Kurse stark gesunken sind, mit Verlust ab, oder sie kaufen Kreditversicherungen gegen einen Ausfall, so genannte Credit Default Swaps (CDS). Im Video: Deutsche-Bank-Chef Ackermann hat in Griechenland Regierungsvertreter getroffen. In Finanzkreisen hieß es, Athen habe offenbar finanziellen Beratungsbedarf. Weitere Videos finden Sie hier
Griechenland in der Abwärtsspirale: Investoren wetten frech auf eine Pleite des Landes, und das Klima zwischen Berlin und Athen ist vergiftet. Die Nerven liegen blank.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/spekulanten-verschaerfen-die-krise-griechisches-roulette-1.3186
Spekulanten verschärfen die Krise - Griechisches Roulette
00/02/2010
Barbara Stcherbatcheff hatte als Investmentbankerin gearbeitet - und ist ausgestiegen. Sie lebte in einer Welt, in der Geld alles und Moral nichts ist. Und sie liebte es. Barbara Stcherbatcheff ist 28 Jahre alt, geschieden und hat ihre erste Karriere schon hinter sich. Fünf Jahre arbeitete die Amerikanerin als Investmentbankerin in London. Im vergangenen Jahr stieg sie aus. Zeit also, mit ihr über das Denken und Handeln von Bankern zu sprechen, die die Welt mit ihren riskanten Geschäften fast an den Abgrund führten. SZ: Frau Stcherbatcheff, reden wir über Geld. Sie haben Musik studiert. Mit Banken hatten Sie da wenig zu tun ... Barbara Stcherbatcheff: ... das stimmt, aber selbst in meiner Klasse wollte jeder an die Wall Street. Dort gab es einfach die lukrativsten Jobs. Auch ich wollte das große Geld machen. Also bewarb ich mich für ein Praktikum bei Merrill Lynch und bekam einen Platz in London. SZ: War es dort so, wie Sie es sich vorgestellt hatten? Stcherbatcheff: Nein, es war viel langweiliger. Am Anfang saß ich vor allem allein herum. Das änderte sich, als ich dann Händlerin wurde. Da stand ich unter einem wahnsinnig hohen Druck. Als Trader musst du liefern, sonst wirst du gefeuert. Mir gefiel das. SZ: Wie kann einem das gefallen? Stcherbatcheff: Es ist eine Herausforderung. Mein Ziel war es, das große Geld zu machen. Und zwar so schnell wie möglich. Damals, als ich mit 23 Jahren angefangen habe, war man als Banker in der Gesellschaft angesehen - jetzt nicht mehr. Ich bin froh, dass ich nach fünf Jahren rechtzeitig ausgestiegen bin. Aber ich bereue nichts. SZ: Wie sah Ihr Arbeitstag aus? Stcherbatcheff: Ich fing um sieben Uhr morgens an zu handeln. Nonstop bis vier Uhr. Das klingt vielleicht nicht gerade viel, aber es ist sehr anstrengend. Man darf sich nicht ablenken lassen oder zwischendurch kurz im Internet surfen oder auf die Toilette gehen. Man muss fokussiert sein Ding machen. Es ist ein Job, der einen sehr fordert. SZ: Warum war Ihnen Geld so wichtig? Stcherbatcheff: Ich komme aus keiner reichen Familie. Ich wollte ein schöneres Leben haben.
Barbara Stcherbatcheff hatte als Investmentbankerin gearbeitet - und ist ausgestiegen. Sie lebte in einer Welt, in der Geld alles und Moral nichts ist. Und sie liebte es.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/investmentbankerin-barbara-stcherbatcheff-gier-neid-ego-1.12746
Investmentbankerin Barbara Stcherbatcheff - Gier! Neid! Ego!
00/02/2010
Teuer und kompliziert: Die Klischees über Bausparkassen-Kredite sind alles andere als positiv - und stimmen nicht, sagt Finanztest. Im Gegenteil: Häuslebauer können sparen. Kredite der Bausparkassen sind zurzeit oft günstiger als vergleichbare Bankdarlehen. So das überraschende Ergebnis der großen Untersuchung zur Eigenheimfinanzierung. Das Topangebot kam von Schwäbisch Hall: Einen zinssicheren Immobilienkredit mit gut 24 Jahren Laufzeit gab es hier Mitte Januar zum Effektivzins von nur 4,02 Prozent. Topangebote von Bausparkassen Finanztest hat Kreditangebote von 87 Kreditinstituten und Vermittlungsgesellschaften untersucht und die besten Kredite für sieben Modellfälle ermittelt - vom Neubaukredit bis zum Anschlusskredit für eine bestehende Finanzierung. Die Topangebote im Test kamen von Bausparkassen. Neben dem Topangebot von Schwäbisch Hall, der größten Bausparkasse Deutschlands, boten auch andere Bausparkassen ihre Kredite zu einem Effektivzins unter 4,5 Prozent an - garantiert für die gesamte Laufzeit von 20 Jahren und länger. Dafür gab es bei den meisten Banken bestenfalls einen Kredit mit 10 oder 15 Jahren Zinsbindung. Kombikredite auch mit Riester-Förderung Die Kredite der Bausparkassen galten lange als kompliziert und teuer. Sie bestehen aus einer Kombination von zwei Verträgen: einem tilgungsfreien Darlehen und einem Bausparvertrag, der das Darlehen nach einer mehrjährigen Sparzeit ablöst. Kompliziert ist die Bausparvariante noch immer. Doch bei den Zinsen ist sie inzwischen oft Spitze. Die günstigen Bausparkredite sind auch problemlos als Riester-Darlehen mit staatlicher Förderung erhältlich. Damit bekommt der Kunde staatliche Zulagen und Steuervorteile von vielen tausend Euro gratis dazu. Die meisten Banken machen dagegen um "Wohn-Riester" einen großen Bogen. 36.000 Euro Zinsunterschied Ob mit oder ohne Riester-Förderung: Die Zinsunterschiede zwischen günstigen und teuren Angeboten waren in allen Modellfällen enorm. So verlangten Banken für einen 150.000-Euro-Kredit mit 20 Jahren Zinsbindung und 2,5 Prozent Tilgung Effektivzinsen zwischen 4,30 und 5,60 Prozent. Der Unterschied summiert sich bis zum Ende der Zinsbindung auf über 36.000 Euro. Günstige Regionalbanken Neben Bausparkassen glänzten auch eine Reihe regionaler Banken mit guten Kreditkonditionen. Mehrfach ganz vorne im Test lagen die Volksbanken Düsseldorf Neuss, Münster und Rhein-Ruhr und die Geno Bank Essen. Sie waren oft sogar günstiger als Direktbanken und Internetvermittler. Die große Finanztest Untersuchung Eigenheimfinanzierung Finanztest hat insgesamt Angebote für Immobilienkredite von 87 Banken, Bausparkassen, Versicherern und Vermittlungsgesellschaften untersucht. Der vollständige Vergleich Eigenheimfinanzierung zeigt die besten Konditionen für insgesamt sieben Musterfälle.
Teuer und kompliziert: Die Klischees über Bausparkassen-Kredite sind alles andere als positiv - und stimmen nicht, sagt Finanztest. Im Gegenteil: Häuslebauer können sparen.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/finanztest-bausparkassen-begluecken-knauser-1.7902
Bausparkassen beglücken Knauser
00/02/2010
Spekulation gegen Europa: Große Hedgefonds wollen das Haushaltsdebakel Griechenlands zu einem guten Geschäft machen. Außerdem: Island steht wieder unter Druck. Großinvestoren wollen die Schwäche des Euro für sich ausnutzen. Mehrere gewichtige Hedgefonds hätten Wetten darauf abgeschlossen, dass der Kurs der Gemeinschaftswährung weiter falle, berichtete das Wall Street Journal am Freitag. Anfang des Monats hätten sich bekannte Namen der Szene bei einem exklusiven Dinner in einem Privathaus in Manhattan getroffen, um bei Filet Mignon und mit Zitrone gebratenem Hühnchen darüber zu sprechen, wie sie von der Schuldenkrise in der Eurozone profitieren könnten. Einige der Hedgefonds-Manager rechneten damit, dass der Euro vom Wert her mit dem Dollar gleichziehe, schrieb die Zeitung. Derzeit bekommen Europäer für ihre Währung noch 1,36 Dollar. Ende letzten Jahres waren es allerdings noch 1,51 Dollar gewesen. Bereits in der Vergangenheit haben Investoren mit ihren Wetten selbst große Industriestaaten in Bedrängnis gebracht. Über so genannte Hebelgeschäfte können sie die Wirkung ihrer Einsätze vervielfachen. Nach Angaben des Wall Street Journal hat an dem Treffen in Manhattan auch ein Vertreter des Fonds von US-Milliardär George Soros teilgenommen. Soros hatte 1992 gegen das britische Pfund gewettet und dabei rund eine Milliarde Dollar Gewinn gemacht. Angst vor griechischen Anleihen Wegen der angespannten Finanzlage wollen große deutsche Banken nicht mehr in Staatsanleihen des krisengeschüttelten Landes investieren. Wie die Financial Times Deutschland berichtet, kündigten die beiden wichtigsten deutschen Staatsfinanzierer, Eurohypo und Hypo Real Estate (HRE), bereits am Donnerstag an, bei der bevorstehenden Finanzierungsrunde keine neuen Griechenland-Bonds mehr zu zeichnen. Eurohypo-Sprecherin Gisela Brandhoff sagte, der Bestand an griechischen Staatsanleihen im Portfolio werde nicht weiter ausgebaut - im Gegenteil. Er sei in der letzten Zeit sogar leicht verringert worden. Von der HRE hieß es: "Wir verfolgen im Staatsfinanzierungsgeschäft eine kundenorientierte Strategie. Dabei fokussieren wir auf die Länder Deutschland, Frankreich, Spanien und Italien und das primäre Kundengeschäft." Zu Griechenland selbst wollte er sich nicht äußern. Das Griechenland-Portfolio der HRE soll nach Informationen der Nachrichtenagentur DAPD knapp zehn Milliarden Euro betragen, bei der Eurohypo sind es rund drei Milliarden. Auch die Postbank wird kein frisches Geld in dem Mittelmeerland investieren. Die Deutsche Bank wiederum will nur noch als Investmentbank bei der Platzierung von Anleihen mitwirken und nicht mehr selbst Geld in griechischen Staatspapieren anlegen. Große Landesbanken wie die BayernLB und die Stuttgarter LBBW wollten sich nicht äußern. Aus Kreisen der Institute heiße es allerdings, Investitionen in Griechenland-Bonds seien "kaum vorstellbar", schreibt die FTD. Abfuhr für Island Die Bemühungen Islands um Erleichterungen bei der Tilgung seiner riesigen Auslandsschulden sind gescheitert. Nachdem die Regierungen von Großbritannien und den Niederlanden keine besseren Konditionen für die Rückzahlung von 3,8 Milliarden Euro mehr einräumen wollen, soll nun endgültig die Bevölkerung der Inselrepublik am 6. März bei einem Referendum über die bisher ausgehandelten Bedingungen entscheiden. Bei der Volksabstimmung in gut einer Woche gilt ein klares Nein nach allen Umfragen als weitgehend sicher. Die Regierung von Ministerpräsidentin Jóhanna Sigurdardóttir hatte nicht zuletzt deshalb um neue Gespräche mit den Gläubigerländern gebeten, dabei aber auch ein verbessertes Angebot zurückgewiesen. Island muss die 3,8 Milliarden Euro, die gut zwei Drittel eines kompletten Staatshaushaltes ausmachen, aus dem Zusammenbruch der heimischen Internetbank Icesave 2008 zurückzahlen. Briten und Niederländer verlangten dafür bis 2024 zunächst einen Zinssatz von 5,5 Prozent. Sie gingen bei den Nachverhandlungen auf einen Satz von 2,75 Prozent plus variablem Restzins herunter. Dies entspricht den Bedingungen, wie sie die nordeuropäischen Partner Islands für ihre Hilfskredite gesetzt haben. Für Islands durch die Finanzkrise massiv angeschlagene Wirtschaft ist eine schnelle Einigung über die Icesave-Schulden von entscheidender Bedeutung, weil zugesagte Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF) ansonsten nicht freigegeben werden. Auch der geplante EU-Beitritt würde ohne eine Einigung erheblich erschert. Banken zeigen sich großzügiger Die Banken drehen den Geldhahn für deutsche Unternehmen wieder auf: Im Februar sei die Kredithürde für die gewerbliche Wirtschaft merklich gesunken, teilte das Institut für Wirtschaftsforschung (Ifo) mit. Demnach beklagten noch 39,9 Prozent der befragten Unternehmen eine strenge Vergabepolitik der Banken, das war der niedrigste Wert seit gut einem Jahr. Im Vormonat lag der Wert noch bei 42,4 Prozent. Unter der Marke von 40 Prozent stand die Kredithürde zuletzt im Januar 2009 mit damals 39,8 Prozent. Die Verbesserung habe sich sowohl in der Industrie als auch im Handel und in der Bauwirtschaft bemerkbar gemacht, erklärte Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn laut Mitteilung. "Damit zeigen sich nach der Überwindung der Rezession in der Realwirtschaft nun erstmals deutliche Entspannungstendenzen bei der Kreditversorgung." Die Kredithürde wird monatlich durch die Befragung von rund 4000 Unternehmen ermittelt. Am deutlichsten entspannte sich die Lage in der Bauwirtschaft. Hier fiel die Hürde um 5,1 Prozentpunkte auf 42,7 Prozent. Im Handel bewerteten noch 36,8 Prozent der Firmen die Kreditvergabe der Banken als restriktiv, das waren 1,7 Prozentpunkte weniger als im Januar. In der Industrie sanken die Hürden sowohl bei großen als auch bei kleinen Unternehmen um jeweils mehr als drei Prozentpunkte. Für mittelgroße Industrieunternehmen ging der Wert lediglich um 1,1 Prozentpunkte auf 39,7 Prozent zurück.
Spekulation gegen Europa: Große Hedgefonds wollen das Haushaltsdebakel Griechenlands zu einem guten Geschäft machen. Außerdem: Island steht wieder unter Druck.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/finanzen-kompakt-hedgefonds-verschwoeren-sich-gegen-den-euro-1.12977
Finanzen kompakt - Hedgefonds verschwören sich gegen den Euro
00/02/2010
Angst vor Bürokratie und Kosten: Die Eigentümer der BayernLB haben sich nach SZ-Informationen vorerst gegen die Errichtung einer Bad Bank entschieden. In eine solche Zweckgesellschaft können Banken mit Unterstützung des staatlichen Bankenrettungsfonds Soffin unter bestimmten Auflagen faule Wertpapiere und Geschäftsbereiche einbringen, die sie nicht weiterführen wollen. "Eine externe Prüfung hat ergeben, dass eine Bad Bank für die BayernLB wenig sinnvoll wäre", sagte Ernst Weidenbusch (CSU), Chef der parlamentarischen Kontrollkommission für die BayernLB im bayerischen Landtag, der SZ. Experten der Citibank hatten für die Landesbank die Einrichtung einer solchen Abwicklungsgesellschaft geprüft. Die Konditionen erschienen den Experten offenbar nicht attraktiv, sodass die Bank vorerst eine interne Lösung vorzieht. "Eine Bad Bank würde nur Bürokratie und Kosten verursachen", sagte Bernhard Pohl von den Freien Wählern, der ebenfalls in der Kontrollkommission für die BayernLB sitzt. Die Bank selbst wollte sich nicht dazu äußern. Interne Abwicklungseinheit installiert Die BayernLB hat bereits im Sommer 2009 eine interne Abwicklungseinheit eingerichtet, über die Kredite und Wertpapierportfolien im Volumen von rund 95 Milliarden Euro nach und nach abgebaut werden sollen. Im Umfeld der Bank heißt es jedoch, es sei nicht völlig ausgeschlossen, dass man zu einem späteren Zeitpunkt doch noch eine externe Bad Bank anstrebt, falls neue Umstände dies attraktiv erscheinen lassen. Die Bad Bank des Bundes nutzt bislang lediglich die WestLB. Auch die Hypo Real Estate hat jedoch einen entsprechenden Antrag gestellt und will Geschäftsbereiche und Wertpapiere im Volumen von bis zu 210 Milliarden Euro dorthin auslagern. Die EU-Kommission muss die Pläne noch genehmigen.
Angst vor Bürokratie und Kosten: Die Eigentümer der BayernLB haben sich nach SZ-Informationen vorerst gegen die Errichtung einer Bad Bank entschieden.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/entscheidung-in-muenchen-bayernlb-verzichtet-auf-bad-bank-1.19245
Entscheidung in München - BayernLB verzichtet auf Bad Bank
00/02/2010
"Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen": Die Regierung diktiert den Banken rigoros die Spielregeln - damit der Bund in der nächsten Krise besser davonkommt. Zieht die Politik die richtigen Konsequenzen aus der dramatischen Finanzkrise oder will sie sich auch beim nächsten Crash von Banken erpressen lassen? Offenbar will die Bundesregierung künftig die Zerschlagung von Krisenbanken erlauben. Wenn eine Großbank in eine Schieflage gerate, solle der Staat die systemrelevanten Teile auch gegen den Willen des Geldinstituts abspalten dürfen, berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung . "Dadurch sollen sie gegenüber den Folgen einer Insolvenz des Instituts abgeschottet werden", zitiert das Blatt Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Dieses Konzept habe sie mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) entwickelt, sagte die Ministerin auf einer Tagung einer Anwaltskanzlei in Hamburg. Verfahren für den Extremfall Die Kosten für die Bewältigung solcher Schieflagen könne grundsätzlich nicht der Staat tragen, berichtet die Zeitung weiter unter Berufung auf die FDP-Politikerin. Dieses "hoheitliche Eingriffsverfahren" solle nur zum Einsatz kommen, wenn sich Banken und Gläubiger nicht in Verhandlungen auf eine Auffanglösung einigen könnten. Vorrang erhalte deshalb ein sogenanntes Reorganisationsverfahren. Dieses orientiere sich grundsätzlich an dem Planverfahren, das nach der Insolvenzordnung bei angeschlagenen Unternehmen schon jetzt möglich ist. Für die Banken planten Justizministerin und Finanzminister aber Besonderheiten. Auch für alle anderen Branchen solle es Reformen geben. Die Bundesregierung arbeitet seit geraumer Zeit an einem geordneten Abwicklungsverfahren, mit dem systemrelevante Banken vor der Pleite gerettet werden können, ohne dass Steuergelder eingesetzt werden müssen.
"Die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen": Die Regierung diktiert den Banken rigoros die Spielregeln - damit der Bund in der nächsten Krise besser davonkommt.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/zerschlagung-von-banken-masterplan-gegen-die-erpressbarkeit-1.1650
Zerschlagung von Banken - Masterplan gegen die Erpressbarkeit
00/02/2010
Finanzminister Schäuble will die Kompetenzen der Finanzaufsicht Bafin radikal beschneiden. Die Bundesbank würde hingegen zu neuer Blüte kommen. Das Bundesfinanzministerium will noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf zur Neuordnung der Finanzaufsicht in Deutschland vorlegen. Das kündigte der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Hartmut Koschyk (CDU), auf einer Veranstaltung der Unions-Fraktion im Bundestag an. Das Handelsblatt berichtet dass Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) eine Allfinanzaufsicht unter der Führung der Bundesbank favorisiere. Das Ministerium wollte die Pläne bislang nicht bestätigen. Die Notenbanker wäre dann ab 2011 verantwortlich für die Kontrolle von Banken, Versicherungen und dem Wertpapierhandel. Koschyk bekräftigte, dass die Reform zügig, aber nicht übereilt angegangen werde. Koschyk betonte zugleich, dass die Reformüberlegungen sich nicht auf die Bankenaufsicht begrenzen, sondern die gesamte Finanzaufsicht einbeziehen. Derzeit teilen sich die oberste Finanzaufsicht Bafin und die Bundesbank die Banken-Kontrolle in Deutschland. Für Versicherer und den Wertpapierhandel ist nur die Bafin zuständig. Im Koalitionsvertrag hatten Union und FDP vereinbart, dass nur die Banken-Kontrolle unter dem Dach der Bundesbank zusammengeführt wird. Bundesbank-Präsident Axel Weber hatte sich kürzlich für eine Neuordnung der Bankenaufsicht in Deutschland bis Anfang 2011 ausgesprochen. Die Risiken erstmal finden Bundesbank-Vizepräsident Franz-Christoph Zeitler mahnte derweil eine massive Regulierung der Finanzmärkte an. Schärfere Eigenkapitalregeln für Banken allein reichten nicht, sagte Zeitler. Auch bankenähnliche Fonds dürften nicht aufsichtsfrei bleiben, da sie sonst in die nicht regulierten Bereiche ausweichen könnten. "Eigenkapitalregeln sind wichtig. Aber zu einem funktionierenden Rahmen für die Finanzmärkte gehört noch etwas mehr", sagte er auf einer Veranstaltung der Unionsfraktion im Bundestag. In Europa gebe es erste Schritte dazu: "Weltweit sehe ich - ehrlich gesagt - nur geringe Ansätze." Auch sei die Transparenz bei der weltweiten Risikoverteilung "bescheiden gesagt unterentwickelt". "Bevor man Risiken bekämpfen will, muss man wissen, wo sie sind." Hier geht es unter anderem um ein weltweites Kreditregister. Wichtig seien zudem weltweite Standards für die Kreditvergabe. Dies betreffe etwa Beleihungswerte.
Finanzminister Schäuble will die Kompetenzen der Finanzaufsicht Bafin radikal beschneiden. Die Bundesbank würde hingegen zu neuer Blüte kommen.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/finanzaufsicht-schaeuble-werkelt-an-bafin-entmachtung-1.3730
Finanzaufsicht - Schäuble werkelt an Bafin-Entmachtung
00/02/2010
Finanzinstitute verdienen an der Griechenland-Krise prächtig. Das wird jetzt sogar der US-Notenbank Fed zu bunt. Die US-Notenbank untersucht im Zusammenhang mit der Schuldenkrise Griechenlands, ob Goldman Sachs und andere Banken an der Wall Street die Situation durch verwickelte Finanzgeschäfte noch verschärft haben. "Die Verwendung dieser Instrumente in einer Weise, die ein Unternehmen oder ein Land absichtlich destabilisiert, ist offenkundig kontraproduktiv", sagte Notenbankchef Ben Bernanke am Donnerstag in einer Anhörung vor dem Bankenausschuss des Senats. Ein Sprecher von Goldman wollte dies zunächst nicht kommentieren. Angst vor Verschärfung der Krise durch Banken Geprüft werden sollen dabei wohl auch sogenannte Credit Default Swaps. Sie können zur Absicherung von Finanzgeschäften dienen. Mit diesen Instrumenten kann aber auch darauf gewettet werden, dass Athen seine Schulden nicht begleichen kann. Der Ausschussvorsitzende Christopher Dodd zeigte sich besorgt, dass sich durch die Kreditderivate die Schuldenkrise Griechenlands weiter verschärfen könnte - und das aus Gewinnsucht. "Wir haben eine Situation, in der große Finanzinstitutionen eine öffentliche Krise verstärken, um daraus anscheinend privaten Profit zu schlagen", sagte der demokratische Senator. Medienberichten zufolge hatten Wall-Street-Institute Athen bis zuletzt bei seinen Bilanztricksereien geholfen. So habe das Land die Defizitkriterien erfüllt und trotzdem weiter Geld ausgeben können, schrieb die New York Times unter Berufung auf Insider.
Finanzinstitute verdienen an der Griechenland-Krise prächtig. Das wird jetzt sogar der US-Notenbank Fed zu bunt.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/finanzinstitute-us-notenbank-nimmt-goldman-sachs-ins-visier-1.11058
Finanzinstitute - US-Notenbank nimmt Goldman Sachs ins Visier
00/02/2010
In der aufgeregten Debatte um die griechischen Missstände fehlt ein ganz entscheidendes Wort: Konsequenzen. Zwar werden die Griechen von den Verantwortlichen aller europäischen Institutionen aufgefordert, umgehend den allzu lässigen Lebensstil zu ändern, also regulär zu arbeiten, Steuern sowie Rentenbeiträge zu zahlen und zugleich mit weniger Lohn zufrieden zu sein. Aber was passiert, wenn nichts passiert? Welche Konsequenzen muss Griechenland fürchten? Auch der letzte Liebhaber der schönen griechischen Inseln dürfte mittlerweile begriffen haben, dass das Land dringend grundlegender Reformen bedarf. Aber ebenso unübersehbar ist, dass die europäischen Währungs- und Finanzgremien gründlich reformiert werden müssen. Deren Mitglieder haben es nämlich zugelassen, dass Griechenland den Euro einführt, obwohl die Hellenen offensichtlich gefälschte Daten lieferten. Sie haben jahrelang zu- oder weggeschaut und das Finanzdesaster erst ermöglicht, das inzwischen den Euro gefährdet. Unfassbar kompetenzlos arbeitet das europäische Statistikamt Eurostat. Dessen Beamten schwante zwar längst, dass die aus Athen gelieferten Haushaltszahlen nicht ganz den Tatsachen entsprechen könnten. Sie meldeten diese Zweifel wieder und wieder nach Brüssel, vermochten es aber nicht, sich weitergehende Befugnisse zu sichern, um die Daten endlich auch einmal prüfen zu dürfen. Weitaus dramatischer sind die Versäumnisse der Finanzminister aus den Ländern, die den Euro eingeführt haben. Man stelle sich vor: Jeden Monat treffen sich die 16 Eurominister, um ihre Währungspolitik abzustimmen. Sie wissen, dass die Griechen mit geschönten Zahlen hantieren, dass sie noch niemals die erlaubte Verschuldungsgrenze eingehalten haben, weder den Arbeitsmarkt noch die Sozialsysteme reformieren und damit zwangsläufig dramatisch an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Und doch unterlassen sie es, mit den griechischen Kollegen ein ernstes Wort zu reden. Die Beschützer der jungen Währung machen sich durch ihr wohlwollendes Schweigen zu Handlangern der Betrüger. Die Dritte im Bunde der Verantwortlichen ist die EU-Kommission. In der Behörde, wo schon mal vorgeschrieben wird, ab wann das Wort Krise überhaupt benutzt werden darf, regiert politischer Proporz. Selbst wenn der Währungskommissar ernsthaft würde durchgreifen wollen, müsste er die Zustimmung des Kommissionspräsidenten einholen. Und der sagt im Zweifel nein, denn ihm wiederum sitzen die nationalen Regierungen im Nacken, von denen keine am Pranger stehen will. Das griechische Fiasko zeigt sehr plastisch, dass Mitgliedsstaaten nicht von anderen Mitgliedsstaaten kontrolliert und gemaßregelt werden können. Soll die Währungsunion langfristig überleben, dann muss sie dringend von einer Aufsichtsbehörde kontrolliert werden, die unabhängig ist gegenüber allen EU-Gremien und den Mitgliedsstaaten.
Was passiert, wenn nichts passiert? Griechische Zustände können nur verhindert werden, wenn die Währung unabhängig bewacht wird.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/griechenland-in-not-aufpasser-fuer-den-euro-1.9268
Griechenland in Not - Aufpasser für den Euro
00/02/2010
Bank in der Krise, Chef in der Bredouille - und dennoch ordentlich Cash: Die HSH Nordbank zahlt ihren Mitarbeitern trotz der Milliardenverluste Boni in Millionenhöhe. Die angeschlagene HSH Nordbank zeigt sich gönnerhaft: Trotz der Milliardenverluste sollen die Mitarbeiter für das vergangene Jahr Zusatzvergütungen zahlen - und zwar in Millionenhöhe. Dabei handele es sich um eine pauschale Vergütung für Mehrarbeit in Höhe von rund einem halben Monatsgehalt, wie Personalleiter Stefan Brügmann in Hamburg mitteilte. Sie soll an alle 3000 Mitarbeiter im Inland gezahlt werden. "Durch den Weggang vieler Kollegen und die umfassende Restrukturierung des Instituts haben die Mitarbeiter in den vergangenen Monaten eine immense Mehrbelastung hinnehmen müssen", sagte Brügmann. Das sei ein fairer Ausgleich. Vorstände und Bereichsleiter seien von der Zahlung ausgenommen. Außerdem sollen Mitarbeiter, die an der Restrukturierung der Bank arbeiten, eine Restrukturierungsprämie erhalten, die ebenfalls ungefähr ein halbes Monatsgehalt betragen könne. Die Zahlungen seien nur ein Bruchteil dessen, was in der Vergangenheit an Boni ausgeschüttet wurde. Gegenwärtig stehe die Bank in Verhandlungen mit dem Betriebsrat, wie viele Mitarbeiter die Restrukturierungsprämie erhalten sollen. Und der Steuerzahler muss blechen Aus der Politik kam erste Kritik an den Zahlungen. "Diese Extrazahlung kommt für mich überraschend, und ich halte sie für erklärungsbedürftig", sagte der Vorsitzende der GAL-Bürgerschaftsfraktion, Jens Kerstan. "Mitarbeiter in anderen angeschlagenen Unternehmen machen auch Überstunden und tragen mit Gehaltsverzicht zur Rettung ihres Arbeitgebers bei. Mir ist nicht ersichtlich, warum das bei der HSH Nordbank anders sein sollte." Die Bank, deren absehbares Ende nur durch Milliardensummen aus öffentlichen Kassen abgewendet werden konnte, ist im vergangenen Jahr bereits deutlich kleiner geworden. Ende des Jahres arbeiteten noch 3610 Vollzeitkräfte für die Bank, gegenüber 4170 ein Jahr zuvor.
Bank in der Krise, Chef in der Bredouille - und dennoch ordentlich Cash: Die HSH Nordbank zahlt ihren Mitarbeitern trotz der Milliardenverluste Boni in Millionenhöhe.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/hsh-nordbank-einfach-mal-die-hand-aufhalten-1.16153
HSH Nordbank - Einfach mal die Hand aufhalten
00/02/2010
Die Postbank dümpelt mit ihren Zahlen seit langem im Minus: 2010 soll sich das ändern. Außerdem: Die Bundesbank legt sich mit dem IWF an und die Alllianz hat Grund zum Jubeln. Die Deutsche Postbank strebt für das laufende Jahr die Rückkehr in die Gewinnzone an. "Die Postbank ist zuversichtlich, für 2010 ein positives Ergebnis vor Steuern ausweisen zu können", teilte die größte deutsche Filialbank mit. Dazu müsse sich aber die Erholung der Konjunktur fortsetzen und eine neue Krise an den Kapitalmärkten ausbleiben. Durch die Folgen der Finanzkrise hatte die Postbank im vergangenen Jahr mit 398 Millionen Euro vor Steuern erneut rote Zahlen geschrieben. Nur ein Steuereffekt bescherte ihr unter dem Strich einen Gewinn von 76 Millionen Euro. 2010 erwartet das Bonner Institut geringere Belastungen aus der Krise und eine rückläufige Risikovorsorge. Die Postbank bekräftigte ihr Ziel, mittelfristig wieder auf eine Eigenkapitalrendite von netto rund 13 Prozent zu kommen. 2009 waren es gerade 1,5 Prozent. Noch gehört die Bank zu knapp 40 Prozent zur Deutsche Post, spätestens 2012 wird aber die mit knapp 30 Prozent beteiligte Deutsche Bank die Mehrheit übernehmen. Im vergangenen Jahr haben sich die operativen Kennzahlen der Postbank verschlechtert. Der Zinsüberschuss ging um 90 Millionen auf 2,4 Milliarden Euro zurück, der Provisionsüberschuss um 100 Millionen auf 1,3 Milliarden Euro. Im Handelsverlust von fast einer halben Milliarde Euro schlugen sich erneut Abschreibungen auf Derivate nieder. Die Gesamtbelastung aus den strukturierten Finanzprodukten bezifferte die Postbank auf 652 (Vorjahr: 786) Millionen Euro. Das Finanzanlageergebnis, das gleichfalls von Wertkorrekturen an strukturierten Produkten geprägt ist, war 2009 erneut negativ. Allianz brilliert mit Milliardengewinn Europas größter Versicherer Allianz hat 2009 nach dem Verkauf der Dresdner Bank wieder einen Milliardengewinn erzielt. Im laufenden Jahr will der Vorstand zumindest im operativen Geschäft an das Vorjahr anschließen, teilte der Dax-Konzern mit. Eine genaue Prognose sei wegen des unsicheren Marktumfelds allerdings nicht möglich, hieß es. Für 2009 sollen die Aktionäre eine Dividende von 4,10 je Aktie erhalten, 17 Prozent mehr als im Vorjahr. Im abgelaufenen Jahr verdiente die Allianz unter dem Strich 4,3 Milliarden Euro, nachdem die frühere Tochter Dresdner Bank ein Jahr zuvor für einen Verlust von 2,4 Milliarden Euro gesorgt hatte. Analysten hatten im Schnitt mit 4,5 Milliarden Euro gerechnet. Der operative Gewinn der fortgeführten Geschäftsbereiche ging um zwei Prozent auf 7,2 Milliarden Euro zurück. Das Eigenkapital wuchs um fast ein Fünftel auf 40,2 Milliarden Euro. Bundesbankchef warnt vor Inflation Bundesbankchef Axel Weber hat sich entschieden dagegen ausgesprochen, dass die Notenbanken künftig höhere Inflationsraten in Kauf nehmen sollten -­ und den Internationalen Währungsfonds (IWF) für entsprechende Vorschläge kritisiert. "Der IWF spielt mit dem Feuer", schreibt Weber in einem Gastbeitrag für die Financial Times Deutschland. Die Vorschläge des Fonds seien inhaltlich nicht überzeugend und "von der Form her grob fahrlässig und schädlich", so Weber. IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard hatte den Notenbanken unlängst nahegelegt, statt rund zwei Prozent künftig etwa vier Prozent Inflation zuzulassen. Er begründete seinen Vorschlag vor allem damit, dass bei einer höheren Inflationsrate der nominale Leitzins höher wäre und die Notenbanken so in Krisen mehr Spielraum hätten, die Geldpolitik zu lockern. Weber, der 2011 neuer EZB-Präsident werden könnte, hält dem entgegen, die Notenbanken hätten nicht nur den Zins, um die Wirtschaft zu stützen. In der Krise seien etwa im Euro-Raum die historischen Liquiditätshilfen fast noch wichtiger gewesen. Zudem richte eine höhere Inflation "weit mehr Schaden an, als sie Nutzen bringt". Überdies kritisiert Weber, solche "Gespensterdebatten" könnten aktuell die Inflationssorgen vieler Menschen anheizen. "Der IWF riskiert mit diesem Vorschlag, die über Jahrzehnte mühevoll gewonnene Glaubwürdigkeit der Geldpolitik auf dem Altar der Krisenbewältigung zu opfern", so Weber. Finanzministerium entscheidet über Aufsichtsbehörde Das Bundesfinanzministerium will noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf zur Neuordnung der Finanzaufsicht in Deutschland vorlegen. Das kündigte der Parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Hartmut Koschyk (CDU), auf einer Veranstaltung der Unions-Fraktion im Bundestag an. Er bekräftigte, dass die Reform zügig, aber nicht übereilt angegangen werde. Koschyk betonte zugleich, dass die Reformüberlegungen sich nicht auf die Bankenaufsicht begrenzen, sondern die gesamte Finanzaufsicht einbeziehen. Derzeit teilen sich die oberste Finanzaufsicht Bafin und die Bundesbank die Banken-Kontrolle in Deutschland. Für Versicherer und den Wertpapierhandel ist nur die Bafin zuständig. Im Koalitionsvertrag hatten Union und FDP vereinbart, dass nur die Banken-Kontrolle unter dem Dach der Bundesbank zusammengeführt wird. Die künftige Aufsicht über die Versicherungsbranche blieb offen. In der Koalition wird aber über eine weitergehende Neuordnung diskutiert. Im Gespräch ist eine zentrale Aufsicht bei der Bundesbank für Banken, Versicherungen und den Wertpapierhandel. Bundesbank-Präsident Axel Weber hatte sich kürzlich für eine Neuordnung der Bankenaufsicht in Deutschland bis Anfang 2011 ausgesprochen.
Die Postbank dümpelt mit ihren Zahlen seit langem im Minus: 2010 soll sich das ändern. Außerdem: Die Bundesbank legt sich mit dem IWF an und die Alllianz hat Grund zum Jubeln.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/finanzen-kompakt-postbank-traeumt-vom-gewinn-1.21934
Finanzen kompakt - Postbank träumt vom Gewinn
00/02/2010
CDS sind zu Zockerpapieren verkommen - darum prescht Finanzminister Schäuble jetzt vor. Sein Vorschlag geht in die richtige Richtung. Kreditausfallversicherungen, sogenannte Credit Default Swaps oder kurz CDS, zählen zu jenen Finanzprodukten, die einmal einen vernünftigen Zweck erfüllen sollten: Der Besitzer einer Anleihe sichert sich gegen eine Pleite des Emittenten ab, das Risiko wird also auf mehrere Schultern verteilt. Mittlerweile jedoch sind die CDS zu Zockerpapieren verkommen, mit denen man sich nicht vor einem Zahlungsausfall schützt, sondern diesen geradezu herbeiwettet. Das jüngste Opfer ist Griechenland, das immer größere Schwierigkeiten hat, Anleihen zu einigermaßen erträglichen Konditionen auf den Märkten zu verkaufen. Der Vorstoß Wolfgang Schäubles, den Handel mit CDS nur noch jenen Banken und Investmentfonds zu erlauben, die damit tatsächlich das eigene Anleiheportfolio absichern, geht deshalb in die richtige Richtung. In der Praxis allerdings dürfte es schwierig sein, reale von Spekulationsgeschäften zu trennen. Wichtiger wäre es daher, zunächst dafür zu sorgen, dass sämtliche Zockerpapiere, also nicht nur CDS, künftig über eine Börse gehandelt werden müssen. Bislang laufen die Geschäfte ohne jede staatliche Aufsicht unter der Hand, weshalb niemand weiß, wer wie viele der Papiere besitzt. Das Volumen außerbörslich gehandelter Derivate beläuft sich weltweit auf unvorstellbare 600 Billionen Dollar. Das ist das Zwölffache des globalen Sozialprodukts. Die G-20-Länder sollten deshalb ein einheitliches Genehmigungsverfahren schaffen und nur noch solche Papiere zulassen, deren volkswirtschaftlicher Nutzen einigermaßen plausibel zu begründen ist. Sonst wird aus Derivaten am Ende das, was der altersweise Investor Warren Buffet vorausgesagt hat: Massenvernichtungswaffen.
CDS sind zu Zockerpapieren verkommen - darum prescht Finanzminister Schäuble jetzt vor. Sein Vorschlag geht in die richtige Richtung.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/cds-schaeubles-vorstoss-zocker-an-die-kandare-1.15615
CDS: Schäubles Vorstoß - Zocker an die Kandare!
00/02/2010
Kreditderivate sollten einst nur Geschäfte absichern - doch die Banken spekulieren heftig mit ihnen. Das will die Regierung jetzt unterbinden. Die schwarz-gelbe Koalition will den Handel mit hoch spekulativen Finanzinstrumenten einschränken. Im Zentrum der Überlegungen stehen dabei Kreditausfallversicherungen, sogenannte Credit Default Swaps (CDS). Sie werden häufig zweckentfremdet und ohne jede staatliche Aufsicht für reine Spekulationsgeschäfte verwendet. Derzeit wird auf den Finanzmärkten mit Hilfe von CDS auf einen Staatsbankrott Griechenlands gewettet. Das führt dazu, dass die Regierung in Athen beim Verkauf neuer Schuldverschreibungen immer höhere Zinsen anbieten muss. Echte Geschäfte als Grundlage Die Finanzexperten von CDU/CSU und FDP denken deshalb darüber nach, den Handel mit solchen Papieren nur noch zu erlauben, wenn dahinter ein reales Versicherungsgeschäft steht. Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat bereits Sympathie für ein solches teilweises Handelsverbot erkennen lassen. 2008 hatten CDS maßgeblich zur Beinahepleite des US-Versicherungskonzerns AIG und damit zum Ausbruch der Weltfinanzkrise beigetragen. In den vergangenen Wochen waren die Preise für Credit Default Swaps auf griechische Staatsanleihen in die Höhe geschnellt. Zuletzt kostete die Absicherung eines Bonds mit einer Laufzeit von fünf Jahren und einem Volumen von einer Million Euro 35000 Euro. Für das deutsche Pendant musste ein Zehntel bezahlt werden. Weltweit stehen nach Schätzungen von Experten Credit Default Swaps mit einem Bruttovolumen von 26 Billionen Dollar in den Büchern der Großbanken, Hedge-Fonds und Spezialversicherer (sogenannten Monolinern), die sich an dem Geschäft beteiligen. Wer wie viele der Papiere besitzt und ob sich irgendwo Risiken ballen, weiß niemand. Das liegt auch daran, dass Käufe und Verkäufe direkt zwischen den Banken und nicht über eine Börse abgewickelt werden. Ebenso unklar ist - auch im Falle Griechenlands - welcher Teil der im Umlauf befindlichen Papiere tatsächlich der Absicherung von Kreditrisiken dienen und welcher für rein spekulative Geschäfte eingesetzt wird. Denn die großen Finanzhäuser handeln auch dann mit CDS, wenn sie die zugrundeliegenden Schuldverschreibungen gar nicht besitzen. Die Idee dahinter: Je größer die Wahrscheinlichkeit eines Zahlungsausfalls des Anleiheemittenten wird, desto mehr lohnt es sich, die Ausfallversicherungen zu kaufen und nach kurzer Zeit mit hohem Gewinn wieder zu veräußern. Parallel dazu vergrößern sich jedoch die Probleme des betroffenen Landes oder Unternehmens, Anleihen zu einigermaßen erträglichen Bedingungen am Markt zu platzieren. Rückendeckung aus der Koalition Um die Probleme anzugehen, dringt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nun darauf, die Transparenzvorschriften für CDS-Geschäfte deutlich zu verschärfen. Im Gespräch ist unter anderem, den unkontrollierten Handel der Finanzhäuser untereinander zu verbieten und sämtliche Transaktionen über staatlich beaufsichtigte Börsen abzuwickeln. Sollte das nicht fruchten, kann sich Schäuble auch vorstellen, CDS-Geschäfte zu verbieten, wenn kein "ökonomisch sinnvoller Sicherungszweck" erkennbar ist. Rückendeckung erhält der Minister aus der Koalition. Der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Michael Meister sagte der Süddeutschen Zeitung, solche Geschäfte müssten künftig "der Aufsicht unterliegen und über Börsen abgewickelt" werden. Es sei auch denkbar, die Eigenkapitalerfordernisse für CDS-Transaktionen zu verschärfen oder den Handel nur noch denen zu erlauben, die die entsprechenden Anleihen besitzen. "Es muss ein Eigenrisiko für die Banken bestehen", betonte Meister. Auch der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Carl-Ludwig Thiele, verlangte eine Überprüfung der Handelsstrukturen. "Es kann nicht sein, dass an den Finanzmärkten ohne jeden Bezug zu realen Geschäften Spekulationen betrieben werden, die zu bedeutenden volkswirtschaftlichen Schäden führen können", sagte er der SZ. Thiele verwies allerdings wie Schäuble und Meister darauf, dass sich neue Regeln nur international durchsetzen ließen. Nach Angaben aus Regierungskreisen hat die Europäische Kommission die EU-Mitgliedsstaaten für Anfang März zu einem ersten Gedankenaustausch zum Thema CDS eingeladen. Bis die entsprechende EU-Richtlinie dann novelliert wäre, könnte allerdings noch einmal ein Jahr vergehen. Griechenland wäre damit also - zumindest kurzfristig - nicht geholfen.
Kreditderivate sollten einst nur Geschäfte absichern - doch die Banken spekulieren heftig mit ihnen. Das will die Regierung jetzt unterbinden.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/handel-mit-kreditderivaten-schaeuble-kaempft-gegen-spekulanten-1.3451
Handel mit Kreditderivaten - Schäuble kämpft gegen Spekulanten
00/02/2010
Weg mit den Irrtümern: Pensionäre mit Durchschnittsverdienst haben netto nur wenig mehr als Rentner mit betrieblicher Altersversorgung. Pensionäre gelten als privilegiert. Sie haben keinen Cent in ihre Altersvorsorge eingezahlt und kassieren hohe Ruhestandsgehälter, die langfristig die öffentlichen Haushalte in den Ruin treiben. Diese Meinung ist in Deutschland weit verbreitet. Der Finanzmathematiker Werner Siepe, Autor mehrerer Fachbücher zum Thema Altersvorsorge und Studien für die Stiftung Warentest, hat nun versucht, Irrtümer und Wahrheiten über die Beamtenpensionen zusammenzutragen. Sein Ergebnis fällt differenziert aus: Der Unterschied zwischen den Nettopensionen und den Nettogesamtrenten ist weniger hoch als vielfach angenommen. Andererseits profitieren Beamte bei ihrer Altersvorsorge von teilweise grotesken Privilegien. Die 60 Seiten starke Untersuchung, die Siepe in Berlin vorstellte, ist eine Abrechnung mit bekannten Kritikern der Beamtenversorgung. "Es fällt auf, dass eine ganze Reihe von Fehlern in Studien enthalten sind, die im Auftrag von arbeitgebernahen Instituten erstellt wurden", heißt es in der Untersuchung. Dazu zählt er Stellungnahmen und Berichte des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, des Freiburger Professors Bernd Raffelhüschen und des früheren Vorsitzenden des Sachverständigenrats der Bundesregierung, Bernd Rürup. Ihnen wirft er vor, "Halbwahrheiten über die Beamtenpensionen zu verbreiten". Das Gerücht von der doppelten Rente Zum gängigsten Vorurteil zählt Siepe die Ansicht, Pensionen seien doppelt oder dreifach so hoch wie die Rente. Diese Behauptung hält der Fachautor vor allem aus zwei Gründen für falsch: Es werden Pensionen, die sich vom Grundgehalt eines Höherverdieners ableiten, mit Renten für Durchschnittsverdiener unter allen Arbeitnehmern verglichen. Auch fallen bei solchen Vergleichen meist die Betriebsrenten der Arbeitnehmer völlig unter den Tisch. Nach Angaben des Finanzmathematikers werden zwei weitere Rechenfaktoren gern unterschlagen: Dazu gehören die Beiträge zur privaten Krankenversicherung und Pflegeversicherung, die die Pensionäre noch entrichten müssten. Beim Vergleich von Pensionen und Renten wird außerdem unterstellt, dass keine oder gleich hohe Steuern anfallen. Tatsächlich werden Pensionen abzüglich eines Freibetrags voll besteuert. Neurentner des Jahres 2010 müssen ihre gesetzliche Rente zu 60 Prozent versteuern. So gerechnet kommt Siepe zu dem Ergebnis, das die Nettopensionen je nach Verdienstgruppe, Familienstand und Lebensalter um bis zu 20 Prozent über den Nettogesamtrenten (inclusive Betriebsrenten) für ehemalige Tarifbeschäftigte Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst liegen. Extrazahlung für Akademiker Für Durchschnittsverdiener unter den Beamten bleibe ein finanzielles Plus von 10 bis 15 Prozent. Allerdings haben nicht alle Rentner eine betriebliche Altersvorsorge: 2007 hatten etwa 64 Prozent der sozialversicherungspflichtig angestellten Arbeitnehmer eine betriebliche Zusatzversorgung aufgebaut. Die Betriebsrente lag in der Privatwirtschaft 2005 bei durchschnittlich 388 Euro pro Monat. Nicht berücksichtigt bleibt in der Studie auch, dass die Staatsdiener ebenfalls Geld für eine zusätzliche Altersvorsorge zurückgelegt haben können. Siepe, selbst Beamter im Ruhestand, kritisiert aber auch spezielle Privilegien für Pensionäre: So sei nicht einzusehen, dass in der Beamtenversorgung weiter "Studienzeiten bis zu mehr als zwei Jahren angerechnet werden und somit pensionssteigernd wirken". Für Akademiker unter den Rentenzugängen ab 2009 erhöhe sich durch ein absolviertes Studium die gesetzliche Rente dagegen nicht. Für "völlig systemfremd" hält der Finanzmathematiker auch die doppelte Anrechnung von früheren Angestelltenzeiten im öffentlichen Dienst. So erhielten Beamten, die früher als Angestellte im öffentlichen Dienst tätig waren, neben der gesetzlichen Rente eine Pension, "in deren Berechnung die Angestelltenzeiten noch zusätzlich einfließen". Der Experte verlangt deshalb, "nicht systemgerechte Pensionsprivilegien abzubauen".
Weg mit den Irrtümern: Pensionäre mit Durchschnittsverdienst haben netto nur wenig mehr als Rentner mit betrieblicher Altersversorgung.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/beamte-dichtung-und-wahrheit-1.8793
Beamte - Dichtung und Wahrheit
00/02/2010
Ersatzlos gestrichen: Die Investmentbanker der Commerzbank erhalten für 2009 erneut keine Boni. Außerdem: Der Soffin schreibt Verluste. Die Investmentbanker der Commerzbank bekommen für das Verlustjahr 2009 keine Boni. "Wir haben in der Investmentbank de facto keine variable Vergütung ausgezahlt", sagte Bankchef Martin Blessing. Angesichts dessen hat auch die britische Bonussteuer keine Auswirkungen für die Bank gehabt, wie der für das Investmentbanking zuständige Vorstand Michael Reuther erläuterte. Die Commerzbank hat im vergangenen Jahr 4,5 Milliarden Euro verloren, vor allem wegen hoher Kosten für die Integration der Dresdner Bank. Auch die Investmentbank schrieb rote Zahlen. Die Commerzbank will die Sparte auf Deutschland konzentrieren und baut dort massiv Risikopositionen aus Dresdner-Bank-Zeiten ab. Mittlerweile sind im Investmentbanking noch 1900 Menschen beschäftigt nach mehr als 3000 kurz nach der Übernahme. Angepeilt ist eine Größenordnung von 1600 Bankern. Jungen Menschen wachsen die Schulden über den Kopf Die Zahl der Privatinsolvenzen in Deutschland ist im vergangenen Jahr um 8,65 Prozent auf 130.698 gestiegen. Vor allem jüngere Menschen sind zunehmend von der Pleitewelle betroffen und von Armut bedroht, wie die Hamburger Wirtschaftsauskunftei Bürgel in ihrer Erhebung "Schuldenbarometer 2009" feststellt. Für 2010 rechnet Bürgel mit einem weiteren Anstieg bei den Verbraucherinsolvenzen auf mehr als 137.000 Fälle. Als einen Grund für die steigende Zahl der Privatpleiten nannte Bürgel Firmenzusammenbrüche als Folge der Wirtschaftskrise. Privatpleiten treffen laut Studie insbesondere jüngere Gruppen, weil deren Investitionen in Wohnungs- und Familiengründungen ein vergleichsweise geringes Einkommen gegenüber steht. Zudem verfügen jüngere Konsumenten meist über weniger Vermögen, das über finanzielle Engpässe hinweghelfen könnte. Soffin 2009 mit Milliardenverlust Der drastische Wertverlust staatlich gestützter Banken wie der Hypo Real Estate hat beim Bankenrettungsfonds Soffin im vergangenen Jahr zu einem Milliardenverlust geführt. Der Fehlbetrag nach Bewertung werde die Milliardengrenze voraussichtlich "deutlich überschreiten", sagte der Chef des Finanzmarktstabilisierungsfonds, Hannes Rehm. Der Soffin muss - wie jedes Unternehmen - die Wertansätze seiner Kapitalbeteiligungen jährlich überprüfen und abschreiben, wenn sie sich geändert haben. '"Die nun anstehenden Bewertungskorrekturen sind in dem Prozess der Bankenrettung keine Überraschung", betonte Rehm.
Ersatzlos gestrichen: Die Investmentbanker der Commerzbank erhalten für 2009 erneut keine Boni. Außerdem: Der Soffin schreibt Verluste.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/finanzen-kompakt-boni-flaute-bei-der-commerzbank-1.15783
Finanzen kompakt - Boni-Flaute bei der Commerzbank
00/02/2010
Entrüstung in den USA: An der Wall Street werden dicke Boni kassiert - obwohl die Unternehmen vom Steuerzahler gerettet werden mussten. Im Durchschnitt erhält jeder Mitarbeiter mehr als 100.000 Dollar. Es ist ein Paradoxon: Ungeachtet der gerade überstandenen Finanzkrise sind die Bonuszahlungen der Wall-Street-Firmen im vergangenen Jahr um 17 Prozent auf 20,3 Milliarden Dollar in die Höhe geschnellt. Bei der Bekanntgabe dieser Zahlen sagte der Finanzchef im US-Staat New York, Thomas DiNapoli: "Für die meisten Amerikaner sind diese riesigen Boni eine bittere Pille und schwer zu verstehen." Während viele Familien ums Überleben kämpften, machten die Angestellten der Wall Street das dicke Geld, nachdem ihre Firmen mit dem Geld der Steuerzahler gerettet worden seien. Tiefe Kluft Im Durchschnitt gab es für jeden Mitarbeiter einer Wall-Street-Firma 124.850 Dollar (92.000 Euro) - bar oder in Aktien. Die Top-Verdiener der Branche erhielten jedoch deutlich höhere Zahlungen. Bei Goldman Sachs etwa kassierte Vorstandschef Lloyd Blankfein eine Bonuszahlung von neun Millionen Dollar - 2007 waren es allerdings noch 68 Millionen gewesen. Die Höhe der Zusatzzahlungen hängt vom wirtschaftlichen Erfolg ab. In den ersten drei Quartalen 2009 erzielten die Maklerfirmen der Wall Street einen Rekordgewinn von 49,9 Milliarden Dollar. Der Sozialwissenschaftler Chuck Collins vom Institute for Policy Studies sagte, die Bonuszahlungen machten eine tiefe Kluft in der amerikanischen Gesellschaft sichtbar. "Die Flut hebt ein paar wenige Jachten höher, während die Boote der anderen Leute noch tiefer im Wasser versinken." Widerstand im Kongress Unterdessen zeichnet sich eine Abschwächung der Pläne von Präsident Barack Obama für ein Verbot des Eigenhandels bei US-Großbanken ab. Das Finanzministerium sprach sich am Dienstag für "verpflichtende Beschränkungen" statt weitreichenden Verboten aus. Obama hatte bei der Vorstellung der Pläne im Januar noch gefordert, die betreffenden Finanzgeschäfte gesetzlich zu untersagen. Das Finanzministerium reagierte damit offenbar auf den Widerstand im Kongress, von dem die Pläne abgesegnet werden müssen. Der Bankenausschuss im Senat verständigte sich mit der Sache vertrauten Personen zufolge erneut auf eine Abschwächung der sogenannten "Volcker-Regel" aus. Nur noch große Banken betroffen So sollten davon nur Banken betroffen sein, die ein Vermögen von mehr als 50 Milliarden Dollar verwalteten. Der nach dem dem früheren Notenbank-Chef und jetzigen Regierungsberater Paul Volcker benannten Regel zufolge sollen Banken riskante Geschäfte auf eigene Rechnung verboten werden. Zudem sollen die klassischen Sparten wieder strikt vom Investmentbanking getrennt werden. Obama hatte im Januar bei der Vorstellung der Pläne angekündigt, die Größe der Banken beschränken und neben einer strengeren Aufsicht eine Krisengebühr erheben zu wollen. Im Senat formierte sich aber bald Widerstand gegen die Pläne.
Entrüstung in den USA: An der Wall Street werden dicke Boni kassiert - obwohl die Unternehmen vom Steuerzahler gerettet werden mussten. Im Durchschnitt erhält jeder Mitarbeiter mehr als 100.000 Dollar.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/wall-street-milliardenschwere-boni-eine-bittere-pille-1.8663
"Wall Street: Milliardenschwere Boni - ""Eine bittere Pille"""
00/02/2010
Deutschland reißt die Maastricht-Grenze: Die Wirtschaftskrise hat den Staatshaushalt 2009 stärker belastet als bislang vermutet, das Defizit fällt noch höher aus. Deutschland ist im Krisenjahr 2009 tiefer in die roten Zahlen gerutscht als bisher gemeldet. Das Staatsdefizit habe im vergangenen Jahr 79,3 Milliarden Euro betragen, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Das nach dem europäischen Verfahren berechnete Finanzierungsdefizit des Staates beträgt 79,1 Milliarden Euro. Damit wurde der ursprüngliche Wert von minus 77,2 Milliarden Euro revidiert. Das Defizit betrug damit 3,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und nicht wie bisher gemeldet 3,2 Prozent. Damit überschritt Deutschland erstmals seit 2005 wieder die Maastricht-Grenze. Die EU-Regel erlaubt als Obergrenze ein Defizit von 3,0 Prozent des BIP. Zudem bestätigte das Statistische Bundesamt die vorläufigen Berechnungen, nach denen die Konjunkturerholung in Deutschland zum Jahresende 2009 ins Stocken geraten ist. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) habe im Schlussquartal 2009 im Vergleich zum Vorquartal stagniert, so die Experten. Nach dem drastischen Einbruch im Winter 2008/2009 waren im zweiten und dritten Quartal leichte Zuwächse von 0,4 Prozent und 0,7 Prozent erzielt worden. Auf Jahressicht schrumpfte die deutsche Wirtschaft im vierten Quartal weiter. Dabei verlangsamte sich der Abwärtstrend aber spürbar. Preisbereinigt lag das Minus bei 1,7 Prozent, nach minus 4,7 Prozent im dritten und minus 7,0 Prozent im zweiten Quartal. Kalenderbereinigt schrumpfte die Wirtschaft um 2,4 Prozent, nach minus 4,8 Prozent im dritten Quartal und minus 5,8 Prozent im zweiten Quartal. Auch hier wurden die vorläufigen Daten bestätigt. Wachstumsimpulse seien im vierten Quartal 2009 lediglich vom Außenhandel gekommen, hieß es. So legten die Exporte um 3,0 Prozent zu, während die Importe um 1,8 Prozent sanken. Sowohl die Konsumausgaben als auch die Investitionen hätten sich hingegen als Wachstumshemmnis erwiesen. Die Konsumausgaben des Staates gingen um 0,6 Prozent zurück, die privaten Konsumausgaben um 1,0 Prozent. In Bauten wurde um 0,5 Prozent weniger investiert, in Ausrüstungen gar um 1,5 Prozent weniger. Auch die Lagerbestände wurden im vierten Quartal abgebaut.
Deutschland reißt die Maastricht-Grenze: Die Wirtschaftskrise hat den Staatshaushalt 2009 stärker belastet als bislang vermutet, das Defizit fällt noch höher aus.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/deutsche-staatsverschuldung-krise-treibt-defizit-nach-oben-1.20638
Deutsche Staatsverschuldung - Krise treibt Defizit nach oben
00/02/2010
Massive Vorwürfe gegen Georg Funke: Seit zwei Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft München gegen den früheren Chef der Hypo Real Estate. Nun werden die Anschuldigungen konkret. Kein Bankenchef in Deutschland hat in der Finanzkrise einen größeren Scherbenhaufen hinterlassen als Georg Funke mit der Hypo Real Estate (HRE). Rund 100 Milliarden Euro an Kapital und Bürgschaften kostete den Staat die Rettung des maroden Instituts. Um so viel zu verdienen, müssen drei Millionen Menschen in Deutschland ein ganzes Jahr arbeiten. Das Debakel könnte für Funke und die Finanzbranche weitreichende Folgen haben. Der Münchner Staatsanwaltschaft liegen zahlreiche Erkenntnisse vor, die den früheren HRE-Chef schwer belasten. Seit bald zwei Jahren ermitteln die Strafverfolger gegen den gesamten ehemaligen HRE-Vorstand sowie gegen Ex-Aufsichtsratschef Kurt Viermetz. Nun werden die Anschuldigungen sehr konkret, wie Recherchen der Süddeutschen Zeitung ergaben. Zeugenaussagen sowie Protokolle und E-Mails aus der HRE wie auch Dokumente der Bankenaufsicht haben den Verdacht der Staatsanwaltschaft erhärtet, dass der ehemalige Vorstandschef Bankvermögen veruntreut, nicht wie ein gewissenhafter Kaufmann agiert und die Aktionäre getäuscht habe. Die schwersten Vorwürfe kommen von einem früheren Vorstandsmitglied und einem Ex-Manager der Deutschen Bank sowie von einem Wirtschaftsprüfer der KPMG: Sie berichteten den Ermittlern von fachlichen Mängeln in der HRE, von riskanten Geschäften, wildem Wachstum und einer unvollständigen und undurchsichtigen Mitteilung an die Aktionäre. "Das wird ein Musterprozess, der bis zum Bundesgerichtshof führt", glaubt ein Finanzexperte, der die HRE und das Ermittlungsverfahren gut kennt. Vom Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe gibt es neuerdings erste Hinweise, dass bei den Banken nach den Exzessen der vergangenen Jahre künftig ein strengerer Maßstab angelegt werden soll. Bekommt Funke das nun als Erster zu spüren, stellvertretend für seine Branche, die mit waghalsigen Spekulationsgeschäften beinahe die Weltwirtschaft in den Abgrund gerissen hätte? Wird er als erster ehemaliger Bankchef wegen Verlusten in Milliardenhöhe angeklagt?
Massive Vorwürfe gegen Georg Funke: Seit zwei Jahren ermittelt die Staatsanwaltschaft München gegen den früheren Chef der Hypo Real Estate. Nun werden die Anschuldigungen konkret.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/hypo-real-estate-ermittlungen-die-akte-funke-1.17689
Hypo Real Estate: Ermittlungen - Die Akte Funke
00/02/2010
Die Commerzbank treibt ein merkwürdiges Spiel: Es entsteht der Eindruck, das Institut beichte nur so viele Probleme, wie ihre Aktionäre noch verkraften können. Es ist ein Weckruf für alle, die geglaubt haben, die Krise sei für die Banken bereits ausgestanden. Die schlechten Zahlen der Commerzbank führen vor Augen, dass zumindest das deutsche Bankensystem noch unter Stress steht und auf Jahre am Tropf des Staates hängen wird. Ähnlich schlechte Ergebnisse dürften in den nächsten Wochen mehrere Landesbanken sowie die verstaatlichte Hypo Real Estate präsentieren. Beunruhigend ist nicht nur der hohe Verlust der Commerzbank. Erschreckend ist, wie Management und Aufsichtsrat um Martin Blessing und Klaus-Peter Müller die Eigentümer und damit auch die Steuerzahler, denen die Bank zu einem Viertel gehört, an der Nase herumführen. Es ist normal, dass Manager ihre Unternehmen ein wenig stärker reden, als sie sind. Ähnlich wie Fußballtrainer versuchen sie damit, sich bei der Konkurrenz Respekt zu verschaffen und das Publikum hinter sich zu bringen. Bis 2008, noch unter Müllers Ägide also, ging das Rezept für die Commerzbank auf. Mit selbstbewusster Rhetorik kaschierte Müller Schwächen, die nun offensichtlich sind. Schon mit dem Kauf der Immobilienbank Eurohypo 2005 und erst recht mit der Übernahme der Dresdner Bank 2008 halste sich die Commerzbank Risiken auf, die sie nicht im Griff hatte. Daran ist nicht allein die Finanzkrise schuld. Kritiker haben schon lange davor darauf hingewiesen, dass die Bank mit ihrer Strategie eine riskante Wette auf den Immobilienmarkt und die deutsche Konjunktur einging. Auch Müllers Nachfolger Blessing hat die Lage bis zuletzt schöngeredet. Mehrfach hat die Commerzbank in den vergangenen 18 Monaten Optimismus verbreitet, die Anleger aber kurze Zeit später mit überraschend schlechten Zahlen verschreckt. Natürlich kann man den unerwartet hohen Verlust auch diesmal wieder erklären: Die Bank steckt alle schlechten Nachrichten in das ohnehin verlorene Jahr 2009. Doch es könnte der Eindruck entstehen, die Commerzbank beichte immer gerade so viele Probleme, wie sie und ihre Aktionäre gerade noch verkraften können. Unklar ist, ob der Kurs mit dem Großaktionär Bund abgestimmt ist. Die privaten Investoren jedenfalls verschreckt Blessing zunehmend. Dabei braucht er gerade deren Vertrauen und Geld, will er die Commerzbank vom Staatseinfluss freikaufen. Bis dahin aber ist der Weg weit für die Commerzbank. Und auch bei der HRE, bei BayernLB, WestLB, HSH Nordbank und LBBW ist nicht absehbar, wann sie ohne staatliche Hilfe wettbewerbsfähig sind. So unterschiedlich diese Institute sind, die alle irgendwann teilweise oder ganz privatisiert werden sollen, so haben sie doch einige Probleme gemeinsam. Sie alle müssen auf Druck der EU-Kommission drastisch schrumpfen. Das bedeutet, dass sie möglicherweise profitable Geschäftsbereiche verkaufen oder Wertpapiere unter Druck und mit Verlust abstoßen müssen, etwa Griechenlandanleihen. Ausgerechnet die deutschen Problembanken halten hohe Bestände an südeuropäischen Staatsanleihen. Commerzbank und die anderen Institute erholen sich auch deswegen langsamer als etwa die Deutsche Bank, weil sie kaum noch im Investmentbanking vertreten sind. Dort verdienten die amerikanischen und einige europäische Großbanken zuletzt kräftig. Man mag diese Geschäfte kritisieren. Doch die im Investmentbanking führenden Häuser konnten so ihr Kapital stärken und zugleich mit unverschämt hohen Boni Spitzenkräfte von schwächeren Banken weglocken. Dagegen zehren Verluste die deutschen Krisenbanken weiter aus und erschweren ihnen den Zugang zu frischem Geld. Schließlich treten die Commerzbank und die kranken Landesbanken in dem schon vor der Krise hart umkämpften deutschen Markt gegeneinander an. Sie alle sind mehr denn je auf ihr deutsches Kerngeschäft angewiesen. Bleibt die Konjunktur schwach oder rutscht das Land gar erneut in die Rezession, dann stehen deutschen Banken bittere Jahre bevor. Schadenfreude sollte darüber niemand empfinden. Bürger und Unternehmen werden als Steuerzahler und Kreditnehmer mitleiden.
Die Commerzbank treibt ein merkwürdiges Spiel: Es entsteht der Eindruck, das Institut beichte nur so viele Probleme, wie ihre Aktionäre noch verkraften können.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/commerzbank-meister-im-schoenreden-1.21834
Meister im Schönreden
00/02/2010
Lange war es ruhig um Wilhelm Hankel und Joachim Starbatty. Die Wirtschaftsprofessoren hatten in den neunziger Jahren gemeinsam gegen die Einführung des Euro gekämpft. Zusammen mit dem Juristen Karl-Albrecht Schachtschneider und dem ehemaligen Zentralbankrat Wilhelm Nölling zogen sie unter großer Anteilnahme der Öffentlichkeit bis vors Bundesverfassungsgericht, um den Euro zu verhindern - allerdings vergebens. Nun rufen Hankel und Starbatty ihre damaligen Mitstreiter erneut zu den Fahnen. Wenn die EU und damit auch Deutschland dem hoch verschuldeten Griechenland helfen sollte, wollen die emeritierten Professoren erneut vor dem Bundesverfassungsgericht oder dem Europäischen Gerichtshof klagen. Die Ankündigung der Vier fügt sich ein in wachsenden Widerstand gegen EU-Hilfen für den finanziellen klammen Staat im Südosten der Gemeinschaft. Hankel, Starbatty und die beiden anderen Euro-Gegner warnen davor, den Euro um jeden Preis zu retten. Milliardenhilfen für Athen widersprächen dem Europäischen Recht. "Die EU ist ein Staatenbund und kein Bundesstaat", sagte Hankel der Süddeutschen Zeitung. Deshalb dürfe es auch keinen Finanzausgleich zwischen den einzelnen Ländern geben. Mit Hilfen für Griechenland verletze die EU das so genannte "Bail-Out"-Verbot. Bundesregierung und EU-Kommission haben bislang zwar gar keine Milliardenhilfen an Griechenland beschlossen, dennoch gilt als ausgemacht, dass im Ernstfall die Gelder fließen. "Europa wird Griechenland helfen, sich selbst zu helfen", sagte EZB-Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi und fügte hinzu: "Es ist möglich, dass dafür Geld benötigt wird." Wenn der Pakt langsam aufweicht Der Volkswirt und frühere Präsident der Hessischen Landesbank Wilhelm Hankel warnt seit Jahren davor, dass ärmere Mitgliedsstaaten ihre Haushaltsprobleme nicht lösen könnten und der Stabilitätspakt so langsam aufgeweicht würde. "Der Deutsche Bundestag hat 1992 aber beschlossen, dass die künftige europäische Währung so stabil sein und bleiben muss wie die Deutsche Mark", sagt Hankel. Außerdem habe sich Deutschland verpflichtet, jeden Versuch zu unterbinden, die Stabilitätskriterien aufzuweichen. Man müsse die Politik deshalb an ihre Pflicht erinnern. "Die gemeinsame Währung ist eine Subvention Europas durch den deutschen Steuerzahler", so Hankel. "Wenn Deutschland finanziell nicht mehr kann, bricht das Euro-System zusammen." Er gehe davon aus, dass nicht nur Griechenland, sondern auch Portugal, Spanien, Irland und Italien bald EU-Hilfe benötigen. Auch der Tübinger Ökonom und Euro-Kritiker Joachim Starbatty erwartet ein Scheitern der Währungsunion. "Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende", sagt Starbatty der SZ. Hilfen für Griechenland könnten den Euro nicht retten. "Sie würden die Krise nur verlängern. Ein Scheitern der Währungsunion ist unausweichlich. Wir dürfen gutes Geld schlechtem nicht noch hinterherwerfen." Die Wettbewerbsfähigkeit Griechenlands habe seit der Einführung des Euro stark nachgelassen. "Eigentlich müssten die Griechen ihre Währung um 40 Prozent abwerten." Vor der Euro-Einführung konnten die Länder Europas ihre nationale Währung abwerten, Einfuhren so verteuern und Exporte verbilligen, um ihre Wirtschaft zu stimulieren. Die Währungsunion zwingt sie nun zu einem radikalen Sparkurs, was politisch regelmäßig hoch umstritten ist. Euro-Gegner Starbatty befürwortet eine Aufspaltung der Eurozone in eine Gruppe stabiler Länder wie Deutschland und die Niederlande und eine Gruppe der Defizitsünder, in der sich Staaten wie Spanien, Italien, Portugal, Griechenland und Irland finden würden.
Remmidemmi um Athen: Erst wollten die "streitbaren Vier" den Euro mit aller Gewalt verhindern, nun planen sie eine Verfassungsklage - falls EU-Milliarden nach Griechenland fließen.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/griechenland-in-der-krise-angriff-auf-den-euro-1.13549
Griechenland in der Krise - Angriff auf den Euro
00/02/2010
Hässliche Zahlen: Während andere Banken die Krise langsam hinter sich lassen, steckt die Commerzbank mittendrin. Das Institut häufte 2009 fast fünf Milliarden Euro Miese an. Nichts läuft rund bei der Commerzbank: Das Institut ächzt noch immer unter neuen Wertberichtigungen und den Kosten für die Integration der Dresdner Bank. 4,5 Milliarden Euro Verlust häuften die Frankfurter im vergangenen Jahr an und gehört damit zu den größten Verlierern des Krisenjahres 2009. Das Mammutprojekt der Zusammenführung zweier Großbanken erweist sich gerade in Zeiten von Finanzmarktkrise und lahmender Wirtschaft als Last. Ohne die staatliche Milliardenhilfe, da sind sich Experten einig, sähe es noch schlechter aus für Deutschlands zweitgrößte Bank: Das Geld der Steuerzahler hilft der Commerzbank, Verluste zu verkraften. Die Anleger reagierten verstört: Die Aktien brachen am Dienstag zeitweise um mehr als sieben Prozent ein. "2009 war für uns auch ein Jahr, wo wir eine ganze Menge verarbeitet haben, verarbeiten mussten", sagte Finanzvorstand Eric Strutz - und meinte damit auch die Integration der Dresdner Bank. Die laufe zwar planmäßig, wie der Vorstand nicht müde wird zu betonen. Doch an den Kosten für die Übernahme hat die Commerzbank nach wie vor zu knabbern: Sie sind mit 2,5 Milliarden Euro weitaus höher als ursprünglich geplant. Rund 1,6 Milliarden Euro davon wurden im vergangenen Jahr verbucht. Wie bei der Allianz Auch der geplante Abbau von weltweit 9000 Stellen ist noch nicht abgeschlossen. Bis Ende 2009 hatte der Dax-Konzern 3126 Stellen gestrichen, für dieses Jahr sind 500 weitere fest vereinbart. Schon für den Versicherungskonzern Allianz war die Dresdner jahrelang eine Last. Ex-McKinsey-Mann Martin Blessing hielt dies nicht ab, im Sommer 2008 seinen Lebenstraum von der Fusion zweier Großbanken zu verwirklichen und sich kurz nach seinem Aufstieg zum Commerzbank-Chef für die größte Übernahme im deutschen Finanzsektor seit sieben Jahren feiern zu lassen. Ökonomen indes äußerten immer wieder Zweifel am Sinn des Deals: Zu ähnlich seien sich die beiden Banken. Aktionäre schimpften, statt Anschluss zum Branchenprimus Deutsche Bank zu finden, habe das Management die Commerzbank zum "Sanierungsfall" gemacht. Dass die Commerzbank sich auch unabhängig von der Dresdner-Übernahme noch nicht von der Finanzkrise erholt hat - im Gegensatz zur Deutschen Bank, die wieder Milliardengewinne verbucht - wundert Bankenprofessor Hans-Peter Burghof nicht. "Die Commerzbank hat ja immer noch das gleiche Geschäftsportfolio. Das hat sich ja nicht verbessert, sondern immer noch verschlechtert." Zwar trennte sich die Commerzbank im vergangenen Jahr von Randgeschäften und verringerte so ihre Bilanzsumme wie von der EU-Kommission gefordert auf unter 900 Milliarden Euro. Problemkinder wie die Immobilientochter Eurohypo blieben aber im Konzern und belasteten das Ergebnis. Als künftige Last droht die Rückzahlung der Staatshilfe. Mit 18,2 Milliarden Euro stützte der Staat den wankenden Bankenriesen, das meiste davon als Stille Einlage. Spätestens ab 2012 will Deutschlands zweitgrößte Bank die Milliarden zurückzahlen. "Ich denke, dass die Commerzbank sich gut bis 2012 Zeit lässt, die Stille Einlage von 16 Milliarden Euro zurückzuzahlen", sagte Merck-Finck-Analyst Konrad Becker. Im Moment bekomme das Institut das Geld ja quasi geschenkt. Die für Banken so wichtige Eigenkapitalquote konnte die Commerzbank im vergangenen Jahr dank des Staatsgeldes bei 10,5 Prozent halten. Die Zinsen für die Kapitalspritze, die Experten auf auf rund 1,5 Milliarden Euro jährlich schätzen, spart sich das Institut bislang. Diese werden nur fällig, wenn die Commerzbank AG - nicht der Konzern - einen Gewinn ausweist. Doch inzwischen leiden immer neue Anlageklassen, wie Bankenprofessor Burghof erklärt. "Die Krise verhält sich wie ein Krake, sie taucht überall dort auf, wo man sie nicht erwartet." Die Commerzbank hatte im vierten Quartal 2009 zum Beispiel mit Bewertungsanpassungen bei durch Anleiheversicherer (Monoliner) versicherten Papieren zu kämpfen. Gerade deshalb, so finden Experten, sollte sich die Commerzbank durchaus auch Zeit lassen mit der Rückzahlung der Staatshilfe: "Der Hauptgewinn für den Steuerzahler aus der Staatshilfe sind nicht so sehr die Zinsen, sondern dass eine der größten deutschen Banken nicht zusammenbricht", sagte Merck-Finck-Analyst Becker.
Hässliche Zahlen: Während andere Banken die Krise langsam hinter sich lassen, steckt die Commerzbank mittendrin. Das Institut häufte 2009 fast fünf Milliarden Euro Miese an.
geld
https://www.sueddeutsche.de/geld/commerzbank-ergebnisse-die-krise-verhaelt-sich-wie-ein-krake-1.10701
"Commerzbank: Ergebnisse - ""Die Krise verhält sich wie ein Krake"""
00/02/2010
Das Erdbeben vor Chile überraschte die meisten im Schlaf. Nur langsam wird das Ausmaß der Katastrophe sichtbar: Eingestürzte Häuser, brennende Gebäude, zerstörte Brücken. Mindestens 214 Menschen kamen ums Leben. Hunderte werden noch unter dem Schutt vermutet. Die mächtigen Erdstöße überraschen die meisten im Schlaf. Es ist 3.34 Uhr Ortszeit, als die Erde in Chile bebt. In Panik rennen die Menschen aus ihren Häusern auf die Straße. "Das ist wie der Weltuntergang", sagt später ein Mann einem Fernsehsender. "Ich habe noch nie in meinem Leben ein solches Erdbeben erlebt." Die Chilenen sind an die heftigen Erdstöße gewöhnt. Das südamerikanische Land liegt am sogenannten "Pazifischen Feuerring", einem hufeisenförmigen Vulkangürtel am Rande des Pazifiks. Etwa 90 Prozent der Erdbeben weltweit ereignen sich innerhalb dieses Rings. In den 60er Jahren kamen beim bislang stärksten Beben seit Beginn der Aufzeichnungen 1655 Menschen ums Leben. Auch diesmal hinterlässt das Erdbeben eine Schneise der Verwüstung. Das chilenische Fernsehen zeigt Bilder von eingestürzten Wohnhäusern, Krankenhäusern, brennenden Gebäuden und zerstörten Brücken. Bis zum Abend steigt die Zahl der Todesopfer auf 214 - und es könnten noch deutlich mehr werden. Ob Deutsche unter ihnen sind, ist noch unklar. Das Auswärtige Amt bemühe sich um Informationen, heißt es auf der Homepage. Chiles Präsidentin Michelle Bachelet ruft für die besonders vom Beben betroffenen Regionen Katastrophenalarm aus. Wohl am schlimmsten hat es das Gebiet um die Stadt Concepción, mehr als 400 Kilometer südlich der Hauptstadt Santiago, erwischt. Dort sind zahlreiche Gebäude, darunter auch der Sitz der dortigen Regionalregierung eingestürzt. Unter einem eingekrachten 14-stöckigen Haus werden noch bis zu 150 Menschen vermutet. Sie seien unter den Trümmern verschüttet, berichten lokale Medien. "So etwas habe ich noch niemals zuvor gesehen", sagt eine fassungslose Frau, die mit einer Wolldecke um den Schultern auf der Straße in der 200.000-Einwohner-Stadt steht. Ein TV-Reporter berichtet: "Es gibt keine Straße in Concepción, wo kein Schutt liegt. Man hört Kinder unter den Trümmer schreien." In Region um Concepción, der zweitgrößten Stadt in Chile, leben besonders viele Nachfahren deutscher Auswanderer. Das Epizentrum des Erdbebens lag nach Angaben der US-Erdbebenwarte etwa 92 Kilometer nordwestlich von Concepción. Die Erde bebte in fast 60 Kilometern Tiefe. In schneller Folge gab es mehr als 20 Nachbeben mit Stärken von bis zu 6,9.
Das Erdbeben vor Chile überraschte die meisten im Schlaf. Nur langsam wird das Ausmaß der Katastrophe sichtbar: Eingestürzte Häuser, brennende Gebäude, zerstörte Brücken. Mindestens 214 Menschen kamen ums Leben. Hunderte werden noch unter dem Schutt vermutet.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/schweres-erdbeben-vor-chile-unter-den-truemmern-schreien-kinder-1.7048
"Schweres Erdbeben vor Chile - ""Unter den Trümmern schreien Kinder"""
00/02/2010
Mit bis zu 170 Stundenkilometern fegt ein Sturmtief über die Iberische Halbinsel. Eine Frau stirbt. Auch in Portugal und Frankreich gibt es Todesopfer. Ein gewaltiges Sturmtief hat am Samstag Südwesteuropa erreicht und große Schäden angerichtet. In der Nähe von Ourense in der Region Galicien in Spanien wurde eine 82-jährige Frau von einer umstürzenden Mauer erschlagen. Im Norden Portugals starb ein zehn Jahre alter Junge, der beim Fußballspielen von einem umstürzenden Baum getroffen wurde, wie der Zivilschutz mitteilte. Auch in Frankreich, wohin der Sturm weitergezogen war, wurde ein Mann in den südlichen Pyrenäen durch einen umfallenden Baum getötet. In Spanien entwurzelten die Orkanböen zahllose Bäume, rissen Strommasten um und deckten Dächer ab. Im Baskenland erreichte der Sturm nach Angaben der Behörden Geschwindigkeiten von bis zu 170 Stundenkilometern. Die Regionalregierung hatte die Bevölkerung aufgerufen, in den Wohnungen zu bleiben. In mehreren Orten in Nordwestspanien fiel die Stromversorgung aus, nachdem Bäume auf Hochspannungsleitungen gestürzt waren. Der Bahnverkehr wurde auf mehreren Strecken unterbrochen. Das Unwetter war in der Nacht zum Samstag über die Kanarischen Inseln hinweggezogen. Dort waren aber keine größeren Schäden registriert worden. Über die Bergspitzen der Insel La Palma rasten die Böen gar mit bis zu 190 Stundenkilometern hinweg. Auf den Flughäfen von La Palma, La Gomera und Teneriffa-Nord wurden zahlreiche Flüge abgesagt. Vom Atlantischen Ozean her griff das Sturmtief auf das Festland der Iberischen Halbinsel über. In Spanien hatten die Behörden praktisch für das ganze Land Unwetteralarm gegeben. Für die Regionen an der Atlantikküste wurde die höchste Alarmstufe ausgelöst. Für Lastwagen war ein Fahrverbot verhängt worden. Die spanische Regierung richtete ein Krisenkomitee ein. Meteorologen hatten von einer "explosiven Wetterlage" und einer "meteorologischen Bombe" gesprochen. Sie warnten, dass die Orkanstürme von kurzer Dauer, aber sehr intensiv sein würden. Das Unwetter war durch ein relativ ungewöhnliches Aufeinandertreffen von zwei Sturmtiefs ausgelöst worden.
Mit bis zu 170 Stundenkilometern fegt ein Sturmtief über die Iberische Halbinsel. Eine Frau stirbt. Auch in Portugal und Frankreich gibt es Todesopfer.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/unwetter-meteorologische-bombe-ueber-spanien-1.1473
"Unwetter - ""Meteorologische Bombe"" über Spanien"
00/02/2010
Nach dem schweren Erdbeben vor Chile steigt die Zahl der Toten: Mindestens 147 Menschen kamen ums Leben, viele sind noch unter Trümmern verschüttet. Auf Hawaii hat die Evakuierung begonnen. Dort wird eine Flutwelle von bis zu fünf Metern befürchtet. Nach dem Erdbeben der Stärke 8,8 in Mittelchile steigt die Zahl der Opfer weiter: Mindestens 147 Menschen seien ums Leben gekommen, sagte die Leiterin der Nationalen Rettungsbehörde, Carmen Fernandez. Präsidentin Michelle Bachelet hat den Katastrophenzustand ausgerufen. Ob auch Deutsche unter den Opfern sind, ist noch unklar. Das Auswärtige Amt bemühe sich um Informationen, heißt es auf der Homepage. Außenminister Westerwelle sprach Chile seine Anteilnahme aus. "Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind bei den Angehörigen der Opfer und Verletzten", sagte der FDP-Chef nach Angaben des Auswärtigen Amtes. Eingeschlossen unter Trümmern In der Stadt Concepción, die besonders schlimm von dem Beben getroffen wurde, sind mindestens 150 Menschen unter den Trümmern eines eingestürzten Gebäudes eingeschlossen worden. Rettungsmannschaften versuchten, zu den Opfern vorzudringen. Bisher seien etwa ein Dutzend Menschen geborgen worden, berichteten nationale Medien. Bei dem Gebäude handele es sich um ein 14-stöckiges Wohnhaus, das erst vor kurzem fertiggestellt worden sei. In der Region leben viele Nachfahren deutscher Einwanderer. Auch unter anderen eingestürzten Gebäuden werden noch Menschen vermutet. Im Fernsehen waren Bilder von Trümmern auf den Straßen von Concepción zu sehen. Die 200.000-Einwohner-Stadt ist am schlimmsten vom Erdbeben betroffen. Nachbeben in Santiago Der Erdstoß löste einen Tsunami aus, dessen Gefährlichkeit zunächst nicht abzusehen war. Auch in der Stadt Curicó stürzten Medienberichten zufolge mehrere Gebäude ein. Wenige Stunden nach den Erdstößen brachte ein schweres Nachbeben Gebäude in der Hauptstadt Santiago zum Wanken. Der internationale Flughafen wurde geschlossen. Die Lage war zunächst unübersichtlich; Telefonleitungen wurden unterbrochen und der Strom fiel aus. Das US-Tsunami-Warn-Zentrum (NOAA) gab bekannt, dass eine 2,3 Meter hohe Flutwelle durch die Stadt Talcahuano gerollt sei. Talcahuano liegt an einer Pazifik-Bucht nördlich von Concepción. Für Australien wurde eine Warnung ausgegeben. Von einer Flutwelle könnten unter anderem die östlichen Staaten New South Wales und Queensland betroffen sein, erklärte das australische Warnzentrum. Auch für die Insel Hawaii gilt die Warnung. Eine Flutwelle werde dort für etwa 11 Uhr Ortszeit erwartet. Dort hat inzwischen die Evakuierung der Küstengebiete begonnen. "Verlassen Sie die Küste. Wir schließen alle Strände und bitten die Menschen, das Gebiet zu verlassen", hieß es in einem Aufruf des Zivilschutzes von Oahu. Alle Strände seien gefährdet, "egal, in welche Richtung sie liegen", teilte das Tsunami-Zentrum mit, das für den gesamten Pazifik eine Warnung vor der Flutwelle ausgegeben hat. Busse fuhren die Strände ab und nahmen Badegäste mit in höher gelegene Parks. Es wird befürchtet, dass sich die Flutwelle bis zu einer Höhe von fast fünf Metern auftürmen könnte. Dem australischen Amt für Meteorologie zufolge dürfte die Ostküste entlang eines Streifens nördlich von Sydney bis nördlich von Brisbane betroffen sein. "Die Beobachtungen des Meeresspiegels haben bestätigt, dass ein Tsunami ausgelöst wurde", hieß es in einer Erklärung. Schaulustige sollten sich nicht zum Strand begeben, um die Welle zu beobachten.
Nach dem schweren Erdbeben vor Chile steigt die Zahl der Toten: Mindestens 147 Menschen kamen ums Leben, viele sind noch unter Trümmern verschüttet. Auf Hawaii hat die Evakuierung begonnen. Dort wird eine Flutwelle von bis zu fünf Metern befürchtet.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/chile-das-ist-wie-der-weltuntergang-1.12294
"""Das ist wie der Weltuntergang"""
00/02/2010
Das Erdbeben vor Chile reiht sich ein in die Liste der schwersten Erdbeben der vergangenen Jahrzehnte. Ein Überblick. Vor der chilenischen Küste hat sich am Samstag ein Erdbeben der Stärke 8,8 ereignet. Für große Teile des Pazifiks wurde eine Tsunami-Warnung ausgeben, nach dem ersten Erdstoß gab es mehrere Nachbeben. Ein Überblick über einige der schwersten Erdbeben der vergangenen Jahrzehnte. 1960: Ein Erdbeben der Stärke 9,5 erschüttert Chile. Der Erdstoß löst einen Tsunami aus, der in vielen Pazifik-Staaten schwere Zerstörungen verursacht. In Chile kommen 5700 Menschen ums Leben, 130 sterben in Japan und 61 auf Hawaii. 1964: Alaska wird von einem Erdbeben der Stärke 9,2 und einem Tsunami heimgesucht, das Epizentrum liegt in der Nähe der Prince-William-Bucht im Süden des US-Bundesstaats. Mehr als 100 Menschen kommen ums Leben. 2004: Ein Erdbeben der Stärke 9,1 vor der Küste Sumatras löst am Zweiten Weihnachtstag eine gigantische Tsunami-Welle aus. In mehreren Anrainerstaaten des Indischen Ozeans sterben etwa 220.000 Menschen. 1952: Die Halbinsel Kamtschatka im Osten der damaligen Sowjetunion wird von einem Erdbeben der Stärke 9 erschüttert. Die Tsunami-Wellen richten sogar in Chile und Peru Zerstörungen an, mehr als 2300 Menschen kommen ums Leben. 1906: Ein Unterwasser-Beben der Stärke 8,8 vor der Küste Kolumbiens und Ecuadors löst einen Tsunami aus, mehr als tausend Menschen sterben. 1965: Die zum US-Bundesstaat Alaska gehörenden Aleuten-Inseln werden von einem Erdbeben der Stärke 8,7 und einem Tsunami heimgesucht. 2005: Bei einem Erdbeben der Stärke 8,6 nahe der indonesischen Insel Nias vor Sumatra kommen 900 Menschen ums Leben, 6000 weitere werden verletzt. 1957: Die Andreanof-Inseln vor Alaska werden von einem Erdbeben der Stärke 8,6 erschüttert, das einen gewaltigen Tsunami auslöst.
Das Erdbeben vor Chile reiht sich ein in die Liste der schwersten Erdbeben der vergangenen Jahrzehnte. Ein Überblick.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/schwere-erdbeben-toedliche-erschuetterungen-1.14392
Schwere Erdbeben - Tödliche Erschütterungen
00/02/2010
Ein heftiges Erdbeben hat die Insel Okinawa im Süden Japans erschüttert. Bei dem Erdstoß der Stärke von 7,0 wurden zwei Menschen verletzt. Ein starkes Erdbeben hat am Samstag die südjapanische Insel Okinawa erschüttert, aber offenbar keine größeren Schäden verursacht. Die Bebenwarte des Landes gab die Stärke mit 6,9 an, die US-Erdbebenwarte ermittelte eine Stärke von 7,3. Eine zunächst ausgegebene Tsunami-Warnung wurde später widerrufen. Die Polizei berichtete, es seien keine Meldungen über größere Schäden eingegangen. Zwei Rentner wurden leicht verletzt, als sie wegen des Bebens stürzten. An zwei Stellen in der Inselhauptstadt Naha seien Wasserleitungen gerissen. Berichte über größere Schäden gab es jedoch zunächst nicht. Die Behörden gaben eine Warnung vor Tsunami (Flutwellen) aus, die jedoch später wieder aufgehoben wurde. An der Küste wurden kleinere Wellen mit einer Höhe von zehn Zentimeter festgestellt. Das Beben lag in einer Tiefe von nur zehn Kilometern im Meer vor der Küste Okinawas. Die örtlichen Behörden warnten die Bevölkerung, nicht zu nahe an die Küsten zu gehen. Das Beben ereignete sich um 05.31 Uhr Ortszeit. Bewohner berichteten, dass die heftige Erschütterung erstaunlich lange angehalten habe. Das Beben ist der Nachrichtenagentur Kyodo zufolge das schwerste in der Region von Okinawa seit 1909. Erdbeben sind in Japan häufig, die Region gilt als eine der seismisch aktivsten Regionen der Erde.
Ein heftiges Erdbeben hat die Insel Okinawa im Süden Japans erschüttert. Bei dem Erdstoß der Stärke von 7,0 wurden zwei Menschen verletzt.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/tsunami-warnung-schweres-erdbeben-erschuettert-japan-1.20032
Tsunami-Warnung - Schweres Erdbeben erschüttert Japan
00/02/2010
Um die U-Bahn-Baustelle am Kölner Heumarkt zu stabilisieren, wird sie am Samstag mit 14,5 Millionen Litern Wasser geflutet. Beeinträchtigungen soll es dadurch nicht geben. Die Flutung der einsturzgefährdeten U-Bahn-Baustelle in der Kölner Innenstadt soll an diesem Samstag um zwölf Uhr beginnen. Das teilten die Stadt und die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) nach einer Sitzung des Koordinierungsstabes mit. In der Skandalbaustelle der Baufirma Bilfinger Berger am Kölner Heumarkt fehlen mehr als 80 Prozent der stabilisierenden Eisenbügel. Mitarbeiter der Firma sollen diese gestohlen und für ein paar hundert Euro an Schrotthändler verkauft haben. Die Flutung sei notwendig, um bei steigendem Grundwasserspiegel durch Rhein-Hochwasser die Wände der Grube zu stabilisieren, betonte die Stadt. Sicherheitshalber sollen deshalb bis Sonntagmorgen 14,5 Millionen Liter Wasser eingepumpt werden. Abhängig von der Entwicklung des Grundwasserstandes werde die Menge später noch aufgefüllt. "Ein Überlaufen der Baustelle, das Eindringen von Wasser in benachbarte Gebäude oder gar eine erhöhte Einsturzgefahr sind nicht zu erwarten", teilte die Stadt mit. Die Anwohner sollen über Flugblätter informiert werden. Durch die Flutung der Baustelle - angeblich eine nicht ungewöhnliche Routinemaßnahme - soll die Grube hochwasserfest gemacht werden. Weder der Bahnverkehr noch der Wochenendeinkauf werde durch die Sicherheitsmaßnahmen beeinträchtigt, betonten die Stadt Köln und die Kölner Verkehrsbetriebe. Zwischendecke für Stabilität Die Vorflutung ermögliche es auch, die ursprünglich erst für Mitte März geplante Betonierung der Zwischendecke bereits am Dienstag zu beginnen. Durch die Zwischendecke solle die Stabilität des gesamten Bauwerks soweit erhöht werden, dass es auch für extreme Hochwasserlagen abgesichert sei. Am Image von Bilfinger Berger, dem zweitgrößten deutschen Baukonzern nach Hochtief, kratzt derzeit eine ganze Serie von Qualitätsmängeln auf Baustellen. Bilfinger Berger ist federführend in dem Konsortium zum Bau der Kölner U-Bahn, an dem auch die niederländische Royal BAM Groep und die Tochter Züblin der österreichischen Strabag beteiligt sind. Nur knapp ein Jahr nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs, das an einer der vom Pfusch betroffenen U-Bahn-Baustellen lag, ist die Unsicherheit in der Stadt am Rhein mittlerweile groß. Bei dem Unglück starben zwei Menschen; zahllose wertvolle Unterlagen, Briefe und Fotos wurden verschüttet. Die genaue Ursache für den Einsturz ist trotz monatelanger Ermittlungen noch immer unklar. Fehlende Eisenbügel sollen laut Staatsanwaltschaft jedoch nicht der Grund dafür gewesen sein. Die Stadt beziffert den Gesamtschaden des Einsturzes auf mindestens eine halbe Milliarde Euro. Die Restaurierungsarbeiten dürften nach Expertenmeinung noch bis zu 50 Jahre dauern.
Um die U-Bahn-Baustelle am Kölner Heumarkt zu stabilisieren, wird sie am Samstag mit 14,5 Millionen Litern Wasser geflutet. Beeinträchtigungen soll es dadurch nicht geben.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/flutung-der-u-bahn-baustelle-koelnisch-wasser-1.9392
Flutung der U-Bahn-Baustelle - Kölnisch Wasser
00/02/2010
Der Sänger Tarkan spaltet seit jeher die türkische Nation. Nun ist er nach einer Drogenrazzia verhaftet worden. Während die Sittenwächter neue Nahrung finden, halten die Fans zu ihrem Idol. Den Sittenstrengen in der konservativen Türkei war Tarkan von Anfang an suspekt. 1993 war das. Der Hüftschwung des jungen Elvis, dazu den Fans die nackte Brust entgegen gereckt. Stars hatte die Türkei schon davor. Einen Rebellen hatte sie jetzt. Einen, dessen Verse ("Kiss Kiss") einmal ganz Europa singen sollte. Tarkans Satz "Ich muss mal pissen, Mann" ist bis heute ein Klassiker im Zitatenschatz der türkischen Popkultur. Noch immer gibt es Leute, die Tarkans "Abfall von den türkischen Sitten und Gebräuchen" beklagen. Dabei sind die wilden Zeiten längst vorbei. "Früher war ich eine Nervensäge, habe den Rockstar gespielt", sagte der in Deutschland geborene 37-Jährige im vergangenen Jahr der Süddeutschen Zeitung. "Heute bin ich reifer geworden, erwachsener." In der Nacht zum Freitag hat die Polizei Tarkan festgenommen. Der Vorwurf: Drogenbesitz. Es gab eine Razzia in Tarkans Istanbuler Anwesen kurz vor Mitternacht; Presseberichten zufolge war die Aktion Teil einer Operation, die sechs Monate vorbereitet wurde. Neben Tarkan wurden neun weitere Verdächtige dem Staatsanwalt vorgeführt, darunter prominente Geschäftsleute, sowie ein Hürriyet-Journalist, dessen Kokaingeschäfte der Auslöser der Untersuchung gewesen sein soll. Die Meldungen waren zunächst widersprüchlich. Der Zeitung Habertürk zufolge wurde bei Tarkan lediglich eine kleine Menge Haschisch gefunden. Dennoch verdächtige man ihn des Kokainmissbrauchs - ein Vorwurf, der offenbar auf abgehörten Telefongesprächen beruhe. "Tarkan wird vor Gericht stehen, so will es der Staatsanwalt", sagte der Gouverneur von Istanbul, Muammer Güler. Größter Popstar der Türkei In den Kommentarforen der großen Nachrichtenportale stellten sich viele Fans hinter Tarkan. "Zehntausende rauchen Hasch. Jeder tut es. Jeder weiß es. Keiner spricht darüber. Schade, was ihm widerfahren ist", schrieb einer. "Wir sind alle Tarkan!", ein anderer. Tarkans größte Erfolge liegen schon eine Weile zurück, aber er erfreut sich außerordentlicher Beliebtheit. Weil er der größte Popstar ist, den die Türkei in den letzten 20 Jahren hervorgebracht hat, der einzige, der im Ausland Erfolg hatte, in Deutschland, in Russland, in Mexiko. Und weil er das Kunststück schafft, bescheiden und nett zu wirken. Superstargehabe ist seine Sache schon lange nicht mehr. Zuletzt fand Tarkan eine zweite Berufung: "Ich bin ein Krieger für die Natur". Er schreibt Lieder gegen Umweltzerstörung, kämpft gegen den Ilisu-Staudamm im Südosten der Türkei und machte Schlagzeilen, als er sich für eine Kampagne der Tierschutz-Organisation Peta halbnackt mit einem Straßenhund ablichten ließ. Negative Energie bekämpfe er mit seinem neuen Hobby, der Fotografie, mit Musik und Sex. "Mit umweltverträglichem Sex."
Der Sänger Tarkan spaltet seit jeher die türkische Nation. Nun ist er nach einer Drogenrazzia verhaftet worden. Während die Sittenwächter neue Nahrung finden, halten die Fans zu ihrem Idol.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/tuerkei-popstar-festgenommen-tarkan-unter-verdacht-1.7377
Türkei: Popstar festgenommen - Tarkan unter Verdacht
00/02/2010
Lange Gefängnisstrafen für eine grausame Bluttat: Zwei Jungen töteten ihre Nachbarin, um einen Einbruch zu vertuschen. Zwei Jugendliche aus dem oberschwäbischen Bad Buchau sind wegen Mordes an ihrer Nachbarin zu zehn beziehungsweise sieben Jahren Haft verurteilt worden. Das hat das Ravensburger Landgericht am Freitag entschieden. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der 15-jährige Haupttäter die 26-jährige Frau bei einem Einbruch am 15. April 2009 getötet hat. Er bekam die höchstmögliche Jugendstrafe von zehn Jahren. Sein älterer Komplize wurde zu sieben Jahren Jugendstrafe verurteilt, weil er die Bluttat nicht verhindert hat. Die beiden Angeklagten sollen laut Staatsanwaltschaft rund eine Woche vor der Tat im April letzten Jahres den Plan gefasst haben, in die Wohnung der jungen Mutter einzubrechen, um Unterhaltungselektronikgeräte zu stehlen. Sie vereinbarten, Wohnungsbewohner notfalls auch zu töten, wenn sie die Tat stören würden. Der 15-Jährige hatte im Garten seines Elternhauses eine Grube ausgehoben, um ein mögliches Opfer verschwinden zu lassen. Er hatte den Einbruch alleine verübt. Dabei überraschte ihn seine Nachbarin und erkannte ihn trotz Maskierung. Er schlug sie mit einem Brecheisen nieder, fesselte und knebelte sie. Danach lief er zu seinem in der Nachbarschaft wohnenden Freund und berichtete ihm, was passiert war. Zusammen gingen sie zu der noch lebenden Frau und trugen sie in den Keller. Dort fand der Ehemann die Tote. Die Obduktion ergab, dass sie an einem Schädel-Hirn-Trauma aufgrund massiver Schläge gegen den Kopf gestorben war. Nach früheren Polizeiangaben hatte es der jüngere der mutmaßlichen Mörder auch auf Bargeld abgesehen. Damit wollte er einen Motorroller und Ersatzteile bezahlen.
Lange Gefängnisstrafen für eine grausame Bluttat: Zwei Jungen töteten ihre Nachbarin, um einen Einbruch zu vertuschen.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/mordfall-bad-buchau-hohe-haftstrafen-fuer-jugendliche-moerder-1.18044
Mordfall Bad Buchau - Hohe Haftstrafen für jugendliche Mörder
00/02/2010
In einem Kreissaal in Sao Paulo sind zwei Ärzte in einen heftigen Streit geraten. Das Baby, das sie per Kaiserschnitt holen sollten, konnte nur noch tot geboren werden. Jetzt ermittelt die Polizei. Die brasilianische Polizei ermittelt gegen zwei Ärzte, deren Prügelei in einem Kreissaal zum Tod eines Neugeborenen beigetragen haben soll. Wie die Zeitung Folha de São Paulo berichtete, lag eine 32-Jährige Frau in der Stadt Ivinhema im Bundesstaat Mato Grosso in den Wehen und verlangte nach einem Kaiserschnitt, als die beiden Ärzte zu streiten anfingen. "Es war ein heftiger Streit. Er endete damit, dass die beiden sich auf dem Boden wälzten. Meine Frau schrie sie an, dass sie aufhören sollen", wird der Ehemann in der Zeitung zitiert. Erst nach 90 Minuten kam demnach ein dritter Arzt in den Kreissaal, um den Kaiserschnitt zu machen, meldete die Nachrichtenagentur Agencia Estado. Zu diesem Zeitpunkt war das Baby jedoch bereits tot geboren. Der Ehemann erklärte, er wolle keine Anschuldigungen machen. Allerdings sei seine verstorbene Tochter bis zur Geburt völlig gesund gewesen. Die Mediziner wurden suspendiert und die Polizei untersucht den Fall. Einer der beteiligten Ärzte bestätigte dem brasilianischen Fernsehsender Globo TV den Vorfall. Allerdings sei nicht er, sondern sein Kollege für die Eskalation verantwortlich: "Ich habe ihn nicht angegriffen, er hat mich angegriffen." Der zweite Arzt wollte sich vor den Fernsehkameras nicht äußern.
In einem Kreissaal in Sao Paulo sind zwei Ärzte in einen heftigen Streit geraten. Das Baby, das sie per Kaiserschnitt holen sollten, konnte nur noch tot geboren werden. Jetzt ermittelt die Polizei.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/brasilien-aerzte-pruegeln-sich-baby-stirbt-1.2096
Ärzte prügeln sich, Baby stirbt
00/02/2010
Gruppensex im Museum - Schmuddelkram oder die künstlerische Interpretation eines uralten Themas? Ein Besuch in der Wiener Secession, die seit kurzem einen Swingerclub beherbergt. Österreich ist ein Paradies für Künstler. Wo sonst noch ist es möglich, Politiker und Öffentlichkeit mit relativ harmlosen Installationen zur Weißglut zu bringen und die hitzige öffentliche Debatte als Element in das Kunststück miteinzubeziehen? Genau das ist gerade dem Schweizer Christoph Büchel gelungen. In dem exaltierten, berühmten Ausstellungspavillon mit der goldenen Laubkuppel vor der Wiener Akademie der Schönen Künste hat der Spezialist für Installationen vorgeblicher Lebenswirklichkeit einen Swingerclub eingerichtet. Nüchterne Analysen und kichernde Teenager der Zur Schau gestellt werde Wirklichkeit, so ähnlich analysieren es die Exegeten des Kunstbetriebs. Lässt man aber an Ort und Stelle zunächst die Scharen kichernder Teenager aus Italien und Spanien an sich vorüberziehen, die sich, auf Bildungsreise in Wien, plötzlich mit derlei schwül-profanen Dingen konfrontiert sehen, dann wirkt die Sache schon recht komisch. Der Künstler Büchel hat in Kassels Fridericianum schon mal ein Solarium, einen Discountmarkt und ein Wettbüro zur Kunst veredelt. In Wien ist die Realistik kaum mehr zu übertreffen: Was tagsüber als musealer Ort "aktueller Gesellschaftszustände" im stillen Schummerlicht zu besichtigen ist, erwacht nachts zum irrlichternden wirklichen Leben. Denn Interieur und Betrieb des "Element 6", wie die Sache offiziell heißt, stammen von einem real existierenden Nachtclub in der Wiener Kaiserstraße. Und so tummeln sich denn nächtens hier Stammkunden jenes Etablissements, Gelegenheitsneugierige und jene, die die Durchdringung von Kunst so ernst nehmen, dass sie sich auf Büchels Geheiß auch mal mit Partnertausch und ähnlichen Verrenkungen konfrontieren. Gruppensex im Museum? Die verkniffenen Kunstdebatten wollen seit der Eröffnung am Wochenende in Österreichs Medien nicht enden. Vaginöse Miesmuschel Farblich herrscht in den Ausstellungsräumen eine Atmosphäre, die wohl als lasziv gelten soll. Dezent Erotisches an der Wand. Und grob Anzügliches wie das riesige Bildnis einer vaginösen Miesmuschel und eines stolz gereckten Spargels. Dass es sich bei den farbenfroh gepolsterten Separees um Feuchtgebiete handelt, verraten die Boxen mit Papiertaschentüchern. So richtig anregend ist das alles nicht, schon gar nicht der in einer schäbigen Kammer postierte Gynäkologenstuhl. Die rechtsradikale FPÖ beklagt sich nun, hier würden Steuergelder für Obszönitäten verschleudert. Die christsoziale Vorsitzende des 1. Wiener Gemeindebezirks ist dafür, der Secession als Kunstverein sofort alle Subventionen zu streichen. Dumm nur, dass die Kommunalpolitikerin die Sache selbst genehmigt hat. Die Secessionsleitung versichert, das Unternehmen "Element 6" trage sich zur Gänze selbst und koste dem Steuerbürger nichts. Auch der berühmte, hier ständig ausgestellte Beethovenfries von Gustav Klimt ist eingerahmt von Tropenschwülheiten aus Plastik nebst Sauna und Sprudelpool. Büchel, so heißt es, wolle gerade auf die skandalösen Wirkungen anspielen, die dieses keineswegs mit Nacktheit geizende Klimt-Werk einst provoziert hat. Und - mit Verlaub - wüsste man es nicht besser, man könnte Klimts delikat-kitschige Anzüglichkeiten ebenfalls für eine Puffdekoration halten. Wer entlarvt hier wen? Schon vor weit mehr als hundert Jahren war die Wiener Secession als Kunstkonzept und Bauwerk eine echte Provokation. Warum sollten sich seine Exponate dann ausgerechnet heute vornehme Zurückhaltung auferlegen? Im Video: Schweizer Künstler Christoph Büchel betreibt einen original Swingerclub mitten im Wiener Secession Museum. Unter dem Motto "Raum für Sexkultur" wird im Museum jetzt fleißig Partner getauscht und gefesselt. Weitere Videos finden Sie hier
Gruppensex im Museum - Schmuddelkram oder die künstlerische Interpretation eines uralten Themas? Ein Besuch in der Wiener Secession, die seit kurzem einen Swingerclub beherbergt.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/swingerclub-als-kunstobjekt-haus-der-brunft-1.14574
Swingerclub als Kunstobjekt - Haus der Brunft
00/02/2010
Ein Geistlicher erhitzt die Gemüter in Mittelspanien: Er war Beichtvater in zwei Dörfern - und bot sich als Sex-Diener namens Héctor im Internet an. Der Dorfpfarrer war in seinen Gemeinden ein beliebter Geistlicher. In seiner nicht einmal einjährigen Amtszeit als katholischer Pfarrer in zwei Dörfern bei Toledo in Mittelspanien hatte der 27-Jährige rasch die Sympathien der Bewohner gewonnen. "Das ist ein netter Mann", hieß es in der 800-Seelen-Gemeinde Noez und im Nachbardorf Totanés mit seinen 400 Einwohnern. Vor zwei Wochen musste der Geistliche den Gläubigen jedoch gestehen, dass er Geld aus der Gemeindekasse unterschlagen hatte. Dies war aber nur ein Teil Wahrheit. Denn der Dorfpfarrer führte ein Doppelleben: Er hatte nicht nur die Messe zelebriert, die Beichte abgenommen und Religionsunterricht erteilt, sondern auch im Internet sexuelle Dienste angeboten. Für seine Sex-Annoncen posierte er unter dem Decknamen "Héctor" in seinem Wohnzimmer - nur mit einer Unterhose bekleidet und mit eingezogenem Bauch. "Deinem Glück zu Diensten", pries er sich Frauen und Paaren in Internet-Anzeigen an. "Ich bin gut ausgestattet", schrieb der Pfarrer. Er sei für alles offen, "außer für Sado-Sex". Für 15 Minuten verlangte er 50 Euro, für eine Stunde 120 Euro. Allzu viel scheint der Geistliche jedoch nicht verdient zu haben; denn sonst hätte er kaum die Kasse der Kirchengemeinden plündern müssen. Er steht im Verdacht, Spenden in Höhe von 17.000 Euro unterschlagen und für Telefon-Sex ausgegeben zu haben, wie spanische Zeitungen berichteten. Außerdem versuchte er, ein Gemälde aus dem 17. Jahrhundert, das der Dorfkirche von Noez gehörte, für 9000 Euro im Internet zu verkaufen. Das Vorhaben misslang jedoch. Der Erzbischof von Toledo und Primas der katholischen Kirche in Spanien, Braulio Rodríguez, setzte den 27-Jährigen als Gemeindepfarrer ab. Die Kirche begründete dies mit "finanziellen Unregelmäßigkeiten". Die sexuellen Aktivitäten des Geistlichen ließ sie unerwähnt. Viele Dorfbewohner reagierten mit Verblüffung und Empörung auf die Enthüllungen. "Da sind wohl ziemliche Schweinereien aus dem Internet zutage getreten", sagte ein Rentner in der Dorfkneipe. "Vom Internet hat unsereins hier keine Ahnung." Andere äußerten sich weniger überrascht. "Gewisse Gerüchte waren schon vorher im Umlauf gewesen", berichtete die Dorfbürgermeisterin Yolanda Sánchez. Der abgesetzte Pfarrer ging erst einmal auf Tauchstation. Wie es heißt, soll er sich auf Anraten der Kirche in psychiatrische Behandlung gegeben haben.
Ein Geistlicher erhitzt die Gemüter in Mittelspanien: Er war Beichtvater in zwei Dörfern - und bot sich als Sex-Diener namens Héctor im Internet an.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/sex-dienste-im-internet-doppelleben-eines-dorfpfarrers-1.16438
Sex-Dienste im Internet - Doppelleben eines Dorfpfarrers
00/02/2010
Der Kölner U-Bahn-Skandal weitet sich überregional aus. Auch in Düsseldorf gab es vorsätzlichen Betrug. Vergleichbare Großprojekte der letzten 40 Jahre sollen nun auf den Prüfstand. Bisher, sagt Gregor Bonin, "hat in Deutschland doch keiner geglaubt, dass so etwas möglich ist". Mit "so etwas" meint der Düsseldorfer Baudezernent die offensichtlich kriminelle Energie Einzelner beim U-Bahn-Bau.Erst wurde bekannt, dass beim Bau der Kölner Nord-Süd-Bahn massiv Messprotokolle der Schlitzwände gefälscht und zudem für die Statik relevante Eisenteile der so genannten Bewehrungskörbe geklaut und verscherbelt wurden. Nun hat auch die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt ihre Erfahrung mit Pfusch am Bau. In Düsseldorf entsteht gerade die Wehrhahn-Linie, eine 3,6 Kilometer lange U-Bahn-Trasse. Auch dort gab es, offenbar verursacht durch dieselben Arbeitnehmer der Baufirma Bilfinger Berger, ebenso vorsätzlichen Betrug. Die Stadt Düsseldorf erstattete Strafanzeige, die Staatsanwaltschaft ermittelt mit einem Sonderdezernat. Die Prüfung könne aber "einige Wochen dauern, da die Staatsanwaltschaft die Prüfprotokolle sichten müsse", sagte Oberstaatsanwalt Johannes Mocken am Mittwoch. Gefälschte Messprotokolle Aber bereits jetzt schwebt über allem die Frage, ob so eine Katastrophe wie der Einsturz des Kölner Stadtarchivs - verursacht durch die angrenzenden Bauarbeiten zur Nord-Süd-Bahn - auch in Düsseldorf droht. Gregor Bonin weiß um die Assoziation, entsprechend lange müht er sich um Aufklärung. Von den insgesamt 413 Messprotokollen seien drei identisch - und damit offenkundig gefälscht, zwölf weitere Messprotokolle seien "wahrscheinlich falsch" und ein weiteres Dutzend "möglicherweise falsch." Droht deshalb nun der GAU? "Der Bau ist bei uns noch gar nicht so weit fortgeschritten", sagte Bonin der Süddeutschen Zeitung. "Eine Gefährdung liegt nicht vor." Die Schlitzwände, die möglicherweise fehlerhaft montiert wurden, dienen derzeit noch gar nicht zur Stützung einer Baugrube. Erst in einem halben Jahr soll innerhalb der Schlitzwände der Aushub beginnen - und dann werde "noch einmal alles intensiv geprüft". Außerdem gebe es bei lediglich sechs der 541 Bewehrungskörbe Zweifel am regelgerechten Einbau. Fälle, in denen der externe Bauingenieur wie beim TÜV Mängel aufschrieb, welche die bauausführende Firma dann vor dem Einbau zu beheben hatte. "Bisher lief das nach Treu und Glauben", so Bonin, inzwischen aber "ist klar: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser." Das Prinzip aber funktioniert auch nur dann, wenn der Kontrolleur nicht - wie in Köln - identisch mit dem Kontrollierten ist. "Das ist ja offenkundig der Kern des Problems", befindet Bonin. Diesmal mit externen Prüfern Wie widersinnig dieses Prinzip ist, hat auch das nordrhein-westfälische Bauministerium erkannt - und nun eine "förmliche Trennung zwischen Technischer Aufsicht und Bauherrenfunktion" verfügt. Dabei wird sich die Bezirksregierung als Technische Aufsichtsbehörde (TAB) externer Prüfer bedient. Damit solle "bereits der bloße Anschein einer Interessenskollision zwischen dem Bauherrn und den ordnungsrechtlichen Zielen der Bauaufsicht vermieden werden." Zudem kündigte die Bezirksregierung an, weitere Großprojekte in NRW noch einmal untersuchen zu wollen. Man habe die Oberbürgermeister angeschrieben, damit sie mitteilen, "ob in den letzten 40 Jahren ähnliche Großprojekte durchgeführt wurden", sagte Bernhard Hamacher, Sprecher der Bezirksregierung. Insgesamt, so Hamacher, lägen schließlich allein mehr als 100 Kilometer U-Bahn-Trassen in NRW. Die Prüfung könne "Monate, vielleicht noch bis ins neue Jahr dauern", sagte Hamacher. Viel mehr als Protokollen auszuwerten wird man nicht tun können, die Bauwerke sind längst im Betrieb und niemand kann verlässlich sagen, was genau wie eingebaut wurde. "Wir möchten als Aufsichtsbehörde sagen können, dass wir alles getan haben", erklärte Hamacher.
Der Kölner U-Bahn-Skandal weitet sich überregional aus. Auch in Düsseldorf gab es vorsätzlichen Betrug. Vergleichbare Großprojekte der letzten 40 Jahre sollen nun auf den Prüfstand.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/koelner-u-bahn-skandal-pfusch-in-serie-1.20738
Kölner U-Bahn-Skandal - Pfusch in Serie
00/02/2010
Mit dem Rhein-Pegel steigt die Unsicherheit: Die Baugrube am Kölner Heumarkt wird unter Wasser gesetzt, weil stabilsierende Eisenteile verramscht wurden. Die ganze Absurdität der Situation rund um den Kölner U-Bahn-Bau fasste der Stadtdirektor ungewollt witzig zusammen: "Fluten bedeutet Sicherheit", sagte Guido Kahlen bei einer Bürgerveranstaltung am Mittwochabend. Die Reaktion war höhnisches Gelächter. Am Wochenende ist Schluss mit lustig. Dann wird die Baugrube am Kölner Heumarkt am Rande der Altstadt geflutet, um den Druck auszugleichen, der vom steigenden Grundwasser auf die Wände der Baugrube drückt. Denn die exakte Beschaffenheit jener Schlitzwände ist unklar, seit bekannt ist, dass Messprotokolle gefälscht und zudem beim Einbau die stabilisierenden Eisenteile zu großen Teilen nicht verbaut, sondern offenbar an einem Schrotthändler verramscht wurden. Seither herrscht in Köln, ein Jahr nach dem Einsturz des Stadtarchivs am 3.März 2009, größere Verunsicherung. Verstärkt wird die Sorge vom ansteigenden Rhein-Pegel. Laut Kölner Hochwasserschutzzentrale steigt der Pegel derzeit stündlich um vier bis sechs Zentimeter. Für das Wochenende "erwarten wir einen Stand von 6,50 Metern", sagte ein Sprecher auf Anfrage. Das ist die kritische Marke, denn mit dem Rhein-Pegel steigt zugleich - in anderem Umfang und mit anderer Geschwindigkeit - das Grundwasser an. Aktuell liege dessen Stand bei 37,90 Metern, so Stadtsprecher Gregor Timmer. "Bei 39,5 Metern wollen wir fluten." Derzeit kommen stündlich zwei Zentimeter hinzu, diese Menge kann sich aber ändern. Sowohl die Stadt als auch die Kölner Verkehrs-Betriebe als Bauherr betonten, dass "die Standsicherheit des Bauwerks auch ohne Flutung gegeben" sei und es sich um "eine zusätzliche Schutzmaßnahme" handele. Prinzipiell beruhigen wird das niemanden. Derzeit ist ja nicht einmal klar, wann die 32.000 Kubikmeter Wasser wieder aus der Grube gepumpt werden können.
Mit dem Rhein-Pegel steigt die Unsicherheit: Die Baugrube am Kölner Heumarkt wird unter Wasser gesetzt, weil stabilsierende Eisenteile verramscht wurden.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/u-bahn-pfusch-fluten-fuer-die-sicherheit-1.9653
U-Bahn-Pfusch - Fluten für die Sicherheit
00/02/2010
Die "Maserati-Affäre" hat Treberhilfe-Geschäftsführer Harald Ehlert den Job gekostet. Der Vorfall hat die Diskussion angestoßen, ob es sich gut leben lässt vom Geschäft mit der Armut. Man muss sich diesen Mann vorstellen wie ein überlastetes Kraftwerk, ständig unter Dampf, schnell überhitzt und seit Tagen bedrohlich nah dran an einer Kernschmelze. Harald Ehlert ist eine Berühmtheit geworden in Berlin, als Armenhelfer im Maserati, als Gernegroß mit schickem Wohnsitz am See, und wie ein ganz Wichtiger wird er auch eskortiert, sicher ist sicher. Man begleitet ihn neuerdings bei jedem Auftritt, rückt schon mal zurecht, was er da so erzählt, und die Mitarbeiter des Diakonischen Werks Berlin-Brandenburg lassen ihn keine Minute aus den Augen, als er sich diese Woche in den Bezirk Steglitz bewegt, ins Haus der Diakonie und in einen zu engen Bürostuhl, in dem es bald etwas lauter wird. Ehlert ist 47 Jahre alt und eine Persönlichkeit, die beim Reden oft die Arme ausbreitet und um den Hals gern einen offenen Seidenschal trägt, was ihn irgendwie wie einen Prediger aussehen lässt. Er sieht sich wohl auch als eine Art Missionar, Ehlert will der Welt klar machen, was ein "Sozialunternehmer" ist, ein erfolgreicher "Sozialarchitekt" wie er das nennt, aber die Welt versteht nicht. Öffentliche Amokfahrt Der Mann mit dem Schal ist der Gründer der Berliner Treberhilfe, er hat aus einem Drei-Mann-Betrieb in 20 Jahren ein gemeinnütziges Vereins- und Unternehmenskonstrukt mit 280 Mitarbeitern gemacht, die sich um junge Wohnungslose kümmern, um Ausreißer, Vernachlässigte und solche, die sich schon lange nicht mehr zutrauen, hinter einer Haustür zu leben. Die Ärmsten der Armen werden da betreut, und in Berlin wurde diese Arbeit geschätzt. Bis losbrach, was jetzt "Maserati-Affäre" heißt, zur öffentlichen Amokfahrt geriet und Harald Ehlert jetzt den Job gekostet hat. Geschäft mit der Armut Am Donnerstag hat er hingeschmissen, bis auf Weiteres. Ehlert lässt sein Amt als Geschäftsführer der gemeinnützigen Gesellschaft Treberhilfe ruhen. Seine Geschäftanteile tritt er an den Verein Treberhilfe ab, das ist die zweite Hälfte dieses Verbunds. Ehlert wird auch nicht im Aufsichtsrat sitzen, den man seiner Gesellschaft implantiert hat. Bis zur Klärung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe soll ein zweiter Geschäftsführer seine Arbeit übernehmen. Die "Maserati-Affäre" hat eine Diskussion darüber angestoßen, ob es sich in Berlin, der Hauptstadt der Bedürftigen, etwas zu gut leben lässt vom Geschäft mit der Armut. Nirgends in Deutschland gibt es so viele soziale Projekte, sie werden mit Steuergeldern gefüttert, aber was genau sie tun, weiß kaum einer zu sagen. Kontrolliert werden sie wenig, weder in großen Wohlfahrsverbänden noch im trägen Mahlwerk von Bezirken und Verwaltungen sieht man sich dieser Sisyphusarbeit gewachsen. Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Harald Ehlert wütend macht und welches Signal er mit der Anschaffung des Wagens setzen wollte.
Die "Maserati-Affäre" hat Treberhilfe-Geschäftsführer Harald Ehlert den Job gekostet. Der Vorfall hat die Diskussion angestoßen, ob es sich gut leben lässt vom Geschäft mit der Armut.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/umstrittener-armenhelfer-ende-einer-dienstfahrt-1.23047
Umstrittener Armenhelfer - Ende einer Dienstfahrt
00/02/2010
Aus der geplanten Hochzeit mit Basketballstar Dirk Nowitzki wurde nichts - nun will die mehrfach verurteilte Betrügerin Cristal Taylor ein Buch über ihren Ex schreiben. Der Basketball-Hüne und die Schwindlerin: Der geplatzte Liebestraum von Dirk Nowitziki und der verurteilten Betrügerin Cristal Taylor sorgte Mitte 2009 für Schlagzeilen. Im Juli 2009 wollten die beiden eigentlich in den USA heiraten. Doch die Beziehung war Monate zuvor am Ende: Taylor wurde am 6. Mai 2009 im Haus ihres Verlobten verhaftet und kurze Zeit später zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt - wegen Betrugs und Urkundenfälschung. Es war noch nicht einmal die erste Strafe dür die 1,90-Meter-Frau, bereits 1999 hatte sie wegen Betrugs und Diebstahls eine Bewährungsstrafe erhalten. Ihr ein Kopf größerer Freund wurde von den Vorgängen völlig überrascht. "Ich habe die ganze Gefühlsleiter durchlebt. Ich war frustriert und traurig, dann wütend. Die Situation war ein Riesenschock für mich", sagte der 31-Jährige im Juni 2009: "Man kann das gar nicht beschreiben. Man denkt, man kennt die Person genau, die man lieb gewonnen hat. Und dann das." Nowitzki hat sich längst gefangen, spielt derzeit äußerst erfolgreich für sein Basketballteam Dallas Mavericks (aktuell fünf Siege in Serie) - und will von Taylor nichts mehr wissen. Seine Ex aber baut weiter Luftschlösser. Sie lebt mittlerweile in einem Resozialisierungszentrum in St. Louis im US-Bundesstaat Missouri: Die Illustrierte Bunte traf sie zum Interview an dem Ort, in dem sie sich ein Zimmer mit vier Ex-Drogenhändlerinnen teilt. "Er war mein Prinz und ich seine Pretty Woman", betitelt das Blatt das Interview, in dem vor allem deutlich wird, wie sehr Taylor sich der Realität verweigert. Ihre Antwort darauf, ob sie Nowitzki zurückgewinnen könne: "Ginge es nur um ihn, hätten wir uns längst gesehen. Da bin ich mir sicher." Crystal macht Nowitzkis Berater für den radikalen Kontaktabbruch nach der Verhaftung verantwortlich. Was sie ihm sagen würde, wenn sie sich begegnen würden? "Ich liebe dich, Dirk! Ich liebe dich trotz allem, was passiert ist. Ich verzeihe dir, dass du mich so im Stich gelassen hast." Nowitzki besuchte Taylor nicht im Gefängnis. Als eine Zeitlang im Raum stand, dass Taylor von ihm schwanger sein könnte, beantragte der Profisportler das alleinige Sorgerecht für das ungeborene Kind. Taylor soll das Ungeborene aber noch während der Haftzeit verloren haben. Nun, nachdem sie sich wieder frei bewegen kann, gibt es auch weiterhin keine Aussprache. Ihr ist laut Gerichtsbeschluss untersagt, sich dem Sportstar zu nähern. "Little Jailbird" Trotzdem will sie das Kapitel Nowitzki nicht beenden und beharrt darauf, dass er ihr Vorleben kannte: "Dirk wusste von Anfang an, dass ich wegen Scheckbetrugs verurteilt war. Deshalb nannte er mich auch seinen little jailbird (Knastvogel). Er wollte mich trotzdem heiraten." Nowitzki hat sich nicht erneut zu Taylors Leben geäußert. Aber die Liebelei mit der Betrügerin wird ihm noch lange nachhängen. "Ich habe begonnen, ein Buch über mein Leben mit Dirk zu schreiben", sagt Taylor der Bunten. Eine Abrechnung? "Das kann man sehen, wie man will", meint die Ex-Geliebte. "Ich denke, seine Fans haben ein Recht darauf zu erfahren, was Dirk wirklich für ein Mensch ist."
Aus der geplanten Hochzeit mit Basketballstar Dirk Nowitzki wurde nichts - nun will die mehrfach verurteilte Betrügerin Cristal Taylor ein Buch über ihren Ex schreiben.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/dirk-nowitzkis-ex-geliebte-das-knastvoegelchen-singt-1.14910
"Dirk Nowitzkis Ex-Geliebte - Das ""Knastvögelchen"" singt"
00/02/2010
Schwarz gekleidet und mit blutigen Messern im Gepäck: Die chilenische Polizei hat Satanisten festgenommen, die offenbar Katzen die Kehle wegen eines Rituals aufgeschlitzt hatten. Die chilenische Polizei hat neun Satanisten wegen Tierquälerei festgenommen. Wie die Behörden mitteilten, wurden die schwarz gekleideten Männer am Mittwochmorgen in Villa Alemana rund 120 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Santiago de Chile festgenommen. Die Polizisten hätten blutige Messer im Auto der Gruppe gefunden, in der Nähe hätten sie dann auch den Tatort entdeckt. "Sie haben mit Salz einen Kreis mit einem fünfeckigen Stern darin gestreut", sagte Polizeisprecher Jorge Espinoza. "An jeder der fünf Ecken lag eine Katze mit durchgeschnittener Kehle." Die Justiz leitete gegen die zwischen 18 und 24 Jahre alten Männer ein Verfahren wegen Tierquälerei ein, setzte die Verdächtigen aber wieder auf freien Fuß. Satanische Kulte sind in Chile offenbar verbreitet. Der Sektenexperte Humberto Lagos warnt jedenfalls seit Jahren vor ihrer Ausbreitung. Im Jahr 2005 schätzte er, dass 80 satanische Gruppen in dem südamerikanischen Land existieren.
Schwarz gekleidet und mit blutigen Messern im Gepäck: Die chilenische Polizei hat Satanisten festgenommen, die offenbar Katzen die Kehle wegen eines Rituals aufgeschlitzt hatten.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/satanisten-in-chile-neun-maenner-sollen-katzen-getoetet-haben-1.11214
Satanisten in Chile - Neun Männer sollen Katzen getötet haben
00/02/2010
Er hatte sich als Kunststudent getarnt, das Original durch eine Kopie ersetzt, es zehn Jahre lang bei den Eltern versteckt - "alles aus Liebe": Wie ein polnischer Bauarbeiter zum trickreichen Gemäldedieb wurde. Bei der Kriminalpolizei Posen wollte man es zuerst nicht glauben: Robert N. soll der Dieb gewesen sein, der vor zehn Jahren den einzigen Monet aus dem Nationalmuseum in Posen gestohlen hat. Das Bild "Der Strand von Pourville" soll mehrere Millionen Euro wert sein. Es war nach dem aufsehenerregenden Diebstahl verschwunden geblieben; die Experten vermuteten es im Tresor eines Privatsammlers im Ausland. N. war der Polizei als kleiner Tagedieb bekannt, der gelegentlich betrunken randalierte und gestohlene Autoradios verscherbelte. Er war geschieden, seine Ex-Ehefrau verkehrte mit ihm nur über das Jugendamt, weil er keine Alimente mehr für die gemeinsame Tochter zahlte. Nach der Scheidung war er nach Frankreich gegangen, um dort in einem Pariser Vorort auf dem Bau zu arbeiten. Die Konjunktur brummte Ende der neunziger Jahre, er verdiente gut und hatte den Ehrgeiz, ein besseres Leben zu führen. Er fühlte, dass die Welt der Bauarbeiter ihm nicht reichte. Also besuchte er auch die Pariser Museen, ihn faszinierten die Impressionisten, besonders Claude Monet. Doch das Heimweh ließ ihn nicht los. Er kehrte nach Posen zurück und ging dort regelmäßig ins Nationalmuseum. An einem schönen Tag im Sommer 2000 beschloss er, den einzigen Monet des Museums zu stehlen. Er kaufte sich Malutensilien und stellte bei der Museumsleitung den Antrag, zu Studienzwecken berühmte Bilder abmalen zu dürfen. So saß er immer wieder im Saal mit dem Monet, die Museumswächter gewöhnten sich an ihn und ließen ihn unbeaufsichtigt. Eines Tages war der Moment gekommen: Er hatte unter dem Pullover eine Kopie mitgebracht, gemalt nach einer Fotovorlage. Mit ein paar Messerschnitten entfernte er das Original aus dem Rahmen und klebte die Fälschung ein. Ehe der Tausch bemerkt wurde, war er über alle Berge. Diebesgut im Kleiderschrank der Eltern versteckt Die Kriminalpolizei sicherte Fingerabdrücke auf der Glasplatte, allerdings waren sie in keiner Verbrecherkartei gespeichert. Doch einer der Ermittler ließ nicht locker: Immer wieder ließ er sie durchs zentrale Register laufen. Fast zehn Jahre nach dem Diebstahl, als er schon längst die Hoffnung aufgegeben hatte, meldete der Computer: Treffer. Es handelte sich um N., der inzwischen arbeitslos geworden und sozial abgestürzt war. Seine Fingerabdrücke waren genommen worden, als er beim Besuch des Gerichtsvollziehers randalierte. Als die Polizisten nach dem Monet fragten, in der Annahme, er habe diesen Namen noch nie gehört, gab er sofort alles zu. Noch größer war das Erstaunen, als er erzählte, dass er das Bild keineswegs im Auftrag gestohlen, sondern es sogar behalten habe. Er hatte es in der Wohnung seiner Eltern, die von nichts ahnten, im Kleiderschrank versteckt. Wenn er allein gewesen sei, so berichtete er, habe er das Meisterwerk vorsichtig ausgepackt, auf dem Tisch ausgerollt und lange betrachtet. Er liebe dieses Bild. Das war auch für die hartgesottenen Kriminalpolizisten etwas Neues: ein heruntergekommener Kleinkrimineller, der in der Meditation über ein berühmtes Gemälde Momente des Glücks erlebt.
Er hatte sich als Kunststudent getarnt, das Original durch eine Kopie ersetzt, es zehn Jahre lang bei den Eltern versteckt - "alles aus Liebe": Wie ein polnischer Bauarbeiter zum trickreichen Gemäldedieb wurde.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/spektakulaerer-kunstdiebstahl-monet-im-kleiderschrank-1.7309
Spektakulärer Kunstdiebstahl - Monet im Kleiderschrank
00/02/2010
Vor den Augen entsetzter Besucher ist eine Tierpflegerin in Florida von einem Orca getötet worden. Die Frau ist nicht das erste menschliche Opfer des Walbullen. Ein Orca-Wal in Orlandos berühmtem Meerestierpark SeaWorld hat vor den Augen entsetzter Zuschauer eine Trainerin getötet. Die 40-jährige Frau wurde im Anschluss an eine Vorführung von dem Wal gepackt und in die Tiefe gerissen, wie der Freizeitpark mitteilte. Der Walbulle mit dem Namen Tilikum war zuvor schon 1991 und 1999 an tödlichen Zwischenfällen beteiligt. Aus diesem Grund war es den Pflegern untersagt, sich zusammen mit diesem Wal in einem Becken aufzuhalten. Schwertwale werden auch als Orcas bezeichnet; der wissenschaftliche Name der bis zu acht Meter langen Tiere lautet Orcinus orca. Obwohl sie auch als "Killerwale" bekannt sind, kommt es nur selten zu tödlichen Zwischenfällen zwischen Tier und Mensche. Auch die Pflegerin Dawn Brancheau ahnte nichts von dem Angriffe. Während einer Vorführung am Mittwoch befand sie sich zusammen mit Tilikum auf der Plattform eines Meerwasserbeckens und massierte den 5.450 Kilogramm schweren Wal. Kein anderer Pfleger habe mehr Erfahrung mit Tilikum gehabt als Brancheau, sagte der Leiter des Dressurprogramms der SeaWorld-Parks, Chuck Tompkins. Die Augenzeugin Victoria Biniak berichtete, der Wal sei plötzlich in das Becken gesprungen. "Dann kam er zurück, schoss in die Luft hoch, packte die Dompteurin an der Hüfte und begann, sie herumzuwirbeln." Nach Angaben von Jim Solomon, einem Sprecher der Polizei im Orange County, rutschte die Trainerin dagegen aus und fiel in das Becken. Dort wurde sie von dem Killerwal in die Tiefe gezogen, sagte Solomon. Die erschrockenen Zuschauer wurden schnell herausgeführt, die SeaWorld wurde zeitweise geschlossen. Dawn Brancheau konnte nur noch tot aus dem Wasser geborgen werden. Nach Angaben von SeaWorld ist sie ertrunken. Der Experte Steve McCulloch vom Marine Mammal Research and Conservation Program der Florida Atlantic University sagte, vielleicht habe der Wal nur spielen wollen. "Das sind sehr große und mächtige Meeressäugetiere. Sie zeigen ein solches Verhalten auch in Freiheit." Der tödliche Zwischenfall am Mittwoch war nicht der erste derartige Angriff in einem SeaWorld-Zentrum. Im November 2006 schnappte ein Schwertwal in der SeaWorld von San Diego nach einem Dompteur und zog ihn mehrmals unter Wasser. Der Tiertrainer überlebte mit einem gebrochenen Fuß. Im Juli 1999 blieb ein Besucher nach der Schließung der SeaWorld in Orlando in der Anlage. Er wurde später tot aus dem Becken mit Tilikum geborgen. Der Schwertwal-Bulle war auch einer von drei Orcas, die 1991 für den Tod eines Dompteurs im Sealand-Zentrum in der kanadischen Stadt Victoria verantwortlich gemacht wurden. Im Video: Kurz vor Beginn einer Show im Freizeitpark SeaWorld war die Frau nach Angaben der Polizei in ein Becken gefallen und daraufhin von einem der auch als Killerwale bekannten Tiere tödlich verletzt worden. Weitere Videos finden Sie hier
Vor den Augen entsetzter Besucher ist eine Tierpflegerin in Florida von einem Orca getötet worden. Die Frau ist nicht das erste menschliche Opfer des Walbullen.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/unglueck-in-florida-orca-toetet-tiertrainerin-1.5111
Unglück in Florida - Orca tötet Tiertrainerin
00/02/2010
Sven Tiemann ist in dem Gefängnis aufgewachsen, das sein Vater leitete. Nur eine Schleuse trennte Familie und Verbrecher. Eine prägende Kindheit: Heute ist der Sohn selbst Vollzugsbeamter. Dort drüben am Fenster stand das Bett. Manchmal, erinnert sich Sven Tiemann, hätten die Häftlinge draußen am Gitter entlanggerattert, um ihn zu wecken, "vor allem am Wochenende, da haben die sich einen Spaß daraus gemacht". Freistunde war schon in der Früh um acht, und dann war für den kleinen Sven die Nacht halt auch vorbei. Denn es war sein Kinderbett, das dort vor dem vergitterten Fenster stand, und sein Blick fiel hinaus auf den Gefängnishof, über den ein Maschendraht gespannt war. Sven Tiemann hat seine Kindheit im Gefängnis verbracht, in Zimmern ohne Aussicht. Er sagt, "es war eine schöne Kindheit." Nur eine Schleuse trennte die Privaträume Heute ist Sven Tiemann 37 und selbst Justizvollzugsbeamter wie sein Vater, der seine Familie einst überhaupt erst hinter Gitter gebracht hat. Dieter Tiemann war der letzte Dienstleiter des Gerichtsgefängnisses von Cuxhaven, der auch hinter den Anstaltsmauern wohnte - in einer Dienstwohnung mit vier Zimmern und Küche. Nur eine Schleuse trennte die Privaträume der Familie vom Gefängnistrakt, bei nächtlichen Zwischenfällen wurde da schon mal im Schlafanzug interveniert. "Wir haben zehn Jahre unter den Gefangenen gelebt", sagt Tiemann senior, heute 65. "Es war unsere schönste Zeit." Heute ist das Gefängnis von Cuxhaven eine relativ moderne kleine Einrichtung, die als Außenstelle zur Justizvollzugsanstalt Oldenburg gehört. Jeder Gefangene hat einen Schlüssel zu seiner Zelle. Die Räume hinter den historischen Holztüren sind im Jugendherbergsstil eingerichtet, kein Hotel, aber bei weitem kein Kerker. In Cuxhaven sind die Insassen im offenen Vollzug untergebracht. Die meisten wissen, wie sie sich zu benehmen haben, um gut durch die Haftzeit zu kommen. Nur für die anderen gibt es im Erdgeschoss auch eine Zelle ohne Türgriff. Obwohl das ganze Haus modernisiert wurde, kann sich der heutige Dienstleiter Olaf Schulz nicht vorstellen, selbst hier zu leben, wo er arbeitet. "Niemals", sagt er. Häftlinge sorgten für sich selbst Früher war hier die Wohnung der Tiemanns. Wo heute ein Besprechungsraum ist, lag einst das Kinderzimmer. Wenn Sven mit seinen Freunden im Garten spielte, konnten ihm bis zu 30 Gefangene dabei zusehen. Die Vorgänger der Tiemanns bauten sogar noch selbst Obst und Gemüse im gefängniseigenen Garten an, ein Selbstversorgerknast war es in den sechziger Jahren. Bei den Tiemanns kochte immer der Häftling für seine Mitgefangenen, der das am besten konnte. "Wir hatten hier viele Seeleute", sagt Dieter Tiemann, "da waren gute Köche darunter." Die Zeiten der sogenannten Gerichtsgefängnisse sind lange vorbei. Bis 1975 gehörte die Cuxhavener Anstalt zum dortigen Amtsgericht. In dem über hundert Jahre alten Gemäuer warteten Tatverdächtige auf ihre Prozesse. Die Untersuchungshäftlinge waren meistens bis zu sechs Monate zu Gast bei den Tiemanns, auch Mörder waren unter ihnen. "Mich hat das nie interessiert", sagt Sven Tiemann, den als kleiner Junge eher das Gitterfenster zur Küche magisch anzog. Dort steckte ihm der jeweils kochende Häftling gerne mal ein paar Bonbons durch.
Sven Tiemann ist in dem Gefängnis aufgewachsen, das sein Vater leitete. Nur eine Schleuse trennte Familie und Verbrecher. Eine prägende Kindheit: Heute ist der Sohn selbst Vollzugsbeamter.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/familienleben-hinter-gittern-unsere-schoenste-zeit-1.9178
"Familienleben hinter Gittern - ""Unsere schönste Zeit"""
00/02/2010
Alles deutet auf Sabotage hin: Mehrere hunderttausend Liter Öl und Benzin sind aus einer Raffinierie in einen Zufluss des Po geflossen. Stecken Bauspekulanten dahinter? Sabotage bei Nacht und Nebel, geheimnistuerische Industrielle und ein Fluss, der im Öl erstickt: Der Fall hat alle Zutaten eines handfesten Umweltskandals. Bis zu 600.000 Liter Öl und Benzin schwimmen im norditalienischen Lambro - und haben mittlerweile den Po erreicht. Nachts um vier Uhr öffnen Unbekannte die Ventile. Millionen Liter Öl ergießen sich aus drei riesigen Tanks der eigentlich stillgelegten Raffinerie nördlich von Mailand. Erst Stunden später wird das Ausmaß der ökologischen Katastrophe deutlich: Auf dem Lambro, einem Po-Zufluss, schwimmt eine klebrige Ölschicht. Diese immer längere "schwarze Welle" droht auch den lebenswichtigen Strom Po zu verseuchen, in den der Lambro mündet. Ein Unfall war es nicht, es war eindeutig Sabotage im Spiel - ein krimineller Akt, der einen Millionenschaden anrichtet. "Der Lambro ist tot", klagen die Anwohner. Übelriechende Luft reizt ihre Atemwege, Enten und andere Vögel sind die ersten Opfer des Öls Feuerwehr, Zivilschutz und Umweltbehörde versuchen in einem angestrengten Wettlauf gegen die Zeit, die Ölflut zu stoppen. Vor allem wollen sie möglichst viel von dem giftigen Gemisch davon abhalten, in den Po zu gelangen. Der Fluss ist die Lebensader norditaliensicher Landwirte. Also musste der in Mailand rasch zusammengetrommelte Krisenstab zuerst zwischen Monza und der norditalienischen Metropole intervenieren und dann vor der Mündung des Flusses in den Po vom Zivilschutz schwimmende Barrieren legen lassen. Niemand glaubt an einen bösen Scherz An einen bösen Scherz glaubt niemand mehr: "Das war ein krimineller Akt", sagt Francesco Leonetti von der regionalen Umweltbehörde Arpa. Sollte sich der Verdacht der Sabotage bestätigen bleibt die Frage nach dem cui bono? Erste Gerüchte werden laut, dass Bauspekulanten Auftraggeber dieses Verbrechens an der Umwelt gewesen sein könnten. "Das ist ein großes Umweltdesaster, Folge eines kriminellen Aktes, aber auch der schuldhaften Nachlässigkeit seitens des Unternehmens", erklärte der Umweltverantwortliche der Region Lombardei, Massimo Ponzoni. Manche vermuten eine Bauspekulation dahinter, es soll um viel Geld gehen. Was genau wollten jene, die die Ventile öffneten? Ging es nur ums Geschäft? "Die Lambro-Region gehört zu den verschmutztesten in Italien, doch in der Nähe dieser Ex-Raffinerie sollte nun eine Art urbane Grünzone entstehen", erklärt die Turiner Zeitung La Stampa den möglichen Hintergrund des Umweltverbrechens. Der Verdacht wird geäußert, dass die Ventile an den Tanks aufgedreht wurden, um dieses "Ecocity Villasanta Monza" genannte Megaprojekt zu treffen. Bei dem Vorhaben gehe es alles in allem um 500 Millionen Euro, wird der Bürgermeister von Villasanta, Emilio Merlo, zitiert. Ein Grund für die Gerüchte ist auch, dass die Verantwortlichen der früheren Raffinerie nur zögernd mit der Wahrheit herausrückten. Damit verschlimmerten sie die Lage weiter: Denn es dauerte Stunden, bis das ganze Ausmaß und die Herkunft der Ölpest etwas klarer wurden. Und die Italiener, in diesen Tagen mehr noch als sonst gebeutelt von Nachrichten über Korruptionsfälle und Geldwäsche im großen Stil, mussten die neue schlechte Nachricht erst einmal verdauen: Ging es auch hier mal wieder nur um Geschäfte? Um das herauszufinden, sind Politik und Justiz gefordert. Zunächst war es jedoch die Stunde von Umweltbehörden und Zivilschutz.
Alles deutet auf Sabotage hin: Mehrere hunderttausend Liter Öl und Benzin sind aus einer Raffinierie in einen Zufluss des Po geflossen. Stecken Bauspekulanten dahinter?
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/oelpest-in-italien-die-schwarze-welle-1.19523
Ölpest in Italien - Die schwarze Welle
00/02/2010
Staatlich geförderter Gruppensex: In ein Wiener Museum ist neben den Bildern von Gustav Klimt ein Swingerclub eingezogen. Nun beschäftigt das provokante Kunstprojekt das Parlament. Wer derzeit Gustav Klimts berühmtem Bilderzyklus Beethovenfries einen Besuch abstatten will, muss an Sadomaso-Utensilien, Gynäkologenstuhl und Fesselgestellen vorbei: In den Ausstellungsgebäuden der Wiener Künstlervereinigung Secession ist ein Swingerclub eingezogen. Das pikante Projekt soll an den Skandal erinnern, den Klimts Werk seinerzeit ausgelöst hatte. Bei den rechtspopulistischen Parteien trifft die Künstlervereinigung immer noch einen Nerv - das österreichische Parlament wird sich mit der staatlich geförderten Kunstinstallation beschäftigen. Hinter dem Projekt steckt der Schweizer Künstler Christoph Büchel, der weltweit für seine Provokationen bekannt ist. Im "Raum für Sexkultur" im Untergeschoss des Museums hat er Séparées mit Leopardenfell-Kissen eingerichtet, SM-Gerätschaften, Fesselgestelle und Gynäkologenstühle herangeschafft. Bis zum 18. April werden hier in erotisch-dekadenter Atmosphäre die Partner getauscht. Während der Swingerclub "Element 6" für seine Kundschaft erst abends öffnet, gibt es tagsüber Einlass für kunstinteressierte Besucher - ab 18 Jahren. Ziel sei, so vielen Menschen wie möglich die Gelegenheit zu geben, ihre Hemmungen zu überwinden, erklärten die Veranstalter. Jeder Besucher der Kunsthalle könne für sich selbst testen, ob die Ausstellung "neue Dimensionen" seiner eigenen Sexualität öffne. "Es gab schon richtig Action" Für Besucher, die eigentlich nur Klimts Meisterwerk bestaunen wollten, ist das harter Tobak. "Ich bin schockiert! Wo bin ich denn hier gelandet?", erregte sich eine ältere Touristin aus Rom kopfschüttelnd. "Ich glaube, das hat eher etwas mit unserem Alter zu tun", sagte hingegen ihre gleichaltrige Reisebegleiterin der Presseagentur dpa. "Junge Leute sehen sowas sicher mit anderen Augen." Tatsächlich erfreute sich der Swingerclub bereits am Eröffnungstag vergangenes Wochenende regen Zulaufs. "Es waren über 100 Leute da, hauptsächlich Stammgäste", sagt Michael H., der den Klub unter einer anderen Adresse seit zweieinhalb Jahren betreibt. "Und es gab schon richtig Action", fügt seine Frau Gabi lächelnd hinzu. Manche Politiker lassen sich für diese Art von Action jedoch nicht erwärmen - zumal die Secession finanzielle Förderungen vom Kulturministerium und der Stadt Wien erhält. Die rechtspopulistische Partei Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) kündigte wegen der Kunstinstallation eine parlamentarische Anfrage an Kulturministerin Claudia Schmied von den Sozialdemokraten (SPÖ) an. "Völlig durchgeknallt" Der Chef der Freiheitlichen Partei (FPÖ), Heinz-Christian Strache, nannte die Finanzierung eines Sexclubs unter dem Deckmantel der Kunst eine "perverse Steuergeldvernichtung". Die Wiener SPÖ sei "völlig durchgeknallt", weil sie öffentlichen Gruppensex unterstütze. Der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), der im Herbst zur Wiederwahl antritt, räumte zwar ein, er habe keine Freude mit dem Swingerclub. Er denke dennoch nicht daran, dem Museum deshalb die Subventionen zu kürzen. Klimts Bilderzyklus, der dem Komponisten Ludwig van Beethoven gewidmet ist, wurde 1902 in der Secession anlässlich der 14. Ausstellung der Vereinigung Bildender Künstler der Secession ausgestellt. Damals war der Zyklus, der als wichtigstes Kunstwerk des Wiener Jugendstils gilt, wegen seiner Frauendarstellungen als obszön und pornographisch verurteilt worden.
Staatlich geförderter Gruppensex: In ein Wiener Museum ist neben den Bildern von Gustav Klimt ein Swingerclub eingezogen. Nun beschäftigt das provokante Kunstprojekt das Parlament.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/swingerclub-im-museum-kunst-zum-anfassen-1.1200
Swingerclub im Museum - Kunst zum Anfassen
00/02/2010
"Präventive Maßnahme": Nach dem Messerangriff auf seine Frau begibt sich US-Schauspieler Charlie Sheen in eine Entzugsklinik - und folgt damit dem Beispiel seiner Frau. Zwei Monate nach dem handgreiflichen Streit mit seiner Frau Brooke Mueller hat US-Schauspieler Charlie Sheen eine Entzugsklinik aufgesucht. Es sei eine "präventive Maßnahme", erklärte der Sprecher des 44-Jährigen, ohne den Grund für die Behandlung näher zu erläutern. Damit folgte der Hollywoodschauspieler dem Beispiel seiner Frau, die sich derzeit ebenfalls behandeln lässt. Aussicht auf Partnerrabatt hat das Paar jedoch nicht - sie werden in getrennten Einrichtungen therapiert. Die Behandlung in der Suchtklinik soll zwei Wochen dauern. Wie der US-Internetdienst Tmz.com berichtete, unterbricht der Schauspieler die Dreharbeiten zu der erfolgreichen Fernsehserie Two and a Half Men. Auch Sheens Frau wird US-Medienberichten zufolge seit kurzem in einem Rehabilitationszentrum für Suchtkranke behandelt. Bis zu drei Jahre Haft Charlie Sheen war Ende Dezember im Nobel-Skiort Aspen festgenommen worden, nachdem seine Frau die Polizei gerufen hatte. Sheen soll Mueller mit einem Messer angegriffen, und mit dem Tode bedroht haben. Der Schauspieler wies die Vorwürfe zurück, wurde jedoch Anfang Februar wegen Körperverletzung angeklagt. Ihm drohen bis zu drei Jahre Haft. Mitte März muss Sheen wieder vor Gericht erscheinen. Sheen und die 32-jährige Mueller sind seit Mai 2008 verheiratet, es ist die dritte Ehe für den Schauspieler. Ihre Zwillingssöhne werden Mitte März ein Jahr alt. In den vergangenen Wochen hatte sich Sheen um den gemeinsamen Nachwuchs gekümmert. Jetzt seien die beiden Kinder in der Obhut von Sheens Mutter, hieß es aus dem Umfeld des Paares.
"Präventive Maßnahme": Nach dem Messerangriff auf seine Frau begibt sich US-Schauspieler Charlie Sheen in eine Entzugsklinik - und folgt damit dem Beispiel seiner Frau.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/charlie-sheen-paartherapie-1.15076
Süddeutsche.de
00/02/2010
In Haitis Notunterkünften kommt es regelmäßig zu Vergewaltigungen. Melanie Brooks vom Hilfswerk Care spricht über sexuelle Gewalt und wie man gegen sie vorbeugen kann. Nach dem Erdbeben in Haiti sind besonders Frauen und Kinder von sexueller Gewalt bedroht. Dadurch steigt auch das Risiko einer HIV-Infektion und ungewollter Schwangerschaften. Haiti hat heute die höchste HIV-Infektionsrate außerhalb von Afrika. Melanie Brooks arbeitet vor Ort für die internationale Hilfsorganisation Care, die traumatisierte Frauen und Mädchen betreut und sich für ihren Schutz einsetzt. SZ: Wie ist die Situation in Haiti? Brooks: Viele Menschen leben immer noch auf der Straße oder in Flüchtlingscamps und sind dadurch vor allem nachts völlig schutzlos. Besonders Frauen und Kinder sind von sexueller Gewalt bedroht. Der Albtraum, den sie beim Erdbeben erlebt haben, geht für sie weiter. SZ: Hat die sexuelle Gewalt seit dem Erdbeben zugenommen? Brooks: Es gibt keine Statistiken, aber Frauen berichten vermehrt von sexuellen Übergriffen. Untereinander warnen sie sich vor besonders gefährlichen Orten. Die Frauen sprechen vom mouvais esprit, dem schlechten Geist. Sie meinen damit aber eine reale Gefahr: Männer, die nachts in den Notunterkünften Frauen und Kinder vergewaltigen. Es gibt dort kein Licht und alle übernachten gemeinsam. Eine Frau erzählte mir, dass in ihrer Familie nie alle gleichzeitig schlafen. Einer hält immer Wache. SZ: Können Frauen die Vergewaltigungen anzeigen? Brooks: Die meisten Polizeistationen sind zerstört. Außerdem fällt es den Frauen schwer, darüber zu sprechen. Sie schämen sich, wissen nicht, an wen sie sich wenden und wem sie trauen können. Zusätzlich zum Erdbeben haben sie ein schweres Trauma erlebt, sind ungewollt schwanger oder haben sich mit HIV oder anderen Krankheiten infiziert. Schon vor dem Erdbeben gab es in Haiti viel Gewalt gegen Frauen. Vergewaltigung gilt in dem Land erst seit 2005 als Straftat. SZ: Wie helfen Sie diesen Frauen? Brooks: Wir bilden Frauen aus, damit sie psychologische und medizinische Hilfe leisten und die Vergewaltigungen anzeigen können. In den Flüchtlingslagern müssen die Frauen informiert werden, damit sie wissen, an wen sie sich wenden können. Wir verteilen auch Nothilfepakete mit Kondomen und Medizin, um das Risiko einer sexuell übertragbaren Infektion zu verringern. Haiti hat eine der höchsten Geburtenraten der Region. Viele Schwangere leben unter katastrophalen hygienischen Bedingungen. Sie wissen nicht, wo sie entbinden sollen, es gibt kaum Krankenhäuser. Viele haben gar nichts - nicht einmal ein Tuch, um das Neugeborene einzuwickeln. SZ: Richten sich Ihre Programme auch an Männer? Brooks: Ja, auf jeden Fall müssen die Männer integriert werden. Das ist sehr wichtig. Die Kampagne soll ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Gewalt gegen Frauen und Kinder zu verurteilen ist. SZ: Wie lässt sich denn derzeit konkret die Gewalt in Haiti verringern? Brooks: Wenn Latrinen in einem Flüchtlingslager für Männer und Frauen in dieselbe Ecke gebaut werden, schafft das ein neues Risiko, missbraucht zu werden. Um das zu vermeiden, müssen die Toiletten gut beleuchtet sein und strikt getrennt werden. Das Gleiche gilt für Orte zum Waschen. Nach dem Erdbeben haben sich viele Frauen auf der Straße gewaschen, im T-Shirt oder mit nacktem Oberkörper. Für ihren Schutz brauchen sie aber abgetrennte Räume. SZ: Wird nach solchen Katastrophen der Schutz von Frauen zu sehr außer Acht gelassen? Brooks: Dem speziellen Schutz von Frauen und Mädchen wurde in solchen Katastrophensituationen nie genug Priorität eingeräumt. Dabei sollte er immer berücksichtigt und in alle Programme integriert werden, sonst verschlimmert sich die Situation. In Haiti waren aber dieses Mal Experten für den Schutz und die Gesundheit von Frauen von Anfang an mit dabei. Das ist eine positive Entwicklung. SZ: Was brauchen die Frauen jetzt am dringendsten? Brooks: Schutz und Unterkünfte. Ende März beginnt die Regenzeit, dann werden die Flüchtlingslager weggeschwemmt. Als es hier in den vergangenen Tagen nur ein wenig geregnet hat, standen sie schon unter Wasser. Unterkünfte sind auch für die Sicherheit der Frauen wichtig. Selbst wenn eine Frau allein dort schläft, ist sie dadurch geschützter, weil man von außen nicht sehen kann, wer dort liegt. Es fehlen aber noch feste Plastikplanen, um ausreichend wasserfeste Häuser zu bauen.
In Haitis Notunterkünften kommt es regelmäßig zu Vergewaltigungen. Melanie Brooks vom Hilfswerk Care spricht über sexuelle Gewalt und wie man gegen sie vorbeugen kann.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/sexuelle-gewalt-in-haiti-der-albtraum-geht-weiter-1.13434
"Sexuelle Gewalt in Haiti - ""Der Albtraum geht weiter"""
00/02/2010
Nach einem Sabotageakt in einer Raffinerie sind zehn Millionen Liter Öl in einen Po-Zufluss gelangt. Der Zivilschutz kämpft gegen den schwarzen Teppich, auf dem bereits tote Enten treiben. Nach einem Sabotageakt in einer norditalienischen Raffinerie bedrohen Millionen Liter Öl den Po. Mit Sperren auf dem Po-Zufluss Lambro südlich von Mailand versuchte der italienische Zivilschutz am Mittwoch, größeren Schaden von der 650 Kilometer langen Wasserader abzuwenden. Etwa zehn Millionen Liter Öl seien am Vortag aus drei Tanks der Raffinerie Lombarda Petroli di Villasanta bei Monza in den Lambro geleitet worden, berichtete der Corriere della Sera. Das entspreche der Ladung von etwa 670 Tanklastwagen. Andere Medien gingen bisher von einem geringeren Ausmaß aus. Nach ersten Polizeiangaben steht zweifelsfrei fest, dass das Öl absichtlich durch Öffnen der Ventile in den Po-Nebenfluss geleitet worden sei. Die Hintergründe der Tat waren zunächst unklar. Deshalb habe das Unternehmen anfangs nur zögernd Alarm geschlagen, heißt es. Die schwarze Masse sei in einer Kläranlage bei Monza bemerkt worden. Schaden für Flora und Fauna Auf dem klebrigen Ölteppich auf der Flussoberfläche treiben bereits tote Enten. Der Schaden unter anderem an Fauna und Flora dürfte in die Millionen gehen, zumal auch die Kläranlage stark beschädigt worden ist, schreibt die Zeitung. Die Mailänder Präfektur hat einen Krisenstab eingerichtet, um möglichst viel Öl noch mit Sperren südlich der norditalienischen Metropole auffangen zu können. "Das ist ein großes Umweltdesaster, Folge eines kriminellen Aktes, aber auch der schuldhaften Nachlässigkeit seitens des Unternehmens", erklärte der Umweltverantwortliche der Region Lombardei, Massimo Ponzoni.
Nach einem Sabotageakt in einer Raffinerie sind zehn Millionen Liter Öl in einen Po-Zufluss gelangt. Der Zivilschutz kämpft gegen den schwarzen Teppich, auf dem bereits tote Enten treiben.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/italien-drohende-naturkatastrophe-oelpest-in-po-ebene-1.15593
Italien: Drohende Naturkatastrophe - Ölpest in Po-Ebene
00/02/2010
Eingeschlossen in 250 Metern Tiefe: Ein Grubenunglück in der Türkei hat 13 Todesopfer gefordert. Es ist das zweite schwere Minenunglück innerhalb weniger Monate. Bei einer Explosion in einem Kohle-Bergwerk im Nordwesten der Türkei sind mindestens 13 Arbeiter ums Leben gekommen. In der Mine nahe der Stadt Dursunbey in der Provinz Balikesir habe sich Methangas entzündet, berichtete die türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Nach der Explosion stürzte ein Schacht des Bergwerks ein. Die Kumpel wurden in einer Tiefe von rund 250 Metern eingeschlossen. Die Behörden hatten zunächst 17 Tote angegeben, korrigierten dies aber später. Von den 18 Verletzten seien mindestens vier in kritischem Zustand, sagte Arbeitsminister Ömer Dincer. Für die Türkei ist es das zweite schwere Grubenunglück innerhalb weniger Monate. Im Dezember waren bei einer Explosion in der Provinz Bursa 19 Bergleute getötet worden. In türkischen Bergwerken kommt es immer wieder zu tödlichen Unfällen, wobei auch Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen und die Verwendung veralteter Arbeitsgeräte beklagt werden. Beim bislang folgenschwersten Bergwerksunglück des Landes kamen 1992 in Zonguldak am Schwarzen Meer 263 Arbeiter ums Leben. Im Video: Bei einer Gasexplosion in einer Kohlemine in der Provinz Balikesir sind mindestens 17 Bergleute ums Leben gekommen. Weitere Videos finden Sie hier
Eingeschlossen in 250 Metern Tiefe: Ein Grubenunglück in der Türkei hat 13 Todesopfer gefordert. Es ist das zweite schwere Minenunglück innerhalb weniger Monate.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/tuerkei-13-bergleute-sterben-bei-explosion-1.23277
Türkei - 13 Bergleute sterben bei Explosion
00/02/2010
Bis heute steht der Name des misshandelten kleinen Kevin für tödliches Versagen der Bremer Behörden. Als Konsequenz will das Land künftig alle toten Kleinkinder obduzieren lassen. Ihm waren buchstäblich fast alle Knochen im Leib gebrochen worden, manche dreimal an derselben Stelle: der Schädel, die Rippen, die Schien- und Wadenbeine und die Oberarme, rechts noch der Unterarm, links das Handgelenk. Mehrere hundert Seiten umfasst der Obduktionsbericht des kleinen Jungen, den Polizisten Ende 2006 in der Kühltruhe seines Vaters in einer Bremer Sozialwohnung gefunden hatten: Kevin. Der Name steht bis heute für tödliches Versagen der Bremer Behörden, für viele Beamte hat er die Politik der Stadt in eine Zeit vor und nach Kevin geteilt. Das jüngste politische Vorhaben etwa, sagt Petra Kodré, Sprecherin im Bremer Sozial- und Gesundheitsamt, "hängt natürlich immer noch mit Kevin zusammen": Die Bremer wollen, dass künftig alle Leichen von Kindern unter sechs Jahren verpflichtend obduziert werden - jedenfalls, "wenn die Todesursache nicht zweifelsfrei erkennbar oder nicht zweifelsfrei bekannt ist". Abwägen zwischen allgemeinem Kindeswohl und Leid der Eltern So steht es im Entwurf, der das Gesetz über das Leichenwesen neu ordnen soll. Doch noch bevor die Bürgerschaft die Änderung beschlossen hat, wird heftig darüber gestritten. Manche behaupten, dass vor Kevin viel zu wenig getan wurde und jetzt viel zu viel. Das Katholische Büro zum Beispiel lehnt die Obduktionspflicht ab - weil sie nur der Strafverfolgung diene, nicht dem Kindeswohl. Schließlich sei das Kind ja schon tot. Kritisch gibt sich auch der Deutsche Kinderschutzbund: "Der Tod eines Kindes ist wohl das Schlimmste, was Eltern passieren kann", sagt undesgeschäftsführerin Paula Honkanen-Schoberth. "In so einer Situation sollte man sie nicht auch noch unter Generalverdacht stellen." Doch gerade in diesem Punkt zeigt sich das Gesundheitsamt hart: "Wir mussten abwägen zwischen dem allgemeinen Kindeswohl und dem individuellen Leid der Eltern", sagt Sprecherin Kodré. Da habe man nicht gezögert, denn gerade Morde an Kindern ließen sich viel zu leicht verschleiern. Die bisherige Regel, die in den meisten Bundesländern gilt, könne dagegen kaum helfen: Demnach wird nur obduziert, wenn Staatsanwaltschaft und Ermittlungsrichter den Auftrag dazu erteilen, zum Beispiel bei Verdacht auf Misshandlung. Es gibt keine genauen Zahlen, aber es gibt Schätzungen: Bis zu 50 Prozent aller Tötungsdelikte in Deutschland bleiben womöglich unerkannt. "Auch bei Kindern gehen wir von einer hohen Dunkelziffer aus", sagt Matthias Graw, Leiter des rechtsmedizinischen Instituts der Ludwig-Maximilians-Universität München, "bei ihnen bleiben nicht-natürliche Todesursachen besonders leicht unentdeckt". Schütteltraumata oder Tod durch Ersticken zum Beispiel ließen sich bei der äußeren Leichenschau kaum feststellen. Auch Misshandlungen seien oft nicht ersichtlich, weil Säuglinge schon durch relativ leichte Gewalteinwirkung sterben können. Graw kann deshalb die Vorbehalte der Kritiker nicht nachvollziehen: "Man kann es auch anders sehen: Die Eltern werden durch die Obduktion von jedem Verdacht befreit", sagt er, zudem könne die Untersuchung bei der Trauerarbeit helfen oder auf Krankheitsrisiken bei Geschwistern hinweisen. So sehen das auch die Verantwortlichen in Bremen. "Gerade wenn weitere Kinder im Haushalt leben, müssen wir die Schuld der Eltern ausschließen", sagt Petra Kodré.Die Obduktion solle keine Abschreckung sein. "Aber in Bremen muss klar sein: Das Kindeswohl wird mit allen Mitteln geschützt." Seit Kevin muss das klar sein.
Bis heute steht der Name des misshandelten kleinen Kevin für tödliches Versagen der Bremer Behörden. Als Konsequenz will das Land künftig alle toten Kleinkinder obduzieren lassen.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/misshandlung-von-kindern-kevins-gesetz-1.13265
Misshandlung von Kindern - Kevins Gesetz
00/02/2010
Bischöfin Käßmann, prominenteste Vertreterin der evangelischen Kirche Deutschlands, hat einen schlimmen Fehler gemacht. Warum sie trotzdem im Amt bleiben sollte. Margot Käßmann, die prominenteste Vertreterin des evangelischen Deutschlands, hat einen schlimmen Fehler gemacht. Wer mit mehr als 1,5 Promille Alkohol im Blut Auto fährt, gefährdet Gesundheit und Leben anderer Menschen. Zu Recht sieht das Gesetz dafür eine empfindliche Strafe vor. Und erst recht sollten Vertreter der Kirchen, die für Wert und Schutz des Lebens eintreten, ein Taxi nehmen, wenn sie zu viel getrunken haben. So weit, so schlecht. Was Margot Käßmann aus den vielen anderen, die diesen Fehler schon gemacht haben, heraushebt, ist, dass sie für viele ein Vorbild ist, weil sie ihr Amt und ihr Leben verknüpft, weil das, was sie predigt, sich aus ihren Erfahrungen speist - der Erfahrung der vierfachen Mutter, der krebskranken, der geschiedenen Frau. Sie hat dadurch etwas Ikonenhaftes bekommen, auch durch die von ihr losgetretene Afghanistandebatte: Margot Käßmann steht für das Gute, Authentische, Moralische, das Bild hatte sich verselbständigt. Nur kann ein Mensch nicht immer gut, authentisch und moralisch sein, eben weil er Mensch ist. So ist nun die Ikone Margot Käßmann zerbrochen, das ohne Tiefe gemalte Bild. Mit lautem Getöse, wegen der Prominenz, der Fallhöhe und weil die Betroffene eine Frau ist. Einem Mann verzeiht man den Alkohol augenzwinkernd. Bei einer Frau fragt man gleich: Hat sie ein Problem mit sich und dem Amt? Margot Käßmann muss bekennen, was sie getan hat, zu der Strafe stehen, die sie erwartet, Reue zeigen, umkehren - das alles sind zutiefst christliche Themen. Im Amt soll sie bleiben: als fehlbares Vorbild. Denn Unfehlbarkeit hat die evangelische Kirche noch nie beansprucht.
Bischöfin Käßmann, prominenteste Vertreterin der evangelischen Kirche Deutschlands, hat einen schlimmen Fehler gemacht. Warum sie trotzdem im Amt bleiben sollte.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/kaessmann-betrunken-am-steuer-fehlbares-vorbild-1.8945
Käßmann betrunken am Steuer - Fehlbares Vorbild
00/02/2010
Alkoholfahrt mit 1,54 Promille, Ermittlungsverfahren eröffnet: Für Bischöfin Margot Käßmann, die Repräsentantin der evangelischen Kirche, wird es eng. Die internen Kritiker formieren sich - und fordern eine Stellungnahme. Alle öffentlichen Termine sind abgesagt. "Auch eine Bischöfin ist keine Heilige, sondern nur ein Mensch, der fehlbar ist." Der frühere bayerische Ministerpräsident und Vizepräses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, Günther Beckstein Vier erwachsene Töchter, eine sympathische Art, krisenerprobt wegen Scheidung und Krebserkrankung - und eine offene Kritik am Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr: So wurde Margot Käßmann zum Jahreswechsel bundesweit bekannt. Die vor vier Monaten zur Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gewählte Bischöfin aus Hannover wurde quasi über Nacht zur umstrittenen Symbolfigur der Protestanten. Und dann das: eine Alkoholfahrt mit ihrem Dienstwagen (VW Phaeton) durch die Innenstadt von Hannover, bei der sie mit 1,54 Promille gestoppt wurde. Das ist ziemlich viel für einen bunten Abend. Und für die Fastenzeit. Schließlich hatte Käßmann noch im vorigen Jahr erklärt: "Fasten bringt eine Chance für einen neuen Blick auf das Leben." Und auf die Frage, worauf sie gerade verzichte: "Ich verzichte auf Alkohol." Und prompt lockt sie alle ihre internen Kritiker aus den Sofamöbeln hervor - jene innerkirchlichen Gegner, denen ihre persönliche Afghanistan-Offensive viel zu weit ging. Die Reformerin mit Charme, die eine rote Ampel überfahren hatte, muss auf einmal um ihren Job kämpfen. Zunächst einmal sind alle in den nächsten Tagen geplanten öffentlichen Auftritte abgesagt. Meldungen, wonach die EKD derzeit über den Verbleib Käßmanns im Amt der Ratsvorsitzenden berät, wollte ein Sprecher am Dienstag in Hannover auf Anfrage nicht kommentieren. Der Bischöfin droht nach der promillehaltigen Autofahrt ein Ermittlungsverfahren wegen Trunkenheit am Steuer. Am Abend wollte der Rat der EKD in einer Telefonkonferenz über den Vorfall beraten. Mit einer Entscheidung über die Zukunft Käßmanns sei aber wohl nicht zu rechnen, erklärte EKD-Sprecher Reinhard Mawick. Führende Protestanten bewerteten den Vorfall unterschiedlich. Katrin Göring-Eckardt, Präses der EKD-Synode, sagte in der Tagesschau, eine Fahrt mit 1,5 Promille sei "nicht akzeptabel". Sie wisse aus Gesprächen mit Käßmann, dass diese von ihrem Fehlverhalten selbst am meisten getroffen sei. Deshalb respektiere sie, dass sich Käßmann jetzt für eine Zeit zurückziehen werde. Sie schätze Käßmanns Arbeit außerordentlich. Blackout unter Dauerstress In der Leipziger Volkszeitung hob der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer den Stress hervor, der mit Käßmanns Amt verbunden sei. Schorlemmer bezeichnete Käßmanns Verhalten als "Blackout, der leider immer wieder Leuten passiert, die in öffentlichen Ämtern unter Dauerstress stehen". Auch die EKD-Ratsvorsitzende stehe in ihrem Amt unter einer enormen Spannung, die sich mit Alkohol abbauen lasse. "Die Häme, die es jetzt geben wird, ist schlimmer als der Strafbefehl", betonte der Theologe. Zugleich bezeichnet er die Alkoholfahrt als Verfehlung, die nicht einfach zu rechtfertigen sei. Daher sei es gut, dass Käßmann zu ihrem Fehler stehe. Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) gab Käßmann in der Kölnischen Rundschau Rückendeckung. Geistliche seien auch nur Menschen, die Heiligkeit der Kirche beziehe sich nicht auf die Heiligkeit der Amtsträger, sagte er. Er bedauere, dass nun so hämisch über die Bischöfin berichtet werde. Der Vorsitzende einer Vereinigung konservativer Protestanten, der Hamburger Pastor Ulrich Rüß, kommentierte die Causa so: "Für Frau Käßmann ist durch die Fahrt mit 1,5 Promille als Bischöfin und Ratsvorsitzende eine besonders schwere und belastende Situation eingetreten. Mitgefühl ist eher angesagt als Häme." Sie wisse um die "Koordinaten der Verantwortung in ihrem Amt und wird für sich aus ihrem Gewissen über mögliche Konsequenzen entscheiden müssen." Käßmann sei nicht nur Privatperson, sondern Landesbischöfin und Ratsvorsitzende der EKD. Sie habe mit ihren Ämtern Vorbildfunktion. "Keiner will und soll den Moralapostel spielen. Aber dennoch gilt: Ihre Glaubwürdigkeit und die Autorität des Amtes sind beschädigt, die Kirche im Ganzen hat Schaden genommen. Das weiß Frau Käßmann, und das weiß auch der Rat der EKD." Käßmann selbst sagte in Bild: "Ich bin über mich selbst erschrocken, dass ich so einen schlimmen Fehler gemacht habe." Sie werde sich "selbstverständlich" den rechtlichen Konsequenzen stellen. Die hannoversche Landesbischöfin hatte das Spitzenamt erst vor vier Monaten vom Berliner Bischof Wolfgang Huber übernommen. Ernste Bewährungsprobe Jetzt kommt früh eine sehr ernste Bewährungsprobe. Die Kritik des Bild-Kolumnisten Hugo Müller-Vogg konnte sie noch abperlen lassen: "Die Friedensbotschaft der Bischöfin zeugt von gutem Willen - aber leider nicht von politischem und strategischem Denken. Denn guter Wille allein schafft keinen Frieden", meinte er zu ihren Afghanistan-Äußerungen. Der Sprecher der Landeskirche, Johannes Neukirch, sagte dem Evangelischen Pressedienst, seit 2008 gebe es kein Disziplinarverfahren mehr in solchen Fällen. Wenn ein Beamter oder eine Beamtin der Landeskirche erstmals mit Alkohol am Steuer gestoppt werde, gebe es in der Regel eine Rüge. "Die Bischöfin wird behandelt wie jede andere Pastorin auch", erläuterte Neukirch. Zunächst wolle man die Ergebnisse der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abwarten. Die Bischöfin muss sich nun auf den Entzug des Führerscheins und eine Geldstrafe von einem Monatsgehalt einstellen. Es sei ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, teilte die Polizei Hannover mit. Dies ist ab einem Wert von 1,1 Promille der Fall. Für Käßmann bedeutet das ein Strafverfahren. Private Schlagzeilen Wie Staatsanwalt Lendeckel erklärte, sei Käßmanns Führerschein beschlagnahmt und die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen worden. Die folgenden Sanktionen hingen unter anderem von den Einlassungen des Verteidigers der Bischöfin ab. Der Prozess um die Alkoholfahrt könne bei Ersttätern in einem schriftlichen Verfahren abgewickelt werden - in dem Fall müsste die Bischöfin nicht vor Gericht erscheinen. Käßmann war im Oktober vergangenen Jahres an die Spitze der EKD gewählt worden und vertritt in diesem Amt 25 Millionen Protestanten. Als hannoversche Landesbischöfin ist sie seit zehn Jahren im Amt. Es ist nicht das erste Mal, dass Käßmanns Privatleben für Schlagzeilen sorgt. Als sie sich 2007 als erste amtierende deutsche Bischöfin von ihrem Mann scheiden ließ, sorgte dies für großes Aufsehen und kontroverse Diskussionen. Nach 26 Ehejahren und vier gemeinsamen Töchtern entschieden sie und ihr Mann sich damals für eine Trennung. Sie selbst bezeichnete dies einmal als einen "unendlich schweren Schritt", den sie aber trotz allem gehen musste. Im Video: Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EDK), Bischöfin Margot Käßmann, ist angeblich mit 1,5 Promille am Steuer erwischt worden. Weitere Videos finden Sie hier
Alkoholfahrt mit 1,54 Promille, Ermittlungsverfahren eröffnet: Für Bischöfin Margot Käßmann, die Repräsentantin der evangelischen Kirche, wird es eng. Die internen Kritiker formieren sich - und fordern eine Stellungnahme. Alle öffentlichen Termine sind abgesagt.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/evangelische-kirche-1-54-promille-kaessmann-muss-um-job-bangen-1.1471
Evangelische Kirche - 1,54 Promille - Käßmann muss um Job bangen
00/02/2010
Beim Zusammenstoß zweier vollbesetzter Busse sind in Peru mindestens 38 Menschen ums Leben gekommen. 60 weitere wurden verletzt. Im Süden des Landes kam es zu zwei weiteren schweren Unfällen. Ein schwarzer Tag auf Perus Straßen: Bei drei schweren Unfällen sind in Peru mindestens 50 Menschen ums Leben gekommen und 60 weitere verletzt worden. Das schwerste Unglück ereignete sich im Norden des südamerikanischen Landes, wo nach Polizeiangaben beim Zusammenstoß von zwei Fernverkehrsbussen 38 Menschen getötet und mehr als 55 weitere zum Teil schwer verletzt wurden. Der Frontalzusammenstoß rund 500 Kilometer nördlich der Hauptstadt Lima sei so heftig gewesen, dass viele der Opfer sofort tot gewesen seien. Wie der örtliche Polizeichef mitteilte, könne die Zahl der Opfer weiter steigen, da es viele Schwerverletzte gebe. Mehrere verletzte und tote Insassen waren noch Stunden nach dem Unfall in den Wracks eingeklemmt. Einige Überlebende berichteten, dass der Fahrer des Busses der Gesellschaft American Express einen Lastwagen überholte. Auf der Gegenspur sei er mit einem Bus des Gesellschaft Crisolito zusammengeprallt. Krankenwagen abgestürzt In der südperuanischen Provinz Huamanga ereignete sich ein weiterer dramatischer Unfall: Ein Krankenwagen kam von der Straße ab und stürzte einen Abgrund hinunter. Laut Polizei hatte der Krankenwagen zwei minderjährige Patienten transportiert. Die beiden Kinder, ein Arzt und zwei weitere Insassen kamen bei den Unfall ums Leben. Bereits in der Nacht zuvor starben sieben Menschen in der Region Cusco in der Nachbarprovinz Quillabamba, als ihr Lastwagen einen 500 Meter tiefen Abgrund hinabstürzte. Peru gilt als Nation mit einer sehr hohen Unfallrate. Im vergangenen Jahr verzeichnete das Land 3500 Verkehrstote, wie aus einen Bericht des peruanischen Zentrums für Straßenverkehrsforschung hervorgeht. Mehr als 5000 Menschen wurden laut Polizeistatistik verletzt.
Beim Zusammenstoß zweier vollbesetzter Busse sind in Peru mindestens 38 Menschen ums Leben gekommen. 60 weitere wurden verletzt. Im Süden des Landes kam es zu zwei weiteren schweren Unfällen.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/peru-38-tote-bei-busunglueck-1.3151
Peru - 38 Tote bei Busunglück
00/02/2010
Heiliger Gral der Comicwelt: Eine seltene Ausgabe des ersten Superman-Comics von 1938 ist für eine Million Dollar versteigert worden. Damals war sie zehn Cent wert. Er schlägt sie immer noch alle: Eine seltene Ausgabe des ersten Superman-Comics hat bei einer Internet-Auktion für die Rekordsumme von einer Million Dollar einen neuen Besitzer gefunden. Bei seinem Erscheinen 1938 wurde das "Action Comic No. 1" über den Helden im blauen Kostüm und roten Cape für zehn Cent verkauft. Auf dem Cover ist der Superheld beim Hochheben eines Auto abgebildet. Es wird vermutet, dass es nur noch etwa 100 Exemplare dieser Ausgabe gibt, die als "Heiliger Gral" der Comics gilt. Bei der Internet-Auktion von ComicConnect.Com waren sowohl Käufer als auch Verkäufer private Liebhaber, die anonym bleiben wollten. Der bisherige "offizielle" Höchstpreis für ein Comic-Heft lag bei 317.000 Dollar - ebenfalls eine Ausgabe des ersten Superman-Comics, die im März 2009 versteigert wurde. Der frühere Eigentümer hatte das Heft Anfang der fünfziger Jahre in einem Secondhand-Buchladen entdeckt und für 35 Cent gekauft. Im privaten Rahmen wechselten Exemplare allerdings auch schon für bis zu 450.000 Dollar den Besitzer, sagte Mark Zaid von der Comic Book Collecting Association. "Wie ein kostbarer Stein" Das jetzt verkaufte Exemplar erzielte auch deshalb einen weit höheren Preis, weil es besonders gut erhalten ist. Auf einer Skala bis 10 wurde es mit 8,0 bewertet - laut ComicConnect erhielten nur zwei von allen noch erhaltenen Exemplaren eine so gute Einschätzung. "Das ist wie ein Diamant oder ein anderer kostbarer Stein", sagte der Comic-Händler John Dolmayan, der im vergangenen Jahr im Kundenauftrag das Exemplar ersteigert hatte. Nur eine Handvoll der noch vorhandenen Hefte sind in einem ähnlich guten Zustand, und dass sie verkauft werden, kommt überaus selten vor. "Die meisten Leute betrachten es als das wichtigste Buch", erklärte Comic-Enthusiast Dolmayan, der die jetzt versteigerte Erstausgabe selbst gern erworben hätte. Die versteigerte Ausgabe sei für mehr als 15 Jahre Teil einer privaten Sammlung gewesen, hieß es bei ComicConnect.Com. Stephen Fishler, Miteigentümer der Website, erklärte, der Verkäufer sei ein bekannter New Yorker. Der Käufer hatte demnach bereits früher einen Action-One-Comic erworben, allerdings sei das Exemplar in einem schlechteren Zustand gewesen. Die Auktion am Montag bezeichnete Fishler als "Meilenstein". Nur alle zwei Jahrzehnte gebe es die Gelegenheit, einen nicht restaurierten Action-One-Comic in so gutem Zustand zu erwerben. Der hohe Preis überraschte allerdings selbst ihn als Kenner. "Es ist atemraubend, die Begriffe 'Comic-Heft' und 'eine Million Dollar' im gleichen Satz zu gebrauchen", sagte Fishler. Ob das Heft den gigantischen Preis wert sei? "Absolut. So etwas ist einmalig", wurde er bei ComicConnect.Com zitiert. Die Superman-Comicfigur wurde in den 1930er Jahren von den beiden US-Teenagern Jerry Siegel und Joe Shuster geschaffen.
Heiliger Gral der Comicwelt: Eine seltene Ausgabe des ersten Superman-Comics von 1938 ist für eine Million Dollar versteigert worden. Damals war sie zehn Cent wert.
panorama
https://www.sueddeutsche.de/panorama/internet-auktion-rekordpreis-fuer-superman-erstausgabe-1.4344
Internet-Auktion - Rekordpreis für Superman-Erstausgabe
00/02/2010
Eisschnellläuferin stürzt im Halbfinale der Teamverfolgung und rettet sich gerade noch ins Ziel. Im Finale sieht Friesinger-Postma ihre Kolleginnen im Hundertstel-Drama. Slapstick-Einlagen und Bauchklatscher im Halbfinale, dann überschwänglicher Gold-Jubel: Trotz eines kuriosen Stolperlaufes von Anni Friesinger-Postma ist der "Deutschland-Express" am Samstag bei den Winterspielen zu Olympia-Gold in der Team-Verfolgung gerauscht. Im letzten Eisschnelllauf-Finale im Olympic Oval siegten die deutschen Damen nach einer furiosen Schlussrunde mit zwei Hundertstelsekunde Vorsprung gegen Japan. Dabei schien im Halbfinale gegen die USA schon alles verloren. Dort war Friesinger 300 Meter vor dem Ziel nach Berührung eines Begrenzungs-Klötzchens gestrauchelt, fand nie wieder ihren Rhythmus, brüllte ihren Gefährtinnen hinterher. 20 Meter vor dem Ziel stürzte sie und schlitterte auf dem Bauch Richtung Ziellinie, dabei machte Friesinger-Postma einige Schwimmbewegungen, um sich nach vorne zu schieben. Auf der Linie streckte sie noch ihren Schlittschuh nach vorne, um die Zeitmessung früher auszulösen. "Das war entscheidend dafür, dass wir das Finale überhaupt erreicht haben", meinte Bundestrainer Markus Eicher später. Wütend trommelte sie danach mit den Fäusten auf das Eis und fluchte - ehe sie die "1" auf der Anzeigetafel entdeckte und doch noch strahlte. "Das war heute ein Auf und Ab - wie im Karussell", meinte Friesinger nach dem Happy End kopfschüttelnd und überglücklich. "Was da abging, kann man gut als Krimi verkaufen", sagte ihre Kollegin Daniela Anschütz-Thoms. Dabei profitierten die Deutschen von einer Schwäche der Amerikanerinnen auf den letzten 100 Metern: Ganze 0,23 Sekunden trennten schließlich im Ziel beide Teams. "So etwas habe ich noch nie erlebt. Dieses Rennen wird in die Geschichte eingehen", meinte DESG-Präsident Gerd Heinze. "Sie hat mir nur gesagt, sie war 'ganz leer', berichtete Friesingers Heimcoach Gianni Romme im TV-Interview. "Wie sie gefinisht hat, war unglaublich. Aber es war natürlich totale Panik. Das Schlimmste, was in der Verfolgung passieren kann, ist wenn man abfällt", erklärte der Niederländer hinzu. Nach diesem Lauf zogen die Verantwortlichen die Konsequenzen und ersetzten die völlig entkräftete 16-malige Weltmeisterin aus Inzell durch die Berlinerin Katrin Mattscherodt, die im Finale an der Seite der beiden Erfurterinnen Daniela Anschütz-Thoms und Stephanie Beckert lief.
Eisschnellläuferin stürzt im Halbfinale der Teamverfolgung und rettet sich gerade noch ins Ziel. Im Finale sieht Friesinger-Postma ihre Kolleginnen im Hundertstel-Drama.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-eisschnelllauf-gold-ohne-schwimmerin-friesinger-postma-1.10511
Olympia: Eisschnelllauf - Gold ohne Schwimmerin Friesinger-Postma
00/02/2010
Tabellenführer Bayer Leverkusen schafft gegen Köln zwar einen neuen Startrekord, dennoch kann der FC Bayern jetzt wieder die alte Hackordnung in der Liga herstellen. Nun war also der FC Köln dran, jener große Nachbar vom Rheinufer mit dem Reichtum an Kultur und Geschichte; ja, mit dem Reichtum an allem, was Leverkusen so fehlt. Nur der Fußball drüben in der Domstadt ist derzeit um so vieles ärmlicher als in Leverkusen, wo sich der ungeschlagene Bundesliga-Tabellenführer dieser Saison zumindest auf dem Fußballplatz mit den Größten der Branche messen darf. "Wir müssen nur geduldig bleiben. Dann werden wir am Ende ziemlich deutlich deutscher Meister", hatte Bayerns Präsident Uli Hoeneß im Rahmen einer Preisverleihung in der vergangenen Woche erklärt. Es war auch eine Stichelei in Richtung Bayer Leverkusen, das in der Tabelle noch immer vor Ligaprimus Bayern steht und diesen Platz doch endlich räumen soll. Tatsächlich kam Leverkusen gegen Köln nicht über ein 0:0 hinaus und könnte trotz eines neuen Startrekords von 24 Spielen ohne Niederlage am Sonntag den Spitzenplatz verlieren. Es ist einem Großteil der Liga inzwischen klar geworden, dass aus dem Überraschungsteam der Hinrunde ein Titelkandidat gereift ist - trotz oder gerade wegen der demonstrativ überheblichen Bemerkungen aus der Fußballhauptstadt München. In Köln haben sie sich deswegen vor dem Rheinderby nicht so recht entscheiden können zwischen Respektsbekundungen und dem rituellen Säbelrasseln, das solche Nachbarschaftsduelle üblicherweise begleitet. FC-Manager Michael Meier sagte: "Leverkusen ist nicht zu vergleichen mit der emotionalen Geladenheit in Köln." Übersetzt heißt das so viel wie: Leverkusen mag ungeschlagen an der Spitze stehen, aber es ist noch immer ein langweiliges Kaff im Vergleich zu unserer aufregenden und aufgeregten Domstadt. Meier sagte aber auch: "Bayer wird ein würdiger Meister." Er hat tatsächlich Bayer gesagt, ohne n am Ende. Ein solches Lob ist angesichts der emotionalen Geladenheit eines solchen Derbys so, als würde Guido Westerwelle einem Sozialhilfeempfänger einen Ferrari gönnen. Respektiert zu werden gibt Selbstvertrauen, eine breite Brust, und mit dieser nahmen die Leverkusener erst einmal das Feld ein. Nimmersatt fielen sie über den Gegner her, sie schienen das letzte bisschen Mut der Kölner gleich in den ersten Minuten regelrecht auffressen zu wollen. Stefan Kießling köpfelte in der fünf Minute über das Tor. Sami Hyypiäs Kopfballs parierte Torwart Faryd Mondragon per Hechtsprung (13.), ob auf oder hinter der Linie konnten selbst die Fernsehbilder nicht eindeutig klären. Lesen Sie weiter auf Seite 2
Tabellenführer Bayer Leverkusen schafft gegen Köln zwar einen neuen Startrekord, dennoch kann der FC Bayern jetzt wieder die alte Hackordnung in der Liga herstellen.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/leverkusen-koeln-0-0-fuer-bayern-1.22169
Leverkusen - Köln - 0:0 für Bayern
00/02/2010
Als erster Italiener nach Alberto Tomba 1988 in Calgary ist Giuliano Razzoli Olympiasieger im Slalom geworden. Der 25-Jährige setzte sich auf dem Dave-Murray-Kurs im Whistler Olympic Park nach zwei Läufen mit 13 Hundertstelsekunden Vorsprung vor dem Kombinations-Zweiten Ivica Kostelic aus Kroatien durch. Bronze holte sich der Schwede Andre Myhrer. Die Ski-Nation Österreich hat bei den Spielen von Vancouver das schlimmste Debakel der Nachkriegsgeschichte erlebt. Die Alpin-Männer verließen Olympia zum ersten Mal ohne eine Medaille und waren damit noch schlechter als bei den Winterspielen 1984 und 1972. In Sarajevo und Sapporo hatten österreichische Ski-Rennläufer immerhin je einmal Bronze gewonnen. Die Frauen haben mit Super-G-Gold durch Andrea Fischbacher, den Bronzemedaillen von Elisabeth Görgl (Abfahrt und Riesenslalom) und Marlies Schilds Slalom-Silber immerhin viermal Edelmetall gewonnen. Für Österreichs Skiverband (ÖSV) war es trotzdem die schlechteste Olympia-Bilanz seit 1994. In Lillehammer gewannen die Wintersportler aus dem Land der Berge jeweils einmal Gold, Silber und Bronze. Die letzte Medaillenchance der Männer vergaben die Slalomläufer am Samstag. Weltmeister Manfred Pranger schied schon im ersten Lauf aus. Topfavorit Reinfried Herbst wurde nur Zehnter, Marcel Hirscher belegte Rang fünf, und für Olympiasieger Benjamin Raich blieb auf dem vierten Platz nur Blech. Felix Neureuther ist im ersten Lauf des Olympia-Slaloms ausgeschieden. Der Partenkirchener verlor am Samstag in Whistler nach guter Zwischenzeit in Rückenlage das Gleichgewicht. "Das trügt ein wenig den guten Gesamteindruck, aber so ist es eben bei der olympischen Achterbahnfahrt", sagte DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier. Neureuther war nach seinem Sturz geknickt, wollte sich aber keine Vorwürfe machen: "Im ersten Moment kann man es gar nicht glauben, dass es vorbei ist. Aber bei Olympia riskiert jeder alles, und das muss man auch, wenn man um eine Medaille mitfahren will. Doch das Leben geht weiter, ich bin ja erst 25", sagte er. Der 25-Jährige galt nach seinem Kitzbühel-Sieg und dem 8. Platz beim Olympia-Riesenslalom als Mitfavorit. Neureuthers Pechserie bei Slalom-Großereignissen setzte sich fort. Bei der Weltmeisterschaft 2009 in Val d'Isère verpasste er als Vierter nur knapp eine Medaille. Zwei Jahre zuvor lag er als Zweiter des ersten Laufs bei der WM in Are/Schweden auf Medaillenkurs und schied dann im zweiten Lauf aus. 2006 hatte er nach zwei "Nullnummern" bei den Olympischen Winterspielen in Turin viel Kritik einstecken müssen. "Sehr schade, für den Felix tut's mir wahnsinnig leid. Na ja, jetzt müssen wir ihn trösten", sagte Mutter Rosi Mittermaier nach dem neuen Rückschlag der ARD. Ausnahmepilot André Lange hat zum Abschluss seiner Erfolgskarriere mit Silber im Viererbob seine fünfte Olympia-Medaille eingefahren. Sechs Tage nach seinem Gold-Coup im kleinen Schlitten landete der Oberhofer am Samstag (Ortszeit) auf dem Hochgeschwindigkeitskurs von Whistler noch auf Platz zwei hinter dem überlegenen Sieger Steven Holcomb (USA). Bronze eroberte der Kanadier Lyndon Rush. Damit verpasste Lange in seinem Abschiedsrennen das erhoffte erneute Double. Thomas Florschütz belegte Rang vier, Karl Angerer fuhr auf Platz sieben. Damit holten die deutschen Kufen-Asse insgesamt zehn Medaillen in der Eisrinne von Whistler. Justyna Kowalczyk hat bei den Olympischen Winterspielen die Goldmedaille im 30 Kilometer-Klassikrennen gewonnen. Die Langläuferin aus Polen setzte sich am Samstag in Whistler vor Marit Björgen durch und verhinderte damit den vierten Olympiasieg der Norwegerin bei den Vancouver-Spielen. Bronze ging an die Finnin Aino-Kaisa Saarinen. Teamsprint-Olympiasiegerin Evi Sachenbacher-Stehle verpasste als Vierte eine weitere Medaille nur knapp. Biathletin Magdalena Neuner wird bei der Schlussfeier der Olympischen Spiele in Vancouver die deutsche Fahne tragen. Die 23-Jährige gewann bei ihrer ersten Olympia-Teilnahme zwei Goldmedaillen und eine Silbermedaille. Die letzte Veranstaltung der 21. Winterspiele findet am Sonntag um 17.30 Uhr Ortszeit (02.30 MEZ) im BC Place statt. Fahnenträger bei der Eröffnungsfeier war Bob-Olympiasieger Andre Lange. "Das ist die Krönung meiner traumhaften Olympischen Spiele. Der Andre Lange hat zu mir gesagt, das sei ein unglaublich schönes Erlebnis. Er war unglaublich stolz. Bei mir wird das genauso sein", sagte die sechsmalige Weltmeisterin aus Wallgau. Für Snowboarder Patrick Bussler war das Achtelfinale des olympischen Parallel-Riesenslaloms Endstation. Der 25-Jährige aus Aschheim bei München unterlag in der ersten K.o.-Runde dem Schweizer Simon Schoch. Im ersten von zwei Läufen gegen den Olympiazweiten von Turin stürzte Bussler, der einzige deutsche Starter am Cypress Mountain. Daraufhin musste er den zweiten Lauf mit 1,5 Sekunden Rückstand aufnehmen und stand auf verlorenem Posten. Bussler riskierte alles, hatte erneut große Probleme und kam mit 22,06 Sekunden Rückstand ins Ziel. In der Qualifikation hatte er den 14. Platz belegt. Damit sind die Athleten des Snowboard Verbandes Deutschland (SVD) in Vancouver ohne Medaille geblieben. Selina Jörg aus Sonthofen erreichte mit Rang vier im Parallel-Riesenslalom die beste Platzierung. Es sollte das Rennen seines Lebens werden, doch Brian McKeever wird es nicht laufen dürfen. Der amtlich für blind erklärte kanadische Langläufer wollte am Sonntag über 50 km an den Start gehen. Nun aber ging eine der bewegendsten Geschichten der Olympischen Winterspiele von Vancouver zu Ende, bevor sie so richtig begonnen hatte. Kanadas norwegischer Langlauf-Trainer Inge Braten lässt den 30 Jahre alten McKeever nicht starten. Das Dilemma für den Coach: Kanada hat vier weitere Langläufer neben McKeever, die sich für Olympia qualifiziert haben - und alle überzeugten im Rennen über 30 km. McKeevers beste Platzierung über die Marathon-Strecke war Rang 21 bei der WM 2007. Doch Braten sagt, es gehe nicht mehr um Top-30-Platzierungen, es gehe um Gold. Beim Ski-Weltverband FIS hatte er einen fünften Startplatz beantragt, doch der Vorstoß hatte keine Aussicht auf Erfolg. "Ich muss das professionell sehen", erklärte Braten, "norwalerweise, und es tut mir leid das sagen zu müssen, sind alle vier schneller als Brian, und ich glaube, dass alle vier um eine Medaille kämpfen können. Soll ich einen von denen rausnehmen und Brian starten lassen?" Die chinesische Shorttrackerin Zhou Yang erhält für ihre beiden Olympiasiege eine besondere Belohnung. Die Eltern der 18-Jährigen, die in Vancouver die 1500 m gewonnen und zudem mit der Staffel Gold geholt hatte, bekommen von der Regierung eine Vier-Zimmer-Wohnung in ihrer Heimatstadt Changchun geschenkt. Das berichtet die staatliche Nachrichtengentur Xinhua. Das 94-Quadratmeter-Appartment soll 300.000 Yuan (32.200 Euro) wert sein. "Das ist eine große Überraschung, die unser Platzproblem löst. Zhou Yang kann jetzt immer bei uns sein, wenn sie nach Hause kommt", sagte Zhous Mutter Wang Shuying. Das Olympia-Wetter zeigt sich zum Kehraus der Winterspiele von seiner ungemütlichen Seite. Am Samstag regnete es in Vancouver aus einem wolkenverhangenen Himmel, die Temperaturen lagen bei 10 Grad. Zum Abschluss am Sonntag sind weitere Niederschläge vorhergesagt. Für Lichtblicke sollen jedoch gelegentliche sonnige Abschnitte sorgen. Bei Temperaturen von 10 Grad am Tag und 7 Grad in der Nacht muss bei der großen finalen Open-Air-Party wenigstens niemand frieren. In Whistler wurden am Samstag leichte Schnee- und Regenschauer im Wechsel erwartet. Die Tagestemperaturen sollten bei 3 Grad liegen. Am Sonntag soll es im Olympia-Bergort wolkig mit sonnigen Abschnitten werden. Die Regenwahrscheinlichkeit liegt bei Werten von 5 Grad Celsius am Tag und 1 Grad in der Nacht bei 30 Prozent. Die Tages-Rekordzahl von 39 000 Passagieren wird am Montag auf dem Flughafen von Vancouver erwartet. Beim Olympia-Kehraus wollen die Verantwortlichen den Massen-Exodus auch mit einem Hilfs-Terminal in den Griff bekommen. Fluggäste werden gebeten, mindestens vier Stunden vor dem Abheben einzuchecken. Der alte Passagierrekord auf dem Vancouver Airport datiert vom August 2008 und steht bei 26 000.
Das Debakel der ÖSV-Skifahrer setzt sich mit dem vierten Platz für Benni Raich im Slalom fort, Felix Neureuther ist traurig, André Lange gewinnt Silber im Viererbob. Olympia kompakt
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-kompakt-15-pleiten-blech-und-pannen-1.23981
Olympia kompakt (15) - Pleiten, Blech und Pannen
00/02/2010
Die Kellerkinder der Fußball-Bundesliga verpassen auch am 24. Spieltag einen Befreiungsschlag, das Rennen gegen den Abstieg ähnelt diesmal einem Schnecken-Wettbewerb. So wird für Hertha BSC die Abstiegsgefahr immer größer. Die Berliner kassierten am Samstag mit 0:2 (0:1) gegen 1899 Hoffenheim bereits ihre 15. Saison-Niederlage und bleiben mit 15 Punkten das "Schlusslicht" der Fußball-Bundesliga. Der 1. FC Nürnberg (18) entführte durch das 0:0 beim VfL Bochum einen Punkt und verbesserte sich zumindest vorübergehend auf Relegationsplatz 16 vor Hannover 96 (17), das am Sonntag den VfL Wolfsburg empfängt. Spitzenreiter Bayer Leverkusen (49) hatte am Samstagabend im Heimspiel gegen den 1. FC Köln die Chance, mit dem 25. Saisonspiel ohne Niederlage einen Liga-Rekord aufzustellen und seine Top-Position zu untermauern. Während Schalke 04 (48) schon am Freitag Borussia Dortmund 2:1 besiegte, trifft Leverkusens Verfolger Bayern München (49) erst am Sonntag auf den Hamburger SV (40). Im Berliner Olympiastadion sorgten Hoffenheims Torjäger Demba Ba (35. Minute) mit seinem fünften und Vedad Ibisevic (90.+2) mit seinem neunten Saisontreffer für das bereits elfte Hertha-Heimspiel ohne Sieg. Die Gastgeber, die nur am ersten Spieltag gegen Hannover 96 (1:0) daheim erfolgreich waren und nun schon seit 18 Spieltagen den letzten Tabellenrang belegen, verpassten damit auch ihr Ziel, das Tabellenende endlich wieder zu verlassen. Der Abstand zu Rang 15 beträgt nun bereits fünf Zähler. Hoffenheim punktete dagegen nach zuletzt vier Auswärtspleiten in Serie wieder dreifach. Hertha-Trainer Friedhelm Funkel sagte: "Das ist eine bittere Niederlage für uns. Das war heute ein Rückschlag, doch der Kampf geht weiter." Der SC Freiburg wartet nach dem 1:1 (0:0) bei Borussia Mönchengladbach auch schon seit zehn Begegnungen auf einen Dreier. Winter-Zugang Papiss Demba Cissé (56.) brachte die Breisgauer zwar in Führung, die Roel Brouwers (73.) aber verdientermaßen für die Borussia egalisieren konnte. "Mit etwas Glück sind wir nicht noch in Rückstand geraten. Dieser eine Punkt ist für uns ein Erfolgserlebnis", sagte Freiburgs Trainer Robin Dutt. Immerhin einen Zähler erkämpfte sich auch der 1. FC Nürnberg beim torlosen Gastspiel in Bochum, verlor aber Torjäger Albert Bunjaku (88./Unsportlichkeit) durch die Gelb-Rote Karte. Der VfL verpasste in einer Partie ohne große Höhepunktezwar den angestrebten Heimsieg, bleibt aber in der Rückrunde weiter unbesiegt. Das Spiel in Bochum wurde indes von einem schweren Zwischenfall erschüttert. Acht Menschen sind verletzt worden, als unmittelbar vor dem Anpfiff im Block der Gäste-Fans bengalische Feuer abgebrannt wurden. Zwei Personen sind schwer verletzt worden. Alle Betroffenen wurden zur Behandlung in umliegende Krankenhäuser eingeliefert. "Das war natürlich unrühmlich. Zwei Menschen haben schwerste Brandverletzungen an den unteren Gliedmaßen erlitten und sind in Spezialkliniken eingeliefert worden. Das ist sehr heftig", sagte Bochums Finanzvorstand Ansgar Schwenken. Laut Schwenken sei Magnesiumpulver abgebrannt worden, das praktisch nicht zu löschen ist. Erbost war der Nürnberger Sportdirektor Martin Bader: "Da fehlt mir jedes Verständnis. Das ist dumm und gefährlich. Jetzt ist etwas passiert, und wir sind dabei. Das wird der Nürnberger Fanszene nicht gerecht. Ich hoffe, dass die Verletzten wieder auf den Damm kommen und die Polizei aussagekräftige Bilder hat." Eine Woche nach seinem "Viererpack" in Köln (5:1) war Cacau für den allmählich Tuchfühlung zu den Europacup-Rängen findenden VfB Stuttgart beim 2:1 (2:1) über Eintracht Frankfurt erneut der Matchwinner. Zwar brachte Benjamin Köhler (39.) die Hessen in Führung, doch mit seinen Saisontreffern sieben und acht (41./45.) drehte Nationalspieler Cacau noch vor der Pause die Partie. Am Ende retteten die Schwaben den knappen Vorsprung über die Zeit. Nur 40 Stunden nach seinem glanzvollen 4:1-Erfolg in der Europa League gegen den FC Twente Enschede gelang Werder Bremen beim FSV Mainz 05 mit 2:1 (1:1) ein wertvoller Arbeitssieg. Die Gastgeber mussten jedoch nach einer umstrittenen Roten Karte für Florian Heller (14./Unsportlichkeit) mehr als 75 Minuten zu zehnt klar kommen. Mainz-Trainer Thomas Tuchel sagte: "Bei der roten Karte gegen Florian Heller saß ich nur fünf Meter davon entfernt und hatte freien Blick. Beide Spieler wären mit der Gelben Karte gut bedient gewesen, das wäre die richtige Entscheidung gewesen." Nach der Werder-Führung durch einen tollen Freistoß von Tim Borowski (32.) schaffte Aristide Bancé (45.) mit dem Pausenpfiff zwar den Ausgleich. Kurz nach Wiederanpfiff traf Sebastian Prödl (50.) aber zum Bremer Erfolg. Für die 05er war es die erste Heimniederlage dieser Saison.
"Aufholjäger" Hertha BSC holt nicht mehr auf, schwere Verletzungen im Nürnberger Fan-Block, VfB-Stürmer Cacau mit Sieben-Tore-Woche. Der Spieltag im Überblick
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-24-spieltag-schnecken-im-keller-1.9259
Bundesliga, 24. Spieltag - Schnecken im Keller
00/02/2010
Die olympische Familiengeschichte begann 1960 mit Tante Heidi in Squaw Valley, von da an war fast immer jemand von der Sippe der Mittermaiers und Neureuthers dabei, und 1976 beide, Mutter Rosi und Vater Christian. Sie holte zweimal Gold und einmal Silber, er wurde Fünfter im Slalom, und vier Jahre später heirateten sie. Das vorerst letzte Kapitel dieser olympischen Familiengeschichte hatte einen Vorlauf: Voriges Jahr, aus Anlass des 60. Geburtstages des Vaters, waren alle zusammen in British Columbia. Die Eltern, beide Kinder, ein paar Freunde. Eine Woche lang ließen sie sich vom Hubschrauber zum Zweck des Tiefschneefahrens auf einsame Gipfel fliegen (der Sohn gesteht, das von den Eltern begeistert betriebene sogenannte Zöpferlflechten sei nicht seine Sache, sondern er bevorzuge im Deep Powder die radikalen Linien), anschließend ließen sie es sich eine Woche im jetzigen Olympiaort Whistler gutgehen, und der junge Neureuther durfte den Olympiaberg frei befahren. Jetzt sind sie wieder da: Vater und Mutter betreuen vom DOSB ausgesuchte Nachwuchssportler, die Tochter jobbt im Deutschen Haus, und der Sohn ist hier, weil er eine Medaille abholen will, diesen Samstag im Spezialslalom. Mutters Rat? "Welchen Rat", fragt ein kanadischer Journalist Felix Neureuther, "hat Ihnen Ihre Mutter für diese Winterspiele mitgegeben?" "Meine Mutter", antwortet der 25-Jährige, "ist eine ganz besondere Person. Was sie bei Olympia 1976 in Innsbruck getan hatte, war ein erstaunlicher Moment nicht nur für sie, sondern für ein ganzes Land." Tatsächlich hatte sie eine Euphorie ausgelöst, die heutzutage kaum nachvollziehbar ist. Vor ihrem dritten Rennen grenzte der Auftrieb in der Axamer Lizum derart nah an eine Massenhysterie, dass die Jodlerin Maria Hellwig, wie Rosi Mittermaier aus Reit im Winkl stammend, zur Entspannung der Situation ein Gratiskonzert vom Balkon runter gab. Solche Details hat Felix Neureuther nicht wissen können, als er seine Mutter fragte: "Wie hast du's damals mit dem Druck gemacht?" Sie habe ihm geantwortet: "Du musst einfach nur den olympischen Moment genießen und darfst nicht zu viel wollen und dich nicht zu sehr unter Druck setzen. Freu dich über das Land, freu dich über Olympia." "So hat sie es gemacht und war erfolgreich damit, und ich versuche das Gleiche", sagt der Sohn. Er musste sich die neue Lockerheit, die er bei seiner erstaunlichen Fahrt auf Platz acht im olympischen Riesenslalom empfand, hart erarbeiten. In den Monaten vor Olympia hat er Phasen durchgestanden, die extrem das Gegenteil von Freiheit und Lockerheit waren. Er bewegte sich in dieser Saison zwischen zwei extremen Polen: Auf dem einen, dem tiefsten Punkt, war er angelangt, als auch die Rennen in Alta Badia schiefgegangen waren für ihn: "Man investiert so viel, und es kommt einfach nix zurück", und er erschrak vor sich selbst, davor, "dass der Sport den Menschen Felix negativ beeinflusste, und ich mich so runterziehen ließ." So sehr, dass er am ersten Weihnachtsfeiertag den traditionellen Familien-Skiausflug bald abbrach: "Ich hatte keine Freude mehr auf Ski." Am anderen, dem höchsten Punkt war er drei Wochen später als Sieger von Kitzbühel angelangt. "Auf solche Augenblicke arbeitet man sein ganzes Leben lang hin. Man kämpft und probiert alles und wird mit einem Sieg beschenkt. Und alle waren da": Ausgerechnet das war eine Familiensache, ausnahmsweise. Denn die Eltern scheuen normal die Anwesenheit bei Rennen ihres Sohnes, vor allem der Vater. Für Kitz hatte ihn der Sohn überredet, so konnten sie diesen Moment teilen an dem Ort, wo Neureuther senior 31 Jahre zuvor erfolgreich war.
Slalom-Mitfavorit Felix Neureuther hat lange unter Erfolgsdruck gelitten, nun kann er Olympia genießen - dank des Sieges von Kitzbühel und der Hilfe seiner sportlichen Familie.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-slalom-der-maenner-harte-arbeit-an-der-lockerheit-1.20900
Olympia: Slalom der Männer - Harte Arbeit an der Lockerheit
00/02/2010
Am Sonntagabend um 21.15 Uhr geht es um alles. Es ist Eishockey-Finale, die 86. von 86 Entscheidungen, Kanada trifft auf die USA - ein Spiel, das sich in der Vorberichterstattung wahlweise den Beinamen "Traumfinale" oder den Beinamen "Hassduell" verdiente. Doch Stand Samstagmittag MEZ kann es sehr gut sein, dass sich der Gewinner dieser Partie nicht nur über die Goldmedaille im olympischen Eishockey-Turnier freuen darf, sondern über einen viel wichtigeren Sieg. Den Sieg im Medaillenspiegel. Dieser Medaillenspiegel ist eine irre Sache. Eigentlich listet er nur die Erfolge der teilnehmenden Länder auf, sortiert ihn erst nach der Zahl der Goldmedaillen, bei etwaigem Gleichstand nach der Zahl der Silber-, dann nach der Zahl der Bronze-Medaillen - doch diese einfache Auflistung entwickelt eine unglaubliche Dynamik. Jeder interessiert sich dafür, die Internet-User googeln so oft nach ihm wie nach Maria Riesch, im Fernsehen ist er noch öfter zu sehen als das ZDF-Bibermaskottchen Vancy. In Russland (Stand Samstagmittag: 11. Platz mit 3 Gold, 5 Silber, 7 Bronze) führte er schon zu einer kleinen Staatskrise, in der Schweiz (6., 6/0/2) zum ersten positiven internationalen Echo seit langem, und zwischen Kanada (1., 10/7/4), Deutschland (2., 9/11/7), den USA (3., 8/13/13) und Norwegen (4., 8/6/6) zu einem spannenden Wettkampf. Ständig wechselte die Führung, ständig schickten die Agenturen neue Eilmeldungen, und neun Entscheidungen vor der Abschlussfeier ist immer noch nichts entschieden. Jeder aus dem Länder-Quartett hat noch diverse Goldanwärter am Start, mithin Chancen auf Rang eins im Medaillenspiegel. Es ist ein herausragendes Verdienst der Winterspiele, diesen Kampf bis zum letzten Tag aufrecht zu erhalten - wie erbärmlich langweilig war das doch 2008 in Peking, als es ja gar nicht darum ging, wer die Nationenwertung gewinnen würde, sondern lediglich darum, ob China in den 302 Wettbewerben nun 40, 50 oder 303 Goldmedaillen zu holen würde. Die Deutschen sind dabei in der besten Position: Denn sollten sie am Ende weniger Gold als die Konkurrenz haben, können alle Funktionäre mit voller Freude auf den ewigen Medaillenspiegel zeigen, in dem Deutschland während der Tage von Vancouver Russland von Platz eins gestoßen hat. Wobei man ehrlicherweise einschränken muss: Nur für die Mitteleuropäer ist der Kampf noch offen, für jeden Nordamerikaner ist er längst entschieden. Denn dort sind für das Nationenranking nicht die Goldmedaillen entscheidend, sondern die Aufaddierungen aller Medaillen. Was zur Folge hat, dass die USA mit ihren 34 Medaillen (Deutschland 27, Kanada 21, Norwegen 20) uneinholbar in Führung liegen. Über die Gründe für diesen Modus zu spekulieren, ist hier kein Platz, sie liefert aber einen guten Impuls, sich über den Medaillenspiegel als solches Gedanken zu machen. Als sich 2006 Deutschland über den ersten Platz freute, schrieb SZ-Leser Manuel K. folgende nachdenkenswerte Zeilen: "Bei vollständig unterschiedlichen Mannschaftsgrößen ist die Zahl der gewonnenen Goldmedaillen ungefähr ein so genaues Maß für die sportliche Leistungsfähigkeit unterschiedlicher Nationen wie die Zahl geleerter Apfelsaftflaschen für die Zahl der Birnbäume am Nil. Ermittelt man die Zahl Goldmedaillen pro Einwohner, ergibt sich ein ganz anderes Bild: Platz 1: Estland (Glückwunsch!) mit drei Goldmedaillen, Platz 2: Österreich (neun) und Platz 3: Schweden (sieben)."
Deutschland kämpft um Platz eins im Medaillenspiegel. Wobei der ja ziemlich interpretierbar ist. Ein Streifzug durch die Nationenwertungen - mit überraschenden Ergebnissen.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-der-medaillenspiegel-milchmedaillenrechnung-1.3432
Olympia: Der Medaillenspiegel - Milchmedaillenrechnung
00/02/2010
Im ersten Moment fand Joachim Löw dieses Ergebnis nicht besonders nützlich, aber er merkte bald, dass ein tieferer Sinn in ihm steckte. Der Sinn bestand weniger darin, dass ein paar Politiker den für schuldig befundenen Bundestrainer Jürgen Klinsmann umgehend vor den Sportausschuss des Deutschen Bundestages zerren wollten - Politiker, deren Namen man damals zurecht nicht kannte und heute zurecht wieder vergessen hat. Der Sinn dieser krachenden 1:4-Niederlage in Italien bestand eher darin, "dass die Mannschaft verstanden hat, warum wir in der WM-Vorbereitung so hart arbeiten mussten", sagt Joachim Löw, der damals noch Assistenztrainer war. Vier Jahre ist dieses inzwischen historische 1:4 jetzt her, und Löw findet, dass dieses Spiel ruhig historisch bleiben darf. Er braucht es nicht noch mal. Damals war es offenbar für etwas gut. Heute wäre es eine Katastrophe. Am kommenden Mittwoch wartet wieder ein prominenter Gegner auf die deutsche Fußball-Nationalmannschaft, und bis vor kurzem hätte man gedacht, dass die Zeiten nicht mehr so sind wie damals. Damals, im Frühjahr 2006, konnte man den Eindruck gewinnen, als sei die Bundesrepublik ausschließlich erfunden worden, um im folgenden Sommer eine Fußball-WM abzuhalten. Alles war politisch, jede Äußerung, jedes Ergebnis, jeder Heimflug von Jürgen Klinsmann. Es wirkte wie eine Erholung, als anschließend der zutiefst unpolitische Löw übernahm, ein Mann, der nichts als Sportlehrer sein will. Nun ist ausgerechnet der Sportlehrer in ein Klima hineingeraten, das die Testpartie gegen Argentinien am Mittwoch zu einem hochpolitischen Spiel gemacht hat. Nachdem der Deutsche Fußball-Bund (DFB) mit Präsident Theo Zwanziger an der Spitze die vollmundig verkündete Vertragsverlängerung mit dem Bundestrainer brüsk platzen ließ, ist aus Löw in der öffentlichen Wahrnehmung ein Bundestrainer auf Abruf geworden. Ein 1:4 gegen Argentinien würde ihn nicht vor den Sportausschuss bringen, aber es würde eine Debatte befeuern, deren Eigendynamik die WM-Vorbereitung schwer belasten würde. "Motivation bei hundert Prozent" Im Schatten der Debatten muss Joachim Löw nun dieses Länderspiel moderieren, und er hat sich fest vorgenommen, wieder den Sportlehrer zu geben. "Für mich spielt die Sache ab sofort keine Rolle mehr", sagt er, "die Geschichte wird mich nicht ablenken, und meine Motivation wird eher noch größer sein." Er macht dann eine kurze Pause und sagt: "Wobei: Die Motivation kann eigentlich gar nicht mehr größer sein. Sie war schon immer bei hundert Prozent." Solche Sätze zeigen, welche Last der DFB seinem Sportlehrer auf die schmalen Schultern gewuchtet hat. Joachim Löw, der eigentlich nur spielen lassen will, muss jetzt plötzlich jedem seiner Worte hinterherhören. Er muss jetzt dauernd überlegen, ob das, was er sagt, trotzig klingt oder ärgerlich oder gar so, als habe er mit dem Job bereits abgeschlossen. Am vergangenen Wochenende, bei der Terminierung der Qualifikationsspiele für die EM 2012, hat er auf die Frage, ob er dann wohl noch Bundestrainer sei, wahrheitsgemäß geantwortet: "Das weiß ich nicht." Lesen Sie weiter auf Seite 2
Im Schatten der Debatten um seine Zukunft bittet Bundestrainer Löw am Mittwoch zum WM-Test gegen Argentinien. Die Spieler erhalten vorher eine Lektion in Krisen-PR.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/debatte-um-bundestrainer-loew-das-darf-kein-alibi-sein-1.18739
"Debatte um Bundestrainer Löw - ""Das darf kein Alibi sein"""
00/02/2010
Amelie Kober und Kristie Moore zeigen, dass Olympia und Schwangerschaft vereinbar sind. Die Namensfindung allerdings sollte bitte nichts mit Sport zu tun haben. Magda Julin, natürlich, wer erinnert sich nicht an Magda Julin? Schwedin, wenn auch geboren in Frankreich, Olympiasiegerin im Eiskunstlaufen. Und zwar überraschende Olympiasiegerin, Mensch, war das eine Sensation, Magda Julin hatte ja noch nie einen Wettkampf gewonnen, bevor sie in Antwerpen siegte, 1920. Damals gab es noch keine Winterspiele, weshalb Eiskunstlaufen während der Sommerspiele ausgetragen wurde, genau wie Eishockey und übrigens auch Tauziehen. Und Magda Julin war so etwas wie eine Pionierin für alle Sport treibenden Frauen: Sie war bei ihrem Sieg im dritten Monat schwanger. Das US-Fachmagazin Glamour hat jetzt wieder an Magda Julin erinnert, schließlich ist es nun einmal an der Zeit, nach all den Themen, die die Winterspiele 2010 von Vancouver aufgeworfen haben, sich endlich einer wirklich wichtigen Frage zu widmen: "Pregnant and competing in the Olympics: Is it safe?" Schwanger und Olympiateilnehmer, ist das sicher? Die Kanadierin Kristie Moore hat kürzlich erzählt, sie sei im sechsten Monat schwanger, was den Sportinformationsdienst (sid) zu der Feststellung veranlasste, Moore habe "einen Olympia-Rekord der besonderen Art aufgestellt", nie sei "eine Sportlerin am Fuße des Olymp schwangerer" gewesen. Kristie Moore ist Curlerin, könnte man nun sagen, bitteschön, Curlerin. Aber das wäre unfair, Curling ist nämlich wesentlich anstrengender als es aussieht, 30 Kilo Druck auf dem Besen, permanent wischen und dabei schnell gehen - "Woo, what a workout!", schreibt die Glamour zu Recht. Schwanger im sechsten Monat, das allerdings sei doch gar nichts, wandte sogleich die schwedische Curlerin Anette Norberg ein, sie habe schon bei einer Weltmeisterschaft gespielt, "da war ich im achten Monat". Die Snowboarderin Amelie Kober hat nun nach ihrem Ausscheiden im Parallel-Slalom auch in die Kameras gesagt, dass sie schwanger ist; und die deutsche Skeleton-Fahrerin Diana Sartor war während Turin 2006 im dritten Monat. Mit ihrem öffentlichen Bekenntnis löste Sartor damals eine ernste Debatte in Deutschland aus, an deren Ende einige Leute forderten, man sollte es Schwangeren verbieten, an Olympischen Spielen teilzunehmen. Sartor sagte erst kürzlich, sie wäre als Schwangere wohl auch in Whistler gefahren. Bevor nun eine erneute Welle der Entrüstung durch das Land geht, sei darauf hingewiesen, dass es noch weitere schwangere Beispiele aus der olympischen Geschichte gibt, woran man erkennen kann, dass schwanger sein und gleichzeitig Olympiateilnehmerin gar nichts Besonderes ist - wenn auch bislang niemand so schwanger war wie Kristie Moore, da hat der sid schon Recht. Die Antwort auf die Eingangsfrage also wäre: Ja, es ist sicher, es ist kein Problem, schwanger bei Olympia zu sein, zumindest im Winter, wo es solche kinderunfreundlichen Sportarten wie Boxen oder Springreiten nicht gibt. Auch Amelie Kober berichtete den Kameras, ihr Arzt habe ihr Grünes Licht gegeben. Bei Curlerin Kristie Moore war das Gesundheitsrisiko sowieso überschaubar, sie hat meistens zugeschaut bei diesen Spielen, sie ist Ersatzfrau. Und was den Namen des Babys angeht, so wird es wohl eher etwas bürgerliches werden. Sich dabei von ihrem Sport inspirieren zu lassen, lehnte sie jedenfalls ab, komisch eigentlich, die genannten Vorschläge klangen doch nicht schlecht: Rock, Skip, oder auch Hammer. Quatchi wäre vielleicht auch noch eine Idee, so heißt eines der Maskottchen der Spiele, aber das wird Kristie Moore schon selbst wissen.
Amelie Kober und Kristie Moore zeigen, dass Olympia und Schwangerschaft vereinbar sind. Die Namensfindung allerdings sollte bitte nichts mit Sport zu tun haben.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/werdende-muetter-bei-olympia-schneller-hoeher-schwanger-1.6956
Werdende Mütter bei Olympia - Schneller, höher, schwanger
00/02/2010
"Buckel in der Bahn", "Fehler in der Fünf": Bobfahren ist gefährlich, zumindest in Kanada. Das verlangt nicht nur den Piloten alles ab - sondern auch dem Fernsehzuschauer. Gerade noch huschten die Biathleten bei der ARD durch "den dichten Flockenwirbel", schon führt uns die lustige Zwischenmoderatorin Valeska Homburg zur gefährlichsten Bahn der Welt - dem Eiskanal im Whistler Sliding Center. Fünf Teams wollen da gar nicht erst mitfahren beim ersten Lauf des Vierer-Bob, verkündet Homburg aufgeregt. Kurve elf, Kurve zwölf und dann die 13. Die Fifty-Fifty, die so heißt, weil sie in den Anfangstagen der Bahn nur die Hälfte der Teilnehmer ohne Sturz überstand. Kaum ein Wort nutzt Kommentator Eik Galley an diesem Abend öfter. Fifty-Fifty - das soll für die wohlig-teilnahmslose Angst sorgen, die nur das Fernsehen vermitteln kann. "Hier, wo sich der Kanadier zwei Mal überschlug", "rein in die Elf", und "wieder die Fifty-Fifty, wo es den Bob direkt an die Wand nagelt" und jetzt 153,4 Stundenkilometer. So leicht lässt es sich bei dieser Kurverei in Rage reden, auch wenn eigentlich nicht viel passiert. Zunächst. Bob USA I mit dem Piloten Steven Holcomb - das war der mit den 153,4 Stundenkilometern - hat jedenfalls alle Schwierigkeiten mühelos gemeistert und gleich mit 50,89 Sekunden eine Bestzeit vorgelegt, die von keinem der weiteren Teams im ersten Lauf getoppt werden kann. Auch Deutschlands Bob-Hoffnung, André Lange, der sein fünftes Olympiagold holen möchte und dessen Fahrten im Vierer-Bob von der ARD zum "letzten Kampf einer Legende" verklärt werden, bleibt im ersten Lauf 25 Hundertstel zurück. Genauso wie der Bob von Thomas Florschütz, der, so behelligt uns der Moderator, "es immer krachen lassen will". Immerhin erfahren wir in der Zwischeneinspielung von Langes Kollegen Kevin Kuske, dass es bei André Lange noch Reserven gibt. Für den zweiten Lauf. Doch dann schiebt sich auch noch Bob Kanada I zwischen die USA und Deutschland: Rush Lyndon ist zwei Hundertstel schneller als André Lange. So ist es im Eiskanal: Während im Startbereich einige Athleten mit "ideomotorischen Kopffahrten" die Rennen zunächst noch im Geiste durchgehen, huschen die Bobs realiter in einem Höllentempo durch die Kurven. Es schrappt und rumpelt, und die Teamfahrer verbergen sich unter ihrem Helm, nachdem sie in vier bis fünf Sekunden den Bob den Berg hinunter beschleunigen. Bobfahren ist ein Materialsport. Kommentator Galley senkt die Stimme. "Die Russen, das wird jetzt ein Fingerzeig". "Fehler in der Fünf, nimmt den Buckel mit, der da so gefährlich in der Bahn steht." Am Ende heißt es Platz acht für Dmitrij Abramowitsch, Pilot im Bob Russland I. Und gleich erneut die Russen. Wieder senkt Galley die Stimme: "4,78 Sekunden - für sie kein guter Start." Es geht auch nicht gut weiter für den Piloten Alexander Subkow: Der Bob stürzt um, "Schürfwunden auf dem Rücken inklusive" - aber "sie bewegen sich alle vier", ruft der Moderator erregt. "Was ist los, was ist da passiert?" fragt er sich. "Alexander Subkow. Das wird er als Demütigung wahrnehmen. Subkow, der so ein toller Pilot ist. Kopfüber ins Ziel. Ojeoje. Alexander Zubkow. Mannomann! ER würde sich am liebsten ins Eis eindrehen und verschwinden." Bobfahren ist ein harter Sport - klar. Und die Bahnreiniger müssen ran. Es schneit stark. Sie haben Besen und fegen wie Curler in Zeitlupe. Lesen Sie auf Seite 2, warum es keinen Olympiasieger im Vierer-Bob geben sollte
"Buckel in der Bahn", "Fehler in der Fünf": Bobfahren ist gefährlich, zumindest in Kanada. Das verlangt nicht nur den Piloten alles ab - sondern auch dem Fernsehzuschauer.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/tv-ereignis-olympia-14-mannomann-und-ojeoje-1.6928
TV-Ereignis Olympia (14) - Mannomann und Ojeoje
00/02/2010
"Wir haben keine Lobby": Nach dem 2:1 im Revierderby gegen Dortmund setzt Schalke-Trainer Felix Magath auf die Allein-gegen-alle-Taktik und sorgt für einen Eklat im TV-Studio. Eine Mixed-Zone ist nicht gerade das, was man einen besinnlichen Ort nennt. Das ist auf Schalke nicht anders, auch wenn sich die Fläche, auf der sich Fußballer und Journalisten nach einem Spiel zum Gespräch begegnen, unmittelbar neben der stadioneigenen Kapelle befindet. Aufgeregt und laut ging es dort auch am Freitagabend wieder zu, und doch hat man irgendwann eine Stimme sehr deutlich vernehmen können. Weil sie noch lauter war als alle anderen. Felix Magath stand dort, nachdem er den üblichen Marathon-Interview nach Spielschluss hinter sich gebracht hatte. Doch entspannt war der Schalker Trainer noch längst nicht. Er klagte zwei Journalisten lautstark sein Leid von seinem Besuch beim TV-Sender Sky unmittelbar nach dem Abpfiff: "Ich habe mich richtig über den Sieg gefreut, war positiv gestimmt - und dann kommt das. Nur Foul und noch mal Foul zeigen die und sonst nichts." Im Fernsehstudio waren ihm Szenen eines Vergehens von Ivan Rakitic im eigenen Strafraum präsentiert worden. Das Foul zog einen Elfmeter und das 0:1 durch Nuri Sahin (47.) nach sich. Erdulden musste Magath gleich darauf Bilder eines Schubsers von Schalke-Stürmers Kevin Kuranyi gegen Mats Hummels, der daraufhin eine Faust seines Keepers Roman Weidenfeller ins Gesicht bekam und nicht weitermachen konnte (82.). Das war für Magath mehr, als er in diesem Moment ertragen konnte. Er stapfte wütend aus dem Studio. Statt dieser Bilder, fand der Trainer, hätte man ihn, den Gewinner, zwischendurch ruhig mal mit Erfreulicherem konfrontieren können. Mit dem Schalker Siegtreffer zum Beispiel, den Rakitic mit einem wunderbaren und für BVB-Keeper Roman Weidenfeller unhaltbaren 20-Meter-Schlenzer erzielte (83.). Auch das Kopfballtor von Benjamin Höwedes zum 1:1-Ausgleich (66.) hätte er viel lieber gesehen. Die Ursache dafür, dass er jedoch die eher unglücklich-destruktiven Aktionen seiner Spieler serviert bekam, glaubt Magath, der ja erst seit dem Sommer auf Schalke tätig ist, längst erkannt zu haben: "Wer hat mehr Lobby? Schalke hat keine, das ist eben so. Wir haben die meisten Fans, aber wir haben keine Lobby." Die Frage, was seiner Meinung nach wohl geschehen wäre, wenn stattdessen der BVB gesiegt und sich anschließend des Vorwurfs einer überarten Gangart hätte erwehren müssen, musste der Trainer da gar nicht mehr vorbringen. Die hatte er gestellt, ohne sie auszusprechen. "Wir gegen den Rest der Welt" Magaths Zorn aufgrund der Szenenauswahl mag verständlich, sein später daraus abgeleiteter Vorwurf überzogen wirken. Doch man sollte sich nicht täuschen: Es ist durchaus möglich, dass der clevere Taktiker die angeblich nicht vorhandene öffentliche Wertschätzung für seine Zwecke instrumentalisiert. "Wir gegen den Rest der Welt", so lautet das Konzept, mit dem sich schon andere Mannschaften eingeschworen und es dann weit gebracht haben. Der Meister dieser Wagenburg-Mentalität ist Otto Rehhagel - und der hat bekanntlich manchen Titel gewonnen. Von der Meisterschaft allerdings würde Magath öffentlich nie sprechen. Er ist bekanntlich ein Mann des Understatement und betont immerzu, seine Mannschaft sei noch nicht so weit. Diesmal stellte er fest: "Wir haben offenbar wieder das Gegentor gebraucht." Ebenso wie die Fähigkeiten seiner Mannschaft setzt er auch Saisonziele gern möglichst niedrig an. Wenn es nun also auch noch am nötigen Respekt eines Fernsehsenders fehlt, dann kann es ja nichts werden mit dem Titel. Der Vollständigkeit halber sei allerdings erwähnt: Schalke liegt vor den Spielen am Samstag und am Sonntag nur einen Punkt hinter Spitzenreiter Leverkusen und dem FC Bayern zurück, der Plan von der Meisterschaft mit den Gelsenkirchenern kann noch immer aufgehen. Vielleicht braucht es dafür gelegentlich abwegig wirkende Vorwürfe.
"Wir haben keine Lobby": Nach dem 2:1 im Revierderby gegen Dortmund setzt Schalke-Trainer Felix Magath auf die Allein-gegen-alle-Taktik und sorgt für einen Eklat im TV-Studio.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/schalke-besiegt-dortmund-magath-in-der-wagenburg-1.8910
Schalke besiegt Dortmund - Magath in der Wagenburg
00/02/2010
Maria Riesch gewinnt auch im Slalom Gold. Eine Sportlerin zwischen der Freude über den Sieg, dem Trost für die gestürzte Schwester und dem Stress einer Doppel-Olympiasiegerin. Es ist immer ein Schauspiel im Deutschen Haus, wenn die Medaillengewinner kommen und sich aufs Podest setzen, um Fragen zu beantworten, noch mal, als gäbe es wirklich etwas, das sie noch nicht erzählt hätten. Bei manchen ist das Schauspiel größer, bei manchen nicht so groß, zum Beispiel bei den weiblichen Rodlern, was wohl daran liegt, dass es seit Jahrzehnten zum olympischen Programm gehört, dass die deutschen Rodlerinnen mit Medaillen herumlaufen. Zu denjenigen, bei denen mehr los ist, gehört zum Beispiel die Biathletin Magdalena Neuner - oder auch die Skirennfahrerin Maria Riesch. Letztere kam am Donnerstagabend um kurz nach halb neun, um den Hals zwei Goldene, die eine von der Super-Kombination, und die andere vom Slalom, die ganz frisch gewonnene. Im Grunde geht dann alles immer recht schnell, Maria Riesch stellt sich auf, die Fotografen auch, sie rufen, kommandieren, Maria hier drüben, Maria hier oben, die Medaille küssen bitte, einmal reinbeißen bitte, und was sollen sie auch sonst tun, so ist ja ihr Job. Maria Riesch ist ein Profi in solchen Momenten, sie gehorcht und sieht auf Kommando locker aus, ungestresst irgendwie, und dann kommen die Fragen. Die am liebsten gestellte Frage deutscher Reporter nach Goldmedaillen ist die, was die Medaille nun für den deutschen Sport bedeutet, dicht gefolgt von der, wie das sei, sich in die Reihe der großen Ahnen einzureihen. Als dann auch noch ein Interviewer des US-Fernsehsenders CNN nach Katja Seizinger und Rosi Mittermaier fragte, drehte sich Maria Riesch kurz zur Seite, atmete tief durch, und dann entfuhr es ihr einfach: "I konn nimmer." Aber so ist das nun mal als Doppel-Olympiasiegerin, "es ist schon stressig", sagt Maria Riesch. Dann lächelt sie, "mit zwei Goldmedaillen in der Tasche ist es aber schon viel leichter". Zwei Goldmedaillen, Maria Riesch ist die erfolgreichste Skirennfahrerin dieser Winterspiele von Vancouver, "da fehlen mir ehrlich gesagt die Worte", hatte sie gleich nach dem Rennen gesagt. Und was war das für ein Rennen: Es schneite permanent in Whistler Creekside, aber es war auch nicht richtig kalt, deshalb war der Schnee nass, zu nass eigentlich, so dass sich Spuren an den Toren bildeten, "das mag ich gar nicht", sagt Maria Riesch. Sie fuhr Bestzeit im ersten Lauf, im zweiten aber schied dann erst ihre Schwester Susanne aus, an vierter Position gestartet und nun mit Bestzeit unterwegs, danach fuhr die drittplatzierte Österreicherin Marlies Schild eine Zeit, die plötzlich alles in Frage stellte für Maria Riesch.
Maria Riesch gewinnt auch im Slalom Gold. Eine Sportlerin zwischen der Freude über den Sieg, dem Trost für die gestürzte Schwester und dem Stress einer Doppel-Olympiasiegerin.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-maria-riesch-die-ski-koenigin-von-whistler-1.14420
Olympia: Maria Riesch - Die Ski-Königin von Whistler
00/02/2010
Die Siegerin kam aus der Nebelwand. Und es war die Siegerin, die erwartet worden war, die aber eine ungemeine Nervenstärke beweisen musste, um ihrer Favoritenrolle gerecht zu werden: Schon nach dem ersten Lauf hatte Maria Riesch geführt, sie hatte einige Stunden nachdenken dürfen über diese Führung und dann doch Form und Fassung bewahrt, um ihren Vorsprung im dichten Schneetreiben ins Ziel zu bringen. Vor der Österreicherin Marlies Schild, die eine scharfe Attacke gefahren war in diesem zweiten Durchgang, vor der Tschechin Sarka Zahrobska, die von Platz zwei auf drei zurückgefallen war. 25 Jahre ist Maria Riesch jetzt und sie besitzt bereits einen Ehrenplatz unter den deutschen Alpinen: Nach Rosi Mittermaier (1976 in Innsbruck) und nach Katja Seizinger (1998 in Nagano) ist sie die Dritte aus dem Deutschen Skiverband, die bei Olympia zwei Mal Gold gewinnen konnte. Bei Sonne hatte sie zuvor die Super-Kombination gewonnen, bei Nebel und Schneetreiben lag sie am Freitag im Slalom vorne. Exzellenter erster Lauf Die Voraussetzungen für ihre zweite Olympia-Medaille hatte Maria Riesch im ersten Lauf geschaffen. Früh, mit Startnummer 5, hatte sie sich hinaus aus dem Starthäuschen katapultiert und trotz diffuser Sicht im Schneetreiben eine klare Linie gefunden. Sie präsentierte einen konstanten Lauf, ohne Hektik, ohne Fehler. Rotes Tor, blaues Tor, rotes Tor, blaues Tor - Zieldurchfahrt, 50,75 Sekunden, Bestzeit. Deutlich schneller auch als Susanne Riesch, ihre Schwester, die in dieser Saison zu einer Konkurrentin um die Podiumsplätze mit der schönsten Aussicht geworden war. Aber Susanne Riesch zeigte kleine Unsicherheiten, die sich summierten (im zweiten Lauf fädelte sie ein, schied aus und weinte danach bitterlich an der Schulter ihrer Schwester); Maria stieg souverän wie in einem Training in dieses Rennen ein. Als Mathias Berthold, der Frauen-Cheftrainer, kurz vor dem Slalom gefragt wurde, wie viel er zur ersten Goldmedaille von Maria Riesch, jener in der Super-Kombination, beigetragen habe, gab er selbstlos zur Antwort: "Bei Maria ist das egal, da kannst du auch einen Hausmeister hinstellen, die fährt trotzdem gut Ski. Wobei ich Hausmeister jetzt nicht abwerten will." Nichts also gegen Hausmeister, und auch nichts gegen Schneemänner (und Schneefrauen). Immer mehr Schneemänner (und Schneefrauen) standen am Streckenrand, während die Attacken der Konkurrenz vom Flockenwirbel ausgebremst wurden. Aus dem Zielraum heraus sah Maria Riesch, wie die Angriffe auf ihre Bestzeit scheiterten - auch jener ihrer Freundin und Rivalin Lindsey Vonn. Deren olympischer Auftritt ging mit einem Einfädler zu Ende. Es sollten ihre Spiele werden, so war es geplant, und ihre Geschichten haben die Tage in Kanada geprägt: mit einer Schuhrandprellung war die US-Amerikanerin angereist, trotzdem dominierte sie die Abfahrt, stürzte im Slalom der Kombination, musste sich mit Super-G-Bronze bescheiden, ehe sie im Riesenslalom in den Fangnetzen landete. Diagnose: Bruch des Fingers der linken Hand. Und jetzt, am Freitag, warf Maria Riesch die Hand vor den Mund, als sie von unten sah, wie Lindsey Vonn im Fähnchen-Parcours erneut die Orientierung verlor.
Wie vor ihr Rosi Mittermaier und Katja Seizinger gewinnt Maria Riesch zwei Goldmedaillen bei Olympischen Winterspielen. Schwester Susanne weint dagegen bittere Tränen.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-slalom-der-frauen-gold-slalom-im-nebel-1.5340
Olympia: Slalom der Frauen - Gold-Slalom im Nebel
00/02/2010
Dortmund schien im Pottgipfel gegen Schalke alles im Griff zu haben, doch dann dreht die Magath-Elf durch Tore von Höwedes und Rakitic die Partie und siegt mit 2:1. Vom Ruhrpottderby ist die Rede, wenn sich zwei Fußballmannschaften duellieren, deren Fans - die einen orthodox gelbschwarz, die anderen blauweiß - ihren Verein fast religiös verehren und den Glauben der anderen für das größte Übel auf Erden halten. Zum 135. Mal trafen sich am Freitagabend Schalke 04 und Borussia Dortmund zur lokalen Rangelei, und diesmal war der Reviergipfel noch etwas würziger als sonst. Noch im Hinterkopf waren die rauen Kampfhandlungen des Hinspiels (1:0 für Schalke), zudem haben sich beide Vereine wieder im oberen Tabellensegment der Bundesliga etabliert. Insofern hatte es große Bedeutung für den Kampf um internationale Startrechte, dass 61670 Zuschauer ein glückliches 2:1 (0:0) für die Gastgeber erlebten. Der Tabellendritte Schalke rückte dem Spitzenduo aus Leverkusen und München damit dicht auf die Pelle, Dortmund (5.) verlor im Jahr des 100.Klubjubiläums auch das zweite Pottderby. Dabei hatte Nuri Sahin den BVB mit einem strammen Elfmeter in Führung brachte (47./siehe Foto: Foul Rakitic an Valdez). Schalke-Verteidiger Benedikt Höwedes glich per Kopf aus, nach Freistoßflanke von Schmitz (66.). Sieben Minuten vor Schluss waren dann die blauen Glaubensbrüder beinahe besinnungslos vor Freude: Dortmunds jungem Mittelfeldmotor Sven Bender sprang der Ball vom Fuß, Schalkes Edu leitete weiter zu Ivan Rakitic, und der Kroate schlenzte die Kugel so feinfühlig aus 20 Metern ins Tor, dass sogar BVB-Trainer Jürgen Klopp ("Mindestens Tor des Monats!") respektvoll die Unterlippe nach vorne wölbte (83.). "Ich übe das ständig im Training, heute hat es geklappt. Sowas Schönes habe ich noch nie erlebt", sagte Rakitic zu seinem Sonntagsschuss. Klopp stöhnte: "Uns ist das Herz nach der Führung in die Hose gerutscht." In der eher pazifistisch geführten ersten Halbzeit passierte wenig in beiden Strafräumen, abgesehen von einem Foul des Schalker Höwedes an Blaszczykowski, das bereits mit Strafstoß hätte geahndet werden können (11.). Den anfangs niedrigen Feinkostfaktor der Partie, mit nur wenigen Torszenen, machte die intensive, dramaturgisch packende zweite Hälfte wett.
Dortmund schien im Pottgipfel gegen Schalke alles im Griff zu haben, doch dann dreht die Magath-Elf durch Tore von Höwedes und Rakitic die Partie und siegt mit 2:1.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/spielbericht-s04-bvb-schalke-rueckt-naeher-1.1940
Spielbericht S04-BVB - Schalke rückt näher
00/02/2010
Die Affäre um sexuelle Belästigungen im DFB-Schiedsrichterwesen nimmt offenbar eine Wendung. Am Donnerstag meldete sich nach SZ-Informationen ein Referee bei DFB-Justitiar Jörg Englisch und Personalchef Stefan Hans, der einen Annäherungsversuch nach einem Drittliga-Spiel am 13. Mai 2009 zu Protokoll gegeben haben soll. Der Übergriff soll durch einen Kollegen aus einem anderen Gespann erfolgt sein, das nach einem Bundesligaspiel im selben Hotel einquartiert war. Bei der nun belasteten Person soll es sich um einen Referee handeln, der auch in die laufende Affäre um den zurückgetretenen Schiedsrichterfunktionär Manfred Amerell involviert sei. Amerell spielt in dem neuen Vorfall keine Rolle. Der DFB dementierte den Sachverhalt auf SZ-Anfrage am Freitag nicht. Er reagierte ausweichend. "Wir können uns zu solchen Fragen prinzipiell nicht äußern, weil wir aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und der Diskretion unsere internen Telefongespräche grundsätzlich vertraulich behandeln", sagte ein Sprecher auf die Frage, ob es eine Telefonkonferenz mit dem neuen Beschwerdeführer gab. Ob sich die Beschwerde gegen einen Bundesliga-Referee richte, ließ der DFB gleichfalls unbeantwortet. Irritierend wirkt der Hinweis auf den Persönlichkeitsschutz bei dieser generellen Frage zum Sachverhalt. Zumal der DFB selbst in der Causa Amerell vielfach öffentlich erklärte, es gäbe zahlreiche Referees, die Amerell belasteten. Gäbe es jetzt eine neue Anschuldigung, könnte auch ein neues Verfahren notwendig werden. Die Frage, ob es ein solches Verfahren gibt, ließ der Verband offen. Die Amerell-Affäre hatte ein gleichgelagerter Vorfall ausgelöst. Am 17. Dezember hatte Fifa-Referee Michael Kempter bei Schiedsrichterchef Volker Roth sexuelle Belästigungen durch Amerell beklagt. Der DFB geriet in der Folge unter Druck, weil Roth den Vorgang erst gar nicht, Verbandschef Theo Zwanziger ihn später schleppend behandelt hatte. Nach Öffentlichwerden der Causa am 10. Februar setzte der DFB Anhörungen an. Dabei, so Zwanziger, sollen immer mehr Referees Belästigungen durch Amerell bezeugt haben. Als dieser am 12. Februar zurücktrat, schloss der DFB die Akte. Amerell, dem der DFB Akteneinsicht verwehrt, klagt vor dem Münchner Landgericht gegen die Vorwürfe des DFB. Am 4. März wird dort verhandelt. Amerells Anwalt Jürgen Langer wollte die neuen Anschuldigungen, die nicht auf seinen Mandanten zielen, weder bestätigen noch dementieren. Ob er in Kontakt mit dem neuen Zeugen stünde, ließ er offen. "Unsere Linie bleibt, dass wir am Donnerstag vor dem Münchner Landgericht die Wahrheit auf den Tisch bringen", sagte er. Und, im Hinblick auf den neuen Vorgang: "Mit Spannung beobachten wir, ob der DFB mit dem Sachverhalt ähnlich verkehrt umgeht wie bei Manfred Amerell." Am Dienstag hatte der DFB für Kempter in Frankfurt eine Reihe von Interviews organisiert, bei denen der 27-Jährige erstmals öffentlich Anschuldigungen erhob.
Der DFB-Schiedsrichter-Affäre droht eine Ausweitung: Nach SZ-Informationen gab es auch in der 3. Liga einen Annäherungsversuch.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/dfb-schiedsrichter-affaere-dfb-verweist-auf-personenschutz-1.23400
DFB: Schiedsrichter-Affäre - DFB verweist auf Personenschutz
00/02/2010
S, N, S, N, S, N - so lautet in der schlichten Eleganz der Fußballstatistik die Bilanz des Zweitligisten TSV 1860 aus den vergangenen sechs Spielen: Nach dem 1:3 in Paderborn vom Freitagabend stehen in schöner Regelmäßigkeit Sieg, Niederlage, Sieg, Niederlage, Sieg und Niederlage zu Buche. Das ist auch eine Serie - aber nicht so eine, die die Löwen nach dem 3:2 gegen Aachen am vergangenen Wochenende gerne gestartet hätten. Der Ausflug mit dem ICE nach Ostwestfalen misslang ihnen völlig: Auf tiefen, matschigem Geläuf mangelte es 1860 bei Dauerregen nicht nur am kämpferischen Einsatz. In der Defensive fehlten Organisation und Konsequenz, im Spielaufbau Ideen und Präzision. Die Warnungen des Trainers Ewald Lienen vor dem schnellen Konterspiel der Paderborner und ihrem quirligen Stürmer Mahir Saglik verhallten unbeachtet. Ludwigs fünfte gelbe Karte Das Ansinnen der Münchner, sich selbst auf Defensive und Konter zu beschränken und den Zweitliga-Aufsteiger so seiner Stärken zu berauben, machte 1860-Innenverteidiger Mathieu Beda schon nach acht Minuten hinfällig. Nach einem langen Schlag zupfte er im Strafraum am Trikot des Paderborner Angreifers Frank Löning herum; Schiedsrichter Daniel Siebert bestrafte Beda mit einer gelben Karte und entschied auf Foulelfmeter, den Saglik zum 1:0 nutzte. Der vom VfL Wolfsburg ausgeliehene Stürmer scheiterte kurz darauf an 1860-Torwart Gabor Kiraly mit einem Kopfball (14.) und einem Flachschuss, nachdem er vier Münchner ausgetanzt hatte (17.). Die einzige erwähnenswerte Torgelegenheit der Löwen in der ersten Hälfte hatte Stefan Aigner nach einer halben Stunde, SCP-Torwart Kasper Jensen parierte. Nach der Halbzeitpause versuchte Lienen, mit der Einwechslung von Charilaos Pappas für Sandro Kaiser Schwung ins Offensivspiel zu bringen, doch stattdessen zeigten die Paderborner mit Kontern und einfachem Passspiel die Schwächen der schläfrigen 1860-Defensive auf, in der der zuletzt konstant starke Innenverteidiger Mate Ghvinianidze schwer vermisst wurde. Überraschend wurde der Georgier von Torben Hoffmann und nicht von Radhouène Felhi vertreten. Nach einem Steilpass von Daniel Brückner scheiterte Saglik erneut an Kiraly (51.), nach einer Stunde war es dann aber soweit. Enis Alushi, lasch gedeckt von Hoffmann, leitete den Ball zu Saglik, lasch gedeckt von José Holebas; Saglik schob das Spielgerät zu Brückner, lasch gedeckt von Aleksandar Ignjovski; Brückners Flachschuss rollte zum 2:0 ins Tor. Das sah einfach aus, wie im Testspiel gegen einen Bezirksligisten. Auch beim dritten Gegentor sahen die Münchner staunend zu. Saglik spielte einen weiten Ball auf Brückner, dessen Hereingabe von der Grundlinie nutzte Alushi zum 3:0. Damit hatten nun die drei besten Paderborner Offensivspieler je einmal getroffen, während alle Löwen zusammen noch nicht einmal drei Tormöglichkeiten verzeichneten. Erst mit zunehmender Überheblichkeit des Aufsteigers und der Einwechslung von 1860-Stürmer Djordje Rakic für Sascha Rösler sah das Spiel ein klein wenig freundlicher aus für die Löwen. Nun kamen sie zumindest zu der einen oder anderen Torszene: Ein Drehschuss von Rakic ging am Pfosten vorbei (66.), nach einer Hereingabe von Rakic erzielte Aigner das Anschlusstor (75.). Zu mehr reichte es nicht mehr. In der 92. Minute erhielt auch noch Mittelfeldspieler Alexander Ludwig seine fünfte gelbe Karte der Saison, er fehlt 1860 damit im Heimspiel gegen den FCSt. Pauli am Sonntag, 7. März (13.30 Uhr, Arena). Für dieses Spiel darf 1860 wegen Fanausschreitungen nur 25000 Karten verkaufen - so lautete die Strafe des Deutschen Fußball-Bundes. Mit Spannung darf man erwarten, ob sich nach der Vorstellung von Paderborn überhaupt so viele Menschen für den Erwerb eines Tickets interessieren.
Schläfrig und ideenlos verliert der TSV 1860 München beim SC Paderborn 1:3. In den vergangenen sechs Spielen folgte damit auf einen Sieg stets eine Niederlage.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/2-liga-1860-unterliegt-paderborn-s-n-s-n-s-n-1.16457
2. Liga: 1860 unterliegt Paderborn - S, N, S, N, S, N
00/02/2010
Norwegens Biathleten haben zum zweiten Mal nach 2002 Olympiagold mit der 4x7,5-km-Staffel gewonnen. Halvard Hanevold, Tarjei Boe, Emil Hegle Svendsen und Schlussläufer Ole Einar Björndalen hatten im Ziel im Whistler Olympic Park 38,6 Sekunden Vorsprung vor Österreich, das sich im Fotofinish gegen Russland durchsetzte. Der deutsche Quartett mit Simon Schempp, Andreas Birnbacher, Arnd Peiffer und dem dreifachen Turin-Olympiasieger Michael Greis kam mit einem Rückstand von 1:37,9 Minuten auf den fünften Platz. Deutschlands Biathlon-Männer blieben damit erstmals seit 1968 ohne olympische Medaille. Mit dem erneuten Triumph ist Ole Einar Björndalen zum zweiterfolgreichsten Athleten in der Geschichte der Winterspiele aufgestiegen. Der 36-Jährige hat seit Nagano 1998 insgesamt sechsmal Gold, viermal Silber und einmal Bronze gewonnen. Nur sein Landsmann Björn Dählie liegt mit achtmal Gold und viermal Silber im Skilanglauf vor Björndalen. André Lange muss zur Halbzeit des Viererbob-Rennens um sein fünftes Olympia-Gold bangen. Nach zwei der vier Durchgänge lag der Oberhofer am Freitag (Ortszeit) auf der Hochgeschwindigkeitsbahn von Whistler nur auf dem dritten Platz und hatte bereits 44/100 Sekunden Rückstand auf den führenden Weltmeister Steven Holcomb aus den USA. Zweiter war der Kanadier Lyndon Rush. Auf Rang fünf lag zur Halbzeit der Riesaer Thomas Florschütz. Der Königsseer Karl Angerer war nach zwei Durchgängen Siebter. Der erste Tag des Viererbob-Wettbewerbs wurde von zahlreichen Stürzen überschattet. Die USA haben durch einen beeindruckenden Kantersieg gegen Finnland als erstes Team das Finale des olympischen Eishockey-Turniers erreicht. Die Amerikaner deklassierten am Freitag in Vancouver den Olympia-Zweiten von Turin mit 6:1. Bereits nach 13 Minuten war die überraschend einseitige Partie im Canada Hockey Place entschieden. Ryan Malone (3. Minute), Zach Parise (7.), Erik Johnson (9.), zweimal Patrick Kane (11./13.) und Paul Stastny (13.) zerstörten die finnischen Gold-Hoffnungen früh. Im Endspiel treffen die US-Boys am Sonntag auf Gastgeber Kanada oder die Slowakei. Die Finnen hatten den wie entfesselt aufspielenden Amerikanern nichts entgegenzusetzen. Torhüter Miikka Kiprusof, der bislang der statistisch beste Schlussman des Turniers war, konnte nur drei von sieben Schüssen parieren und wurde nach dem vierten US-Tor ausgewechselt. Ersatzman Nicklas Bäckström führte sich kaum besser ein, wehrte nur zwei der ersten vier Schüsse ab. Nie zuvor hatte in der Geschichte des olympischen Eishockey-Turniers, bei dem seit 1992 Halbfinal-Spiele ausgetragen werden, nach dem ersten Drittel ein Team mit sechs Toren geführt. Durch den Ehrentreffer zum 1:6 von Antti Mietinen in der 55. Minute verhinderten die Finnen das höchste Halbfinal-Debakel. Somit bleibt der 7:1-Sieg der Kanadier am 22. Februar 2002 in Salt Lake City gegen Weißrussland der klarste Vorschlussrunden-Erfolg der Olympia-Historie. Snowboarderin Nicolien Sauerbreij ist Olympiasiegerin im Parallel-Riesenslalom. Die Niederländerin bezwang am Freitag in Cypress Mountain im Finale die Russin Ekaterina Iljuchina. Bronze ging an die Österreicherin Marion Kreiner. Selina Jörg aus Sonthofen wurde Vierte. Anke Karstens (Bischofswiesen) belegte Platz fünf, die Olympia-Zweite Amelie Kober aus Miesbach landete auf Platz acht, Isabella Laböck (Klingenthal) auf Rang 15. Kober lüftete nach dem Rennen überraschend ein Geheimnis. "Es ist so, dass ich in dieser Saison höchstens noch ein Rennen bestreite, weil ich Mama werde", erklärte die 22-jährige Olympia-Zweite von 2006 am Freitag (Ortszeit). Chinas Weltmeisterinnnen haben beim Turnier in Vancouver Bronze und damit die erste Olympiamedaille im Curling für ihr Land gewonnen. Skip Wang Bingyu setzte sich im kleinen Finale gegen die Mirjam Ott aus der Schweiz mit 12:6 durch. Die 38-Jährige aus Bern musste nach zwei olympischen Silbermedaillen in Folge mit dem undankbaren vierten Platz vorlieb nehmen. Kaum hatte Marit Björgen mit ihrem dritten Olympiasieg die unvergessene Eisprinzessin Sonja Henie überflügelt, musste sie sich schwere Vorwürfe ihrer schärfsten Rivalin gefallen lassen. "Ohne ihre Medikamente hätte sie nicht gewonnen. Marit weiß genau, dass sie ohne ihre "Hilfsmittel" nicht viel zu bieten hätte", sagte Polens Langlauf-Doppelweltmeisterin Justyna Kowalczyk und verdarb der Königin der Spiele von Vancouver die Partystimmung. Die nun erfolgreichste Norwegerin in der Geschichte der Olympischen Winterspiele reagierte vor dem mit Spannung erwarteten Duell der beiden Favoritinnen über 30 km am Samstag entsetzt. "Die Vorwürfe sind eine Beleidigung. Das hat mich sehr verletzt. Sie ist eine schlechte Verliererin", sagte die 29-Jährige. Björgens Manager erklärte, die Vorwürfe seien absolut haltlos. "Das ist das Dümmste, was ich bislang bei diesen Spielen gehört habe. Das Asthma-Medikament ist vom Ski-Weltverband FIS und der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA zugelassen", sagte Aage Skinstad. Wer es nicht brauche, könne damit nichts anfangen. Das Präparat reinige die Lungen, weite sie aber nicht, erklärte Skinstad. Die Olympischen Winterspiele in Vancouver sind aus Sicht des Organisationskomitees VANOC ein Erfolg. "Wir haben es geschafft, jede zur Verfügung stehende Eintrittskarte zu verkaufen", erklärte Vizepräsident Dave Cobb am Freitag in Vancouver. "Das hat unsere Erwartungen übertroffen." Gleiches gilt laut Cobb für die erwarteten Gewinne: "Hier liegen wir ebenfalls über unseren Prognosen." Zahlen nannte der VANOC-Vize nicht. Mit Regenwetter verabschiedet sich Vancouver von den Olympischen Spielen. In den Tagen bis zur Schlussfeier am Sonntag soll es in der kanadischen Westküsten-Metropole nass und ungemütlich bleiben. Für Freitag waren dazu Windböen von bis zu 60 Stundenkilometern vorhergesagt. Die Temperaturen sollten auf 9 Grad steigen. Am Samstag soll es bei Temperaturen von 9 Grad am Tag und 7 Grad in der Nacht weiter regnen. Auch im Olympia-Bergort Whistler bleibt es grau. Der Freitag begann mit leichten Schneeschauern, im Tagesverlauf sollten diese in Regen übergehen. Die Temperaturen lagen bei 4 Grad. Für Samstag sind bei Werten um 3 Grad Celsius Regen und Schnee im Wechsel vorhergesagt. Nachts sinken die Temperaturen auf 1 Grad. Doppel-Olympiasiegerin Magdalena Neuner ist nach ihrem Verzicht auf den Staffel-Start bei den Olympischen Spielen in Vancouver mit der Fair-Play-Plakette der Deutschen Olympischen Gesellschaft (DOSG)ausgezeichnet worden. "Teamgeist, das Miteinander und Füreinander - Werte mit großer Bedeutung haben bei den Olympischen Spielen in Vancouver ein neues Gesicht erhalten", hieß es in der offiziellen Begründung der DOSG. Biathletin Neuner hatte nach ihren beiden Goldmedaillen zugunsten von Teamkollegin Martina Beck auf einen Start in der Staffel verzichtet. Das Quartett lief anschließend zu Bronze, sodass jede Athletin der deutschen Mannschaft mindestens mit einer Medaille aus Vancouver zurückkehren wird. Enttäuscht vom russischen Team bei den Olympischen Spielen in Vancouver hat Regierungschef Wladimir Putin eine scharfe Analyse angekündigt sowie Konsequenzen angedroht. "Natürlich haben wir Großes erwartet von unserer Mannschaft", sagte Putin. Die "Fehler und Misserfolge" der Russen müssten untersucht werden. Russland liegt im Medaillenspiegel weit abgeschlagen hinter den Top-Nationen. Das Olympia-Debakel sorgt für Debatten in Russland um mögliche Rücktritte von Sportfunktionären.
Biathlon-Männer verpassen zum ersten Mal seit 1968 eine Olympia-Medaille, wieder Stürze beim Bobfahren, Anschuldigungen gegen Langlauf-Star Björgen. Olympia kompakt
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-kompakt-14-birnbachers-schiess-debakel-1.15598
Olympia kompakt (14) - Birnbachers Schieß-Debakel
00/02/2010
"Der Freitag mit dem Slalom wird ein Scheißtag", sagt Mathias Berthold, Cheftrainer der deutschen alpinen Skifrauen, "denn für Freitag haben sie Regen ohne Ende angesagt." Für seine beste Fahrerin kompliziert sich die Lage zudem dadurch, dass der zweite Riesenslalom-Durchgang auf Donnerstag verschoben wurde - was sie allerdings nach dem Triumph von Viktoria Rebensburg ganz gut verkraften sollten. Dennoch, am Donnerstag wollten sie ja eigentlich das tun, wozu sie sonst vor lauter Rennen kaum kommen: Slalom trainieren. Das mache ihr nichts aus, sagt Maria Riesch: "Ändern können wir es ohnehin nicht, und für den Slalom fühle ich mich fit!" Seitdem Maria Riesch in Maribor im letzten Weltcupslalom vor Olympia Dritte wurde hinter den Damen Zettel (Österreich) und Maze (Slowenien), sind fünfeinhalb Wochen vergangen, was eine lange Zeit ist in einem Genre, in dem sich die Termine normalerweise jagen. Ihre drei Jahre jüngere Schwester Susanne hatte nach Maribor Pause gemacht, die Slalomski in die Ecke gestellt, dann fuhr sie ein paar Riesenslaloms der unteren Ligen. "Es wichtig, dass man im Rennrhythmus bleibt", sagt sie. "Die lange Zeit von Maribor bis Whistler war kein Grund, dass man rausgebracht wird." Ihre Partenkirchner Klubkollegin Fanny Chmelar pflichtet bei: "Es ist nicht so, dass die Spannung abfällt." Felix Neureuther hingegen sagte, bei ihm sei das durchaus so gewesen. "Ihm fehlt halt das Team", sagt Frau Chmelar. Wenn die deutschen Frauen trainieren, entstehe nämlich schon dadurch Rennatmosphäre, dass sie das im Rennanzug und mit Startnummern machen. Dass Neureuther eine Startnummer trüge, wenn er mutterseelenallein durch den Trainingskurs fräst, würde allerdings ein bisschen skurril wirken. Die deutschen Frauen sind im Slalom breiter aufgestellt als jede andere Equipe, das führte dazu, dass im Trainingslager der Spezialistinnen auf der anderen Seite des Gebirges in Nakiska intern auch ein richtiges Rennen stattfand: die Qualifikation um den vierten Startplatz, in der Fanny Chmelar und Christina Geiger aus Oberstdorf sich gegen die Germeringerin Katharina Dürr durchsetzten. "Die Anspannung war genau so hoch, wie sie im Olympiaslalom sein wird", berichtet Susanne Riesch. Zweifel an dieser Theorie sind angebracht. "Schön", sagt Fanny Chmelar, "dass man innerhalb der Mannschaft Orientierungspunkte hat", das ist zuerst Maria Riesch, die Weltmeisterin, dann deren Schwester, die kürzlich in Flachau erstmals führte im Weltcup nach dem ersten Durchgang (im zweiten leider ausschied). "Gut", sagt Susanne Riesch, dass man so gefordert werde im Team: "Auch wenn man zu den besten der Weltrangliste gehört" (wie sie als Sechste im Slalomweltcup) "muss man sich bei uns im Training brutal reinhauen, immer. Dass vier oder sechs hinter einem stehen, die einen schlagen können, puscht einen noch mehr. Man darf sich keine Fehler erlauben. Der Druck im eigenen Team ist sehr wichtig."
"Man muss sich brutal reinhauen": Maria Riesch, Susanne Riesch, Fanny Chmelar und Christina Geiger - jede aus dem deutschen Slalom-Team ist für eine Medaille gut.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-slalom-der-frauen-gemeinsam-sind-sie-stark-1.19755
Olympia: Slalom der Frauen - Gemeinsam sind sie stark
00/02/2010
Die DFB-Elf als Gesprächskreis: Bundestrainer Löw nominiert 26 Spieler für die Testpartie gegen Argentinien. Mit jedem Einzelnen will er über die WM sprechen. Auch Thomas Müller und Toni Kroos sind mit dabei. Thomas Müller von Bayern München und der Leverkusener Toni Kroos dürfen sich berechtigte Hoffnungen auf ein WM-Ticket machen. Die beiden Jungstars gehören wie erwartet dem Mammut-Aufgebot der deutschen Fußball-Nationalmannschaft für das Länderspiel am kommenden Mittwoch (20.45 Uhr/live im ZDF) in München gegen Argentinien an. Die Partie gegen die von Diego Maradona trainierten Südamerikaner ist für Bundestrainer Joachim Löw der einzige Test vor der Nominierung des endgültigen 23-köpfigen WM-Kaders Anfang Mai und dem anschließenden Start der Vorbereitungen für das Turnier in Südafrika (11. Juni bis 11. Juli). Löw berief insgesamt gleich 26 Spieler in den Kader für München - darunter erstmals Müller und Kroos. Nur zwei Keeper nominiert "Beide haben sich in den vergangenen Monaten in der Bundesliga mit guten Leistungen in den Blickpunkt gespielt und deshalb eine Chance verdient. Nachdem sie schon beim Leistungstest erstmals dabei waren, bietet sich für sie nun die nächste Möglichkeit, im Kreis der WM-Kandidaten auf sich aufmerksam zu machen", sagte Löw, der auf den verletzten Bremer Torwart Tim Wiese kurzfristig verzichten muss. In Rene Adler und Manuel Neuer hat der Bundestrainer deshalb nur zwei Keeper nominiert. Im deutschen Mittelfeld ist der Kampf um die begehrten WM-Tickets derzeit am größten. 13 Spieler streiten sich für den Klassiker gegen die "Gauchos" um vier Plätze, gesetzt sind nur Kapitän Michael Ballack und Bastian Schweinsteiger. "Wir haben uns bewusst dafür entschieden, einen größeren Kreis einzuladen. Es ist einfach wichtig in einem WM-Jahr, dass wir uns so oft wie möglich sehen und uns mit jedem Einzelnen ausführlich über seine aktuelle Situation unterhalten können. Deshalb werden neben dem gezielten Training viele Gespräche anstehen", begründete Löw seine große Auswahl. Problemfall Podolski Reichlich Gesprächsbedarf gibt es insbesondere bei Wackelkandidat Thomas Hitzlsperger. Der 27 Jahre alte Ex-Stuttgarter ist seit Wochen außer Form und auch bei seinem neuen Klub Lazio Rom kein Stammspieler. Neben Müller und Kroos besitzen dagegen aktuell Sami Khedira und trotz Formschwäche auch Mesut Özil gute Chancen. Im Angriff darf sich der Stuttgarter Cacau erneut bewähren. Der 28-Jährige hatte in der vergangenen Woche mit vier Treffern in Köln und einem Tor in der Champions League gegen Barcelona auf sich aufmerksam gemacht. Auch Miroslav Klose, der beim FC Bayern derzeit nur Ersatz ist, und Lukas Podolski genießen weiter das Vertrauen von Löw. Podolski ist in der Liga schon seit 1300 Minuten ohne Torerfolg. "Alles abverlangen" Verzichten muss Löw auf den verletzten Simon Rolfes. Auch Schalkes Heiko Westermann, der am Freitagabend gegen Dortmund nach längerer Verletzungspause sein Comeback feiern sollte, wurde nicht berücksichtigt. Im Gegensatz zum Leistungstest der DFB-Auswahl Ende Januar in Stuttgart fehlen zudem Andreas Beck, Dennis Aogo, Robert Huth und Patrick Helmes. Weiterhin in Geduld müssen sich auch der Münchner Holger Badstuber und der Dortmunder Mats Hummels. Für Löw ist das Länderspiel nach den Querelen der vergangenen Wochen um seine Zukunft "eine willkommene sportliche Herausforderung. Die Argentinier sind ein attraktiver und spielstarker Gegner, der uns sicherlich alles abverlangen wird." Das deutsche Aufgebot für das Länderspiel gegen Argentinien in München: Tor: Rene Adler (Bayer Leverkusen), Manuel Neuer (Schalke 04) Abwehr: Jerome Boateng (Hamburger SV), Arne Friedrich (Hertha BSC Berlin), Philipp Lahm (Bayern München), Per Mertesacker (Werder Bremen), Marcel Schäfer (VfL Wolfsburg), Serdar Tasci (VfB Stuttgart) Mittelfeld: Michael Ballack (FC Chelsea), Christian Gentner (VfL Wolfsburg), Thomas Hitzlsperger (Lazio Rom), Aaron Hunt, Marko Marin, Mesut Özil (alle Werder Bremen), Marcell Jansen, Piotr Trochowski (beide Hamburger SV), Sami Khedira, Christian Träsch (beide VfB Stuttgart), Toni Kroos (Bayer Leverkusen), Thomas Müller, Bastian Schweinsteiger (beide Bayern München) Angriff: Cacau (VfB Stuttgart), Mario Gomez, Miroslav Klose (beide Bayern München), Stefan Kießling (Bayer Leverkusen), Lukas Podolski (1. FC Köln)
Die DFB-Elf als Gesprächskreis: Bundestrainer Löw nominiert 26 Spieler für die Testpartie gegen Argentinien. Mit jedem Einzelnen will er über die WM sprechen. Auch Thomas Müller und Toni Kroos sind mit dabei.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/fussball-nationalmannschaft-loew-beruft-mammut-aufgebot-1.23147
Fußball: Nationalmannschaft - Löw beruft Mammut-Aufgebot
00/02/2010
Schalke 04 - Borussia Dortmund (Freitag, 20.30 Uhr) Es ist wie immer: Das Revierderby zwischen Schalke 04 und Borussia Dortmund sorgt für Zündstoff. Und die Verantwortlichen sind bemüht die Emotionen in die richtigen Bahnen zu lenken. Die Clubs richteten einen gemeinsamen Appell an ihre Fans und forderten die Anhänger zu einem gewaltfreien und fairen Umgang miteinander auf. Schalke-Coach Felix Magath sagte, er sei sich erst beim Hinspiel in Dortmund so richtig klar geworden über das besondere Flair des Duells. "Die Bedeutung des Ruhrderbys hat eine andere Dimension als andere Derbys. Aber es bleibt ein sportlicher Wettkampf", mahnte er. Allein die Tabellenkonstellation verspricht Brisanz: Der Dritte Schalke und der Fünfte BVB sind nur durch sechs Punkte getrennt. Und die Vorkommnisse nach dem Schalker 1:0-Hinspielsieg erhitzen noch immer die Gemüter. BVB-Profi Kevin Großkreutz (im Bild) hatte damals behauptet, er sei von Schalke-Keeper Manuel Neuer tätlich angegriffen worden, was dieser vehement bestritt. Großkreuz hatte schon vorher über seine Schalke-Allergie gesprochen: "Ich hasse Schalke wie die Pest." Und in einem Fragebogen kreuzte er an: Wenn mein Sohn Schalke-Fan wird, dann - kommt er ins Heim! Dass Großkreutz "auf Schalke" kein freundlicher Empfang winkt, macht Jürgen Klopp keine großen Sorgen. "Wir werden das mit ihm besprechen, ihm erzählen, was auf ihn zukommt und wie er sich zu verhalten hat", sagte der BVB-Coach, der auf Torjäger Luca Barrios (Gelbsperre) verzichten muss. Foto: Getty
Zé Roberto kehrt im HSV-Trikot nach München zurück, der FC Bayern tritt im Jubiläumshemd an, und Bancé muss Balljunge spielen. Die Bundesliga-Vorschau
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-24-spieltag-aufgeheizt-und-aufgepumpt-1.4198
Bundesliga: 24. Spieltag - Aufgeheizt und aufgepumpt
00/02/2010
Es sieht zunächst sonderbar aus, wenn man im Eishockeystadion von Vancouver sitzt und in den Drittelpausen hinter dem Tor eine riesige Bühne ein paar Meter näher an das Tor herangefahren wird, auf der Bühne vier Männer im dunklen Anzug und mit Headsets auf dem Kopf, die mit dem Rücken zum Stadion sitzen. Der Fernsehzuschauer aber empfindet dieses Szenario, wie so vieles, ganz anders: Die vier Männer sind die Moderatoren der Eishockeyübertragungen von CTV, Kanadas größtem englischsprachigen Privatsender. Im Fernsehen wirkt es gut, wie die vier da sitzen, redend, gestikulierend, jeder einen Stift in der Hand, und im Hintergrund ist das sehr große Eishockeystadion. Natürlich analysieren die vier jedes Eishockeyspiel dieser Olympischen Spiele, und das sieht dann so aus: Der Presenter, ein wechselnder CTV-Moderator, lenkt die Runde, was er nur zur Einleitung tun muss, weil sich die Runde von da ab selbst lenkt. Bühne für 250.000 Dollar Schließlich sind die drei Experten, die da sitzen, in Kanada anerkannte Fachmänner, die schon sehr häufig im Fernsehen analysiert haben, eigentlich tun sie das dauernd: Nick Kypreos, ehemals Stürmer und Stanley-Cup-Gewinner mit den New York Rangers, Darren Pang, früher Torwart bei den Chicago Blackhawks und Trauzeuge von Team-Canada-Sportdirektor Steve Yzerman, dazu Bob McKenzie, ehemals Chefredakteur der Fachzeitschrift The Hockey News und seit 1980 Eishockeykommentator. Die Bühne, auf der sie sitzen, hat angeblich 250000 US-Dollar gekostet. Aber hey, es ist Olympia, und da will sich ein Sender wie CTV nicht nachsagen lassen, nicht alles getan zu haben. Umgerechnet 69 Millionen Euro hat CTV für die Übertragungsrechte ausgegeben, und dafür sendet es während der Spiele nur ein einziges Programm: Olympia. Was für die Menschen in Kanada gilt, das gilt auch für die Fernsehstationen: Die Begeisterung für die Spiele ist grenzenlos. Interviews mit den Fans Fast jeder Kanal berichtet auf irgend eine Weise, NBC trägt gar die Olympischen Ringe permanent im Logo, auch, wenn gerade eine günstig produzierte Soap läuft. Und wer keine Übertragungsrechte hat, behilft sich anders: Ein paar Stationen zeigen in ihrer Olympiasendung Fotos der Tagesgeschehnisse, ein Moderator spricht aus dem Off, und dann werden Interviews mit Fans zu den Geschehnissen eingespielt. Wer aber Rechte hat, der überträgt live; und das Fernsehen hier überträgt alles, wirklich alles live. Es konzentriert sich selbstredend auf die kanadischen Sportler, sehr stark sogar - aber es ignoriert den Rest der Welt nicht. Beim Riesenslalom der Männer starteten 103 Läufer, aber CTV blieb drauf, bis zum Schluss. Und beginnt auf TSN ein Wettbewerb, blendet der Schwestersender CTV rechts unten den Hinweis mit Bewegtbild ein, damit umschalten kann, wer möchte. Auf der nächsten Seite: Fast die Hälfte der kanadischen Bevölkerung sitzt vor den Bildschirmen - die Quoten belohnen die Sender für ihren Aufwand.
Kanada ist das Olympia-Schlaraffenland: Das Fernsehen überträgt wirklich alles live. Trotzdem werden die Kommentatoren nie lästig.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/tv-ereignis-olympia-13-rund-um-die-uhr-vor-der-glotze-1.9185
TV-Ereignis Olympia (13) - Rund um die Uhr vor der Glotze
00/02/2010
Das Entern der Eismaschine hätten sie beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) wohl noch durchgehen lassen; Zigarren, Bierdosen und Champagnerflaschen waren den hohen Herren der Spiele aber zuviel. "So etwas wollen wir nicht sehen, das ist keine gute Werbung für den Sport", wetterte IOC Exekutiv-Direktor Gilbert Felli und kündigte eine Untersuchung an: "Sie können in der Kabine feiern, aber nicht in der Öffentlichkeit." Die mahnenden Worte galten Kanadas Eishockey-Frauen, die das olympische Finale gegen die USA mit 2:0 gewannen und anschließend auch im Wettbewerb dum die stürmischste Feier dieser Spiele auf Goldkurs gingen. Verteidigerin Colleen Sostorics präsentierte ihre Medaille vom Sitz einer Eismaschine aus, ihre Kolleginnen schafften derweil Bier und Champagner aus der Kabine aufs Spielfeld. Auf den dritten Olympiasieg in Folge gönnten sich die Kanadierinnen außerdem die traditionellen Siegeszigarren. Oben in den Vip-Logen beobachteten die kanadischen Männer, wie ihre Kolleginnen das feierten, was die ganze Nation auch noch von ihnen erwartet: Gold. "Olympiasieger bei Heimspielen zu werden, davon träumst du als kleines Mädchen", sagte Kanadas bekannteste Spielerin Hayley Wickenheiser. Dann geriet sie in eine Champagnerdusche - und ins Blickfeld des IOC. Steve Keough, der Sprecher des kanadischen Olympia-Komitees (COC), war nach der Party on the rocks um Schadensbegrenzung bemüht. "Eine spontane Siegesfeier ist bei uns nichts Ungewöhnliches. Wenn die Spielerinnen das entsprechende Alter haben, ist das nichts Illegales." Dass sie das mit den Benimmregeln in Kanada nicht ganz so eng sehen, hatte bereits Gilliam Maxwell vor Beginn der Spiele verdeutlicht. "Bei so einer großen Veranstaltung haben Athleten, Betreuer und auch Zuschauer mehr Sex und konsumieren mehr Drogen", hatte die Projektmanagerin des kanadischen Organisationskomitees gesagt. Das ist in seiner entwaffnenden Offenheit ein fast sympathischer Standpunkt, und man kann durchaus die Frage stellen, warum ein Formel-1-Fahrer vor einem Millionen-Publikum auf dem Podium eine Magnum-Flasche in die Hand bekommt, während andere Sportler nur heimlich das Bier in der Kabine öffnen dürfen. "Ist das wirklich Stoff für eine Kontroverse oder haben die Frauen einfach ihren Spaß?", wundert sich die Tageszeitung Vancouver Sun. Doch auch die Sichtweise des IOC ist nachzuvollziehen. Die internationale TV-Präsentation von Goldmedaillengewinnerinnen mit alkoholischen Getränken in der Hand, die nicht einmal im Sponsoren-Board der Spiele auftauchen, ist für die Funktionäre ein rotes Tuch. Sportler, die eine zehn Zentimeter lange Havanna im Siegerlächeln stecken haben, taugen nur bedingt als Vorbild für die Jugend. Besonders IOC-Chef-Jacques Rogge, seit Jahren der größte Befürworter Olympischer Jugendspiele, dürften solche Bilder missfallen. Mehr als eine Rüge dürfte den feierfreudigen Frauen allerdings nicht drohen. Dennoch kam der Ärger zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt für das Frauen-Eishockey, denn bereits vor der Feier mit Bier und Schampus war eine Diskussion über die Zukunft der Sportart im olympischen Programm entflammt. Angesichts der Dominanz der Frauen mit dem Ahornblatt auf dem Trikot und des vermeintlich vorhersehbaren Ausgangs des olympischen Turniers hatte Rogge über das Aus der Sportart bei den Spielen spekuliert: "Ich persönlich würde dem Frauen-Eishockey die Zeit geben, besser zu werden. Aber ohne Entwicklung können wir nicht weitermachen." Seit 1998 ist Frauen-Eishockey olympisch, in drei von vier Endspielen standen sich seitdem die USA und Kanada gegenüber. Kanadas Hayley Wickenheiser, bei allen vier Finals als Teilnehmerin auf dem Eis dabei, reagierte wütend auf die Überlegungen: "So etwas passiert, wenn man nur alle vier Jahre einmal kurz auf die Sportart schaut." Mächtige Herren wie Rogge sollten mit ihren Einflussmöglichkeiten selbst mehr für Sportarten wie Frauen-Eishockey tun, so Wickenheiser, und nicht immer nur kritisieren.
Kanadas Eishockey-Frauen feiern Gold mit Bier, Schampus und Zigarren - und verärgern das IOC zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Die Zukunft des Sports im Olympischen Programm ist fraglich.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/aerger-im-frauen-eishockey-dosenbier-auf-eis-1.17525
Ärger im Frauen-Eishockey - Dosenbier auf Eis
00/02/2010
Mit der Wucht einer Boxerin: Riesenslalom-Olympiasiegerin Viktoria Rebensburg hat ihren eigenen Kopf. Das gibt ihr Selbstvertrauen und macht sie mit 20 Jahren so stark. Wenn Viktoria Rebensburg sich freut, dann hat sie so etwas Boxerhaftes an sich. Nicht von der Statur her, sie ist ja eher klein gewachsen, und sie hat die Statur, die viele 20-Jährige haben, auch das Gesicht, rundlich und jung. Aber sie macht diese Boxerbewegung, immer macht sie diese Bewegung, wenn sie sich freut: mit der rechten Faust einen Aufwärtshaken, den man bei Henry Maske oft vermisst hat, und dazu verzieht sie den Mund, als wolle sie tatsächlich gleich jemanden verprügeln. Sie hat den Aufwärtshaken natürlich auch am Donnerstagabend aufgeführt, nachdem sie auf der Medal Plaza von Whistler ein paar Mal jubelnd auf dem Podest gehüpft war, ehe sie ihre Goldmedaille für den Sieg im Riesenslalom bekam. Die Leute haben gelacht, das kam an. Man sieht es ja eher selten hier, dass sich die Athleten am Abend, in diesem feierlichen Rahmen, noch immer so ausgelassen freuen. "Das sprudelt halt einfach so aus einem raus", sagt Viktoria Rebensburg. Diese Goldmedaille war sehr überraschend, ganz besonders für Viktoria Rebensburg selbst. Sie hat noch nie ein Weltcup-Rennen gewonnen, und Olympiasiegerin mit 20, es gab in der traditions- und siegreichen Geschichte des deutschen Alpinrennsports nur eine, die jünger war, als sie Olympiagold gewann: Heidi Biebl, 1960, in Squaw Valley. Viktoria Rebensburg wurde 30 Jahre später erst geboren. Gleich nach dem Rennen schüttelte sie immer wieder den Kopf, schlug sich auf die Stirn, "Wahnsinn", sagte sie, "des is einfach der Wahnsinn". Die Geschichte dieses Rennens wird nun für immer mit Viktoria Rebensburg verbunden sein, und man wird sich die Geschichte noch oft erzählen. Das Wetter war am Mittwoch so schlecht gewesen, dass nach dem ersten Durchgang entschieden worden war, den zweiten Durchgang auf den Donnerstag zu verlegen. Und das gab es ja noch nie bei Olympia, dass ein Rennen an zwei Tagen ausgetragen wird, wetterbedingt; 1980 in Lake Placid war das vom Programm von vornherein so vorgesehen. Skirennfahrer brauchen die Anspannung vor dem Rennen, die Konzentration, um in den Tunnel zu kommen, in dem sie dann den Berg hinunterfahren. Man kann sie zwar direkt nach dem ersten Lauf kurz ansprechen, dann aber nicht mehr, die meisten brauchen dann Ruhe; es ist nicht einfach, die Anspannung über ein paar Stunden aufrechtzuerhalten. "Ich bin im Bett gelegen und hab mir gedacht, hey, morgen zweiter Durchgang", sagt Viktoria Rebensburg, "das war komisch, das kennt man ja nicht." Im Video: Die 20jährige Viktoria Rebensburg hat bei den olympischen Spielen in Kanada Gold im Risenslalom geholt. Weitere Videos finden Sie hier
Mit der Wucht einer Boxerin: Riesenslalom-Olympiasiegerin Viktoria Rebensburg hat ihren eigenen Kopf. Das gibt ihr Selbstvertrauen und macht sie mit 20 Jahren so stark.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/gold-im-riesenslalom-schlampiges-genie-1.2982
"Gold im Riesenslalom - ""Schlampiges Genie"""
00/02/2010
Wolfsburg und Bremen brillieren mit je vier Toren, der Hamburger SV fühlt sich trotz einer Niederlage als Sieger. Drei Bundesligisten schaffen in der Europa League den Sprung ins Achtelfinale. Der HSV musste bis zur letzten Minute zittern, Werder und der VfL Wolfsburg machten kurzen Prozess: Das deutsche Fußball-Trio ist am Donnerstagabend ins Achtelfinale der Europa League eingezogen. Meister VfL Wolfsburg schlug den FC Villarreal mit 4:1 und feierte mit dem Weiterkommen den größten internationalen Erfolg seiner Vereinsgeschichte. DFB-Pokalsieger Werder Bremen gelang vor allem dank Dreifach-Torschütze Claudio Pizarro ebenfalls ein 4:1 im Rückspiel gegen den FC Twente Enschede. Der Hamburger SV verlor zwei Tage nach dem Aus von Bundesliga-Schlusslicht Hertha BSC bei Benfica Lissabon zwar mit 2:3 beim FC Twente Enschede. Dennoch kam auch die Mannschaft von Trainer Bruno Labbadia weiter - dem 1:0 im Hinspiel vor eigener Kulisse sei Dank. Mladen Petric (46. Minute) und Piotr Trochowski (79./Foulelfmeter) hielten den Traum der Hamburger vom Finale im eigenen Stadion am Leben. Vor 32.000 Zuschauern im Philips-Stadion von Eindhoven hatten der Schwede Ola Toivonen (2.) und der Ungar Balazs Dzsudzsak (43.) die Gastgeber in Führung gebracht, ehe es Danny Koevermans (90.) mit dem 3:2 noch einmal spannend machte. Dzsudzsak sah in der 57. Minute die Rote Karte (Unsportlichkeit). "Wir haben zu viele Fehler gemacht. Aber am Ende zählt nur das Ergebnis", sagte HSV Abwehrspieler David Rozehnal. Nächster Gegner ist der RSC Anderlecht. Das Resultat stimmte erst recht beim Nordrivalen Werder Bremen. Nach der 0:1-Hinspielniederlage legten die Schützlinge von Trainer Thomas Schaaf los wie die Feuerwehr. Allen voran Stürmer Claudio Pizarro. Mit einem Doppelpack (15. Minute/20.) schoss er die Gastgeber in Front. Damit aber nicht genug: Naldo versetzte den gegnerischen Torwart frech und schob nur wenige Minuten später zum erstmal beruhigenden 3:0 ein (27.). "Man kann nicht unbedingt davon ausgehen, dass man die so schnell schießt", kommentierte Vereinschef Klaus Allofs die drei Treffer. Allerdings ließen die Bremer, die vom vom endlich stark aufspielenden Nationalspieler Mesut Özil angetrieben wurden, noch vor der Pause den Gegentreffer durch Luuk de Jong zu (33.). Und das hieß nichts anderes, als das bei einem weiteren Treffer Werder raus gewesen wäre. Doch die Nerven beruhigte Pizarro mit seinem dritten Streich (58.). Auch in Wolfsburg gelang den Gastgebern eine schnelle Führung durch Edin Dzeko (10.) und Ángel López (15., Eigentor). Danach schaffte Villarreal durch Joan Capdevila der Anschlusstreffer (30.). Christian Gentner (41.) und Grafite (64.) machten den Erfolg unter der Führung von Lorenz-Günther Köstner dann aber endgültig perfekt. In der nächsten Runde trifft Wolfsburg auf Rubin Kasan, das Hapoel Tel Aviv aus dem Wettbewerb war. Bereits in zwei Wochen treten die "Wölfe" in der Hauptstadt der Republik Tatarstan an. "Wir haben heute gezeigt, was wir können. Wir kommen dem VfL vom letzten Jahr immer näher", meinte VfL-Profi Sascha Riether.
Wolfsburg und Bremen brillieren mit je vier Toren, der Hamburger SV fühlt sich trotz einer Niederlage als Sieger. Drei Bundesligisten schaffen in der Europa League den Sprung ins Achtelfinale.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/europa-league-sterne-des-nordens-1.1993
Europa League - Sterne des Nordens
00/02/2010
Kurz, nachdem sie sich etwas gefasst hatte, nachdem Viktoria Rebensburg begriffen hatte, dass sie sich fortan und ein Leben lang Olympiasiegerin nennen darf, sprach sie einen Satz, der sie auch ein bisschen charakterisiert: "Ich war die Jagende. Von daher war ich in einer guten Ausgangsposition." Über zwei Tage hatte sich dieser Riesenslalom der Frauen hingezogen, nach dem ersten Lauf hatte Rebensburg Platz sechs belegt, und schon am Morgen, als sie wach wurde, schien sie zu wissen, dass das gut war: "Komisch", sagte sie später im Ziel, "ich war am Start gar nicht nervös." Sätze, die eine enorme Nervenstärke dokumentieren, die mit einem Triumph in diesem Rennen der Hundertstelsekunden belohnt wurde. Denn die Entscheidung fiel denkbar knapp: vier Hundertstel lag Rebensburg in der Addition beider Läufe vor der Slowenin Tina Maze, 14 Hundertstel vor der Österreicherin Elisabeth Görgl, die nach dem ersten Lauf geführt hatte, die aber in der langen Nacht die Konzentration verlor. Nun ist Viktoria Rebensburg, die 20-Jährige, die Jägerin, geboren am Tegernsee, startend für den SC Kreuth, die zweite Deutsche, die je einen olympischen Riesenslalom gewinnen konnte - ihre Vorgängerin in dieser Disziplin war Ossi Reichert, sie siegte 1956 in Cortina d'Ampezzo. Rebensburg hat mit ihren jungen Jahren ein Talent gezeigt, das normalerweise nur Rodlerinnen eigen ist: Über Nacht die Anspannung zu halten, wenn der Wettkampf sich über zwei Tage in die Länge zieht. "Man muss es abrufen können und zwei Mal runterbringen - und sie hat es geschafft", fand Maria Riesch früh Worte der Gratulation. Beide haben bei diesen Spielen jetzt Gold gewonnen, Riesch in der Super-Kombination, Rebensburg im Riesenslalom. Riesch beendete den Riesenslalom als Zehnte, sie hat mit ihrem Olympiasieg ihr persönliches Ziel erreicht. Riesch bot das fast schon Erwartete, der Erfolg von Viktoria Rebensburg (1,70 m, 66 kg) darf, mit Verlaub, eine Sensation dieser Winterspiele genannt werden. Denn wenn es eine deutsche Favoritin für diesen Wettbewerb gegeben hatte, dann war das Kathrin Hölzl aus Bischofswiesen, vor einem Jahr Weltmeisterin geworden und zuletzt im Weltcup Gewinnerin zweier Rennen. Sie vergab aber ihre Chancen schon am Mittwoch, im ersten Durchgang, und wurde insgesamt Sechste. Nicht Hölzl, nicht Riesch, am Ende hat sich die Jüngste des Teams eindrucksvoll durchgesetzt. Dass sie die deutsche Läuferin für die Zukunft ist, hatten ihre Trainer längst angekündigt; nun aber ging alles viel, viel schneller: Die Zukunft ist jetzt! Heute! Am vom Nebel bedeckten Berg von Whistler. "So was ist normal, so was gehört dazu", sagte Mathias Berthold, Cheftrainer der Deutschen. Mit so was muss man zurecht kommen, dass die Läufe geteilt werden: Mittwoch erster Durchgang des Riesenslaloms, dann der Abbruch, weil es sich der berüchtigte Mid mountain fog, der Bergnebel, im Hang bequem gemacht hatte. Donnerstag, früh um 9.30 Uhr, erst das Finale; um ganz sicher zu gehen auf einer um zehn Tore verkürzten Piste. Eine zähe Nervenproge: Am Mittwoch hatten sie die Fortsetzung des Rennens geduldig und halbstundenweise verschoben, aber um drei Uhr am Nachmittag das Vorhaben aufgegeben. Aufschub, Festschreibung des Halbzeitergebnisses. Lesen Sie weiter auf Seite 2
Eine Olympiasiegerin, die aus dem Nebel kommt: Viktoria Rebensburg, 20, fährt nach einer Nacht Pause im zweiten Riesenslalom-Durchgang von Rang sechs zu Gold.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-gold-im-riesenslalom-vicky-die-jaegerin-1.10297
Olympia: Gold im Riesenslalom - Vicky, die Jägerin
00/02/2010
Mit einer unwiderstehlichen Attacke am letzten Anstieg hat Claudia Nystad den deutschen Langläuferinnen Olympia-Silber in der Staffel beschert. Drei Tage nach ihrem Olympiasieg im Teamsprint lieferte die Oberwiesenthalerin am Donnerstag in Whistler erneut ein überragendes Rennen und wurde im Ziel des 4 x 5 Kilometer-Rennens von ihren Kolleginnen Katrin Zeller, Evi Sachenbacher-Stehle und Miriam Gössner begeistert gefeiert. Gold holte sich Norwegen mit Schlussläuferin Marit Björgen, die mit dem dritten Gold zur erfolgreichsten Starterin in Vancouver aufstieg. Bronze ging an die Finninnen. "Das haben die Mädchen ganz hervorragend gemacht. Miriam hat die Staffel wie vor einem Jahr in Liberec wieder ins Rennen gebracht und Claudia ist eine hervorragende Schlussläuferin", lobte Bundestrainer Jochen Behle. Startläuferin Zeller zeigte sich immer wieder an der Spitze des Feldes, als Dritte schickte die 30 Jahre alte Oberstdorferin nach fünf Kilometern Teamsprint-Olympiasiegerin Sachenbacher-Stehle ins Rennen. Die Bayerin übernahm sich dann aber auf der ersten Runde, sie büßte Zeit ein, während an der Spitze die nach vorne gestürmte Polin Justyna Kowalczyk Tempo machte. Gössner rechtfertigte ihren Einsatz wie bei der WM des Vorjahres in Tschechien mit einer tollen Aufholjagd. Sie machte 15 Sekunden gut und brachte das deutsche Quartett wieder bis auf Rang drei heran. Während Norwegens Schlussläuferin Björgen mit sicherem Vorsprung ihrem dritten Gold der Spiele entgegenstürmte, entbrannte dahinter ein spannender Kampf um Silber, den Nystad mit einem energischen Zwischenspurt für das deutsche Team entschied. Ein fragwürdiger Sprungwettbewerb hat Deutschlands Nordische Kombinierer im olympischen Einzel-Wettkampf um die Medaillenchance gebracht. Als bester des DSV-Quartetts belegte Björn Kircheisen am Donnerstag in Whistler beim Sieg des US-Amerikaners Bill Demong nach einem Sprung von der Großschanze und dem anschließenden 10 Kilometer-Langlauf den 20. Platz. "Er hat nichts drauf gehabt heute. Das war kein fairer Wettkampf heute", sagte Bundestrainer Hermann Weinbuch. Hinter Demong, der das erste nordische Ski-Gold bei Olympia für die USA holte, wurde dessen Landsmann Johnny Spillane Zweiter vor Bernhard Gruber aus Österreich. In einer Windlotterie auf der Schanze hatten die deutschen Kombinierer alle Chancen eingebüßt. "Man hätte nicht springen dürfen! Das war ein unfairer Wettbewerb, der nichts mit Olympia zu tun hatte", schimpfte Weinbuch nach dem Springen. Felix Gottwald (Österreich) wurde noch deutlicher: "Der Unterschied zwischen Athleten und Jury ist der, dass sich die Athleten vier Jahre auf Olympia vorbereiten und die Jury im Warmen sitzt. Die besten Athleten sind heute vorgeführt worden. Das war eine Schande - und das bei Olympia." Turin-Olympiasieger Hettich kam bei seinem ersten Einsatz in Whistler auf 121,5 Meter. "Mehr war nicht drin", sagte Hettich, der nach dem Springen schon 1:23 Minuten hinter dem Führenden lag. Noch weiter zurück waren Edelmann als 35. und Frenzel als 41. Finnland hat die Bronzemedaille beim olympischen Eishockey-Turnier der Frauen gewonnen. Im spannenden Spiel um Platz drei bezwang das Team am Donnerstag im Canada Hockey Place von Vancouver den skandinavischen Rivalen Schweden mit 3:2 nach Verlängerung. Das entscheidende Tor erzielte Karoliina Rantamäki nach 2:33 Minuten in der Overtime. Die Schwedinnen gingen damit nach Olympia-Silber 2006 in Turin diesmal leer aus. Heidi Pelttari hatte die finnische Auswahl im zweiten Drittel in Führung gebracht, Maria Rooth glich in Überzahl aus. Michelle Karvinens 2:1 egalisierte die Schwedin Daniejela Rundqvist. Im Finale traf Gastgeber Kanada am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) auf Erzrivale USA. Titelverteidiger Schweden und Gastgeber Kanada haben das olympische Curling-Finale der Frauen erreicht. Das Team aus Skandinavien um Skip Anette Norberg setzte sich am Donnerstag im Halbfinale unerwartet deutlich mit 9:4 gegen Weltmeister China durch, der nach dem neunten End aufgab. Die Kanadierinnen, nach der Vorrunde mit der besten Bilanz aller Teams, hatten gegen den Olympia-Zweiten Schweiz beim 6:5 mehr Mühe. Das Finale ist für Freitag angesetzt. Die deutschen Biathleten müssen in der Staffel an diesem Freitag (20.30 Uhr) auf Christoph Stephan verzichten. Der Vize-Weltmeister hat sich einen grippalen Infekt eingefangen und musste das Abschlusstraining am Donnerstag (Ortszeit) abbrechen. "Christoph fühlt sich platt. Es macht keinen Sinn, ihn einzusetzen", sagte Bundestrainer Frank Ullrich vor seinem letzten Olympia-Rennen. Für Stephan wird der erst 21 Jahre alte Simon Schempp als Startläufer in die Loipe gehen. Danach komplettieren Andreas Birnbacher, Arnd Peiffer und der dreimalige Olympiasieger Michael Greis das deutsche Quartett. Vancouvers Bürgermeister Gregor Robertson befürchtet am Abschluss-Wochenende der Olympischen Winterspiele Sicherheitsprobleme. "Ich bin definitiv besorgt. Die Leute werden vom Schnaps verleitet, sich so zu verhalten", sagte Robertson der Tageszeitung The Province, nachdem es am Mittwoch einige kleinere Zwischenfälle gegeben hatte. Besonders bei den weiteren Eishockey-Spielen mit kanadischer Beteiligung werden riesige Menschenmengen auf den Straßen erwartet. Phasenweise habe er sich "am Robson Square und an der Granville Street unwohl gefühlt", sagte Robertson. Ein Großaufgebot der Polizei und eine Beschränkung des Alkoholverkaufs sollen die Sicherheit der Besucher garantieren. In einem persönlichen Brief hat IOC-Präsident Jacques Rogge die Organisatoren der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi aufgefordert, eine sichere Bob- und Rodelbahn zu bauen. Nach dem tödlichen Unfall des georgischen Rodlers Nodar Kumaritaschwili auf der Hochgeschwindigkeitsbahn in Whistler müsse das Internationale Olympische Komitee (IOC) noch mehr auf die Sicherheit der Athleten achten. "Wir haben Sotschi gebeten, bitte sorgt für eine sichere Bahn. Sicherheit ist unser oberstes Gebot", erklärte Rogge am Donnerstag in Vancouver. "Das IOC hat nie nach mehr Tempo verlangt. Das ist nicht unsere Philosophie." Die Topgeschwindigkeiten auf der Bahn im "Whistler Sliding Centre" betrugen mehr als 150 Stundenkilometer. Trotzdem sei auch das IOC neben dem Weltverband FIL und dem Organisationskomitee VANOC mitverantwortlich für das Unglück am Eröffnungstag. "Jeder ist dafür verantwortlich. Das Design der Strecke liegt in den Händen des Weltverbandes, VANOC kümmert sich um den Bau der Strecke, und für die Wettkampfabwicklung ist wieder der Weltverband verantwortlich", stellte Rogge klar, "und das IOC hat die moralische Verantwortung, dass es gute Spiele sind und dass es kein unnötiges Risiko gibt." Katharina Gutensohn hat nach ihrer vierten Olympia-Teilnahme wie erwartet auch ihre zweite Karriere im Wintersport beendet. Die 43-Jährige war in Vancouver im Skicross für Österreich an den Start gegangen, zuvor war sie dreimal als Alpine für den Deutschen Skiverband (DSV) dabei. "Es waren meine letzten Olympischen Spiele und auch mein letztes Rennen", sagte Gutensohn. Bei der Olympia-Premiere der Skicrosser belegte sie den 26. Platz. "Es war eine super Phase in meiner Karriere, es war ein Riesenspaß, in dieser Gruppe drinnen zu sein", sagte die Sportlerin des SK Kirchberg. Nass und ungemütlich in Vancouver: Überwiegend regnerisch und grau hat sich der 13. Wettkampftag der Olympischen Winterspiele in Vancouver präsentiert. Auch für den Rest der Woche werden an der kanadischen Westküste Niederschläge erwartet. Am Donnerstag waren bei Temperaturen von 10 Grad immerhin gelegentliche sonnige Abschnitte vorhergesagt. Trüb und feucht bleibt bei 9 Grad am Tage und 7 Grad in der Nacht auch der Freitag. In Whistler ist für den Rest der Winterspiele ebenfalls ungemütliches Wetter angekündigt. Für Donnerstag wurden bei 4 Grad neue Regenschauer erwartet. Der Freitag hält bei 5 Grad und Nachtwerten von 1 Grad einen Mix aus Schnee und Regen bereit.
Deutsche Langläuferinnen holen noch Silber, "Schande" im Springen der Kombinierer, Vancouvers Bürgermeister fürchtet den Schnaps. Olympia kompakt
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/olympia-kompakt-13-grandiose-schlussrunde-von-claudia-nystad-1.24807
Olympia kompakt (13) - Grandiose Schlussrunde von Claudia Nystad
00/02/2010