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190,297 | {
"id": 835,
"jurisdiction": "Sozialgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null,
"name": "Sozialgericht Düsseldorf",
"state": 12
} | S 8 KR 966/10 | 2013-08-15T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Verfahrenskosten werden der Klägerin auferlegt. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Rückforderung über die Vergütungshöhe für eine stationäre Behandlung unter Anwendung der Vakuumversiegelungstherapie (strittiger Betrag: 3.227,60 Euro). 3Der Versicherte der Klägerin, geb. 1928, wurde im Krankenhaus der Beklagten wegen eines Hämatoms des Unterschenkels bei Markumaranwendung stationär behandelt, nach- dem ihm eine Tischplatte auf das Bein gefallen war. Des Weiteren litt der Versicherte an diabetes mellitus, pAVK II a (Arteriosklerose) und Niereninsuffizienz. Er wurde in der Zeit vom 06. bis zum 19.02.2009 behandelt. Am 09.02.2009 führten die Ärzte der Beklagten eine operative Wundrevision durch. Später führten sie eine zweite Wundrevision am 13.02.2009 durch und legten anschließend einen Vakuumversiegelungsverband (VAC, "vacuum assisted closure") an. Innerhalb von 4 Tagen verbesserten sich die Wundverhältnisse derart, dass der Versicherte am 19.02.2009 entlassen wurde. 4Die diesbezügliche Rechnung der Beklagten vom 06./10.03.2009 in Höhe von 4.946,52 Euro (DRG J08B) bezahlte die Klägerin. Nach einer Überprüfung des Falles durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) machte sie eine Rückforderung in Höhe von 3.227,60 Euro gegenüber der Beklagten geltend. Es sei lediglich die Abrechnung der Fallpauschale DRG J65A berechtigt gewesen. Die angewandte VAC-Therapie hätte bei der Abrechnung nicht berücksichtigt werden dürfen, da die Überlegenheit dieser Methode gegenüber herkömmlichen Wundbehandlungen nicht wissenschaftlich nachgewiesen sei. Eine entsprechende Befürwortung sei weder durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) noch durch das Institut für Qualität- und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) empfohlen worden. 5Außergerichtliche Zahlungsaufforderungen der Klägerin sind ohne Erfolg und Einigung der Beteiligten geblieben. 6Die Klägerin hat daraufhin beim Sozialgericht Klage auf Zahlung von 3.227,60 Euro erhoben. Für die umstrittene VAC-Therapie bestehe kein Nachweis der Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, insbesondere des jüngsten Urteils vom 21.03.2013 – B 3 KR 2/12 R – sei dies auch im stationären Bereich erforderlich. Die Anwendung herkömmlicher Wundverbände wäre ausreichend gewesen. Insofern hätten verschiedene konventionelle Verbandsarten zur Verfügung gestanden. Um den von der Beklagten in Rechnung gestellten Betrag zu erreichen, hätte die obere Grenzverweildauer der zutreffenden DRG J65A um 22 Tage überschritten werden müssen. 7Die Klägerin beantragt, 8die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.227,60 Euro nebst 2 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 13.11.2009 zu zahlen. 9Die Beklagte beantragt, 10die Klage abzuweisen. 11Sie hält die geltend gemachte Forderung für unbegründet. Die Durchführung der VAC–Therapie sei medizinisch notwendig gewesen. Dies ergäbe sich bereits aus der Vielzahl der Begleiterkrankungen des Versicherten, die zu einem deutlich erhöhten Risiko von Wund- und Heilungsstörungen führten. Dieses Risiko habe sich während der stationären Behandlung auch manifestiert: Ursprünglich habe eine großflächige Blutergussbildung nach älterer Prellung bestanden. Nach der ersten Wundrevision sei es unter Anwendung konventioneller Behandlungsmethoden zu einer Verschlechterung der Wundverhältnisse gekommen, dagegen habe sich nach der zweiten Wundrevision mit Anwendung des VAC-Verbandes bereits nach wenigen Tagen eine deutliche Verbesserung dargestellt. 12Zur weiteren Sachdarstellung wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze und Unterlagen der Beteiligten sowie die beigezogene Krankenakte der Beklagten Bezug genommen. 13Entscheidungsgründe: 14Die zulässige Leistungsklage ist unbegründet. 15Der Klägerin steht der geltend gemachte Rückforderungsanspruch nicht zu. 16Der Zahlungsanspruch in Höhe von 3.227,60 Euro ist nach der übereinstimmenden Darstellung beider Beteiligter allein auf die Frage der Berücksichtigung der angewandten VAC-Therapie im Rahmen der Abrechnung und Fallpauschalen zurückzuführen. 17Entgegen dem diesbezüglichen Standpunkt der Klägerin durfte die Beklagte bei der Abrechnung der stationären Behandlung die angewandte VAC-Therapie bei der Festlegung der einschlägigen Fallpauschale zu Grunde legen. 18Dem steht nicht entgegen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss zu dieser Therapie keine positive Empfehlung abgegeben hat. Denn nach der gesetzlichen Regelung ist - anders als im ambulanten Bereich (§ 135a SGB V) - für die Anwendung einer sog. neuen unkonventionellen Behandlungsmethode eine vorangegangene Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht notwendig. So hat der Gesetzgeber eine diesbezügliche Differenzierung zwischen der ambulanten und stationären Behandlung dahingehend kodifiziert, dass im ambulanten Bereich neue Behandlungsmethoden ohne Empfehlung des Bundesausschusses verboten sind, während im stationären Bereich neue Behandlungsmethoden so lange anwendbar sind, bis sie vom Gemeinsamen Bundesausschuss durch einen Beschluss ausgeschlossen werden, §§ 135a, 137c des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V). Vorliegend führt auch nicht das Erfordernis der Einhaltung der Qualitätskriterien des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V ("Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.") zu einem Verbot der Anwendung der VAC-Therapie im stationären Bereich. Denn entgegen dem Standpunkt der Klägerin und dem möglicherweise so zu interpretierenden Urteil des Bundessozialgerichts vom 21.03.2013 (a.a.O.) kann jedenfalls hinsichtlich der hier diskutierten Therapie nicht davon ausgegangen werden, dass ihre Qualität im Sinne der Einhaltung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse derart durch Studien bereits belegt sein muss, dass der Gemeinsame Bundesausschuss diese Therapie als empfehlungswürdig einschätzen würde. Das Aufstellen eines solch hohen Erfordernisses würde der ausdrücklichen gesetzgeberischen Regelung des § 137c Abs. 1 SGB V entgegenlaufen. Denn insbesondere aus der aktuellen, seit dem 01.01.2012 geltenden Fassung wird das Anliegen des Gesetzgebers deutlich, dass auch Methoden, deren Nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, aber das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten, zunächst zu Lasten der Krankenkassen weiterhin erbracht werden können. Dies folgt aus § 137c Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 137e Abs. 1 SGB V. Dass diese Gesetzesänderung des § 137c Abs. 1 SGB V zum 01.01.2012 keine konstruktive Änderung i.S.e. neuen Gesetzeslage darstellt, sondern eine Klarstellung beinhaltet, ergibt sich aus der Gesetzesbegründung: "Die Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses, die zutreffend eine sektorenübergreifende Nutzenbewertung als Ausgangspunkt haben, berücksichtigen auf der Grundlage des geltenden Rechts nicht hinreichend den besonderen Bedarf nach – bisher noch nicht auf hohem Niveau belegten – Behandlungsalternativen in der Versorgung von stationär Behandlungsbedürftigen und daher typischerweise schwerer erkrankten Versicherten." (BT-Drucks. 17/6906, S. 86). Darüber hinaus ist auch zur Änderung des § 137c Abs. 1 Satz 2 SGB V ausdrücklich ausgeführt: "Die Änderung in Satz 2 bewirkt, dass der unmittelbare Ausschluss einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode aus der Krankenhausversorgung grundsätzlich nur dann erfolgen kann, wenn nach Feststellung des Gemeinsamen Bundesausschusses der Nutzen nicht hinreichend belegt ist und darüber hinaus die überprüfte Methode kein Potenzial als erforderliche Behandlungsmethode in der stationären Versorgung bietet. Ein Potenzial für eine Erforderlichkeit kann sich etwa daraus ergeben, dass die Methode aufgrund ihres Wirkprinzips und der bisher vorliegenden Erkenntnisse mit der Erwartung verbunden ist, dass andere aufwändigere, für den Patienten invasivere oder bei bestimmten Patienten nicht erfolgreiche Methode ersetzt werden können, die Methode weniger Nebenwirkungen hat, sie eine Optimierung der Behandlung bedeutet oder die Methode in sonstiger Weise eine effektivere Behandlung ermöglichen kann." (BT-Drucks. 17/6906, S. 86 f.). 19Diese, vom Gesetzgeber aufgestellten Voraussetzungen für einen Ausschluss der Behandlungsmethode sind bei der VAC-Therapie nicht gegeben. Vielmehr ist unter Berücksichtigung der Handlungen und Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses davon auszugehen, dass diese Methode das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Denn der Gemeinsame Bundesausschuss hat zur Vakuumversiegelungstherapie in seiner zusammenfassenden Dokumentation des Unterausschusses "Ärztliche Behandlung" vom 15.02.2008 zu Punkt 3 - Fazit - ausgeführt: "Trotz unzureichender Daten zum Beleg des Nutzens der Vakuumversiegelungstherapie sollte die Methode aufgrund der Hinweise zum Nutzen derzeit nicht ausgeschlossen werden." Diese Einschätzung hatte auch dazu geführt, dass der Gemeinsame Bundesausschuss im Jahre 2007 diese Therapieform nicht ausgeschlossen, sondern die Beschlussfassung ausgesetzt, und im Jahr 2010 erneut ausgesetzt hat mit dem Ziel, zusätzliche Erkenntnisse aus der Anwendung der Methode zu gewinnen (Aussetzungsbeschlüsse vom 15.11.2007 und 19.08.2010). Unter Berücksichtigung des Inhalts dieser Beschlüsse und den zu Grunde liegenden Ausführungen stellt diese Vorgehensweise des Gemeinsamen Bundesausschusses im Ergebnis praktisch und inhaltlich keine andere Handlung als das Beschließen einer Richtlinie zur Erprobung im Sinne des § 137c Abs. 1 Satz 3 SGB V in der erst später in Kraft getretenen Fassung dar. Auch das Verwaltungsgericht Stuttgart ist davon ausgegangen, dass es sich bei der Vakuumversiegelungstherapie um eine in der Fachwelt anerkannte Behandlungsmethode handelt (Urteil vom 03.08.2009 – 12 K 409/09 – m.w.N., juris.de, Rn. 26). 20Unter Berücksichtigung dieser ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen kann jedenfalls für die in diesem Fall umstrittene VAC-Behandlungsmethode weder eine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses noch das Vorliegen von z.B. Studien der Phase III oder vergleichbar starke Wirksamkeitsnachweise gefordert werden. Damit kann dahingestellt bleiben, ob die Urteilsbegründung des Bundessozialgerichts (a.a.O., vgl. juris.de, Rn. 13) als so weitgehend verstanden werden kann und ob sie mit der Gesetzeslage noch übereinstimmt. Das Gericht hat aus den ausgeführten Gründen jedenfalls den hier vorliegenden Fall als nicht vergleichbar mit dem vom Bundessozialgericht am 21.03.2013 entschiedenen Fall erachtet. Hinzu kommt, dass zu der dem Urteil des Bundessozialgerichts zu Grunde liegenden Behandlungsmethode der in-vitro Aufbereitung offensichtlich nur eine kleine Studie oder unklare Studien existieren. 21Im konkret zu bewertenden Behandlungsfall des Versicherten der Klägerin hat diese bzw. der MDK keine konkreten Einwände zur medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls (erhebliche Begleiterkrankungen, Notwendigkeit von zwei operativen Wundrevisionen) erhoben. 22Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 VwGO. 23&8195; | die klage wird abgewiesen. die verfahrenskosten werden der klägerin auferlegt. 1 | 2die beteiligten streiten im rahmen einer rückforderung über die vergütungshöhe für eine stationäre behandlung unter anwendung der vakuumversiegelungstherapie (strittiger betrag: 3.227,60 euro). 3der versicherte der klägerin, geb. 1928, wurde im krankenhaus der beklagten wegen eines hämatoms des unterschenkels bei markumaranwendung stationär behandelt, nach- dem ihm eine tischplatte auf das bein gefallen war. des weiteren litt der versicherte an diabetes mellitus, pavk ii a (arteriosklerose) und niereninsuffizienz. er wurde in der zeit vom 06. bis zum 19.02.2009 behandelt. am 09.02.2009 führten die ärzte der beklagten eine operative wundrevision durch. später führten sie eine zweite wundrevision am 13.02.2009 durch und legten anschließend einen vakuumversiegelungsverband (vac, "vacuum assisted closure") an. innerhalb von 4 tagen verbesserten sich die wundverhältnisse derart, dass der versicherte am 19.02.2009 entlassen wurde. 4die diesbezügliche rechnung der beklagten vom 06./10.03.2009 in höhe von 4.946,52 euro (drg j08b) bezahlte die klägerin. nach einer überprüfung des falles durch den medizinischen dienst der krankenversicherung (mdk) machte sie eine rückforderung in höhe von 3.227,60 euro gegenüber der beklagten geltend. es sei lediglich die abrechnung der fallpauschale drg j65a berechtigt gewesen. die angewandte vac-therapie hätte bei der abrechnung nicht berücksichtigt werden dürfen, da die überlegenheit dieser methode gegenüber herkömmlichen wundbehandlungen nicht wissenschaftlich nachgewiesen sei. eine entsprechende befürwortung sei weder durch den gemeinsamen bundesausschuss (g-ba) noch durch das institut für qualität- und wirtschaftlichkeit im gesundheitswesen (iqwig) empfohlen worden. 5außergerichtliche zahlungsaufforderungen der klägerin sind ohne erfolg und einigung der beteiligten geblieben. 6die klägerin hat daraufhin beim sozialgericht klage auf zahlung von 3.227,60 euro erhoben. für die umstrittene vac-therapie bestehe kein nachweis der wirksamkeit und wirtschaftlichkeit. nach der rechtsprechung des bundessozialgerichts, insbesondere des jüngsten urteils vom 21.03.2013 – b 3 kr 2/12 r – sei dies auch im stationären bereich erforderlich. die anwendung herkömmlicher wundverbände wäre ausreichend gewesen. insofern hätten verschiedene konventionelle verbandsarten zur verfügung gestanden. um den von der beklagten in rechnung gestellten betrag zu erreichen, hätte die obere grenzverweildauer der zutreffenden drg j65a um 22 tage überschritten werden müssen. 7die klägerin beantragt, 8die beklagte zu verurteilen, an die klägerin 3.227,60 euro nebst 2 prozent zinsen über dem basiszinssatz seit dem 13.11.2009 zu zahlen. 9die beklagte beantragt, 10die klage abzuweisen. 11sie hält die geltend gemachte forderung für unbegründet. die durchführung der vac–therapie sei medizinisch notwendig gewesen. dies ergäbe sich bereits aus der vielzahl der begleiterkrankungen des versicherten, die zu einem deutlich erhöhten risiko von wund- und heilungsstörungen führten. dieses risiko habe sich während der stationären behandlung auch manifestiert: ursprünglich habe eine großflächige blutergussbildung nach älterer prellung bestanden. nach der ersten wundrevision sei es unter anwendung konventioneller behandlungsmethoden zu einer verschlechterung der wundverhältnisse gekommen, dagegen habe sich nach der zweiten wundrevision mit anwendung des vac-verbandes bereits nach wenigen tagen eine deutliche verbesserung dargestellt. 12zur weiteren sachdarstellung wird auf die zu den gerichtsakten gereichten schriftsätze und unterlagen der beteiligten sowie die beigezogene krankenakte der beklagten bezug genommen. 13 | 14die zulässige leistungsklage ist unbegründet. 15der klägerin steht der geltend gemachte rückforderungsanspruch nicht zu. 16der zahlungsanspruch in höhe von 3.227,60 euro ist nach der übereinstimmenden darstellung beider beteiligter allein auf die frage der berücksichtigung der angewandten vac-therapie im rahmen der abrechnung und fallpauschalen zurückzuführen. 17entgegen dem diesbezüglichen standpunkt der klägerin durfte die beklagte bei der abrechnung der stationären behandlung die angewandte vac-therapie bei der festlegung der einschlägigen fallpauschale zu grunde legen. 18dem steht nicht entgegen, dass der gemeinsame bundesausschuss zu dieser therapie keine positive empfehlung abgegeben hat. denn nach der gesetzlichen regelung ist - anders als im ambulanten bereich (§ 135a sgb v) - für die anwendung einer sog. neuen unkonventionellen behandlungsmethode eine vorangegangene empfehlung des gemeinsamen bundesausschusses nicht notwendig. so hat der gesetzgeber eine diesbezügliche differenzierung zwischen der ambulanten und stationären behandlung dahingehend kodifiziert, dass im ambulanten bereich neue behandlungsmethoden ohne empfehlung des bundesausschusses verboten sind, während im stationären bereich neue behandlungsmethoden so lange anwendbar sind, bis sie vom gemeinsamen bundesausschuss durch einen beschluss ausgeschlossen werden, §§ 135a, 137c des fünften buches des sozialgesetzbuches (sgb v). vorliegend führt auch nicht das erfordernis der einhaltung der qualitätskriterien des § 2 abs. 1 satz 3 sgb v ("qualität und wirksamkeit der leistungen haben dem allgemein anerkannten stand der medizinischen erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen fortschritt zu berücksichtigen.") zu einem verbot der anwendung der vac-therapie im stationären bereich. denn entgegen dem standpunkt der klägerin und dem möglicherweise so zu interpretierenden urteil des bundessozialgerichts vom 21.03.2013 (a.a.o.) kann jedenfalls hinsichtlich der hier diskutierten therapie nicht davon ausgegangen werden, dass ihre qualität im sinne der einhaltung des allgemein anerkannten standes der medizinischen erkenntnisse derart durch studien bereits belegt sein muss, dass der gemeinsame bundesausschuss diese therapie als empfehlungswürdig einschätzen würde. das aufstellen eines solch hohen erfordernisses würde der ausdrücklichen gesetzgeberischen regelung des § 137c abs. 1 sgb v entgegenlaufen. denn insbesondere aus der aktuellen, seit dem 01.01.2012 geltenden fassung wird das anliegen des gesetzgebers deutlich, dass auch methoden, deren nutzen noch nicht hinreichend belegt ist, aber das potenzial einer erforderlichen behandlungsalternative bieten, zunächst zu lasten der krankenkassen weiterhin erbracht werden können. dies folgt aus § 137c abs. 1 satz 3 i.v.m. § 137e abs. 1 sgb v. dass diese gesetzesänderung des § 137c abs. 1 sgb v zum 01.01.2012 keine konstruktive änderung i.s.e. neuen gesetzeslage darstellt, sondern eine klarstellung beinhaltet, ergibt sich aus der gesetzesbegründung: "die entscheidungen des gemeinsamen bundesausschusses, die zutreffend eine sektorenübergreifende nutzenbewertung als ausgangspunkt haben, berücksichtigen auf der grundlage des geltenden rechts nicht hinreichend den besonderen bedarf nach – bisher noch nicht auf hohem niveau belegten – behandlungsalternativen in der versorgung von stationär behandlungsbedürftigen und daher typischerweise schwerer erkrankten versicherten." (bt-drucks. 17/6906, s. 86). darüber hinaus ist auch zur änderung des § 137c abs. 1 satz 2 sgb v ausdrücklich ausgeführt: "die änderung in satz 2 bewirkt, dass der unmittelbare ausschluss einer untersuchungs- oder behandlungsmethode aus der krankenhausversorgung grundsätzlich nur dann erfolgen kann, wenn nach feststellung des gemeinsamen bundesausschusses der nutzen nicht hinreichend belegt ist und darüber hinaus die überprüfte methode kein potenzial als erforderliche behandlungsmethode in der stationären versorgung bietet. ein potenzial für eine erforderlichkeit kann sich etwa daraus ergeben, dass die methode aufgrund ihres wirkprinzips und der bisher vorliegenden erkenntnisse mit der erwartung verbunden ist, dass andere aufwändigere, für den patienten invasivere oder bei bestimmten patienten nicht erfolgreiche methode ersetzt werden können, die methode weniger nebenwirkungen hat, sie eine optimierung der behandlung bedeutet oder die methode in sonstiger weise eine effektivere behandlung ermöglichen kann." (bt-drucks. 17/6906, s. 86 f.). 19diese, vom gesetzgeber aufgestellten voraussetzungen für einen ausschluss der behandlungsmethode sind bei der vac-therapie nicht gegeben. vielmehr ist unter berücksichtigung der handlungen und beschlüsse des gemeinsamen bundesausschusses davon auszugehen, dass diese methode das potenzial einer erforderlichen behandlungsalternative bietet. denn der gemeinsame bundesausschuss hat zur vakuumversiegelungstherapie in seiner zusammenfassenden dokumentation des unterausschusses "ärztliche behandlung" vom 15.02.2008 zu punkt 3 - fazit - ausgeführt: "trotz unzureichender daten zum beleg des nutzens der vakuumversiegelungstherapie sollte die methode aufgrund der hinweise zum nutzen derzeit nicht ausgeschlossen werden." diese einschätzung hatte auch dazu geführt, dass der gemeinsame bundesausschuss im jahre 2007 diese therapieform nicht ausgeschlossen, sondern die beschlussfassung ausgesetzt, und im jahr 2010 erneut ausgesetzt hat mit dem ziel, zusätzliche erkenntnisse aus der anwendung der methode zu gewinnen (aussetzungsbeschlüsse vom 15.11.2007 und 19.08.2010). unter berücksichtigung des inhalts dieser beschlüsse und den zu grunde liegenden ausführungen stellt diese vorgehensweise des gemeinsamen bundesausschusses im ergebnis praktisch und inhaltlich keine andere handlung als das beschließen einer richtlinie zur erprobung im sinne des § 137c abs. 1 satz 3 sgb v in der erst später in kraft getretenen fassung dar. auch das verwaltungsgericht stuttgart ist davon ausgegangen, dass es sich bei der vakuumversiegelungstherapie um eine in der fachwelt anerkannte behandlungsmethode handelt (urteil vom 03.08.2009 – 12 k 409/09 – m.w.n., juris.de, rn. 26). 20unter berücksichtigung dieser ausdrücklichen gesetzlichen regelungen kann jedenfalls für die in diesem fall umstrittene vac-behandlungsmethode weder eine positive empfehlung des gemeinsamen bundesausschusses noch das vorliegen von z.b. studien der phase iii oder vergleichbar starke wirksamkeitsnachweise gefordert werden. damit kann dahingestellt bleiben, ob die urteilsbegründung des bundessozialgerichts (a.a.o., vgl. juris.de, rn. 13) als so weitgehend verstanden werden kann und ob sie mit der gesetzeslage noch übereinstimmt. das gericht hat aus den ausgeführten gründen jedenfalls den hier vorliegenden fall als nicht vergleichbar mit dem vom bundessozialgericht am 21.03.2013 entschiedenen fall erachtet. hinzu kommt, dass zu der dem urteil des bundessozialgerichts zu grunde liegenden behandlungsmethode der in-vitro aufbereitung offensichtlich nur eine kleine studie oder unklare studien existieren. 21im konkret zu bewertenden behandlungsfall des versicherten der klägerin hat diese bzw. der mdk keine konkreten einwände zur medizinischen notwendigkeit im einzelfall unter berücksichtigung der umstände des einzelfalls (erhebliche begleiterkrankungen, notwendigkeit von zwei operativen wundrevisionen) erhoben. 22die kostenentscheidung beruht auf § 197a sgg i.v.m. § 154 vwgo. 23&8195; |
190,301 | {
"id": 792,
"jurisdiction": "Finanzgerichtsbarkeit",
"level_of_appeal": null,
"name": "Finanzgericht Münster",
"state": 12
} | 2 K 4354/10 Kg | 2013-08-14T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bescheid der Beklagten vom 20.10.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.11.2010 wird aufgehoben.Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand:2Die Beteiligten streiten noch darüber, ob dem Kläger für den Zeitraum von Mai 2010 bis November 2010 Kindergeld für seine am 00.00.2006 geborene Tochter M zusteht.3Der Kläger ist deutscher Staatsangehöriger und wohnhaft in L. Im streitigen Zeitraum war er nicht erwerbstätig und bezog Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II). Seine Tochter M, die vom 01.12.2006 bis zum 01.10.2009 unter der Adresse des Klägers in Deutschland gemeldet war, lebte im streitigen Zeitraum zusammen mit ihrer Mutter in Polen. Der Kläger und die Mutter von M, Frau B Q , sind und waren nicht verheiratet. Der Kläger hat nach eigenen Angaben aufgrund von Streitigkeiten derzeit keinen Kontakt zur Mutter seiner Tochter. Nach seinem Kenntnisstand betreibe diese zusammen mit ihrer Mutter und ihrem Bruder einen Großhandel mit Lkw-Teilen und habe im streitigen Zeitraum kein Kindergeld für M in Polen bezogen.4Ausweislich der auf Anforderung der Beklagten für den Zeitraum vom 01.06.2009 bis zum 30.09.2010 ausgestellten Bescheinigung E411 war die Mutter von M ab Januar 2010 als Selbständige erwerbstätig. Ob ihr ein Kindergeldanspruch in Polen zustand, ergibt sich aus der Bescheinigung nicht. Auf der Bescheinigung wird allerdings bestätigt, dass sie in Polen keinen Antrag auf Zahlung von Kindergeld gestellt hat. Laut einer von dem Kläger eingereichten Bescheinigung des städtischen Zentrums für Sozialhilfe E vom 22.03.2010 sind für M bis zu dem Tag der Ausstellung der Bescheinigung keine Familienleistungen beantragt worden. Nur im September 2006 sei einmalig eine Beihilfe aufgrund der Geburt von M gezahlt worden.5Der Kläger erhielt in Deutschland für seine Tochter M zunächst fortlaufend Kindergeld. Am 08.04.2010 stellte er einen Antrag auf deutsches Kindergeld --Ausland--, in dem er erstmals angab, dass sich seine Tochter in Polen aufhalte. Die Beklagte hob daraufhin mit Bescheid vom 20.10.2010 die Kindergeldfestsetzung ab Mai 2010 auf. Zur Begründung führte sie aus: Das Kindergeld sei an denjenigen Elternteil zu zahlen, der nach § 64 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kindergeldberechtigt sei. Dies gelte nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) auch dann, wenn dieser Elternteil selbst nicht den deutschen Rechtsvorschriften unterliege. Kindergeldberechtigt sei daher im Streitfall nicht der Kläger, sondern die Mutter des Kindes.6Der Kläger legte gegen diesen Bescheid am 28.10.2010 Einspruch ein. Mit Einspruchsentscheidung vom 09.11.2010 wies die Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück.7Am 25.11.2010 hat der Kläger daraufhin die vorliegende Klage erhoben. Gegenstand der Klage war zwischenzeitlich auch die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung von Kindergeld für Juni 2009 bis April 2010. Die Beklagte hat dem Klagebegehren insoweit mit Bescheid vom 25.05.2011 entsprochen, woraufhin die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben. Der Senat hat mit Beschluss vom 13.08.2013 das die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung von Kindergeld für Juni 2009 bis April 2010 betreffende Verfahren abgetrennt (Aktenzeichen 2 K 2540/13 Kg,AO) und über die Kosten des abgetrennten Verfahrens entschieden.8Der Kläger beantragt,9den Bescheid der Beklagten vom 20.10.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.11.2010 aufzuheben.10Die Beklagte beantragt,11 die Klage abzuweisen.12Zur Begründung verweist sie auf die Einspruchsentscheidung.13Am 00.00.2012 ist über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Das Insolvenzverfahren ist noch nicht beendet. Der Insolvenzverwalter hat mit Schriftsatz vom 08.08.2013 erklärt, dass er das vorliegende Verfahren nicht aufnehme. Der Kläger hat das Verfahren daraufhin mit Schriftsatz vom 12.08.2013 aufgenommen.14Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 06.06.2011 (die Beklagte) und vom 12.08.2013 (der Kläger) auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.15Entscheidungsgründe:16Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten nach § 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ohne mündliche Verhandlung.17Das Verfahren ist trotz des noch nicht abgeschlossenen Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers nicht mehr nach § 155 FGO in Verbindung mit § 240 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) unterbrochen. Der Insolvenzverwalter hat das vorliegende Verfahren, bei dem es sich um einen Aktivprozess handelt, mit seiner Erklärung, dass er den Rechtsstreit nicht aufnehme, freigegeben (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 71. Auflage 2013, § 240 Rn. 24). Der Kläger konnte das Verfahren sodann nach § 85 Abs. 2 der Insolvenzordnung aufnehmen.18Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für die Monate Mai 2010 bis November 2010. Spätere Zeiträume sind nicht mehr Gegenstand des Klageverfahrens, da die Beklagte in ihrer im November 2010 bekanntgegebenen Einspruchsentscheidung keine Entscheidung für die Zukunft getroffen hat (vgl. u.a. BFH-Beschluss vom 19.12.2008 III B 163/07, BFH/NV 2008, 2009, 578 mit weiteren Nachweisen).19Beklagte ist im Streitfall die Familienkasse … . Diese ist aufgrund eines Organisationsaktes (Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit Nr. 21/2013 vom 18. April 2013 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 11 des Finanzverwaltungsgesetzes, Amtliche Nachrichten der Bundesagentur für Arbeit, Ausgabe Mai 2013, S. 10 ff.) im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung der Agentur für Arbeit F --Familienkasse-- eingetreten (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 19.06.2013 III B 79/12, juris). Nach Abschnitt 2.2 der Anlage 2 zu dem vorgenannten Beschluss des Vorstands der Bundesagentur für Arbeit ist die Familienkasse … u.a. zuständig, sofern auf den Anspruchsberechtigten oder einen anderen Elternteil über- bzw. zwischenstaatliche Rechtsvorschriften anzuwenden sind und der Anspruchsberechtigte, der andere Elternteil oder ein anspruchsbegründendes Kind ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt in Polen haben. Diese Voraussetzungen liegen hier vor, da sowohl M als auch ihre Mutter den Wohnsitz in Polen haben und auf den streitigen Kindergeldanspruch die Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (nachfolgend kurz: VO (EG) Nr. 883/2004) und die hierzu ergangene Durchführungs-Verordnung (EG) Nr. 987/2009 (nachfolgend kurz: DVO (EG) Nr. 987/2009) Anwendung finden.20Die Klage ist begründet.21Der Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 20.10.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 09.11.2010 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Die Beklagte war nicht berechtigt, die Festsetzung des Kindergeldes gegenüber dem Kläger aufzuheben und den Kläger gemäß § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG auf einen vorrangigen Anspruch der mit der gemeinsamen Tochter in Polen lebenden Kindesmutter zu verweisen.22Auf den Kläger, die Kindesmutter und die gemeinsame Tochter M finden in Bezug auf den streitigen Kindergeldanspruch die VO (EG) Nr. 883/2004 und die DVO (EG) Nr. 987/2009) sowohl persönlich (Art. 2 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 883/2004) als auch sachlich (Art. 3 Buchst. j der VO (EG) Nr. 883/2004) Anwendung. Nach Art. 11 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 883/2004 unterfallen Personen, für die die Verordnung gilt, den Rechtsvorschriften nur eines Mitgliedstaates, wobei der Kläger, der im Streitzeitraum nicht erwerbstätig war, aufgrund seines Wohnsitzes in Deutschland gemäß Art. 11 Abs. 3 Buchst. e der VO (EG) Nr. 883/2004 den deutschen Rechtsvorschriften unterliegt.23Nach deutschem Recht hatte der Kläger im streitigen Zeitraum gemäß §§ 62 Abs. 1 Nr. 1, 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG einen Anspruch auf Kindergeld für seine Tochter M. Insbesondere war die minderjährige Tochter des Klägers als Kind i.S. des § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen, da es ausreicht, dass --wie im Streitfall-- das Kind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union (EU) hat (§ 63 Abs. 1 Satz 3 EStG). Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.24Der Kindergeldanspruch des Klägers ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Kindergeld gem. § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG bzw. § 3 Abs. 2 Satz 1 BKKG vorrangig an die Kindesmutter zu zahlen wäre, die die gemeinsame Tochter in ihren Haushalt aufgenommen hat.25Anspruchsberechtigt i.S.d. § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG bzw. § 3 Abs. 2 Satz 1 BKGG und damit vorrangig kindergeldberechtigt können nur solche Personen sein, die selbst die Anspruchsvoraussetzungen des § 62 Abs. 1 EStG oder des § 1 Nr. 1 bis Nr. 4 BKGG erfüllen (vgl. z.B. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 23. März 2011, 2 K 2248/10, EFG 2011, 1323; FG Münster, Urteil vom 24.01.2013 11 K 3406/11 Kg, AO, EFG 2013, 633). Dies ist jedoch bei der Mutter von M nicht der Fall. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sie im streitigen Zeitraum einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatte oder nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wurde. Es lässt sich auch nicht feststellen, dass ihr für den Streitzeitraum ein Kindergeldanspruch gemäß § 1 BKGG zustand. Vielmehr liegen auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BKGG ersichtlich nicht vor.26Ein den Anspruch des Klägers verdrängender Kindergeldanspruch der in Polen lebenden Kindesmutter lässt sich --entgegen der Auffassung der Beklagten-- auch nicht aus Art. 67 der VO (EG) Nr. 883/2004 i.V. mit der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 73 der VO (EWG) Nr. 1408/71 herleiten.27Gemäß Art. 67 der VO (EG) Nr. 883/2004 hat eine Person auch für Familienangehörige, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnen, Anspruch auf Familienleistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, als ob die Familienangehörigen in diesem Mitgliedstaat wohnen würden. Darüber hinaus bestimmt Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der DVO (EG) Nr. 987/2009, dass bei der Anwendung von Art. 67 und 68 der VO (EG) Nr. 883/2004, insbesondere was das Recht einer Person zur Erhebung eines Leistungsanspruchs anbelangt, die Situation der gesamten Familie in einer Weise zu berücksichtigen ist, als würden alle beteiligten Personen unter die Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaats fallen und dort wohnen (sog. Familienbetrachtung).28Aus diesen Vorschriften ergibt sich jedoch kein den Anspruch des Klägers verdrängender Kindergeldanspruch der Kindesmutter. Zum einen ist die in Polen wohnhafte und mit dem Kläger nicht verheiratete Kindesmutter keine Familienangehörige i.S. von Art. 67 der VO (EG) Nr. 883/2004. Nach Art. 1 Buchst. i) Nr. 1 Buchst. i) der VO (EG) Nr. 883/2004 richtet sich die Bestimmung des Begriffs „Familienangehöriger“ für Zwecke der Verordnung vorrangig nach den Rechtsvorschriften des zuständigen Mitgliedstaats, nach denen die betreffenden Leistungen gewährt werden. Da in den maßgeblichen deutschen Rechtsvorschriften der Begriff des „Familienangehörigen“ nicht definiert ist, kommt im Streitfall Art. 1 Buchst. i) Nr. 2 der VO (EG) Nr. 883/2004 zur Anwendung, wonach nur der Ehegatte, die minderjährigen Kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder als Familienangehörige angesehen werden (FG Münster, Urteil vom 24.01.2013 11 K 3406/11 Kg, AO, EFG 2013, 633).29Zum anderen ergibt sich nach der herrschenden Meinung in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung, der der Senat folgt, aus der sog. Familienbetrachtung in Art. 60 Abs. 1 Satz 2 der DVO (EG) Nr. 987/2009 keine Fiktion dahin, dass alle Familienangehörigen unter die deutschen Rechtsvorschriften fallen und demnach auch einen --den Anspruch des den deutschen Rechtsvorschriften unterliegenden Elternteils gegebenenfalls verdrängenden-- Kindergeldanspruch erlangen (vgl. FG Rheinland-Pfalz Urteil vom 14.12.2011, 2 K 2085/10, EFG 2012, 716; FG Münster, Urteil vom 24.01.2013 11 K 3406/11 Kg, AO, EFG 2013, 633; FG Düsseldorf, Urteil vom 13.03.2013 15 K 4316/12 Kg, juris; a.A. FG Bremen, Urteil vom 10.11.2011, 3 K 26/11, EFG 2012, 143).30Schließlich wird der Kindergeldanspruch des Klägers nach deutschem Recht weder nach Art. 68 der VO (EG) Nr. 883/2004 i.V.m. Art. 58 ff. der VO (EG) Nr. 987/2009 noch nach § 65 Abs. 1 EStG beschränkt. Art. 68 der VO (EG) Nr. 883/2004 stellt für den Fall des Zusammentreffens von Ansprüchen für dieselben Familienangehörigen und denselben Zeitraum Prioritätsregeln auf. Die Anwendung dieser Prioritätsregeln setzt jedoch ebenso wie § 65 Abs. 1 EStG eine Anspruchskonkurrenz voraus, an der es im Streitfall fehlt.31Die Kindesmutter hat bis Ende September 2010 in Polen keine Familienleistungen beantragt und bezogen. Dies ergibt sich aus den Angaben der zuständigen polnischen Behörde auf der Bescheinigung E 411 und der von dem Kläger eingereichten Bescheinigung des städtischen Zentrums für Sozialhilfe E. Hat aber die Kindesmutter tatsächlich keine Familienleistungen in Polen beantragt und bezogen, so darf der Anspruch des Klägers auf deutsches Kindergeld --unabhängig davon, ob die Kindesmutter in Polen materiell-rechtlich einen Anspruch auf Kindergeld hatte-- nicht gekürzt werden. Dies folgt aus dem EuGH-Urteil in der Rechtssache Schwemmer (Urteil vom 14. Oktober 2010 C-16/09, C 346, 8). Diese Entscheidung ist zwar zu Art. 10 der Verordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (VO (EWG) Nr. 574/72) ergangen. Jedoch sind nach Auffassung des Senats die dort entwickelten Grundsätze für Ansprüche auf Familienleistungen bei Zusammentreffen von solchen Ansprüchen nach den Rechtsvorschriften mehrerer Mitgliedstaaten auch bei Anwendung der Art. 10 VO (EWG) Nr. 574/72 entsprechenden Regelung des Art. 68 VO (EG) Nr. 883/2004 zu beachten (so auch FG Münster, Urteil vom 24.07.2012 11 K 489/11 Kg, EFG 2012, 2130).32Auch für die Monate Oktober und November 2010 steht dem Kläger Kindergeld in voller Höhe zu. Der Senat hält es für glaubhaft, dass die Kindesmutter auch im Oktober und November 2010 keine polnischen Familienleistungen für M beantragt und bezogen hat. Aus den vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass die Mutter von M erwerbstätig ist und seit der Geburt von M bis Ende September 2010 keinen Antrag auf Gewährung (einkommensabhängiger) polnischer Familienleistungen gestellt hat. Der Senat geht davon aus, dass sich an diesem Sachverhalt auch im Oktober und November 2010 nichts geändert hat. Im Übrigen würde die Beklagte die Feststellungslast für die einen konkurrierenden Anspruch in Polen begründenden (und damit den Anspruch in Deutschland mindernden) Tatsachen tragen. Auch aus Art 60 DVO (EG) Nr. 987/2009 ergibt sich, dass es den zuständigen Trägern der Familienleistungen und nicht den Leistungsbeziehern obliegt, zu klären, ob und inwieweit in dem anderen Mitgliedstaat prioritäre Ansprüche bestehen. Der Kläger hat im vorliegenden Verfahren seine (nach § 90 Abs. 2 der Abgabenordnung erhöhten) Mitwirkungspflichten nicht verletzt. Er hat glaubhaft erklärt, dass er derzeit aufgrund von Streitigkeiten keinen Kontakt zu der Mutter des Kindes habe und daher den Sachverhalt nicht weiter aufklären könne.33Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.34Die Revision war gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zuzulassen.35Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 Abs. 3, 155 FGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. | der bescheid der beklagten vom 20.10.2010 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 09.11.2010 wird aufgehoben.die beklagte trägt die kosten des verfahrens.die revision wird zugelassen. 1 | 2die beteiligten streiten noch darüber, ob dem kläger für den zeitraum von mai 2010 bis november 2010 kindergeld für seine am 00.00.2006 geborene tochter m zusteht.3der kläger ist deutscher staatsangehöriger und wohnhaft in l. im streitigen zeitraum war er nicht erwerbstätig und bezog leistungen zur sicherung des lebensunterhalts nach dem zweiten sozialgesetzbuch (sgb ii). seine tochter m, die vom 01.12.2006 bis zum 01.10.2009 unter der adresse des klägers in deutschland gemeldet war, lebte im streitigen zeitraum zusammen mit ihrer mutter in polen. der kläger und die mutter von m, frau b q , sind und waren nicht verheiratet. der kläger hat nach eigenen angaben aufgrund von streitigkeiten derzeit keinen kontakt zur mutter seiner tochter. nach seinem kenntnisstand betreibe diese zusammen mit ihrer mutter und ihrem bruder einen großhandel mit lkw-teilen und habe im streitigen zeitraum kein kindergeld für m in polen bezogen.4ausweislich der auf anforderung der beklagten für den zeitraum vom 01.06.2009 bis zum 30.09.2010 ausgestellten bescheinigung e411 war die mutter von m ab januar 2010 als selbständige erwerbstätig. ob ihr ein kindergeldanspruch in polen zustand, ergibt sich aus der bescheinigung nicht. auf der bescheinigung wird allerdings bestätigt, dass sie in polen keinen antrag auf zahlung von kindergeld gestellt hat. laut einer von dem kläger eingereichten bescheinigung des städtischen zentrums für sozialhilfe e vom 22.03.2010 sind für m bis zu dem tag der ausstellung der bescheinigung keine familienleistungen beantragt worden. nur im september 2006 sei einmalig eine beihilfe aufgrund der geburt von m gezahlt worden.5der kläger erhielt in deutschland für seine tochter m zunächst fortlaufend kindergeld. am 08.04.2010 stellte er einen antrag auf deutsches kindergeld --ausland--, in dem er erstmals angab, dass sich seine tochter in polen aufhalte. die beklagte hob daraufhin mit bescheid vom 20.10.2010 die kindergeldfestsetzung ab mai 2010 auf. zur begründung führte sie aus: das kindergeld sei an denjenigen elternteil zu zahlen, der nach § 64 des einkommensteuergesetzes (estg) kindergeldberechtigt sei. dies gelte nach der rechtsprechung des gerichtshofs der europäischen union (eugh) auch dann, wenn dieser elternteil selbst nicht den deutschen rechtsvorschriften unterliege. kindergeldberechtigt sei daher im streitfall nicht der kläger, sondern die mutter des kindes.6der kläger legte gegen diesen bescheid am 28.10.2010 einspruch ein. mit einspruchsentscheidung vom 09.11.2010 wies die beklagte den einspruch als unbegründet zurück.7am 25.11.2010 hat der kläger daraufhin die vorliegende klage erhoben. gegenstand der klage war zwischenzeitlich auch die aufhebung der kindergeldfestsetzung und die rückforderung von kindergeld für juni 2009 bis april 2010. die beklagte hat dem klagebegehren insoweit mit bescheid vom 25.05.2011 entsprochen, woraufhin die beteiligten den rechtsstreit in der hauptsache für erledigt erklärt haben. der senat hat mit beschluss vom 13.08.2013 das die aufhebung der kindergeldfestsetzung und die rückforderung von kindergeld für juni 2009 bis april 2010 betreffende verfahren abgetrennt (aktenzeichen 2 k 2540/13 kg,ao) und über die kosten des abgetrennten verfahrens entschieden.8der kläger beantragt,9den bescheid der beklagten vom 20.10.2010 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 09.11.2010 aufzuheben.10die beklagte beantragt,11 die klage abzuweisen.12zur begründung verweist sie auf die einspruchsentscheidung.13am 00.00.2012 ist über das vermögen des klägers das insolvenzverfahren eröffnet worden. das insolvenzverfahren ist noch nicht beendet. der insolvenzverwalter hat mit schriftsatz vom 08.08.2013 erklärt, dass er das vorliegende verfahren nicht aufnehme. der kläger hat das verfahren daraufhin mit schriftsatz vom 12.08.2013 aufgenommen.14die beteiligten haben mit schriftsätzen vom 06.06.2011 (die beklagte) und vom 12.08.2013 (der kläger) auf die durchführung einer mündlichen verhandlung verzichtet.15 | 16der senat entscheidet mit einverständnis der beteiligten nach § 90 abs. 2 der finanzgerichtsordnung (fgo) ohne mündliche verhandlung.17das verfahren ist trotz des noch nicht abgeschlossenen insolvenzverfahrens über das vermögen des klägers nicht mehr nach § 155 fgo in verbindung mit § 240 satz 1 der zivilprozessordnung (zpo) unterbrochen. der insolvenzverwalter hat das vorliegende verfahren, bei dem es sich um einen aktivprozess handelt, mit seiner erklärung, dass er den rechtsstreit nicht aufnehme, freigegeben (vgl. baumbach/lauterbach/albers/hartmann, zivilprozessordnung, 71. auflage 2013, § 240 rn. 24). der kläger konnte das verfahren sodann nach § 85 abs. 2 der insolvenzordnung aufnehmen.18gegenstand des vorliegenden verfahrens ist die aufhebung der kindergeldfestsetzung für die monate mai 2010 bis november 2010. spätere zeiträume sind nicht mehr gegenstand des klageverfahrens, da die beklagte in ihrer im november 2010 bekanntgegebenen einspruchsentscheidung keine entscheidung für die zukunft getroffen hat (vgl. u.a. bfh-beschluss vom 19.12.2008 iii b 163/07, bfh/nv 2008, 2009, 578 mit weiteren nachweisen).19beklagte ist im streitfall die familienkasse … . diese ist aufgrund eines organisationsaktes (beschluss des vorstands der bundesagentur für arbeit nr. 21/2013 vom 18. april 2013 gemäß § 5 abs. 1 nr. 11 des finanzverwaltungsgesetzes, amtliche nachrichten der bundesagentur für arbeit, ausgabe mai 2013, s. 10 ff.) im wege des gesetzlichen parteiwechsels in die beteiligtenstellung der agentur für arbeit f --familienkasse-- eingetreten (vgl. dazu bfh-beschluss vom 19.06.2013 iii b 79/12, juris). nach abschnitt 2.2 der anlage 2 zu dem vorgenannten beschluss des vorstands der bundesagentur für arbeit ist die familienkasse … u.a. zuständig, sofern auf den anspruchsberechtigten oder einen anderen elternteil über- bzw. zwischenstaatliche rechtsvorschriften anzuwenden sind und der anspruchsberechtigte, der andere elternteil oder ein anspruchsbegründendes kind ihren wohnsitz bzw. gewöhnlichen aufenthalt in polen haben. diese voraussetzungen liegen hier vor, da sowohl m als auch ihre mutter den wohnsitz in polen haben und auf den streitigen kindergeldanspruch die verordnung (eg) nr. 883/2004 des europäischen parlaments und des rates vom 29. april 2004 zur koordinierung der systeme der sozialen sicherheit (nachfolgend kurz: vo (eg) nr. 883/2004) und die hierzu ergangene durchführungs-verordnung (eg) nr. 987/2009 (nachfolgend kurz: dvo (eg) nr. 987/2009) anwendung finden.20die klage ist begründet.21der aufhebungsbescheid der beklagten vom 20.10.2010 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 09.11.2010 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten (§100 abs. 1 satz 1 fgo). die beklagte war nicht berechtigt, die festsetzung des kindergeldes gegenüber dem kläger aufzuheben und den kläger gemäß § 64 abs. 2 satz 1 estg auf einen vorrangigen anspruch der mit der gemeinsamen tochter in polen lebenden kindesmutter zu verweisen.22auf den kläger, die kindesmutter und die gemeinsame tochter m finden in bezug auf den streitigen kindergeldanspruch die vo (eg) nr. 883/2004 und die dvo (eg) nr. 987/2009) sowohl persönlich (art. 2 abs. 1 der vo (eg) nr. 883/2004) als auch sachlich (art. 3 buchst. j der vo (eg) nr. 883/2004) anwendung. nach art. 11 abs. 1 der vo (eg) nr. 883/2004 unterfallen personen, für die die verordnung gilt, den rechtsvorschriften nur eines mitgliedstaates, wobei der kläger, der im streitzeitraum nicht erwerbstätig war, aufgrund seines wohnsitzes in deutschland gemäß art. 11 abs. 3 buchst. e der vo (eg) nr. 883/2004 den deutschen rechtsvorschriften unterliegt.23nach deutschem recht hatte der kläger im streitigen zeitraum gemäß §§ 62 abs. 1 nr. 1, 63 abs. 1 satz 1 nr. 1, 32 abs. 1 nr. 1 estg einen anspruch auf kindergeld für seine tochter m. insbesondere war die minderjährige tochter des klägers als kind i.s. des § 32 abs. 1 nr. 1 estg zu berücksichtigen, da es ausreicht, dass --wie im streitfall-- das kind seinen wohnsitz oder gewöhnlichen aufenthalt in einem mitgliedstaat der europäischen union (eu) hat (§ 63 abs. 1 satz 3 estg). dies ist zwischen den beteiligten auch unstreitig.24der kindergeldanspruch des klägers ist entgegen der auffassung der beklagten nicht deshalb ausgeschlossen, weil das kindergeld gem. § 64 abs. 2 satz 1 estg bzw. § 3 abs. 2 satz 1 bkkg vorrangig an die kindesmutter zu zahlen wäre, die die gemeinsame tochter in ihren haushalt aufgenommen hat.25anspruchsberechtigt i.s.d. § 64 abs. 2 satz 1 estg bzw. § 3 abs. 2 satz 1 bkgg und damit vorrangig kindergeldberechtigt können nur solche personen sein, die selbst die anspruchsvoraussetzungen des § 62 abs. 1 estg oder des § 1 nr. 1 bis nr. 4 bkgg erfüllen (vgl. z.b. fg rheinland-pfalz, urteil vom 23. märz 2011, 2 k 2248/10, efg 2011, 1323; fg münster, urteil vom 24.01.2013 11 k 3406/11 kg, ao, efg 2013, 633). dies ist jedoch bei der mutter von m nicht der fall. es bestehen keine anhaltspunkte dafür, dass sie im streitigen zeitraum einen wohnsitz oder ihren gewöhnlichen aufenthalt in deutschland hatte oder nach § 1 abs. 3 estg als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wurde. es lässt sich auch nicht feststellen, dass ihr für den streitzeitraum ein kindergeldanspruch gemäß § 1 bkgg zustand. vielmehr liegen auch die voraussetzungen des § 1 abs. 1 bkgg ersichtlich nicht vor.26ein den anspruch des klägers verdrängender kindergeldanspruch der in polen lebenden kindesmutter lässt sich --entgegen der auffassung der beklagten-- auch nicht aus art. 67 der vo (eg) nr. 883/2004 i.v. mit der rechtsprechung des eugh zu art. 73 der vo (ewg) nr. 1408/71 herleiten.27gemäß art. 67 der vo (eg) nr. 883/2004 hat eine person auch für familienangehörige, die in einem anderen mitgliedstaat wohnen, anspruch auf familienleistungen nach den rechtsvorschriften des zuständigen mitgliedstaats, als ob die familienangehörigen in diesem mitgliedstaat wohnen würden. darüber hinaus bestimmt art. 60 abs. 1 satz 2 der dvo (eg) nr. 987/2009, dass bei der anwendung von art. 67 und 68 der vo (eg) nr. 883/2004, insbesondere was das recht einer person zur erhebung eines leistungsanspruchs anbelangt, die situation der gesamten familie in einer weise zu berücksichtigen ist, als würden alle beteiligten personen unter die rechtsvorschriften des betreffenden mitgliedstaats fallen und dort wohnen (sog. familienbetrachtung).28aus diesen vorschriften ergibt sich jedoch kein den anspruch des klägers verdrängender kindergeldanspruch der kindesmutter. zum einen ist die in polen wohnhafte und mit dem kläger nicht verheiratete kindesmutter keine familienangehörige i.s. von art. 67 der vo (eg) nr. 883/2004. nach art. 1 buchst. i) nr. 1 buchst. i) der vo (eg) nr. 883/2004 richtet sich die bestimmung des begriffs „familienangehöriger“ für zwecke der verordnung vorrangig nach den rechtsvorschriften des zuständigen mitgliedstaats, nach denen die betreffenden leistungen gewährt werden. da in den maßgeblichen deutschen rechtsvorschriften der begriff des „familienangehörigen“ nicht definiert ist, kommt im streitfall art. 1 buchst. i) nr. 2 der vo (eg) nr. 883/2004 zur anwendung, wonach nur der ehegatte, die minderjährigen kinder und die unterhaltsberechtigten volljährigen kinder als familienangehörige angesehen werden (fg münster, urteil vom 24.01.2013 11 k 3406/11 kg, ao, efg 2013, 633).29zum anderen ergibt sich nach der herrschenden meinung in der finanzgerichtlichen rechtsprechung, der der senat folgt, aus der sog. familienbetrachtung in art. 60 abs. 1 satz 2 der dvo (eg) nr. 987/2009 keine fiktion dahin, dass alle familienangehörigen unter die deutschen rechtsvorschriften fallen und demnach auch einen --den anspruch des den deutschen rechtsvorschriften unterliegenden elternteils gegebenenfalls verdrängenden-- kindergeldanspruch erlangen (vgl. fg rheinland-pfalz urteil vom 14.12.2011, 2 k 2085/10, efg 2012, 716; fg münster, urteil vom 24.01.2013 11 k 3406/11 kg, ao, efg 2013, 633; fg düsseldorf, urteil vom 13.03.2013 15 k 4316/12 kg, juris; a.a. fg bremen, urteil vom 10.11.2011, 3 k 26/11, efg 2012, 143).30schließlich wird der kindergeldanspruch des klägers nach deutschem recht weder nach art. 68 der vo (eg) nr. 883/2004 i.v.m. art. 58 ff. der vo (eg) nr. 987/2009 noch nach § 65 abs. 1 estg beschränkt. art. 68 der vo (eg) nr. 883/2004 stellt für den fall des zusammentreffens von ansprüchen für dieselben familienangehörigen und denselben zeitraum prioritätsregeln auf. die anwendung dieser prioritätsregeln setzt jedoch ebenso wie § 65 abs. 1 estg eine anspruchskonkurrenz voraus, an der es im streitfall fehlt.31die kindesmutter hat bis ende september 2010 in polen keine familienleistungen beantragt und bezogen. dies ergibt sich aus den angaben der zuständigen polnischen behörde auf der bescheinigung e 411 und der von dem kläger eingereichten bescheinigung des städtischen zentrums für sozialhilfe e. hat aber die kindesmutter tatsächlich keine familienleistungen in polen beantragt und bezogen, so darf der anspruch des klägers auf deutsches kindergeld --unabhängig davon, ob die kindesmutter in polen materiell-rechtlich einen anspruch auf kindergeld hatte-- nicht gekürzt werden. dies folgt aus dem eugh-urteil in der rechtssache schwemmer (urteil vom 14. oktober 2010 c-16/09, c 346, 8). diese entscheidung ist zwar zu art. 10 der verordnung (ewg) nr. 574/72 des rates vom 21. märz 1972 über die durchführung der verordnung (ewg) nr. 1408/71 über die anwendung der systeme der sozialen sicherheit auf arbeitnehmer und selbständige sowie deren familienangehörige, die innerhalb der gemeinschaft zu- und abwandern (vo (ewg) nr. 574/72) ergangen. jedoch sind nach auffassung des senats die dort entwickelten grundsätze für ansprüche auf familienleistungen bei zusammentreffen von solchen ansprüchen nach den rechtsvorschriften mehrerer mitgliedstaaten auch bei anwendung der art. 10 vo (ewg) nr. 574/72 entsprechenden regelung des art. 68 vo (eg) nr. 883/2004 zu beachten (so auch fg münster, urteil vom 24.07.2012 11 k 489/11 kg, efg 2012, 2130).32auch für die monate oktober und november 2010 steht dem kläger kindergeld in voller höhe zu. der senat hält es für glaubhaft, dass die kindesmutter auch im oktober und november 2010 keine polnischen familienleistungen für m beantragt und bezogen hat. aus den vorliegenden unterlagen ergibt sich, dass die mutter von m erwerbstätig ist und seit der geburt von m bis ende september 2010 keinen antrag auf gewährung (einkommensabhängiger) polnischer familienleistungen gestellt hat. der senat geht davon aus, dass sich an diesem sachverhalt auch im oktober und november 2010 nichts geändert hat. im übrigen würde die beklagte die feststellungslast für die einen konkurrierenden anspruch in polen begründenden (und damit den anspruch in deutschland mindernden) tatsachen tragen. auch aus art 60 dvo (eg) nr. 987/2009 ergibt sich, dass es den zuständigen trägern der familienleistungen und nicht den leistungsbeziehern obliegt, zu klären, ob und inwieweit in dem anderen mitgliedstaat prioritäre ansprüche bestehen. der kläger hat im vorliegenden verfahren seine (nach § 90 abs. 2 der abgabenordnung erhöhten) mitwirkungspflichten nicht verletzt. er hat glaubhaft erklärt, dass er derzeit aufgrund von streitigkeiten keinen kontakt zu der mutter des kindes habe und daher den sachverhalt nicht weiter aufklären könne.33die kostenentscheidung folgt aus § 135 abs. 1 fgo.34die revision war gemäß § 115 abs. 2 nr. 2 fgo zuzulassen.35die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf §§ 151 abs. 3, 155 fgo i. v. m. §§ 708 nr. 10, 711 zpo. |
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} | 2 O 276/10 | 2013-08-14T00:00:00 | Schlussurteil | Tenor Der Kläger wird verurteilt, an die Beklagte 2.408,14 € (in Worten: zweitausendvierhundertacht 14/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2010 zu zahlen.Von den Kosten des Rechtsstreits tragen 1/5 der Kläger und 4/5 die Beklagte mit Ausnahme der Beweisaufnahmekosten, die der Kläger zu 2/3 und die Beklagte zu 1/3 zu tragen haben.Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand:2Der Kläger unterhielt seit dem 01.01.2001 eine Anwartschaftsversicherung zur Kranken- und Pflegeversicherung bei der Beklagten gemäß Bestätigung der Beklagten vom 18.03.2002. Nach Kündigung der Pflegeversicherung durch den Kläger verblieb die Anwartschaftsversicherung zur Krankheitskostenversicherung nach Tarif 2810, mit dem die ambulante, die stationäre und die zahnärztliche Behandlung im Rahmen der Ärzte-Gruppenversicherung versichert ist. Da der Kläger im Sommer 2002 die Aktivierung der Anwartschaftsversicherung wünschte, übersandte die Beklagte ihm den Versicherungsschein vom 06.08.2002, der eine Monatsprämie von 268,29 €, nämlich Tarifprämie von 243,90 € zuzüglich 10 % Beitragszuschlag nach § 12 Abs. 4 a VAG auswies. Dem Vertrag liegen die AVB für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung zugrunde, deren Teil 1 den Musterbedingungen (MB/KK 94) entspricht und deren Teil 2 und 3 die Tarifbedingungen bzw. Tarifbedingungen für den Tarif 2810 enthält. Gemäß Versicherungsschein vom 11.11.2002 erhöhte die Beklagte die Tarifprämie in Höhe von 273,61 € zuzüglich 10 % Beitragszuschlag (27,36 €) auf insgesamt 300,97 € zum 01.01.2003. Hierzu erstellte die Beklagte ein Anschreiben vom 11.11.2002 an den Kläger, das Ausführungen zum Grund der Erhöhung enthält. Der Kläger lehnte die Beitragserhöhung schriftlich ab und leistete in der Folgezeit den im Versicherungsschein vom 06.08.2002 genannten Beitrag. Die Beklagte erhöhte den Beitrag zum 01.01.2004 auf 319,33 €, zum 01.01.2006 auf 327,82 € und zum 01.01.2007 auf 333,55 €. Ab dem 01.01.2004 leistete der Kläger einen Monatsbeitrag von 284,66 €, ab dem 01.01.2006 von 287,99 € und ab dem 01.01.2007 von 297,33 €.3Mit Schreiben vom 12.11.2007 erhöhte die Beklagte den Beitrag auf 338,39 € ab dem 01.01.2008. Der Kläger zahlte weiterhin einen Monatsbeitrag von 297,33 €. Mit Schreiben vom 15.11.2008 teilte die Beklagte mit, dass zum 01.01.2009 der Beitrag auf 365,63 € erhöht werde. Mit Schreiben vom 14.11.2009 erhöhte die Beklagte den Beitrag auf 402,23 € ab dem 01.01.2010. Der Kläger leistete weiterhin monatlich 297,33 €. Gegenstand der Widerklage sind zunächst die Beitragsdifferenzen in der Zeit vom 01.01.2008 bis einschließlich 30.11.2010 gewesen. Hinsichtlich des Erhöhungsbetrages zum 01.01.2008 von 4,84 € monatlich, insgesamt 58,08 € für die Zeit vom 1.1. bis zum 31.12.2008, hat die Beklagte die Widerklage nach Beweisaufnahme zurückgenommen.4Mit Schreiben vom 24.05.2010 stellte die Beklagte das Ruhen der Leistung fest. Die hiergegen gerichtete Feststellungsklage des Klägers hat die Beklagte anerkannt, so dass Anerkenntnis-Teil-Urteil vom 01.02.2012 dahingehend ergangen ist, dass der zwischen den Parteien geschlossene Krankenkostenversicherungsvertrag aktiv bei der Beklagten zu führen ist und nicht wirksam ruhend gestellt wurde.5Zur Widerklage meint die Beklagte, sie sei berechtigt, die in den Versicherungsscheinen zum 1.1.2008, 1.1.2009 und 1.1.2010 ausgewiesenen Beiträge zu fordern, da die - von ihr im einzelnen spezifiziert geschilderten- Voraussetzungen einer Beitragsanpassung jeweils gegeben seien. Bei Ausstellung des Versicherungsscheines vom 06.08.2002 sei die spätere Beitragserhöhung noch nicht bekannt gewesen, da zu diesem Zeitpunkt das Überprüfungs- und Zustimmungsverfahren durch den unabhängigen Treuhänder noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Das Zustimmungsverfahren sei erst Anfang November 2002 beendet worden, so dass die neuen Tarifprämien erst ab November 2002 bekannt gegeben werden konnten.6Die Beklagte beantragt widerklagend nunmehr,7den Kläger zu verurteilen, an die Beklagte 2.408,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit Zustellung der Widerklageschrift vom 10.11.2010 zu zahlen.8Der Kläger beantragt,9die Widerklage abzuweisen.10Der Kläger meint, mangels Nachweises der Berechtigung der vorgenommenen Beitragserhöhungen habe die Beklagte keinerlei rechtswirksame Erhöhungen vorgenommen. Auch gehe die Beklagte stets von dem unzutreffend erhöhten Versicherungsbeitrag aus, der in der Prämie vom 11.11.2002 festgelegt worden sei. Es seien daher sämtliche Prämienerhöhungen unwirksam.11Wegen des weiteren Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.12Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen T. Wegen des Beweisergebnisses wird auf das Gutachten vom 24.01.2013 nebst Ergänzung vom 02.04.2013 verwiesen.13Entscheidungsgründe:14Die zulässige Widerklage ist begründet.15I.16Für das Jahr 2008 steht der Beklagten unter Berücksichtigung der teilweisen Rücknahme der Widerklage ein Anspruch auf Leistung von 434,64 € Beitragsrückstand gegen den Kläger zu. Die Beklagte war aufgrund der §§ 178 g Abs. 2 VVG, 8 b MB/KK 1994 berechtigt, auch vor dem materiellen Versicherungsbeginn die Prämie zu erhöhen. Sie war gegenüber dem Kläger nicht an die mit Versicherungsschein vom 06.08.2002 mitgeteilte Prämienhöhe gebunden. Denn auch für diese Fallkonstellation ist der hier gemäß Art. 1 Abs. 1 EGVVG anzuwendende § 178 g VVG a. F. einschlägig, der § 203 VVG insoweit entspricht. Entscheidend für das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses im Sinne von § 178 g VVG a.F. ist der formelle Vertragsbeginn, der hier bereits am oder kurz nach dem 06.08.2002 mit Abschluss des Versicherungsvertrags durch Zugang des Versicherungsscheins beim Kläger erfolgte. Dies folgt aus Sinn und Zweck des § 178 g VVG a.F.. Denn bereits mit formellem Vertragsbeginn ist die Beklagte an den Vertrag gebunden; sie kann ihn jedenfalls nicht mehr ordentlich kündigen. Die unter bestimmten Voraussetzungen zulässige einseitige Erhöhung des Beitrags durch die Beklagte ist daher auch schon zu diesem Zeitpunkt berechtigt. Es ist weder behauptet noch sonst ersichtlich, dass dem Kläger bei Vertragsschlusss der Fortbestand einer bestimmten Prämie zugesichert worden sei. Soweit er selbst eine entsprechende Erwartung gehegt haben mag, stimmt diese nicht mit den vertraglichen Bestimmungen überein. Auch aus § 8 b Teil I Abs. 1 AVB ergibt sich, dass der Versicherer zumindest jährlich die für jeden Tarif erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen vergleicht. Schließlich würden, wenn auf den materiellen Versicherungsbeginn für die Zulässigkeit von Beitragserhöhungen abgestellt würde, diejenigen benachteiligt, die erst im November oder Dezember des Versicherungsjahres für das nächste Jahr den Vertrag schließen sowie auch diejenigen, die schon länger versichert sind. Hierfür besteht aber kein rechtfertigender Grund. Maßgeblicher Zeitpunkt, ab dem eine Beitragsanpassung in der privaten Krankheitskostenversicherung möglich ist, ist mithin der formelle Vertragsbeginn, d.h. der Zeitpunkt des Vertragsschlusses.17II.18Die Beitragserhöhungen zum 01.01.2009 und zum 01.01.2010 waren wirksam. Die Beklagte kann daher vom Kläger die Differenzbeträge zu den tatsächlich gezahlten Beiträgen in Höhe von 819,60 € im Jahre 2009 und 1.153,90 € im Jahre 2010 aus dem Versicherungsvertrag beanspruchen. Gemäß § 203 Abs. 2 VVG ist der Versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden Veränderung einer für die Prämienkalkulation maßgeblichen Rechnungsgrundlage berechtigt, die Prämie entsprechend den berichtigten Rechnungsgrundlagen auch für bestehende Versicherungsverhältnisse neu festzusetzen, sofern ein unabhängiger Treuhänder die technischen Berechnungsgrundlagen überprüft und der Prämienanpassung zugestimmt hat. Erforderlich ist zunächst, dass sich die Rechnungsgrundlage der Versicherungsleistungen verändert und die Veränderung einen bestimmten Schwellenwert, den sogenannten auslösenden Faktor, überschreitet. Dieser beträgt gemäß § 12 b Abs. 2 S. 2 VAG 10 %, sofern nicht, wie vorliegend, in den AVB ein geringerer Vomhundertsatz vorgesehen ist. Nach § 8 b Abs. 1 der AVB kann eine Anpassung bereits dann vorgenommen werden, wenn eine Abweichung von mehr als 5 % festzustellen ist. Ein Wahlrecht des Versicherers unterhalb des Höchstschwellenwerts von 10 % ist zulässig (Looschelders-Reinhard, VVG, 2.Aufl. § 203 VVG Rn. 12). Eine unangemessene Benachteiligung des Versicherungsnehmers nach § 307 BGB ist durch eine frühere, aber geringere Prämienerhöhung nicht gegeben.19Der auslösende Faktor ergibt sich aus einem Vergleich der erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen. Dieser Vergleich ist nach § 14 Abs. 1 KalV für jede Beobachtungseinheit eines Tarifs getrennt durchzuführen, da der Versicherer nach § 10 Abs. 1 S. 2 KalV mit der Beobachtungseinheit eines Tarifs getrennt zu kalkulieren hat (OLG Köln, Urteil vom 20.07.2012, 20 U 149/11 r + s 2012, 605). Maßgebliche Beobachtungseinheit ist hier Männer im Tarif 2810. Unter Tarif ist das nach Grund und Höhe einheitliche Leistungsversprechen zu verstehen; Beobachtungseinheit innerhalb eines Tarifs ist die unterste selbständige Kalkulationsebene, die durch gemeinsame kollektive Risikomerkmale definiert wird (vgl. OLG Köln a. a. O. m. w. N.). Männer und Frauen sind als eigenständige Beobachtungseinheiten anzusehen (BGH NJW 2004, 2679, 2681). Der Tarif ist insoweit gleichzusetzen mit der Beobachtungseinheit, die im wesentlich durch ihre gemeinsamen kollektiven Risikomerkmale bestimmt wird.201.21Nach den Feststellungen des Sachverständigen lag im Tarif 2810 im Bereich Männer die tatsächliche Abweichung um 9,05 % nach unten im für die Anpassung zum 1.1.2008 maßgeblichen Zeitraum. Der auslösende Faktor war mithin erreicht, berechtigte die Beklagte aber nicht zur Prämienerhöhung. Denn der Versicherer kann nur bei einem positiv auslösenden Faktor, d.h. z. B. bei die kalkulierten Versicherungsleistungen überschreitende Versicherungsleistungen zur Prämienerhöhung berechtigt sein. Bei einem negativ auslösenden Faktor ist er hingegen nur zu einer Beitragsreduzierung berechtigt. Ein anderes Gesetzesverständnis widerspräche dessen Sinn und Zweck. Denn nach § 203 Abs. 2 VVG ist eine Beitragserhöhung ausgeschlossen, wenn der auslösende Faktor nicht anspricht, d.h. den kalkulierten Versicherungsleistungen entsprechende bzw. innerhalb einer Abweichung von 5 % bzw. 10 % sich bewegende Versicherungsleistungen erforderlich waren. Wenn bei dieser Konstellation Beitragserhöhungen ausgeschlossen sind, dann können erst recht erheblich niedrigere Versicherungsleistungen als kalkuliert nicht zur Beitragserhöhung gem. § 203 Abs. 2 VVG berechtigen. Diese könnten lediglich den Versicherer zur Prüfung einer Reduktion des Beitrags verpflichten (vgl. OLG Köln aaO.; Rüffer/Halbach/Schimikowski/Marko, VVG, 2.Aufl. § 203 Rn.7).222.23Die Unwirksamkeit der vorangehenden Beitragsanpassung zum 01.01.2008 führt in den Folgejahren nicht dazu, dass die dafür errechneten auslösenden Faktoren nicht korrekt sind, denn die in diese eingehenden rechnungsmäßigen Leistungen sind auch bei unwirksamer Beitragsanpassung zum 01.01.2008 keine anderen als die von der Beklagten bei angenommener Wirksamkeit der Beitragsanpassung berechneten Leistungen. So beträgt der auslösende Faktor für Männer für das Kalenderjahr 2007 12,73 % nach oben, d.h. die tatsächlichen Versicherungsleistungen überstiegen um diesen Prozentsatz die kalkulierten Versicherungsleistungen. Die Ermittlung des auslösenden Faktors erfolgte nach der Überprüfung durch den Sachverständigen entsprechend den Vorschriften des VAG und des § 14 Kalkulationsverordnung. Danach waren die Vorgaben für eine Prämienanpassung zum 01.01.2009 erfüllt.24Im Folgejahr betrugen die Abweichungen sogar 14,78 %, d. h. die erforderlichen Leistungen wichen um 14,78 % nach oben von den kalkulierten Leistungen ab.25Da die Abweichungen in beiden Jahren nach den Ausführungen des Sachverständigen auch nicht nur als vorübergehend anzusehen waren, waren jeweils die Voraussetzungen zur Beitragsanpassung erfüllt.263.27Der Sachverständige hat festgestellt, dass der nach Beitragsanpassung zum 01.01.2009 zu zahlende monatliche Beitrag des Tarifs 2810 rechnerisch korrekt und entsprechend den Festlegungen in den Berechnungsgrundlagen unter voller Anrechnung der Altersrückstellung ermittelt ist. Der Sachverständige konnte bei den Berechnungsgrundlagen keine Abweichung von den gesetzlichen Bestimmungen, jedenfalls keine zu Ungunsten des Klägers, feststellen. Hinsichtlich der Frage der Treuhänderzustimmung ist allerdings problematisch, dass die Treuhänderzustimmung von einer wirksamen Anpassung zum 01.01.2008 ausging. Da nach den Feststellungen des Sachverständigen die dem Treuhänder vorliegenden Unterlagen genügten, um tatsächlich die Berechtigung zur Prämienerhöhung auch ohne die unwirksame Anpassung zum 01.01.2008 zu genehmigen, ist davon auszugehen, dass der Treuhänder diese ebenfalls genehmigt hätte. Die Unterlagen lagen ihm nämlich bereits zuvor, nämlich im vorangegangenen Überprüfungszeitraum vor. Im Übrigen hat der Sachverständige nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass die Beitragserhöhung zum 1.1.2009 in einem Schritt ausgehend vom Stand 1.1.2007, ohne die unwirksame Erhöhung zum 1.1.2008, als versicherungsmathematisch korrekt anzusehen sei. Durch die sachverständige und gerichtliche Überprüfung kann mithin die materiell unzureichende Treuhänderzustimmung ersetzt werden, soweit dem formellen Erfordernis, wie hier, Genüge getan ist.284.29Auch die Beitragsanpassung zum 1.1.2010 ist wirksam erfolgt. Der Sachverständige hat die Ermittlung der rechnungsmäßigen Kopfschäden im Tarif 2810 durch die Beklagte überprüft und festgestellt, dass diese versicherungsmathematisch sachgemäß erfolgt ist und nicht im Widerspruch zur KalV steht. Gleiches gilt für die weiteren in § 2 Abs. 1 KalV genannten Rechnungsgrundlagen, die gemäß der Überprüfung durch den Sachverständigen korrekt ermittelt und festgelegt worden sind. Einwände gegen die Feststellungen des Sachverständigen hat der Kläger nicht erhoben.305.31Waren die Prämienerhöhungen nicht zu beanstanden, so waren sie auch wirksam. Der Beklagten stand demnach gegen den Kläger ein Anspruch auf Leistung des erhöhten Beitrages nach § 8 Abs. 3 (MB/KK94) zum Monatsersten des jeweiligen Beitragszeitraums zu. Ob dem Kläger bis zur Namhaftmachung des Treuhänders und der Übersendung der Zustimmungsunterlagen ggf. ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 BGB zustand, braucht hier nicht entschieden zu werden, da dieses an der Wirksamkeit der Forderung nichts ändert (vgl. OLG Stuttgart NJOZ 2007, 3193; Palandt/Heinrichs, BGB, 72. Aufl., § 273 Rdn. 20).32Der Zinsanspruch beruht auf §§ 286, 288 Abs.1 BGB.33Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO. | der kläger wird verurteilt, an die beklagte 2.408,14 € (in worten: zweitausendvierhundertacht 14/100 euro) nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 01.12.2010 zu zahlen.von den kosten des rechtsstreits tragen 1/5 der kläger und 4/5 die beklagte mit ausnahme der beweisaufnahmekosten, die der kläger zu 2/3 und die beklagte zu 1/3 zu tragen haben.das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2der kläger unterhielt seit dem 01.01.2001 eine anwartschaftsversicherung zur kranken- und pflegeversicherung bei der beklagten gemäß bestätigung der beklagten vom 18.03.2002. nach kündigung der pflegeversicherung durch den kläger verblieb die anwartschaftsversicherung zur krankheitskostenversicherung nach tarif 2810, mit dem die ambulante, die stationäre und die zahnärztliche behandlung im rahmen der ärzte-gruppenversicherung versichert ist. da der kläger im sommer 2002 die aktivierung der anwartschaftsversicherung wünschte, übersandte die beklagte ihm den versicherungsschein vom 06.08.2002, der eine monatsprämie von 268,29 €, nämlich tarifprämie von 243,90 € zuzüglich 10 % beitragszuschlag nach § 12 abs. 4 a vag auswies. dem vertrag liegen die avb für die krankheitskosten- und krankenhaustagegeldversicherung zugrunde, deren teil 1 den musterbedingungen (mb/kk 94) entspricht und deren teil 2 und 3 die tarifbedingungen bzw. tarifbedingungen für den tarif 2810 enthält. gemäß versicherungsschein vom 11.11.2002 erhöhte die beklagte die tarifprämie in höhe von 273,61 € zuzüglich 10 % beitragszuschlag (27,36 €) auf insgesamt 300,97 € zum 01.01.2003. hierzu erstellte die beklagte ein anschreiben vom 11.11.2002 an den kläger, das ausführungen zum grund der erhöhung enthält. der kläger lehnte die beitragserhöhung schriftlich ab und leistete in der folgezeit den im versicherungsschein vom 06.08.2002 genannten beitrag. die beklagte erhöhte den beitrag zum 01.01.2004 auf 319,33 €, zum 01.01.2006 auf 327,82 € und zum 01.01.2007 auf 333,55 €. ab dem 01.01.2004 leistete der kläger einen monatsbeitrag von 284,66 €, ab dem 01.01.2006 von 287,99 € und ab dem 01.01.2007 von 297,33 €.3mit schreiben vom 12.11.2007 erhöhte die beklagte den beitrag auf 338,39 € ab dem 01.01.2008. der kläger zahlte weiterhin einen monatsbeitrag von 297,33 €. mit schreiben vom 15.11.2008 teilte die beklagte mit, dass zum 01.01.2009 der beitrag auf 365,63 € erhöht werde. mit schreiben vom 14.11.2009 erhöhte die beklagte den beitrag auf 402,23 € ab dem 01.01.2010. der kläger leistete weiterhin monatlich 297,33 €. gegenstand der widerklage sind zunächst die beitragsdifferenzen in der zeit vom 01.01.2008 bis einschließlich 30.11.2010 gewesen. hinsichtlich des erhöhungsbetrages zum 01.01.2008 von 4,84 € monatlich, insgesamt 58,08 € für die zeit vom 1.1. bis zum 31.12.2008, hat die beklagte die widerklage nach beweisaufnahme zurückgenommen.4mit schreiben vom 24.05.2010 stellte die beklagte das ruhen der leistung fest. die hiergegen gerichtete feststellungsklage des klägers hat die beklagte anerkannt, so dass anerkenntnis-teil-urteil vom 01.02.2012 dahingehend ergangen ist, dass der zwischen den parteien geschlossene krankenkostenversicherungsvertrag aktiv bei der beklagten zu führen ist und nicht wirksam ruhend gestellt wurde.5zur widerklage meint die beklagte, sie sei berechtigt, die in den versicherungsscheinen zum 1.1.2008, 1.1.2009 und 1.1.2010 ausgewiesenen beiträge zu fordern, da die - von ihr im einzelnen spezifiziert geschilderten- voraussetzungen einer beitragsanpassung jeweils gegeben seien. bei ausstellung des versicherungsscheines vom 06.08.2002 sei die spätere beitragserhöhung noch nicht bekannt gewesen, da zu diesem zeitpunkt das überprüfungs- und zustimmungsverfahren durch den unabhängigen treuhänder noch nicht abgeschlossen gewesen sei. das zustimmungsverfahren sei erst anfang november 2002 beendet worden, so dass die neuen tarifprämien erst ab november 2002 bekannt gegeben werden konnten.6die beklagte beantragt widerklagend nunmehr,7den kläger zu verurteilen, an die beklagte 2.408,14 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszins seit zustellung der widerklageschrift vom 10.11.2010 zu zahlen.8der kläger beantragt,9die widerklage abzuweisen.10der kläger meint, mangels nachweises der berechtigung der vorgenommenen beitragserhöhungen habe die beklagte keinerlei rechtswirksame erhöhungen vorgenommen. auch gehe die beklagte stets von dem unzutreffend erhöhten versicherungsbeitrag aus, der in der prämie vom 11.11.2002 festgelegt worden sei. es seien daher sämtliche prämienerhöhungen unwirksam.11wegen des weiteren parteivortrags wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen verwiesen.12das gericht hat beweis erhoben durch einholung eines gutachtens des sachverständigen t. wegen des beweisergebnisses wird auf das gutachten vom 24.01.2013 nebst ergänzung vom 02.04.2013 verwiesen.13 | 14die zulässige widerklage ist begründet.15i.16für das jahr 2008 steht der beklagten unter berücksichtigung der teilweisen rücknahme der widerklage ein anspruch auf leistung von 434,64 € beitragsrückstand gegen den kläger zu. die beklagte war aufgrund der §§ 178 g abs. 2 vvg, 8 b mb/kk 1994 berechtigt, auch vor dem materiellen versicherungsbeginn die prämie zu erhöhen. sie war gegenüber dem kläger nicht an die mit versicherungsschein vom 06.08.2002 mitgeteilte prämienhöhe gebunden. denn auch für diese fallkonstellation ist der hier gemäß art. 1 abs. 1 egvvg anzuwendende § 178 g vvg a. f. einschlägig, der § 203 vvg insoweit entspricht. entscheidend für das bestehen eines versicherungsverhältnisses im sinne von § 178 g vvg a.f. ist der formelle vertragsbeginn, der hier bereits am oder kurz nach dem 06.08.2002 mit abschluss des versicherungsvertrags durch zugang des versicherungsscheins beim kläger erfolgte. dies folgt aus sinn und zweck des § 178 g vvg a.f.. denn bereits mit formellem vertragsbeginn ist die beklagte an den vertrag gebunden; sie kann ihn jedenfalls nicht mehr ordentlich kündigen. die unter bestimmten voraussetzungen zulässige einseitige erhöhung des beitrags durch die beklagte ist daher auch schon zu diesem zeitpunkt berechtigt. es ist weder behauptet noch sonst ersichtlich, dass dem kläger bei vertragsschlusss der fortbestand einer bestimmten prämie zugesichert worden sei. soweit er selbst eine entsprechende erwartung gehegt haben mag, stimmt diese nicht mit den vertraglichen bestimmungen überein. auch aus § 8 b teil i abs. 1 avb ergibt sich, dass der versicherer zumindest jährlich die für jeden tarif erforderlichen mit den kalkulierten versicherungsleistungen vergleicht. schließlich würden, wenn auf den materiellen versicherungsbeginn für die zulässigkeit von beitragserhöhungen abgestellt würde, diejenigen benachteiligt, die erst im november oder dezember des versicherungsjahres für das nächste jahr den vertrag schließen sowie auch diejenigen, die schon länger versichert sind. hierfür besteht aber kein rechtfertigender grund. maßgeblicher zeitpunkt, ab dem eine beitragsanpassung in der privaten krankheitskostenversicherung möglich ist, ist mithin der formelle vertragsbeginn, d.h. der zeitpunkt des vertragsschlusses.17ii.18die beitragserhöhungen zum 01.01.2009 und zum 01.01.2010 waren wirksam. die beklagte kann daher vom kläger die differenzbeträge zu den tatsächlich gezahlten beiträgen in höhe von 819,60 € im jahre 2009 und 1.153,90 € im jahre 2010 aus dem versicherungsvertrag beanspruchen. gemäß § 203 abs. 2 vvg ist der versicherer bei einer nicht nur als vorübergehend anzusehenden veränderung einer für die prämienkalkulation maßgeblichen rechnungsgrundlage berechtigt, die prämie entsprechend den berichtigten rechnungsgrundlagen auch für bestehende versicherungsverhältnisse neu festzusetzen, sofern ein unabhängiger treuhänder die technischen berechnungsgrundlagen überprüft und der prämienanpassung zugestimmt hat. erforderlich ist zunächst, dass sich die rechnungsgrundlage der versicherungsleistungen verändert und die veränderung einen bestimmten schwellenwert, den sogenannten auslösenden faktor, überschreitet. dieser beträgt gemäß § 12 b abs. 2 s. 2 vag 10 %, sofern nicht, wie vorliegend, in den avb ein geringerer vomhundertsatz vorgesehen ist. nach § 8 b abs. 1 der avb kann eine anpassung bereits dann vorgenommen werden, wenn eine abweichung von mehr als 5 % festzustellen ist. ein wahlrecht des versicherers unterhalb des höchstschwellenwerts von 10 % ist zulässig (looschelders-reinhard, vvg, 2.aufl. § 203 vvg rn. 12). eine unangemessene benachteiligung des versicherungsnehmers nach § 307 bgb ist durch eine frühere, aber geringere prämienerhöhung nicht gegeben.19der auslösende faktor ergibt sich aus einem vergleich der erforderlichen mit den kalkulierten versicherungsleistungen. dieser vergleich ist nach § 14 abs. 1 kalv für jede beobachtungseinheit eines tarifs getrennt durchzuführen, da der versicherer nach § 10 abs. 1 s. 2 kalv mit der beobachtungseinheit eines tarifs getrennt zu kalkulieren hat (olg köln, urteil vom 20.07.2012, 20 u 149/11 r + s 2012, 605). maßgebliche beobachtungseinheit ist hier männer im tarif 2810. unter tarif ist das nach grund und höhe einheitliche leistungsversprechen zu verstehen; beobachtungseinheit innerhalb eines tarifs ist die unterste selbständige kalkulationsebene, die durch gemeinsame kollektive risikomerkmale definiert wird (vgl. olg köln a. a. o. m. w. n.). männer und frauen sind als eigenständige beobachtungseinheiten anzusehen (bgh njw 2004, 2679, 2681). der tarif ist insoweit gleichzusetzen mit der beobachtungseinheit, die im wesentlich durch ihre gemeinsamen kollektiven risikomerkmale bestimmt wird.201.21nach den feststellungen des sachverständigen lag im tarif 2810 im bereich männer die tatsächliche abweichung um 9,05 % nach unten im für die anpassung zum 1.1.2008 maßgeblichen zeitraum. der auslösende faktor war mithin erreicht, berechtigte die beklagte aber nicht zur prämienerhöhung. denn der versicherer kann nur bei einem positiv auslösenden faktor, d.h. z. b. bei die kalkulierten versicherungsleistungen überschreitende versicherungsleistungen zur prämienerhöhung berechtigt sein. bei einem negativ auslösenden faktor ist er hingegen nur zu einer beitragsreduzierung berechtigt. ein anderes gesetzesverständnis widerspräche dessen sinn und zweck. denn nach § 203 abs. 2 vvg ist eine beitragserhöhung ausgeschlossen, wenn der auslösende faktor nicht anspricht, d.h. den kalkulierten versicherungsleistungen entsprechende bzw. innerhalb einer abweichung von 5 % bzw. 10 % sich bewegende versicherungsleistungen erforderlich waren. wenn bei dieser konstellation beitragserhöhungen ausgeschlossen sind, dann können erst recht erheblich niedrigere versicherungsleistungen als kalkuliert nicht zur beitragserhöhung gem. § 203 abs. 2 vvg berechtigen. diese könnten lediglich den versicherer zur prüfung einer reduktion des beitrags verpflichten (vgl. olg köln aao.; rüffer/halbach/schimikowski/marko, vvg, 2.aufl. § 203 rn.7).222.23die unwirksamkeit der vorangehenden beitragsanpassung zum 01.01.2008 führt in den folgejahren nicht dazu, dass die dafür errechneten auslösenden faktoren nicht korrekt sind, denn die in diese eingehenden rechnungsmäßigen leistungen sind auch bei unwirksamer beitragsanpassung zum 01.01.2008 keine anderen als die von der beklagten bei angenommener wirksamkeit der beitragsanpassung berechneten leistungen. so beträgt der auslösende faktor für männer für das kalenderjahr 2007 12,73 % nach oben, d.h. die tatsächlichen versicherungsleistungen überstiegen um diesen prozentsatz die kalkulierten versicherungsleistungen. die ermittlung des auslösenden faktors erfolgte nach der überprüfung durch den sachverständigen entsprechend den vorschriften des vag und des § 14 kalkulationsverordnung. danach waren die vorgaben für eine prämienanpassung zum 01.01.2009 erfüllt.24im folgejahr betrugen die abweichungen sogar 14,78 %, d. h. die erforderlichen leistungen wichen um 14,78 % nach oben von den kalkulierten leistungen ab.25da die abweichungen in beiden jahren nach den ausführungen des sachverständigen auch nicht nur als vorübergehend anzusehen waren, waren jeweils die voraussetzungen zur beitragsanpassung erfüllt.263.27der sachverständige hat festgestellt, dass der nach beitragsanpassung zum 01.01.2009 zu zahlende monatliche beitrag des tarifs 2810 rechnerisch korrekt und entsprechend den festlegungen in den berechnungsgrundlagen unter voller anrechnung der altersrückstellung ermittelt ist. der sachverständige konnte bei den berechnungsgrundlagen keine abweichung von den gesetzlichen bestimmungen, jedenfalls keine zu ungunsten des klägers, feststellen. hinsichtlich der frage der treuhänderzustimmung ist allerdings problematisch, dass die treuhänderzustimmung von einer wirksamen anpassung zum 01.01.2008 ausging. da nach den feststellungen des sachverständigen die dem treuhänder vorliegenden unterlagen genügten, um tatsächlich die berechtigung zur prämienerhöhung auch ohne die unwirksame anpassung zum 01.01.2008 zu genehmigen, ist davon auszugehen, dass der treuhänder diese ebenfalls genehmigt hätte. die unterlagen lagen ihm nämlich bereits zuvor, nämlich im vorangegangenen überprüfungszeitraum vor. im übrigen hat der sachverständige nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass die beitragserhöhung zum 1.1.2009 in einem schritt ausgehend vom stand 1.1.2007, ohne die unwirksame erhöhung zum 1.1.2008, als versicherungsmathematisch korrekt anzusehen sei. durch die sachverständige und gerichtliche überprüfung kann mithin die materiell unzureichende treuhänderzustimmung ersetzt werden, soweit dem formellen erfordernis, wie hier, genüge getan ist.284.29auch die beitragsanpassung zum 1.1.2010 ist wirksam erfolgt. der sachverständige hat die ermittlung der rechnungsmäßigen kopfschäden im tarif 2810 durch die beklagte überprüft und festgestellt, dass diese versicherungsmathematisch sachgemäß erfolgt ist und nicht im widerspruch zur kalv steht. gleiches gilt für die weiteren in § 2 abs. 1 kalv genannten rechnungsgrundlagen, die gemäß der überprüfung durch den sachverständigen korrekt ermittelt und festgelegt worden sind. einwände gegen die feststellungen des sachverständigen hat der kläger nicht erhoben.305.31waren die prämienerhöhungen nicht zu beanstanden, so waren sie auch wirksam. der beklagten stand demnach gegen den kläger ein anspruch auf leistung des erhöhten beitrages nach § 8 abs. 3 (mb/kk94) zum monatsersten des jeweiligen beitragszeitraums zu. ob dem kläger bis zur namhaftmachung des treuhänders und der übersendung der zustimmungsunterlagen ggf. ein zurückbehaltungsrecht nach § 273 bgb zustand, braucht hier nicht entschieden zu werden, da dieses an der wirksamkeit der forderung nichts ändert (vgl. olg stuttgart njoz 2007, 3193; palandt/heinrichs, bgb, 72. aufl., § 273 rdn. 20).32der zinsanspruch beruht auf §§ 286, 288 abs.1 bgb.33die kostenentscheidung beruht auf §§ 92 abs. 1 zpo. die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 709 zpo. |
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} | 113 C 246/12 | 2013-08-14T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.391,55 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins aus 998,18 € seit dem 21.07.2012, aus 746,06 € seit dem 09.08.2012, aus 727,73 € seit dem 18.08.2012, aus 349,76 € seit dem 26.09.2012 und aus 1.569,82 € seit dem 09.10.2012 sowie außergerichtliche Anwaltskosten von 622,40 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 105 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin, die nach der Urkunde des OLG Köln vom 09.10.2009 inkassoberechtigt ist, Bl. 14 d. A., und eine Mietwagenfirma betreibt, klagt auf Ersatz restlicher Mietwagenkosten aus insgesamt fünf Unfällen, die sich im Bezirk des AG Bonn ereigneten und bei denen die Fahrzeuge der Unfallgegner jeweils bei der Beklagten haftpflichtversichert waren. Die volle Haftung der Beklagten ist dem Grund nach unstreitig. In allen Fällen traten die Geschädigten ihre Schadensersatzansprüche auf Zahlung der Mietwagenkosten sicherungshalber an die Klägerin ab. 3Am 09.06.2012 erlitt das Kfz des Zeugen V T in Bonn einen Verkehrsunfall. Der Zeuge mietete bei der Beklagten vom 06.06.2012 für die Dauer der Reparatur oder Ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 22.06.2012 einen Pkw, Bl. 22 d. A. Die Beklagte rechnete an Sonderleistungen unter anderem Vermietung außerhalb der Geschäftszeiten, Zustellen und Abholung sowie Zusatzfahrer ab, Bl. 21 d. A. Der Mietvertrag enthielt zwei Fahrer sowie Zustellen und Abholen des Pkw in Bonn. Die Rechnung der Klägerin belief sich auf 1.795,80 € netto. Die Beklagte zahlte 539,84 €. Eine Mahnung vom 13.07.2012 unter Fristsetzung bis zum 20.07.2012 blieb erfolglos. 4Am 05.07.2012 erlitt das Kfz des Herrn L H1 in Bonn einen Verkehrsunfall. Der Geschädigte mietete bei der Beklagten vom 05.07.2012 für die Dauer der Reparatur oder Ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 24.07.2012 einen Pkw, Bl. 26 d. A. Die Beklagte rechnete an Sonderleistungen unter anderem Zustellen und Abholung ab, Bl. 25 d. A. Der Mietvertrag enthielt Zustellen und Abholen des Pkw in Bonn. Die Rechnung der Klägerin belief sich auf 1.446,06 € netto. Die Beklagte zahlte 700,00 €. Eine Mahnung vom 01.08.2012 unter Fristsetzung bis zum 08.08.2012 blieb erfolglos. 5Am 09.07.2012 erlitt das Kfz des Zeugen I H G in Bonn einen Verkehrsunfall. Der Zeuge mietete bei der Beklagten vom 09.07.2012 für die Dauer der Reparatur oder Ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 24.07.2012 einen Pkw, Bl. 30 d. A. Die Beklagte rechnete an Sonderleistungen unter anderem Zustellen und Abholung sowie Zusatzfahrer ab, Bl. 29 d. A. Der Mietvertrag enthielt zwei Fahrer sowie Zustellen und Abholen des Pkw in Remagen. Die Rechnung der Klägerin belief sich auf 1.890,23 € brutto. Die Beklagte zahlte 1.162,50 €. Eine Mahnung vom 10.08.2012 unter Fristsetzung bis zum 17.08.2012 blieb erfolglos. 6Am 19.08.2012 erlitt das Kfz des Zeugen S C in Bonn einen Verkehrsunfall. Der Zeuge mietete bei der Beklagten vom 28.08.2012 für die Dauer der Reparatur oder Ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 31.08.2012 einen Pkw, Bl. 34 d. A. Die Beklagte rechnete an Sonderleistungen unter anderem Zustellen und Abholung sowie Zusatzfahrer ab, Bl. 33 d. A. Der Mietvertrag enthielt zwei Fahrer sowie Zustellen und Abholen des Pkw in Troisdorf. Die Rechnung der Klägerin belief sich auf 580,68 € brutto. Die Beklagte zahlte 230,92 €. Eine Mahnung vom 18.09.2012 unter Fristsetzung bis zum 25.09.2012 blieb erfolglos. 7Am 23.08.2012 erlitt das Kfz der Frau F1 N in Bonn einen Verkehrsunfall. Die Geschädigte mietete bei der Beklagten vom 23.08.2012 für die Dauer der Reparatur oder Ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 10.09.2012 einen Pkw, Bl. 38 d. A. Die Beklagte rechnete an Sonderleistungen unter anderem Zustellen und Abholung sowie Zusatzfahrer ab, Bl. 37 d. A. Der Mietvertrag enthielt zwei Fahrer sowie Zustellen und Abholen des Pkw in Bornheim. Die Rechnung der Klägerin belief sich auf 2.569,82 € brutto. Die Beklagte zahlte 1.000,00 €. Eine Mahnung vom 01.10.2012 unter Fristsetzung bis zum 08.10.2012 blieb erfolglos. 8Die Beklagte rechnete in den Schadensfällen Kosten für Voll- bzw. Teilkaskoversicherungen gesondert ab. 9In allen Fällen mahnten die Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Beklagte. Für die anwaltliche Tätigkeit entstanden der Klägerin insgesamt Anwaltskosten von 622,40 € netto. 10Mit der Klage macht die Klägerin die noch offen stehenden Restbeträge aus den obigen fünf Rechnungen und die Anwaltsvergütung geltend. 11Die Klägerin ist der Auffassung, ihre Abrechnung entspreche der Rechtsprechung im Bezirk des OLG Köln. Die Schwacke-Liste stelle eine geeignete Abrechnungsgrundlage dar. 12Die Angebote, die die Beklagte vorgelegt habe, seien weder konkret noch annahmefähig und auch nicht vergleichbar, da Daten fehlten. 13Der Aufschlag von 20 % sei angemessen und die Nebenkosten nach der Nebenkostentabelle zur Schwacke-Liste erstattungsfähig. In allen Fällen seien unfallbedingte Sonderleistungen angefallen. Hierzu hat die Klägerin vorgetragen, worauf das Gericht Bezug nimmt, Bl. 102 ff. d. A. Das Erbringen der Leistungen hat die Beklagte nicht bestritten. 14Kosten für eine Haftungsreduzierung seien in jedem Fall gesondert erstattungsfähig. 15Sie habe sämtliche Pkw´s zugestellt und wieder abgeholt. In den Schadensfällen T, G, C und N seien die beschädigten Kfz, übrigens auch die Mietwagen, von mehreren Personen gefahren worden, zu denen die Klägerin im Einzelnen vorgetragen hat, Bl. 106 ff .d A. 16Ersparte Aufwendungen seien nicht abzuziehen, da die Geschädigten in allen Fällen Fahrzeuge einer niedrigeren Klasse angemietet hätten – was unstreitig ist. 17Die Klägerin beantragt, 18die Beklagte zu verurteilen, an sie 4.391,55 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins aus 998,18 € seit dem 21.07.2012, aus 746,06 € seit dem 09.08.2012, aus 727,73 € seit dem 18.08.2012, aus 349,76 € seit dem 26.09.2012 und aus 1.569,82 € seit dem 09.10.2012 sowie außergerichtliche Anwaltskosten von 622,40 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 19Die Klage ist der Beklagten am 22.02.2013 zugestellt worden. 20Die Beklagte beantragt, 21die Klage abzuweisen. 22Sie ist der Auffassung, angemessen und erforderlich seien allenfalls Mietwagenkosten in Höhe der schon gezahlten Beträge. 23Die Schwacke-Liste stelle keine geeignete Berechnungsgrundlage dar. Vielmehr sei der Fraunhofer Marktpreisspiegel heranzuziehen. 24Die Geschädigten seien verpflichtet gewesen, sich über Mietwagentarife zu informieren, bevor sie ein Fahrzeug mieteten. Hierzu behauptet die Beklagte, die Geschädigten hätten für die jeweils ersetzten Beträge problemlos bei F1, B2 oder T2 in deren Bonner Niederlassungen ein vergleichbares Fahrzeug mieten können. Als Beleg hat sie Screenshots vorgelegt, Bl. 75 ff. d. A. 25Ein unfallbedingter Zuschlag von 20 % sei nur ersatzfähig, falls die Geschädigten aufgrund der konkreten unfallbedingten Situation auf Sonderleistungen angewiesen gewesen seien, was die Beklagte bestreitet. 26Kosten für eine Voll- bzw. Teilkaskoversicherung könne die Klägerin nach Schwacke nicht gesondert abrechnen, sondern sie seien im Preis enthalten. Soweit das eigene Kfz der Geschädigten nicht vollkaskoversichert gewesen sei, seien zumindest 50 % der Kosten für die Vollkaskoversicherung abzuziehen. 27Die Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Mietfahrzeuge den Geschädigten zugestellt und wieder abgeholt worden seien, dass die Geschädigten hierauf angewiesen gewesen und dass die beschädigten Kfz von mehreren Personen genutzt worden seien und die Mietwagen von mehreren Personen hätten genutzt werden sollen. 28Weil die Geschädigten Aufwendungen erspart hätten, da sie ihre eigenen Fahrzeuge nicht genutzt hätten, seien 15 % der Mietwagenkosten abzuziehen. 29Das Gericht hat Beweis durch Vernehmung der Zeugen C, C2, Dr. G, T und N erhoben, Bl. 183 ff d. A. 30Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen. 31Entscheidungsgründe: 32Die Klage ist zulässig und begründet. 33Sie ist zulässig. 34Das Amtsgericht Bonn ist örtlich zuständig, weil sich die Unfälle in seinem Bezirk ereigneten. Die Klägerin ist klagebefugt, wie sich aus der Zulassung durch das OLG Köln ergibt und aktivlegitimiert, denn die Geschädigten haben ihr die Ansprüche auf Erstattung der Mietwagenkosten wirksam abgetreten, weil nur die Höhe der Mietwagenkosten, nicht aber die Haftungsquote streitig ist (siehe hierzu BGH, Urteil vom 05.03.2013, VI ZR 245/11). 35Die Klage ist begründet, denn der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung weiterer 4.391,55 € gegen die Beklagte zu. 36Die Abrechnung nach der Schwacke-Liste ist nicht zu beanstanden. Das Gericht folgt wie schon andere Abteilungen des Amtsgerichts Bonn damit der Rechtsprechung des BGH (statt aller: Urteil vom 18.12.2012, VI ZR 316/11), der bisherigen Rechtsprechung des 15. Senats des OLG Köln, der für Verkehrsunfallsachen zuständig ist (Urteile vom 22.12.2009, 15 U 98/09 und vom 08.11.2011, 15 U 54/11) und des LG Bonn (Urteile vom 14.08.2009, 1 O 299/09; vom 10.07.2009, 5 S 266/08; vom 18.12.2012, 8 S 158/12; vom 26.02.2013, 8 S 280/12; vom 15.05.2013, 5 S 161/12 und vom 27.06.2013, 8 S 13/13; Hinweisbeschlüsse vom 23.04.2013, 5 S 20/13 und vom 23.04.2013, 5 S 20/13). Diese Entscheidung entspricht auch dem Hinweis, den das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 24.07.2013 gegeben hat und an den es gebunden ist. 37Das erkennende Gericht behält sich allerdings ausdrücklich vor, künftig nach der neuen Rechtsprechung des OLG Köln zu entscheiden. Der 15. Senat hat nunmehr den Mittelwert zwischen der Schwacke-Liste und dem Marktpreisspiegel Fraunhofer zugrunde gelegt, sowohl was den Grundpreis als auch was die Leistungen betrifft, die in dem Grundpreis nicht enthalten sind (Urteil vom 30.07.2013, 15 U 212/12). 38Die Angebote von drei örtlichen Vermietern, die die Beklagte vorgelegt hat, begründen keine Einwendungen gegen die Abrechnung nach der Schwacke-Liste. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die verklagte Versicherung dadurch dargetan hätte, dass andere Anbieter für den konkreten Zeitraum am Ort der Anmietung Mietwagen deutlich günstiger angeboten hätten (BGH, Urteil vom 18.12.2012, VI ZR 316/11; LG Bonn, Hinweisbeschluss vom 28.05.2013, 8 S 59/13; Urteil vom 27.06.2013, 8 S 13/13). 39Die Angebote geben jedoch keinen Anlass, Zweifel an der Eignung der Schwacke-Liste zu begründen. 40Das erkennende Gericht folgt der Rechtsprechung des LG Bonn, das zu dieser Frage in einem vergleichbaren Fall ausgeführt hat (Urteil vom 28.06.2013, 5 S 166/12; siehe auch LG Bonn, Urteile vom 18.12.2012, 8 S 158/12; 26.02.2013, 8 S 280/12 und vom 15.05.2013, 5 S 161/12; Hinweisbeschlüsse vom 23.04.2013, 5 S 20/13 und vom 28.05.2013, 8 S 59/13): „Die von der Beklagten benannten Alternativangebote der Firmen F1, B2 und T2 stammen sämtlich aus einer Recherche in Internetportalen der jeweiligen Anbieter. Der Internetmarkt ist jedoch nicht zwingend und ohne Weiteres mit dem „allgemeinen“ regionalen Mietwagenmarkt vergleichbar (vgl. nur BGH, Urteil vom 02.02.2010, VI ZR 7/09; LG Bonn, Urteile vom 26.02.2012, 8 S 280/12; vom 15.05.2013, 5 S 161/12 und vom 28.06.2013, 5 S 166/12). Preislich liegen die Alternativangebote zwar deutlich unter den von der Klägerin für die Mietwagenkosten geltend gemachten Beträgen. Jedoch betreffen alle Angebote bereits nicht den in Rede stehenden Anmietzeitraum. Ein pauschaler Hinweis darauf, den Geschädigten sei es möglich gewesen, „zu den Tarifen“ eine Anmietung im streitgegenständlichen Zeitraum vorzunehmen, genügt nicht den an einen hinreichend substantiierten Vortrag zu stellenden Anforderungen. Es liegt kein konkreter Vortrag dazu vor, dass die … ermittelten „Tarife“ auch im Zeitpunkt des aufgetretenen Bedarfs der Geschädigten … tatsächlich verfügbar gewesen wären.“ 41Entsprechend verhält es sich im vorliegenden Fall. Die Beklagte holte die Angebote 2013 ein; die Geschädigten mieteten die Fahrzeuge jedoch schon 2012. 42Die Beklagte behauptet lediglich pauschal, die Geschädigten hätten im Unfallzeitpunkt in Bonn bei allen drei genannten Firmen Fahrzeuge zu den ermittelten Preisen mieten können. 43Keines der vorgelegten Angebote ist mit dem der Klägerin vergleichbar. 44Schon die aufgeführten Bedingungen zeigen Unterschiede zu dem Angebot der Klägerin. 45Die Angebote bei F1 setzten voraus, dass alle Personen, die das Kfz fuhren, mindestens 19 Jahre alt waren. Fahrzeuge mit Automatikgetriebe waren ausgenommen. Bis auf die Schadensfälle G und C war die enthaltene Kilometerleistung begrenzt. Entsprechende Einschränkungen enthielten die Verträge mit der Klägerin nicht. Ob weitere Leistungen wie z. B. Zustellen, Abholen und Zusatzfahrer enthalten waren, erschließt sich nicht (siehe zur fehlenden Vergleichbarkeit wegen nicht ausgewiesener, oftmals versteckter Mehrkosten OLG Köln, Urteil vom 08.11.2011, 15 U 54/11; LG Bonn, Urteil vom 27.06.2013, 8 S 13/13). Wie hoch die Selbstbeteiligung war, ist nicht angegeben. 46Die Angebote der Firma B2 enthalten keinerlei Details. Es ist damit zu rechnen, dass Leistungen wie Haftungsbeschränkungen, unbegrenzte Kilometerleistung, Zusatzfahrer usw. gesondert zu bezahlen waren. Zur Frage der Selbstbeteiligung fehlen auch hier Angaben. 47Auch hinsichtlich der Firma T2 sind nicht alle Leistungen enthalten, die die Klägerin anbot. Es fehlen Angaben zu Zustellen, Abholen und Zusatzfahrer; nur in dem Schadensfall C sind alle Kilometer inklusive. Die Selbstbeteiligung lag mit 850,00 € deutlich höher als in den Verträgen der Klägerin. 48Weiterhin bleibt in allen Angeboten offen, wie die Anbieterinnen den Gesichtspunkt der variablen Mietdauer preislich verarbeiten. 49Prüft das Gericht die Alternativangebote im Einzelnen, besteht kein Widerspruch zu dem Urteil des BGH vom 18.12.2012 (VI ZR 316/11). Dort warf der BGH der Vorinstanz eine Ermessensüberschreitung nur deshalb vor, weil sie sich überhaupt nicht detailliert mit den vorgelegten Alternativangeboten auseinandergesetzt hatte. Dies sieht das erkennende Gericht ebenso wie das Landgericht Bonn (Urteile vom 25.02.2013, 8 S 280/12; 15.05.2013, 5 S 161/12 und vom 28.06.2013, 5 S 166/12). 50Der Aufschlag von 20 % auf die Mietwagenkosten ist angemessen. Die Einwendungen der Beklagten greifen nicht durch. 51Der Zuschlag ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn die Anmietung des Ersatzfahrzeugs in einer Not- oder Eilsituation erfolgt. Dann nämlich entstehen der vermietenden Firma typischerweise Mehrkosten (erhöhtes Betrugs- und Forderungsausfallrisiko, Auslastungsrisiko, unbestimmte Dauer des Mietvertrages, Vorfinanzierung, höhere Kosten für Beratung und Service, Zinsverluste wegen längerer Zahlungsfristen u. a.). Für die Annahme einer Not- und Eilsituation in diesem Sinne spricht der Beweis des ersten Anscheins, wenn die Anmietung unmittelbar auf das Unfallereignis folgt, d. h. in zeitlich engem Zusammenhang zu dem Unfallereignis steht (LG Bonn, Urteile vom 30.07.2012, 5 S 94/12; vom 15.05.2013, 5 S 161/12 und vom 28.06.2013, 5 S 166/12; Hinweisbeschluss vom 23.04.2013, 5 S 20/13). Weil in einer Unfallsituation regelmäßig ein höherer Mietpreis erforderlich ist, bedarf es nicht der Darlegung, dass Sonderleistungen im konkreten Fall nötig waren (LG Bonn, Urteil vom 26.02.2013, 8 S 280/12). 52Im vorliegenden Fall mieteten die Geschädigten bis auf Herrn C die Ersatzfahrzeuge am Unfalltag. Auch in dem Schadensfall C kann die Klägerin den Zuschlag jedoch verlangen, wobei es nicht darauf ankommt, ob im konkreten Fall Sonderleistungen tatsächlich angefallen sind und ob sie erforderlich waren. Geboten ist vielmehr eine generelle Betrachtungsweise (LG Bonn, Urteil vom 26.02.2013, 8 S 280/12). Die wesentlichen Zusatzleistungen, etwa die Vorfinanzierung sowie das Risiko, wegen falscher Bewertung der Anteile am Unfallgeschehen mit der Ersatzforderung auszufallen, sind unabhängig davon, ob zwischen Unfall und Anmietung wenige Stunden oder Tage liegen (LG Bonn, Urteil vom 27.06.2013, 8 S 13/13). 53Die Klägerin durfte die Teil- bzw. Vollkaskoversicherung gesondert berechnen. Nach der Rechtsprechung gilt dies unabhängig davon, ob das verunfallte Fahrzeug kaskoversichert und wie alt es war, weil die Geschädigten während der Mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen Risiko ausgesetzt sind (OLG Köln, Urteil vom 30.07.2013, 15 U 212/12; LG Bonn, Urteile vom 29.02.2012, 5 S 29/11; 28.06.2011, 8 S 86/11 und vom 26.02.2013, 8 S 280/12). 54Die Kosten für das Zustellen und Abholen des Mietfahrzeugs sind als ersatzfähig anerkannt (OLG Köln, Urteil vom 08.11.2011, 15 U 54/11; LG Bonn, Urteile vom 26.02.2013, 8 S 280/12; 15.05.2013, 5 S 161/12 und vom 28.06.2013, 5 S 166/12; Hinweisbeschluss vom 23.04.2013, 5 S 20/13). Dasselbe gilt wegen des höheren Risikos für die gesonderte Berechnung von weiteren Personen, die den Pkw fahren (OLG Köln, Urteil vom 20.07.2010, 25 U 11/10; LG Bonn, Urteile vom 29.02.2012, 5 S 29/11 und vom 26.02.2013, 8 S 280/12). 55Weil die Beklagte bestritten hat, dass diese Leistungen erbracht wurden, hat das Gericht die dazu benannten Zeugen vernommen, die den Vortrag der Klägerin bestätigt haben. 56Das Gericht beabsichtigt, wie das LG Bonn künftig keine Beweisaufnahme mehr durchzuführen, wenn die Beklagte bestreitet, dass erstattungsfähige Sonderleistungen erbracht wurden, die in allen vorgelegten Urkunden (Mietverträgen und Rechnungen) enthalten sind. Das Bestreiten der Beklagten ist in diesen Fällen nämlich unerheblich, da es „ins Blaue“ erfolgt. Ein solches ist nach der Rechtsprechung des LG Bonn anzunehmen, wenn die Vermieterin auf Vertragsunterlagen verweist und die Beklagte hierauf nicht weiter reagiert. In diesem Fall darf das Gericht davon ausgehen, dass die Tatsache nunmehr unstreitig, zumindest aber nicht hinreichend substantiiert bestritten ist (LG Bonn, Beschluss vom 23.04.2013, 5 S 20/13 und Hinweisbeschluss vom 28.05.2013, 8 S 59/13). 57Dass die Berechnung nach Schwacke zu der Vergütung führt, die die Klägerin ermittelt hat, ist unstreitig. 58Für ersparte Eigenaufwendungen der Geschädigten ist kein Abzug zu machen. Der Vortrag der Beklagten reicht nicht aus, um die Voraussetzungen dafür anzunehmen. 59Ein solcher Abzug kommt allenfalls dann in Betracht, wenn Geschädigte ein klassengleiches Fahrzeug anmieten und auch bezahlen (BGH, Urteil vom 05.03.2013, VI ZR 245/11; LG Bonn, Urteile vom 18.12.2012, 8 S 158/12 und vom 27.06.2013, 8 S 13/13). Die Beklagte beruft sich jedoch darauf, ersparte Kosten seien generell abzuziehen. 60Der Zinsanspruch und der Anspruch auf Erstattung von Anwaltskosten beruhen auf Verzug, §§ 286 ff. BGB. 61Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 S. 1 und 2 ZPO. 62Streitwert: 4.391,55 € | die beklagte wird verurteilt, an die klägerin 4.391,55 € nebst fünf prozentpunkten zinsen über dem basiszins aus 998,18 € seit dem 21.07.2012, aus 746,06 € seit dem 09.08.2012, aus 727,73 € seit dem 18.08.2012, aus 349,76 € seit dem 26.09.2012 und aus 1.569,82 € seit dem 09.10.2012 sowie außergerichtliche anwaltskosten von 622,40 € nebst fünf prozentpunkten zinsen über dem basiszins seit rechtshängigkeit zu zahlen. die beklagte trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 105 % des vollstreckbaren betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die klägerin, die nach der urkunde des olg köln vom 09.10.2009 inkassoberechtigt ist, bl. 14 d. a., und eine mietwagenfirma betreibt, klagt auf ersatz restlicher mietwagenkosten aus insgesamt fünf unfällen, die sich im bezirk des ag bonn ereigneten und bei denen die fahrzeuge der unfallgegner jeweils bei der beklagten haftpflichtversichert waren. die volle haftung der beklagten ist dem grund nach unstreitig. in allen fällen traten die geschädigten ihre schadensersatzansprüche auf zahlung der mietwagenkosten sicherungshalber an die klägerin ab. 3am 09.06.2012 erlitt das kfz des zeugen v t in bonn einen verkehrsunfall. der zeuge mietete bei der beklagten vom 06.06.2012 für die dauer der reparatur oder ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 22.06.2012 einen pkw, bl. 22 d. a. die beklagte rechnete an sonderleistungen unter anderem vermietung außerhalb der geschäftszeiten, zustellen und abholung sowie zusatzfahrer ab, bl. 21 d. a. der mietvertrag enthielt zwei fahrer sowie zustellen und abholen des pkw in bonn. die rechnung der klägerin belief sich auf 1.795,80 € netto. die beklagte zahlte 539,84 €. eine mahnung vom 13.07.2012 unter fristsetzung bis zum 20.07.2012 blieb erfolglos. 4am 05.07.2012 erlitt das kfz des herrn l h1 in bonn einen verkehrsunfall. der geschädigte mietete bei der beklagten vom 05.07.2012 für die dauer der reparatur oder ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 24.07.2012 einen pkw, bl. 26 d. a. die beklagte rechnete an sonderleistungen unter anderem zustellen und abholung ab, bl. 25 d. a. der mietvertrag enthielt zustellen und abholen des pkw in bonn. die rechnung der klägerin belief sich auf 1.446,06 € netto. die beklagte zahlte 700,00 €. eine mahnung vom 01.08.2012 unter fristsetzung bis zum 08.08.2012 blieb erfolglos. 5am 09.07.2012 erlitt das kfz des zeugen i h g in bonn einen verkehrsunfall. der zeuge mietete bei der beklagten vom 09.07.2012 für die dauer der reparatur oder ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 24.07.2012 einen pkw, bl. 30 d. a. die beklagte rechnete an sonderleistungen unter anderem zustellen und abholung sowie zusatzfahrer ab, bl. 29 d. a. der mietvertrag enthielt zwei fahrer sowie zustellen und abholen des pkw in remagen. die rechnung der klägerin belief sich auf 1.890,23 € brutto. die beklagte zahlte 1.162,50 €. eine mahnung vom 10.08.2012 unter fristsetzung bis zum 17.08.2012 blieb erfolglos. 6am 19.08.2012 erlitt das kfz des zeugen s c in bonn einen verkehrsunfall. der zeuge mietete bei der beklagten vom 28.08.2012 für die dauer der reparatur oder ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 31.08.2012 einen pkw, bl. 34 d. a. die beklagte rechnete an sonderleistungen unter anderem zustellen und abholung sowie zusatzfahrer ab, bl. 33 d. a. der mietvertrag enthielt zwei fahrer sowie zustellen und abholen des pkw in troisdorf. die rechnung der klägerin belief sich auf 580,68 € brutto. die beklagte zahlte 230,92 €. eine mahnung vom 18.09.2012 unter fristsetzung bis zum 25.09.2012 blieb erfolglos. 7am 23.08.2012 erlitt das kfz der frau f1 n in bonn einen verkehrsunfall. die geschädigte mietete bei der beklagten vom 23.08.2012 für die dauer der reparatur oder ersatzbeschaffung, letztlich bis zum 10.09.2012 einen pkw, bl. 38 d. a. die beklagte rechnete an sonderleistungen unter anderem zustellen und abholung sowie zusatzfahrer ab, bl. 37 d. a. der mietvertrag enthielt zwei fahrer sowie zustellen und abholen des pkw in bornheim. die rechnung der klägerin belief sich auf 2.569,82 € brutto. die beklagte zahlte 1.000,00 €. eine mahnung vom 01.10.2012 unter fristsetzung bis zum 08.10.2012 blieb erfolglos. 8die beklagte rechnete in den schadensfällen kosten für voll- bzw. teilkaskoversicherungen gesondert ab. 9in allen fällen mahnten die prozessbevollmächtigten der klägerin die beklagte. für die anwaltliche tätigkeit entstanden der klägerin insgesamt anwaltskosten von 622,40 € netto. 10mit der klage macht die klägerin die noch offen stehenden restbeträge aus den obigen fünf rechnungen und die anwaltsvergütung geltend. 11die klägerin ist der auffassung, ihre abrechnung entspreche der rechtsprechung im bezirk des olg köln. die schwacke-liste stelle eine geeignete abrechnungsgrundlage dar. 12die angebote, die die beklagte vorgelegt habe, seien weder konkret noch annahmefähig und auch nicht vergleichbar, da daten fehlten. 13der aufschlag von 20 % sei angemessen und die nebenkosten nach der nebenkostentabelle zur schwacke-liste erstattungsfähig. in allen fällen seien unfallbedingte sonderleistungen angefallen. hierzu hat die klägerin vorgetragen, worauf das gericht bezug nimmt, bl. 102 ff. d. a. das erbringen der leistungen hat die beklagte nicht bestritten. 14kosten für eine haftungsreduzierung seien in jedem fall gesondert erstattungsfähig. 15sie habe sämtliche pkw´s zugestellt und wieder abgeholt. in den schadensfällen t, g, c und n seien die beschädigten kfz, übrigens auch die mietwagen, von mehreren personen gefahren worden, zu denen die klägerin im einzelnen vorgetragen hat, bl. 106 ff .d a. 16ersparte aufwendungen seien nicht abzuziehen, da die geschädigten in allen fällen fahrzeuge einer niedrigeren klasse angemietet hätten – was unstreitig ist. 17die klägerin beantragt, 18die beklagte zu verurteilen, an sie 4.391,55 € nebst fünf prozentpunkten zinsen über dem basiszins aus 998,18 € seit dem 21.07.2012, aus 746,06 € seit dem 09.08.2012, aus 727,73 € seit dem 18.08.2012, aus 349,76 € seit dem 26.09.2012 und aus 1.569,82 € seit dem 09.10.2012 sowie außergerichtliche anwaltskosten von 622,40 € nebst fünf prozentpunkten zinsen über dem basiszins seit rechtshängigkeit zu zahlen. 19die klage ist der beklagten am 22.02.2013 zugestellt worden. 20die beklagte beantragt, 21die klage abzuweisen. 22sie ist der auffassung, angemessen und erforderlich seien allenfalls mietwagenkosten in höhe der schon gezahlten beträge. 23die schwacke-liste stelle keine geeignete berechnungsgrundlage dar. vielmehr sei der fraunhofer marktpreisspiegel heranzuziehen. 24die geschädigten seien verpflichtet gewesen, sich über mietwagentarife zu informieren, bevor sie ein fahrzeug mieteten. hierzu behauptet die beklagte, die geschädigten hätten für die jeweils ersetzten beträge problemlos bei f1, b2 oder t2 in deren bonner niederlassungen ein vergleichbares fahrzeug mieten können. als beleg hat sie screenshots vorgelegt, bl. 75 ff. d. a. 25ein unfallbedingter zuschlag von 20 % sei nur ersatzfähig, falls die geschädigten aufgrund der konkreten unfallbedingten situation auf sonderleistungen angewiesen gewesen seien, was die beklagte bestreitet. 26kosten für eine voll- bzw. teilkaskoversicherung könne die klägerin nach schwacke nicht gesondert abrechnen, sondern sie seien im preis enthalten. soweit das eigene kfz der geschädigten nicht vollkaskoversichert gewesen sei, seien zumindest 50 % der kosten für die vollkaskoversicherung abzuziehen. 27die beklagte bestreitet mit nichtwissen, dass die mietfahrzeuge den geschädigten zugestellt und wieder abgeholt worden seien, dass die geschädigten hierauf angewiesen gewesen und dass die beschädigten kfz von mehreren personen genutzt worden seien und die mietwagen von mehreren personen hätten genutzt werden sollen. 28weil die geschädigten aufwendungen erspart hätten, da sie ihre eigenen fahrzeuge nicht genutzt hätten, seien 15 % der mietwagenkosten abzuziehen. 29das gericht hat beweis durch vernehmung der zeugen c, c2, dr. g, t und n erhoben, bl. 183 ff d. a. 30hinsichtlich der einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den akteninhalt verwiesen. 31 | 32die klage ist zulässig und begründet. 33sie ist zulässig. 34das amtsgericht bonn ist örtlich zuständig, weil sich die unfälle in seinem bezirk ereigneten. die klägerin ist klagebefugt, wie sich aus der zulassung durch das olg köln ergibt und aktivlegitimiert, denn die geschädigten haben ihr die ansprüche auf erstattung der mietwagenkosten wirksam abgetreten, weil nur die höhe der mietwagenkosten, nicht aber die haftungsquote streitig ist (siehe hierzu bgh, urteil vom 05.03.2013, vi zr 245/11). 35die klage ist begründet, denn der klägerin steht ein anspruch auf zahlung weiterer 4.391,55 € gegen die beklagte zu. 36die abrechnung nach der schwacke-liste ist nicht zu beanstanden. das gericht folgt wie schon andere abteilungen des amtsgerichts bonn damit der rechtsprechung des bgh (statt aller: urteil vom 18.12.2012, vi zr 316/11), der bisherigen rechtsprechung des 15. senats des olg köln, der für verkehrsunfallsachen zuständig ist (urteile vom 22.12.2009, 15 u 98/09 und vom 08.11.2011, 15 u 54/11) und des lg bonn (urteile vom 14.08.2009, 1 o 299/09; vom 10.07.2009, 5 s 266/08; vom 18.12.2012, 8 s 158/12; vom 26.02.2013, 8 s 280/12; vom 15.05.2013, 5 s 161/12 und vom 27.06.2013, 8 s 13/13; hinweisbeschlüsse vom 23.04.2013, 5 s 20/13 und vom 23.04.2013, 5 s 20/13). diese entscheidung entspricht auch dem hinweis, den das gericht in der mündlichen verhandlung vom 24.07.2013 gegeben hat und an den es gebunden ist. 37das erkennende gericht behält sich allerdings ausdrücklich vor, künftig nach der neuen rechtsprechung des olg köln zu entscheiden. der 15. senat hat nunmehr den mittelwert zwischen der schwacke-liste und dem marktpreisspiegel fraunhofer zugrunde gelegt, sowohl was den grundpreis als auch was die leistungen betrifft, die in dem grundpreis nicht enthalten sind (urteil vom 30.07.2013, 15 u 212/12). 38die angebote von drei örtlichen vermietern, die die beklagte vorgelegt hat, begründen keine einwendungen gegen die abrechnung nach der schwacke-liste. dies wäre nur dann der fall, wenn die verklagte versicherung dadurch dargetan hätte, dass andere anbieter für den konkreten zeitraum am ort der anmietung mietwagen deutlich günstiger angeboten hätten (bgh, urteil vom 18.12.2012, vi zr 316/11; lg bonn, hinweisbeschluss vom 28.05.2013, 8 s 59/13; urteil vom 27.06.2013, 8 s 13/13). 39die angebote geben jedoch keinen anlass, zweifel an der eignung der schwacke-liste zu begründen. 40das erkennende gericht folgt der rechtsprechung des lg bonn, das zu dieser frage in einem vergleichbaren fall ausgeführt hat (urteil vom 28.06.2013, 5 s 166/12; siehe auch lg bonn, urteile vom 18.12.2012, 8 s 158/12; 26.02.2013, 8 s 280/12 und vom 15.05.2013, 5 s 161/12; hinweisbeschlüsse vom 23.04.2013, 5 s 20/13 und vom 28.05.2013, 8 s 59/13): „die von der beklagten benannten alternativangebote der firmen f1, b2 und t2 stammen sämtlich aus einer recherche in internetportalen der jeweiligen anbieter. der internetmarkt ist jedoch nicht zwingend und ohne weiteres mit dem „allgemeinen“ regionalen mietwagenmarkt vergleichbar (vgl. nur bgh, urteil vom 02.02.2010, vi zr 7/09; lg bonn, urteile vom 26.02.2012, 8 s 280/12; vom 15.05.2013, 5 s 161/12 und vom 28.06.2013, 5 s 166/12). preislich liegen die alternativangebote zwar deutlich unter den von der klägerin für die mietwagenkosten geltend gemachten beträgen. jedoch betreffen alle angebote bereits nicht den in rede stehenden anmietzeitraum. ein pauschaler hinweis darauf, den geschädigten sei es möglich gewesen, „zu den tarifen“ eine anmietung im streitgegenständlichen zeitraum vorzunehmen, genügt nicht den an einen hinreichend substantiierten vortrag zu stellenden anforderungen. es liegt kein konkreter vortrag dazu vor, dass die … ermittelten „tarife“ auch im zeitpunkt des aufgetretenen bedarfs der geschädigten … tatsächlich verfügbar gewesen wären.“ 41entsprechend verhält es sich im vorliegenden fall. die beklagte holte die angebote 2013 ein; die geschädigten mieteten die fahrzeuge jedoch schon 2012. 42die beklagte behauptet lediglich pauschal, die geschädigten hätten im unfallzeitpunkt in bonn bei allen drei genannten firmen fahrzeuge zu den ermittelten preisen mieten können. 43keines der vorgelegten angebote ist mit dem der klägerin vergleichbar. 44schon die aufgeführten bedingungen zeigen unterschiede zu dem angebot der klägerin. 45die angebote bei f1 setzten voraus, dass alle personen, die das kfz fuhren, mindestens 19 jahre alt waren. fahrzeuge mit automatikgetriebe waren ausgenommen. bis auf die schadensfälle g und c war die enthaltene kilometerleistung begrenzt. entsprechende einschränkungen enthielten die verträge mit der klägerin nicht. ob weitere leistungen wie z. b. zustellen, abholen und zusatzfahrer enthalten waren, erschließt sich nicht (siehe zur fehlenden vergleichbarkeit wegen nicht ausgewiesener, oftmals versteckter mehrkosten olg köln, urteil vom 08.11.2011, 15 u 54/11; lg bonn, urteil vom 27.06.2013, 8 s 13/13). wie hoch die selbstbeteiligung war, ist nicht angegeben. 46die angebote der firma b2 enthalten keinerlei details. es ist damit zu rechnen, dass leistungen wie haftungsbeschränkungen, unbegrenzte kilometerleistung, zusatzfahrer usw. gesondert zu bezahlen waren. zur frage der selbstbeteiligung fehlen auch hier angaben. 47auch hinsichtlich der firma t2 sind nicht alle leistungen enthalten, die die klägerin anbot. es fehlen angaben zu zustellen, abholen und zusatzfahrer; nur in dem schadensfall c sind alle kilometer inklusive. die selbstbeteiligung lag mit 850,00 € deutlich höher als in den verträgen der klägerin. 48weiterhin bleibt in allen angeboten offen, wie die anbieterinnen den gesichtspunkt der variablen mietdauer preislich verarbeiten. 49prüft das gericht die alternativangebote im einzelnen, besteht kein widerspruch zu dem urteil des bgh vom 18.12.2012 (vi zr 316/11). dort warf der bgh der vorinstanz eine ermessensüberschreitung nur deshalb vor, weil sie sich überhaupt nicht detailliert mit den vorgelegten alternativangeboten auseinandergesetzt hatte. dies sieht das erkennende gericht ebenso wie das landgericht bonn (urteile vom 25.02.2013, 8 s 280/12; 15.05.2013, 5 s 161/12 und vom 28.06.2013, 5 s 166/12). 50der aufschlag von 20 % auf die mietwagenkosten ist angemessen. die einwendungen der beklagten greifen nicht durch. 51der zuschlag ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn die anmietung des ersatzfahrzeugs in einer not- oder eilsituation erfolgt. dann nämlich entstehen der vermietenden firma typischerweise mehrkosten (erhöhtes betrugs- und forderungsausfallrisiko, auslastungsrisiko, unbestimmte dauer des mietvertrages, vorfinanzierung, höhere kosten für beratung und service, zinsverluste wegen längerer zahlungsfristen u. a.). für die annahme einer not- und eilsituation in diesem sinne spricht der beweis des ersten anscheins, wenn die anmietung unmittelbar auf das unfallereignis folgt, d. h. in zeitlich engem zusammenhang zu dem unfallereignis steht (lg bonn, urteile vom 30.07.2012, 5 s 94/12; vom 15.05.2013, 5 s 161/12 und vom 28.06.2013, 5 s 166/12; hinweisbeschluss vom 23.04.2013, 5 s 20/13). weil in einer unfallsituation regelmäßig ein höherer mietpreis erforderlich ist, bedarf es nicht der darlegung, dass sonderleistungen im konkreten fall nötig waren (lg bonn, urteil vom 26.02.2013, 8 s 280/12). 52im vorliegenden fall mieteten die geschädigten bis auf herrn c die ersatzfahrzeuge am unfalltag. auch in dem schadensfall c kann die klägerin den zuschlag jedoch verlangen, wobei es nicht darauf ankommt, ob im konkreten fall sonderleistungen tatsächlich angefallen sind und ob sie erforderlich waren. geboten ist vielmehr eine generelle betrachtungsweise (lg bonn, urteil vom 26.02.2013, 8 s 280/12). die wesentlichen zusatzleistungen, etwa die vorfinanzierung sowie das risiko, wegen falscher bewertung der anteile am unfallgeschehen mit der ersatzforderung auszufallen, sind unabhängig davon, ob zwischen unfall und anmietung wenige stunden oder tage liegen (lg bonn, urteil vom 27.06.2013, 8 s 13/13). 53die klägerin durfte die teil- bzw. vollkaskoversicherung gesondert berechnen. nach der rechtsprechung gilt dies unabhängig davon, ob das verunfallte fahrzeug kaskoversichert und wie alt es war, weil die geschädigten während der mietzeit einem erhöhten wirtschaftlichen risiko ausgesetzt sind (olg köln, urteil vom 30.07.2013, 15 u 212/12; lg bonn, urteile vom 29.02.2012, 5 s 29/11; 28.06.2011, 8 s 86/11 und vom 26.02.2013, 8 s 280/12). 54die kosten für das zustellen und abholen des mietfahrzeugs sind als ersatzfähig anerkannt (olg köln, urteil vom 08.11.2011, 15 u 54/11; lg bonn, urteile vom 26.02.2013, 8 s 280/12; 15.05.2013, 5 s 161/12 und vom 28.06.2013, 5 s 166/12; hinweisbeschluss vom 23.04.2013, 5 s 20/13). dasselbe gilt wegen des höheren risikos für die gesonderte berechnung von weiteren personen, die den pkw fahren (olg köln, urteil vom 20.07.2010, 25 u 11/10; lg bonn, urteile vom 29.02.2012, 5 s 29/11 und vom 26.02.2013, 8 s 280/12). 55weil die beklagte bestritten hat, dass diese leistungen erbracht wurden, hat das gericht die dazu benannten zeugen vernommen, die den vortrag der klägerin bestätigt haben. 56das gericht beabsichtigt, wie das lg bonn künftig keine beweisaufnahme mehr durchzuführen, wenn die beklagte bestreitet, dass erstattungsfähige sonderleistungen erbracht wurden, die in allen vorgelegten urkunden (mietverträgen und rechnungen) enthalten sind. das bestreiten der beklagten ist in diesen fällen nämlich unerheblich, da es „ins blaue“ erfolgt. ein solches ist nach der rechtsprechung des lg bonn anzunehmen, wenn die vermieterin auf vertragsunterlagen verweist und die beklagte hierauf nicht weiter reagiert. in diesem fall darf das gericht davon ausgehen, dass die tatsache nunmehr unstreitig, zumindest aber nicht hinreichend substantiiert bestritten ist (lg bonn, beschluss vom 23.04.2013, 5 s 20/13 und hinweisbeschluss vom 28.05.2013, 8 s 59/13). 57dass die berechnung nach schwacke zu der vergütung führt, die die klägerin ermittelt hat, ist unstreitig. 58für ersparte eigenaufwendungen der geschädigten ist kein abzug zu machen. der vortrag der beklagten reicht nicht aus, um die voraussetzungen dafür anzunehmen. 59ein solcher abzug kommt allenfalls dann in betracht, wenn geschädigte ein klassengleiches fahrzeug anmieten und auch bezahlen (bgh, urteil vom 05.03.2013, vi zr 245/11; lg bonn, urteile vom 18.12.2012, 8 s 158/12 und vom 27.06.2013, 8 s 13/13). die beklagte beruft sich jedoch darauf, ersparte kosten seien generell abzuziehen. 60der zinsanspruch und der anspruch auf erstattung von anwaltskosten beruhen auf verzug, §§ 286 ff. bgb. 61die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 s. 1 und 2 zpo. 62streitwert: 4.391,55 € |
190,317 | {
"id": 634,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
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"name": "Amtsgericht Bonn",
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} | 113 C 95/13 | 2013-08-14T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.284,55 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins seit dem 28.12.2012 sowie vorprozessuale Anwaltskosten von 302,10 € zu zahlen. Die Widerklage wird abgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung von Höhe von 105 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin klagt auf Restzahlung aus 2 Kostenausgleichvereinbarungen. Sie bot sogenannte Netto-Policen an, bei denen die Abschluss- und Einrichtungskosten über eine gesonderte Vereinbarung, die Kostenausgleichsvereinbarung, zum Ausgleich gebracht werden. 3Der Beklagte stellte am 28.06.2011 einen Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Rentenversicherung und einer Kostenausgleichsvereinbarung. Beide Anträge waren mit einer Widerrufsbelehrung verbunden, Blatt 8 – 10 der Akte. Nach der Kostenausgleichsvereinbarung sollte der Beklagte 3.150,00 € in 60 Raten zu je 52,50 € zahlen. Die Auflösung des Versicherungsvertrages führte grundsätzlich nicht zur Beendigung der Kostenausgleichsvereinbarung, d. h. diese Kosten waren auch im Falle einer Beitragsfreistellung oder Kündigung des Versicherungsvertrages zu bezahlen. Am 18.11.2011 beantragte der Beklagte, die Beiträge zu erhöhen und auch hierfür eine Kostenausgleichsvereinbarung zu schließen. Für beide Anträge war eine Widerrufsbelehrung beigefügt, Blatt 11 – 13 der Akte. Nach der Kostenausgleichsvereinbarung sollte der Beklagte 2.797,20 € in 60 Raten zu je 46,62 € zahlen. 4Der Beklagte leistete die Zahlungen bis einschließlich Juli 2012. 5Mit Schreiben vom 29.08.2012, das am 04.09.2012 bei der Klägerin einging, kündigte er beide Verträge „mit sofortiger Wirkung“, Blatt 28 = 44 der Akte. Die Klägerin bestätigte die Kündigungen am selben Tag, Blatt 29 – 31 der Akte. 6Den Rückkaufwert des Versicherungsvertrages von 1.324,09 € verrechnete die Klägerin mit ihren Ansprüchen aus den Kostenausgleichsvereinbarungen, Blatt 32 der Akte. 7Mit Schreiben vom 17.09. und 22.10.2012 forderte sie den Beklagten vergeblich auf, zunächst eine, dann zwei offenstehende Raten aus den Kostenausgleichsvereinbarungen zu zahlen, Blatt 14 und 18 der Akte. Am 22.10. bzw. 27.11.2012 stellte sie ihre Forderungen aus den Kostenausgleichsvereinbarungen in Höhe von 2.247,61 € bzw. 1.036,94 € fällig, Blatt 17 f. der Akte. 8Anwaltliche Mahnungen blieben erfolglos. Hierfür entstanden der Klägerin Anwaltskosten von 302,10 € netto. 9Widerklagend begehrt der Beklagte Rückzahlung der Beträge, die er auf die Kostenausgleichsvereinbarungen leistete. 10Die Klägerin ist der Ansicht, sie könne Zahlung verlangen. 11Der Beklagte habe seine Willenserklärung nicht widerrufen können, da er hinreichend belehrt worden sei. Es handele sich um ein vertragliches Widerrufsrecht. 12Die Kostenausgleichsvereinbarungen seien wirksam. Hierzu beruft sich die Klägerin auf die Rechtsprechung des AG und LG Bonn. 13Sie beantragt, 14 zu entscheiden wie erkannt. 15Der Beklagte beantragt, 16 die Klage abzuweisen. 17Widerklagend beantragt er, 18die Klägerin zu verurteilen, an ihn 2.327,05 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Die Widerklage ist den Klägervertretern am 18.06.2013 zugestellt worden. 19Die Klägerin beantragt, 20 die Widerklage abzuweisen. 21Der Beklagte ist der Ansicht, seine Kündigung sei als Widerruf auszulegen. 22Die Widerrufsfrist sei nicht abgelaufen, da die Klägerin ihn nicht dem Gesetz gemäß belehrt habe. 23Die Kostenausgleichsvereinbarungen seien unwirksam. Die Rechtsprechung des LG Bonn müsse sich im Hinblick auf zwei Verfahren vor dem BGH ändern. 24Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes verweist das Gericht auf den Akteninhalt. 25Entscheidungsgründe: 26Die Klage ist begründet, während die Widerklage unbegründet ist. 27Die Klägerin kann Zahlung von 3.284,55 € aus den Kostenausgleichsvereinbarungen verlangen. 28Der Beklagte konnte seine Willenserklärung nicht mehr widerrufen. Dies gilt unabhängig davon, ob seine Kündigung überhaupt als Widerruf ausgelegt werden kann. 29Ggfls. wäre der Widerruf vom 29.08.2012 nicht fristgerecht erfolgt, da die Widerrufsfrist 30 Tage nach Zugang der Unterlagen der Kostenausgleichsvereinbarungen endete. 30Beide Anträge auf Abschluss der Kostenausgleichsvereinbarungen enthalten eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung. Das Amtsgericht folgt hiermit der Rechtsprechung des AG Bonn (Urteil vom 31.08.2011, 101 C 70/11) und des LG Bonn (Hinweisbeschluss vom 05.12.2011 und Urteil vom 10.05.2012, beide in der Sache 8 S 245/11). Die Entscheidungen ergingen in einem Rechtsstreit, an dem die Klägerin dieses Verfahrens beteiligt war. Sie hatte dort eine praktisch identische Belehrung verwendet. Beide Gerichte sahen sie als hinreichend deutlich und § 355 BGB entsprechend an. 31Den Anforderungen des § 8 VVG, insbesondere denen des § 8 Abs. 2 Nr. 2 VVG brauchte die Widerrufsbelehrung nicht zu entsprechen. Auch diesbezüglich schließt sich das Amtsgericht den oben genannten Entscheidungen an. 32Die Kostenausgleichsvereinbarungen sind wirksam. Sie sind nicht gemäß § 134 BGB nichtig, denn sie stellen kein Geschäft zur Umgehung des in § 169 Abs. 5 Satz 2 VVG enthaltenen Verbots dar. 33§ 169 Abs. 5 Satz 2 VVG ist nämlich auf sogenannte Netto-Policen nicht anwendbar. Er betrifft vielmehr nur die Fälle, in denen Abschlusskosten mit den Prämien verrechnet werden. Gerade dies geschah in den Verträgen, die die Parteien schlossen, nicht. Eine Gleichbehandlung ist nicht geboten. Das erkennende Gericht nimmt auch insoweit Bezug auf die oben genannte Rechtsprechung. 34Die beiden Verfahren vor dem BGH geben keinen Anlass dazu, nunmehr von der Unwirksamkeit der Kostenausgleichsvereinbarungen auszugehen. Es ist nicht bekannt, auf welchen rechtlichen Gesichtspunkten die Hinweise des BGH in den beiden Verfahren beruhten. Ob die Sachverhalte mit dem hier zu entscheidenden in den maßgeblichen Punkten vergleichbar waren, ist nicht bekannt. 35Der Zinsanspruch und der Anspruch auf Ersatz von Anwaltskosten beruhen auf Verzug, §§ 286 ff. BGB. 36Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, ist die Widerklage unbegründet. Ein Rückzahlungsanspruch stünde dem Beklagten nur zu, wenn noch ein Widerspruchsrecht bestünde oder die Verträge von vornherein nichtig wären. 37Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 Satz 1 u. 2 ZPO. 38Streitwert: bis zum 09.06.2013: 3.284,55 € seit dem 10.06.2013: 5.611,60 € | der beklagte wird verurteilt, an die klägerin 3.284,55 € nebst 5 prozentpunkten zinsen über dem basiszins seit dem 28.12.2012 sowie vorprozessuale anwaltskosten von 302,10 € zu zahlen. die widerklage wird abgewiesen. der beklagte trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist gegen sicherheitsleistung von höhe von 105 % des zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die klägerin klagt auf restzahlung aus 2 kostenausgleichvereinbarungen. sie bot sogenannte netto-policen an, bei denen die abschluss- und einrichtungskosten über eine gesonderte vereinbarung, die kostenausgleichsvereinbarung, zum ausgleich gebracht werden. 3der beklagte stellte am 28.06.2011 einen antrag auf abschluss einer fondsgebundenen rentenversicherung und einer kostenausgleichsvereinbarung. beide anträge waren mit einer widerrufsbelehrung verbunden, blatt 8 – 10 der akte. nach der kostenausgleichsvereinbarung sollte der beklagte 3.150,00 € in 60 raten zu je 52,50 € zahlen. die auflösung des versicherungsvertrages führte grundsätzlich nicht zur beendigung der kostenausgleichsvereinbarung, d. h. diese kosten waren auch im falle einer beitragsfreistellung oder kündigung des versicherungsvertrages zu bezahlen. am 18.11.2011 beantragte der beklagte, die beiträge zu erhöhen und auch hierfür eine kostenausgleichsvereinbarung zu schließen. für beide anträge war eine widerrufsbelehrung beigefügt, blatt 11 – 13 der akte. nach der kostenausgleichsvereinbarung sollte der beklagte 2.797,20 € in 60 raten zu je 46,62 € zahlen. 4der beklagte leistete die zahlungen bis einschließlich juli 2012. 5mit schreiben vom 29.08.2012, das am 04.09.2012 bei der klägerin einging, kündigte er beide verträge „mit sofortiger wirkung“, blatt 28 = 44 der akte. die klägerin bestätigte die kündigungen am selben tag, blatt 29 – 31 der akte. 6den rückkaufwert des versicherungsvertrages von 1.324,09 € verrechnete die klägerin mit ihren ansprüchen aus den kostenausgleichsvereinbarungen, blatt 32 der akte. 7mit schreiben vom 17.09. und 22.10.2012 forderte sie den beklagten vergeblich auf, zunächst eine, dann zwei offenstehende raten aus den kostenausgleichsvereinbarungen zu zahlen, blatt 14 und 18 der akte. am 22.10. bzw. 27.11.2012 stellte sie ihre forderungen aus den kostenausgleichsvereinbarungen in höhe von 2.247,61 € bzw. 1.036,94 € fällig, blatt 17 f. der akte. 8anwaltliche mahnungen blieben erfolglos. hierfür entstanden der klägerin anwaltskosten von 302,10 € netto. 9widerklagend begehrt der beklagte rückzahlung der beträge, die er auf die kostenausgleichsvereinbarungen leistete. 10die klägerin ist der ansicht, sie könne zahlung verlangen. 11der beklagte habe seine willenserklärung nicht widerrufen können, da er hinreichend belehrt worden sei. es handele sich um ein vertragliches widerrufsrecht. 12die kostenausgleichsvereinbarungen seien wirksam. hierzu beruft sich die klägerin auf die rechtsprechung des ag und lg bonn. 13sie beantragt, 14 zu entscheiden wie erkannt. 15der beklagte beantragt, 16 die klage abzuweisen. 17widerklagend beantragt er, 18die klägerin zu verurteilen, an ihn 2.327,05 € nebst 5 prozentpunkten zinsen über dem basiszins ab rechtshängigkeit zu zahlen. die widerklage ist den klägervertretern am 18.06.2013 zugestellt worden. 19die klägerin beantragt, 20 die widerklage abzuweisen. 21der beklagte ist der ansicht, seine kündigung sei als widerruf auszulegen. 22die widerrufsfrist sei nicht abgelaufen, da die klägerin ihn nicht dem gesetz gemäß belehrt habe. 23die kostenausgleichsvereinbarungen seien unwirksam. die rechtsprechung des lg bonn müsse sich im hinblick auf zwei verfahren vor dem bgh ändern. 24hinsichtlich der einzelheiten des sach- und streitstandes verweist das gericht auf den akteninhalt. 25 | 26die klage ist begründet, während die widerklage unbegründet ist. 27die klägerin kann zahlung von 3.284,55 € aus den kostenausgleichsvereinbarungen verlangen. 28der beklagte konnte seine willenserklärung nicht mehr widerrufen. dies gilt unabhängig davon, ob seine kündigung überhaupt als widerruf ausgelegt werden kann. 29ggfls. wäre der widerruf vom 29.08.2012 nicht fristgerecht erfolgt, da die widerrufsfrist 30 tage nach zugang der unterlagen der kostenausgleichsvereinbarungen endete. 30beide anträge auf abschluss der kostenausgleichsvereinbarungen enthalten eine ordnungsgemäße widerrufsbelehrung. das amtsgericht folgt hiermit der rechtsprechung des ag bonn (urteil vom 31.08.2011, 101 c 70/11) und des lg bonn (hinweisbeschluss vom 05.12.2011 und urteil vom 10.05.2012, beide in der sache 8 s 245/11). die entscheidungen ergingen in einem rechtsstreit, an dem die klägerin dieses verfahrens beteiligt war. sie hatte dort eine praktisch identische belehrung verwendet. beide gerichte sahen sie als hinreichend deutlich und § 355 bgb entsprechend an. 31den anforderungen des § 8 vvg, insbesondere denen des § 8 abs. 2 nr. 2 vvg brauchte die widerrufsbelehrung nicht zu entsprechen. auch diesbezüglich schließt sich das amtsgericht den oben genannten entscheidungen an. 32die kostenausgleichsvereinbarungen sind wirksam. sie sind nicht gemäß § 134 bgb nichtig, denn sie stellen kein geschäft zur umgehung des in § 169 abs. 5 satz 2 vvg enthaltenen verbots dar. 33§ 169 abs. 5 satz 2 vvg ist nämlich auf sogenannte netto-policen nicht anwendbar. er betrifft vielmehr nur die fälle, in denen abschlusskosten mit den prämien verrechnet werden. gerade dies geschah in den verträgen, die die parteien schlossen, nicht. eine gleichbehandlung ist nicht geboten. das erkennende gericht nimmt auch insoweit bezug auf die oben genannte rechtsprechung. 34die beiden verfahren vor dem bgh geben keinen anlass dazu, nunmehr von der unwirksamkeit der kostenausgleichsvereinbarungen auszugehen. es ist nicht bekannt, auf welchen rechtlichen gesichtspunkten die hinweise des bgh in den beiden verfahren beruhten. ob die sachverhalte mit dem hier zu entscheidenden in den maßgeblichen punkten vergleichbar waren, ist nicht bekannt. 35der zinsanspruch und der anspruch auf ersatz von anwaltskosten beruhen auf verzug, §§ 286 ff. bgb. 36wie sich aus den obigen ausführungen ergibt, ist die widerklage unbegründet. ein rückzahlungsanspruch stünde dem beklagten nur zu, wenn noch ein widerspruchsrecht bestünde oder die verträge von vornherein nichtig wären. 37die prozessualen nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 709 satz 1 u. 2 zpo. 38streitwert: bis zum 09.06.2013: 3.284,55 € seit dem 10.06.2013: 5.611,60 € |
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} | 24 K 3817/10 | 2013-08-14T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand:2Die Klägerin ist eine in England und Wales registrierte Private Limited Company mit Niederlassungen in den Niederlanden (W. ) und in Belgien (F. ). In Deutschland existiert lediglich eine Zustelladresse. Die Klägerin trat bzw. tritt seit 2008 sowohl bei der mit kommunalem Steuerrecht befassten 23. bzw. 24. Kammer als auch bei anderen Kammern des Verwaltungsgerichts Köln in Verfahren für verschiedene Klägerinnen und Kläger auf:3u.a. 24 K 8432/08, 23 L 464/09, 24 K 5282/09, 24 K 415/10, 24 K 3003/10, 24 K 3243/10, 24 K 334/13, 24 K 591/13 und 24 K 3052/13.4Sie trat zunächst in einem Verwaltungsverfahren der Beklagten betreffend Gewerbesteuerschulden einer im Jahr 2005 nach englischem Recht gegründeten Private Limited Company (nachfolgend: Limited) als Bevollmächtigte auf. Nach der Auflösung der Limited bestellte sie sich im Jahr 2010 auch für den ehemaligen Director dieser Limited (nachfolgend: Auftraggeber) in dem Verwaltungsverfahren wegen der Haftung für die Gewerbesteuerschulden der Gesellschaft.5Nachdem das Finanzamt Bergheim der Beklagten mitgeteilt hatte, dass die Klägerin nicht befugt sei, als Steuerberatungsgesellschaft in Deutschland aufzutreten, wies die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 4. Mai 2010 als Bevollmächtigte gemäß § 80 Abs. 5 Abgabenordnung (AO) zurück. Die Klägerin sei nicht als Gesellschaft im Sinne des § 3 Nr. 3 Steuerberatungsgesetz (StBerG) anerkannt und habe in einer Vielzahl von Fällen Hilfe in Steuersachen geleistet, so dass das Merkmal „vorübergehend und gelegentlich“ des § 3a Absatz 1 StBerG nicht erfüllt sei. Die Beklagte wies darauf hin, dass alle Verfahrenshandlungen, welche die Klägerin trotz dieser Zurückweisung künftig für ihren Auftraggeber vornehme, ohne steuerliche Wirkung blieben.6Am selben Tag erließ die Beklagte einen Haftungsbescheid an den Auftraggeber der Klägerin wegen noch offener Gewerbesteuerschulden der aufgelösten Limited.7Mit Schreiben vom 6. Mai 2010 unterrichtete die Beklagte den Auftraggeber der Klägerin über die Zurückweisung seines Bevollmächtigten.8Die Klägerin erhob am 19. Mai 2010 für ihren Auftraggeber Klagen bei dem erkennenden Gericht, die sich gegen ihre Zurückweisung als Bevollmächtigte (24 K 3243/10) und gegen den Haftungsbescheid vom 4. Mai 2010 (24 K 3003/10) richten.9Der Zurückweisungsbescheid wurde der Klägerin – nach ihren Angaben – am 21. Mai 2010 zugestellt.10Die Klägerin hat am 21. Juni 2010 Klage erhoben. Sie hat ausgeführt, dass eine „Zurückweisungsarie“ gegenüber Dienstleistungserbringern aus dem außerdeutschen EU-Raum im Rahmen eines Komplotts der Finanzbehörden im Gange sei, in dessen Rahmen auch die streitgegenständliche Zurückweisung erfolgt sei.11Sie verweist darauf, dass sie ihrem Gesellschaftszweck entsprechend steuerberatend tätig sei und – dies sei unbestritten – hierzu sowohl in den Niederlanden als auch in Großbritannien und Belgien befugt sei. Vorliegend finde europäisches Recht Anwendung, welches Vorrang vor dem jeweiligen nationalen Recht des Mitgliedstaates habe. Des Weiteren verweise sie auf das einschlägige EU-Sekundärrecht, insbesondere die Richtlinien 2000/31/EG, 2005/36/EG und 2006/123/EG. Im Übrigen sei die Einhaltung des EU-Vertragswerkes einschließlich der EU-Richtlinien von der EU-Kommission zu überwachen. Sie nehme insoweit inhaltlich Bezug auf vier – ihrem Schriftsatz vom 13. August 2013 beigefügte – Stellungnahmen von Mitarbeitern der EU-Kommission an Einzelpersonen. Aus diesen Stellungnahmen sei der gesetzgeberische Wille der EU ableitbar, dass eine grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung erst dann vorliege, wenn der Dienstleister physisch die Grenze überschreite. Nur in diesem Fall stelle sich die Frage, ob das EU-Dienstleistungsrecht anzuwenden sei oder das EU-Niederlassungsrecht und damit auch das Recht des Mitgliedstaates, in den sich der Dienstleister begebe. Ohne das Element des physischen Grenzübertritts greife die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Das bedeute im konkreten Fall, dass die Klägerin gegenüber jedem in der Europäischen Union Ansässigen von ihrer Niederlassung in W. aus jede Dienstleistung anbieten und erbringen könne, zu der sie dort die Befugnis habe; das deutsche Steuerberatungsgesetz komme nicht zur Anwendung. Erst wenn eine konkrete Dienstleistung das Element des physischen Grenzübertritts beinhalte, sei zu entscheiden, ob dieser physische Grenzübertritt eine Bedeutung erlange mit der Folge, dass das EU-Niederlassungsrecht greife. Die Kriterien, anhand derer das zu beurteilen sei, seien Dauer, Häufigkeit, regelmäßige Wiederkehr und Kontinuität des physischen Grenzübertritts des Dienstleisters zur Dienstleistungserbringung.12Im Hinblick auf das deutsche Steuerberatungsgesetzes sei darauf zu verweisen, dass § 3a StBerG zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36/EG eingeführt worden sei. Der Regelungsinhalt des § 3a StBerG werde daher von der europäischen Dienstleistungsfreiheit bestimmt, so dass die Dienstleistungsfreiheit uneingeschränkt gegeben sei, solange der Dienstleister sich nicht physisch in einen anderen Mitgliedstaat begebe. Sofern dieser sich physisch nur gelegentlich und vorübergehend in den anderen Mitgliedstaat begebe, gelte die Dienstleistungsfreiheit unverändert. Nationales Recht – konkret hier deutsches Recht – könne erst greifen, wenn diese – nirgendwo definierten – Grenzen des Gelegentlichen und Vorübergehenden überschritten seien. Lege man § 3a StBerG anders aus, stünde dies im Widerstreit zum vorrangigen Gemeinschaftsrecht und die nationalen Bestimmungen wären damit unwirksam.13Nach § 80 Abs. 5 AO seien Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisteten, ohne dazu befugt zu sein. Diese Befugnis richte sich vorrangig nach dem bestehenden Gemeinschaftsrecht. Wenn jemand nach Art. 56 AEUV – in Ausgestaltung durch das zitierte Sekundärrecht – befugt sei, Hilfe zu leisten, gelte dies auch für die Anwendung des § 80 Abs. 5 AO.14Die von ihr aufgeworfenen Rechtsfragen seien dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV zur Vorabentscheidung vorzulegen. Zwar treffe nach dem Wortlaut des Art. 267 Satz 3 AEUV die unbedingte Vorlagepflicht lediglich das national auf dem ordentlichen Rechtsweg zuletzt entscheidende Gericht. Das Bundesverfassungsgericht habe die Vorlagepflicht für deutsche Gerichte aber mit der Entscheidung vom 4. Oktober 2011 (1 BvL 3/08) verschärft, so dass das Gericht zur Vorlage an den EuGH verpflichtet sei. Dies nicht zu tun, sei Rechtsbeugung, strafbar und ein Verfahrensmangel.15Des Weiteren verweist die Klägerin auf einzelne Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs, des Bundesgerichtshofs und des Bundesfinanzhofs, die sie als entscheidungserheblich erachtet. Im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 13. August 2013 verwiesen.16Die Zurückweisung gemäß § 80 AO sei so eindeutig rechtswidrig, dass man sogar von Nichtigkeit gemäß § 125 AO und damit von einer Unwirksamkeit gemäß § 124 Abs. 3 AO des streitgegenständlichen Zurückweisungsbescheids ausgehen könne.17Sie stütze ihr Recht zur Berufsausübung auf Art. 56 AEUV, auch in Ausgestaltung der Richtlinie 2006/123/EG. Diese Richtlinie sei ausdrücklich auf ihren Geschäftsbereich anwendbar, was in Erwägungsgrund (33) festgehalten sei. Die Dienstleistungsfreiheit der Klägerin ergebe sich aus Art. 16 der Richtlinie.18Im Übrigen seien auch die Voraussetzungen des § 3 Nr. 4 StBerG [a.F.] und der Nachfolgeregelung des § 3a StBerG erfüllt. Deren Voraussetzungen seien zweifelsfrei gegeben; auslegungsbedürftig sei allenfalls der Hinweis auf Art. 50 EGV. Dieser normiere im letzten Satz die Befugnis, die Dienstleistung „vorübergehend“ auch in einem anderen Mitgliedstaat auszuüben. Da im konkreten Fall eine Berufsausübung in einem anderen Mitgliedstaat – konkret in Deutschland – nicht stattgefunden habe, könne das Maß des Vorübergehenden nicht überschritten sein. Vielmehr habe die Dienstleistungsbefugnis nach Gemeinschaftsrecht in dem Umfang bestanden, in dem sie am Ort der beruflichen Niederlassung bestanden habe bzw. bestehe.19Soweit § 3a StBerG noch die Meldung an die zuständige Behörde voraussetze, sei die Klägerin dieser Anforderung bei Inkrafttreten rein vorsorglich nachgekommen. Sofern der Bundesfinanzhof in zwei Entscheidungen das Erfordernis des Abschlusses einer Berufshaftpflichtversicherung statuiert habe, sei dies gemeinschaftsrechtswidrig, da Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 2005/36/EG keine Berufshaftpflichtversicherung für eine Meldung voraussetze.20In der Klageschrift vom 21. Juni 2010 hat die Klägerin folgende Verfahrensanträge gestellt. Sie hat die Beiziehung der Steuerakten der Beklagten, der Verfahrensakten der Beklagten, der Sonderakten der Beklagten zur Zurückweisung der Klägerin und ihrer Direktoren, der Akten des Finanzamts für Steuerfahndung und Steuerstraftaten Köln zu den Aktenzeichen 5283/2009/04078-1-144-14, 5283/2008/02799-1-582-19, 5283/2009/01847-1-517-35, 5283/2009/01847-1-135-20 beantragt. Ferner hat sie die Einholung eines forensischen Sachverständigengutachtens beantragt dazu,21„dass im Rahmen der Zurückweisungsvorgänge keine gesetzlich vorgesehene Sachbearbeitung vorgenommen wird, sondern das Verfahren hier – gleichermaßen wie parallele andere – missbräuchlich eingesetzt wird, um die zurückgewiesenen Bevollmächtigten sowie deren Direktor verächtlich zu machen, zu beleidigen und zu verleumden, und dazu sogar Straftaten begangen wurden und noch werden;22die Beklagte sich rein einer Weisung des Finanzamts Bergheim beugt, aus der Verbindung des Kämmerers, Herrn U. , mit seinen ehemaligen Kollegen aus der Finanzverwaltung, insbesondere Herrn L. .“23Des Weiteren hat sie beantragt, Beweis zu erheben durch Vernehmung von zwei namentlich benannten Referentinnen der Europäischen Kommission sowie des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie zu bezeichnenden zuständigen Referenten, für die Tatsachen, dass24„die Klägerin nach Auffassung und gesetzgeberischen Willen sowohl der EU-Kommission als auch der BRD zu dem Personenkreis gehöre, der grundsätzlich Anrecht auf die Dienstleistungsfreiheit des Art. 56 AEUV hat und auch zum engeren in § 3 a StBerG-D geregelten Personenkreis zuzurechnen ist,25die Klägerin insoweit jedenfalls Dienstleistungen für in der BRD ansässige Wirtschaftsteilnehmer erbringen kann und die Dienstleistungsfreiheit nicht beschränkt werden darf, wenn diese Dienstleistungen ohne körperlichen Grenzübertritt des Dienstleisters erfolgen,26nach Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie 2006/123/EG jede nationale Norm, die diese Dienstleistungsfreiheit beschränkt, nicht mehr anwendbar ist,27im konkreten Fall die Klägerin die mit der Richtlinie 2005/36/EG und § 3 a StBerG bezeichneten Grenzen in keinem Fall überschritten hat;28die Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit, wie durch den Verwaltungsakt hier geschehen, dem gesetzgeberischen Willen der Bundesregierung und der EU-Kommission zuwiderlaufe, der Beklagte also pflichtwidrig handele und die Vorgaben der ihm vorgesetzten Ministerien missachtet und denen zuwider handelt.“29Die Klägerin hat im Übrigen mit Schriftsatz vom 13. August 2013 ihre Anträge neu gefasst und hat wörtlich beantragt,30„1. unter Feststellung dessen Nichtigkeit den angefochtenen Bescheid aufzuheben, hilfsweise, den Bescheid als rechtswidrig aufzuheben.312. im Unterliegensfall die Revision zuzulassen.323. dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.334. zum Verfahren:34a) das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof gemäß Art. 267 AEUV die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:35Steht Art. 56 AEUV, insbesondere in Ausgestaltung der Richtlinien 2000/31/EG, 2005/36/EG und 2006/123/EG, einer nationalen Regelung entgegen, wie der des deutschen Steuerberatungsgesetzes, die es einem in den Niederlanden ansässigen Dienstleister auf dem Gebiet der Steuerberatung untersagt, diese Dienstleistung von seinem Sitz in NL aus, ohne dabei die Grenze physisch zu überschreiten, auch an in der BRD ansässige Wirtschaftsteilnehmer anzubieten und zu erbringen und die es damit einem in der BRD ansässigen Wirtschaftsteilnehmer verbietet – zumindest erheblich erschwert – die Dienstleistungen eines solchen in Niederlanden ansässigen Dienstleisters in dem Umfang, in dem dieser in den Niederlanden zur Erbringung der Dienstleistung befugt ist, in Anspruch zu nehmen?36Steht Art. 56 AEUV, insbesondere in Ausgestaltung der Richtlinie 2000/31/EG, 2005/36/EG und 2006/123/EG, einer nationalen Regelung entgegen, wie der des deutschen Steuerberatungsgesetzes, die es einem in den Niederlanden ansässigen Dienstleister auf dem Gebiet der Steuerberatung auferlegt, diese Dienstleistung von seinem Sitz in NL aus, ohne dabei die Grenze physisch zu überschreiten, nur an in der BRD ansässige Wirtschaftsteilnehmer anzubieten und zu erbringen, wenn er eine Versicherung abschließt, die abzuschließen das Recht des Niederlassungsstaates NL nicht vorsieht?37Steht Art. 56 AEUV, insbesondere in Ausgestaltung der Richtlinien 2000/31/EG, 2005/36/EG und 2006/123/EG, einer nationalen Regelung entgegen, wie der des deutschen Steuerberatungsgesetz, die grundsätzlich die grenzüberschreitende Tätigkeit eines in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringers auf Ausnahmen beschränkt (§ 3 a StBerG – „vorübergehend und gelegentlich“)?38(...)39b) die Akten des Beklagten beizuziehen,40c) die sonstigen Akten beizuziehen, wie in der Folge und im weiteren Verfahren benannt bzw. schon in der Klageschrift vom 21.06.2010 benannt sind.41d) nach Zuziehung von Akten – ggf. jeweils – Akteneinsicht zu gewähren, insbesondere zu dem Zweck, dass die Kläger ihren Vortrag darauf stützen können.42e) im Fall des Bestreitens dessen, Beweis zu erheben durch – dann ladefähig zu benennende – Zeugen – dazu, dass die Klägerin zum Zweck der konkreten Dienstleistung nicht einmal physisch die Grenze von NL zur BRD überschritten hat.43f) Beweis zu erheben, wie in der Folge und im weiteren Verfahren beantragt wird.“44Die Beklagte beantragt,45die Klage abzuweisen.46Sie verweist darauf, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 80 Abs. 5 AO vorliegen würden. Danach seien Bevollmächtigte und Beistände zurückzuweisen, wenn sie rechtsmäßig Hilfe in Steuersachen leisteten, ohne dazu befugt zu sein. Nach einem Schreiben des Finanzamts Bergheim sei die Bestellung des Herrn I. -Q. U1. , der jetzt als Director der Klägerin fungiere, als Steuerberater mit Wirkung zum 26. August 2002 widerrufen worden. Das Finanzamt Bergheim habe ihm inzwischen die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen gemäß § 7 Absatz 1 StBerG untersagt. Herr U1. bediene sich nunmehr der Klägerin, die aber ihrerseits nicht zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen gemäß § 3 StBerG befugt sei und im Übrigen nicht nur vorübergehend und gelegentlich in Steuersachen Hilfe leiste, § 3a StBerG. Der Kammer sei bereits aus anderen Verfahren bekannt, dass die Klägerin ohne Zulassung als Steuerberater im Inland mehr als nur gelegentlich in steuerrechtlichen Verfahren auftrete.47Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens, der Gerichtsakten des Verfahrens 24 K 3003/13 sowie der Verwaltungsvorgänge der Beklagten im Verfahren 24 K 3003/13 Bezug genommen.48Entscheidungsgründe:49Das Gericht konnte in der Sache entscheiden, obwohl für die Klägerin niemand zur mündlichen Verhandlung erschienen ist. Die Klägerin ist mit dem Hinweis auf diese Möglichkeit ordnungsgemäß geladen worden (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 13. August 2013, in den Nachtbriefkasten eingelegt am 13. August 2013, mitgeteilt, dass sie zulässig an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen werde, um dieser nicht durch ihre Anwesenheit den Anschein der Rechtmäßigkeit zu geben.50Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.51Der Zurückweisungsbescheid der Beklagten vom 4. Mai 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.52Eine von der Klägerin angeführte Nichtigkeit ihrer Zurückweisung als Bevollmächtigte durch die Beklagte scheidet aus, da der Bescheid vom 4. Mai 2010 an keinem schwerwiegenden Mangel im Sinne von § 125 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) leidet, der bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Dass die Klägerin einen Verstoß gegen europarechtliche Vorschriften geltend macht, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Geltungsvorrang des Gemeinschaftsrechts erfordert allein, dass diejenigen Bestimmungen nationalen Rechts, die im Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht stehen, einer behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung nicht zugrunde gelegt werden dürfen und nicht dazu, dass jeder Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht als Nichtigkeitsgrund zu behandeln wäre,53vgl. zur parallelen Vorschrift des § 44 Verwaltungsverfahrensgesetz: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 11. Mai 2000, - 11 B 26/00 – und vom 18. April 1997 - 3 C 3/95 -, beide juris.54Die Beklagte hat die Klägerin zu Recht auf der Grundlage von § 80 Abs. 5 AO als Bevollmächtigte zurückgewiesen. Vorliegend findet § 80 Abs. 5 AO gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 AO Anwendung, da die Beklagte die Klägerin als Bevollmächtigte in einem Verfahren zurückgewiesen hat, das die Haftung wegen Gewerbesteuerschulden betraf.55Die Zurückweisung war formell rechtmäßig. Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte die Klägerin vor der Zurückweisung nicht gemäß § 91 AO angehört hat. Die unterbliebene Anhörung ist jedenfalls gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 AO i.V.m. § 127 AO unbeachtlich, da bei gebundenen Verwaltungsakten Verfahrensfehler unbeachtlich sind, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Dies ist nach der finanzgerichtlichen Rechtsprechung bei gebundenen Verwaltungsakten, wie es auch die Zurückweisung als Bevollmächtigte gemäß § 80 Abs. 5 AO ist, anzunehmen,56vgl. grundlegend: Bundesfinanzhof (BFH), Urteile vom 22. September 1983 IV R 109/83 und vom 25. Januar 1989, - X R 158/87 -, so auch ausdrücklich zur unterbliebenen Anhörung: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18. Januar 2013, - 15 A 2360/12 -, alle juris.57Der streitgegenständliche Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Nach § 80 Abs. 5 AO sind Bevollmächtigte zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein. Diese Voraussetzungen lagen hier vor.58Hilfeleistung in Steuersachen ist jede durch Anwendung von Steuerrechtskenntnissen unterstützende Tätigkeit zur Erfüllung steuerlicher Pflichten oder Wahrnehmung steuerlicher Rechte Dritter. Dabei sind unter Steuersachen Angelegenheiten zu verstehen, die unmittelbar oder mittelbar mit der Verwirklichung von Steuertatbeständen oder Steuerstraf- und Steuerordnungswidrigkeitentatbeständen zu tun haben,59vgl. Tipke/Kruse, AO, Loseblattsammlung (Stand: Juli 2013), § 80 Rn. 56 f.60Der Begriff „Hilfeleistung in Steuersachen“ ist der Oberbegriff für alle in Betracht kommenden Tätigkeiten. Er ist im Hinblick auf Sinn und Zweck des Steuerberatungsgesetzes weit auszulegen und erfasst auch Hilfeleistungen bei weniger bedeutsamen steuerlichen Anträgen, und zwar unabhängig davon, ob der Steuerpflichtige fähig gewesen wäre, die Angelegenheit in gleicher Weise selbst zu besorgen,61vgl. BFH, Beschluss vom 19. Mai 2005, - VII B 8/05 – und Urteile vom 3. Mai 1983, - VII R 32/81 - und vom 28. Juli 1981, - VII R 14/79 -, alle juris.62Wesentlich ist, dass die Tätigkeit durch Anwendung von Steuerrechtskenntnissen ausgeübt wird. Hilfstätigkeiten, die keine Steuerrechtskenntnisse, sondern praktische oder kaufmännische Kenntnisse voraussetzen, genügen allerdings nicht; gleiches gilt für steuerlich irrelevante Hilfen wie reine Schreibhilfen,63vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 80 R. 62.64Gemessen hieran hat die Klägerin Hilfe in Steuersachen geleistet. Sie hat für ihren Auftraggeber Stellung zu der Anhörung zum Erlass eines Haftungsbescheides auf der Grundlage von § 191 AO genommen, mit dem dieser als ehemaliger Director einer aufgelösten Limited für deren Gewerbesteuerschulden in Anspruch genommen werden sollte. Die Beratung wegen der Inanspruchnahme im Rahmen eines Haftungsbescheids erfordert vertiefte rechtliche Kenntnisse des Steuerrechts und nicht nur allgemeine praktische oder kaufmännische Kenntnisse.65Dass die Hilfeleistung der Klägerin auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland geschäftsmäßig erfolgte, ist nicht zweifelhaft und wird von ihr auch nicht bestritten.66Die Klägerin hat auch ohne Befugnis Hilfe in Steuersachen geleistet. Die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen richtet sich nach dem Steuerberatungsgesetz (StBerG), insbesondere § 3 StBerG und § 3a StBerG. Sie kann – entgegen der von ihr dargestellten Ansicht – weder aus Art. 56 ff. des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union vom 13. Dezember 2007, in Kraft getreten am 01. Dezember 2009 – AEUV - (vormals Artikel 50 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft – EGV) noch aus den von ihr aufgeführten europäischen Sekundärrechtsakten unmittelbar eine Befugnis zur Steuerberatung in Deutschland ableiten. Dies ist den von der Klägerin zitierten Normen nicht zu entnehmen. Wie die Klägerin allerdings zu Recht ausführt, hat das europäische Recht vor dem nationalen Recht Vorrang, so dass die Vorschriften des deutschen Steuerberatungsgesetzes an den von der Klägerin zitierten europäischen Normen zu messen und unter Berücksichtigung dieser auszulegen sind.67Die Klägerin ist nicht gemäß § 3 Nr. 3 StBerG zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Diese Vorschrift setzt die Anerkennung als Steuerberatungsgesellschaft gemäß § 32 Abs. 3, § 49 StBerG voraus. Die Klägerin – eine im Ausland ansässige Gesellschaft – ist nicht als Steuerberatungsgesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt; sie hat dies jedenfalls nicht vorgetragen und beruft sich dementsprechend auch allein auf § 3a StBerG, der die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen von im Ausland niedergelassenen Gesellschaften regelt.68§ 3a StBerG wurde mit dem Achten Gesetz zur Änderung des Steuerberatungsgesetzes vom 08. April 2008 (8. StBerÄndG, BGBl. I 2008, 666) eingeführt und ist seit dem 12. April 2008 in Kraft. Gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 StBerG sind Personen, die sich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union beruflich niedergelassen haben und dort nach dem Recht des Niederlassungsstaates befugt sind, geschäftsmäßig Hilfe in Steuersachen zu leisten, zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland befugt. Unter „Personen“ im Sinne des § 3a Abs. 1 Satz 1 StBerG sind sowohl natürliche Personen als auch Vereinigungen bzw. Gesellschaften zu verstehen,69vgl. BFH, Beschluss vom 11. November 2011 – I B 107/08 -, Rn. 12, juris,70so dass grundsätzlich auch die Klägerin als Limited nach englischem Recht unter die Vorschrift des § 3a StBerG fällt.71Die Klägerin leistet jedoch nicht nur vorübergehend und gelegentlich Hilfe in Steuersachen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Bei der Auslegung des § 3a StBerG ist – wie oben bereits dargelegt – das europäische Recht und insbesondere die Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (Richtlinie 2005/36/EG, ABl. L 255 vom 30. September 2005, S. 22 ff.) heranzuziehen, denn § 3a StBerG dient der Umsetzung der Regelung des Titel II (Dienstleistungsfreiheit), Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie,72vgl. Gesetzesbegründung zum 8. Steuerberatungsänderungsgesetz, Artikel 1, Nr. 2 und 3, abgedruckt in DVStB 2008, Seite 131 f.,73und soll die Geltung der europäischen Dienstleistungsfreiheit auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gewährleisten. § 3a StBerG steht auch mit dieser Richtlinie in Einklang. Nach Absatz 2 Satz 1 der genannten Vorschrift gelten die Bestimmungen des Titels II der Richtlinie nur für den Fall, dass sich der Dienstleister zur vorübergehenden und gelegentlichen Ausübung des Berufes in den Aufnahmemitgliedstaat begibt. Der vorübergehende und gelegentliche Charakter der Erbringung von Dienstleistungen wird nach Art. 5 Satz 2 Richtlinie 2005/36/EG im Einzelfall, insbesondere anhand der Dauer, der Häufigkeit, der regelmäßigen Wiederkehr und der Kontinuität der Dienstleistung beurteilt. Diese Kriterien hat der deutsche Gesetzgeber wörtlich in § 3a Abs. 1 Satz 5 StBerG übernommen.74Die Anwendbarkeit bzw. Auslegung von § 3a StBerG steht auch im Einklang mit Art. 16 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (Richtlinie 2006/123/EG, ABl. L 376 vom 27. Dezember 2006, S. 36 ff.), wonach die Mitgliedstaaten das Recht der Dienstleistungserbringer, Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen ihrer Niederlassung zu erbringen, achten und die freie Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit innerhalb ihres Hoheitsgebietes gewährleisten (Art. 16 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Richtlinie 2006/123/EG). Grundsätzlich ist der Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/123/EG auch für Dienstleistungen der Steuerberatung eröffnet, wie sich aus Erwägungsgrund (33) der Richtlinie ergibt. Allerdings findet Art. 16 Richtlinie 2006/123/EG gemäß Art. 17 Ziffer 6 Richtlinie 2006/123/EG keine Anwendung auf die Angelegenheiten, die – wie hier – unter Titel II der Richtlinie 2005/36 EG fallen. Dies hat der Richtliniengeber zudem im Erwägungsgrund (31) der Richtlinie 2006/123/EG ausdrücklich klargestellt. Dort heißt es:75„Diese Richtlinie steht im Einklang mit der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 07. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen und lässt diese unberührt. (...). Bezüglich der vorübergehenden grenzüberschreitenden Erbringung von Dienstleistungen stellt eine Ausnahme von den Bestimmungen der vorliegenden Richtlinie über die Dienstleistungsfreiheit sicher, dass der Titel II „Dienstleistungsfreiheit“ der Richtlinie 2005/36/EG nicht berührt wird. Somit werden keine gemäß der Richtlinie 2005/36/EG im Mitgliedsstaat der Dienstleistungserbringung anwendbaren Maßnahmen von den Bestimmungen der vorliegenden Richtlinie über die Dienstleistungsfreiheit berührt.“76Artikel 3 Abs. 1 d) RL 2006/123/EG stellt dementsprechend auch klar, dass die Bestimmungen der Richtlinie 2005/36/EG bei Widerspruch Vorrang vor den Bestimmungen der Richtlinie 2006/123/EG haben.77§ 3a Abs. 1 Satz 1 StBerG steht auch nicht im Widerspruch zu Artikel 56 AEUV welcher die Freiheit der Dienstleistung in den europäischen Mitgliedstaaten gewährleistet, denn gemäß Art. 57 Satz 3 AEUV ist die Dienstleistungsfreiheit ebenfalls auf eine vorüber-gehende Tätigkeit beschränkt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) ist der vorübergehende Charakter der Dienstleistung im Sinne des Artikels 57 AEUV ebenfalls unter Berücksichtigung ihrer Dauer, ihrer Häufigkeit, ihrer regelmäßigen Wiederkehr und ihrer Kontinuität zu beurteilen,78vgl. EuGH, Urteile vom 30. November 1995, Rs. C-55/94 (Gebhard), Rn. 27 und vom 11. Dezember 2003, Rs. C-215/01 (Schnitzer)-, Rn. 28, beide juris; vgl. auch Erwägungsgrund (77) der RL 2006/123/EG.79Das europäische Recht enthält jedoch keine Vorschrift, die eine abstrakte Bestimmung der Dauer und Häufigkeit ermöglicht, ab der die Erbringung einer Dienstleistung oder einer bestimmten Art von Dienstleistung in einem anderen Mitgliedstaat nicht mehr als Dienstleistung im Sinne des Vertrags angesehen werden kann. Maßgeblich ist nach der europäischen Rechtsprechung, dass ein Wirtschaftsteilnehmer in einem anderen Mitgliedstaat über eine Infrastruktur verfügt, die es ihm erlaubt, in diesem Mitgliedstaat in stabiler und kontinuierlicher Weise einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, und von der aus er sich unter anderem an die Angehörigen dieses Mitgliedstaates wendet. Die Auslegung, wann die Grenze der vorübergehenden und gelegentlichen Ausübung nach § 3a StBerG überschritten ist, ist der Würdigung des nationalen Richters im Einzelfall unter Berücksichtigung der zum europäischen Recht ergangenen Rechtsprechung überlassen,80vgl. in diesem Sinne EuGH, Urteil vom 11. Dezember 2003, Rs. C-215/01 (Schnitzer), Rn. 31 ff., so auch die von der Klägerin beigebrachte Stellungnahme der Generaldirektion Binnenmarkt der Europäischen Kommission vom 3. Oktober 2011 unter Punkt 8.1.1.81Die Annahme einer nicht nur vorübergehenden Tätigkeit setzt nach der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung des EuGH nicht als unerlässliches Erfordernis voraus, dass im Inland Praxis- oder Kanzleiräume vorhanden sind. Zwar deutet das Vorhandensein solcher Räumlichkeiten als gewichtiges Indiz auf eine nicht nur vorübergehende Tätigkeit im Inland im Sinne von Art. 57 Satz 3 AEUV hin, begründet aber für sich allein genommen eine solche Annahme nicht zwingend. Das Fehlen von derartigen Räumlichkeiten kann dementsprechend zwar als Indiz für eine nur vorübergehende Tätigkeit im Inland sprechen, kann aber durch gewichtige gegenläufige Umstände widerlegt sein,82vgl.: Finanzgericht (FG) Köln, Urteile vom 02. Februar 2012 – 11 K 4478/08 bis 11 K 4481/08 –juris.83Hiervon ausgehend ist jemand, der über einen längeren Zeitraum im Inland nicht nur einzelne, sondern mehrere Steuerpflichtige an verschiedenen Orten berät und vor verschiedenen Finanzämtern und Finanzgerichten in einer Vielzahl von Verfahren vertritt, nicht nur vorübergehend im Inland tätig, sondern erbringt seine Dienstleistung in stabiler und kontinuierlicher Weise und überschreitet damit den durch die Dienstleistungsfreiheit in Ausgestaltung der Richtlinie 2005/36/EG gezogenen Rahmen,84vgl. BFH, Beschluss vom 26. Mai 2009 – X B 38/09 -, Rn. 15; FG Niedersachsen, Urteil vom 26. November 2009 – 6 K 273/08 -, Rn. 34; FG Köln, Urteil vom 02. Februar 2012 - 11 K 4480/08-, Rn. 32, alle juris.85Gemessen an diesen Grundsätzen ist die Klägerin nicht nur vorübergehend im Bundesgebiet tätig. Sie hat allein vor dem Verwaltungsgericht Köln in insgesamt 14 Verfahren für verschiedene Klägerinnen und Kläger Klage erhoben. Wie sich aus dem dieser Zurückweisung zugrunde liegenden Verwaltungsverfahren bei der Beklagten ergibt, tritt sie darüber hinaus vor Finanzämtern und Finanzgerichten als Bevollmächtigte auf. In dem Verwaltungsvorgang, der mit dem Verfahren 24 K 3003/13 eingereicht wurde, befindet sich z.B. ein Schreiben aus dem Jahr 2007, in welchem die Klägerin darauf hinweist, dass sie für ihren Auftraggeber auch gegenüber dem Finanzamt aufgetreten sei und einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung eines Gewerbesteuermessbescheides gestellt sowie Klage gegen diesen Bescheid vor dem Finanzgericht Köln erhoben habe. Die Klägerin hat sich zudem für ihren Auftraggeber im Jahr 2013 in einem anderen Verfahren der erkennenden Kammer (24 K 591/13) bestellt, was bedeutet, dass es sich jedenfalls im konkreten Fall um ein über sechs Jahre dauerndes Mandat handelt. Zudem hat der im vorliegenden Verfahren auftretende Vertreter der Bevollmächtigten in verschiedenen vor der Kammer geführten Verfahren auf Gerichtsentscheidungen hingewiesen, die nach seinen eigenen Angaben ihn bzw. die Bevollmächtigte und deren Tätigkeiten betreffen, aus denen sich ergibt, dass die Gesellschaft seit Jahren auch in Verfahren vor verschiedenen Finanzgerichten auftritt. So hat sie zum Beispiel auf den Beschluss des BFH vom 02. November 2006 - I B 13/06 - und den Beschluss vom 14. Dezember 2006 – IV B 18/06- hingewiesen. Aus diesen Beschlüssen ergibt sich wiederum, dass die Klägerin noch in anderen Verfahren vor den Finanzgerichten aufgetreten ist. Im Übrigen ist der Kammer bekannt, dass die Klägerin auch noch in diesem Jahr mehrfach als Prozessbevollmächtigte vor dem Finanzgericht Köln aufgetreten ist.86Nichts anderes kann aus den von der Klägerin zitierten Urteilen des Bundesgerichtshofs abgeleitet werden. Bei diesen Urteilen handelt es sich um Entscheidungen, in denen bezogen auf den jeweiligen Einzelfall das Merkmal der vorübergehenden und gelegentlichen Dienstleistungserbringung zu prüfen war. Diese Einzelfallwürdigung lässt sich naturgemäß nicht auf diesen Fall übertragen und ist daher für das vorliegende Verfahren ohne Bedeutung. Das von der Klägerin zitierte Urteil des Bundesfinanzhofs vom 4. Juni 2008 – I R 30/07 – betrifft die Frage, wann eine Betriebsstätte im Sinne von § 12 AO vorliegt. Rückschlüsse für die Auslegung der Begriffe „vorübergehend und gelegentlich“ im Sinne der europäischen Dienstleistungsfreiheit können dem Urteil nicht entnommen werden.87Nicht entscheidungserheblich ist die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob das Erfordernis der nur vorübergehenden Dienstleistungserbringung für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Dienstleistungsfreiheit und Abgrenzung zur Niederlassungsfreiheit dann keine Anwendung findet, wenn es sich bei den erbrachten Dienstleistungen um reine Korrespondenzdienstleistungen handelt, die keine physische Grenzüberschreitung des Dienstleistungserbringers erfordern und bei denen allein die Dienstleistung selbst die Grenze überschreitet.88Vorliegend ist angesichts der von der Klägerin wahrgenommenen Tätigkeit gerade kein Fall einer solchen Korrespondenzdienstleistung anzunehmen. Die – auf Dauer angelegte – steuerliche Beratung ist als gegenüber den inländischen Mandanten zu erbringende Gesamtleistung auf die Regelung von deren steuerlichen Belangen im Inland gerichtet und erfordert immer wieder ein Auftreten – zum Beispiel zur Wahrnehmung von Behörden- und Gerichtsterminen – im Inland. Die mit der Betreuung von Dauermandaten zwangsläufig verbundene Häufigkeit und regelmäßige Wiederkehr des Tätigwerdens im Inland kennzeichnet die Tätigkeit als nicht vorübergehend im Sinne des Art. 57 AEUV. Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob das konkrete Auftreten, das Anlass für die Zurückweisung nach § 80 Abs. 5 AO war, mit einem physischen Grenzübertritt verbunden war, ist daher nicht entscheidend. Aus diesem Grund war dem Antrag der Klägerin, zu der Tatsache, ob die Klägerin zum Zweck der konkreten Dienstleistung die Grenze nicht physisch überschritten hat, Zeugen zu hören, auch nicht nachzukommen. Entscheidend ist vielmehr, dass die steuerberatende Tätigkeit der Klägerin – jedenfalls bei einer ordnungsgemäßen Wahrnehmung dieser Tätigkeit – dazu führen muss, dass sie vertreten durch einen ihrer „Directoren“ auch körperlich in Deutschland anwesend sein muss, um für ihre Mandanten tätig zu werden. Daher ist auch ein „physisches Element des Grenzübertritts“ gegeben,89vgl. FG Köln, Urteile vom 02. Februar 2012 – 11 K 4478/08 – 11 K 4481/08 –, juris.90Der Hinweis der Klägerin auf die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (abgedruckt im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft 2000, L 178, S. 1 ff.) greift nicht durch. Die vorgenannte Richtlinie hat als Zielsetzung gemäß Art. 1 den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft zwischen den Mitgliedstaaten sicherzustellen und dazu bestimmte für die Dienste der Informationsgesellschaft geltende innerstaatliche Regelungen anzugleichen. Dabei ist unter Dienstleistung der Informationsgesellschaft gem. Art. 2 a Richtlinie 2000/31/EG in Verbindung mit Artikel 1 Nr. 2 RL 98/48/EG jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung zu verstehen. Wie oben bereits dargelegt, erfordert die Tätigkeit der Klägerin jedoch immer wieder auch ein Auftreten vor Behörden und Gerichten, so dass ihre Tätigkeit nicht unter die Richtlinie fallen kann.91Da die Klägerin bereits aus den dargestellten Gründen nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist, kann offen bleiben, ob die sonstigen Voraussetzungen des § 3a StBerG erfüllt sind. Dies gilt auch für die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen, ob die nach § 3a Abs. 2 StBerG geforderte Meldung bei der zuständigen Stelle im Inland und das nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geforderte Vorhalten einer Berufshaftpflichtversicherung für ausländische Dienstleistungserbringer den Vorgaben des europäischen Gemeinschaftsrechts entsprechen.92Ebenso kann offen bleiben, ob der Tätigkeit der Klägerin in Deutschland darüber hinaus entgegensteht, dass – wie dem erkennenden Gericht bekannt ist – die Zulassung eines für die Bevollmächtigte auftretenden Vertreters der Gesellschaft als Steuerberater rechtskräftig widerrufen wurde,93so BFH, Beschluss vom 14. Juli 2009 – II B 162/08 -, juris, Rn. 6.94Der Rechtmäßigkeit des Zurückweisungsbescheids vom 4. Mai 2010 steht auch nicht entgegen, dass in der Kommentarliteratur und der Rechtsprechung wohl überwiegend vertreten wird, dass die Zurückweisung gemäß § 80 Abs. 5 AO nur für das konkrete Verfahren und den jeweiligen Verfahrensabschnitt erfolgen kann,95vgl. Dumke, in: Schwarz (Hrsg.), Kommentar zur AO, § 80 Rdn. 64; Söhn, in: Hübschmann/Hepp/Spittaler (Hrsg.), Kommentar zur AO und FGO, § 80 Rdn. 441, Tipke/Kruse, § 80, Rn. 97, Niedersächsisches FG, Urteil vom 26. November 2009, - 6 K 530/08 -, juris; zu § 14 Verwaltungsverfahrensgesetz: Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 17. Dezember 2010, 14 K 57.10, zu § 13 Abs. 5 SGB X a.F.: Bayrischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21. September 1984, - 12 CS 84 A.1958 -, beide juris.96Im Rahmen der Auslegung des Zurückweisungsbescheides vom 4. Mai 2010 ergibt sich, dass die Zurückweisung der Klägerin als Bevollmächtigte vorliegend nur für das Verwaltungsverfahren bezüglich des Haftungsbescheids für Gewerbesteuerschulden an den Auftraggeber der Klägerin erfolgt ist.97Maßgebend für die Auslegung eines Verwaltungsakts ist der objektive Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Empfänger nach den ihm bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte. Es kommt grundsätzlich nicht darauf an, was die Finanzbehörde erklären wollte oder wie ein außen stehender Dritter den Verwaltungsakt auffassen konnte. Im Zweifel ist das den Betroffenen weniger belastende Auslegungsergebnis vorzuziehen, da er als Empfänger einer auslegungsbedürftigen Willenserklärung der Verwaltung durch etwaige Unklarheiten aus deren Sphäre nicht benachteiligt werden darf,98vgl. BFH, Urteil vom 21. Juli 2011, - II R 6/10 -, vom 15. April 2010 - V R 11/09 - und 11. Juli 2006 - VIII R 10/05 -, jeweils mit weiteren Nachweisen zur Auslegung von Verwaltungsakten, alle juris.99Die Betreff-Zeile des streitgegenständlichen Zurückweisungsbescheides lautet: „Anhörung zum Haftungsbescheid Zurückweisung als Bevollmächtigter“. Damit wird die Zurückweisung in den Zusammenhang mit dem konkreten Verfahrensabschnitt über den Haftungsbescheid an den Auftraggeber der Klägerin gebracht. Diese Auslegung ist für die Klägerin auch weniger nachteilig als eine Zurückweisung in allen Verfahren bzw. Verfahrensabschnitten.100Das Gericht brauchte den von der Klägerin gestellten Verfahrensanträgen nicht nachzugehen.101Die Verwaltungsvorgänge, welche den Zurückweisungsbescheid betreffen, sind von der Beklagten – wie in ihrem Schriftsatz vom 18. Juli 2010 ausgeführt – im Verfahren 24 K 3003/10 übersandt worden. Die Klägerin ist hierüber durch Übersendung des Schreibens der Beklagten informiert worden. Im Verfahren 24 K 3003/10, in dem sich die Klägerin als Prozessbevollmächtigte bestellt hatte, ist die Steuerakte des Klägers mit Schriftsatz der Beklagten vom 8. Juni 2010 übersandt worden und die Klägerin hat hiervon durch Übersendung dieses Schriftsatzes an sie auch Kenntnis erlangt. Die Klägerin hat ihren Antrag auf Akteneinsicht weder im vorliegenden Verfahren noch im Verfahren 24 K 3003/13 präzisiert und auch bei Gericht keine Akteneinsicht genommen wie es ihr - nach Vorlage einer angeforderten Vollmacht im Verfahren 24 K 3003/10 – unbenommen gewesen wäre.102Soweit die Klägerin die Zuziehung weiterer Akten – insbesondere der Akten des Finanzamtes für Steuerfahndung und Steuerstraftaten Köln zu den Aktenzeichen: 5283/2009/04078-1-144-14, 5283/2008/02799-1-582-19, 5283/2009/01847-1-517-35, 5283/2009/01847-1-135-20 – beantragt hat, war diesem Antrag nicht nachzukommen, da weder von der Klägerin dargelegt noch sonst ersichtlich war, wieso diese Akten für das vorliegende Verfahren erheblich sein sollten.103Die Kammer konnte ferner aufgrund der mündlichen Verhandlung entscheiden, ohne den weiteren Verfahrens- und Beweisanträgen der Klägerin nachzukommen.104Es bedurfte nicht der Aussetzung des Verfahrens gemäß § 94 VwGO zur Einholung einer Vorabentscheidung durch den EuGH über die Auslegung der für den Streitfall maßgeblichen Vorschriften des AEUV. Denn die Kammer hat § 3a StBerG unter Berücksichtigung des anwendbaren europäischen Rechts und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des EuGH ausgelegt. In diesem Zusammenhang ist auch der Verweis der Klägerin auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Oktober 2011 (1 BvL/08) unbeachtlich, da die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nur den konkreten Fall betrifft, dass ein Fachgericht Zweifel an der Vereinbarkeit einer auf europäischem Recht beruhenden Rechtsvorschrift mit deutschem Verfassungsrecht hat. Dies ist hier nicht der Fall.105Den Anträgen der Klägerin auf Vernehmung der von ihr benannten Referentinnen der Europäischen Kommission als Zeuginnen bzw. des noch zu benennenden Referenten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie als Zeugen war nicht nachzugehen, weil die gestellten Beweisfragen – entgegen der Ansicht der Klägerin – ausschließlich Rechtsfragen betreffen, deren Beurteilung den Gerichten obliegt.106Die Fragen, zu denen die Klägerin die Einholung eines forensischen Sachverständigengutachtens beantragt hat, stehen in keinem Zusammenhang mit den hier maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Fragen.107Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 Zivilprozessordnung.108Es bestand kein Anlass, gemäß § 124a Abs. 1 VwGO die Berufung zuzulassen, weil offensichtlich keiner der in § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO genannten Zulassungsgründe gegeben ist. Die Entscheidung beruht – wie dargestellt – auf der Rechtsprechung des EuGH und des BFH; die Rechtsfragen sind deshalb als geklärt anzusehen. Die Sprungrevision war gemäß § 134 Abs. 2 VwGO nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 VwGO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat aus den aufgeführten Gründen keine grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und das Urteil weicht auch nicht von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgericht, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). | die klage wird abgewiesen.die kosten des verfahrens trägt die klägerin.das urteil ist wegen der kosten vorläufig vollstreckbar. die klägerin kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung i.h.v. 110 % des beizutreibenden betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2die klägerin ist eine in england und wales registrierte private limited company mit niederlassungen in den niederlanden (w. ) und in belgien (f. ). in deutschland existiert lediglich eine zustelladresse. die klägerin trat bzw. tritt seit 2008 sowohl bei der mit kommunalem steuerrecht befassten 23. bzw. 24. kammer als auch bei anderen kammern des verwaltungsgerichts köln in verfahren für verschiedene klägerinnen und kläger auf:3u.a. 24 k 8432/08, 23 l 464/09, 24 k 5282/09, 24 k 415/10, 24 k 3003/10, 24 k 3243/10, 24 k 334/13, 24 k 591/13 und 24 k 3052/13.4sie trat zunächst in einem verwaltungsverfahren der beklagten betreffend gewerbesteuerschulden einer im jahr 2005 nach englischem recht gegründeten private limited company (nachfolgend: limited) als bevollmächtigte auf. nach der auflösung der limited bestellte sie sich im jahr 2010 auch für den ehemaligen director dieser limited (nachfolgend: auftraggeber) in dem verwaltungsverfahren wegen der haftung für die gewerbesteuerschulden der gesellschaft.5nachdem das finanzamt bergheim der beklagten mitgeteilt hatte, dass die klägerin nicht befugt sei, als steuerberatungsgesellschaft in deutschland aufzutreten, wies die beklagte die klägerin mit schreiben vom 4. mai 2010 als bevollmächtigte gemäß § 80 abs. 5 abgabenordnung (ao) zurück. die klägerin sei nicht als gesellschaft im sinne des § 3 nr. 3 steuerberatungsgesetz (stberg) anerkannt und habe in einer vielzahl von fällen hilfe in steuersachen geleistet, so dass das merkmal „vorübergehend und gelegentlich“ des § 3a absatz 1 stberg nicht erfüllt sei. die beklagte wies darauf hin, dass alle verfahrenshandlungen, welche die klägerin trotz dieser zurückweisung künftig für ihren auftraggeber vornehme, ohne steuerliche wirkung blieben.6am selben tag erließ die beklagte einen haftungsbescheid an den auftraggeber der klägerin wegen noch offener gewerbesteuerschulden der aufgelösten limited.7mit schreiben vom 6. mai 2010 unterrichtete die beklagte den auftraggeber der klägerin über die zurückweisung seines bevollmächtigten.8die klägerin erhob am 19. mai 2010 für ihren auftraggeber klagen bei dem erkennenden gericht, die sich gegen ihre zurückweisung als bevollmächtigte (24 k 3243/10) und gegen den haftungsbescheid vom 4. mai 2010 (24 k 3003/10) richten.9der zurückweisungsbescheid wurde der klägerin – nach ihren angaben – am 21. mai 2010 zugestellt.10die klägerin hat am 21. juni 2010 klage erhoben. sie hat ausgeführt, dass eine „zurückweisungsarie“ gegenüber dienstleistungserbringern aus dem außerdeutschen eu-raum im rahmen eines komplotts der finanzbehörden im gange sei, in dessen rahmen auch die streitgegenständliche zurückweisung erfolgt sei.11sie verweist darauf, dass sie ihrem gesellschaftszweck entsprechend steuerberatend tätig sei und – dies sei unbestritten – hierzu sowohl in den niederlanden als auch in großbritannien und belgien befugt sei. vorliegend finde europäisches recht anwendung, welches vorrang vor dem jeweiligen nationalen recht des mitgliedstaates habe. des weiteren verweise sie auf das einschlägige eu-sekundärrecht, insbesondere die richtlinien 2000/31/eg, 2005/36/eg und 2006/123/eg. im übrigen sei die einhaltung des eu-vertragswerkes einschließlich der eu-richtlinien von der eu-kommission zu überwachen. sie nehme insoweit inhaltlich bezug auf vier – ihrem schriftsatz vom 13. august 2013 beigefügte – stellungnahmen von mitarbeitern der eu-kommission an einzelpersonen. aus diesen stellungnahmen sei der gesetzgeberische wille der eu ableitbar, dass eine grenzüberschreitende dienstleistungserbringung erst dann vorliege, wenn der dienstleister physisch die grenze überschreite. nur in diesem fall stelle sich die frage, ob das eu-dienstleistungsrecht anzuwenden sei oder das eu-niederlassungsrecht und damit auch das recht des mitgliedstaates, in den sich der dienstleister begebe. ohne das element des physischen grenzübertritts greife die dienstleistungsfreiheit des art. 56 des vertrags über die arbeitsweise der europäischen union (aeuv). das bedeute im konkreten fall, dass die klägerin gegenüber jedem in der europäischen union ansässigen von ihrer niederlassung in w. aus jede dienstleistung anbieten und erbringen könne, zu der sie dort die befugnis habe; das deutsche steuerberatungsgesetz komme nicht zur anwendung. erst wenn eine konkrete dienstleistung das element des physischen grenzübertritts beinhalte, sei zu entscheiden, ob dieser physische grenzübertritt eine bedeutung erlange mit der folge, dass das eu-niederlassungsrecht greife. die kriterien, anhand derer das zu beurteilen sei, seien dauer, häufigkeit, regelmäßige wiederkehr und kontinuität des physischen grenzübertritts des dienstleisters zur dienstleistungserbringung.12im hinblick auf das deutsche steuerberatungsgesetzes sei darauf zu verweisen, dass § 3a stberg zur umsetzung der richtlinie 2005/36/eg eingeführt worden sei. der regelungsinhalt des § 3a stberg werde daher von der europäischen dienstleistungsfreiheit bestimmt, so dass die dienstleistungsfreiheit uneingeschränkt gegeben sei, solange der dienstleister sich nicht physisch in einen anderen mitgliedstaat begebe. sofern dieser sich physisch nur gelegentlich und vorübergehend in den anderen mitgliedstaat begebe, gelte die dienstleistungsfreiheit unverändert. nationales recht – konkret hier deutsches recht – könne erst greifen, wenn diese – nirgendwo definierten – grenzen des gelegentlichen und vorübergehenden überschritten seien. lege man § 3a stberg anders aus, stünde dies im widerstreit zum vorrangigen gemeinschaftsrecht und die nationalen bestimmungen wären damit unwirksam.13nach § 80 abs. 5 ao seien bevollmächtigte und beistände zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig hilfe in steuersachen leisteten, ohne dazu befugt zu sein. diese befugnis richte sich vorrangig nach dem bestehenden gemeinschaftsrecht. wenn jemand nach art. 56 aeuv – in ausgestaltung durch das zitierte sekundärrecht – befugt sei, hilfe zu leisten, gelte dies auch für die anwendung des § 80 abs. 5 ao.14die von ihr aufgeworfenen rechtsfragen seien dem europäischen gerichtshof (eugh) gemäß art. 267 aeuv zur vorabentscheidung vorzulegen. zwar treffe nach dem wortlaut des art. 267 satz 3 aeuv die unbedingte vorlagepflicht lediglich das national auf dem ordentlichen rechtsweg zuletzt entscheidende gericht. das bundesverfassungsgericht habe die vorlagepflicht für deutsche gerichte aber mit der entscheidung vom 4. oktober 2011 (1 bvl 3/08) verschärft, so dass das gericht zur vorlage an den eugh verpflichtet sei. dies nicht zu tun, sei rechtsbeugung, strafbar und ein verfahrensmangel.15des weiteren verweist die klägerin auf einzelne entscheidungen des europäischen gerichtshofs, des bundesgerichtshofs und des bundesfinanzhofs, die sie als entscheidungserheblich erachtet. im einzelnen wird auf den schriftsatz vom 13. august 2013 verwiesen.16die zurückweisung gemäß § 80 ao sei so eindeutig rechtswidrig, dass man sogar von nichtigkeit gemäß § 125 ao und damit von einer unwirksamkeit gemäß § 124 abs. 3 ao des streitgegenständlichen zurückweisungsbescheids ausgehen könne.17sie stütze ihr recht zur berufsausübung auf art. 56 aeuv, auch in ausgestaltung der richtlinie 2006/123/eg. diese richtlinie sei ausdrücklich auf ihren geschäftsbereich anwendbar, was in erwägungsgrund (33) festgehalten sei. die dienstleistungsfreiheit der klägerin ergebe sich aus art. 16 der richtlinie.18im übrigen seien auch die voraussetzungen des § 3 nr. 4 stberg [a.f.] und der nachfolgeregelung des § 3a stberg erfüllt. deren voraussetzungen seien zweifelsfrei gegeben; auslegungsbedürftig sei allenfalls der hinweis auf art. 50 egv. dieser normiere im letzten satz die befugnis, die dienstleistung „vorübergehend“ auch in einem anderen mitgliedstaat auszuüben. da im konkreten fall eine berufsausübung in einem anderen mitgliedstaat – konkret in deutschland – nicht stattgefunden habe, könne das maß des vorübergehenden nicht überschritten sein. vielmehr habe die dienstleistungsbefugnis nach gemeinschaftsrecht in dem umfang bestanden, in dem sie am ort der beruflichen niederlassung bestanden habe bzw. bestehe.19soweit § 3a stberg noch die meldung an die zuständige behörde voraussetze, sei die klägerin dieser anforderung bei inkrafttreten rein vorsorglich nachgekommen. sofern der bundesfinanzhof in zwei entscheidungen das erfordernis des abschlusses einer berufshaftpflichtversicherung statuiert habe, sei dies gemeinschaftsrechtswidrig, da art. 7 abs. 2 der richtlinie 2005/36/eg keine berufshaftpflichtversicherung für eine meldung voraussetze.20in der klageschrift vom 21. juni 2010 hat die klägerin folgende verfahrensanträge gestellt. sie hat die beiziehung der steuerakten der beklagten, der verfahrensakten der beklagten, der sonderakten der beklagten zur zurückweisung der klägerin und ihrer direktoren, der akten des finanzamts für steuerfahndung und steuerstraftaten köln zu den aktenzeichen 5283/2009/04078-1-144-14, 5283/2008/02799-1-582-19, 5283/2009/01847-1-517-35, 5283/2009/01847-1-135-20 beantragt. ferner hat sie die einholung eines forensischen sachverständigengutachtens beantragt dazu,21„dass im rahmen der zurückweisungsvorgänge keine gesetzlich vorgesehene sachbearbeitung vorgenommen wird, sondern das verfahren hier – gleichermaßen wie parallele andere – missbräuchlich eingesetzt wird, um die zurückgewiesenen bevollmächtigten sowie deren direktor verächtlich zu machen, zu beleidigen und zu verleumden, und dazu sogar straftaten begangen wurden und noch werden;22die beklagte sich rein einer weisung des finanzamts bergheim beugt, aus der verbindung des kämmerers, herrn u. , mit seinen ehemaligen kollegen aus der finanzverwaltung, insbesondere herrn l. .“23des weiteren hat sie beantragt, beweis zu erheben durch vernehmung von zwei namentlich benannten referentinnen der europäischen kommission sowie des vom bundesministerium für wirtschaft und technologie zu bezeichnenden zuständigen referenten, für die tatsachen, dass24„die klägerin nach auffassung und gesetzgeberischen willen sowohl der eu-kommission als auch der brd zu dem personenkreis gehöre, der grundsätzlich anrecht auf die dienstleistungsfreiheit des art. 56 aeuv hat und auch zum engeren in § 3 a stberg-d geregelten personenkreis zuzurechnen ist,25die klägerin insoweit jedenfalls dienstleistungen für in der brd ansässige wirtschaftsteilnehmer erbringen kann und die dienstleistungsfreiheit nicht beschränkt werden darf, wenn diese dienstleistungen ohne körperlichen grenzübertritt des dienstleisters erfolgen,26nach ablauf der umsetzungsfrist der richtlinie 2006/123/eg jede nationale norm, die diese dienstleistungsfreiheit beschränkt, nicht mehr anwendbar ist,27im konkreten fall die klägerin die mit der richtlinie 2005/36/eg und § 3 a stberg bezeichneten grenzen in keinem fall überschritten hat;28die beschränkungen der dienstleistungsfreiheit, wie durch den verwaltungsakt hier geschehen, dem gesetzgeberischen willen der bundesregierung und der eu-kommission zuwiderlaufe, der beklagte also pflichtwidrig handele und die vorgaben der ihm vorgesetzten ministerien missachtet und denen zuwider handelt.“29die klägerin hat im übrigen mit schriftsatz vom 13. august 2013 ihre anträge neu gefasst und hat wörtlich beantragt,30„1. unter feststellung dessen nichtigkeit den angefochtenen bescheid aufzuheben, hilfsweise, den bescheid als rechtswidrig aufzuheben.312. im unterliegensfall die revision zuzulassen.323. dem beklagten die kosten des verfahrens aufzuerlegen.334. zum verfahren:34a) das verfahren auszusetzen und dem europäischen gerichtshof gemäß art. 267 aeuv die folgenden fragen zur vorabentscheidung vorzulegen:35steht art. 56 aeuv, insbesondere in ausgestaltung der richtlinien 2000/31/eg, 2005/36/eg und 2006/123/eg, einer nationalen regelung entgegen, wie der des deutschen steuerberatungsgesetzes, die es einem in den niederlanden ansässigen dienstleister auf dem gebiet der steuerberatung untersagt, diese dienstleistung von seinem sitz in nl aus, ohne dabei die grenze physisch zu überschreiten, auch an in der brd ansässige wirtschaftsteilnehmer anzubieten und zu erbringen und die es damit einem in der brd ansässigen wirtschaftsteilnehmer verbietet – zumindest erheblich erschwert – die dienstleistungen eines solchen in niederlanden ansässigen dienstleisters in dem umfang, in dem dieser in den niederlanden zur erbringung der dienstleistung befugt ist, in anspruch zu nehmen?36steht art. 56 aeuv, insbesondere in ausgestaltung der richtlinie 2000/31/eg, 2005/36/eg und 2006/123/eg, einer nationalen regelung entgegen, wie der des deutschen steuerberatungsgesetzes, die es einem in den niederlanden ansässigen dienstleister auf dem gebiet der steuerberatung auferlegt, diese dienstleistung von seinem sitz in nl aus, ohne dabei die grenze physisch zu überschreiten, nur an in der brd ansässige wirtschaftsteilnehmer anzubieten und zu erbringen, wenn er eine versicherung abschließt, die abzuschließen das recht des niederlassungsstaates nl nicht vorsieht?37steht art. 56 aeuv, insbesondere in ausgestaltung der richtlinien 2000/31/eg, 2005/36/eg und 2006/123/eg, einer nationalen regelung entgegen, wie der des deutschen steuerberatungsgesetz, die grundsätzlich die grenzüberschreitende tätigkeit eines in einem anderen mitgliedstaat niedergelassenen dienstleistungserbringers auf ausnahmen beschränkt (§ 3 a stberg – „vorübergehend und gelegentlich“)?38(...)39b) die akten des beklagten beizuziehen,40c) die sonstigen akten beizuziehen, wie in der folge und im weiteren verfahren benannt bzw. schon in der klageschrift vom 21.06.2010 benannt sind.41d) nach zuziehung von akten – ggf. jeweils – akteneinsicht zu gewähren, insbesondere zu dem zweck, dass die kläger ihren vortrag darauf stützen können.42e) im fall des bestreitens dessen, beweis zu erheben durch – dann ladefähig zu benennende – zeugen – dazu, dass die klägerin zum zweck der konkreten dienstleistung nicht einmal physisch die grenze von nl zur brd überschritten hat.43f) beweis zu erheben, wie in der folge und im weiteren verfahren beantragt wird.“44die beklagte beantragt,45die klage abzuweisen.46sie verweist darauf, dass die tatbestandlichen voraussetzungen des § 80 abs. 5 ao vorliegen würden. danach seien bevollmächtigte und beistände zurückzuweisen, wenn sie rechtsmäßig hilfe in steuersachen leisteten, ohne dazu befugt zu sein. nach einem schreiben des finanzamts bergheim sei die bestellung des herrn i. -q. u1. , der jetzt als director der klägerin fungiere, als steuerberater mit wirkung zum 26. august 2002 widerrufen worden. das finanzamt bergheim habe ihm inzwischen die geschäftsmäßige hilfeleistung in steuersachen gemäß § 7 absatz 1 stberg untersagt. herr u1. bediene sich nunmehr der klägerin, die aber ihrerseits nicht zur geschäftsmäßigen hilfeleistung in steuersachen gemäß § 3 stberg befugt sei und im übrigen nicht nur vorübergehend und gelegentlich in steuersachen hilfe leiste, § 3a stberg. der kammer sei bereits aus anderen verfahren bekannt, dass die klägerin ohne zulassung als steuerberater im inland mehr als nur gelegentlich in steuerrechtlichen verfahren auftrete.47hinsichtlich der weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakten dieses verfahrens, der gerichtsakten des verfahrens 24 k 3003/13 sowie der verwaltungsvorgänge der beklagten im verfahren 24 k 3003/13 bezug genommen.48 | 49das gericht konnte in der sache entscheiden, obwohl für die klägerin niemand zur mündlichen verhandlung erschienen ist. die klägerin ist mit dem hinweis auf diese möglichkeit ordnungsgemäß geladen worden (§ 102 abs. 2 verwaltungsgerichtsordnung - vwgo). die klägerin hat mit schriftsatz vom 13. august 2013, in den nachtbriefkasten eingelegt am 13. august 2013, mitgeteilt, dass sie zulässig an der mündlichen verhandlung nicht teilnehmen werde, um dieser nicht durch ihre anwesenheit den anschein der rechtmäßigkeit zu geben.50die klage ist zulässig, aber unbegründet.51der zurückweisungsbescheid der beklagten vom 4. mai 2010 ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten.52eine von der klägerin angeführte nichtigkeit ihrer zurückweisung als bevollmächtigte durch die beklagte scheidet aus, da der bescheid vom 4. mai 2010 an keinem schwerwiegenden mangel im sinne von § 125 abs. 1 abgabenordnung (ao) leidet, der bei verständiger würdigung aller in betracht kommenden umstände offenkundig ist. dass die klägerin einen verstoß gegen europarechtliche vorschriften geltend macht, führt zu keinem anderen ergebnis. der geltungsvorrang des gemeinschaftsrechts erfordert allein, dass diejenigen bestimmungen nationalen rechts, die im widerspruch zum gemeinschaftsrecht stehen, einer behördlichen oder gerichtlichen entscheidung nicht zugrunde gelegt werden dürfen und nicht dazu, dass jeder verstoß gegen gemeinschaftsrecht als nichtigkeitsgrund zu behandeln wäre,53vgl. zur parallelen vorschrift des § 44 verwaltungsverfahrensgesetz: bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteile vom 11. mai 2000, - 11 b 26/00 – und vom 18. april 1997 - 3 c 3/95 -, beide juris.54die beklagte hat die klägerin zu recht auf der grundlage von § 80 abs. 5 ao als bevollmächtigte zurückgewiesen. vorliegend findet § 80 abs. 5 ao gemäß § 1 abs. 2 nr. 3 ao anwendung, da die beklagte die klägerin als bevollmächtigte in einem verfahren zurückgewiesen hat, das die haftung wegen gewerbesteuerschulden betraf.55die zurückweisung war formell rechtmäßig. dem steht nicht entgegen, dass die beklagte die klägerin vor der zurückweisung nicht gemäß § 91 ao angehört hat. die unterbliebene anhörung ist jedenfalls gemäß § 1 abs. 2 nr. 3 ao i.v.m. § 127 ao unbeachtlich, da bei gebundenen verwaltungsakten verfahrensfehler unbeachtlich sind, wenn keine andere entscheidung in der sache hätte getroffen werden können. dies ist nach der finanzgerichtlichen rechtsprechung bei gebundenen verwaltungsakten, wie es auch die zurückweisung als bevollmächtigte gemäß § 80 abs. 5 ao ist, anzunehmen,56vgl. grundlegend: bundesfinanzhof (bfh), urteile vom 22. september 1983 iv r 109/83 und vom 25. januar 1989, - x r 158/87 -, so auch ausdrücklich zur unterbliebenen anhörung: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen, urteil vom 18. januar 2013, - 15 a 2360/12 -, alle juris.57der streitgegenständliche bescheid ist auch materiell rechtmäßig. nach § 80 abs. 5 ao sind bevollmächtigte zurückzuweisen, wenn sie geschäftsmäßig hilfe in steuersachen leisten, ohne dazu befugt zu sein. diese voraussetzungen lagen hier vor.58hilfeleistung in steuersachen ist jede durch anwendung von steuerrechtskenntnissen unterstützende tätigkeit zur erfüllung steuerlicher pflichten oder wahrnehmung steuerlicher rechte dritter. dabei sind unter steuersachen angelegenheiten zu verstehen, die unmittelbar oder mittelbar mit der verwirklichung von steuertatbeständen oder steuerstraf- und steuerordnungswidrigkeitentatbeständen zu tun haben,59vgl. tipke/kruse, ao, loseblattsammlung (stand: juli 2013), § 80 rn. 56 f.60der begriff „hilfeleistung in steuersachen“ ist der oberbegriff für alle in betracht kommenden tätigkeiten. er ist im hinblick auf sinn und zweck des steuerberatungsgesetzes weit auszulegen und erfasst auch hilfeleistungen bei weniger bedeutsamen steuerlichen anträgen, und zwar unabhängig davon, ob der steuerpflichtige fähig gewesen wäre, die angelegenheit in gleicher weise selbst zu besorgen,61vgl. bfh, beschluss vom 19. mai 2005, - vii b 8/05 – und urteile vom 3. mai 1983, - vii r 32/81 - und vom 28. juli 1981, - vii r 14/79 -, alle juris.62wesentlich ist, dass die tätigkeit durch anwendung von steuerrechtskenntnissen ausgeübt wird. hilfstätigkeiten, die keine steuerrechtskenntnisse, sondern praktische oder kaufmännische kenntnisse voraussetzen, genügen allerdings nicht; gleiches gilt für steuerlich irrelevante hilfen wie reine schreibhilfen,63vgl. tipke/kruse, a.a.o., § 80 r. 62.64gemessen hieran hat die klägerin hilfe in steuersachen geleistet. sie hat für ihren auftraggeber stellung zu der anhörung zum erlass eines haftungsbescheides auf der grundlage von § 191 ao genommen, mit dem dieser als ehemaliger director einer aufgelösten limited für deren gewerbesteuerschulden in anspruch genommen werden sollte. die beratung wegen der inanspruchnahme im rahmen eines haftungsbescheids erfordert vertiefte rechtliche kenntnisse des steuerrechts und nicht nur allgemeine praktische oder kaufmännische kenntnisse.65dass die hilfeleistung der klägerin auf dem gebiet der bundesrepublik deutschland geschäftsmäßig erfolgte, ist nicht zweifelhaft und wird von ihr auch nicht bestritten.66die klägerin hat auch ohne befugnis hilfe in steuersachen geleistet. die befugnis zur hilfeleistung in steuersachen richtet sich nach dem steuerberatungsgesetz (stberg), insbesondere § 3 stberg und § 3a stberg. sie kann – entgegen der von ihr dargestellten ansicht – weder aus art. 56 ff. des vertrages über die arbeitsweise der europäischen union vom 13. dezember 2007, in kraft getreten am 01. dezember 2009 – aeuv - (vormals artikel 50 des vertrages zur gründung der europäischen gemeinschaft – egv) noch aus den von ihr aufgeführten europäischen sekundärrechtsakten unmittelbar eine befugnis zur steuerberatung in deutschland ableiten. dies ist den von der klägerin zitierten normen nicht zu entnehmen. wie die klägerin allerdings zu recht ausführt, hat das europäische recht vor dem nationalen recht vorrang, so dass die vorschriften des deutschen steuerberatungsgesetzes an den von der klägerin zitierten europäischen normen zu messen und unter berücksichtigung dieser auszulegen sind.67die klägerin ist nicht gemäß § 3 nr. 3 stberg zur hilfeleistung in steuersachen befugt. diese vorschrift setzt die anerkennung als steuerberatungsgesellschaft gemäß § 32 abs. 3, § 49 stberg voraus. die klägerin – eine im ausland ansässige gesellschaft – ist nicht als steuerberatungsgesellschaft in der bundesrepublik deutschland anerkannt; sie hat dies jedenfalls nicht vorgetragen und beruft sich dementsprechend auch allein auf § 3a stberg, der die befugnis zur hilfeleistung in steuersachen von im ausland niedergelassenen gesellschaften regelt.68§ 3a stberg wurde mit dem achten gesetz zur änderung des steuerberatungsgesetzes vom 08. april 2008 (8. stberändg, bgbl. i 2008, 666) eingeführt und ist seit dem 12. april 2008 in kraft. gemäß § 3a abs. 1 satz 1 stberg sind personen, die sich in einem anderen mitgliedstaat der europäischen union beruflich niedergelassen haben und dort nach dem recht des niederlassungsstaates befugt sind, geschäftsmäßig hilfe in steuersachen zu leisten, zur vorübergehenden und gelegentlichen geschäftsmäßigen hilfeleistung in steuersachen auf dem gebiet der bundesrepublik deutschland befugt. unter „personen“ im sinne des § 3a abs. 1 satz 1 stberg sind sowohl natürliche personen als auch vereinigungen bzw. gesellschaften zu verstehen,69vgl. bfh, beschluss vom 11. november 2011 – i b 107/08 -, rn. 12, juris,70so dass grundsätzlich auch die klägerin als limited nach englischem recht unter die vorschrift des § 3a stberg fällt.71die klägerin leistet jedoch nicht nur vorübergehend und gelegentlich hilfe in steuersachen auf dem gebiet der bundesrepublik deutschland. bei der auslegung des § 3a stberg ist – wie oben bereits dargelegt – das europäische recht und insbesondere die richtlinie 2005/36/eg des europäischen parlaments und des rates vom 07. september 2005 über die anerkennung von berufsqualifikationen (richtlinie 2005/36/eg, abl. l 255 vom 30. september 2005, s. 22 ff.) heranzuziehen, denn § 3a stberg dient der umsetzung der regelung des titel ii (dienstleistungsfreiheit), art. 5 abs. 2 der richtlinie,72vgl. gesetzesbegründung zum 8. steuerberatungsänderungsgesetz, artikel 1, nr. 2 und 3, abgedruckt in dvstb 2008, seite 131 f.,73und soll die geltung der europäischen dienstleistungsfreiheit auf dem gebiet der bundesrepublik deutschland gewährleisten. § 3a stberg steht auch mit dieser richtlinie in einklang. nach absatz 2 satz 1 der genannten vorschrift gelten die bestimmungen des titels ii der richtlinie nur für den fall, dass sich der dienstleister zur vorübergehenden und gelegentlichen ausübung des berufes in den aufnahmemitgliedstaat begibt. der vorübergehende und gelegentliche charakter der erbringung von dienstleistungen wird nach art. 5 satz 2 richtlinie 2005/36/eg im einzelfall, insbesondere anhand der dauer, der häufigkeit, der regelmäßigen wiederkehr und der kontinuität der dienstleistung beurteilt. diese kriterien hat der deutsche gesetzgeber wörtlich in § 3a abs. 1 satz 5 stberg übernommen.74die anwendbarkeit bzw. auslegung von § 3a stberg steht auch im einklang mit art. 16 der richtlinie 2006/123/eg des europäischen parlamentes und des rates vom 12. dezember 2006 über dienstleistungen im binnenmarkt (richtlinie 2006/123/eg, abl. l 376 vom 27. dezember 2006, s. 36 ff.), wonach die mitgliedstaaten das recht der dienstleistungserbringer, dienstleistungen in einem anderen mitgliedstaat als demjenigen ihrer niederlassung zu erbringen, achten und die freie aufnahme oder ausübung einer dienstleistungstätigkeit innerhalb ihres hoheitsgebietes gewährleisten (art. 16 abs. 1 sätze 1 und 2 richtlinie 2006/123/eg). grundsätzlich ist der anwendungsbereich der richtlinie 2006/123/eg auch für dienstleistungen der steuerberatung eröffnet, wie sich aus erwägungsgrund (33) der richtlinie ergibt. allerdings findet art. 16 richtlinie 2006/123/eg gemäß art. 17 ziffer 6 richtlinie 2006/123/eg keine anwendung auf die angelegenheiten, die – wie hier – unter titel ii der richtlinie 2005/36 eg fallen. dies hat der richtliniengeber zudem im erwägungsgrund (31) der richtlinie 2006/123/eg ausdrücklich klargestellt. dort heißt es:75„diese richtlinie steht im einklang mit der richtlinie 2005/36/eg des europäischen parlamentes und des rates vom 07. september 2005 über die anerkennung von berufsqualifikationen und lässt diese unberührt. (...). bezüglich der vorübergehenden grenzüberschreitenden erbringung von dienstleistungen stellt eine ausnahme von den bestimmungen der vorliegenden richtlinie über die dienstleistungsfreiheit sicher, dass der titel ii „dienstleistungsfreiheit“ der richtlinie 2005/36/eg nicht berührt wird. somit werden keine gemäß der richtlinie 2005/36/eg im mitgliedsstaat der dienstleistungserbringung anwendbaren maßnahmen von den bestimmungen der vorliegenden richtlinie über die dienstleistungsfreiheit berührt.“76artikel 3 abs. 1 d) rl 2006/123/eg stellt dementsprechend auch klar, dass die bestimmungen der richtlinie 2005/36/eg bei widerspruch vorrang vor den bestimmungen der richtlinie 2006/123/eg haben.77§ 3a abs. 1 satz 1 stberg steht auch nicht im widerspruch zu artikel 56 aeuv welcher die freiheit der dienstleistung in den europäischen mitgliedstaaten gewährleistet, denn gemäß art. 57 satz 3 aeuv ist die dienstleistungsfreiheit ebenfalls auf eine vorüber-gehende tätigkeit beschränkt. nach der rechtsprechung des europäischen gerichtshofes (eugh) ist der vorübergehende charakter der dienstleistung im sinne des artikels 57 aeuv ebenfalls unter berücksichtigung ihrer dauer, ihrer häufigkeit, ihrer regelmäßigen wiederkehr und ihrer kontinuität zu beurteilen,78vgl. eugh, urteile vom 30. november 1995, rs. c-55/94 (gebhard), rn. 27 und vom 11. dezember 2003, rs. c-215/01 (schnitzer)-, rn. 28, beide juris; vgl. auch erwägungsgrund (77) der rl 2006/123/eg.79das europäische recht enthält jedoch keine vorschrift, die eine abstrakte bestimmung der dauer und häufigkeit ermöglicht, ab der die erbringung einer dienstleistung oder einer bestimmten art von dienstleistung in einem anderen mitgliedstaat nicht mehr als dienstleistung im sinne des vertrags angesehen werden kann. maßgeblich ist nach der europäischen rechtsprechung, dass ein wirtschaftsteilnehmer in einem anderen mitgliedstaat über eine infrastruktur verfügt, die es ihm erlaubt, in diesem mitgliedstaat in stabiler und kontinuierlicher weise einer erwerbstätigkeit nachzugehen, und von der aus er sich unter anderem an die angehörigen dieses mitgliedstaates wendet. die auslegung, wann die grenze der vorübergehenden und gelegentlichen ausübung nach § 3a stberg überschritten ist, ist der würdigung des nationalen richters im einzelfall unter berücksichtigung der zum europäischen recht ergangenen rechtsprechung überlassen,80vgl. in diesem sinne eugh, urteil vom 11. dezember 2003, rs. c-215/01 (schnitzer), rn. 31 ff., so auch die von der klägerin beigebrachte stellungnahme der generaldirektion binnenmarkt der europäischen kommission vom 3. oktober 2011 unter punkt 8.1.1.81die annahme einer nicht nur vorübergehenden tätigkeit setzt nach der von der klägerin zitierten rechtsprechung des eugh nicht als unerlässliches erfordernis voraus, dass im inland praxis- oder kanzleiräume vorhanden sind. zwar deutet das vorhandensein solcher räumlichkeiten als gewichtiges indiz auf eine nicht nur vorübergehende tätigkeit im inland im sinne von art. 57 satz 3 aeuv hin, begründet aber für sich allein genommen eine solche annahme nicht zwingend. das fehlen von derartigen räumlichkeiten kann dementsprechend zwar als indiz für eine nur vorübergehende tätigkeit im inland sprechen, kann aber durch gewichtige gegenläufige umstände widerlegt sein,82vgl.: finanzgericht (fg) köln, urteile vom 02. februar 2012 – 11 k 4478/08 bis 11 k 4481/08 –juris.83hiervon ausgehend ist jemand, der über einen längeren zeitraum im inland nicht nur einzelne, sondern mehrere steuerpflichtige an verschiedenen orten berät und vor verschiedenen finanzämtern und finanzgerichten in einer vielzahl von verfahren vertritt, nicht nur vorübergehend im inland tätig, sondern erbringt seine dienstleistung in stabiler und kontinuierlicher weise und überschreitet damit den durch die dienstleistungsfreiheit in ausgestaltung der richtlinie 2005/36/eg gezogenen rahmen,84vgl. bfh, beschluss vom 26. mai 2009 – x b 38/09 -, rn. 15; fg niedersachsen, urteil vom 26. november 2009 – 6 k 273/08 -, rn. 34; fg köln, urteil vom 02. februar 2012 - 11 k 4480/08-, rn. 32, alle juris.85gemessen an diesen grundsätzen ist die klägerin nicht nur vorübergehend im bundesgebiet tätig. sie hat allein vor dem verwaltungsgericht köln in insgesamt 14 verfahren für verschiedene klägerinnen und kläger klage erhoben. wie sich aus dem dieser zurückweisung zugrunde liegenden verwaltungsverfahren bei der beklagten ergibt, tritt sie darüber hinaus vor finanzämtern und finanzgerichten als bevollmächtigte auf. in dem verwaltungsvorgang, der mit dem verfahren 24 k 3003/13 eingereicht wurde, befindet sich z.b. ein schreiben aus dem jahr 2007, in welchem die klägerin darauf hinweist, dass sie für ihren auftraggeber auch gegenüber dem finanzamt aufgetreten sei und einen antrag auf aussetzung der vollziehung eines gewerbesteuermessbescheides gestellt sowie klage gegen diesen bescheid vor dem finanzgericht köln erhoben habe. die klägerin hat sich zudem für ihren auftraggeber im jahr 2013 in einem anderen verfahren der erkennenden kammer (24 k 591/13) bestellt, was bedeutet, dass es sich jedenfalls im konkreten fall um ein über sechs jahre dauerndes mandat handelt. zudem hat der im vorliegenden verfahren auftretende vertreter der bevollmächtigten in verschiedenen vor der kammer geführten verfahren auf gerichtsentscheidungen hingewiesen, die nach seinen eigenen angaben ihn bzw. die bevollmächtigte und deren tätigkeiten betreffen, aus denen sich ergibt, dass die gesellschaft seit jahren auch in verfahren vor verschiedenen finanzgerichten auftritt. so hat sie zum beispiel auf den beschluss des bfh vom 02. november 2006 - i b 13/06 - und den beschluss vom 14. dezember 2006 – iv b 18/06- hingewiesen. aus diesen beschlüssen ergibt sich wiederum, dass die klägerin noch in anderen verfahren vor den finanzgerichten aufgetreten ist. im übrigen ist der kammer bekannt, dass die klägerin auch noch in diesem jahr mehrfach als prozessbevollmächtigte vor dem finanzgericht köln aufgetreten ist.86nichts anderes kann aus den von der klägerin zitierten urteilen des bundesgerichtshofs abgeleitet werden. bei diesen urteilen handelt es sich um entscheidungen, in denen bezogen auf den jeweiligen einzelfall das merkmal der vorübergehenden und gelegentlichen dienstleistungserbringung zu prüfen war. diese einzelfallwürdigung lässt sich naturgemäß nicht auf diesen fall übertragen und ist daher für das vorliegende verfahren ohne bedeutung. das von der klägerin zitierte urteil des bundesfinanzhofs vom 4. juni 2008 – i r 30/07 – betrifft die frage, wann eine betriebsstätte im sinne von § 12 ao vorliegt. rückschlüsse für die auslegung der begriffe „vorübergehend und gelegentlich“ im sinne der europäischen dienstleistungsfreiheit können dem urteil nicht entnommen werden.87nicht entscheidungserheblich ist die von der klägerin aufgeworfene frage, ob das erfordernis der nur vorübergehenden dienstleistungserbringung für die eröffnung des anwendungsbereichs der dienstleistungsfreiheit und abgrenzung zur niederlassungsfreiheit dann keine anwendung findet, wenn es sich bei den erbrachten dienstleistungen um reine korrespondenzdienstleistungen handelt, die keine physische grenzüberschreitung des dienstleistungserbringers erfordern und bei denen allein die dienstleistung selbst die grenze überschreitet.88vorliegend ist angesichts der von der klägerin wahrgenommenen tätigkeit gerade kein fall einer solchen korrespondenzdienstleistung anzunehmen. die – auf dauer angelegte – steuerliche beratung ist als gegenüber den inländischen mandanten zu erbringende gesamtleistung auf die regelung von deren steuerlichen belangen im inland gerichtet und erfordert immer wieder ein auftreten – zum beispiel zur wahrnehmung von behörden- und gerichtsterminen – im inland. die mit der betreuung von dauermandaten zwangsläufig verbundene häufigkeit und regelmäßige wiederkehr des tätigwerdens im inland kennzeichnet die tätigkeit als nicht vorübergehend im sinne des art. 57 aeuv. die von der klägerin aufgeworfene frage, ob das konkrete auftreten, das anlass für die zurückweisung nach § 80 abs. 5 ao war, mit einem physischen grenzübertritt verbunden war, ist daher nicht entscheidend. aus diesem grund war dem antrag der klägerin, zu der tatsache, ob die klägerin zum zweck der konkreten dienstleistung die grenze nicht physisch überschritten hat, zeugen zu hören, auch nicht nachzukommen. entscheidend ist vielmehr, dass die steuerberatende tätigkeit der klägerin – jedenfalls bei einer ordnungsgemäßen wahrnehmung dieser tätigkeit – dazu führen muss, dass sie vertreten durch einen ihrer „directoren“ auch körperlich in deutschland anwesend sein muss, um für ihre mandanten tätig zu werden. daher ist auch ein „physisches element des grenzübertritts“ gegeben,89vgl. fg köln, urteile vom 02. februar 2012 – 11 k 4478/08 – 11 k 4481/08 –, juris.90der hinweis der klägerin auf die richtlinie 2000/31/eg des europäischen parlamentes und des rates vom 8. juni 2000 über bestimmte rechtliche aspekte der dienste der informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen geschäftsverkehrs, im binnenmarkt (abgedruckt im amtsblatt der europäischen gemeinschaft 2000, l 178, s. 1 ff.) greift nicht durch. die vorgenannte richtlinie hat als zielsetzung gemäß art. 1 den freien verkehr von diensten der informationsgesellschaft zwischen den mitgliedstaaten sicherzustellen und dazu bestimmte für die dienste der informationsgesellschaft geltende innerstaatliche regelungen anzugleichen. dabei ist unter dienstleistung der informationsgesellschaft gem. art. 2 a richtlinie 2000/31/eg in verbindung mit artikel 1 nr. 2 rl 98/48/eg jede in der regel gegen entgelt elektronisch im fernabsatz und auf individuellen abruf eines empfängers erbrachte dienstleistung zu verstehen. wie oben bereits dargelegt, erfordert die tätigkeit der klägerin jedoch immer wieder auch ein auftreten vor behörden und gerichten, so dass ihre tätigkeit nicht unter die richtlinie fallen kann.91da die klägerin bereits aus den dargestellten gründen nicht zur hilfeleistung in steuersachen befugt ist, kann offen bleiben, ob die sonstigen voraussetzungen des § 3a stberg erfüllt sind. dies gilt auch für die von der klägerin aufgeworfenen fragen, ob die nach § 3a abs. 2 stberg geforderte meldung bei der zuständigen stelle im inland und das nach der rechtsprechung des bundesfinanzhofs geforderte vorhalten einer berufshaftpflichtversicherung für ausländische dienstleistungserbringer den vorgaben des europäischen gemeinschaftsrechts entsprechen.92ebenso kann offen bleiben, ob der tätigkeit der klägerin in deutschland darüber hinaus entgegensteht, dass – wie dem erkennenden gericht bekannt ist – die zulassung eines für die bevollmächtigte auftretenden vertreters der gesellschaft als steuerberater rechtskräftig widerrufen wurde,93so bfh, beschluss vom 14. juli 2009 – ii b 162/08 -, juris, rn. 6.94der rechtmäßigkeit des zurückweisungsbescheids vom 4. mai 2010 steht auch nicht entgegen, dass in der kommentarliteratur und der rechtsprechung wohl überwiegend vertreten wird, dass die zurückweisung gemäß § 80 abs. 5 ao nur für das konkrete verfahren und den jeweiligen verfahrensabschnitt erfolgen kann,95vgl. dumke, in: schwarz (hrsg.), kommentar zur ao, § 80 rdn. 64; söhn, in: hübschmann/hepp/spittaler (hrsg.), kommentar zur ao und fgo, § 80 rdn. 441, tipke/kruse, § 80, rn. 97, niedersächsisches fg, urteil vom 26. november 2009, - 6 k 530/08 -, juris; zu § 14 verwaltungsverfahrensgesetz: verwaltungsgericht berlin, urteil vom 17. dezember 2010, 14 k 57.10, zu § 13 abs. 5 sgb x a.f.: bayrischer verwaltungsgerichtshof, beschluss vom 21. september 1984, - 12 cs 84 a.1958 -, beide juris.96im rahmen der auslegung des zurückweisungsbescheides vom 4. mai 2010 ergibt sich, dass die zurückweisung der klägerin als bevollmächtigte vorliegend nur für das verwaltungsverfahren bezüglich des haftungsbescheids für gewerbesteuerschulden an den auftraggeber der klägerin erfolgt ist.97maßgebend für die auslegung eines verwaltungsakts ist der objektive erklärungsinhalt der regelung, wie ihn der empfänger nach den ihm bekannten umständen unter berücksichtigung von treu und glauben verstehen konnte. es kommt grundsätzlich nicht darauf an, was die finanzbehörde erklären wollte oder wie ein außen stehender dritter den verwaltungsakt auffassen konnte. im zweifel ist das den betroffenen weniger belastende auslegungsergebnis vorzuziehen, da er als empfänger einer auslegungsbedürftigen willenserklärung der verwaltung durch etwaige unklarheiten aus deren sphäre nicht benachteiligt werden darf,98vgl. bfh, urteil vom 21. juli 2011, - ii r 6/10 -, vom 15. april 2010 - v r 11/09 - und 11. juli 2006 - viii r 10/05 -, jeweils mit weiteren nachweisen zur auslegung von verwaltungsakten, alle juris.99die betreff-zeile des streitgegenständlichen zurückweisungsbescheides lautet: „anhörung zum haftungsbescheid zurückweisung als bevollmächtigter“. damit wird die zurückweisung in den zusammenhang mit dem konkreten verfahrensabschnitt über den haftungsbescheid an den auftraggeber der klägerin gebracht. diese auslegung ist für die klägerin auch weniger nachteilig als eine zurückweisung in allen verfahren bzw. verfahrensabschnitten.100das gericht brauchte den von der klägerin gestellten verfahrensanträgen nicht nachzugehen.101die verwaltungsvorgänge, welche den zurückweisungsbescheid betreffen, sind von der beklagten – wie in ihrem schriftsatz vom 18. juli 2010 ausgeführt – im verfahren 24 k 3003/10 übersandt worden. die klägerin ist hierüber durch übersendung des schreibens der beklagten informiert worden. im verfahren 24 k 3003/10, in dem sich die klägerin als prozessbevollmächtigte bestellt hatte, ist die steuerakte des klägers mit schriftsatz der beklagten vom 8. juni 2010 übersandt worden und die klägerin hat hiervon durch übersendung dieses schriftsatzes an sie auch kenntnis erlangt. die klägerin hat ihren antrag auf akteneinsicht weder im vorliegenden verfahren noch im verfahren 24 k 3003/13 präzisiert und auch bei gericht keine akteneinsicht genommen wie es ihr - nach vorlage einer angeforderten vollmacht im verfahren 24 k 3003/10 – unbenommen gewesen wäre.102soweit die klägerin die zuziehung weiterer akten – insbesondere der akten des finanzamtes für steuerfahndung und steuerstraftaten köln zu den aktenzeichen: 5283/2009/04078-1-144-14, 5283/2008/02799-1-582-19, 5283/2009/01847-1-517-35, 5283/2009/01847-1-135-20 – beantragt hat, war diesem antrag nicht nachzukommen, da weder von der klägerin dargelegt noch sonst ersichtlich war, wieso diese akten für das vorliegende verfahren erheblich sein sollten.103die kammer konnte ferner aufgrund der mündlichen verhandlung entscheiden, ohne den weiteren verfahrens- und beweisanträgen der klägerin nachzukommen.104es bedurfte nicht der aussetzung des verfahrens gemäß § 94 vwgo zur einholung einer vorabentscheidung durch den eugh über die auslegung der für den streitfall maßgeblichen vorschriften des aeuv. denn die kammer hat § 3a stberg unter berücksichtigung des anwendbaren europäischen rechts und der hierzu ergangenen rechtsprechung des eugh ausgelegt. in diesem zusammenhang ist auch der verweis der klägerin auf die entscheidung des bundesverfassungsgerichts vom 4. oktober 2011 (1 bvl/08) unbeachtlich, da die entscheidung des bundesverfassungsgerichts nur den konkreten fall betrifft, dass ein fachgericht zweifel an der vereinbarkeit einer auf europäischem recht beruhenden rechtsvorschrift mit deutschem verfassungsrecht hat. dies ist hier nicht der fall.105den anträgen der klägerin auf vernehmung der von ihr benannten referentinnen der europäischen kommission als zeuginnen bzw. des noch zu benennenden referenten des bundesministeriums für wirtschaft und technologie als zeugen war nicht nachzugehen, weil die gestellten beweisfragen – entgegen der ansicht der klägerin – ausschließlich rechtsfragen betreffen, deren beurteilung den gerichten obliegt.106die fragen, zu denen die klägerin die einholung eines forensischen sachverständigengutachtens beantragt hat, stehen in keinem zusammenhang mit den hier maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen fragen.107die kostenentscheidung beruht auf § 154 abs. 1 vwgo, die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 vwgo i.v.m. § 708 nr. 11 und § 711 zivilprozessordnung.108es bestand kein anlass, gemäß § 124a abs. 1 vwgo die berufung zuzulassen, weil offensichtlich keiner der in § 124 abs. 2 nr. 3 oder nr. 4 vwgo genannten zulassungsgründe gegeben ist. die entscheidung beruht – wie dargestellt – auf der rechtsprechung des eugh und des bfh; die rechtsfragen sind deshalb als geklärt anzusehen. die sprungrevision war gemäß § 134 abs. 2 vwgo nicht zuzulassen, da die voraussetzungen des § 132 abs. 2 nr. 1 bzw. 2 vwgo nicht vorliegen. die rechtssache hat aus den aufgeführten gründen keine grundsätzliche bedeutung (§ 132 abs. 2 nr. 1 vwgo) und das urteil weicht auch nicht von einer entscheidung des bundesverwaltungsgericht, des gemeinsamen senats der obersten gerichtshöfe des bundes oder des bundesverfassungsgerichts ab (§ 132 abs. 2 nr. 2 vwgo). |
190,343 | {
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} | 4a O 264/09 | 2013-08-13T00:00:00 | Urteil | Tenor I. Die Beklagten werden verurteilt, 1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR - ersatzweise Ordnungshaft - oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei Jahren, wobei die Ordnungshaft an dem jeweiligen Geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen, Fahrzeugwechselstromgeneratoren in der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, welche aufweisen: einen Rotor, der an einer Welle fixiert ist, welche durch ein Gehäuse drehbar gelagert ist; ein Kühlgebläse, welches zumindest an einem axialen Endabschnitt des Rotors angeordnet ist; einen Stator mit: einem zylindrischen Statorkern, bei dem sich axial erstreckende Schlitze in einem Verhältnis von zwei pro Phase pro Pol ausgebildet sind, so dass diese sich in Umfangsrichtung aufreihen, wobei der Statorkern durch das Gehäuse gelagert ist, so dass der Rotor umgeben ist; und einer Statorwicklung, welche aus ersten und zweiten Dreiphasenwechselstromwicklungen aufgebaut ist, welche in dem Statorkern installiert sind; und einen Gleichrichter zum Gleichrichten eines Wechselstroms, welcher von der Statorwicklung ausgegeben wird; wobei die Schlitze in einer Reihenfolge von einem a-Phasenschlitz, einem d-Phasenschlitz, einem b-Phasenschlitz, einem e-Phasenschlitz, einem c-Phasenschlitz und einem f-Phasenschlitz in Umfangsrichtung wiederholt angeordnet sind; wobei die Statorwicklung mit a-Phasen-, b-Phasen-, c-Phasen-, d-Phasen-, e-Phasen- und f-Phasen-Wicklungsphasenabschnitten versehen ist; wobei in jedem davon ein Leiterkabel, das mit elektrischer Isolierung beschichtet ist, in einer Wellenform in einer Schlitzgruppe installiert ist, welche durch Schlitze ähnlicher Phasen gebildet wird, so dass sie sich nach außen in einer axialen Richtung hinsichtlich des Statorkerns von jedem vorgegebenen Schlitz erstrecken, welche sich in Umfangsrichtung erstreckt und welche in einen darauf folgenden Schlitz ähnlicher Phase eintreten; wobei die erste Dreiphasen-Wechselstromwicklung durch Ausbildung des a-Phasenwicklungsphasenabschnittes, des b-Phasenwicklungsphasenabschnittes und des c-Phasenwicklungsphasenabschnittes in eine Wechselstromverbindung aufgebaut ist; wobei die zweite Dreiphasen-Wechselstromwicklung durch Ausbildung des d-Phasenwicklungsphasenabschnittes, des e-Phasenwicklungsphasenabschnittes und des f-Phasenwicklungsphasenabschnittes in eine Wechselstromverbindung aufgebaut ist; wobei die a-Phasen-, b-Phasen-, c-Phasen-, d-Phasen-, e-Phasen- und f-Phasenwicklungsphasenabschnitte in dem Statorkern installiert sind, so dass sich diese radial in sechs Lagen aufreihen; und wobei ein erster der Wicklungsphasenabschnitte, welche die erste Dreiphasenwechselstromwicklung bilden, einen von drei radial inneren Schichten bildet und ein zweiter der Wicklungsphasenabschnitte, welche die erste Dreiphasenwechselstromwicklung bilden, eine der drei radial äußeren Schichten bildet; 2. der Klägerin Rechnung darüber zu legen, in welchem Umfang die Beklagten die unter 1. bezeichneten Handlungen seit dem 03.01.2004 begangen haben, und zwar unter Angabe a) der Menge der erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse, der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer sowie der bezahlten Preise, b) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, Lieferzeiten und Lieferpreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Abnehmer einschließlich der Verkaufsstellen, für welche die Erzeugnisse bestimmt waren, c) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, Angebotszeiten und Angebotspreisen unter Einschluss von Typenbezeichnungen sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, d) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, e) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, wobei - es den Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften der nicht gewerblichen Abnehmer und der Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagten dessen Kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist; - die Beklagten zum Nachweis der Angaben zu a) und b) die entsprechenden Einkaufs- und Verkaufsbelege (Rechnungen oder Lieferscheine) in Kopie vorzulegen haben, wobei geheimhaltungsbedürftige Einzelheiten außerhalb der auskunftspflichtigen Daten geschwärzt werden dürfen, und - die Verkaufsstellen sowie die Einkaufs- und Verkaufspreise nur für die Zeit seit dem 30.04.2006 anzugeben sind; 3. die unter 1. bezeichneten, seit dem 30.04.2006 in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr gebrachten und sich im Besitz Dritter befindlichen Erzeugnisse aus den Vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen Dritten, denen durch die Beklagten oder mit deren Zustimmung Besitz an den Erzeugnissen eingeräumt wurde, unter Hinweis darauf, dass das Landgericht mit dem hiesigen Urteil auf eine Verletzung des Klagepatents EP A erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die Erzeugnisse an die Beklagten zurückzugeben und den Dritten für den Fall der Rückgabe der Erzeugnisse eine Rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten Kaufpreises sowie die Übernahme der Kosten der Rückgabe zugesagt wird. II. Die Beklagten zu 2) und 3) werden verurteilt, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz oder Eigentum befindlichen, unter I. 1. bezeichneten Erzeugnisse zu vernichten oder nach ihrer Wahl einem von ihnen zu benennenden Treuhänder zum Zwecke der Vernichtung auf ihre - der Beklagten zu 2) und 3) - Kosten herauszugeben. III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter Ziffer I. 1. beschriebenen Handlungen seit dem 03.01.2004 entstanden ist und noch entstehen wird. IV. Die Kosten des Rechtsstreits werden den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt. V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 1.000.000,- EUR vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Europäischen Union als Zoll- oder Steuerbürgin anerkannten Bank oder Sparkasse erbracht werden. 1Tatbestand: 2Die Klägerin nimmt die Beklagten aus dem Europäischen Patent EP A (nachfolgend: Klagepatent) auf Unterlassung, Rechnungslegung, Rückruf, Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde nach sowie die Beklagten zu 2) und 3) zusätzlich auf Vernichtung in Anspruch. 3Das Klagepatent wurde am 18.09.2001 unter Inanspruchnahme der Priorität der JP B vom 26.12.2000 in englischer Verfahrenssprache angemeldet, wobei die Offenlegung der Patentanmeldung am 17.07.2002 erfolgte. Die Erteilung des Klagepatents wurde am 03.12.2003 veröffentlicht. Der deutsche Teil des Klagepatents (DE X) ist im Umfang von Patentanspruch 2 sowie der Unteransprüche 3 – 6, soweit sie auf diesen Patentanspruch rückgebezogen sind, in Kraft, nachdem der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 28.08.2012 ein das Klagepatent vollständig vernichtendes Urteil des Bundespatentgerichts in diesem Umfang abgeändert hat. In seiner Entscheidung führt der Bundesgerichtshof auf Seite 16 unter anderem Folgendes aus: 4„Soweit die Klägerin insoweit darauf hinweist, dass in der Entgegenhaltung angegeben werde, dass die einzelnen Dreiphasenwicklungen 22c und 22d entsprechend den Figuren 18A bis 18D verschaltet sein könnten, was drei Ausgänge ergäbe (K 8, Sp. 6, Z. 17 ff.), vermag dies schon deshalb nicht zu überzeugen, weil sich die Figuren 18A bis 18D nicht auf das in Figur 20 gezeigte Ausführungsbeispiel beziehen. Im Übrigen sind in der K 8 für zwei Dreiphasenwicklungen der zweiten Ausführungsform zwei Gleichrichtereinheiten 91 und 92 vorgesehen, was ebenfalls nicht mit der Lehre aus Patentanspruch 2 des Streitpatents übereinstimmt (Merkmal 4).“ 5Das Klagepatent trägt die Bezeichnung „Automotive alternator and a method for manufacturing a stator therefor“ („Wechselstromgenerator für Fahrzeuge und Verfahren zur Herstellung eines Stators dafür“). Der durch die Klägerin geltend gemachte Patentanspruch 2 lautet: 6„An automotive alternator comprising: 7a rotor (7) fixed to a shaft (6) rotatably supported by a case (3); 8a cooling fan (5) disposed on at least one axial end portion of said rotor (7); 9a stator (8A) provided with: 10a cylindrical stator core (15) in which slots (14) extending axially are formed at a ratio of two per phase per pole so as to line up circumferentially, said stator core (15) being supported by said case (3) so as to envelop said rotor (7); and 11a stator winding (16A) composed of first and second three-phase alternating-current windings (160A, 160B) installed in said stator core (15); and 12a rectifier (12) for rectifying an alternating-current output from said stator winding (16A), 13wherein said slots (14) are arranged in order of an a-phase slot (14a), a d-phase slot (14d), a b-phase slot (14b), an e-phase slot (14e), a c-phase slot (14c), and an f-phase slot (14f) repeatedly in a circumferential direction; 14said stator winding (16A) is provided with a-phase, b-phase, c-phase, d-phase, e-phase and f-phase winding phase portions (40a, 40b, 40c, 40d, 40e, 40f) in each of which a conductor wire (32) coated with electrical insulation is installed in a wave shape in a slot group constituted by slots (14) of like phase so as to extend outwards in an axial direction relative to said stator core (15) from any given slot (14), extend circumferentially, and enter a subsequent slot (14) of like phase; 15said first three-phase alternating-current winding (160A) is constructed by forming said a-phase winding phase portion (40a), said b-phase winding phase portion (40b), and said c-phase winding phase portion (40c) into an alternating current connection; 16said second three-phase alternating-current winding (160B) is constructed by forming said d-phase winding phase portion (40d), said e-phase winding phase portion (40e), and said f-phase winding phase portion (40f) into an alternating current connection; 17said a-phase, b-phase, c-phase, d-phase, e-phase, and f-phase winding phase portions (40a, 40b, 40c, 40d, 40e, 40f) are installed said stator core (15) so as to line up in six Iayers radially; and 18a first of said winding phase portions (40a, 40b, 40c) constituting said first-three-phase alternating-current winding (160A) constitutes one of three radially-inner layers and a second of said winding phase portions (40a, 40b, 40c) constituting said first three-phase alternating-current winding (160A) constitutes one of three radially-outer layers.“ 19In der eingetragenen deutschen Übersetzung ist Patentanspruch 2 wie folgt formuliert: 20„Fahrzeugwechselstromgenerator, welcher aufweist: 21einen Rotor (7), der an einer Welle (6) fixiert ist, welche durch ein Gehäuse (3) drehbar gelagert ist; 22ein Kühlgebläse (5), welches zumindest an einem axialen Endabschnitt des Rotors (7) angeordnet ist; 23einen Stator (8A), welcher versehen ist mit: 24einem zylindrischen Statorkern (15), bei dem sich axial erstreckende Schlitze (14) in einem Verhältnis von zwei pro Phase pro Pol ausgebildet sind, so dass diese sich in Umfangsrichtung aufreihen, wobei der Statorkern (15) durch ein Gehäuse (3) gelagert ist, so dass der Rotor (7) umgeben ist; und 25einer Statorwicklung (16A), welche aus ersten und zweiten Dreiphasenwechselstromwicklungen (160A, 160B) aufgebaut ist, welche in dem Statorkern (15) installiert sind; und 26einen Gleichrichter (12) zum Gleichrichten eines Wechselstroms, welcher von der Statorwicklung (16A) ausgegeben wird, 27wobei die Schlitze (14) in einer Reihe von einem A-Phasenschlitz (14a), einem D-Phasenschlitz (14d), einem B-Phasenschlitz (14b), einem E-Phasenschlitz (14e), einem C-Phasenschlitz (14c) und einem F-Phasenschlitz (14f) in Umfangsrichtung wiederholt angeordnet sind; 28und wobei die Statorwicklung (16A) mit A-Phasen, B-Phasen, C-Phasen, D-Phasen, E-Phasen und F-Phasenwicklungsphasenabschnitten (40a, 40b, 40c, 40d, 40e, 40f) versehen ist, wobei in jedem davon ein Leiterkabel (32), das mit elektrischer Isolierung beschichtet ist, in einer Wellenform in einer Schlitzgruppe installiert ist, welche durch Schlitze (14) von ähnlichen Phasen gebildet wird, so dass sie sich nach außen in einer axialen Richtung hinsichtlich des Statorkerns (15) von jedem vorgegebenen Schlitz (14) erstrecken, welche sich in Umfangsrichtung erstreckt, und welche in einen darauffolgenden Schlitz (14) von ähnlicher Phase eintreten; 29wobei die erste Dreiphasen-Wechselstromwicklung (160A) durch Ausbildung des A-Phasenwicklungsphasenabschnittes (40a), des B-Phasenwicklungsphasenabschnittes (40b) und des C-Phasenwicklungsphasenabschnittes (40c) in eine Wechselstromverbindung aufgebaut ist; 30wobei die zweite Dreiphasen-Wechselstromwicklung (160B) durch Ausbildung des D-Phasenwicklungsphasenabschnittes (40d), des E-Phasenwicklungsphasenabschnittes (40e) und des F-Phasenwicklungsphasenabschnittes (40f) in eine Wechselstromverbindung aufgebaut ist; 31wobei die A-Phasen, B-Phasen, C-Phasen, D-Phasen, E-Phasen und F-Phasenwicklungsphasenabschnitte (40a bis 40f) in den Statorkern (15) installiert sind, so dass sich diese radial in sechs Lagen aufreihen; und 32wobei ein erster der Wicklungsphasenabschnitte (40a, 40b, 40c), welcher die erste Dreiphasenwechselstromwicklung (160A) bildet, einen von drei radial inneren Schichten bildet und wobei ein zweiter der Wicklungsphasenabschnitte (40a, 40b, 40c), welcher die erste Dreiphasenwechselstromwicklung (160B) bildet, eine der drei radial äußeren Schichten bildet.“ 33Im Hinblick auf die Formulierung der durch die Klägerin im Wege von „insbesondere, wenn“ -Anträgen geltend gemachten Unteransprüche wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Klagepatentschrift Bezug genommen. 34In den nachfolgend verkleinert eingeblendeten Figuren 11 und 12 ist ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung dargestellt. Bei Figur 11 handelt es sich nach der Klagepatentbeschreibung um eine perspektivische Ansicht, welche einen Stator eines Fahrzeugwechselstromgenerators darstellt. 35 36Figur 12 ist eine auseinandergezogene, perspektivische Ansicht, die eine Statorwicklung zeigt, die in dem Stator des Fahrzeugwechselstromgenerators installiert ist. 37 38Die Beklagten sind Unternehmen der C Gruppe. Die Beklagte zu 1) ist verantwortlich für die Entwicklung, Herstellung sowie das globale Geschäft mit C -Fahrzeugwechselstromgeneratoren. Zuständig für das Geschäft der Erstausrüstung von Kraftfahrzeugen mit Produkten der Produktgruppe „Elektrische Systeme“ einschließlich Wechselstromgeneratoren ist die Beklagte zu 2). Die Beklagte zu 3) betreibt unmittelbar das Geschäft der Nachrüstung von Kraftfahrzeugen mit C -Wechselstromgeneratoren. 39Im Rahmen dieser Tätigkeit werden Wechselstromgeneratoren mit den Typenbezeichnungen „FG18“ sowie „FG23“ (nachfolgend: angegriffene Ausführungsformen) an den Kfz-Hersteller BMW geliefert. 40Der Aufbau der angegriffenen Ausführungsformen wird nachfolgend anhand der Ausführungsform „FG18“ verdeutlicht. Bei Figur FG18/1 handelt es sich um eine seitliche Gesamtansicht des Fahrzeugwechselstromgenerators. 41 42Bei den angegriffenen Ausführungsformen sind zwei drei-Phasen-Wechselstromwicklungen vorhanden, wobei jeder dieser drei-Phasen-Wechselstromwicklungen jeweils ein eigener Gleichrichter zugeordnet ist. Die Anschlüsse, die mit einem der Gleichrichter verbunden sind, wurden durch die Klägerin in der nachfolgend eingeblendeten Figur FG 18/6 mit „H1“ gekennzeichnet. 43 44Schließlich zeigt Figur FG 18/8 den Stator des Wechselstromgenerators „FG18“, nachdem die Dreiecksverschaltung der beiden 3-phasigen Spulenbelegungen aufgetrennt wurde, wobei die Beschriftung der Abbildung von der Klägerin stammt. 45 46Hinsichtlich der Gestaltung der angegriffenen Ausführungsformen wird im Übrigen auf die weiteren, durch die Klägerin als Anlagen K 11 und K 12 zur Akte gereichten Abbildungen Bezug genommen. 47Nach Auffassung der Klägerin machen die angegriffenen Ausführungsformen wortsinngemäß von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch. 48Die Klägerin beantragt, nachdem sie den gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Vernichtungsantrag zurückgenommen, die Anträge auf Rechnungslegung hinsichtlich der Verkaufsstellen, Einkaufs- und Verkaufspreise sowie Rückruf auf die Zeit ab dem 30.04.2006 beschränkt und den Antrag auf Entfernung aus den Vertriebswegen zurückgenommen hat, 49 zu erkennen, wie geschehen. 50Die Beklagten beantragen, 51 die Klage abzuweisen. 52Sie meinen, die angegriffenen Ausführungsformen würden von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch machen. 53Nach der technischen Lehre des hier streitgegenständlichen Patentanspruchs dürfe nur ein Gleichrichter vorhanden sein. Dies habe der Bundesgerichtshof im Nichtigkeitsverfahren ausdrücklich und auf der Grundlage einer sorgfältig aufgebauten Argumentationslinie festgestellt. Die Kammer sei daran im Verletzungsverfahren nunmehr gebunden. 54Unabhängig davon sei die Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch in der Sache richtig. Patentanspruch 2 spreche einerseits von „einem Gleichrichter“ und andererseits von einem Verhältnis der Nuten von zwei pro Phase pro Pol, was 144 Nuten entspreche. Da anspruchsgemäß zudem sechs Phasen-Wicklungsabschnitte vorhanden sein müssten, in der gesamten Patentschrift jedoch nur 72 Nuten gezeigt seien, sei dem Fachmann klar, dass jeweils zwei Phasen kombiniert werden müssten („kombinierte Wicklungen“). Drei Phasen könnten elektrisch jedoch nur an einen Gleichrichter angeschlossen werden. Dies verdeutliche im Übrigen auch Figur 17 der im Nichtigkeitsverfahren als Anlage K 6 gewürdigten US 5,122,705, bei welcher ebenfalls sechs interne Phasen elektrisch gesehen als „nach außen drei Phasen“ an einen Gleichrichter angeschlossen seien. 55Die angegriffenen Ausführungsformen seien demgegenüber – unstreitig – mit zwei Gleichrichtern ausgestattet, die, wie das nachfolgend eingeblendete Schaubild zeige, elektrisch getrennt seien. 56 57Darüber hinaus seien die Wicklungsabschnitte (Stränge), welche die Phasen bilden, bei den angegriffenen Ausführungsformen im Statorkern nicht in radialer Richtung in sechs aufeinanderfolgenden Lagen angeordnet. 58Der Begriff des Statorkerns (15) sei im Klagepatent klar als kreiszylindrisches Bauelement aus massivem Metall mit einer Vielzahl von Nuten an seinem Innenumfang, die zur Aufnahme von Phasen-Wicklungsabschnitten („Strängen“) dienen, definiert. Maßgeblich für die Frage der Verletzung sei, wie die einzelnen Stränge im Statorkern, also in den Nuten, angeordnet seien. Dort müssten die Stränge in radialer Richtung in sechs Lagen aufeinanderfolgen. 59Bei den angegriffenen Ausführungsformen seien die Wicklungsabschnitte („Stränge“) jedoch im Statorkern nicht so angeordnet, dass sie in radialer Richtung in sechs Lagen aufeinanderfolgen. In jeder Nut würden 14 Drähte liegen, die jeweils nur einer Phase zugehörig seien und somit einen Phasenstrang bilden würden. Die Anordnung der Stränge im Kern zeige daher keinerlei aufeinanderfolgende Lagen-Struktur. 60Im Übrigen fehle es auch im Bereich der Wicklungsköpfe an einer Lagenstruktur. Die Beklagten hätten die angegriffenen Ausführungsformen durch Herrn Denis Even elektrisch vermessen lassen. Nach dem Ergebnis dieser Messungen seien die Wicklungen im Bereich der Wicklungsköpfe chaotisch, das heißt ohne jede Lagenstruktur, angeordnet. Dies lasse sich beispielhaft anhand der nachfolgend eingeblendeten Abbildungen erkennen: 61 62 63Ergänzend wird auf die Anlage B 21a Bezug genommen. 64Die Klägerin tritt diesem Vorbringen entgegen. 65Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Entscheidungsgründe: 66Die zulässige Klage hat in der Sache Erfolg. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Rückruf, Feststellung der Schadenersatzpflicht dem Grunde sowie gegen die Beklagten zu 2) und 3) auch auf Vernichtung aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 und 2, 140a Abs. 1 und 3, 140b Abs. 1 und 3 PatG i. V. m. §§ 242, 259 BGB zu. 67I. 68Das Klagepatent betrifft, soweit es durch den Bundesgerichtshof aufrecht erhalten wurde, einen Wechselstromgenerator für Fahrzeuge. 69Wie die Klagepatentschrift einleitend ausführt, umfasst ein Fahrzeugwechselstromgenerator im Allgemeinen einen Stator, welcher aus einer Wicklung um einen zylindrischen Kern besteht. In dem Statorkern erstreckten sich axiale Nuten in in Umfangsrichtung gleichmäßigen Winkelabständen. Der Generator umfasse außerdem einen Rotor mit einer Feldwicklung an der inneren Umfangsseite des Stators. Die Nuten seien im Statorkern in einem Verhältnis von eins pro Phase pro Pol proportional zur Anzahl der Phasen der Statorwicklung und der Anzahl der Magnetpole im Rotor angeordnet. 70Wenn die Nuten in einem Verhältnis von eins pro Phase pro Pol in der genannten Art und Weise angeordnet seien, überlappe - so wird in der Beschreibung kritisch angemerkt - ein zwischen den Nuten angeordneter Zahn des Statorkerns ein angrenzendes Paar von Magnetpolen in radialer Richtung für einen relativ langen Zeitraum, was zu einer erhöhten magnetischen Flussleckrate führe. Dies habe wiederum Schwankungen der erzeugten Spannung und Störungen der Wellenform der Leistungsabgabe zur Folge, wodurch bei der Umwandlung von Wechsel- in Gleichstrom Störgeräusche entstünden. 71In der japanischen Offenlegungsschrift Hei X werde vorgeschlagen, die magnetische Flussleckrate durch die Anordnung der Nuten in einem Verhältnis von zwei pro Phase pro Pol zu reduzieren, um auf diese Weise die Überlappungsdauer zu verkürzen. Ein in dieser Schrift beschriebener Rotor mit zwölf Magnetpolen sei von 72 Nuten in einem Statorkern mit jeweils einem elektrischen Winkelabstand von 30 Grad umgeben, die zwei Dreiphasenwechselstromwicklungen aufnähmen. Entsprechend der radialen Position der Wicklungsköpfe variiere auch die Wärmeverteilung, wenn der von einem Kühlgebläse erzeugte Luftstrom von einer inneren zu einer äußeren Umfangsseite des Statorkerns ströme. Die Wärme könne daher von den Wicklungsköpfen nicht effektiv abgeleitet werden, was stark ansteigende Statortemperaturen und einen Leistungsabfall zur Folge habe. 72Diesem Problem sei im Stand der Technik durch die Verwendung kurzer U-förmiger Drahtsegmente für die Statorwicklung begegnet worden. Diese könnten so angeordnet werden, dass sie in Umfangsrichtung und radial voneinander getrennt seien, so dass ein Kurzschluss zwischen den Wicklungsköpfen mit geringerer Wahrscheinlichkeit auftrete und die Wärmeabgabe erhöht werde. Nachteilig sei jedoch der hohe Aufwand durch das Einsetzen einer Vielzahl solcher Drahtsegmente. 73Hieraus und aus den Angaben der Beschreibung zur Aufgabe ergibt sich, dass der Erfindung die Aufgabe (das technische Problem) zugrunde liegt, mit möglichst geringem Aufwand einen leistungsfähigen Fahrzeugwechselstromgenerator bereitzustellen. 74Dies geschieht gemäß Patentanspruch 2 durch einen Fahrzeugwechselstromgenerator, der aufweist: 751. einen auf einer Welle (6) in einem Gehäuse (3) drehbar gelagerten Rotor (7); 762. ein Kühlgebläse (5), das zumindest an einem axialen Endabschnitt des Rotors (7) angeordnet ist; 773. einen Stator (8A) mit 783.1 einem in dem Gehäuse (3) gelagerten und den Rotor (7) umgebenden zylindrischen Statorkern (15), 793.2 einer im Statorkern (15) untergebrachten Statorwicklung (16A); 804. einen Gleichrichter (12) zum Gleichrichten des von der Statorwicklung (16A) erzeugten Wechselstroms; 815 im Statorkern (15) sind sich axial erstreckende in Umfangsrichtung aufeinanderfolgende Nuten (14) ausgebildet 82, 835.1. in einem Verhältnis von zwei pro Phase pro Pol, 845.2. die in Umfangsrichtung sich wiederholend als den Phasen A, D, B, E, C und F zugeordnete Nuten (14a, 14d, 14b, 14e, 14c, 14f) angeordnet sind; 856. die Statorwicklung (16A) 866.1. weist A-, B-, C-, D-, E- und F-Phasen-Wicklungsabschnitte (Stränge 40a, 40b, 40c, 40d, 40e, 40f) auf, 876.1.1. in denen jeweils ein mit einer elektrischer Isolierung beschichteter Wicklungsdraht (32) in Wellenform eine der gleichen Phase zugeordnete Gruppe von Nuten (14) durchläuft, sich von jeder Nut (14) in zum Statorkern (15) axialer Richtung nach außen erstreckt, in Umfangsrichtung verläuft und in eine darauf folgende, der gleichen Phase zugeordnete Nut (14) eintritt und 886.1.2. die so im Statorkern (15) angeordnet sind, dass sie in radialer Richtung in sechs Lagen aufeinanderfolgen (“so as to line up in six Iayers radially“); 896.2. besteht aus einer ersten und einer zweiten Dreiphasenwechselstromwicklung (160A, 16GB), von denen 906.2.1 die erste Dreiphasenwechselstromwicklung (160A) aus den Strängen (40a, 40b, 40c) der Phasen A, B und C besteht, von denen 916.2.1.1 einer eine von drei radial inneren Lagen und 926.2.1.2 ein anderer eine der drei radial äußeren Lagen bildet, und 936.2.2 die zweite Dreiphasenwechselstromwicklung (160B) aus den Strängen (40d, 40e, 40f) der Phasen D, E und F besteht. 94II. 95Dies vorausgeschickt machen die angegriffenen Ausführungsformen von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch. 96Zurecht haben die Beklagten dies in Bezug auf die Merkmale 1. bis 3.2., 5. – 6.1.1. sowie 6.2. – 6.2.2. nicht in Frage gestellt, so dass es insoweit keiner weiteren Ausführungen bedarf. Darüber hinaus sind bei den angegriffenen Ausführungsformen auch die übrigen Merkmale verwirklicht. 971. 98Entgegen der Auffassung der Beklagten führt es aus dem Schutzbereich des Klagepatents nicht heraus, dass bei den angegriffenen Ausführungsformen zwei Gleichrichter vorhanden sind. Für eine Verwirklichung der patentgemäßen Lehre ist das Vorhandensein genau eines Gleichrichters nicht zwingend. 99Die Kammer vermag sich der Auslegung des Bundesgerichtshofes im Nichtigkeitsverfahren, wonach eine Gestaltung mit zwei Gleichrichtern von der technischen Lehre des Klagepatents keinen Gebrauch macht (vgl. Anlage K 17, S. 16, Rz. 31), nicht anzuschließen, denn diese Auffassung unterschreitet den Wortlaut des streitgegenständlichen Patentanspruchs und findet darüber hinaus in der Patentbeschreibung keine Stütze. 100a) 101Merkmal 4. verlangt nach seinem Wortlaut, dass der Fahrzeugwechselstromgenerator einen Gleichrichter (12) zum Gleichrichten des von der Statorwicklung (16) erzeugten Wechselstroms aufweist. 102Dass es sich dabei nicht um genau einen Gleichrichter handeln muss, verdeutlicht bereits die für die Auslegung des Klagepatents maßgebliche englische Fassung, wo sich nicht das Zahlwort „one“, sondern der unbestimmte Artikel „a“ findet. Nach dem natürlichen Sprachgebrauch ist Merkmal 4. demnach so zu verstehen, dass es sich um mindestens einen Gleichrichter handeln muss, ohne dass dies einer ausdrücklichen Hervorhebung im Patentanspruch bedarf. 103Patentanspruch 2 unterscheidet sich somit von Patentanspruch 1 unter anderem dadurch, dass nach Patentanspruch 1 erste und zweite und damit mindestens zwei Gleichrichter vorhanden sein müssen („first and second rectifiers“), während Patentanspruch 2 das Vorhandensein eines Gleichrichters ausreichen lässt. Dies bedeutet aber nicht im Umkehrschluss, dass nach Patentanspruch 2 zwingend genau ein Gleichrichter vorhanden sein muss. 104Eine Bestätigung dieser Auslegung erhält der Fachmann in der Klagepatentbeschreibung. 105So werden dort ausschließlich Ausführungsbeispiele beschrieben, bei denen zwei Gleichrichter vorhanden sind. Lediglich ergänzend stellt die Klagepatentbeschreibung klar, dass unter Umständen auch ein Gleichrichter ausreichend sein kann (vgl. Abschnitt [0112]). 106Zudem geht das Klagepatent von einem Stand der Technik aus, bei dem die Dreiphasen-Wechselstromwicklungen jeweils durch separate Gleichrichter gleichgerichtet und daraufhin die gleichgerichteten Ausgaben bzw. Outputs kombiniert werden (vgl. Abschnitt [0010]). Anhaltspunkte dafür, dass sich das Klagepatent davon lösen will, finden sich in der Klagepatentschrift demgegenüber nicht. 107Zwar kritisiert das Klagepatent im Hinblick auf die HEI X, dass durch die Kombination der Wechselstromabgaben der ersten und zweiten Wechselstromwicklungen nach der Gleichrichtung durch zwei separate Gleichrichter ein möglicher Kurzschluss zwischen den ersten und zweiten Wechselstromwicklungen zu einer geringen Leistungserzeugung führen könne. Jedoch soll die verminderte Leistung nach der in Abschnitt [0015] formulierten Aufgabe dadurch verhindert werden, dass sechs Wicklungsphasenabschnitte vorgesehen sind, die zwei Dreiphasen-Wechselstromwicklungen bilden, während das Gleichgewicht der radialen Positionen der Wicklungsenden beachtet wird. Ein Hinweis darauf, dass auch die Zahl der Gleichrichter reduziert werden soll, findet sich demgegenüber nicht. 108Dem Vorbringen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, der Fachmann verstehe Patentanspruch 2 zwingend derart, dass „kombinierte Wicklungen“ vorhanden sein müssten, so dass „nach außen“ lediglich drei Phasen vorhanden seien, die lediglich an genau einen Gleichrichter angeschlossen werden könnten, vermag die Kammer bereits im Ausgangspunkt nicht zu folgen. Der durch die Beklagte insoweit als Ansatz ihrer Betrachtungen gewählte Widerspruch (2 Nuten pro Phase pro Pol, 6 Phasen-Wicklungsabschnitte, 72 Nuten) findet in Patentanspruch 2 keine Grundlage. Dieser spricht zwar von „zwei Nuten pro Phase pro Pol“, enthält aber keine dahingehende Vorgabe, dass genau 72 Nuten vorhanden sein müssten. Auch wenn sich in der Klagepatentschrift lediglich Ausführungsbeispiele finden, bei denen 72 Nuten vorhanden sind, bedeutet dies nicht, dass nicht auch Gestaltungen mit 144 Nuten anspruchsgemäß wären. 109Im Übrigen ist das Vorbringen der Beklagten zu „kombinierten Wicklungen“, zu denen sich in der Klagepatentschrift kein Hinweis findet, auch vor dem Hintergrund eines Vergleichs der Patentansprüche 1 und 2 nicht nachvollziehbar. Denn auch Patentanspruch 1, der ausdrücklich das Vorhandensein von zwei Gleichrichtern fordert, geht von 6 Phasen-Wicklungsabschnitten und einem Verhältnis der Nuten von zwei pro Phase pro Pol aus. Unter Zugrundelegung der Ausführungen der Beklagten zu Patentanspruch 2 müsste der Fachmann dann auch Patentanspruch 1 so lesen, dass „kombinierte Wicklungen“ und damit „nach außen“ lediglich drei Phasen vorhanden sein müssten, die, wie die Beklagten in Bezug auf Patentanspruch 2 vorgetragen haben, lediglich an einen Gleichrichter angeschlossen werden können. 110Die darüber hinaus durch die Beklagten zur Begründung ihrer Auffassung herangezogene Figur 17 der US 5,122,705 (K 6 im Nichtigkeitsverfahren) zeigt demgegenüber nur, dass der Anschluss von intern sechs Phasen über extern drei Phasen an einen Gleichrichter möglich ist. Daraus lässt sich jedoch nicht der Umkehrschluss ziehen, auch das Klagepatent setze das Vorhandensein „kombinierter Wicklungen“ an genau einem Gleichrichter voraus. 111b) 112Soweit der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren eine andere Auslegung vertreten hat, ist die Kammer an diese Auslegung nicht gebunden, sondern hat diese lediglich als sachkundige Stellungnahme zu berücksichtigen. 113Maßgebliche Grundlage dafür, was durch ein europäisches Patent geschützt ist, ist nach Art. 69 EPÜ der Inhalt der Patentansprüche. Die Frage, ob eine bestimmte Anweisung zum Gegenstand eines Anspruchs gehört, entscheidet sich deshalb danach, ob sie in dem betreffenden Patentanspruch Ausdruck gefunden hat (BGH GRUR 2004, 1023 – Bodenseitige Vereinzelungseinrichtung; BGH GRUR 2007, 778, 779 – Ziehmaschinenzugeinheit). 114Dabei hat jedes mit der Patentauslegung befasste Gericht die Bestimmung des Sinngehalts eines Patentanspruchs in Beantwortung einer Rechtsfrage eigenverantwortlich vorzunehmen (BGH GRUR 2009, 653 – Straßenbaumaschine; BGH GRUR 2006, 131 – Seitenspiegel; BGH GRUR 2007, 1059 – Zerfallszeitmessgerät). 115An eine Entscheidung im Nichtigkeitsverfahren ist die Kammer vor diesem Hintergrund nur dann gebunden, wenn ein Patent durch eine dortige Entscheidung ohne die Veröffentlichung einer neuen Patentschrift eingeschränkt wurde. In einem solchen Fall wird die Patentbeschreibung durch die Gründe der Entscheidung ergänzt oder ersetzt (vgl. Kraßer, Patentrecht, 6. Auflage, § 32 III, S. 715; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Auflage, Rz. 56). Wird die Nichtigkeitsklage im Hinblick auf den streitgegenständlichen Patentanspruch demgegenüber abgewiesen, stellen die Ausführungen in der Nichtigkeitsentscheidung lediglich eine (gewichtige) sachkundige Äußerung dar, die vom Verletzungsgericht zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Auslegung zu würdigen ist (BGH GRUR 1998, 895 – Regenbecken; Kühnen, a. a. O., Rz. 55; Kraßer, a. a. O.). 116Dies gilt auch vor dem Hintergrund der durch die Beklagten zitierten Entscheidung „Crimpwerkzeug III“ (BGH GRUR 2010, 858). Zwar hat der Bundesgerichtshof dort entschieden, dass dann, wenn das Verletzungsgericht von einer vorangegangenen, im Nichtigkeitsberufungsverfahren ergangenen Entscheidung des Bundesgerichtshofes abweichen will, zur Sicherung der Einheitlichkeit der Auslegung des Patents im Verletzungs- und im Nichtigkeitsverfahren ggf. die Revision zuzulassen ist. Damit hat der Bundesgerichtshof jedoch keine Bindungswirkung des Verletzungsgerichts angenommen. Vielmehr geht er selbst davon aus, dass das Verletzungsgericht von der durch den Bundesgerichtshof vertretenen Auslegung abweichen darf, solange nur die Revision zugelassen wird. 117Auch wenn dies dazu führt, dass das Verletzungsgericht in der zweiten Instanz, will es die Revision nicht zulassen, de facto an die Entscheidung des Bundesgerichtshofes gebunden ist (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2011, 2090 – Walzgerüst), besteht eine derartige Bindung in rechtlicher Hinsicht nicht. Dies gilt umso mehr dann, wenn der Bundesgerichtshof – wie hier – seine Auslegung des im Verletzungsrechtsstreit relevanten Merkmals nicht näher begründet hat. 1182. 119Bei den angegriffenen Ausführungsformen sind die A-, B-, C-, D-, E- und F-Phasen-Wicklungsabschnitte auch so im Statorkern angeordnet, dass sie in radialer Richtung in sechs Lagen aufeinanderfolgen (Merkmal 6.1.2.). 120a) 121Wie der Fachmann Merkmal 6.1.1. entnimmt, durchläuft in den Wicklungsabschnitten jeweils ein mit einer elektrischen Isolierung beschichteter Wicklungsdraht in Wellenform eine der gleichen Phasen zugeordnete Gruppe von Nuten. Dabei erstreckt er sich von jeder Nut in zum Statorkern axialer Richtung nach außen, verläuft in Umfangsrichtung und tritt dann in eine darauf folgende, der gleichen Phase zugeordnete Nut. 122Dem Fachmann ist somit klar, dass die in der Merkmalsgruppe 6 beschriebenen Phasen-Wicklungsabschnitte sowohl die Bereiche umfassen, die sich in den Nuten befinden, als auch diejenigen Verbindungsstücke, welche die in den Nuten angeordneten Bereiche miteinander verbinden und die durch den Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung mit „Wicklungsköpfen“ bezeichnet werden. Da die Nuten zudem jeweils einer Phase zugeordnet sein sollen (Merkmal 6.1.1. a. E.), ist klar, dass sich in jeder Nut lediglich Phasen-Wicklungsabschnitte einer Phase befinden dürfen. 123Merkmal 6.1.2. ordnet im Hinblick auf die Phasen-Wicklungsabschnitte zusätzlich an, dass diese so im Statorkern angeordnet sein sollen, dass sie in radialer Richtung in sechs Lagen aufeinanderfolgen („so as to line up in six layers radially“). 124Entgegen der Auffassung der Beklagten bedeutet dies bereits nach der Formulierung des Patentanspruchs nicht, dass die Anordnung in sechs Lagen gerade im Statorkern, das heißt im Bereich der Nuten, vorhanden sein muß. Denn Merkmal 6 verlangt nach seinem Wortlaut nicht, dass die Phasen-Wicklungsabschnitte so im Statorkern angeordnet sind, dass sie im Bereich des Statorkerns bzw. im Bereich der Nuten in sechs Lagen aufeinanderfolgen. Erforderlich, aber auch ausreichend ist es vielmehr, dass die Phasen-Wicklungsabschnitte im Statorkern so angeordnet sind, dass sie – ohne Beschränkung auf den Statorkern und ohne die zwingende Vorgabe, dass sich das Merkmal auf die gesamten Phasen-Wicklungsabschnitte bezieht – in radialer Richtung in sechs Lagen aufeinanderfolgen. Damit reicht es auch aus, wenn die Phasen-Wicklungsabschnitte jeweils in den ihnen zugeordneten Nuten angeordnet sind und lediglich in den Bereichen, die sich außerhalb der Nuten befinden („Wicklungsköpfe“), in Lagen angeordnet sind. 125Eine Bestätigung dieser Auslegung erhält der Fachmann in der Klagepatentgeschreibung. 126Zwar weisen die Beklagten zurecht darauf hin, dass das Klagepatent begrifflich zwischen den „Wicklungsenden“ und den „Wicklungsabschnitten“ unterscheidet (vgl. Abschnitte [0085], [0090], [0092] f., [0097] f.), wobei sich in Abschnitt [0014] im Zusammenhang mit der Erläuterung des Standes der Technik der Hinweis findet, dass die Wicklungsenden durch Wicklungsabschnitte und Verbindungsabschnitte von freien Endabschnitten der Leitersegmente gebildet werden. 127Jedoch definiert der für die Reichweite des Schutzbereichs maßgebliche Patentanspruch die Phasen-Wicklungsabschnitte derart, dass diese neben den in den Nuten laufenden Bereichen auch die Verbindungsabschnitte erfasst. Dies steht im Einklang mit Abschnitt [0082], wo der a-Phasen-Wicklungsabschnitt beispielhaft derart beschrieben wird, dass er mit einer vorbestimmten Zahl von Windungen in einem wellenförmigen Muster gewunden ist, das aus zwölf schlitzhäusigen Abschnitten (41a) und aus Verbindungsabschnitten (41b) aufgebaut ist. 128Unter Berücksichtigung der gebotenen funktionsorientierten Auslegung ist dem Fachmann damit klar, dass es klagepatentgemäß nicht entscheidend darauf ankommt, dass die Bereiche der Phasen-Wicklungsabschnitte, die sich innerhalb der Nuten befinden, in sechs Lagen angeordnet sind. Maßgeblich ist vielmehr im Einklang mit der Entscheidung des Bundesgerichtshofes im Nichtigkeitsverfahren, welche die Kammer als sachverständige Stellungnahme zu berücksichtigen hat, dass die Bereiche, die sich außerhalb der Nuten befinden, eine entsprechende Anordnung aufweisen. Denn es geht klagepatentgemäß gerade darum, die Wicklungsenden durch die Kühlströme gleichmäßig zu kühlen (vgl. Abschnitt [0090]). 129b) 130Davon ausgehend sind die A-, B-, C-, D-, E- und F-Phasen-Wicklungsabschnitte bei den angegriffenen Ausführungsformen, wie von Merkmal 6.1.2. gefordert, derart im Statorkern angeordnet, dass sie in sechs Lagen aufeinanderfolgen. 131Dem steht zunächst, wie bereits ausgeführt, nicht entgegen, dass sich in den Nuten jeweils nur Wicklungsabschnitte einer Phase befinden. Es genügt für die Verwirklichung der beanspruchten technischen Lehre auch, wenn die Teile der Wicklungsabschnitte, die sich außerhalb der Nuten befinden, in Lagen angeordnet sind. 132Dass dies bei den angegriffenen Ausführungsformen der Fall ist, zeigen sowohl die in dem Schriftsatz der Beklagten vom 24.01.2013 eingeblendeten, als auch die in der Anlage B 21a enthaltenen Abbildungen, von denen nachfolgend die Figuren 17 und 21 der Anlage B 21a verkleinert eingeblendet sind. 133 134 135Unabhängig davon, ob die bei einzelnen Drähten bestehende Vermischung einzelner Schichten erst durch das Zertrennen des Stators oder durch das Stauchen der Wicklungen entstanden oder auch unabhängig davon vorhanden ist, lassen beide Abbildungen deutlich die einzelnen Schichten der Stränge erkennen. 136Dass die Schichten dabei nicht exakt ausgerichtet sind und sich vereinzelt überlappen, führt aus dem Schutzbereich des Klagepatents nicht heraus. 137Unabhängig davon, ob sich eine exakte Ausrichtung der Windungen aufgrund der dicht gedrängten Anordnung der Windungen technisch überhaupt realisieren lässt, ist weder hinreichend vorgetragen, noch ersichtlich, dass eine exakte Anordnung zwingend erforderlich ist, um das mit der in der Merkmalsgruppe 6 beschriebenen Schichtenfolge angestrebten Ziel, einen leistungsfähigen, ausreichend gekühlten Fahrzeuggenerator bereitzustellen, erforderlich ist. Denn nach dem Kern der Erfindung geht es darum, die einzelnen Schichten derart zueinander anzuordnen, dass die in der Merkmalsgruppe 6.2. beschriebene Durchmischung der Stränge der beiden Dreiphasenwechselstromwicklungen vorliegt. Eine solche Durchmischung der Dreiphasenwechselstromwicklungen liegt jedoch auch dann vor, wenn die Schichten an einzelnen Punkten nicht exakt ausgerichtet sind. 138III. 139Da die angegriffenen Ausführungsformen somit von der technischen Lehre des Klagepatents wortsinngemäß Gebrauch machen, ohne dass die Beklagten zur Nutzung des Klagepatents berechtigt wären, ergeben sich die folgenden Rechtsfolgen: 1401. 141Die Beklagten machen durch das Angebot und den Vertrieb der angegriffenen Ausführungsformen in Deutschland widerrechtlich von der technischen Lehre des Klagepatents Gebrauch, so dass sie gegenüber der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet sind (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 1 PatG). 1422. 143Des Weiteren haben die Beklagten der Klägerin Schadenersatz zu leisten (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 139 Abs. 2 PatG), denn als Fachunternehmen hätten sie die Patentverletzung durch die angegriffenen Ausführungsformen bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen können, § 276 BGB. 144Die genaue Schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. Da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist und dieser von der Klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes Verschulden in Unkenntnis über den Umfang der Benutzungs- und Verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadenersatzverpflichtung dem Grunde nach anzuerkennen, § 256 ZPO. 1453. 146Damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadenersatzanspruch zu beziffern, sind die Beklagten zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 BGB). Die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt. Darüber hinaus werden die Beklagten durch die von ihnen verlangten Auskünfte nicht unzumutbar belastet. Die Beklagten haben schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen (Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140b PatG). Soweit ihre nicht gewerblichen Abnehmer und bloßen Angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist den Beklagten im Hinblick auf ihre Rechnungslegungspflicht in Bezug auf ihre nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger ein Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 20.09.2001, Az.: 2 U 91/00). 1474. 148Darüber hinaus hat die Klägerin gegen die Beklagten einen Anspruch auf Rückruf der angegriffenen Ausführungsformen aus den Vertriebswegen aus § 140 a Abs. 3 PatG, soweit diese ab dem 30.04.2006 in der Bundesrepublik Deutschland in Verkehr gebracht wurden. 149Während sich dieser Anspruch für die Zeit ab Umsetzung der Enforcement-Richtlinie am 01.09.2008 unmittelbar aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V.m. § 140 a Abs. 3 PatG ergibt, steht der Klägerin ein solcher Anspruch für die Zeit vor dem 01.09.2008 aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. §§ 139 Abs. 1 PatG, 1004 Abs. 1 S. 1 BGB analog i. V. m. Art. 10 Abs. 1 der Enforcement-Richtlinie zu, wobei der Anspruch auf die Zeit nach Ablauf der Umsetzungsfrist der Enforcement-Richtlinie beschränkt ist. Nach Art. 10 der Enforcement-Richtlinie, welche bis zum 29.04.2006 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen, sollen die Mitgliedstaaten in ihren nationalen Rechtsordnungen vorsehen, dass dem Verletzten eine Möglichkeit gegeben wird, den Rückruf der patentverletzenden Ware aus den Vertriebswegen zu erreichen. Diese Rechtsfolge lässt sich im Wege richtlinienkonformer Auslegung aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB analog herleiten, denn diese Vorschrift berechtigt den Verletzten dazu, die „Beseitigung“ der Beeinträchtigung zu verlangen (vgl. dazu auch Hoge Raad, GRUR-Int. 2008, 955, 958 – De Endstra-Tapes). Darunter lässt sich der Rückruf patentverletzender Ware subsumieren. Entsprechend sieht Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140 a Abs. 3 PatG in Umsetzung der Enforcement-Richtlinie einen Anspruch auf Rückruf und Entfernung patentverletzender Erzeugnisse aus den Vertriebswegen vor. Es bestehen keine Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit des Rückrufs im Sinne von Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140 a Abs. 4 PatG. 1505. 151Schließlich kann die Klägerin von den in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Beklagten zu 2) und 3) auch die Vernichtung der in ihrem Besitz oder Eigentum befindlichen Erzeugnisse, die Gegenstand des Klagepatents sind, aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ i. V. m. § 140a Abs. 1 S. 1 PatG verlangen. 152IV. 153Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 269 Abs. 3 S. 2 Alt. 2 ZPO. 154Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 S. 1; 108 ZPO. 155Der Streitwert wird auf 1.000.000,- EUR festgesetzt. Davon entfallen 200.000,- EUR auf die beantragte Feststellung der gesamtschuldnerischen Pflicht zur Schadenersatzleistung. Die Aufteilung ist notwendig, weil nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (GRUR-RR 2008, 460, 461) bei den hier streitgegenständlichen Ansprüchen nur der gesamtschuldnerisch gegen die Beklagten geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz gebührenrechtlich eine Angelegenheit darstellt, für die eine Erhöhungsgebühr in Betracht kommt. | i. die beklagten werden verurteilt, 1. es bei meidung eines für jeden fall der zuwiderhandlung vom gericht festzusetzenden ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 eur - ersatzweise ordnungshaft - oder einer ordnungshaft bis zu sechs monaten, im falle wiederholter zuwiderhandlung bis zu insgesamt zwei jahren, wobei die ordnungshaft an dem jeweiligen geschäftsführer zu vollziehen ist, zu unterlassen, fahrzeugwechselstromgeneratoren in der bundesrepublik deutschland anzubieten, in verkehr zu bringen oder zu gebrauchen oder zu den genannten zwecken einzuführen oder zu besitzen, welche aufweisen: einen rotor, der an einer welle fixiert ist, welche durch ein gehäuse drehbar gelagert ist; ein kühlgebläse, welches zumindest an einem axialen endabschnitt des rotors angeordnet ist; einen stator mit: einem zylindrischen statorkern, bei dem sich axial erstreckende schlitze in einem verhältnis von zwei pro phase pro pol ausgebildet sind, so dass diese sich in umfangsrichtung aufreihen, wobei der statorkern durch das gehäuse gelagert ist, so dass der rotor umgeben ist; und einer statorwicklung, welche aus ersten und zweiten dreiphasenwechselstromwicklungen aufgebaut ist, welche in dem statorkern installiert sind; und einen gleichrichter zum gleichrichten eines wechselstroms, welcher von der statorwicklung ausgegeben wird; wobei die schlitze in einer reihenfolge von einem a-phasenschlitz, einem d-phasenschlitz, einem b-phasenschlitz, einem e-phasenschlitz, einem c-phasenschlitz und einem f-phasenschlitz in umfangsrichtung wiederholt angeordnet sind; wobei die statorwicklung mit a-phasen-, b-phasen-, c-phasen-, d-phasen-, e-phasen- und f-phasen-wicklungsphasenabschnitten versehen ist; wobei in jedem davon ein leiterkabel, das mit elektrischer isolierung beschichtet ist, in einer wellenform in einer schlitzgruppe installiert ist, welche durch schlitze ähnlicher phasen gebildet wird, so dass sie sich nach außen in einer axialen richtung hinsichtlich des statorkerns von jedem vorgegebenen schlitz erstrecken, welche sich in umfangsrichtung erstreckt und welche in einen darauf folgenden schlitz ähnlicher phase eintreten; wobei die erste dreiphasen-wechselstromwicklung durch ausbildung des a-phasenwicklungsphasenabschnittes, des b-phasenwicklungsphasenabschnittes und des c-phasenwicklungsphasenabschnittes in eine wechselstromverbindung aufgebaut ist; wobei die zweite dreiphasen-wechselstromwicklung durch ausbildung des d-phasenwicklungsphasenabschnittes, des e-phasenwicklungsphasenabschnittes und des f-phasenwicklungsphasenabschnittes in eine wechselstromverbindung aufgebaut ist; wobei die a-phasen-, b-phasen-, c-phasen-, d-phasen-, e-phasen- und f-phasenwicklungsphasenabschnitte in dem statorkern installiert sind, so dass sich diese radial in sechs lagen aufreihen; und wobei ein erster der wicklungsphasenabschnitte, welche die erste dreiphasenwechselstromwicklung bilden, einen von drei radial inneren schichten bildet und ein zweiter der wicklungsphasenabschnitte, welche die erste dreiphasenwechselstromwicklung bilden, eine der drei radial äußeren schichten bildet; 2. der klägerin rechnung darüber zu legen, in welchem umfang die beklagten die unter 1. bezeichneten handlungen seit dem 03.01.2004 begangen haben, und zwar unter angabe a) der menge der erhaltenen oder bestellten erzeugnisse, der namen und anschriften der hersteller, lieferanten und anderer vorbesitzer sowie der bezahlten preise, b) der einzelnen lieferungen, aufgeschlüsselt nach liefermengen, lieferzeiten und lieferpreisen unter einschluss von typenbezeichnungen sowie der namen und anschriften der abnehmer einschließlich der verkaufsstellen, für welche die erzeugnisse bestimmt waren, c) der einzelnen angebote, aufgeschlüsselt nach angebotsmengen, angebotszeiten und angebotspreisen unter einschluss von typenbezeichnungen sowie der namen und anschriften der angebotsempfänger, d) der betriebenen werbung, aufgeschlüsselt nach werbeträgern, deren auflagenhöhe, verbreitungszeitraum und verbreitungsgebiet, e) der nach den einzelnen kostenfaktoren aufgeschlüsselten gestehungskosten und des erzielten gewinns, wobei - es den beklagten vorbehalten bleibt, die namen und anschriften der nicht gewerblichen abnehmer und der angebotsempfänger statt der klägerin einem von dieser zu bezeichnenden und ihr gegenüber zur verschwiegenheit verpflichteten vereidigten wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die beklagten dessen kosten tragen und ihn ermächtigen und verpflichten, der klägerin auf konkrete anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter abnehmer oder angebotsempfänger in der aufstellung enthalten ist; - die beklagten zum nachweis der angaben zu a) und b) die entsprechenden einkaufs- und verkaufsbelege (rechnungen oder lieferscheine) in kopie vorzulegen haben, wobei geheimhaltungsbedürftige einzelheiten außerhalb der auskunftspflichtigen daten geschwärzt werden dürfen, und - die verkaufsstellen sowie die einkaufs- und verkaufspreise nur für die zeit seit dem 30.04.2006 anzugeben sind; 3. die unter 1. bezeichneten, seit dem 30.04.2006 in der bundesrepublik deutschland in verkehr gebrachten und sich im besitz dritter befindlichen erzeugnisse aus den vertriebswegen zurückzurufen, indem diejenigen dritten, denen durch die beklagten oder mit deren zustimmung besitz an den erzeugnissen eingeräumt wurde, unter hinweis darauf, dass das landgericht mit dem hiesigen urteil auf eine verletzung des klagepatents ep a erkannt hat, ernsthaft aufgefordert werden, die erzeugnisse an die beklagten zurückzugeben und den dritten für den fall der rückgabe der erzeugnisse eine rückzahlung des gegebenenfalls bereits gezahlten kaufpreises sowie die übernahme der kosten der rückgabe zugesagt wird. ii. die beklagten zu 2) und 3) werden verurteilt, die in ihrem unmittelbaren oder mittelbaren besitz oder eigentum befindlichen, unter i. 1. bezeichneten erzeugnisse zu vernichten oder nach ihrer wahl einem von ihnen zu benennenden treuhänder zum zwecke der vernichtung auf ihre - der beklagten zu 2) und 3) - kosten herauszugeben. iii. es wird festgestellt, dass die beklagten als gesamtschuldner verpflichtet sind, der klägerin allen schaden zu ersetzen, der ihr durch die unter ziffer i. 1. beschriebenen handlungen seit dem 03.01.2004 entstanden ist und noch entstehen wird. iv. die kosten des rechtsstreits werden den beklagten als gesamtschuldnern auferlegt. v. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 1.000.000,- eur vorläufig vollstreckbar. die sicherheitsleistung kann auch durch eine unwiderrufliche, unbedingte, unbefristete und selbstschuldnerische bürgschaft einer in der europäischen union als zoll- oder steuerbürgin anerkannten bank oder sparkasse erbracht werden. 1 | 2die klägerin nimmt die beklagten aus dem europäischen patent ep a (nachfolgend: klagepatent) auf unterlassung, rechnungslegung, rückruf, feststellung der schadenersatzpflicht dem grunde nach sowie die beklagten zu 2) und 3) zusätzlich auf vernichtung in anspruch. 3das klagepatent wurde am 18.09.2001 unter inanspruchnahme der priorität der jp b vom 26.12.2000 in englischer verfahrenssprache angemeldet, wobei die offenlegung der patentanmeldung am 17.07.2002 erfolgte. die erteilung des klagepatents wurde am 03.12.2003 veröffentlicht. der deutsche teil des klagepatents (de x) ist im umfang von patentanspruch 2 sowie der unteransprüche 3 – 6, soweit sie auf diesen patentanspruch rückgebezogen sind, in kraft, nachdem der bundesgerichtshof mit urteil vom 28.08.2012 ein das klagepatent vollständig vernichtendes urteil des bundespatentgerichts in diesem umfang abgeändert hat. in seiner entscheidung führt der bundesgerichtshof auf seite 16 unter anderem folgendes aus: 4„soweit die klägerin insoweit darauf hinweist, dass in der entgegenhaltung angegeben werde, dass die einzelnen dreiphasenwicklungen 22c und 22d entsprechend den figuren 18a bis 18d verschaltet sein könnten, was drei ausgänge ergäbe (k 8, sp. 6, z. 17 ff.), vermag dies schon deshalb nicht zu überzeugen, weil sich die figuren 18a bis 18d nicht auf das in figur 20 gezeigte ausführungsbeispiel beziehen. im übrigen sind in der k 8 für zwei dreiphasenwicklungen der zweiten ausführungsform zwei gleichrichtereinheiten 91 und 92 vorgesehen, was ebenfalls nicht mit der lehre aus patentanspruch 2 des streitpatents übereinstimmt (merkmal 4).“ 5das klagepatent trägt die bezeichnung „automotive alternator and a method for manufacturing a stator therefor“ („wechselstromgenerator für fahrzeuge und verfahren zur herstellung eines stators dafür“). der durch die klägerin geltend gemachte patentanspruch 2 lautet: 6„an automotive alternator comprising: 7a rotor (7) fixed to a shaft (6) rotatably supported by a case (3); 8a cooling fan (5) disposed on at least one axial end portion of said rotor (7); 9a stator (8a) provided with: 10a cylindrical stator core (15) in which slots (14) extending axially are formed at a ratio of two per phase per pole so as to line up circumferentially, said stator core (15) being supported by said case (3) so as to envelop said rotor (7); and 11a stator winding (16a) composed of first and second three-phase alternating-current windings (160a, 160b) installed in said stator core (15); and 12a rectifier (12) for rectifying an alternating-current output from said stator winding (16a), 13wherein said slots (14) are arranged in order of an a-phase slot (14a), a d-phase slot (14d), a b-phase slot (14b), an e-phase slot (14e), a c-phase slot (14c), and an f-phase slot (14f) repeatedly in a circumferential direction; 14said stator winding (16a) is provided with a-phase, b-phase, c-phase, d-phase, e-phase and f-phase winding phase portions (40a, 40b, 40c, 40d, 40e, 40f) in each of which a conductor wire (32) coated with electrical insulation is installed in a wave shape in a slot group constituted by slots (14) of like phase so as to extend outwards in an axial direction relative to said stator core (15) from any given slot (14), extend circumferentially, and enter a subsequent slot (14) of like phase; 15said first three-phase alternating-current winding (160a) is constructed by forming said a-phase winding phase portion (40a), said b-phase winding phase portion (40b), and said c-phase winding phase portion (40c) into an alternating current connection; 16said second three-phase alternating-current winding (160b) is constructed by forming said d-phase winding phase portion (40d), said e-phase winding phase portion (40e), and said f-phase winding phase portion (40f) into an alternating current connection; 17said a-phase, b-phase, c-phase, d-phase, e-phase, and f-phase winding phase portions (40a, 40b, 40c, 40d, 40e, 40f) are installed said stator core (15) so as to line up in six iayers radially; and 18a first of said winding phase portions (40a, 40b, 40c) constituting said first-three-phase alternating-current winding (160a) constitutes one of three radially-inner layers and a second of said winding phase portions (40a, 40b, 40c) constituting said first three-phase alternating-current winding (160a) constitutes one of three radially-outer layers.“ 19in der eingetragenen deutschen übersetzung ist patentanspruch 2 wie folgt formuliert: 20„fahrzeugwechselstromgenerator, welcher aufweist: 21einen rotor (7), der an einer welle (6) fixiert ist, welche durch ein gehäuse (3) drehbar gelagert ist; 22ein kühlgebläse (5), welches zumindest an einem axialen endabschnitt des rotors (7) angeordnet ist; 23einen stator (8a), welcher versehen ist mit: 24einem zylindrischen statorkern (15), bei dem sich axial erstreckende schlitze (14) in einem verhältnis von zwei pro phase pro pol ausgebildet sind, so dass diese sich in umfangsrichtung aufreihen, wobei der statorkern (15) durch ein gehäuse (3) gelagert ist, so dass der rotor (7) umgeben ist; und 25einer statorwicklung (16a), welche aus ersten und zweiten dreiphasenwechselstromwicklungen (160a, 160b) aufgebaut ist, welche in dem statorkern (15) installiert sind; und 26einen gleichrichter (12) zum gleichrichten eines wechselstroms, welcher von der statorwicklung (16a) ausgegeben wird, 27wobei die schlitze (14) in einer reihe von einem a-phasenschlitz (14a), einem d-phasenschlitz (14d), einem b-phasenschlitz (14b), einem e-phasenschlitz (14e), einem c-phasenschlitz (14c) und einem f-phasenschlitz (14f) in umfangsrichtung wiederholt angeordnet sind; 28und wobei die statorwicklung (16a) mit a-phasen, b-phasen, c-phasen, d-phasen, e-phasen und f-phasenwicklungsphasenabschnitten (40a, 40b, 40c, 40d, 40e, 40f) versehen ist, wobei in jedem davon ein leiterkabel (32), das mit elektrischer isolierung beschichtet ist, in einer wellenform in einer schlitzgruppe installiert ist, welche durch schlitze (14) von ähnlichen phasen gebildet wird, so dass sie sich nach außen in einer axialen richtung hinsichtlich des statorkerns (15) von jedem vorgegebenen schlitz (14) erstrecken, welche sich in umfangsrichtung erstreckt, und welche in einen darauffolgenden schlitz (14) von ähnlicher phase eintreten; 29wobei die erste dreiphasen-wechselstromwicklung (160a) durch ausbildung des a-phasenwicklungsphasenabschnittes (40a), des b-phasenwicklungsphasenabschnittes (40b) und des c-phasenwicklungsphasenabschnittes (40c) in eine wechselstromverbindung aufgebaut ist; 30wobei die zweite dreiphasen-wechselstromwicklung (160b) durch ausbildung des d-phasenwicklungsphasenabschnittes (40d), des e-phasenwicklungsphasenabschnittes (40e) und des f-phasenwicklungsphasenabschnittes (40f) in eine wechselstromverbindung aufgebaut ist; 31wobei die a-phasen, b-phasen, c-phasen, d-phasen, e-phasen und f-phasenwicklungsphasenabschnitte (40a bis 40f) in den statorkern (15) installiert sind, so dass sich diese radial in sechs lagen aufreihen; und 32wobei ein erster der wicklungsphasenabschnitte (40a, 40b, 40c), welcher die erste dreiphasenwechselstromwicklung (160a) bildet, einen von drei radial inneren schichten bildet und wobei ein zweiter der wicklungsphasenabschnitte (40a, 40b, 40c), welcher die erste dreiphasenwechselstromwicklung (160b) bildet, eine der drei radial äußeren schichten bildet.“ 33im hinblick auf die formulierung der durch die klägerin im wege von „insbesondere, wenn“ -anträgen geltend gemachten unteransprüche wird zur vermeidung von wiederholungen auf die klagepatentschrift bezug genommen. 34in den nachfolgend verkleinert eingeblendeten figuren 11 und 12 ist ein bevorzugtes ausführungsbeispiel der erfindung dargestellt. bei figur 11 handelt es sich nach der klagepatentbeschreibung um eine perspektivische ansicht, welche einen stator eines fahrzeugwechselstromgenerators darstellt. 35 36figur 12 ist eine auseinandergezogene, perspektivische ansicht, die eine statorwicklung zeigt, die in dem stator des fahrzeugwechselstromgenerators installiert ist. 37 38die beklagten sind unternehmen der c gruppe. die beklagte zu 1) ist verantwortlich für die entwicklung, herstellung sowie das globale geschäft mit c -fahrzeugwechselstromgeneratoren. zuständig für das geschäft der erstausrüstung von kraftfahrzeugen mit produkten der produktgruppe „elektrische systeme“ einschließlich wechselstromgeneratoren ist die beklagte zu 2). die beklagte zu 3) betreibt unmittelbar das geschäft der nachrüstung von kraftfahrzeugen mit c -wechselstromgeneratoren. 39im rahmen dieser tätigkeit werden wechselstromgeneratoren mit den typenbezeichnungen „fg18“ sowie „fg23“ (nachfolgend: angegriffene ausführungsformen) an den kfz-hersteller bmw geliefert. 40der aufbau der angegriffenen ausführungsformen wird nachfolgend anhand der ausführungsform „fg18“ verdeutlicht. bei figur fg18/1 handelt es sich um eine seitliche gesamtansicht des fahrzeugwechselstromgenerators. 41 42bei den angegriffenen ausführungsformen sind zwei drei-phasen-wechselstromwicklungen vorhanden, wobei jeder dieser drei-phasen-wechselstromwicklungen jeweils ein eigener gleichrichter zugeordnet ist. die anschlüsse, die mit einem der gleichrichter verbunden sind, wurden durch die klägerin in der nachfolgend eingeblendeten figur fg 18/6 mit „h1“ gekennzeichnet. 43 44schließlich zeigt figur fg 18/8 den stator des wechselstromgenerators „fg18“, nachdem die dreiecksverschaltung der beiden 3-phasigen spulenbelegungen aufgetrennt wurde, wobei die beschriftung der abbildung von der klägerin stammt. 45 46hinsichtlich der gestaltung der angegriffenen ausführungsformen wird im übrigen auf die weiteren, durch die klägerin als anlagen k 11 und k 12 zur akte gereichten abbildungen bezug genommen. 47nach auffassung der klägerin machen die angegriffenen ausführungsformen wortsinngemäß von der technischen lehre des klagepatents gebrauch. 48die klägerin beantragt, nachdem sie den gegen die beklagte zu 1) gerichteten vernichtungsantrag zurückgenommen, die anträge auf rechnungslegung hinsichtlich der verkaufsstellen, einkaufs- und verkaufspreise sowie rückruf auf die zeit ab dem 30.04.2006 beschränkt und den antrag auf entfernung aus den vertriebswegen zurückgenommen hat, 49 zu erkennen, wie geschehen. 50die beklagten beantragen, 51 die klage abzuweisen. 52sie meinen, die angegriffenen ausführungsformen würden von der technischen lehre des klagepatents keinen gebrauch machen. 53nach der technischen lehre des hier streitgegenständlichen patentanspruchs dürfe nur ein gleichrichter vorhanden sein. dies habe der bundesgerichtshof im nichtigkeitsverfahren ausdrücklich und auf der grundlage einer sorgfältig aufgebauten argumentationslinie festgestellt. die kammer sei daran im verletzungsverfahren nunmehr gebunden. 54unabhängig davon sei die entscheidung des bundesgerichtshofes auch in der sache richtig. patentanspruch 2 spreche einerseits von „einem gleichrichter“ und andererseits von einem verhältnis der nuten von zwei pro phase pro pol, was 144 nuten entspreche. da anspruchsgemäß zudem sechs phasen-wicklungsabschnitte vorhanden sein müssten, in der gesamten patentschrift jedoch nur 72 nuten gezeigt seien, sei dem fachmann klar, dass jeweils zwei phasen kombiniert werden müssten („kombinierte wicklungen“). drei phasen könnten elektrisch jedoch nur an einen gleichrichter angeschlossen werden. dies verdeutliche im übrigen auch figur 17 der im nichtigkeitsverfahren als anlage k 6 gewürdigten us 5,122,705, bei welcher ebenfalls sechs interne phasen elektrisch gesehen als „nach außen drei phasen“ an einen gleichrichter angeschlossen seien. 55die angegriffenen ausführungsformen seien demgegenüber – unstreitig – mit zwei gleichrichtern ausgestattet, die, wie das nachfolgend eingeblendete schaubild zeige, elektrisch getrennt seien. 56 57darüber hinaus seien die wicklungsabschnitte (stränge), welche die phasen bilden, bei den angegriffenen ausführungsformen im statorkern nicht in radialer richtung in sechs aufeinanderfolgenden lagen angeordnet. 58der begriff des statorkerns (15) sei im klagepatent klar als kreiszylindrisches bauelement aus massivem metall mit einer vielzahl von nuten an seinem innenumfang, die zur aufnahme von phasen-wicklungsabschnitten („strängen“) dienen, definiert. maßgeblich für die frage der verletzung sei, wie die einzelnen stränge im statorkern, also in den nuten, angeordnet seien. dort müssten die stränge in radialer richtung in sechs lagen aufeinanderfolgen. 59bei den angegriffenen ausführungsformen seien die wicklungsabschnitte („stränge“) jedoch im statorkern nicht so angeordnet, dass sie in radialer richtung in sechs lagen aufeinanderfolgen. in jeder nut würden 14 drähte liegen, die jeweils nur einer phase zugehörig seien und somit einen phasenstrang bilden würden. die anordnung der stränge im kern zeige daher keinerlei aufeinanderfolgende lagen-struktur. 60im übrigen fehle es auch im bereich der wicklungsköpfe an einer lagenstruktur. die beklagten hätten die angegriffenen ausführungsformen durch herrn denis even elektrisch vermessen lassen. nach dem ergebnis dieser messungen seien die wicklungen im bereich der wicklungsköpfe chaotisch, das heißt ohne jede lagenstruktur, angeordnet. dies lasse sich beispielhaft anhand der nachfolgend eingeblendeten abbildungen erkennen: 61 62 63ergänzend wird auf die anlage b 21a bezug genommen. 64die klägerin tritt diesem vorbringen entgegen. 65wegen weiterer einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die eingereichten schriftsätze nebst anlagen sowie auf das protokoll der mündlichen verhandlung bezug genommen. | 66die zulässige klage hat in der sache erfolg. der klägerin stehen die geltend gemachten ansprüche auf unterlassung, rechnungslegung, rückruf, feststellung der schadenersatzpflicht dem grunde sowie gegen die beklagten zu 2) und 3) auch auf vernichtung aus art. 64 abs. 1 epü i. v. m. §§ 139 abs. 1 und 2, 140a abs. 1 und 3, 140b abs. 1 und 3 patg i. v. m. §§ 242, 259 bgb zu. 67i. 68das klagepatent betrifft, soweit es durch den bundesgerichtshof aufrecht erhalten wurde, einen wechselstromgenerator für fahrzeuge. 69wie die klagepatentschrift einleitend ausführt, umfasst ein fahrzeugwechselstromgenerator im allgemeinen einen stator, welcher aus einer wicklung um einen zylindrischen kern besteht. in dem statorkern erstreckten sich axiale nuten in in umfangsrichtung gleichmäßigen winkelabständen. der generator umfasse außerdem einen rotor mit einer feldwicklung an der inneren umfangsseite des stators. die nuten seien im statorkern in einem verhältnis von eins pro phase pro pol proportional zur anzahl der phasen der statorwicklung und der anzahl der magnetpole im rotor angeordnet. 70wenn die nuten in einem verhältnis von eins pro phase pro pol in der genannten art und weise angeordnet seien, überlappe - so wird in der beschreibung kritisch angemerkt - ein zwischen den nuten angeordneter zahn des statorkerns ein angrenzendes paar von magnetpolen in radialer richtung für einen relativ langen zeitraum, was zu einer erhöhten magnetischen flussleckrate führe. dies habe wiederum schwankungen der erzeugten spannung und störungen der wellenform der leistungsabgabe zur folge, wodurch bei der umwandlung von wechsel- in gleichstrom störgeräusche entstünden. 71in der japanischen offenlegungsschrift hei x werde vorgeschlagen, die magnetische flussleckrate durch die anordnung der nuten in einem verhältnis von zwei pro phase pro pol zu reduzieren, um auf diese weise die überlappungsdauer zu verkürzen. ein in dieser schrift beschriebener rotor mit zwölf magnetpolen sei von 72 nuten in einem statorkern mit jeweils einem elektrischen winkelabstand von 30 grad umgeben, die zwei dreiphasenwechselstromwicklungen aufnähmen. entsprechend der radialen position der wicklungsköpfe variiere auch die wärmeverteilung, wenn der von einem kühlgebläse erzeugte luftstrom von einer inneren zu einer äußeren umfangsseite des statorkerns ströme. die wärme könne daher von den wicklungsköpfen nicht effektiv abgeleitet werden, was stark ansteigende statortemperaturen und einen leistungsabfall zur folge habe. 72diesem problem sei im stand der technik durch die verwendung kurzer u-förmiger drahtsegmente für die statorwicklung begegnet worden. diese könnten so angeordnet werden, dass sie in umfangsrichtung und radial voneinander getrennt seien, so dass ein kurzschluss zwischen den wicklungsköpfen mit geringerer wahrscheinlichkeit auftrete und die wärmeabgabe erhöht werde. nachteilig sei jedoch der hohe aufwand durch das einsetzen einer vielzahl solcher drahtsegmente. 73hieraus und aus den angaben der beschreibung zur aufgabe ergibt sich, dass der erfindung die aufgabe (das technische problem) zugrunde liegt, mit möglichst geringem aufwand einen leistungsfähigen fahrzeugwechselstromgenerator bereitzustellen. 74dies geschieht gemäß patentanspruch 2 durch einen fahrzeugwechselstromgenerator, der aufweist: 751. einen auf einer welle (6) in einem gehäuse (3) drehbar gelagerten rotor (7); 762. ein kühlgebläse (5), das zumindest an einem axialen endabschnitt des rotors (7) angeordnet ist; 773. einen stator (8a) mit 783.1 einem in dem gehäuse (3) gelagerten und den rotor (7) umgebenden zylindrischen statorkern (15), 793.2 einer im statorkern (15) untergebrachten statorwicklung (16a); 804. einen gleichrichter (12) zum gleichrichten des von der statorwicklung (16a) erzeugten wechselstroms; 815 im statorkern (15) sind sich axial erstreckende in umfangsrichtung aufeinanderfolgende nuten (14) ausgebildet 82, 835.1. in einem verhältnis von zwei pro phase pro pol, 845.2. die in umfangsrichtung sich wiederholend als den phasen a, d, b, e, c und f zugeordnete nuten (14a, 14d, 14b, 14e, 14c, 14f) angeordnet sind; 856. die statorwicklung (16a) 866.1. weist a-, b-, c-, d-, e- und f-phasen-wicklungsabschnitte (stränge 40a, 40b, 40c, 40d, 40e, 40f) auf, 876.1.1. in denen jeweils ein mit einer elektrischer isolierung beschichteter wicklungsdraht (32) in wellenform eine der gleichen phase zugeordnete gruppe von nuten (14) durchläuft, sich von jeder nut (14) in zum statorkern (15) axialer richtung nach außen erstreckt, in umfangsrichtung verläuft und in eine darauf folgende, der gleichen phase zugeordnete nut (14) eintritt und 886.1.2. die so im statorkern (15) angeordnet sind, dass sie in radialer richtung in sechs lagen aufeinanderfolgen (“so as to line up in six iayers radially“); 896.2. besteht aus einer ersten und einer zweiten dreiphasenwechselstromwicklung (160a, 16gb), von denen 906.2.1 die erste dreiphasenwechselstromwicklung (160a) aus den strängen (40a, 40b, 40c) der phasen a, b und c besteht, von denen 916.2.1.1 einer eine von drei radial inneren lagen und 926.2.1.2 ein anderer eine der drei radial äußeren lagen bildet, und 936.2.2 die zweite dreiphasenwechselstromwicklung (160b) aus den strängen (40d, 40e, 40f) der phasen d, e und f besteht. 94ii. 95dies vorausgeschickt machen die angegriffenen ausführungsformen von der technischen lehre des klagepatents wortsinngemäß gebrauch. 96zurecht haben die beklagten dies in bezug auf die merkmale 1. bis 3.2., 5. – 6.1.1. sowie 6.2. – 6.2.2. nicht in frage gestellt, so dass es insoweit keiner weiteren ausführungen bedarf. darüber hinaus sind bei den angegriffenen ausführungsformen auch die übrigen merkmale verwirklicht. 971. 98entgegen der auffassung der beklagten führt es aus dem schutzbereich des klagepatents nicht heraus, dass bei den angegriffenen ausführungsformen zwei gleichrichter vorhanden sind. für eine verwirklichung der patentgemäßen lehre ist das vorhandensein genau eines gleichrichters nicht zwingend. 99die kammer vermag sich der auslegung des bundesgerichtshofes im nichtigkeitsverfahren, wonach eine gestaltung mit zwei gleichrichtern von der technischen lehre des klagepatents keinen gebrauch macht (vgl. anlage k 17, s. 16, rz. 31), nicht anzuschließen, denn diese auffassung unterschreitet den wortlaut des streitgegenständlichen patentanspruchs und findet darüber hinaus in der patentbeschreibung keine stütze. 100a) 101merkmal 4. verlangt nach seinem wortlaut, dass der fahrzeugwechselstromgenerator einen gleichrichter (12) zum gleichrichten des von der statorwicklung (16) erzeugten wechselstroms aufweist. 102dass es sich dabei nicht um genau einen gleichrichter handeln muss, verdeutlicht bereits die für die auslegung des klagepatents maßgebliche englische fassung, wo sich nicht das zahlwort „one“, sondern der unbestimmte artikel „a“ findet. nach dem natürlichen sprachgebrauch ist merkmal 4. demnach so zu verstehen, dass es sich um mindestens einen gleichrichter handeln muss, ohne dass dies einer ausdrücklichen hervorhebung im patentanspruch bedarf. 103patentanspruch 2 unterscheidet sich somit von patentanspruch 1 unter anderem dadurch, dass nach patentanspruch 1 erste und zweite und damit mindestens zwei gleichrichter vorhanden sein müssen („first and second rectifiers“), während patentanspruch 2 das vorhandensein eines gleichrichters ausreichen lässt. dies bedeutet aber nicht im umkehrschluss, dass nach patentanspruch 2 zwingend genau ein gleichrichter vorhanden sein muss. 104eine bestätigung dieser auslegung erhält der fachmann in der klagepatentbeschreibung. 105so werden dort ausschließlich ausführungsbeispiele beschrieben, bei denen zwei gleichrichter vorhanden sind. lediglich ergänzend stellt die klagepatentbeschreibung klar, dass unter umständen auch ein gleichrichter ausreichend sein kann (vgl. abschnitt [0112]). 106zudem geht das klagepatent von einem stand der technik aus, bei dem die dreiphasen-wechselstromwicklungen jeweils durch separate gleichrichter gleichgerichtet und daraufhin die gleichgerichteten ausgaben bzw. outputs kombiniert werden (vgl. abschnitt [0010]). anhaltspunkte dafür, dass sich das klagepatent davon lösen will, finden sich in der klagepatentschrift demgegenüber nicht. 107zwar kritisiert das klagepatent im hinblick auf die hei x, dass durch die kombination der wechselstromabgaben der ersten und zweiten wechselstromwicklungen nach der gleichrichtung durch zwei separate gleichrichter ein möglicher kurzschluss zwischen den ersten und zweiten wechselstromwicklungen zu einer geringen leistungserzeugung führen könne. jedoch soll die verminderte leistung nach der in abschnitt [0015] formulierten aufgabe dadurch verhindert werden, dass sechs wicklungsphasenabschnitte vorgesehen sind, die zwei dreiphasen-wechselstromwicklungen bilden, während das gleichgewicht der radialen positionen der wicklungsenden beachtet wird. ein hinweis darauf, dass auch die zahl der gleichrichter reduziert werden soll, findet sich demgegenüber nicht. 108dem vorbringen der beklagten in der mündlichen verhandlung, der fachmann verstehe patentanspruch 2 zwingend derart, dass „kombinierte wicklungen“ vorhanden sein müssten, so dass „nach außen“ lediglich drei phasen vorhanden seien, die lediglich an genau einen gleichrichter angeschlossen werden könnten, vermag die kammer bereits im ausgangspunkt nicht zu folgen. der durch die beklagte insoweit als ansatz ihrer betrachtungen gewählte widerspruch (2 nuten pro phase pro pol, 6 phasen-wicklungsabschnitte, 72 nuten) findet in patentanspruch 2 keine grundlage. dieser spricht zwar von „zwei nuten pro phase pro pol“, enthält aber keine dahingehende vorgabe, dass genau 72 nuten vorhanden sein müssten. auch wenn sich in der klagepatentschrift lediglich ausführungsbeispiele finden, bei denen 72 nuten vorhanden sind, bedeutet dies nicht, dass nicht auch gestaltungen mit 144 nuten anspruchsgemäß wären. 109im übrigen ist das vorbringen der beklagten zu „kombinierten wicklungen“, zu denen sich in der klagepatentschrift kein hinweis findet, auch vor dem hintergrund eines vergleichs der patentansprüche 1 und 2 nicht nachvollziehbar. denn auch patentanspruch 1, der ausdrücklich das vorhandensein von zwei gleichrichtern fordert, geht von 6 phasen-wicklungsabschnitten und einem verhältnis der nuten von zwei pro phase pro pol aus. unter zugrundelegung der ausführungen der beklagten zu patentanspruch 2 müsste der fachmann dann auch patentanspruch 1 so lesen, dass „kombinierte wicklungen“ und damit „nach außen“ lediglich drei phasen vorhanden sein müssten, die, wie die beklagten in bezug auf patentanspruch 2 vorgetragen haben, lediglich an einen gleichrichter angeschlossen werden können. 110die darüber hinaus durch die beklagten zur begründung ihrer auffassung herangezogene figur 17 der us 5,122,705 (k 6 im nichtigkeitsverfahren) zeigt demgegenüber nur, dass der anschluss von intern sechs phasen über extern drei phasen an einen gleichrichter möglich ist. daraus lässt sich jedoch nicht der umkehrschluss ziehen, auch das klagepatent setze das vorhandensein „kombinierter wicklungen“ an genau einem gleichrichter voraus. 111b) 112soweit der bundesgerichtshof in seiner entscheidung im nichtigkeitsverfahren eine andere auslegung vertreten hat, ist die kammer an diese auslegung nicht gebunden, sondern hat diese lediglich als sachkundige stellungnahme zu berücksichtigen. 113maßgebliche grundlage dafür, was durch ein europäisches patent geschützt ist, ist nach art. 69 epü der inhalt der patentansprüche. die frage, ob eine bestimmte anweisung zum gegenstand eines anspruchs gehört, entscheidet sich deshalb danach, ob sie in dem betreffenden patentanspruch ausdruck gefunden hat (bgh grur 2004, 1023 – bodenseitige vereinzelungseinrichtung; bgh grur 2007, 778, 779 – ziehmaschinenzugeinheit). 114dabei hat jedes mit der patentauslegung befasste gericht die bestimmung des sinngehalts eines patentanspruchs in beantwortung einer rechtsfrage eigenverantwortlich vorzunehmen (bgh grur 2009, 653 – straßenbaumaschine; bgh grur 2006, 131 – seitenspiegel; bgh grur 2007, 1059 – zerfallszeitmessgerät). 115an eine entscheidung im nichtigkeitsverfahren ist die kammer vor diesem hintergrund nur dann gebunden, wenn ein patent durch eine dortige entscheidung ohne die veröffentlichung einer neuen patentschrift eingeschränkt wurde. in einem solchen fall wird die patentbeschreibung durch die gründe der entscheidung ergänzt oder ersetzt (vgl. kraßer, patentrecht, 6. auflage, § 32 iii, s. 715; kühnen, handbuch der patentverletzung, 6. auflage, rz. 56). wird die nichtigkeitsklage im hinblick auf den streitgegenständlichen patentanspruch demgegenüber abgewiesen, stellen die ausführungen in der nichtigkeitsentscheidung lediglich eine (gewichtige) sachkundige äußerung dar, die vom verletzungsgericht zur kenntnis zu nehmen und bei seiner auslegung zu würdigen ist (bgh grur 1998, 895 – regenbecken; kühnen, a. a. o., rz. 55; kraßer, a. a. o.). 116dies gilt auch vor dem hintergrund der durch die beklagten zitierten entscheidung „crimpwerkzeug iii“ (bgh grur 2010, 858). zwar hat der bundesgerichtshof dort entschieden, dass dann, wenn das verletzungsgericht von einer vorangegangenen, im nichtigkeitsberufungsverfahren ergangenen entscheidung des bundesgerichtshofes abweichen will, zur sicherung der einheitlichkeit der auslegung des patents im verletzungs- und im nichtigkeitsverfahren ggf. die revision zuzulassen ist. damit hat der bundesgerichtshof jedoch keine bindungswirkung des verletzungsgerichts angenommen. vielmehr geht er selbst davon aus, dass das verletzungsgericht von der durch den bundesgerichtshof vertretenen auslegung abweichen darf, solange nur die revision zugelassen wird. 117auch wenn dies dazu führt, dass das verletzungsgericht in der zweiten instanz, will es die revision nicht zulassen, de facto an die entscheidung des bundesgerichtshofes gebunden ist (vgl. olg düsseldorf, grur-rr 2011, 2090 – walzgerüst), besteht eine derartige bindung in rechtlicher hinsicht nicht. dies gilt umso mehr dann, wenn der bundesgerichtshof – wie hier – seine auslegung des im verletzungsrechtsstreit relevanten merkmals nicht näher begründet hat. 1182. 119bei den angegriffenen ausführungsformen sind die a-, b-, c-, d-, e- und f-phasen-wicklungsabschnitte auch so im statorkern angeordnet, dass sie in radialer richtung in sechs lagen aufeinanderfolgen (merkmal 6.1.2.). 120a) 121wie der fachmann merkmal 6.1.1. entnimmt, durchläuft in den wicklungsabschnitten jeweils ein mit einer elektrischen isolierung beschichteter wicklungsdraht in wellenform eine der gleichen phasen zugeordnete gruppe von nuten. dabei erstreckt er sich von jeder nut in zum statorkern axialer richtung nach außen, verläuft in umfangsrichtung und tritt dann in eine darauf folgende, der gleichen phase zugeordnete nut. 122dem fachmann ist somit klar, dass die in der merkmalsgruppe 6 beschriebenen phasen-wicklungsabschnitte sowohl die bereiche umfassen, die sich in den nuten befinden, als auch diejenigen verbindungsstücke, welche die in den nuten angeordneten bereiche miteinander verbinden und die durch den bundesgerichtshof in seiner entscheidung mit „wicklungsköpfen“ bezeichnet werden. da die nuten zudem jeweils einer phase zugeordnet sein sollen (merkmal 6.1.1. a. e.), ist klar, dass sich in jeder nut lediglich phasen-wicklungsabschnitte einer phase befinden dürfen. 123merkmal 6.1.2. ordnet im hinblick auf die phasen-wicklungsabschnitte zusätzlich an, dass diese so im statorkern angeordnet sein sollen, dass sie in radialer richtung in sechs lagen aufeinanderfolgen („so as to line up in six layers radially“). 124entgegen der auffassung der beklagten bedeutet dies bereits nach der formulierung des patentanspruchs nicht, dass die anordnung in sechs lagen gerade im statorkern, das heißt im bereich der nuten, vorhanden sein muß. denn merkmal 6 verlangt nach seinem wortlaut nicht, dass die phasen-wicklungsabschnitte so im statorkern angeordnet sind, dass sie im bereich des statorkerns bzw. im bereich der nuten in sechs lagen aufeinanderfolgen. erforderlich, aber auch ausreichend ist es vielmehr, dass die phasen-wicklungsabschnitte im statorkern so angeordnet sind, dass sie – ohne beschränkung auf den statorkern und ohne die zwingende vorgabe, dass sich das merkmal auf die gesamten phasen-wicklungsabschnitte bezieht – in radialer richtung in sechs lagen aufeinanderfolgen. damit reicht es auch aus, wenn die phasen-wicklungsabschnitte jeweils in den ihnen zugeordneten nuten angeordnet sind und lediglich in den bereichen, die sich außerhalb der nuten befinden („wicklungsköpfe“), in lagen angeordnet sind. 125eine bestätigung dieser auslegung erhält der fachmann in der klagepatentgeschreibung. 126zwar weisen die beklagten zurecht darauf hin, dass das klagepatent begrifflich zwischen den „wicklungsenden“ und den „wicklungsabschnitten“ unterscheidet (vgl. abschnitte [0085], [0090], [0092] f., [0097] f.), wobei sich in abschnitt [0014] im zusammenhang mit der erläuterung des standes der technik der hinweis findet, dass die wicklungsenden durch wicklungsabschnitte und verbindungsabschnitte von freien endabschnitten der leitersegmente gebildet werden. 127jedoch definiert der für die reichweite des schutzbereichs maßgebliche patentanspruch die phasen-wicklungsabschnitte derart, dass diese neben den in den nuten laufenden bereichen auch die verbindungsabschnitte erfasst. dies steht im einklang mit abschnitt [0082], wo der a-phasen-wicklungsabschnitt beispielhaft derart beschrieben wird, dass er mit einer vorbestimmten zahl von windungen in einem wellenförmigen muster gewunden ist, das aus zwölf schlitzhäusigen abschnitten (41a) und aus verbindungsabschnitten (41b) aufgebaut ist. 128unter berücksichtigung der gebotenen funktionsorientierten auslegung ist dem fachmann damit klar, dass es klagepatentgemäß nicht entscheidend darauf ankommt, dass die bereiche der phasen-wicklungsabschnitte, die sich innerhalb der nuten befinden, in sechs lagen angeordnet sind. maßgeblich ist vielmehr im einklang mit der entscheidung des bundesgerichtshofes im nichtigkeitsverfahren, welche die kammer als sachverständige stellungnahme zu berücksichtigen hat, dass die bereiche, die sich außerhalb der nuten befinden, eine entsprechende anordnung aufweisen. denn es geht klagepatentgemäß gerade darum, die wicklungsenden durch die kühlströme gleichmäßig zu kühlen (vgl. abschnitt [0090]). 129b) 130davon ausgehend sind die a-, b-, c-, d-, e- und f-phasen-wicklungsabschnitte bei den angegriffenen ausführungsformen, wie von merkmal 6.1.2. gefordert, derart im statorkern angeordnet, dass sie in sechs lagen aufeinanderfolgen. 131dem steht zunächst, wie bereits ausgeführt, nicht entgegen, dass sich in den nuten jeweils nur wicklungsabschnitte einer phase befinden. es genügt für die verwirklichung der beanspruchten technischen lehre auch, wenn die teile der wicklungsabschnitte, die sich außerhalb der nuten befinden, in lagen angeordnet sind. 132dass dies bei den angegriffenen ausführungsformen der fall ist, zeigen sowohl die in dem schriftsatz der beklagten vom 24.01.2013 eingeblendeten, als auch die in der anlage b 21a enthaltenen abbildungen, von denen nachfolgend die figuren 17 und 21 der anlage b 21a verkleinert eingeblendet sind. 133 134 135unabhängig davon, ob die bei einzelnen drähten bestehende vermischung einzelner schichten erst durch das zertrennen des stators oder durch das stauchen der wicklungen entstanden oder auch unabhängig davon vorhanden ist, lassen beide abbildungen deutlich die einzelnen schichten der stränge erkennen. 136dass die schichten dabei nicht exakt ausgerichtet sind und sich vereinzelt überlappen, führt aus dem schutzbereich des klagepatents nicht heraus. 137unabhängig davon, ob sich eine exakte ausrichtung der windungen aufgrund der dicht gedrängten anordnung der windungen technisch überhaupt realisieren lässt, ist weder hinreichend vorgetragen, noch ersichtlich, dass eine exakte anordnung zwingend erforderlich ist, um das mit der in der merkmalsgruppe 6 beschriebenen schichtenfolge angestrebten ziel, einen leistungsfähigen, ausreichend gekühlten fahrzeuggenerator bereitzustellen, erforderlich ist. denn nach dem kern der erfindung geht es darum, die einzelnen schichten derart zueinander anzuordnen, dass die in der merkmalsgruppe 6.2. beschriebene durchmischung der stränge der beiden dreiphasenwechselstromwicklungen vorliegt. eine solche durchmischung der dreiphasenwechselstromwicklungen liegt jedoch auch dann vor, wenn die schichten an einzelnen punkten nicht exakt ausgerichtet sind. 138iii. 139da die angegriffenen ausführungsformen somit von der technischen lehre des klagepatents wortsinngemäß gebrauch machen, ohne dass die beklagten zur nutzung des klagepatents berechtigt wären, ergeben sich die folgenden rechtsfolgen: 1401. 141die beklagten machen durch das angebot und den vertrieb der angegriffenen ausführungsformen in deutschland widerrechtlich von der technischen lehre des klagepatents gebrauch, so dass sie gegenüber der klägerin zur unterlassung verpflichtet sind (art. 64 abs. 1 epü i. v. m. § 139 abs. 1 patg). 1422. 143des weiteren haben die beklagten der klägerin schadenersatz zu leisten (art. 64 abs. 1 epü i. v. m. § 139 abs. 2 patg), denn als fachunternehmen hätten sie die patentverletzung durch die angegriffenen ausführungsformen bei anwendung der im verkehr erforderlichen sorgfalt erkennen können, § 276 bgb. 144die genaue schadenshöhe steht derzeit noch nicht fest. da es jedoch ausreichend wahrscheinlich ist, dass der klägerin durch die rechtsverletzenden handlungen der beklagten ein schaden entstanden ist und dieser von der klägerin noch nicht beziffert werden kann, weil sie ohne eigenes verschulden in unkenntnis über den umfang der benutzungs- und verletzungshandlungen ist, ist ein rechtliches interesse der klägerin an einer feststellung der schadenersatzverpflichtung dem grunde nach anzuerkennen, § 256 zpo. 1453. 146damit die klägerin in die lage versetzt wird, den ihr zustehenden schadenersatzanspruch zu beziffern, sind die beklagten zur auskunftserteilung und rechnungslegung verpflichtet (§§ 242, 259 bgb). die klägerin ist auf die zuerkannten angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes verschulden nicht verfügt. darüber hinaus werden die beklagten durch die von ihnen verlangten auskünfte nicht unzumutbar belastet. die beklagten haben schließlich über herkunft und vertriebsweg der rechtsverletzenden erzeugnisse auskunft zu erteilen (art. 64 abs. 1 epü i. v. m. § 140b patg). soweit ihre nicht gewerblichen abnehmer und bloßen angebotsempfänger hiervon betroffen sind, ist den beklagten im hinblick auf ihre rechnungslegungspflicht in bezug auf ihre nicht gewerblichen abnehmer und angebotsempfänger ein wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen (vgl. oberlandesgericht düsseldorf, urteil vom 20.09.2001, az.: 2 u 91/00). 1474. 148darüber hinaus hat die klägerin gegen die beklagten einen anspruch auf rückruf der angegriffenen ausführungsformen aus den vertriebswegen aus § 140 a abs. 3 patg, soweit diese ab dem 30.04.2006 in der bundesrepublik deutschland in verkehr gebracht wurden. 149während sich dieser anspruch für die zeit ab umsetzung der enforcement-richtlinie am 01.09.2008 unmittelbar aus art. 64 abs. 1 epü i.v.m. § 140 a abs. 3 patg ergibt, steht der klägerin ein solcher anspruch für die zeit vor dem 01.09.2008 aus art. 64 abs. 1 epü i. v. m. §§ 139 abs. 1 patg, 1004 abs. 1 s. 1 bgb analog i. v. m. art. 10 abs. 1 der enforcement-richtlinie zu, wobei der anspruch auf die zeit nach ablauf der umsetzungsfrist der enforcement-richtlinie beschränkt ist. nach art. 10 der enforcement-richtlinie, welche bis zum 29.04.2006 in nationales recht hätte umgesetzt werden müssen, sollen die mitgliedstaaten in ihren nationalen rechtsordnungen vorsehen, dass dem verletzten eine möglichkeit gegeben wird, den rückruf der patentverletzenden ware aus den vertriebswegen zu erreichen. diese rechtsfolge lässt sich im wege richtlinienkonformer auslegung aus § 1004 abs. 1 satz 1 bgb analog herleiten, denn diese vorschrift berechtigt den verletzten dazu, die „beseitigung“ der beeinträchtigung zu verlangen (vgl. dazu auch hoge raad, grur-int. 2008, 955, 958 – de endstra-tapes). darunter lässt sich der rückruf patentverletzender ware subsumieren. entsprechend sieht art. 64 abs. 1 epü i. v. m. § 140 a abs. 3 patg in umsetzung der enforcement-richtlinie einen anspruch auf rückruf und entfernung patentverletzender erzeugnisse aus den vertriebswegen vor. es bestehen keine anhaltspunkte für eine unverhältnismäßigkeit des rückrufs im sinne von art. 64 abs. 1 epü i. v. m. § 140 a abs. 4 patg. 1505. 151schließlich kann die klägerin von den in der bundesrepublik deutschland ansässigen beklagten zu 2) und 3) auch die vernichtung der in ihrem besitz oder eigentum befindlichen erzeugnisse, die gegenstand des klagepatents sind, aus art. 64 abs. 1 epü i. v. m. § 140a abs. 1 s. 1 patg verlangen. 152iv. 153die kostenentscheidung beruht auf §§ 92 abs. 2 nr. 1, 269 abs. 3 s. 2 alt. 2 zpo. 154die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709 s. 1; 108 zpo. 155der streitwert wird auf 1.000.000,- eur festgesetzt. davon entfallen 200.000,- eur auf die beantragte feststellung der gesamtschuldnerischen pflicht zur schadenersatzleistung. die aufteilung ist notwendig, weil nach der rechtsprechung des bundesgerichtshofes (grur-rr 2008, 460, 461) bei den hier streitgegenständlichen ansprüchen nur der gesamtschuldnerisch gegen die beklagten geltend gemachte anspruch auf schadensersatz gebührenrechtlich eine angelegenheit darstellt, für die eine erhöhungsgebühr in betracht kommt. |
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} | S 8 SO 379/11 | 2013-08-13T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 04.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2011 verurteilt, der Klägerin eine Beihilfe zu den Bestattungskosten für die Bestattung ihres Ehemannes W H in Höhe von 1506,12 Euro zzgl. Zinsen in gesetzlicher Höhe ab Rechtshängigkeit zu gewähren. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin. 1Tatbestand: 2Die Klägerin begehrt im vorliegenden Verfahren die Übernahme der für die Beerdigung ihres am 00.00.2011 verstorbenen Ehemannes W H angefallenen Bestattungskosten. 3Die am 00.00.1953 geborene Klägerin und ihr Ehemann W H bezogen ergänzende Leistungen nach dem SGB II beim Jobcenter Gütersloh in Höhe von 217,33 EUR monatlich. Weiter verfügten die Eheleute über der Klägerin gewährte Leistungen nach dem SGB III in Höhe von 536,10 EUR monatlich sowie eine volle Erwerbsminderungsrente des Herrn W H in Höhe von 66,43 EUR monatlich. Am 00.00.2011 verstarb der Herr W H in C. Die Beerdigung fand am 00.00.2011 auf dem russisch-orthodoxen Friedhof in C1-U statt; die Gesamtkosten beliefen sich auf 4.809,76 EUR. 4Am 04.07.2011 beantragte die Klägerin die Übernahme der Bestattungskosten im Rahmen der Hilfen in besonderen Lebenslagen gemäß § 74 SGB XII bei der Beklagten. Im Antrag gab sie an, Halterin eines Kfz U1 D mit dem amtlichen Kennzeichen H1U2 – KP 000 und Erstzulassung am 00.00.2006 zu sein. Das Kfz habe sie von dem Verstorbenen übernommen. Über weitere Vermögenswerte verfüge sie nicht. 5Mit Bescheid vom 04.08.2011 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Beihilfe zu den Bestattungskosten ab. Die erforderlichen Kosten beliefen sich auf 3.463,24 EUR. Zur Deckung der Bestattungskosten sei vorrangig der Nachlass des Verstorbenen einzusetzen. Hier sei die Hälfte des Guthabens auf dem Girokonto von 902,01 EUR, mithin 451 EUR, sowie der PKW mit einem Wert von 5.515 EUR mit geringwertigster Ausstattungsvariante über DAT Schwacke ermittelt, zu berücksichtigen. Der Nachlass belaufe sich damit auf 5.966 EUR und decke die Bestattungskosten vollständig. 6Hiergegen legte die Klägerin am 11.08.2011 Widerspruch ein. Soweit die Beklagte für den PKW einen Wert von 5.515 EUR ermittele, gehe dies über den tatsächlichen Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges erheblich hinaus. Tatsächlich sei das Fahrzeug zu dem ermittelten Preis nicht zu veräußern. Das Fahrzeug gehöre zudem gemäß § 1932 BGB zum Voraus des Ehegatten. Der PKW sei damit im einzusetzenden Nachlass nicht zu berücksichtigen. 7Mit Widerspruchsbescheid vom 12.12.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zunächst seien die für die Bestattung angefallenen Kosten lediglich in Höhe von 3.464,05 EUR als erforderliche ortsübliche Kosten anzuerkennen, wobei insbesondere die Kosten der Überführung zum russisch-orthodoxen Friedhof nach C1-U nicht berücksichtigt werden könnten. Eine russisch-orthodoxe Bestattung sei auch in C üblich und möglich. Weiter sei zu berücksichtigen, dass neben der Klägerin auch die beiden Kinder der Eheleute Erben geworden seien, sodass die Klägerin lediglich zur Hälfte Erbin geworden sei und daher auch nur zur Hälfte zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet sei. Die Übernahme von Bestattungskosten komme allerdings nur in Betracht, wenn alle vorrangigen Selbsthilfemöglichkeiten ausgeschöpft seien. Hieraus folge, dass Mittel, die der Verpflichtete aus Anlass des Todesfalles erlangt habe, in voller Höhe eingesetzt werden müssten. Hierzu zähle auch der Nachlass des Verstorbenen. Die Klägerin habe aus dem Nachlass über das gemeinsame Girokonto mit einem Guthaben in Höhe von 902,01 EUR sowie den PKW im Wert von 5.515 EUR verfügt, sodass der Nachlass ausreichend zur Kostendeckung gewesen sei. Entsprechende andere Belege zum Wert des Fahrzeuges habe sie nicht vorgelegt. Soweit die Klägerin geltend mache, dass der PKW zum Voraus des Ehegatten gemäß § 1932 BGB gehöre, führe dies ebenfalls zu keiner anderen Beurteilung. Der Voraus sei als Nachlassverbindlichkeit gemäß § 1967 BGB jedenfalls dann nicht nach § 2046 BGB vorab zu befriedigen, wenn der Nachlass- wie im vorliegenden Fall - nicht ausreiche. Dann seien zunächst die Bestattungskosten zu begleichen. 8Hiergegen hat die Klägerin am 23.12.2011 Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus: Der PKW habe zum Voraus des Ehegatten gemäß § 1932 BGB gehört. Er diene dem Zweck, die Weiterführung des bisherigen Lebenszuschnittes mithilfe der vertrauten Gegenstände zu ermöglichen. Entscheidend sei, ob der PKW zuvor gemeinschaftlich genutzt worden sei zum Zwecke der privaten Haushalts- und Lebensführung. Dies sei hier der Fall. Es handele sich um das einzige Fahrzeug der Familie, das für die Zwecke der Familie verwendet worden sei und daher als Haushaltsgegenstand anzusehen sei. Die Klägerin benötige den PKW zur angemessenen Lebensführung. Sie versuche, eine Beschäftigung zu finden. Bis zum 01.05.2011 sei sie in einer Fleischerei in der Verpackungsabteilung beschäftigt gewesen. Sie habe einen Grad der Behinderung von 50. Die Erwägungen der Beklagten betreffend § 2046 BGB seien nicht einschlägig; sie liefen dem gesetzlichen Leitbild des § 1932 BGB zuwider. 9Die Klägerin beantragt, 10die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 04.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2011 zu verurteilen, ihr eine Behilfe zu den Bestattungskosten für die Bestattung ihres Ehemannes W H in Höhe von 1506,12 Euro zzgl. Zinsen in gesetzlicher Höhe ab Rechtshängigkeit zu gewähren. 11Die Beklagte beantragt, 12die Klage abzuweisen. 13Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihre Ausführungen im Bescheid und Widerspruchsbescheid. 14Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen. 15Entscheidungsgründe: 16Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin ist durch den Bescheid des Beklagten vom 04.08.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2011 beschwert gemäß § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, weil der Bescheid rechtswidrig ist. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung von Bestattungskosten für die Beerdigung ihres am 12.06.2011 verstorbenen Ehemannes W H in Höhe von 1.506,12 EUR. 17Gemäß § 74 SGB XII werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen. 18Die Klägerin ist gemäß § 1968 BGB zur Tragung der Bestattungskosten verpflichtet, da sie gemäß §§ 1922, 1931 Abs. 1, 1371 Abs. 1 BGB zur Hälfte neben den gemeinsamen Kindern Erbin ihres verstorbenen Ehemannes W H geworden ist. 19Die Tragung der Bestattungskosten in Höhe des Betrages von 1.506,12 EUR ist der Klägerin auch nicht zumutbar. Insbesondere hat sie hierfür nicht den von dem Verstorbenen ererbten PKW U1 D mit einem Wert von 5.515 EUR einzusetzen. Bei der Prüfung der Frage, ob dem Verpflichteten die Kostentragung zugemutet werden kann, sind neben den wirtschaftlichen Verhältnissen des Verpflichteten auch gewisse subjektive Momente mit zu berücksichtigen (Schellhorn in Schellhorn / Schellhorn / Hohm, SGB XII, 18. Aufl., § 74 Rn. 10). Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass aus dem in § 2 SGB XII normierten Nachrang der Sozialhilfe folgt, dass vorhandener Nachlass sowie Leistungen, die aus Anlass des Todes erbracht werden, regelmäßig zur Bestreitung des Bestattungsaufwandes heranzuziehen sind (vgl. hierzu Schellhorn, a.a.O., § 74 Rn. 11). Die Kammer hält allerdings den Einsatz des vorhandenen Nachlasses insoweit für unzumutbar, als es sich um wesentliche, essentielle Haushaltsgegenstände handelt, die zu einer geordneten Lebensführung des überlebenden Ehegatten jedenfalls in bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen weiterhin erforderlich sind. 20Ob ein Gegenstand hierbei als wesentlicher Haushaltsgegenstand berücksichtigungsfrei bleiben soll, ist nach den gesamten Umständen des Einzelfalls unter Abwägung der Interessen des Einzelnen mit dem Nachrang der Sozialhilfe zu bestimmen. Hierbei können Faktoren wie eine noch ausgeübte Erwerbstätigkeit oder gesundheitliche Verhältnisse eine Rolle spielen. Je nach den Umständen des Einzelfalls kann dabei zu den wesentlichen Haushaltsgegenständen auch ein Familien-PKW gehören, soweit es sich um ein angemessenes Kfz und nicht um ein Luxus-Fahrzeug handelt und es nach dem Lebenszuschnitt des überlebenden Ehegatten unverzichtbar erscheint. 21Hiervon ausgehend erscheint es der Kammer im vorliegenden Einzelfall der Klägerin nicht zumutbar, den PKW U1 D zur Begleichung der Bestattungskosten einzusetzen. Die Klägerin selber hat noch nicht die Altersgrenze des § 7 a SGB II überschritten und ist im Rahmen des SGB II noch zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verpflichtet, wozu ein PKW regelmäßig benötigt wird. Bis zum 01.05.2011 war die Klägerin auch tatsächlich noch erwerbstätig. Es handelt sich auch bei dem PKW mit einem Wert von 5.515 EUR um ein angemessenes Kfz, wobei die Kammer sich an dem Wert von 7.500 EUR eines im SGB II gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 2 anrechnungsfreien PKW orientiert hat. Die Kammer hat dabei berücksichtigt, dass im Rahmen des Einsatzes des Nachlasses für die Bestattungskosten die Vermögensfreibeträge des SGB II und XII dem Verpflichteten regelmäßig nicht zugute kommen, hält es aber für die Zumutbarkeitsprüfung gemäß § 74 SGB XII für sachgerecht, auf diesen Wert zurückzugreifen. 22Dass die Klägerin über weiteres Einkommen und Vermögen verfügen würde, dass sie vorrangig zur Begleichung der Bestattungskosten einsetzen musste, ist nicht ersichtlich. Im Antrag hat die Klägerin angegeben, über weitere Vermögenswerte nicht zu verfügen. Die Klägerin und ihr Ehemann bezogen auch ergänzend Leistungen nach dem SGB II und verfügten mit den von der Klägerin bezogenen SGB III-Leistungen und der Erwerbsminderungsrente des Ehemannes nicht über bedarfsdeckendes Einkommen. 23Ist der Klägerin die Tragung der Bestattungskosten gemäß § 74 SGB XII nicht zuzumuten, besteht ein Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Bestattungskosten. Zu übernehmen sind die Kosten für ein ortsübliches, angemessenes Begräbnis. Nicht als angemessen und ortsüblich sind dabei die Kosten für die Überführung zum russisch-orthodoxen Friedhof in C1 anzusehen, da eine russisch-orthodoxe Bestattung auch auf dem T-Friedhof in C hätte erfolgen können. Als angemessen anzuerkennen war insgesamt der Betrag von 3.463,24 EUR, wovon - was zwischen der Beteiligten unstreitig ist - der Nachlass in Geld in Höhe von 451 EUR in Abzug zu bringen ist, sodass ein Betrag von 3.012,24 EUR verbleibt. Da die Klägerin zur Hälfte Erbin ihres verstorbenen Ehemannes geworden ist, hat sie die Hälfte der Bestattungskosten zu tragen, sodass 1.506,12 EUR auf sie entfallen. Dieser Betrag entspricht dem von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung noch beantragten Betrag. 24Der Zinsanspruch folgt § 44 Abs. 1 SGB I. 25Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG. | die beklagte wird unter abänderung des bescheides vom 04.08.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.12.2011 verurteilt, der klägerin eine beihilfe zu den bestattungskosten für die bestattung ihres ehemannes w h in höhe von 1506,12 euro zzgl. zinsen in gesetzlicher höhe ab rechtshängigkeit zu gewähren. die beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen kosten der klägerin. 1 | 2die klägerin begehrt im vorliegenden verfahren die übernahme der für die beerdigung ihres am 00.00.2011 verstorbenen ehemannes w h angefallenen bestattungskosten. 3die am 00.00.1953 geborene klägerin und ihr ehemann w h bezogen ergänzende leistungen nach dem sgb ii beim jobcenter gütersloh in höhe von 217,33 eur monatlich. weiter verfügten die eheleute über der klägerin gewährte leistungen nach dem sgb iii in höhe von 536,10 eur monatlich sowie eine volle erwerbsminderungsrente des herrn w h in höhe von 66,43 eur monatlich. am 00.00.2011 verstarb der herr w h in c. die beerdigung fand am 00.00.2011 auf dem russisch-orthodoxen friedhof in c1-u statt; die gesamtkosten beliefen sich auf 4.809,76 eur. 4am 04.07.2011 beantragte die klägerin die übernahme der bestattungskosten im rahmen der hilfen in besonderen lebenslagen gemäß § 74 sgb xii bei der beklagten. im antrag gab sie an, halterin eines kfz u1 d mit dem amtlichen kennzeichen h1u2 – kp 000 und erstzulassung am 00.00.2006 zu sein. das kfz habe sie von dem verstorbenen übernommen. über weitere vermögenswerte verfüge sie nicht. 5mit bescheid vom 04.08.2011 lehnte die beklagte die gewährung einer beihilfe zu den bestattungskosten ab. die erforderlichen kosten beliefen sich auf 3.463,24 eur. zur deckung der bestattungskosten sei vorrangig der nachlass des verstorbenen einzusetzen. hier sei die hälfte des guthabens auf dem girokonto von 902,01 eur, mithin 451 eur, sowie der pkw mit einem wert von 5.515 eur mit geringwertigster ausstattungsvariante über dat schwacke ermittelt, zu berücksichtigen. der nachlass belaufe sich damit auf 5.966 eur und decke die bestattungskosten vollständig. 6hiergegen legte die klägerin am 11.08.2011 widerspruch ein. soweit die beklagte für den pkw einen wert von 5.515 eur ermittele, gehe dies über den tatsächlichen wiederbeschaffungswert des fahrzeuges erheblich hinaus. tatsächlich sei das fahrzeug zu dem ermittelten preis nicht zu veräußern. das fahrzeug gehöre zudem gemäß § 1932 bgb zum voraus des ehegatten. der pkw sei damit im einzusetzenden nachlass nicht zu berücksichtigen. 7mit widerspruchsbescheid vom 12.12.2011 wies die beklagte den widerspruch als unbegründet zurück. zunächst seien die für die bestattung angefallenen kosten lediglich in höhe von 3.464,05 eur als erforderliche ortsübliche kosten anzuerkennen, wobei insbesondere die kosten der überführung zum russisch-orthodoxen friedhof nach c1-u nicht berücksichtigt werden könnten. eine russisch-orthodoxe bestattung sei auch in c üblich und möglich. weiter sei zu berücksichtigen, dass neben der klägerin auch die beiden kinder der eheleute erben geworden seien, sodass die klägerin lediglich zur hälfte erbin geworden sei und daher auch nur zur hälfte zur tragung der bestattungskosten verpflichtet sei. die übernahme von bestattungskosten komme allerdings nur in betracht, wenn alle vorrangigen selbsthilfemöglichkeiten ausgeschöpft seien. hieraus folge, dass mittel, die der verpflichtete aus anlass des todesfalles erlangt habe, in voller höhe eingesetzt werden müssten. hierzu zähle auch der nachlass des verstorbenen. die klägerin habe aus dem nachlass über das gemeinsame girokonto mit einem guthaben in höhe von 902,01 eur sowie den pkw im wert von 5.515 eur verfügt, sodass der nachlass ausreichend zur kostendeckung gewesen sei. entsprechende andere belege zum wert des fahrzeuges habe sie nicht vorgelegt. soweit die klägerin geltend mache, dass der pkw zum voraus des ehegatten gemäß § 1932 bgb gehöre, führe dies ebenfalls zu keiner anderen beurteilung. der voraus sei als nachlassverbindlichkeit gemäß § 1967 bgb jedenfalls dann nicht nach § 2046 bgb vorab zu befriedigen, wenn der nachlass- wie im vorliegenden fall - nicht ausreiche. dann seien zunächst die bestattungskosten zu begleichen. 8hiergegen hat die klägerin am 23.12.2011 klage erhoben. zur begründung führt sie aus: der pkw habe zum voraus des ehegatten gemäß § 1932 bgb gehört. er diene dem zweck, die weiterführung des bisherigen lebenszuschnittes mithilfe der vertrauten gegenstände zu ermöglichen. entscheidend sei, ob der pkw zuvor gemeinschaftlich genutzt worden sei zum zwecke der privaten haushalts- und lebensführung. dies sei hier der fall. es handele sich um das einzige fahrzeug der familie, das für die zwecke der familie verwendet worden sei und daher als haushaltsgegenstand anzusehen sei. die klägerin benötige den pkw zur angemessenen lebensführung. sie versuche, eine beschäftigung zu finden. bis zum 01.05.2011 sei sie in einer fleischerei in der verpackungsabteilung beschäftigt gewesen. sie habe einen grad der behinderung von 50. die erwägungen der beklagten betreffend § 2046 bgb seien nicht einschlägig; sie liefen dem gesetzlichen leitbild des § 1932 bgb zuwider. 9die klägerin beantragt, 10die beklagte unter abänderung des bescheides vom 04.08.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.12.2011 zu verurteilen, ihr eine behilfe zu den bestattungskosten für die bestattung ihres ehemannes w h in höhe von 1506,12 euro zzgl. zinsen in gesetzlicher höhe ab rechtshängigkeit zu gewähren. 11die beklagte beantragt, 12die klage abzuweisen. 13zur begründung nimmt sie bezug auf ihre ausführungen im bescheid und widerspruchsbescheid. 14wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsakte der beklagten, die gegenstand der mündlichen verhandlung gewesen sind, bezug genommen. 15 | 16die zulässige klage ist begründet. die klägerin ist durch den bescheid des beklagten vom 04.08.2011 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.12.2011 beschwert gemäß § 54 abs. 2 s. 1 sgg, weil der bescheid rechtswidrig ist. die klägerin hat gegen die beklagte einen anspruch auf gewährung von bestattungskosten für die beerdigung ihres am 12.06.2011 verstorbenen ehemannes w h in höhe von 1.506,12 eur. 17gemäß § 74 sgb xii werden die erforderlichen kosten einer bestattung übernommen, soweit den hierzu verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die kosten zu tragen. 18die klägerin ist gemäß § 1968 bgb zur tragung der bestattungskosten verpflichtet, da sie gemäß §§ 1922, 1931 abs. 1, 1371 abs. 1 bgb zur hälfte neben den gemeinsamen kindern erbin ihres verstorbenen ehemannes w h geworden ist. 19die tragung der bestattungskosten in höhe des betrages von 1.506,12 eur ist der klägerin auch nicht zumutbar. insbesondere hat sie hierfür nicht den von dem verstorbenen ererbten pkw u1 d mit einem wert von 5.515 eur einzusetzen. bei der prüfung der frage, ob dem verpflichteten die kostentragung zugemutet werden kann, sind neben den wirtschaftlichen verhältnissen des verpflichteten auch gewisse subjektive momente mit zu berücksichtigen (schellhorn in schellhorn / schellhorn / hohm, sgb xii, 18. aufl., § 74 rn. 10). hierbei verkennt die kammer nicht, dass aus dem in § 2 sgb xii normierten nachrang der sozialhilfe folgt, dass vorhandener nachlass sowie leistungen, die aus anlass des todes erbracht werden, regelmäßig zur bestreitung des bestattungsaufwandes heranzuziehen sind (vgl. hierzu schellhorn, a.a.o., § 74 rn. 11). die kammer hält allerdings den einsatz des vorhandenen nachlasses insoweit für unzumutbar, als es sich um wesentliche, essentielle haushaltsgegenstände handelt, die zu einer geordneten lebensführung des überlebenden ehegatten jedenfalls in bescheidenen wirtschaftlichen verhältnissen weiterhin erforderlich sind. 20ob ein gegenstand hierbei als wesentlicher haushaltsgegenstand berücksichtigungsfrei bleiben soll, ist nach den gesamten umständen des einzelfalls unter abwägung der interessen des einzelnen mit dem nachrang der sozialhilfe zu bestimmen. hierbei können faktoren wie eine noch ausgeübte erwerbstätigkeit oder gesundheitliche verhältnisse eine rolle spielen. je nach den umständen des einzelfalls kann dabei zu den wesentlichen haushaltsgegenständen auch ein familien-pkw gehören, soweit es sich um ein angemessenes kfz und nicht um ein luxus-fahrzeug handelt und es nach dem lebenszuschnitt des überlebenden ehegatten unverzichtbar erscheint. 21hiervon ausgehend erscheint es der kammer im vorliegenden einzelfall der klägerin nicht zumutbar, den pkw u1 d zur begleichung der bestattungskosten einzusetzen. die klägerin selber hat noch nicht die altersgrenze des § 7 a sgb ii überschritten und ist im rahmen des sgb ii noch zur aufnahme einer erwerbstätigkeit verpflichtet, wozu ein pkw regelmäßig benötigt wird. bis zum 01.05.2011 war die klägerin auch tatsächlich noch erwerbstätig. es handelt sich auch bei dem pkw mit einem wert von 5.515 eur um ein angemessenes kfz, wobei die kammer sich an dem wert von 7.500 eur eines im sgb ii gemäß § 12 abs. 2 nr. 2 anrechnungsfreien pkw orientiert hat. die kammer hat dabei berücksichtigt, dass im rahmen des einsatzes des nachlasses für die bestattungskosten die vermögensfreibeträge des sgb ii und xii dem verpflichteten regelmäßig nicht zugute kommen, hält es aber für die zumutbarkeitsprüfung gemäß § 74 sgb xii für sachgerecht, auf diesen wert zurückzugreifen. 22dass die klägerin über weiteres einkommen und vermögen verfügen würde, dass sie vorrangig zur begleichung der bestattungskosten einsetzen musste, ist nicht ersichtlich. im antrag hat die klägerin angegeben, über weitere vermögenswerte nicht zu verfügen. die klägerin und ihr ehemann bezogen auch ergänzend leistungen nach dem sgb ii und verfügten mit den von der klägerin bezogenen sgb iii-leistungen und der erwerbsminderungsrente des ehemannes nicht über bedarfsdeckendes einkommen. 23ist der klägerin die tragung der bestattungskosten gemäß § 74 sgb xii nicht zuzumuten, besteht ein anspruch auf übernahme der erforderlichen bestattungskosten. zu übernehmen sind die kosten für ein ortsübliches, angemessenes begräbnis. nicht als angemessen und ortsüblich sind dabei die kosten für die überführung zum russisch-orthodoxen friedhof in c1 anzusehen, da eine russisch-orthodoxe bestattung auch auf dem t-friedhof in c hätte erfolgen können. als angemessen anzuerkennen war insgesamt der betrag von 3.463,24 eur, wovon - was zwischen der beteiligten unstreitig ist - der nachlass in geld in höhe von 451 eur in abzug zu bringen ist, sodass ein betrag von 3.012,24 eur verbleibt. da die klägerin zur hälfte erbin ihres verstorbenen ehemannes geworden ist, hat sie die hälfte der bestattungskosten zu tragen, sodass 1.506,12 eur auf sie entfallen. dieser betrag entspricht dem von der klägerin in der mündlichen verhandlung noch beantragten betrag. 24der zinsanspruch folgt § 44 abs. 1 sgb i. 25die kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 sgg. |
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} | 202 C 38/13 | 2013-08-12T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.497,40 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.05.2013 sowie 161,05 € Inkassokosten und 1,30 € Auskunftskosten zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand: 2Die Klägerin ist Betreiberin des Mobilfunknetzes …. Sie schloss mit dem Beklagten vier Mobilfunkverträge mit einer Mindestlaufzeit von 24 Monaten. Der Vertrag zur Rufnummer … wurde am 21.04.2010, der Vertrag zur Rufnummer … am 08.06.2011 geschlossen. Der Vertrag zur Rufnummer … wurde am 21.04.2010 geschlossen und am 21.01.2011 um 24 Monate von diesem Zeitpunkt an verlängert. Der Vertrag zur Rufnummer … wurde am 05.12.2005 geschlossen. Dieser Vertrag verlängerte sich mangels Kündigung zunächst um jeweils ein Jahr, am 08.06.2011 wurde der Vertrag um 24 Monate von diesem Zeitpunkt an verlängert. 3Ab August 2011 geriet der Beklagte mit seinen Zahlungsverpflichtungen in Rückstand. Die Rechnung vom 18.08.2011 in Höhe von 242,22 €, zahlbar bis zum 26.08.2011, zahlte der Beklagte am 02.09.2011. Die Rechnung vom 20.09.2011 in Höhe von 271,14 €, zahlbar bis zum 28.09.2011, zahlte der Beklagte am 05.12.2011. Die Rechnung vom 27.09.2011 in Höhe von 57,52 €, zahlte der Beklagte ebenfalls am 05.12.2011. Die erste streitgegenständliche Rechnung vom 26.10.2011 in Höhe von 612,03 €, zahlbar bis zum 04.11.2011, zahlte der Beklagte anteilig am 05.12.2011 und 04.01.2012 in Höhe von insgesamt 131,34 €. In der Folgezeit leistete der Beklagte keine Zahlungen mehr. Die Klägerin erteilte weitere Rechnungen vom 25.11.2011, 28.12.2011, 25.01.2012 und 27.02.2012 über jeweils 255,93 € und eine Rechnung vom 27.03.2012 über 2.321,65 €. Im Rechnungsbetrag der letzten Rechnung sind Schadensersatzforderungen wegen der vorzeitigen Vertragsbeendigung für alle vier Mobilfunkverträge enthalten. Den Schadensersatz berechnete die Klägerin, indem sie den monatlichen Basisbetrag abzüglich einer Gutschrift für ersparte Druck- und Portokosten in Höhe von 1,00 € mit der vertraglichen Restlaufzeit multiplizierte. Das Ergebnis wurde mit einem Guthabenzinssatz von 3 % abgezinst. 4Am 31.10.2011 sperrte die Klägerin den Netzzugang für den Beklagten vorläufig, am 20.03.2012 endgültig. 5Mit anwaltlichem Schreiben vom 10.06.2012 kündigte der Beklagte die Verträge fristlos, hilfsweise fristgemäß zum nächstmöglichen Zeitpunkt. 6Die Klägerin behauptet, sie habe die Mobilfunkverträge am 16.01.2012 fristlos, jedoch aufschiebend bedingt für den Fall der Nichtausgleichung der offenen Forderungen, und am 20.03.2012 fristlos mit sofortiger Wirkung gekündigt. 7Sie ist der Ansicht, sie sei aufgrund des Zahlungsverzugs des Beklagten berechtigt gewesen, ein Zurückbehaltungsrecht geltend zu machen. 8Sie ist weiterhin der Ansicht, sie habe die ersparten Aufwendungen im Rahmen des Schadensersatzes richtig berechnet. Die für die Bereitstellung von Mobilfunkleistungen entstehenden Kosten fielen unabhängig davon an, ob ein einzelner Kunde das Mobilfunknetz der Klägerin nutze oder nicht. 9Die Klägerin beantragte ursprünglich, 10den Beklagten zu verurteilen, an sie 3.497,40 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 06.05.2012 sowie außergerichtliche Mahnkosten in Höhe von 10,00 €, 345,50 € Inkassokosten, 7,00 € Kontoführungsgebühren und 1,30 € Auskunftskosten zu zahlen. 11Mit Schriftsatz vom 03.05.2013 hat sie die Klage hinsichtlich der Mahnkosten, Kontoführungsgebühren und teilweise hinsichtlich der Inkassokosten in Höhe von insgesamt 201,45 € zurückgenommen. 12Der Beklagte beantragt, 13die Klage abzuweisen. 14Der Beklagte bestreitet den Zugang der klägerischen Kündigungsschreiben. 15Er ist der Ansicht, die Sperrung des Anschlusses hindere den Eintritt der Fälligkeit der weiteren Grundgebühren aufgrund der Vorleistungspflicht des Dienstleistungsverpflichteten. Auch für einen vertragstreuen Kunden entfalle die Vergütungspflicht, wenn der Telekommunikationsanbieter keine Leistungen erbringe. Der Klägerin ein Zurückbehaltungsrecht zuzubilligen widerspreche zudem § 254 BGB, da diese dann keine Veranlassung mehr für eine fristlose Kündigung von Verträgen habe, bei denen der Kunde sich in Zahlungsverzug befindet. 16Er ist außerdem der Ansicht, ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wegen vorzeitiger Vertragsbeendigung sei im Hinblick auf ersparte Aufwendungen nicht schlüssig dargelegt. Bei Pauschaltarifen, bei denen der Kunde Leistungen unbegrenzt in Anspruch nehmen könne, stehe der Anbieter erheblich besser da, wenn er dem Kunden keine Leistungen mehr bereitstellten müsse. 17Entscheidungsgründe: 18Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. 19Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Erfüllungsanspruch auf Zahlung von 3.497,40 € aus § 611 I i.V.m. den Mobilfunkverträgen. 20Unstreitig haben die Parteien die streitgegenständlichen Verträge geschlossen. Die Verträge sind auch nicht durch fristlose Kündigung vorzeitig beendet worden. Die Klägerin hat keinen Beweis dafür angeboten, dass die von ihr ausgesprochene fristlose Kündigung dem Beklagten zugegangen ist. Das Kündigungsschreiben des Beklagten ist der Klägerin zwar unstreitig zugegangen, der für eine fristlose Kündigung erforderliche wichtige Grund liegt jedoch nicht vor. Ein solcher wichtiger Grund liegt insbesondere nicht darin, dass die Klägerin ein Inkassounternehmen mit der Beitreibung ihrer Forderungen beauftragt hat. Denn die Klägerin hat dadurch lediglich ihre berechtigten Zahlungsansprüche gegen den Beklagten geltend gemacht. 21Gemäß § 611 I BGB i.V.m. den vertraglichen Regelungen war der Beklagte zur monatlichen Bezahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet. Diese Verpflichtung ist auch nicht dadurch entfallen, dass die Klägerin den Zugang des Beklagten zum Mobilfunknetz zum 31.10.2011 gesperrt hat. Denn sie hat dadurch nur von ihrem Zurückbehaltungsrecht gemäß § 320 BGB Gebrauch gemacht. 22Gemäß § 320 I BGB darf derjenige, der aus einem gegenseitigen Vertrag verpflichtet ist, die ihm obliegende Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern. Die Anwendung dieser Norm ist vorliegend auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die Klägerin im Rahmen des bestehenden Dienstvertrages gemäß § 614 BGB zur Vorleistung verpflichtet ist. Dies beruht darauf, dass es sich bei einem Mobilfunkvertrag um ein Dauerschuldverhältnis handelt, das inhaltlich einem Dauerlieferungsvertrag entspricht. Die Klägerin muss ständig leistungsbereit sein, um die einzelnen vom Kunden abzurufenden, vergütungspflichtigen Dienstleistungen zu erbringen, ohne dass diese zuvor genau bestimmt sind. Die synallagmatische Verknüpfung der Leistungspflichten ist deshalb hinsichtlich aller zu erbringender Teilleistungen beider Parteien gegeben. Dementsprechend ist es möglich, das Zurückbehaltungsrecht nach § 320 I BGB hinsichtlich noch zu erbringender Mobilfunkdienstleistungen auszuüben, auch wenn die mit ihr zeitlich korrespondierende (Teil-)Zahlungsforderung noch nicht entstanden oder fällig geworden ist; es genügt, dass die fällige Zahlung für zeitlich nicht korrespondierende vorausgegangene zeitliche Abschnitte nicht erbracht worden ist (vgl. BGH Urteil vom 17.02.2011, Az.: III ZR 35/10, m.w.N.). 23Entgegen der Auffassung des Beklagten widerspricht diese Wertung auch nicht § 254 BGB. Denn aufgrund der im Mobilfunkbereich üblichen vertraglich vereinbarten Mindestlaufzeiten würde auch eine fristlose Kündigung des Mobilfunkanbieters anstelle der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts den Zahlungsanspruch gegen den Kunden nicht entfallen lassen. Der Erfüllungsanspruch würde sich lediglich in einen Schadensersatzanspruch gemäß § 628 II BGB umwandeln. Für die Bemessung dieses Schadensersatzanspruchs ist das volle Erfüllungsinteresse, begrenzt auf die Zeit bis zur ordnungsgemäßen Beendigung des Vertragsverhältnisses maßgeblich, wobei ersparte Aufwendungen abzuziehen sind (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 72. Auflage 2013, § 628 Rn. 8, m.w.N.). Ersparte Aufwendungen fallen bei einem Mobilfunkvertrag jedoch lediglich in geringer Höhe an, da ein Großteil der Kosten des Anbieters für das Bereitstellen des Mobilfunknetzes unabhängig davon anfallen, ob der einzelne Kunde dieses in Anspruch nimmt oder nicht. Die Differenz zwischen Erfüllungsanspruch und Schadensersatzanspruch ist daher gering, so dass der Mobilfunkanbieter nicht gegen seine Schadensminderungspflicht verstößt, wenn er sich für die Ausübung des Zurückbehaltungsrechts entscheidet. Ein solcher Verstoß könnte allenfalls dann vorliegen, wenn der Anbieter unter Ausübung des Zurückbehaltungsrechts über die vereinbarte Mindestlaufzeit hinaus an den Verträgen festhält. Dies kann jedoch für die Entscheidung im vorliegenden Fall dahinstehen, da die Klägerin lediglich ihren Zahlungsanspruch bis zum Ende der Vertragslaufzeiten geltend macht. 24Darüber hinaus ist die Sperrung des Mobilfunknetzzugangs eine geeignete Maßnahme, um die Entstehung weiterer, über die Grundgebühren hinausgehender, Kosten zu verhindern und das Risiko für beide Parteien - für die Klägerin hinsichtlich des Zahlungsausfalls und für den Beklagten hinsichtlich der Erhöhung der gegen ihn bestehenden Forderungen - zu minimieren. 25Der Vergleich mit einem vertragstreuen Kunden, dessen Vergütungspflicht bei der Nichterbringung der Dienstleistung – beispielsweise aufgrund technischer Schwierigkeiten - entfällt, ist insoweit verfehlt, da in diesem Fall die Nichtleistung durch den Mobilfunkanbieter gerade nicht darauf beruht, dass aufgrund des Kundenverhaltens ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht wird. 26Die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts verstößt im vorliegenden Fall auch nicht gegen § 320 II BGB. Demnach darf bei Vorliegen einer Teilleistung die Gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Teils, gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Der Beklagten war zum Zeitpunkt der Sperre mit einem Betrag von 328,66 € im Zahlungsverzug. Dabei handelt es sich nicht mehr um einen verhältnismäßig geringfügigen Betrag. Bei der Beurteilung, was verhältnismäßig geringfügig ist, kann der in § 45 k II 1 TKG festgelegte Betrag von 75 € als grober Maßstab gelten. Zwar ist die Norm nicht unmittelbar auf Mobilfunkverträge anwendbar (vgl. BGH Urteil vom 12.02.2009, Az.: III ZR 179/08), jedoch kann die Wertung des Gesetzgebers bei Telefondienstleistungsverträgen im Festnetzbereich bei der Beurteilung im Mobilfunkbereich nicht außer Acht gelassen werden (vgl. BGH, Urteil vom 17.02.2011, Az.: III ZR 35/10, m.w.N.). Dieser Betrag wurde vorliegend um mehr als das Vierfache überschritten. 27Der Anspruch der Klägerin besteht in Höhe der vertraglich vereinbarten monatlichen Grundbeiträge für den Zeitraum bis zum Wirksamwerden der ordentlichen Kündigung des Beklagten, also bis zum Ende der vertraglich vereinbarten Mindestlaufzeiten. Es ist insoweit unschädlich, dass die Klägerin aufgrund der vorgenommenen Abzüge für ersparte Aufwendungen und Abzinsung nicht den vollen Betrag geltend macht, da es ihr freisteht, nur einen Teil ihrer Forderung einzuklagen. 28Von der eingeklagten Forderung sind auch keine weiteren Abzüge vorzunehmen. Ausweislich Ziffer 5.1 ihrer allgemeinen Geschäftsbedingungen in Verbindung mit der jeweils gültigen Preisliste kann die Klägerin bei Nichterteilung oder Widerruf der Einzugsermächtigung ein Zusatzentgelt für administrative Abwicklung verlangen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese Klausel unwirksam sein könnte. Bei der Nichtteilnahme am Lastschriftverfahren muss das Kundenkonto des jeweiligen Kunden besonders auf Geldeingänge überprüft werden. Bei einem Massengeschäft wie dem Anbieten von Mobilfunkdienstleistungen entsteht dadurch ein erheblicher Mehraufwand. Die Vergütung dieses Mehraufwandes mit einem monatlichen Betrag von 0,99 € erscheint angemessen. Die Klägerin kann auch entsprechend ihren vertraglichen Bedingungen eine Gebühr von 8,80 € für Rücklastschriftkosten und 8,00 € Mahnkosten verlangen, da der Beklagte unstreitig in Zahlungsverzug geraten ist. 29Dieser Anspruch der Klägerin ist auch fällig. Zwar dürfte der Erfüllungsanspruch zum Zeitpunkt der Erstellung der letzten Rechnung hinsichtlich der zum damaligen Zeitpunkt in der Zukunft liegenden Grundgebühren noch nicht fällig gewesen sein, zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung war jedoch die gesamte Forderung fällig. Denn die Verträge wurden zum 20.04.2012, 20.01.2013 und 07.06.2013 beendet. 30Die Klägerin hat gegen den Beklagten hingegen keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 628 II BGB. Denn wie oben ausgeführt, sind die Verträge nicht vorzeitig durch fristlose Kündigung beendet worden. Es kann daher im vorliegenden Fall dahinstehen, in welchem Umfang die Klägerin sich im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs ersparte Aufwendungen anrechnen lassen müsste. 31Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 291 BGB. Soweit Zinsen ab dem 06.05.2012 begehrt wurden, war die Klage abzuweisen, da der Beklagten mangels Fälligkeit der letzten Rechnung mit der Bezahlung derselben nicht in Verzug sein konnte. 32Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Ersatz von Inkassokosten in Höhe von 161,05 € gemäß § 280 I, II, 286 I, II BGB. Der Schadensersatzanspruch wegen Zahlungsverzugs – in dem sich der Beklagte zum Zeitpunkt der Einschaltung des Inkassobüros hinsichtlich eines Teils der Klageforderung befand - umfasst auch außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten. Im Rahmen der Privatautonomie muss es dem Gläubiger überlassen bleiben, ob er für die vorprozessuale Rechtsverfolgung einen Rechtsanwalt oder ein Inkassobüro beauftragt. Aufgrund der aus § 254 BGB erwachsenden Schadensminderungspflicht ist der erstattungsfähige Betrag jedoch der Höhe nach auf diejenigen Kosten zu begrenzen, die bei der Beauftragung eines Rechtsanwaltes anfallen würden. Die Klägerin kann daher eine 0,65 Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer geltend machen. Denn im Gegensatz zu den Gebühren eines Rechtsanwaltes findet eine Anrechnung im Kostenfestsetzungsverfahren bei Inkassounternehmen nicht statt. Eine Erstattung der vollen 1,3 Geschäftsgebühr kommt daher nicht in Betracht. 33Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Erstattung von 1,30 € Auskunftskosten gemäß § 280 I BGB, da sie eine Auskunft aus der Schuldnerdatei einholen musste. 34Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 I, 92 II Nr.1, 709 ZPO. Soweit die Klägerin die Klage zurückgenommen hat, waren ihr dennoch keine Kosten aufzuerlegen, da die Klagerücknahme lediglich nicht streitwerterhöhende Nebenforderungen betrifft und somit durch die ursprüngliche Zuvielforderung keine zusätzlichen Kosten angefallen sind. Gleiches gilt für die teilweise Klageabweisung hinsichtlich der Zinsen. 35Der Streitwert wird auf 3.497,40 EUR festgesetzt. | der beklagte wird verurteilt, an die klägerin 3.497,40 € zuzüglich zinsen in höhe von fünf prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz seit dem 02.05.2013 sowie 161,05 € inkassokosten und 1,30 € auskunftskosten zu zahlen. im übrigen wird die klage abgewiesen. der beklagte trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die klägerin ist betreiberin des mobilfunknetzes …. sie schloss mit dem beklagten vier mobilfunkverträge mit einer mindestlaufzeit von 24 monaten. der vertrag zur rufnummer … wurde am 21.04.2010, der vertrag zur rufnummer … am 08.06.2011 geschlossen. der vertrag zur rufnummer … wurde am 21.04.2010 geschlossen und am 21.01.2011 um 24 monate von diesem zeitpunkt an verlängert. der vertrag zur rufnummer … wurde am 05.12.2005 geschlossen. dieser vertrag verlängerte sich mangels kündigung zunächst um jeweils ein jahr, am 08.06.2011 wurde der vertrag um 24 monate von diesem zeitpunkt an verlängert. 3ab august 2011 geriet der beklagte mit seinen zahlungsverpflichtungen in rückstand. die rechnung vom 18.08.2011 in höhe von 242,22 €, zahlbar bis zum 26.08.2011, zahlte der beklagte am 02.09.2011. die rechnung vom 20.09.2011 in höhe von 271,14 €, zahlbar bis zum 28.09.2011, zahlte der beklagte am 05.12.2011. die rechnung vom 27.09.2011 in höhe von 57,52 €, zahlte der beklagte ebenfalls am 05.12.2011. die erste streitgegenständliche rechnung vom 26.10.2011 in höhe von 612,03 €, zahlbar bis zum 04.11.2011, zahlte der beklagte anteilig am 05.12.2011 und 04.01.2012 in höhe von insgesamt 131,34 €. in der folgezeit leistete der beklagte keine zahlungen mehr. die klägerin erteilte weitere rechnungen vom 25.11.2011, 28.12.2011, 25.01.2012 und 27.02.2012 über jeweils 255,93 € und eine rechnung vom 27.03.2012 über 2.321,65 €. im rechnungsbetrag der letzten rechnung sind schadensersatzforderungen wegen der vorzeitigen vertragsbeendigung für alle vier mobilfunkverträge enthalten. den schadensersatz berechnete die klägerin, indem sie den monatlichen basisbetrag abzüglich einer gutschrift für ersparte druck- und portokosten in höhe von 1,00 € mit der vertraglichen restlaufzeit multiplizierte. das ergebnis wurde mit einem guthabenzinssatz von 3 % abgezinst. 4am 31.10.2011 sperrte die klägerin den netzzugang für den beklagten vorläufig, am 20.03.2012 endgültig. 5mit anwaltlichem schreiben vom 10.06.2012 kündigte der beklagte die verträge fristlos, hilfsweise fristgemäß zum nächstmöglichen zeitpunkt. 6die klägerin behauptet, sie habe die mobilfunkverträge am 16.01.2012 fristlos, jedoch aufschiebend bedingt für den fall der nichtausgleichung der offenen forderungen, und am 20.03.2012 fristlos mit sofortiger wirkung gekündigt. 7sie ist der ansicht, sie sei aufgrund des zahlungsverzugs des beklagten berechtigt gewesen, ein zurückbehaltungsrecht geltend zu machen. 8sie ist weiterhin der ansicht, sie habe die ersparten aufwendungen im rahmen des schadensersatzes richtig berechnet. die für die bereitstellung von mobilfunkleistungen entstehenden kosten fielen unabhängig davon an, ob ein einzelner kunde das mobilfunknetz der klägerin nutze oder nicht. 9die klägerin beantragte ursprünglich, 10den beklagten zu verurteilen, an sie 3.497,40 € nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz hieraus seit dem 06.05.2012 sowie außergerichtliche mahnkosten in höhe von 10,00 €, 345,50 € inkassokosten, 7,00 € kontoführungsgebühren und 1,30 € auskunftskosten zu zahlen. 11mit schriftsatz vom 03.05.2013 hat sie die klage hinsichtlich der mahnkosten, kontoführungsgebühren und teilweise hinsichtlich der inkassokosten in höhe von insgesamt 201,45 € zurückgenommen. 12der beklagte beantragt, 13die klage abzuweisen. 14der beklagte bestreitet den zugang der klägerischen kündigungsschreiben. 15er ist der ansicht, die sperrung des anschlusses hindere den eintritt der fälligkeit der weiteren grundgebühren aufgrund der vorleistungspflicht des dienstleistungsverpflichteten. auch für einen vertragstreuen kunden entfalle die vergütungspflicht, wenn der telekommunikationsanbieter keine leistungen erbringe. der klägerin ein zurückbehaltungsrecht zuzubilligen widerspreche zudem § 254 bgb, da diese dann keine veranlassung mehr für eine fristlose kündigung von verträgen habe, bei denen der kunde sich in zahlungsverzug befindet. 16er ist außerdem der ansicht, ein schadensersatzanspruch der klägerin wegen vorzeitiger vertragsbeendigung sei im hinblick auf ersparte aufwendungen nicht schlüssig dargelegt. bei pauschaltarifen, bei denen der kunde leistungen unbegrenzt in anspruch nehmen könne, stehe der anbieter erheblich besser da, wenn er dem kunden keine leistungen mehr bereitstellten müsse. 17 | 18die zulässige klage ist überwiegend begründet. 19die klägerin hat gegen den beklagten einen erfüllungsanspruch auf zahlung von 3.497,40 € aus § 611 i i.v.m. den mobilfunkverträgen. 20unstreitig haben die parteien die streitgegenständlichen verträge geschlossen. die verträge sind auch nicht durch fristlose kündigung vorzeitig beendet worden. die klägerin hat keinen beweis dafür angeboten, dass die von ihr ausgesprochene fristlose kündigung dem beklagten zugegangen ist. das kündigungsschreiben des beklagten ist der klägerin zwar unstreitig zugegangen, der für eine fristlose kündigung erforderliche wichtige grund liegt jedoch nicht vor. ein solcher wichtiger grund liegt insbesondere nicht darin, dass die klägerin ein inkassounternehmen mit der beitreibung ihrer forderungen beauftragt hat. denn die klägerin hat dadurch lediglich ihre berechtigten zahlungsansprüche gegen den beklagten geltend gemacht. 21gemäß § 611 i bgb i.v.m. den vertraglichen regelungen war der beklagte zur monatlichen bezahlung der vereinbarten vergütung verpflichtet. diese verpflichtung ist auch nicht dadurch entfallen, dass die klägerin den zugang des beklagten zum mobilfunknetz zum 31.10.2011 gesperrt hat. denn sie hat dadurch nur von ihrem zurückbehaltungsrecht gemäß § 320 bgb gebrauch gemacht. 22gemäß § 320 i bgb darf derjenige, der aus einem gegenseitigen vertrag verpflichtet ist, die ihm obliegende leistung bis zur bewirkung der gegenleistung verweigern. die anwendung dieser norm ist vorliegend auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil die klägerin im rahmen des bestehenden dienstvertrages gemäß § 614 bgb zur vorleistung verpflichtet ist. dies beruht darauf, dass es sich bei einem mobilfunkvertrag um ein dauerschuldverhältnis handelt, das inhaltlich einem dauerlieferungsvertrag entspricht. die klägerin muss ständig leistungsbereit sein, um die einzelnen vom kunden abzurufenden, vergütungspflichtigen dienstleistungen zu erbringen, ohne dass diese zuvor genau bestimmt sind. die synallagmatische verknüpfung der leistungspflichten ist deshalb hinsichtlich aller zu erbringender teilleistungen beider parteien gegeben. dementsprechend ist es möglich, das zurückbehaltungsrecht nach § 320 i bgb hinsichtlich noch zu erbringender mobilfunkdienstleistungen auszuüben, auch wenn die mit ihr zeitlich korrespondierende (teil-)zahlungsforderung noch nicht entstanden oder fällig geworden ist; es genügt, dass die fällige zahlung für zeitlich nicht korrespondierende vorausgegangene zeitliche abschnitte nicht erbracht worden ist (vgl. bgh urteil vom 17.02.2011, az.: iii zr 35/10, m.w.n.). 23entgegen der auffassung des beklagten widerspricht diese wertung auch nicht § 254 bgb. denn aufgrund der im mobilfunkbereich üblichen vertraglich vereinbarten mindestlaufzeiten würde auch eine fristlose kündigung des mobilfunkanbieters anstelle der geltendmachung eines zurückbehaltungsrechts den zahlungsanspruch gegen den kunden nicht entfallen lassen. der erfüllungsanspruch würde sich lediglich in einen schadensersatzanspruch gemäß § 628 ii bgb umwandeln. für die bemessung dieses schadensersatzanspruchs ist das volle erfüllungsinteresse, begrenzt auf die zeit bis zur ordnungsgemäßen beendigung des vertragsverhältnisses maßgeblich, wobei ersparte aufwendungen abzuziehen sind (vgl. palandt/weidenkaff, bgb, 72. auflage 2013, § 628 rn. 8, m.w.n.). ersparte aufwendungen fallen bei einem mobilfunkvertrag jedoch lediglich in geringer höhe an, da ein großteil der kosten des anbieters für das bereitstellen des mobilfunknetzes unabhängig davon anfallen, ob der einzelne kunde dieses in anspruch nimmt oder nicht. die differenz zwischen erfüllungsanspruch und schadensersatzanspruch ist daher gering, so dass der mobilfunkanbieter nicht gegen seine schadensminderungspflicht verstößt, wenn er sich für die ausübung des zurückbehaltungsrechts entscheidet. ein solcher verstoß könnte allenfalls dann vorliegen, wenn der anbieter unter ausübung des zurückbehaltungsrechts über die vereinbarte mindestlaufzeit hinaus an den verträgen festhält. dies kann jedoch für die entscheidung im vorliegenden fall dahinstehen, da die klägerin lediglich ihren zahlungsanspruch bis zum ende der vertragslaufzeiten geltend macht. 24darüber hinaus ist die sperrung des mobilfunknetzzugangs eine geeignete maßnahme, um die entstehung weiterer, über die grundgebühren hinausgehender, kosten zu verhindern und das risiko für beide parteien - für die klägerin hinsichtlich des zahlungsausfalls und für den beklagten hinsichtlich der erhöhung der gegen ihn bestehenden forderungen - zu minimieren. 25der vergleich mit einem vertragstreuen kunden, dessen vergütungspflicht bei der nichterbringung der dienstleistung – beispielsweise aufgrund technischer schwierigkeiten - entfällt, ist insoweit verfehlt, da in diesem fall die nichtleistung durch den mobilfunkanbieter gerade nicht darauf beruht, dass aufgrund des kundenverhaltens ein zurückbehaltungsrecht geltend gemacht wird. 26die geltendmachung des zurückbehaltungsrechts verstößt im vorliegenden fall auch nicht gegen § 320 ii bgb. demnach darf bei vorliegen einer teilleistung die gegenleistung insoweit nicht verweigert werden, als die verweigerung nach den umständen, insbesondere wegen verhältnismäßiger geringfügigkeit des rückständigen teils, gegen treu und glauben verstoßen würde. der beklagten war zum zeitpunkt der sperre mit einem betrag von 328,66 € im zahlungsverzug. dabei handelt es sich nicht mehr um einen verhältnismäßig geringfügigen betrag. bei der beurteilung, was verhältnismäßig geringfügig ist, kann der in § 45 k ii 1 tkg festgelegte betrag von 75 € als grober maßstab gelten. zwar ist die norm nicht unmittelbar auf mobilfunkverträge anwendbar (vgl. bgh urteil vom 12.02.2009, az.: iii zr 179/08), jedoch kann die wertung des gesetzgebers bei telefondienstleistungsverträgen im festnetzbereich bei der beurteilung im mobilfunkbereich nicht außer acht gelassen werden (vgl. bgh, urteil vom 17.02.2011, az.: iii zr 35/10, m.w.n.). dieser betrag wurde vorliegend um mehr als das vierfache überschritten. 27der anspruch der klägerin besteht in höhe der vertraglich vereinbarten monatlichen grundbeiträge für den zeitraum bis zum wirksamwerden der ordentlichen kündigung des beklagten, also bis zum ende der vertraglich vereinbarten mindestlaufzeiten. es ist insoweit unschädlich, dass die klägerin aufgrund der vorgenommenen abzüge für ersparte aufwendungen und abzinsung nicht den vollen betrag geltend macht, da es ihr freisteht, nur einen teil ihrer forderung einzuklagen. 28von der eingeklagten forderung sind auch keine weiteren abzüge vorzunehmen. ausweislich ziffer 5.1 ihrer allgemeinen geschäftsbedingungen in verbindung mit der jeweils gültigen preisliste kann die klägerin bei nichterteilung oder widerruf der einzugsermächtigung ein zusatzentgelt für administrative abwicklung verlangen. es ist auch nicht ersichtlich, dass diese klausel unwirksam sein könnte. bei der nichtteilnahme am lastschriftverfahren muss das kundenkonto des jeweiligen kunden besonders auf geldeingänge überprüft werden. bei einem massengeschäft wie dem anbieten von mobilfunkdienstleistungen entsteht dadurch ein erheblicher mehraufwand. die vergütung dieses mehraufwandes mit einem monatlichen betrag von 0,99 € erscheint angemessen. die klägerin kann auch entsprechend ihren vertraglichen bedingungen eine gebühr von 8,80 € für rücklastschriftkosten und 8,00 € mahnkosten verlangen, da der beklagte unstreitig in zahlungsverzug geraten ist. 29dieser anspruch der klägerin ist auch fällig. zwar dürfte der erfüllungsanspruch zum zeitpunkt der erstellung der letzten rechnung hinsichtlich der zum damaligen zeitpunkt in der zukunft liegenden grundgebühren noch nicht fällig gewesen sein, zum zeitpunkt der letzten mündlichen verhandlung war jedoch die gesamte forderung fällig. denn die verträge wurden zum 20.04.2012, 20.01.2013 und 07.06.2013 beendet. 30die klägerin hat gegen den beklagten hingegen keinen anspruch auf schadensersatz gemäß § 628 ii bgb. denn wie oben ausgeführt, sind die verträge nicht vorzeitig durch fristlose kündigung beendet worden. es kann daher im vorliegenden fall dahinstehen, in welchem umfang die klägerin sich im rahmen eines schadensersatzanspruchs ersparte aufwendungen anrechnen lassen müsste. 31der zinsanspruch ergibt sich aus § 291 bgb. soweit zinsen ab dem 06.05.2012 begehrt wurden, war die klage abzuweisen, da der beklagten mangels fälligkeit der letzten rechnung mit der bezahlung derselben nicht in verzug sein konnte. 32die klägerin hat gegen den beklagten auch einen anspruch auf ersatz von inkassokosten in höhe von 161,05 € gemäß § 280 i, ii, 286 i, ii bgb. der schadensersatzanspruch wegen zahlungsverzugs – in dem sich der beklagte zum zeitpunkt der einschaltung des inkassobüros hinsichtlich eines teils der klageforderung befand - umfasst auch außergerichtliche rechtsverfolgungskosten. im rahmen der privatautonomie muss es dem gläubiger überlassen bleiben, ob er für die vorprozessuale rechtsverfolgung einen rechtsanwalt oder ein inkassobüro beauftragt. aufgrund der aus § 254 bgb erwachsenden schadensminderungspflicht ist der erstattungsfähige betrag jedoch der höhe nach auf diejenigen kosten zu begrenzen, die bei der beauftragung eines rechtsanwaltes anfallen würden. die klägerin kann daher eine 0,65 geschäftsgebühr zuzüglich auslagenpauschale und mehrwertsteuer geltend machen. denn im gegensatz zu den gebühren eines rechtsanwaltes findet eine anrechnung im kostenfestsetzungsverfahren bei inkassounternehmen nicht statt. eine erstattung der vollen 1,3 geschäftsgebühr kommt daher nicht in betracht. 33die klägerin hat gegen den beklagten auch einen anspruch auf erstattung von 1,30 € auskunftskosten gemäß § 280 i bgb, da sie eine auskunft aus der schuldnerdatei einholen musste. 34die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 i, 92 ii nr.1, 709 zpo. soweit die klägerin die klage zurückgenommen hat, waren ihr dennoch keine kosten aufzuerlegen, da die klagerücknahme lediglich nicht streitwerterhöhende nebenforderungen betrifft und somit durch die ursprüngliche zuvielforderung keine zusätzlichen kosten angefallen sind. gleiches gilt für die teilweise klageabweisung hinsichtlich der zinsen. 35der streitwert wird auf 3.497,40 eur festgesetzt. |
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} | S 36 AS 2517/12 | 2013-08-12T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Bescheid des Beklagten vom 27.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 14.09.2012 wird aufgehoben. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers. Die Berufung wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Bescheides über die Aufhebung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II). 3Erstmals stellte der Kläger im Jahr 2007 einen Antrag auf Bewilligung von Arbeitslosen-geld II, welches in der Folgezeit bis September 2012 laufend bewilligt wurde. Bereits mehrfach war zwischen den Beteiligten streitig, ob der Kläger erwerbsfähig im Sinne des § 8 SGB II war und ist. Mit E-Mail vom 31.01.2012 war das Sozialamt der Stadt Gladbeck dem Beklagten unter Hinweis auf § 44 a Abs. 1 SGB II eine Entscheidung des Trägers über die Erwerbsfähigkeit des Klägers einzuholen und bis zur Entscheidung weiter über Leistungen nach dem SGB II zu entscheiden, weil bereits in der Vergangenheit keine Einigkeit darüber erzielt worden sei, ob bei dem Kläger eine dauerhafte volle Erwerbsminderung vorliege. Zuletzt äußerte sich der amtsärztliche Dienst des Beklagten mit Schreiben vom 09.03.2012 dahingehend, dass weiter von einer Erwerbsunfähigkeit des Klägers auszugehen sei. 4Auf den Weiterbewilligungsantrag des Klägers vom 04.07.2012 für die Zeit ab dem 01.08.2012 wurden dem Kläger durch den Beklagten mit Bescheid vom 17.07.2012 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.08.2012 bis zum 31.01.2013 bewilligt. Dieser Bewilligungsbescheid wurde nicht angefochten. 5Mit Schreiben ebenfalls vom 17.07.2012 wandte sich der Beklagte an das Sozialamt der Stadt Gladbeck und vertrat die Ansicht, dass aufgrund der amtsärztlichen Einschätzung ein Anspruch auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII) bestünde. Um den Fall endlich zum Abschluss zu bringen, bitte der Beklagte um Einschaltung des Trägers seitens des Sozialamtes bezüglich der Prüfung der Erwerbsfähigkeit. 6Mit Bescheid vom 27.07.2012 hob der Beklagte die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Wirkung vom 01.09.2012 auf. Der Grund für die Aufhebung sei der Wegfall der Erwerbsfähigkeit. 7Am 16.08.2012 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Er sei sehr wohl erwerbsfähig. 8Aus einem Aktenvermerk vom 16.08.2012 geht hervor, dass das Sozialamt der Stadt Gladbeck dem Beklagten mitgeteilt habe, dass ab dem 01.09.2012 Leistungen nach dem SGB XII ausgezahlt würden. Im Übrigen sollen nunmehr das Verfahren zur Feststellung der Erwerbsfähigkeit des Klägers eingeleitet werden. 9Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.2012 zurück. Unabhängig von der Frage der Erwerbsfähigkeit sei weitere Voraussetzung für die Erbringung von Leistungen nach dem SGB II die Hilfebedürftigkeit. Hilfebedürftig sei nur, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern könne und die erforderliche Hilfe nicht von Trägern anderer Sozialleistungen erhalte. Der Widerspruchsführer erhalte aber nach Abstimmung beider Leistungsträger ab September 2012 Leistungen nach dem SGB XII über das Sozialamt der Stadt Gladbeck. Hierdurch sei eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) eingetreten, die bei der Bewilligung am 17.07.2012 noch nicht vorgelegen hätten. Deshalb habe eine Aufhebung erfolgen müssen. 10Am 17.10.2012 hat der Kläger Klage erhoben. 11Die Aufhebung der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sei zu Unrecht erfolgt. Der Kläger sei nach wie vor erwerbsfähig. Hintergrund des Rechtsstreits sei, dass der Kläger durchaus eine Tätigkeit als Werkzeugmacher wieder aufnehmen wolle. Daher länger aus diesem Beruf heraus sei, sei eine berufliche Weiterqualifizierung erforderlich. Dies könne der Beklagte aber nur fördern, wenn die Voraussetzungen für Leistungen nach dem SGB II vorliegen würden. Daher stehe der Kläger "zwischen den Stühlen", was die Leistungen zur Förderung seiner Berufstätigkeit angeben. Die Kosten für eine Weiterqualifizierung beliefen sich schätzungsweise auf 7.500 EUR. 12Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 27.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.2012 aufzuheben. 13Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. 14Der Beklagte stellt bereits das Rechtsschutzbedürfnis des Klägers infrage. Der Kläger beziehe seit dem 01.09.2012 Leistungen nach dem SGB XII. Im Übrigen habe das Kreisgesundheitsamt am 14.04.2010, 10.09.2010 und 09.03.2012 festgestellt, dass der Kläger auf Dauer nicht in der Lage sei, eine Erwerbstätigkeit von mehr als 3 Stunden täglich nachzugehen und daher nicht erwerbsfähig sei. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers werde derzeit durch den Träger der Sozialhilfe erneut geprüft. Sollte sich dabei herausstellen, dass der Kläger entgegen der Gutachten doch erwerbsfähig sei, bestünde zwar ein An-spruch auf Leistungen nach dem SGB II über den 31.08.2012 hinaus. Da der Träger der Leistungen nach dem SGB XII aber bereits einen Erstattungsanspruch geltend gemacht habe, würden sich für den Kläger keinerlei Nachteile ergeben. 15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des übrigen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der durch den Beklagten übersendeten Leistungsakten Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Klage ist zulässig. 18Insbesondere hat der Kläger auch das allgemeine notwendige Rechtsschutzbedürfnis zur Durchführung des vorliegenden Rechtsstreits. Das Rechtsschutzbedürfnis ist das berechtigte Interesse des Klägers, mittels eines gerichtlichen Verfahrens Rechtsschutz zu erlangen (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 22.03.2012 – B 8 SO 24/10 R = NZS 2012, 798). Ein solches Interesse besteht im Gegensatz zur Auffassung des Beklagten hier bereits deshalb, weil sich der Kläger gegen die Aufhebung der ihm gegenüber zunächst bewilligten Leistungen nach dem SGB II wendet. Es besteht grundsätzlich ein berechtigtes Interesse, einen solchen belastenden Verwaltungsakt zu beseitigen. Etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die dem Kläger bewilligten Leistungen nach dem SGB II und nach dem SGB XII in der Höhe identisch sein mögen. Es handelt sich um unterschiedliche Leistungssysteme mit verschiedenen Rechten und Pflichten, die trotz ihrer Parallelen das Interesse begründen, dem einen oder anderen System zugeordnet zu werden (Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 07.12.2007 – L 20 B 120/07 SO). 19Die Klage ist auch begründet. 20Der Kläger ist im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn der Aufhebungsbescheid des Beklagten vom 27.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2012 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. 21Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der mit Bescheid vom 17.07.2012 bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II liegen nicht vor. 22Nach § 45 Abs. 1 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Wir-kung für die Vergangenheit nur unter den Einschränkungen des § 45 Abs. 2 bis Abs. 4 SGB X zurückgenommen werden. Nach § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X darf er nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er den Verwaltungsakt entweder durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder wenn er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X). Dabei betrifft § 45 Abs. 1 SGB X aufgrund seiner Stellung im Gefüge der §§ 44 ff. SGB X nur die Fälle der so genannten ursprünglichen Rechtswidrigkeit, also die Fälle, bei denen die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes bereits im Zeitpunkt seines Erlasses bestand (Schütze in: von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 45, Rn. 31). 23Hier kann offen bleiben, ob der ursprüngliche Bewilligungsbescheid vom 17. 7. 2012 tatsächlich wegen fehlender Erwerbsfähigkeit des Klägers anfänglich rechtswidrig ist, denn jedenfalls hat der Beklagte das ihm nach § 45 SGB X eingeräumte Ermessen im Aufhebungsbescheid vom 27.07.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.09.2012 nicht ausgeübt. Das Ermessen ist im vorliegenden Fall auch nicht nach § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in Verbindung mit § 330 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) entbehrlich, denn ein Fall des § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X liegt aus Sicht der Kammer jedenfalls nicht vor. 24Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. "Wesentlich" bedeutet in diesem Zusammenhang den Eintritt einer rechtserheblichen Änderung was voraussetzt, dass die Behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden Verhältnissen den ergangenen Verwaltungsakt (so) nicht hätte erlassen dürfen (Steinwedel in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 77. Ergänzungslieferung 2013, § 48 SGB X, Rn. 13 m. w. N.). Dies ist nicht der Fall. 25Unabhängig davon, ob der Kläger erwerbsunfähig (geworden) ist, ist der Beklagte nach § 44 a Abs. 1 Satz 7 SGB II weiterhin zur Erbringung von Leistungen nach dem SGB II ver-pflichtet. 26§ 44 a SGB II regelt grundsätzlich das Verfahren zur Feststellung der Erwerbsfähigkeit und Hilfebedürftigkeit von Arbeitsuchenden durch die Agentur für Arbeit. Nach der Feststellung durch die Agentur für Arbeit haben diverse Leistungsträger das Recht zum Widerspruch gegen diese Feststellung (§ 44 a Abs. 1 Satz 2 SGB II). Nach dem Wortlaut des § 44 a Abs. 1 Satz 7 SGB II besteht die Leistungspflicht zwar nur vom Widerspruch eines solchen Trägers gegen die negative Feststellung der Erwerbsfähigkeit bis zur Entscheidung über den Widerspruch. Diese Vorschrift enthält aber nicht die Anordnung einer vorläufigen Leistung, sondern eine Nahtlosigkeitsregelung nach dem Vorbild des § 125 SGB III (BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 10/06 R; Knapp in: jurisPK-SGB II, 3. Auflage 2012, § 44a, Rn. 71). Im Ergebnis fingiert § 44 a Abs. 1 Satz 7 SGB II die Erwerbsfähigkeit des Arbeitsuchenden und verpflichtet den Träger der Leistungen nach dem SGB II daher nicht erst ab Widerspruch Leistungen nach dem SGB II zu erbringen (Knapp in: jurisPK-SGB II, a. a. O., Rn. 72). Dies gilt zur Überzeugung der Kammer auch nicht erst bei einem bereits bestehenden Streit zwischen zwei Leistungsträgern, sondern bereits im Vorfeld hierzu (so wohl auch: BSG, a. a. O.). Hieran ändert im vorliegenden Fall auch die Tatsache nichts, dass der Träger der Leistungen nach dem SGB XII "nahtlos" ab dem 01.09.2012 an den Kläger Sozialhilfe gezahlt hat, mithin also gar kein Streit über die Zuständigkeit der Leistungserbringung besteht. Denn die entscheidende Frage der Erwerbsfähigkeit des Klägers ist zwischen dem Beklagten und dem Träger der Leistungen nach dem SGB XII keinesfalls unstreitig. Dies zeigen die aus den Leistungsakten ersichtlichen Aufzeichnungen, wonach das Verfahren zur Feststellung der Erwerbsfähigkeit nach § 44 a SGB II nunmehr eingeleitet werden soll. Es entspricht nach Auffassung der Kammer auch dem Sinn und Zweck des § 44 a Abs. 1 Satz 7 SGB II, dass bis zum Abschluss des Verfahrens zur Feststellung der Erwerbsfähigkeit weiterhin der Beklagte zu Leistungen nach dem SGB II verpflichtet sein soll. Der Beklagte hatte und hat es selbst in der Hand durch Einleitung des Verfahrens nach § 44 a SGB II Klarheit und vor allem Rechtssicherheit über die Erwerbsfähigkeit des Klägers herzustellen. 27Eine Aufhebung der Leistungen nach dem SGB II folgt auch nicht aus § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X wegen der Erzielung von Einkommen in Form der Leistungen nach dem SGB XII bzw. wegen des damit einhergehenden Wegfalls der Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II. Wenn Leistungen durch den Sozialhilfeträger nur erbracht werden, weil keine Leistungen nach dem SGB II gezahlt werden – die sich aber mit den Leistungen nach dem SGB XII ausschließen – kann dies nach Auffassung der Kammer keine Einkommenserzielung im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II sein. Derartige Konstellationen sind über einen Erstattungsanspruch zu lösen. Erfüllt – wie nach oben dargestellten Ausführungen der Träger der Leistungen nach dem SGB XII – ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen, entsteht zu Gunsten des nicht zur Leistung verpflichteten Trägers gegenüber dem Beklagten ein Erstattungsanspruch im Sinne des § 105 Abs. 1 SGB X. Dies hat dem Berechtigten gegenüber nach § 107 Abs. 1 SGB X zur Folge, dass die ihm zustehenden Sozialleistungen als erfüllt gelten. 28Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 193, 183 SGG. 29Die Berufung ist zuzulassen, da der Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung hat (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG). Die Frage der Reichweite und Wirkungen der Nahtlosigkeitsregelung des § 44 a SGB II insbesondere im dem Fall, wenn zwischen zwei Leistungsträger kein Streit über die Leistungserbringung besteht, ist höchstrichterlich nicht geklärt. | der bescheid des beklagten vom 27.07.2012 in gestalt des widerspruchsbe-scheides vom 14.09.2012 wird aufgehoben. der beklagte trägt die außergerichtlichen kosten des klägers. die berufung wird zugelassen. 1 | 2die beteiligten streiten um die rechtmäßigkeit eines bescheides über die aufhebung von leistungen nach dem sozialgesetzbuch zweites buch – grundsicherung für arbeitsuchende – (sgb ii). 3erstmals stellte der kläger im jahr 2007 einen antrag auf bewilligung von arbeitslosen-geld ii, welches in der folgezeit bis september 2012 laufend bewilligt wurde. bereits mehrfach war zwischen den beteiligten streitig, ob der kläger erwerbsfähig im sinne des § 8 sgb ii war und ist. mit e-mail vom 31.01.2012 war das sozialamt der stadt gladbeck dem beklagten unter hinweis auf § 44 a abs. 1 sgb ii eine entscheidung des trägers über die erwerbsfähigkeit des klägers einzuholen und bis zur entscheidung weiter über leistungen nach dem sgb ii zu entscheiden, weil bereits in der vergangenheit keine einigkeit darüber erzielt worden sei, ob bei dem kläger eine dauerhafte volle erwerbsminderung vorliege. zuletzt äußerte sich der amtsärztliche dienst des beklagten mit schreiben vom 09.03.2012 dahingehend, dass weiter von einer erwerbsunfähigkeit des klägers auszugehen sei. 4auf den weiterbewilligungsantrag des klägers vom 04.07.2012 für die zeit ab dem 01.08.2012 wurden dem kläger durch den beklagten mit bescheid vom 17.07.2012 leistungen zur sicherung des lebensunterhalts für die zeit vom 01.08.2012 bis zum 31.01.2013 bewilligt. dieser bewilligungsbescheid wurde nicht angefochten. 5mit schreiben ebenfalls vom 17.07.2012 wandte sich der beklagte an das sozialamt der stadt gladbeck und vertrat die ansicht, dass aufgrund der amtsärztlichen einschätzung ein anspruch auf leistungen nach dem sozialgesetzbuch zwölftes buch – sozialhilfe – (sgb xii) bestünde. um den fall endlich zum abschluss zu bringen, bitte der beklagte um einschaltung des trägers seitens des sozialamtes bezüglich der prüfung der erwerbsfähigkeit. 6mit bescheid vom 27.07.2012 hob der beklagte die entscheidung über die bewilligung von leistungen zur sicherung des lebensunterhalts mit wirkung vom 01.09.2012 auf. der grund für die aufhebung sei der wegfall der erwerbsfähigkeit. 7am 16.08.2012 erhob der kläger hiergegen widerspruch. er sei sehr wohl erwerbsfähig. 8aus einem aktenvermerk vom 16.08.2012 geht hervor, dass das sozialamt der stadt gladbeck dem beklagten mitgeteilt habe, dass ab dem 01.09.2012 leistungen nach dem sgb xii ausgezahlt würden. im übrigen sollen nunmehr das verfahren zur feststellung der erwerbsfähigkeit des klägers eingeleitet werden. 9den widerspruch wies der beklagte mit widerspruchsbescheid vom 14.09.2012 zurück. unabhängig von der frage der erwerbsfähigkeit sei weitere voraussetzung für die erbringung von leistungen nach dem sgb ii die hilfebedürftigkeit. hilfebedürftig sei nur, wer seinen lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden einkommen oder vermögen sichern könne und die erforderliche hilfe nicht von trägern anderer sozialleistungen erhalte. der widerspruchsführer erhalte aber nach abstimmung beider leistungsträger ab september 2012 leistungen nach dem sgb xii über das sozialamt der stadt gladbeck. hierdurch sei eine wesentliche änderung in den tatsächlichen und rechtlichen verhältnissen im sinne des § 48 abs. 1 satz 1 des sozialgesetzbuchs zehntes buch – sozialverwaltungsverfahren und sozialdatenschutz – (sgb x) eingetreten, die bei der bewilligung am 17.07.2012 noch nicht vorgelegen hätten. deshalb habe eine aufhebung erfolgen müssen. 10am 17.10.2012 hat der kläger klage erhoben. 11die aufhebung der bewilligung von leistungen zur sicherung des lebensunterhalts sei zu unrecht erfolgt. der kläger sei nach wie vor erwerbsfähig. hintergrund des rechtsstreits sei, dass der kläger durchaus eine tätigkeit als werkzeugmacher wieder aufnehmen wolle. daher länger aus diesem beruf heraus sei, sei eine berufliche weiterqualifizierung erforderlich. dies könne der beklagte aber nur fördern, wenn die voraussetzungen für leistungen nach dem sgb ii vorliegen würden. daher stehe der kläger "zwischen den stühlen", was die leistungen zur förderung seiner berufstätigkeit angeben. die kosten für eine weiterqualifizierung beliefen sich schätzungsweise auf 7.500 eur. 12der kläger beantragt, den bescheid vom 27.07.2012 in gestalt des widerspruchsbescheides vom 14.09.2012 aufzuheben. 13der beklagte beantragt, die klage abzuweisen. 14der beklagte stellt bereits das rechtsschutzbedürfnis des klägers infrage. der kläger beziehe seit dem 01.09.2012 leistungen nach dem sgb xii. im übrigen habe das kreisgesundheitsamt am 14.04.2010, 10.09.2010 und 09.03.2012 festgestellt, dass der kläger auf dauer nicht in der lage sei, eine erwerbstätigkeit von mehr als 3 stunden täglich nachzugehen und daher nicht erwerbsfähig sei. die erwerbsfähigkeit des klägers werde derzeit durch den träger der sozialhilfe erneut geprüft. sollte sich dabei herausstellen, dass der kläger entgegen der gutachten doch erwerbsfähig sei, bestünde zwar ein an-spruch auf leistungen nach dem sgb ii über den 31.08.2012 hinaus. da der träger der leistungen nach dem sgb xii aber bereits einen erstattungsanspruch geltend gemacht habe, würden sich für den kläger keinerlei nachteile ergeben. 15wegen der weiteren einzelheiten des sachverhalts und des übrigen vorbringens der beteiligten wird auf den inhalt der gerichtsakte und der durch den beklagten übersendeten leistungsakten bezug genommen. 16 | 17die klage ist zulässig. 18insbesondere hat der kläger auch das allgemeine notwendige rechtsschutzbedürfnis zur durchführung des vorliegenden rechtsstreits. das rechtsschutzbedürfnis ist das berechtigte interesse des klägers, mittels eines gerichtlichen verfahrens rechtsschutz zu erlangen (bundessozialgericht (bsg), urteil vom 22.03.2012 – b 8 so 24/10 r = nzs 2012, 798). ein solches interesse besteht im gegensatz zur auffassung des beklagten hier bereits deshalb, weil sich der kläger gegen die aufhebung der ihm gegenüber zunächst bewilligten leistungen nach dem sgb ii wendet. es besteht grundsätzlich ein berechtigtes interesse, einen solchen belastenden verwaltungsakt zu beseitigen. etwas anderes gilt auch nicht deshalb, weil die dem kläger bewilligten leistungen nach dem sgb ii und nach dem sgb xii in der höhe identisch sein mögen. es handelt sich um unterschiedliche leistungssysteme mit verschiedenen rechten und pflichten, die trotz ihrer parallelen das interesse begründen, dem einen oder anderen system zugeordnet zu werden (landessozialgericht (lsg) nordrhein-westfalen, beschluss vom 07.12.2007 – l 20 b 120/07 so). 19die klage ist auch begründet. 20der kläger ist im sinne des § 54 abs. 2 sozialgerichtsgesetz (sgg) beschwert, denn der aufhebungsbescheid des beklagten vom 27.07.2012 in gestalt des widerspruchsbescheids vom 14.09.2012 ist rechtswidrig und verletzt den kläger in seinen rechten. 21die voraussetzungen für eine aufhebung der mit bescheid vom 17.07.2012 bewilligten leistungen zur sicherung des lebensunterhalts nach dem sgb ii liegen nicht vor. 22nach § 45 abs. 1 sgb x kann ein rechtswidriger begünstigender verwaltungsakt mit wir-kung für die vergangenheit nur unter den einschränkungen des § 45 abs. 2 bis abs. 4 sgb x zurückgenommen werden. nach § 45 abs. 2 satz 1 sgb x darf er nicht zurückgenommen werden, soweit der begünstigte auf den bestand des verwaltungsaktes vertraut hat und sein vertrauen unter abwägung mit dem öffentlichen interesse an einer rücknahme schutzwürdig ist. das vertrauen ist in der regel schutzwürdig, wenn der begünstigte erbrachte leistungen verbraucht oder eine vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren nachteilen rückgängig machen kann (§ 45 abs. 2 satz 2 sgb x). auf vertrauen kann sich der begünstigte nicht berufen, soweit er den verwaltungsakt entweder durch arglistige täuschung, drohung oder bestechung erwirkt hat, der verwaltungsakt auf angaben beruht, die der begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder wenn er die rechtswidrigkeit des verwaltungsaktes kannte oder infolge grober fahrlässigkeit nicht kannte (§ 45 abs. 2 satz 3 sgb x). dabei betrifft § 45 abs. 1 sgb x aufgrund seiner stellung im gefüge der §§ 44 ff. sgb x nur die fälle der so genannten ursprünglichen rechtswidrigkeit, also die fälle, bei denen die rechtswidrigkeit des verwaltungsaktes bereits im zeitpunkt seines erlasses bestand (schütze in: von wulffen, sgb x, 7. auflage 2010, § 45, rn. 31). 23hier kann offen bleiben, ob der ursprüngliche bewilligungsbescheid vom 17. 7. 2012 tatsächlich wegen fehlender erwerbsfähigkeit des klägers anfänglich rechtswidrig ist, denn jedenfalls hat der beklagte das ihm nach § 45 sgb x eingeräumte ermessen im aufhebungsbescheid vom 27.07.2012 in gestalt des widerspruchsbescheids vom 14.09.2012 nicht ausgeübt. das ermessen ist im vorliegenden fall auch nicht nach § 40 abs. 2 nr. 3 sgb ii in verbindung mit § 330 abs. 2 sozialgesetzbuch drittes buch – arbeitsförderung – (sgb iii) entbehrlich, denn ein fall des § 45 abs. 2 satz 3 sgb x liegt aus sicht der kammer jedenfalls nicht vor. 24nach § 48 abs. 1 sgb x ist ein verwaltungsakt mit dauerwirkung mit wirkung für die zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen verhältnissen, die beim erlass des verwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche änderung eintritt. "wesentlich" bedeutet in diesem zusammenhang den eintritt einer rechtserheblichen änderung was voraussetzt, dass die behörde unter den nunmehr objektiv vorliegenden verhältnissen den ergangenen verwaltungsakt (so) nicht hätte erlassen dürfen (steinwedel in: kasseler kommentar zum sozialversicherungsrecht, 77. ergänzungslieferung 2013, § 48 sgb x, rn. 13 m. w. n.). dies ist nicht der fall. 25unabhängig davon, ob der kläger erwerbsunfähig (geworden) ist, ist der beklagte nach § 44 a abs. 1 satz 7 sgb ii weiterhin zur erbringung von leistungen nach dem sgb ii ver-pflichtet. 26§ 44 a sgb ii regelt grundsätzlich das verfahren zur feststellung der erwerbsfähigkeit und hilfebedürftigkeit von arbeitsuchenden durch die agentur für arbeit. nach der feststellung durch die agentur für arbeit haben diverse leistungsträger das recht zum widerspruch gegen diese feststellung (§ 44 a abs. 1 satz 2 sgb ii). nach dem wortlaut des § 44 a abs. 1 satz 7 sgb ii besteht die leistungspflicht zwar nur vom widerspruch eines solchen trägers gegen die negative feststellung der erwerbsfähigkeit bis zur entscheidung über den widerspruch. diese vorschrift enthält aber nicht die anordnung einer vorläufigen leistung, sondern eine nahtlosigkeitsregelung nach dem vorbild des § 125 sgb iii (bsg, urteil vom 07.11.2006 – b 7b as 10/06 r; knapp in: jurispk-sgb ii, 3. auflage 2012, § 44a, rn. 71). im ergebnis fingiert § 44 a abs. 1 satz 7 sgb ii die erwerbsfähigkeit des arbeitsuchenden und verpflichtet den träger der leistungen nach dem sgb ii daher nicht erst ab widerspruch leistungen nach dem sgb ii zu erbringen (knapp in: jurispk-sgb ii, a. a. o., rn. 72). dies gilt zur überzeugung der kammer auch nicht erst bei einem bereits bestehenden streit zwischen zwei leistungsträgern, sondern bereits im vorfeld hierzu (so wohl auch: bsg, a. a. o.). hieran ändert im vorliegenden fall auch die tatsache nichts, dass der träger der leistungen nach dem sgb xii "nahtlos" ab dem 01.09.2012 an den kläger sozialhilfe gezahlt hat, mithin also gar kein streit über die zuständigkeit der leistungserbringung besteht. denn die entscheidende frage der erwerbsfähigkeit des klägers ist zwischen dem beklagten und dem träger der leistungen nach dem sgb xii keinesfalls unstreitig. dies zeigen die aus den leistungsakten ersichtlichen aufzeichnungen, wonach das verfahren zur feststellung der erwerbsfähigkeit nach § 44 a sgb ii nunmehr eingeleitet werden soll. es entspricht nach auffassung der kammer auch dem sinn und zweck des § 44 a abs. 1 satz 7 sgb ii, dass bis zum abschluss des verfahrens zur feststellung der erwerbsfähigkeit weiterhin der beklagte zu leistungen nach dem sgb ii verpflichtet sein soll. der beklagte hatte und hat es selbst in der hand durch einleitung des verfahrens nach § 44 a sgb ii klarheit und vor allem rechtssicherheit über die erwerbsfähigkeit des klägers herzustellen. 27eine aufhebung der leistungen nach dem sgb ii folgt auch nicht aus § 48 abs. 1 satz 2 nr. 3 sgb x wegen der erzielung von einkommen in form der leistungen nach dem sgb xii bzw. wegen des damit einhergehenden wegfalls der hilfebedürftigkeit im sinne des § 9 abs. 1 sgb ii. wenn leistungen durch den sozialhilfeträger nur erbracht werden, weil keine leistungen nach dem sgb ii gezahlt werden – die sich aber mit den leistungen nach dem sgb xii ausschließen – kann dies nach auffassung der kammer keine einkommenserzielung im sinne des § 9 abs. 1 sgb ii sein. derartige konstellationen sind über einen erstattungsanspruch zu lösen. erfüllt – wie nach oben dargestellten ausführungen der träger der leistungen nach dem sgb xii – ein unzuständiger leistungsträger sozialleistungen, entsteht zu gunsten des nicht zur leistung verpflichteten trägers gegenüber dem beklagten ein erstattungsanspruch im sinne des § 105 abs. 1 sgb x. dies hat dem berechtigten gegenüber nach § 107 abs. 1 sgb x zur folge, dass die ihm zustehenden sozialleistungen als erfüllt gelten. 28die kostenentscheidung folgt aus §§ 193, 183 sgg. 29die berufung ist zuzulassen, da der rechtsstreit grundsätzliche bedeutung hat (§ 144 abs. 2 nr. 1 sgg). die frage der reichweite und wirkungen der nahtlosigkeitsregelung des § 44 a sgb ii insbesondere im dem fall, wenn zwischen zwei leistungsträger kein streit über die leistungserbringung besteht, ist höchstrichterlich nicht geklärt. |
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} | 206 C 59/13 | 2013-08-09T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits werden der klagenden Partei auferlegt. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin hat das Gericht gestattet, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leisten. 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten um die Zustimmung zu einer Mieterhöhung. 3Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagten Mieter einer Wohnung im Hause F. Straße 171 in Köln. Die Wohnung befindet sich in einem Gebäude mit Aufzug in mittlerer Wohnlage, das von 1990-2004 bezugsfertig wurde. Sie verfügt über eine Größe von 108,35 m² und ist mit Heizung und Bad/WC ausgestattet. Zudem verfügt die Wohnung über eine ca. 16 m² große Terrasse, die mit einem Glasdach und Seitenverglasung versehen ist, eine wärme- und schalldämmende Verglasung, eine Wärmedämmung von Außenwand und Dach nach neuesten Vorschriften sowie Parkettboden. Die Nettokaltmiete beträgt derzeit 955,90 EUR monatlich. 4Mit Schreiben vom 27.2.2012 verlangte die Hausverwaltung G. Q. die Zustimmung zu einer Erhöhung der Nettokaltmiete auf nunmehr 1.045,90 EUR mit Wirkung zum 1.5.2012. Zur Begründung wurde angeführt, dass die Wohnung in Gruppe 4 D 3 des Mietspiegels der Stadt Köln einzuordnen sei. 5Mit Schreiben vom 22.3.2012 wies der Mieterverein Köln das Mieterhöhungsverlangen zurück mit der Begründung, dass eine besondere Ausstattung der Wohnung nicht vorliege. Die Wohnung verfüge lediglich über Parkettboden, der aber zudem schadhaft sei. Die Wohnung sei daher in Gruppe 4 D 2 einzuordnen. 6Mit Schreiben vom 2.4.2012 widersprach die Hausverwaltung der vom Mieterverein vorgenommenen Einordnung in den Mietspiegel unter Aufzählung der weiteren besonderen Ausstattungsmerkmale der Wohnung. Dabei listete sie die große Terrasse mit Glasdach und Seitenverglasung, die wärme- und schalldämmende Verglasung, die Wärmedämmung von Außenwand und Dach nach neuesten Vorschriften sowie den Aufzug auf. 7Mit Schreiben vom 25.4.2012 wies der Mieterverein das Mieterhöhungsverlangen erneut zurück. 8Die Klägerin beantragt, 9die Beklagten zu verurteilen, einer Erhöhung der Nettokaltmiete für die Wohnung F. Straße 171 in Köln von bisher 955,90 EUR auf nunmehr 1.045,90 EUR mit Wirkung ab dem 1.5.2012 zuzustimmen. 10Die Beklagten beantragen, 11 die Klage abzuweisen. 12Die Beklagten sind der Ansicht, es liege schon keine wirksame Vertretung der Klägerin durch die Hausverwaltung vor. Ein entsprechendes Handeln für die Klägerin gehe aus dem Mieterhöhungsverlangen nicht hervor. 13Das Mieterhöhungsverlangen sei zudem formell unwirksam, da hierin eine Angabe der besonderen Ausstattungsmerkmale fehle. Eine besondere Ausstattung liege im Übrigen nicht vor. 14Wegen des weitergehenden Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 15Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Sander vom 1.3.2013 Bezug genommen. 16Entscheidungsgründe: 17Die Klage ist unzulässig. Besondere Zulässigkeitsvoraussetzung für die Zustimmungsklage ist der Ablauf der Überlegungsfrist des § 558 b Abs. 2 S. 1 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 12.5.2004, VIII ZR 234/03). Diese ist von der Klägerin nicht eingehalten worden. Die Überlegungsfrist wird nur durch ein wirksames Mieterhöhungsverlangen in Gang gesetzt, welches hier wiederum nicht gegeben war. 18Das Mieterhöhungsverlangen vom 27.2.2012 ist formell unwirksam. Zur Begründung seines Mieterhöhungsverlangens kann der Vermieter grundsätzlich auf einen Mietspiegel Bezug nehmen (§ 558 a Abs. 2 Nr. 1 BGB). Das Mieterhöhungsverlangen muss in diesem Fall erkennen lassen, wie genau der Vermieter die Eingruppierung der Wohnung in den Mietspiegel vorgenommen hat. Er muss mithin in dem Mieterhöhungsverlangen konkret angeben, warum sich aus dem Mietspiegel ergibt, dass er mit seinem Erhöhungsverlangen die ortsübliche Miete nicht übersteigt (s. Schmidt-Futterer, Mietrecht, 11. Auflage 2013, § 558 a Rn. 42). Hängt die Einordnung in ein bestimmtes Mietspiegelfeld, wie hier, davon ab, dass aus einer Liste von bestimmten Ausstattungsmerkmalen mehrerer Merkmale gegeben sein müssen, dann müssen die Merkmale, die nach Ansicht des Vermieters bei der Vertragswohnung gegeben sind, exakt bezeichnet werden, damit der Mieter dies überprüfen und der Vermieter die Merkmale nicht im Nachhinein austauschen kann (s. Schmidt-Futterer, a.a.O.). Dem ist das Mieterhöhungsverlangen vom 27.2.2012 nicht gerecht geworden. Besondere Ausstattungsmerkmale sind hierin nicht aufgezählt. 19Dieser Mangel des Mieterhöhungsverlangens ist auch nicht durch das Schreiben der Hausverwaltung vom 2.4.2012 geheilt worden. Ein unwirksames Mieterhöhungsverlangen kann außerhalb eines Rechtsstreits grundsätzlich nur einheitlich im Ganzen neu erklärt und nicht, etwa durch das Nachschieben einer ausreichenden Begründung, nachgebessert werden (s. Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Auflage 2009, Rn. IV 116). 20Die Klägerin hat das streitgegenständliche Mieterhöhungsverlangen auch nicht im Rahmen des hiesigen Rechtsstreits nach § 558 b Abs. 3 BGB nachgebessert. Ein ergänztes Mieterhöhungsverlangen hat die Klägerin im Rahmen des Rechtsstreits nicht formuliert, sondern den Klagantrag ausschließlich auf das ursprüngliche Erhöhungsverlangen vom 27.2.2012 gestützt. Die Klägerin hat ihren Klageantrag entsprechend nicht umgestellt und so etwa auf den späteren Wirkungszeitpunkt eines nachgeholten bzw. ergänzten Mieterhöhungsverlangens abgestellt. 21Das Gericht war auch nicht verpflichtet, die Klägerin auf die Möglichkeit der Heilung hinzuweisen. Die Hinweispflicht dass § 139 ZPO bezieht sich nicht auf alternative Gestaltungsmöglichkeiten. So legt § 139 ZPO dem Gericht keine allgemeine Beratungs- oder gar Fürsorgepflicht auf. Zurückhaltung ist insbesondere dort geboten, wo das materielle Recht Gestaltungsrechte bietet. Ausreichend ist insoweit, dass das Gericht, wie vorliegend erfolgt, auf seine Bedenken gegen die Zulässigkeit der Klage, nämlich auf Mängel des Mieterhöhungsverlangens hinweist (vgl. Schmidt-Futterer, a.a.O. § 558 b Rn. 171). 22Darüber hinaus hat die Klägerin auf das ausdrückliche Bestreiten der Beklagten hin eine ausreichende Vertretung ihrerseits durch die Hausverwaltung nicht dargetan. Weder ein Handeln im Namen der Klägerin noch das Vorliegen einer entsprechenden Vollmacht sind aus dem Mieterhöhungsverlangen vom 27.2.2012 selbst erkennbar. Die Klägerin hat insoweit auch nicht vorgetragen, dass eine Vertretung ihrerseits aus den konkreten Umständen für die Beklagten erkennbar gewesen und etwa eine Bevollmächtigung der Hausverwaltung durch die Klägerin vorgelegen habe und dem Beklagten anderweitig bekannt gewesen sei. Da sich § 558 b Abs. 3 BGB nur auf die Anforderung des § 558 a BGB bezieht, wäre eine Heilung einer unzureichenden Vertretung nach dieser Vorschrift schon nicht möglich. 23Ob die von der Klägerin vorgenommene Einordnung der Wohnung in den Mietspiegel inhaltlich zutreffend ist, kann mithin offen bleiben. 24Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 25 | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits werden der klagenden partei auferlegt. dieses urteil ist vorläufig vollstreckbar. der klägerin hat das gericht gestattet, die zwangsvollstreckung gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des vollstreckbaren betrages abzuwenden, wenn nicht die beklagten vor der zwangsvollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des zu vollstreckenden betrages leisten. 1 | 2die parteien streiten um die zustimmung zu einer mieterhöhung. 3die klägerin ist vermieterin, die beklagten mieter einer wohnung im hause f. straße 171 in köln. die wohnung befindet sich in einem gebäude mit aufzug in mittlerer wohnlage, das von 1990-2004 bezugsfertig wurde. sie verfügt über eine größe von 108,35 m² und ist mit heizung und bad/wc ausgestattet. zudem verfügt die wohnung über eine ca. 16 m² große terrasse, die mit einem glasdach und seitenverglasung versehen ist, eine wärme- und schalldämmende verglasung, eine wärmedämmung von außenwand und dach nach neuesten vorschriften sowie parkettboden. die nettokaltmiete beträgt derzeit 955,90 eur monatlich. 4mit schreiben vom 27.2.2012 verlangte die hausverwaltung g. q. die zustimmung zu einer erhöhung der nettokaltmiete auf nunmehr 1.045,90 eur mit wirkung zum 1.5.2012. zur begründung wurde angeführt, dass die wohnung in gruppe 4 d 3 des mietspiegels der stadt köln einzuordnen sei. 5mit schreiben vom 22.3.2012 wies der mieterverein köln das mieterhöhungsverlangen zurück mit der begründung, dass eine besondere ausstattung der wohnung nicht vorliege. die wohnung verfüge lediglich über parkettboden, der aber zudem schadhaft sei. die wohnung sei daher in gruppe 4 d 2 einzuordnen. 6mit schreiben vom 2.4.2012 widersprach die hausverwaltung der vom mieterverein vorgenommenen einordnung in den mietspiegel unter aufzählung der weiteren besonderen ausstattungsmerkmale der wohnung. dabei listete sie die große terrasse mit glasdach und seitenverglasung, die wärme- und schalldämmende verglasung, die wärmedämmung von außenwand und dach nach neuesten vorschriften sowie den aufzug auf. 7mit schreiben vom 25.4.2012 wies der mieterverein das mieterhöhungsverlangen erneut zurück. 8die klägerin beantragt, 9die beklagten zu verurteilen, einer erhöhung der nettokaltmiete für die wohnung f. straße 171 in köln von bisher 955,90 eur auf nunmehr 1.045,90 eur mit wirkung ab dem 1.5.2012 zuzustimmen. 10die beklagten beantragen, 11 die klage abzuweisen. 12die beklagten sind der ansicht, es liege schon keine wirksame vertretung der klägerin durch die hausverwaltung vor. ein entsprechendes handeln für die klägerin gehe aus dem mieterhöhungsverlangen nicht hervor. 13das mieterhöhungsverlangen sei zudem formell unwirksam, da hierin eine angabe der besonderen ausstattungsmerkmale fehle. eine besondere ausstattung liege im übrigen nicht vor. 14wegen des weitergehenden parteivortrags wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 15das gericht hat beweis erhoben durch einholung eines sachverständigengutachtens. wegen des ergebnisses der beweisaufnahme wird auf das gutachten des sachverständigen sander vom 1.3.2013 bezug genommen. 16 | 17die klage ist unzulässig. besondere zulässigkeitsvoraussetzung für die zustimmungsklage ist der ablauf der überlegungsfrist des § 558 b abs. 2 s. 1 bgb (vgl. bgh, urt. v. 12.5.2004, viii zr 234/03). diese ist von der klägerin nicht eingehalten worden. die überlegungsfrist wird nur durch ein wirksames mieterhöhungsverlangen in gang gesetzt, welches hier wiederum nicht gegeben war. 18das mieterhöhungsverlangen vom 27.2.2012 ist formell unwirksam. zur begründung seines mieterhöhungsverlangens kann der vermieter grundsätzlich auf einen mietspiegel bezug nehmen (§ 558 a abs. 2 nr. 1 bgb). das mieterhöhungsverlangen muss in diesem fall erkennen lassen, wie genau der vermieter die eingruppierung der wohnung in den mietspiegel vorgenommen hat. er muss mithin in dem mieterhöhungsverlangen konkret angeben, warum sich aus dem mietspiegel ergibt, dass er mit seinem erhöhungsverlangen die ortsübliche miete nicht übersteigt (s. schmidt-futterer, mietrecht, 11. auflage 2013, § 558 a rn. 42). hängt die einordnung in ein bestimmtes mietspiegelfeld, wie hier, davon ab, dass aus einer liste von bestimmten ausstattungsmerkmalen mehrerer merkmale gegeben sein müssen, dann müssen die merkmale, die nach ansicht des vermieters bei der vertragswohnung gegeben sind, exakt bezeichnet werden, damit der mieter dies überprüfen und der vermieter die merkmale nicht im nachhinein austauschen kann (s. schmidt-futterer, a.a.o.). dem ist das mieterhöhungsverlangen vom 27.2.2012 nicht gerecht geworden. besondere ausstattungsmerkmale sind hierin nicht aufgezählt. 19dieser mangel des mieterhöhungsverlangens ist auch nicht durch das schreiben der hausverwaltung vom 2.4.2012 geheilt worden. ein unwirksames mieterhöhungsverlangen kann außerhalb eines rechtsstreits grundsätzlich nur einheitlich im ganzen neu erklärt und nicht, etwa durch das nachschieben einer ausreichenden begründung, nachgebessert werden (s. sternel, mietrecht aktuell, 4. auflage 2009, rn. iv 116). 20die klägerin hat das streitgegenständliche mieterhöhungsverlangen auch nicht im rahmen des hiesigen rechtsstreits nach § 558 b abs. 3 bgb nachgebessert. ein ergänztes mieterhöhungsverlangen hat die klägerin im rahmen des rechtsstreits nicht formuliert, sondern den klagantrag ausschließlich auf das ursprüngliche erhöhungsverlangen vom 27.2.2012 gestützt. die klägerin hat ihren klageantrag entsprechend nicht umgestellt und so etwa auf den späteren wirkungszeitpunkt eines nachgeholten bzw. ergänzten mieterhöhungsverlangens abgestellt. 21das gericht war auch nicht verpflichtet, die klägerin auf die möglichkeit der heilung hinzuweisen. die hinweispflicht dass § 139 zpo bezieht sich nicht auf alternative gestaltungsmöglichkeiten. so legt § 139 zpo dem gericht keine allgemeine beratungs- oder gar fürsorgepflicht auf. zurückhaltung ist insbesondere dort geboten, wo das materielle recht gestaltungsrechte bietet. ausreichend ist insoweit, dass das gericht, wie vorliegend erfolgt, auf seine bedenken gegen die zulässigkeit der klage, nämlich auf mängel des mieterhöhungsverlangens hinweist (vgl. schmidt-futterer, a.a.o. § 558 b rn. 171). 22darüber hinaus hat die klägerin auf das ausdrückliche bestreiten der beklagten hin eine ausreichende vertretung ihrerseits durch die hausverwaltung nicht dargetan. weder ein handeln im namen der klägerin noch das vorliegen einer entsprechenden vollmacht sind aus dem mieterhöhungsverlangen vom 27.2.2012 selbst erkennbar. die klägerin hat insoweit auch nicht vorgetragen, dass eine vertretung ihrerseits aus den konkreten umständen für die beklagten erkennbar gewesen und etwa eine bevollmächtigung der hausverwaltung durch die klägerin vorgelegen habe und dem beklagten anderweitig bekannt gewesen sei. da sich § 558 b abs. 3 bgb nur auf die anforderung des § 558 a bgb bezieht, wäre eine heilung einer unzureichenden vertretung nach dieser vorschrift schon nicht möglich. 23ob die von der klägerin vorgenommene einordnung der wohnung in den mietspiegel inhaltlich zutreffend ist, kann mithin offen bleiben. 24die kostenentscheidung beruht auf § 91 zpo; die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit auf den §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 25 |
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} | 14 K 4138/10 Kg, AO | 2013-08-09T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen.Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. 1Tatbestand:2Streitig ist, ob der am 00.00.19xx geborene Sohn U ein berücksichtigungsfähiges Kind i.S.d. §§ 63 Abs. 1, 32 Abs. 4 Satz 1 EStG ist.3Die Klägerin erhielt für ihren Sohn U Kindergeld. Im „Antrag auf Weiterzahlung des Kindergeldes für ein volljähriges Kind“ vom 03.11.2008 (Bl. 40 der Kindergeldakte / KgA) war angekreuzt, U suche einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz. Zudem war eingetragen „Hat Bluthochdruck / Untersuchungen laufen noch“. Mit Bescheid vom 05.11.2008 (Bl. 45 KgA) gab die Beklagte dem Antrag statt und setzte zugunsten der Klägerin für U ab Januar 2008 Kindergeld fest.4U hatte nach Abschluss der Hauptschule ein Berufsgrundbildungsjahr der Fachrichtung Metalltechnik absolviert, welches in 2008 geendet hatte. Danach hatte er sich bei der Agentur für Arbeit als Bewerber um einen Ausbildungsplatz gemeldet. Als Ausbildungswunsch ist vermerkt „Maler/in und Lackierer/in – Gestaltung und Instandhaltung, Fachlagerist“.5Der Ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit C erstellte unter dem Datum 19.02.2009 ein Gutachten (Bl 61 KgA). Hierin wurde angegeben, dass U trotz der Bluthochdruckerkrankung vollschichtig (tägl. 6 Std. und mehr) arbeitsfähig sei. Auszuschließen seien: Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten mit hohem Gefahrenpotential, Nachtschicht, arbeitsmedizinisch definierte Hitzearbeit, Absturzgefahr aus großer Höhe und Tätigkeiten mit erhöhter Eigen- und Fremdgefährdung. Weiter heißt es dort wie folgt:6„Im Mittelpunkt steht eine Bluthochdruckerkrankung, die bisher noch nicht befriedigend eingestellt ist. Hier berichtet der Patient über wiederholte Blutdruckkrisen mit Atembeschwerden und Schwindelsymptomatik, die ohne Bezug zur aktuellen Belastung mehrfach täglich aufträten. In diesem Zusammenhang sind regelmäßig hohe körperliche Belastungen und Tätigkeiten mit erhöhtem Gefahrenpotential derzeit nicht möglich. Unter Fortführung der begonnenen Therapie ist mit einer Verbesserung der Blutdruckregulierung mittelfristig zu rechnen, so dass die genannten Einschränkungen voraussichtlich abgemildert werden können. Ein genauer Zeitraum hierfür ist derzeit noch nicht absehbar.7Der Patient wünscht sich eine Tätigkeit als Autolackierer. Hierfür besteht ausreichende Leistungsfähigkeit. Bezüglich einer Tätigkeit als Maler und Lackierer allgemein ist eine Arbeit auf hohen Gerüsten derzeit noch nicht zu empfehlen. Ob dies im mittelfristigen Verlauf möglich wird, ist aus heutiger Sicht nicht abschließend beurteilbar. Eine Tätigkeit im Lager ist aufgrund der eingeschränkten körperlichen Belastbarkeit mit hohen Gewichten als ungünstig anzusehen, insbesondere das Heben großer Lasten in ungünstiger Körperhaltung ist dem Patienten derzeit nicht zuzumuten. Geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der körperlichen Belastbarkeit wurden dem Patienten benannt. Zum Leistungsbild siehe oben.“8Zum 27.07.2009 wurde U aus der Berufsberatung abgemeldet. Als letzter Kontakt ist der 16.04.2009 vermerkt (Bl. 63 KgA).9Mit Schreiben vom 06.09.2010 hörte die Beklagte die Klägerin in Bezug auf eine mögliche Aufhebung des Kindergeldes ab August 2009 an. Die Klägerin entgegnete mit Schreiben vom 10.09.2010 (Bl. 67 KgA) Folgendes:10„Die Berufsberaterin meines Sohnes, Frau J , hat U aufgrund des Gutachtens des ärztlichen Dienstes aus dem Computer genommen. Sie sagte uns, dass U sich erst einmal um seine Gesundheit kümmern sollte. Auf Nachfrage, ob U Nachteile dadurch entstehen können, sagte uns Frau J nein. Dadurch habe ich nicht damit gerechnet, dass U kein Kindergeld mehr zusteht, da er von keiner Behörde Geld bezieht.11P.S. U's Gesundheitszustand hat sich seit dem Tag des Gutachtens weiterhin verschlechtert.“12Ungeachtet dieser Einwendungen hob die Beklagte die Kindergeldfestsetzung für U mit Bescheid vom 13.10.2010 gem. § 70 Abs. 2 EStG ab August 2009 auf und forderte das für den Zeitraum August 2009 bis September 2010 bereits ausgezahlte Kindergeld i.H.v. 2.476 € gem. § 37 Abs. 2 AO von der Klägerin zurück (Bl. 73 KgA).13Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein. Im Einspruchsverfahren trug die Klägerin vor, sie sei zusammen mit U beim Arbeitsamt gewesen. Frau J habe ihr mitgeteilt, dass sie U aufgrund seiner Krankheit aus dem Computer des Arbeitsamts nehme, „damit wir uns darauf konzentrieren können, die Ursache seines Leidens ausfindig machen zu können und währenddessen nicht permanent vom Arbeitsamt umsonst kontaktiert werden“. Des Weiteren habe ihr Frau J , als sie sich ausdrücklich nach U's finanzieller Lage und Zukunft erkundigt habe, versichert, dass U auch weiterhin Kindergeld zustehe. Erst jetzt habe sie – die Klägerin – erfahren, dass U eigentlich Hartz IV zugestanden hätte.14Weder sie noch U hätten Frau J aufgetragen, U aus dem Computer zu nehmen. Sie hätten nämlich angenommen, dass Frau J in der Ausführung ihres Berufes kompetent genug wäre, um nach bestem Wissen und Gewissen im Sinne von U zu handeln, was aber offensichtlich nicht der Fall gewesen sei. Es könne einfach nicht angehen, dass sie – die Klägerin – wegen inkompetenter Beratung seitens des Arbeitsamtes zur Rechenschaft gezogen werde.15Auf Nachfrage der Beklagten teilte Frau J mit (Bl. 81 KgA), dass der alte Datensatz nicht mehr vorhanden sei und sie den Fall nur aus der Erinnerung schildern könne. Es sei schon im Juni 2008 eine Teilnahme an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme vorgemerkt worden, welche jedoch aus gesundheitlichen Gründen zunächst zurückgestellt bzw. verschoben worden sei. Der Jugendliche sei dann lange Zeit weiter gemeldet gewesen mit jeweiligen Anfragen durch die Berufsberatung, ob ein aktiver Ansatz wieder möglich sei. Weiter wird ausgeführt: „Die weitere Führung lief voraussichtlich bis zum Ausbildungsbeginn 2009 – da aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen weiterhin kein aktiver Ansatz über die BB erfolgen konnte, war eine weitere Führung in der BB zunächst nicht mehr zielführend und der Datensatz wurde wahrscheinlich abgemeldet. Wenn gesundheitliche Einschränkungen dazu führen, dass ein Jugendlicher nicht (mehr) in der BB geführt wird, weise ich darauf hin, diese Situation mit der Familienkasse zu besprechen.“16Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 05.11.2010 als unbegründet zurückgewiesen.17Im Klageverfahren verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.18Sie trägt vor, dass sich die Beklagte irre, soweit diese davon ausgehe, dass U eine vollschichtige Erwerbstätigkeit von mindestens sechs Stunden ausüben könne. U sei aufgrund seiner eingeschränkten Belastbarkeit weder damals noch heute in der Lage gewesen, die von ihm gewünschte Lehre als Autolackierer anzutreten. Aus diesem Grund habe die Berufsberaterin U geraten, beruflich ein Jahr zu pausieren, um den Blutdruck in den Griff zu bekommen. Dies habe U dann auch getan. Allerdings sei es bislang nicht gelungen, eine Verbesserung der Blutdruckregulierung zu erreichen. Die Klägerin reichte zwei Atteste des Dr. med. E vom 10.11.2010 und 29.02.2012 ein (Bl. 20, 58 der Gerichtsakte – GA).19Aufgrund der damals vorliegenden ärztlichen Atteste seien sowohl sie – die Klägerin – als auch die Arbeitsvermittlerin davon ausgegangen, dass U keiner Arbeit nachgehen könne. Jedoch hätten weder sie noch U den Wunsch geäußert, dass U mit der Arbeitssuche pausieren solle, sondern dies sei nach Vorlage der Atteste von Frau J angeregt worden. Diese sei es auch gewesen, die erklärt habe, dass weiterhin ein Kindergeldanspruch bestehe.20Sie – die Klägerin – fühle sich von der Agentur für Arbeit getäuscht. Die Beklagte müsse sich das Verhalten der Frau J zurechnen lassen, da die ARGE und die Beklagte als einheitliche Behörde auftreten würden. Sie – die Klägerin – habe davon ausgehen können und müssen, dass die Angaben der Sachbearbeiterin Frau J , dass U weiterhin Anspruch auf Kindergeld habe, rechtens seien. Dies müsse sich die Beklagte zurechnen lassen, zumal U sich dann auf jeden Fall bei einem für Arbeitslosengeld II zuständigen Leistungsträger habe melden können.21Durch die Herausnahme von U aus der Datei für Bewerber um eine Ausbildungsstelle seien die Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG ohne ihr– der Klägerin – Verschulden beseitigt worden. Der sozialrechtliche Wiederherstellungsanspruch gebiete es daher, sie so zu stellen, dass der Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG als gegeben gelte.22Die Klägerin beantragt sinngemäß,23den Bescheid vom 13.10.2010 sowie die Einspruchsentscheidung vom 05.11.2010 aufzuheben.24Die Beklagte beantragt,25die Klage abzuweisen.26Sie hält den angefochtenen Bescheid weiterhin für rechtmäßig.27Eine Berücksichtigung während einer Erkrankung setze u.a. voraus, dass festgestellt werde, wann die Ausbildung bzw. die Bemühungen um einen Ausbildungsplatz wieder aufgenommen werden können. Es müsse somit feststehen, dass das Kind in absehbarer Zeit die Tatbestandsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG wieder erfülle. Vorliegend sei nach dem Ergebnis der Begutachtung nicht absehbar, wann sich die Erkrankung bessere. Gleichzeitig werde attestiert, dass trotz der Erkrankung eine vollschichtige Tätigkeit möglich sei. Eine Berücksichtigung als erkranktes Kind scheide damit aus.28Auch die Berücksichtigung wegen einer Behinderung gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG scheide aus. Hier fehle es schon an einer Kausalität zwischen der Behinderung und der mangelnden Fähigkeit zum Selbstunterhalt, da U nach der medizinischen Begutachtung zu einer vollschichtigen Tätigkeit in der Lage sei.29Die Klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass ihr der weitere Bezug des Kindergeldes zugesichert worden sei. Vertrauensschutz scheide schon deshalb aus, weil etwaige entsprechende Zusagen durch die ARGE nicht der beklagten Familienkasse zuzurechnen seien.30Der Senat hat mit Beschluss vom 18.07.2012 den Facharzt für Arbeitsmedizin Dr. med. Q mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens zu folgenden Beweisfragen beauftragt:31"1. ob Herr U L im Streitzeitraum August 2009 bis November 2010 unter gesundheitlichen Einschränkungen litt und – falls ja – welche dies waren und seit wann die Einschränkungen bestanden,322. ob und – wenn ja – in welchem Umfang die Leistungsfähigkeit des Herrn U L hierdurch in zeitlicher Hinsicht (Begrenzung der Wochenarbeitszeit) oder fachlicher Hinsicht (Begrenzung auf bestimmte Tätigkeiten) im Streitzeitraum eingeschränkt war sowie333. ob und – wenn ja – in welcher Hinsicht Herr U L für die ihm möglichen Tätigkeiten einen besonders eingerichteten Arbeitsplatz benötigt hätte."34Der Gutachter bestätigte in seinem Gutachten vom 21.12.2012, dass U im Streitzeitraum an einer idiopathischen Hyperhidrosis und einer arteriellen Hypertonie erkrankt sei. Aus dem Gutachten ergibt sich, dass U wegen der Hypertonie und der Hyperhidrosis vom 22.08.-02.09.2008, vom 04.-10.12.2008, vom 22.-30.09.2009 und vom 06.-09.10.2009 stationär behandelt wurde.35Der Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass U trotz dieser Erkrankungen vollschichtig (täglich 6 Stunden und mehr) arbeiten könne und dass kein besonders eingerichteter Arbeitsplatz notwendig erscheine. Eine Arbeitstätigkeit sei, da sie eine Struktur im Tagesablauf gewährleisten würde, für das Krankheitsbild von U sogar „sehr förderlich“. Es seien jedoch folgende Einschränkungen zu beachten: keine Arbeiten mit erhöhter Unfallgefahr, keine schwere körperliche Arbeit, keine Tätigkeiten mit Absturzgefährdung, keine Hitzetätigkeit, kein Tragen eines Atemschutzes über 5 kg, keine Arbeit in Nachtschicht, keine Tätigkeiten im Nahrungsmittelbereich, kein intensiver Kundenkontakt (wegen Händeschütteln). Die vorgenannten Einschränkungen würden dem von U geäußerten Berufswunsch „Autolackierer“ nicht entgegen stehen.36Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten vom 21.12.2012, die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Kindergeldakte verwiesen.37Der Senat hat am 09.08.2013 mündlich verhandelt. Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung wird Bezug genommen.38Entscheidungsgründe:39Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.40Der Bescheid vom 13.10.2010 enthält zwei Verwaltungsakte, nämlich einerseits die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung (Aufhebungsbescheid) und andererseits die Rückforderung des Kindergeldes (Rückforderungsbescheid).411. Der Aufhebungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.42Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bindet die Ablehnung oder Aufhebung der Kindergeldfestsetzung nur bis zum Ende des Monats der Bekanntgabe des Bescheides bzw. der Einspruchsentscheidung (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 02.11.2011 – III B 48/11, BFH/NV 2012, 265, m.w.N.; BFH-Urteil vom 04.08.2011 – III R 71/10, BStBl II 2013, 380 m.w.N.). Bezogen auf den Streitfall bedeutet das, dass sich die gegen den Aufhebungsbescheid gerichtete Klage auf die Monate August 2009 (Beginn der Aufhebung) bis November 2010 (Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung vom 05.11.2010) bezieht.43Nach § 70 Abs. 2 FGO ist die Festsetzung des Kindergeldes zu ändern, soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten, und zwar mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse. Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn ein volljähriges Kind die besonderen Voraussetzungen des §§ 63 Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. § 32 Abs. 4 EStG nicht mehr erfüllt.44Im Streitzeitraum August 2009 bis November 2010 lagen die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG nicht vor.45a) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, 2a, 2b und 2d EStG scheiden im Streitfall offensichtlich aus. U war im Streitzeitraum nicht als Arbeitssuchender gemeldet (Nr.1), absolvierte keinen Freiwilligendienst i.S.d. Nr. 2d, wurde nicht für einen Beruf ausgebildet (Nr. 2a) und befand sich auch nicht in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten i.S.d. Nr. 2b.46b) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG lagen ebenfalls nicht vor.47Nach dieser Vorschrift wird ein Kind berücksichtigt, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen konnte.48Die Berücksichtigung eines Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH voraus, dass sich das Kind ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht. Das Bemühen um einen Ausbildungsplatz ist glaubhaft zu machen. Pauschale Angaben, das Kind sei im fraglichen Zeitraum ausbildungsbereit gewesen o.ä., reichen nicht aus. Um einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Kindergeldes entgegen zu wirken, muss sich die Ausbildungsbereitschaft des Kindes durch belegbare Bemühungen um einen Ausbildungsplatz objektiviert haben (vgl. BFH, Urteil vom 19.06.2008 – III R 66/05, BStBl II 2009, 1005).49Anhaltspunkte dafür, dass sich U im Streitzeitraum auf Ausbildungsplätze beworben hat, liegen nicht vor. Dies hat die Klägerin auch nicht behauptet. Sie stützt ihren Vortrag vielmehr darauf, dass U im Streitzeitraum so krank gewesen sei, dass er seine Ausbildungsplatzsuche habe unterbrechen müssen.50Dazu, wie bei einer vorübergehenden Erkrankung eines Kindes zu verfahren ist, enthält § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG keine Regelungen. Für den Fall, dass ein Kind seine Ausbildung infolge einer Erkrankung oder aus anderen, nicht auf seinem Willen beruhenden Umständen vorübergehend unterbrechen muss, hat der BFH entschieden, dass das Kind seinen Status als berücksichtigungsfähiges Kind grundsätzlich behält. Der Rechtsprechung liegt der Gedanke zugrunde, dass das Kind in solchen Fällen den Willen hat, sich der Ausbildung zu unterziehen, aber aus objektiven Gründen – wie z.B. wegen Erkrankung – daran gehindert ist, weil ihm die Durchführung der Ausbildungsmaßnahme nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Hat ein Kind einen Ausbildungsplatz und ist es ausbildungswillig, aus objektiven Gründen aber zeitweise nicht in der Lage, die Ausbildung fortzusetzen, ist es ebenso zu behandeln wie ein Kind, das sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz bemüht, einen solchen aber nicht findet und deshalb nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG zu berücksichtigen ist (vgl. BFH, Urteil vom 20.07.2006 – III R 69/04, BFH/NV 2006, 2067; vom 15.07.2003 – VIII R 47/02, BStBl II 2003, 848). Das Merkmal „zeitweise“ bzw. „vorübergehend“ ist hierbei von besonderer Bedeutung. Ist nicht absehbar, dass sich der Gesundheitszustand des Kindes soweit verbessern wird, dass es seine Ausbildung in näherer Zukunft wieder aufnehmen kann, ähnelt die Konstellation nicht mehr der des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG, sondern der des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG. Es läge eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung vor, wenn ein Kind, das aufgrund seiner Behinderung / Erkrankung von vornherein gar keine Ausbildung aufnehmen konnte, nur unter den engen Voraussetzungen der Nr. 3 Kindergeld bekäme, während ein Kind, bei dem die Behinderung / Erkrankung erst während der Ausbildung eintritt, ohne Weiteres Kindergeld bis zur Vollendung des 25. Lebensjahrs nach Nr. 2a bekäme.51Im Streitfall geht es ohnehin nicht darum, dass eine bereits begonnene Ausbildung unterbrochen wurde, sondern es wurde nur die Ausbildungssuche unterbrochen. Inwieweit die o.g. Rechtsprechung des BFH auf diese Fälle überhaupt übertragbar ist, ist fraglich. Zu beachten ist, dass Ausbildungen typischerweise zu bestimmten, z.T. noch mehrere Monate entfernt liegenden Terminen beginnen und nur wenige Erkrankungen derart schwer sein dürften, dass selbst eine körperlich einfache Tätigkeit wie das Schreiben von Bewerbungen als unmöglich bzw. unzumutbar erscheinen wird. Sofern das Schreiben von Bewerbungen möglich war, jedoch deshalb unterblieben ist, weil nicht absehbar war, ob das Kind bis zum anvisierten Ausbildungstermin hinreichend genesen ist, dürfte es häufig am Merkmal der nur „vorübergehenden“ bzw. „zeitweisen“ Unterbrechung fehlen.52Die o.g. Rechtsfragen bedürfen im Streitfall jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn es ist bereits nicht erkennbar, dass U aufgrund seiner Erkrankungen– insbesondere aufgrund der Hypertonie und der Hyperhydrosis – daran gehindert gewesen ist, eine Ausbildung zu beginnen bzw. sich um eine Ausbildungsstelle zu bemühen. Der vom Gericht beauftragte Gutachter Dr. Q ist vielmehr zu dem Ergebnis gekommen, dass U – wenn auch mit gewissen Einschränkungen hinsichtlich der Art der Arbeit – im Streitzeitraum vollschichtig arbeitsfähig war. Eine Arbeitsaufnahme wurde sogar als „sehr förderlich“ angesehen. Selbst die von U gewünschte Ausbildung als Autolackierer wurde ausdrücklich für möglich erachtet. Der Senat hat keine Veranlassung, die Feststellungen des Gutachters anzuzweifeln.53An dem Ergebnis, dass U nicht aufgrund einer Erkrankung daran gehindert gewesen ist, eine Ausbildung aufzunehmen bzw. sich um eine Ausbildungsstelle zu bemühen, würde sich allerdings auch dann nichts ändern, wenn U den Beruf eines Autolackierers aus gesundheitlichen Gründen nicht ausüben könnte bzw. dürfte. Denn ein Kind, das die Voraussetzungen für eine bestimmte Ausbildung nicht erfüllt, ist verpflichtet, sich um eine andere Ausbildung zu bemühen.54Abgesehen davon, dass die Erkrankung nicht so schwer war, dass sie einer Ausbildung bzw. der Ausbildungssuche entgegenstand, verhilft eine analoge Anwendung der BFH-Rechtsprechung zu der krankheitsbedingten Unterbrechung von Ausbildungen der Klage auch deshalb nicht zum Erfolg, weil es sich bei der Erkrankung des Sohnes U offensichtlich nicht um einen vorübergehenden Zustand handelte. Dass bzw. aus welchen Gründen die Klägerin und ihr Sohn im Streitzeitraum trotz des Umstandes, dass die Bluthochdruckerkrankung schon seit mindestens 2008 bestand und sich nach den eigenen Angaben der Klägerin noch verschlechtert haben soll, davon ausgegangen sind, dass mit einer baldigen Besserung zu rechnen ist, ist nicht erkennbar.55Entgegen der Auffassung der Klägerin ist U auch nicht aufgrund des „sozialrechtlichen Wiederherstellungsanspruchs“ so zu stellen, als ob er noch als Bewerber um einen Ausbildungsplatz gemeldet sei. Dass der sozialrechtliche Herstellungsanspruch im Kindergeldrecht nach den §§ 62 ff. des Einkommensteuer-gesetzes nicht gilt, hat der Bundesfinanzhof bereits mehrfach entschieden (vgl. BFH, Beschluss vom 28.02.2012 – III B 158/11, BFH/NV 2012, 943 m.w.N.)56Ohnehin wirkt eine Meldung bei der Agentur für Arbeit als ausbildungssuchend nur für einen Zeitraum von drei Monaten und muss dann erneuert werden (vgl. BFH, Urteil vom 19.06.2008 – III R 66/05, BStBl II 2009, 1005). U hat sich nach der am 27.07.2009 erfolgten Abmeldung jedoch nicht mehr bei der Berufsberatung gemeldet.57Die Klägerin lässt bei ihrer Argumentation zudem außer Acht, dass die Abmeldung aus der Bewerberkartei – auch wenn diese auf die Anregung der Berufsberaterin erfolgt sein mag – offensichtlich mit dem Einverständnis der Klägerin und von U erfolgt ist. Es stand U frei, sich jederzeit wieder als ausbildungssuchend zu melden bzw. – sofern tatsächlich die Absicht bestand, alsbald eine Ausbildung aufzunehmen – eigene Bewerbungsbemühungen zu entfalten und zu dokumentieren.58Auch aus einer etwaigen Zusage der Berufsberaterin, es werde weiter Kindergeld gezahlt, kann die Klägerin keinen Kindergeldanspruch herleiten. Dabei kann dahin stehen, ob die Berufsberaterin eine solche Zusage überhaupt gemacht hat. Denn ein Kindergeldanspruch besteht grundsätzlich nur, wenn – was hier wie dargelegt in Bezug auf § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG nicht der Fall ist – die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Ob eine behördliche Äußerung dazu führen kann, dass auch ohne Vorliegen der gesetzlichen Tatbestandsmerkmale Kindergeld festzusetzen ist, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, da die Berufsberaterin für die Festsetzung von Kindergeld nicht zuständig war und Aussagen unzuständiger Behörden keine Rechtsbindungswirkung entfalten können.59c) Die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG liegen ebenfalls nicht vor.60Nach dieser Vorschrift wird ein Kind berücksichtigt, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten und die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahrs eingetreten ist.61Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Unter Berücksichtigung dieser Definition könnte auch die Bluthochdruckerkrankung des Sohnes U , die zu Beginn des Streitzeitraums bereits länger als sechs Monate andauerte, eine Behinderung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG sein. Ob dies tatsächlich der Fall ist, kann dahinstehen, weil die übrigen Tatbestandsvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG ohnehin nicht vorliegen.62Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist ein behindertes Kind dann außerstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es nicht über eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt, die zur Bestreitung seines gesamten notwendigen Lebensunterhalts ausreicht. Der existentielle Lebensbedarf des behinderten Kindes setzt sich typischerweise zusammen aus dem allgemeinen Lebensbedarf (Grundbedarf), der sich an dem maßgeblichen Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG orientiert (= 7.680 € in 2009 und 8.004 € in 2010), und dem individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf, der mangels anderweitigen Nachweises mit den jeweils maßgeblichen Behinderten-Pauschbetrag i.S.d.§ 33b Abs. 1 bis 3 EStG angesetzt werden kann (vgl. BFH, Urteil vom 15.10.1999 – VI R 183/97, BStBl II 2000, 72). Da für U kein Grad der Behinderung festgestellt ist und auch kein behinderungsbedingter Mehrbedarf nachgewiesen ist, greift der Senat auf den für eine Behinderung von 25% vorgesehenen Pauschbetrag von 310 € zurück. Insgesamt ergibt sich damit im Streitfall ein existenzieller Lebensbedarf von 7.990 € in 2009 (entspricht 665,83 € pro Monat) und 8.314 € in 2010 (entspricht 692,83 € pro Monat).63Dafür, dass U in den Monaten August 2009 bis November 2010 nicht im Stande gewesen ist, eine Tätigkeit mit einem Nettoverdienst von rd. 700 €/Monat aufzunehmen, und hierfür vorrangig seine Behinderung ursächlich gewesen ist, ist nichts ersichtlich, zumal U ausweislich des vom Gericht eingeholten Gutachtens im Streitzeitraum vollschichtig arbeitsfähig war. Bei der Prüfung der Ursächlichkeit ist zu beachten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BFH eine Behinderung für die Unfähigkeit des Kindes zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit grundsätzlich nicht ursächlich ist, wenn der Grad der Behinderung weniger als 50 beträgt und keine besonderen Umstände dafür ersichtlich sind, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt keine Erwerbstätigkeit ausgeübt werden kann (vgl. BFH, Urteil vom 19.11.2008 – III R 105/07, BStBl II 2010, 1057). Die Feststellungslast dafür, dass dennoch eine behinderungsbedingte Unfähigkeit zur Bestreitung des Lebensunterhalts vorlag, trägt der Kindergeld-berechtigte. Die Klägerin hat jedoch, obwohl für U kein Grad der Behinderung festgestellt worden ist, keine besondere Umstände dargelegt, aus denen sich ergibt, dass dieser tatsächlich zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht in der Lage war und hierfür eine Behinderung ursächlich war.642) Der Rückforderungsbescheid ist ebenfalls rechtmäßig.65Sind Steuervergütungen – zu denen gem. § 31 Satz 3 EStG auch das Kindergeld gehört – ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrages. Dies gilt auch dann, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt.66Mit der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ab August 2009 ist der Rechtsgrund für die Auszahlung des Kindesgeldes für die Monate August 2009 bis September 2010 nachträglich entfallen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin nicht die Leistungs-empfängerin war oder die Beklagte den Rückzahlungsbetrag von 2.476 € falsch beziffert hat, liegen nicht vor. Die Klägerin hat insoweit auch keine Einwände erhoben.67Die Klägerin kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen.68In der Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass die Weiterzahlung des Kindergeldes selbst bei Mitteilung der Umstände, die zum Wegfall des Kindergeldanspruchs führen, zur Schaffung eines Vertrauenstatbestandes allein nicht ausreicht. Hinzu kommen müssen vielmehr besondere Umstände, die die Geltendmachung des Rückforderungs-anspruchs als illoyale Rechtsausübung erscheinen lassen. Bei einem Massenverfahren wie im Kindergeldrecht ist dabei ein besonders eindeutiges Verhalten der Familienkasse zu fordern, dem zu entnehmen ist, dass sie auch nach Prüfung des Falls unter Berücksichtigung veränderter Umstände von einem Fortbestehen des Kindergeldanspruchs ausgeht und ein anderer Eindruck bei dem Kindergeldempfänger nicht entstehen kann. Dem Verhalten der Familienkasse muss also die konkludente Zusage zu entnehmen sein, dass der Kindergeldempfänger mit einer Rückforderung des Kindergeldes nicht zu rechnen brauche (vgl. Beschluss vom 28.01.2010 – III B 37/09, BFH/NV 2010, 837 m.w.N.). Im Streitfall fehlt es an einem besonderen Verhalten der Familienkasse; diese hat nichts weiter getan, als das Kindergeld auszuzahlen.69Auch ist es für die Rückforderung des Kindergeldes unerheblich, ob die Berufsberaterin der Klägerin bzw. U möglicherweise zugesagt hat, es werde weiter Kindergeld gezahlt. Denn nach der Rechtsprechung des BFH muss sich die Familienkasse nicht einmal Kenntnisse einer anderen Dienststelle innerhalb des Arbeitsamts bzw. der Agentur für Arbeit zurechnen lassen (vgl. (vgl. BFH, Beschluss vom 21.02.2008 – III B 103/07, BFH/NV 2008, 972). Erst recht ist die zuständige Stelle nicht an Zusagen einer unzuständigen Stelle gebunden bzw. sind ihr deren Äußerungen als eigene zuzurechnen. So verhält es sich auch hier. Dass es sich bei der Familienkasse und der Berufsberatung um Stellen mit unterschiedlicher sachlicher Zuständigkeit handelt, ist offensichtlich und hätte sich auch der Klägerin aufdrängen müssen.703. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. | die klage wird abgewiesen.die kosten des verfahrens trägt die klägerin. 1 | 2streitig ist, ob der am 00.00.19xx geborene sohn u ein berücksichtigungsfähiges kind i.s.d. §§ 63 abs. 1, 32 abs. 4 satz 1 estg ist.3die klägerin erhielt für ihren sohn u kindergeld. im „antrag auf weiterzahlung des kindergeldes für ein volljähriges kind“ vom 03.11.2008 (bl. 40 der kindergeldakte / kga) war angekreuzt, u suche einen arbeits- oder ausbildungsplatz. zudem war eingetragen „hat bluthochdruck / untersuchungen laufen noch“. mit bescheid vom 05.11.2008 (bl. 45 kga) gab die beklagte dem antrag statt und setzte zugunsten der klägerin für u ab januar 2008 kindergeld fest.4u hatte nach abschluss der hauptschule ein berufsgrundbildungsjahr der fachrichtung metalltechnik absolviert, welches in 2008 geendet hatte. danach hatte er sich bei der agentur für arbeit als bewerber um einen ausbildungsplatz gemeldet. als ausbildungswunsch ist vermerkt „maler/in und lackierer/in – gestaltung und instandhaltung, fachlagerist“.5der ärztliche dienst der agentur für arbeit c erstellte unter dem datum 19.02.2009 ein gutachten (bl 61 kga). hierin wurde angegeben, dass u trotz der bluthochdruckerkrankung vollschichtig (tägl. 6 std. und mehr) arbeitsfähig sei. auszuschließen seien: fahr-, steuer- und überwachungstätigkeiten mit hohem gefahrenpotential, nachtschicht, arbeitsmedizinisch definierte hitzearbeit, absturzgefahr aus großer höhe und tätigkeiten mit erhöhter eigen- und fremdgefährdung. weiter heißt es dort wie folgt:6„im mittelpunkt steht eine bluthochdruckerkrankung, die bisher noch nicht befriedigend eingestellt ist. hier berichtet der patient über wiederholte blutdruckkrisen mit atembeschwerden und schwindelsymptomatik, die ohne bezug zur aktuellen belastung mehrfach täglich aufträten. in diesem zusammenhang sind regelmäßig hohe körperliche belastungen und tätigkeiten mit erhöhtem gefahrenpotential derzeit nicht möglich. unter fortführung der begonnenen therapie ist mit einer verbesserung der blutdruckregulierung mittelfristig zu rechnen, so dass die genannten einschränkungen voraussichtlich abgemildert werden können. ein genauer zeitraum hierfür ist derzeit noch nicht absehbar.7der patient wünscht sich eine tätigkeit als autolackierer. hierfür besteht ausreichende leistungsfähigkeit. bezüglich einer tätigkeit als maler und lackierer allgemein ist eine arbeit auf hohen gerüsten derzeit noch nicht zu empfehlen. ob dies im mittelfristigen verlauf möglich wird, ist aus heutiger sicht nicht abschließend beurteilbar. eine tätigkeit im lager ist aufgrund der eingeschränkten körperlichen belastbarkeit mit hohen gewichten als ungünstig anzusehen, insbesondere das heben großer lasten in ungünstiger körperhaltung ist dem patienten derzeit nicht zuzumuten. geeignete maßnahmen zur verbesserung der körperlichen belastbarkeit wurden dem patienten benannt. zum leistungsbild siehe oben.“8zum 27.07.2009 wurde u aus der berufsberatung abgemeldet. als letzter kontakt ist der 16.04.2009 vermerkt (bl. 63 kga).9mit schreiben vom 06.09.2010 hörte die beklagte die klägerin in bezug auf eine mögliche aufhebung des kindergeldes ab august 2009 an. die klägerin entgegnete mit schreiben vom 10.09.2010 (bl. 67 kga) folgendes:10„die berufsberaterin meines sohnes, frau j , hat u aufgrund des gutachtens des ärztlichen dienstes aus dem computer genommen. sie sagte uns, dass u sich erst einmal um seine gesundheit kümmern sollte. auf nachfrage, ob u nachteile dadurch entstehen können, sagte uns frau j nein. dadurch habe ich nicht damit gerechnet, dass u kein kindergeld mehr zusteht, da er von keiner behörde geld bezieht.11p.s. u's gesundheitszustand hat sich seit dem tag des gutachtens weiterhin verschlechtert.“12ungeachtet dieser einwendungen hob die beklagte die kindergeldfestsetzung für u mit bescheid vom 13.10.2010 gem. § 70 abs. 2 estg ab august 2009 auf und forderte das für den zeitraum august 2009 bis september 2010 bereits ausgezahlte kindergeld i.h.v. 2.476 € gem. § 37 abs. 2 ao von der klägerin zurück (bl. 73 kga).13hiergegen legte die klägerin einspruch ein. im einspruchsverfahren trug die klägerin vor, sie sei zusammen mit u beim arbeitsamt gewesen. frau j habe ihr mitgeteilt, dass sie u aufgrund seiner krankheit aus dem computer des arbeitsamts nehme, „damit wir uns darauf konzentrieren können, die ursache seines leidens ausfindig machen zu können und währenddessen nicht permanent vom arbeitsamt umsonst kontaktiert werden“. des weiteren habe ihr frau j , als sie sich ausdrücklich nach u's finanzieller lage und zukunft erkundigt habe, versichert, dass u auch weiterhin kindergeld zustehe. erst jetzt habe sie – die klägerin – erfahren, dass u eigentlich hartz iv zugestanden hätte.14weder sie noch u hätten frau j aufgetragen, u aus dem computer zu nehmen. sie hätten nämlich angenommen, dass frau j in der ausführung ihres berufes kompetent genug wäre, um nach bestem wissen und gewissen im sinne von u zu handeln, was aber offensichtlich nicht der fall gewesen sei. es könne einfach nicht angehen, dass sie – die klägerin – wegen inkompetenter beratung seitens des arbeitsamtes zur rechenschaft gezogen werde.15auf nachfrage der beklagten teilte frau j mit (bl. 81 kga), dass der alte datensatz nicht mehr vorhanden sei und sie den fall nur aus der erinnerung schildern könne. es sei schon im juni 2008 eine teilnahme an einer berufsvorbereitenden bildungsmaßnahme vorgemerkt worden, welche jedoch aus gesundheitlichen gründen zunächst zurückgestellt bzw. verschoben worden sei. der jugendliche sei dann lange zeit weiter gemeldet gewesen mit jeweiligen anfragen durch die berufsberatung, ob ein aktiver ansatz wieder möglich sei. weiter wird ausgeführt: „die weitere führung lief voraussichtlich bis zum ausbildungsbeginn 2009 – da aufgrund gesundheitlicher einschränkungen weiterhin kein aktiver ansatz über die bb erfolgen konnte, war eine weitere führung in der bb zunächst nicht mehr zielführend und der datensatz wurde wahrscheinlich abgemeldet. wenn gesundheitliche einschränkungen dazu führen, dass ein jugendlicher nicht (mehr) in der bb geführt wird, weise ich darauf hin, diese situation mit der familienkasse zu besprechen.“16der einspruch wurde mit einspruchsentscheidung vom 05.11.2010 als unbegründet zurückgewiesen.17im klageverfahren verfolgt die klägerin ihr begehren weiter.18sie trägt vor, dass sich die beklagte irre, soweit diese davon ausgehe, dass u eine vollschichtige erwerbstätigkeit von mindestens sechs stunden ausüben könne. u sei aufgrund seiner eingeschränkten belastbarkeit weder damals noch heute in der lage gewesen, die von ihm gewünschte lehre als autolackierer anzutreten. aus diesem grund habe die berufsberaterin u geraten, beruflich ein jahr zu pausieren, um den blutdruck in den griff zu bekommen. dies habe u dann auch getan. allerdings sei es bislang nicht gelungen, eine verbesserung der blutdruckregulierung zu erreichen. die klägerin reichte zwei atteste des dr. med. e vom 10.11.2010 und 29.02.2012 ein (bl. 20, 58 der gerichtsakte – ga).19aufgrund der damals vorliegenden ärztlichen atteste seien sowohl sie – die klägerin – als auch die arbeitsvermittlerin davon ausgegangen, dass u keiner arbeit nachgehen könne. jedoch hätten weder sie noch u den wunsch geäußert, dass u mit der arbeitssuche pausieren solle, sondern dies sei nach vorlage der atteste von frau j angeregt worden. diese sei es auch gewesen, die erklärt habe, dass weiterhin ein kindergeldanspruch bestehe.20sie – die klägerin – fühle sich von der agentur für arbeit getäuscht. die beklagte müsse sich das verhalten der frau j zurechnen lassen, da die arge und die beklagte als einheitliche behörde auftreten würden. sie – die klägerin – habe davon ausgehen können und müssen, dass die angaben der sachbearbeiterin frau j , dass u weiterhin anspruch auf kindergeld habe, rechtens seien. dies müsse sich die beklagte zurechnen lassen, zumal u sich dann auf jeden fall bei einem für arbeitslosengeld ii zuständigen leistungsträger habe melden können.21durch die herausnahme von u aus der datei für bewerber um eine ausbildungsstelle seien die anspruchsvoraussetzungen des § 32 abs. 4 satz 1 nr. 2c estg ohne ihr– der klägerin – verschulden beseitigt worden. der sozialrechtliche wiederherstellungsanspruch gebiete es daher, sie so zu stellen, dass der tatbestand des § 32 abs. 4 satz 1 nr. 2c estg als gegeben gelte.22die klägerin beantragt sinngemäß,23den bescheid vom 13.10.2010 sowie die einspruchsentscheidung vom 05.11.2010 aufzuheben.24die beklagte beantragt,25die klage abzuweisen.26sie hält den angefochtenen bescheid weiterhin für rechtmäßig.27eine berücksichtigung während einer erkrankung setze u.a. voraus, dass festgestellt werde, wann die ausbildung bzw. die bemühungen um einen ausbildungsplatz wieder aufgenommen werden können. es müsse somit feststehen, dass das kind in absehbarer zeit die tatbestandsvoraussetzungen des § 32 abs. 4 satz 1 nr. 2 estg wieder erfülle. vorliegend sei nach dem ergebnis der begutachtung nicht absehbar, wann sich die erkrankung bessere. gleichzeitig werde attestiert, dass trotz der erkrankung eine vollschichtige tätigkeit möglich sei. eine berücksichtigung als erkranktes kind scheide damit aus.28auch die berücksichtigung wegen einer behinderung gem. § 32 abs. 4 satz 1 nr. 3 estg scheide aus. hier fehle es schon an einer kausalität zwischen der behinderung und der mangelnden fähigkeit zum selbstunterhalt, da u nach der medizinischen begutachtung zu einer vollschichtigen tätigkeit in der lage sei.29die klägerin könne sich auch nicht darauf berufen, dass ihr der weitere bezug des kindergeldes zugesichert worden sei. vertrauensschutz scheide schon deshalb aus, weil etwaige entsprechende zusagen durch die arge nicht der beklagten familienkasse zuzurechnen seien.30der senat hat mit beschluss vom 18.07.2012 den facharzt für arbeitsmedizin dr. med. q mit der erstellung eines sachverständigengutachtens zu folgenden beweisfragen beauftragt:31"1. ob herr u l im streitzeitraum august 2009 bis november 2010 unter gesundheitlichen einschränkungen litt und – falls ja – welche dies waren und seit wann die einschränkungen bestanden,322. ob und – wenn ja – in welchem umfang die leistungsfähigkeit des herrn u l hierdurch in zeitlicher hinsicht (begrenzung der wochenarbeitszeit) oder fachlicher hinsicht (begrenzung auf bestimmte tätigkeiten) im streitzeitraum eingeschränkt war sowie333. ob und – wenn ja – in welcher hinsicht herr u l für die ihm möglichen tätigkeiten einen besonders eingerichteten arbeitsplatz benötigt hätte."34der gutachter bestätigte in seinem gutachten vom 21.12.2012, dass u im streitzeitraum an einer idiopathischen hyperhidrosis und einer arteriellen hypertonie erkrankt sei. aus dem gutachten ergibt sich, dass u wegen der hypertonie und der hyperhidrosis vom 22.08.-02.09.2008, vom 04.-10.12.2008, vom 22.-30.09.2009 und vom 06.-09.10.2009 stationär behandelt wurde.35der gutachter kam zu dem ergebnis, dass u trotz dieser erkrankungen vollschichtig (täglich 6 stunden und mehr) arbeiten könne und dass kein besonders eingerichteter arbeitsplatz notwendig erscheine. eine arbeitstätigkeit sei, da sie eine struktur im tagesablauf gewährleisten würde, für das krankheitsbild von u sogar „sehr förderlich“. es seien jedoch folgende einschränkungen zu beachten: keine arbeiten mit erhöhter unfallgefahr, keine schwere körperliche arbeit, keine tätigkeiten mit absturzgefährdung, keine hitzetätigkeit, kein tragen eines atemschutzes über 5 kg, keine arbeit in nachtschicht, keine tätigkeiten im nahrungsmittelbereich, kein intensiver kundenkontakt (wegen händeschütteln). die vorgenannten einschränkungen würden dem von u geäußerten berufswunsch „autolackierer“ nicht entgegen stehen.36wegen der weiteren einzelheiten wird auf das gutachten vom 21.12.2012, die schriftsätze der beteiligten sowie auf die kindergeldakte verwiesen.37der senat hat am 09.08.2013 mündlich verhandelt. auf das protokoll der mündlichen verhandlung wird bezug genommen.38 | 39die klage ist zulässig, aber nicht begründet.40der bescheid vom 13.10.2010 enthält zwei verwaltungsakte, nämlich einerseits die aufhebung der kindergeldfestsetzung (aufhebungsbescheid) und andererseits die rückforderung des kindergeldes (rückforderungsbescheid).411. der aufhebungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die klägerin nicht in ihren rechten.42nach ständiger rechtsprechung des bundesfinanzhofs (bfh) bindet die ablehnung oder aufhebung der kindergeldfestsetzung nur bis zum ende des monats der bekanntgabe des bescheides bzw. der einspruchsentscheidung (vgl. z.b. bfh-beschluss vom 02.11.2011 – iii b 48/11, bfh/nv 2012, 265, m.w.n.; bfh-urteil vom 04.08.2011 – iii r 71/10, bstbl ii 2013, 380 m.w.n.). bezogen auf den streitfall bedeutet das, dass sich die gegen den aufhebungsbescheid gerichtete klage auf die monate august 2009 (beginn der aufhebung) bis november 2010 (bekanntgabe der einspruchsentscheidung vom 05.11.2010) bezieht.43nach § 70 abs. 2 fgo ist die festsetzung des kindergeldes zu ändern, soweit in den verhältnissen, die für den anspruch auf kindergeld erheblich sind, änderungen eintreten, und zwar mit wirkung vom zeitpunkt der änderung der verhältnisse. ein solcher fall liegt insbesondere dann vor, wenn ein volljähriges kind die besonderen voraussetzungen des §§ 63 abs. 1 satz 2 estg i.v.m. § 32 abs. 4 estg nicht mehr erfüllt.44im streitzeitraum august 2009 bis november 2010 lagen die voraussetzungen des § 32 abs. 4 satz 1 estg nicht vor.45a) die tatbestandsvoraussetzungen des § 32 abs. 4 satz 1 nr. 1, 2a, 2b und 2d estg scheiden im streitfall offensichtlich aus. u war im streitzeitraum nicht als arbeitssuchender gemeldet (nr.1), absolvierte keinen freiwilligendienst i.s.d. nr. 2d, wurde nicht für einen beruf ausgebildet (nr. 2a) und befand sich auch nicht in einer übergangszeit von höchstens vier monaten i.s.d. nr. 2b.46b) die tatbestandsvoraussetzungen des § 32 abs. 4 satz 1 nr. 2c estg lagen ebenfalls nicht vor.47nach dieser vorschrift wird ein kind berücksichtigt, wenn es eine berufsausbildung mangels ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen konnte.48die berücksichtigung eines kindes nach § 32 abs. 4 satz 1 nr. 2b estg setzt nach ständiger rechtsprechung des bfh voraus, dass sich das kind ernsthaft um einen ausbildungsplatz bemüht. das bemühen um einen ausbildungsplatz ist glaubhaft zu machen. pauschale angaben, das kind sei im fraglichen zeitraum ausbildungsbereit gewesen o.ä., reichen nicht aus. um einer missbräuchlichen inanspruchnahme des kindergeldes entgegen zu wirken, muss sich die ausbildungsbereitschaft des kindes durch belegbare bemühungen um einen ausbildungsplatz objektiviert haben (vgl. bfh, urteil vom 19.06.2008 – iii r 66/05, bstbl ii 2009, 1005).49anhaltspunkte dafür, dass sich u im streitzeitraum auf ausbildungsplätze beworben hat, liegen nicht vor. dies hat die klägerin auch nicht behauptet. sie stützt ihren vortrag vielmehr darauf, dass u im streitzeitraum so krank gewesen sei, dass er seine ausbildungsplatzsuche habe unterbrechen müssen.50dazu, wie bei einer vorübergehenden erkrankung eines kindes zu verfahren ist, enthält § 32 abs. 4 satz 1 estg keine regelungen. für den fall, dass ein kind seine ausbildung infolge einer erkrankung oder aus anderen, nicht auf seinem willen beruhenden umständen vorübergehend unterbrechen muss, hat der bfh entschieden, dass das kind seinen status als berücksichtigungsfähiges kind grundsätzlich behält. der rechtsprechung liegt der gedanke zugrunde, dass das kind in solchen fällen den willen hat, sich der ausbildung zu unterziehen, aber aus objektiven gründen – wie z.b. wegen erkrankung – daran gehindert ist, weil ihm die durchführung der ausbildungsmaßnahme nicht möglich oder nicht zumutbar ist. hat ein kind einen ausbildungsplatz und ist es ausbildungswillig, aus objektiven gründen aber zeitweise nicht in der lage, die ausbildung fortzusetzen, ist es ebenso zu behandeln wie ein kind, das sich ernsthaft um einen ausbildungsplatz bemüht, einen solchen aber nicht findet und deshalb nach § 32 abs. 4 satz 1 nr. 2c estg zu berücksichtigen ist (vgl. bfh, urteil vom 20.07.2006 – iii r 69/04, bfh/nv 2006, 2067; vom 15.07.2003 – viii r 47/02, bstbl ii 2003, 848). das merkmal „zeitweise“ bzw. „vorübergehend“ ist hierbei von besonderer bedeutung. ist nicht absehbar, dass sich der gesundheitszustand des kindes soweit verbessern wird, dass es seine ausbildung in näherer zukunft wieder aufnehmen kann, ähnelt die konstellation nicht mehr der des § 32 abs. 4 satz 1 nr. 2c estg, sondern der des § 32 abs. 4 satz 1 nr. 3 estg. es läge eine nicht gerechtfertigte ungleichbehandlung vor, wenn ein kind, das aufgrund seiner behinderung / erkrankung von vornherein gar keine ausbildung aufnehmen konnte, nur unter den engen voraussetzungen der nr. 3 kindergeld bekäme, während ein kind, bei dem die behinderung / erkrankung erst während der ausbildung eintritt, ohne weiteres kindergeld bis zur vollendung des 25. lebensjahrs nach nr. 2a bekäme.51im streitfall geht es ohnehin nicht darum, dass eine bereits begonnene ausbildung unterbrochen wurde, sondern es wurde nur die ausbildungssuche unterbrochen. inwieweit die o.g. rechtsprechung des bfh auf diese fälle überhaupt übertragbar ist, ist fraglich. zu beachten ist, dass ausbildungen typischerweise zu bestimmten, z.t. noch mehrere monate entfernt liegenden terminen beginnen und nur wenige erkrankungen derart schwer sein dürften, dass selbst eine körperlich einfache tätigkeit wie das schreiben von bewerbungen als unmöglich bzw. unzumutbar erscheinen wird. sofern das schreiben von bewerbungen möglich war, jedoch deshalb unterblieben ist, weil nicht absehbar war, ob das kind bis zum anvisierten ausbildungstermin hinreichend genesen ist, dürfte es häufig am merkmal der nur „vorübergehenden“ bzw. „zeitweisen“ unterbrechung fehlen.52die o.g. rechtsfragen bedürfen im streitfall jedoch keiner abschließenden klärung. denn es ist bereits nicht erkennbar, dass u aufgrund seiner erkrankungen– insbesondere aufgrund der hypertonie und der hyperhydrosis – daran gehindert gewesen ist, eine ausbildung zu beginnen bzw. sich um eine ausbildungsstelle zu bemühen. der vom gericht beauftragte gutachter dr. q ist vielmehr zu dem ergebnis gekommen, dass u – wenn auch mit gewissen einschränkungen hinsichtlich der art der arbeit – im streitzeitraum vollschichtig arbeitsfähig war. eine arbeitsaufnahme wurde sogar als „sehr förderlich“ angesehen. selbst die von u gewünschte ausbildung als autolackierer wurde ausdrücklich für möglich erachtet. der senat hat keine veranlassung, die feststellungen des gutachters anzuzweifeln.53an dem ergebnis, dass u nicht aufgrund einer erkrankung daran gehindert gewesen ist, eine ausbildung aufzunehmen bzw. sich um eine ausbildungsstelle zu bemühen, würde sich allerdings auch dann nichts ändern, wenn u den beruf eines autolackierers aus gesundheitlichen gründen nicht ausüben könnte bzw. dürfte. denn ein kind, das die voraussetzungen für eine bestimmte ausbildung nicht erfüllt, ist verpflichtet, sich um eine andere ausbildung zu bemühen.54abgesehen davon, dass die erkrankung nicht so schwer war, dass sie einer ausbildung bzw. der ausbildungssuche entgegenstand, verhilft eine analoge anwendung der bfh-rechtsprechung zu der krankheitsbedingten unterbrechung von ausbildungen der klage auch deshalb nicht zum erfolg, weil es sich bei der erkrankung des sohnes u offensichtlich nicht um einen vorübergehenden zustand handelte. dass bzw. aus welchen gründen die klägerin und ihr sohn im streitzeitraum trotz des umstandes, dass die bluthochdruckerkrankung schon seit mindestens 2008 bestand und sich nach den eigenen angaben der klägerin noch verschlechtert haben soll, davon ausgegangen sind, dass mit einer baldigen besserung zu rechnen ist, ist nicht erkennbar.55entgegen der auffassung der klägerin ist u auch nicht aufgrund des „sozialrechtlichen wiederherstellungsanspruchs“ so zu stellen, als ob er noch als bewerber um einen ausbildungsplatz gemeldet sei. dass der sozialrechtliche herstellungsanspruch im kindergeldrecht nach den §§ 62 ff. des einkommensteuer-gesetzes nicht gilt, hat der bundesfinanzhof bereits mehrfach entschieden (vgl. bfh, beschluss vom 28.02.2012 – iii b 158/11, bfh/nv 2012, 943 m.w.n.)56ohnehin wirkt eine meldung bei der agentur für arbeit als ausbildungssuchend nur für einen zeitraum von drei monaten und muss dann erneuert werden (vgl. bfh, urteil vom 19.06.2008 – iii r 66/05, bstbl ii 2009, 1005). u hat sich nach der am 27.07.2009 erfolgten abmeldung jedoch nicht mehr bei der berufsberatung gemeldet.57die klägerin lässt bei ihrer argumentation zudem außer acht, dass die abmeldung aus der bewerberkartei – auch wenn diese auf die anregung der berufsberaterin erfolgt sein mag – offensichtlich mit dem einverständnis der klägerin und von u erfolgt ist. es stand u frei, sich jederzeit wieder als ausbildungssuchend zu melden bzw. – sofern tatsächlich die absicht bestand, alsbald eine ausbildung aufzunehmen – eigene bewerbungsbemühungen zu entfalten und zu dokumentieren.58auch aus einer etwaigen zusage der berufsberaterin, es werde weiter kindergeld gezahlt, kann die klägerin keinen kindergeldanspruch herleiten. dabei kann dahin stehen, ob die berufsberaterin eine solche zusage überhaupt gemacht hat. denn ein kindergeldanspruch besteht grundsätzlich nur, wenn – was hier wie dargelegt in bezug auf § 32 abs. 4 satz 1 nr. 2b estg nicht der fall ist – die gesetzlichen voraussetzungen erfüllt sind. ob eine behördliche äußerung dazu führen kann, dass auch ohne vorliegen der gesetzlichen tatbestandsmerkmale kindergeld festzusetzen ist, bedarf im streitfall keiner entscheidung, da die berufsberaterin für die festsetzung von kindergeld nicht zuständig war und aussagen unzuständiger behörden keine rechtsbindungswirkung entfalten können.59c) die voraussetzungen des § 32 abs. 4 satz 1 nr. 3 estg liegen ebenfalls nicht vor.60nach dieser vorschrift wird ein kind berücksichtigt, wenn es wegen körperlicher, geistiger oder seelischer behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten und die behinderung vor vollendung des 25. lebensjahrs eingetreten ist.61nach § 2 abs. 1 sgb ix sind menschen behindert, wenn ihre körperliche funktion, geistige fähigkeit oder seelische gesundheit mit hoher wahrscheinlichkeit länger als sechs monate von dem für das lebensalter typischen zustand abweichen und daher ihre teilhabe am leben in der gesellschaft beeinträchtigt ist. unter berücksichtigung dieser definition könnte auch die bluthochdruckerkrankung des sohnes u , die zu beginn des streitzeitraums bereits länger als sechs monate andauerte, eine behinderung i.s.d. § 32 abs. 4 satz 1 nr. 3 estg sein. ob dies tatsächlich der fall ist, kann dahinstehen, weil die übrigen tatbestandsvoraussetzung des § 32 abs. 4 satz 1 nr. 3 estg ohnehin nicht vorliegen.62nach ständiger rechtsprechung des bfh ist ein behindertes kind dann außerstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es nicht über eine wirtschaftliche leistungsfähigkeit verfügt, die zur bestreitung seines gesamten notwendigen lebensunterhalts ausreicht. der existentielle lebensbedarf des behinderten kindes setzt sich typischerweise zusammen aus dem allgemeinen lebensbedarf (grundbedarf), der sich an dem maßgeblichen jahresgrenzbetrag nach § 32 abs. 4 satz 2 estg orientiert (= 7.680 € in 2009 und 8.004 € in 2010), und dem individuellen behinderungsbedingten mehrbedarf, der mangels anderweitigen nachweises mit den jeweils maßgeblichen behinderten-pauschbetrag i.s.d.§ 33b abs. 1 bis 3 estg angesetzt werden kann (vgl. bfh, urteil vom 15.10.1999 – vi r 183/97, bstbl ii 2000, 72). da für u kein grad der behinderung festgestellt ist und auch kein behinderungsbedingter mehrbedarf nachgewiesen ist, greift der senat auf den für eine behinderung von 25% vorgesehenen pauschbetrag von 310 € zurück. insgesamt ergibt sich damit im streitfall ein existenzieller lebensbedarf von 7.990 € in 2009 (entspricht 665,83 € pro monat) und 8.314 € in 2010 (entspricht 692,83 € pro monat).63dafür, dass u in den monaten august 2009 bis november 2010 nicht im stande gewesen ist, eine tätigkeit mit einem nettoverdienst von rd. 700 €/monat aufzunehmen, und hierfür vorrangig seine behinderung ursächlich gewesen ist, ist nichts ersichtlich, zumal u ausweislich des vom gericht eingeholten gutachtens im streitzeitraum vollschichtig arbeitsfähig war. bei der prüfung der ursächlichkeit ist zu beachten, dass nach der ständigen rechtsprechung des bfh eine behinderung für die unfähigkeit des kindes zur ausübung einer erwerbstätigkeit grundsätzlich nicht ursächlich ist, wenn der grad der behinderung weniger als 50 beträgt und keine besonderen umstände dafür ersichtlich sind, dass auf dem allgemeinen arbeitsmarkt keine erwerbstätigkeit ausgeübt werden kann (vgl. bfh, urteil vom 19.11.2008 – iii r 105/07, bstbl ii 2010, 1057). die feststellungslast dafür, dass dennoch eine behinderungsbedingte unfähigkeit zur bestreitung des lebensunterhalts vorlag, trägt der kindergeld-berechtigte. die klägerin hat jedoch, obwohl für u kein grad der behinderung festgestellt worden ist, keine besondere umstände dargelegt, aus denen sich ergibt, dass dieser tatsächlich zur ausübung einer erwerbstätigkeit nicht in der lage war und hierfür eine behinderung ursächlich war.642) der rückforderungsbescheid ist ebenfalls rechtmäßig.65sind steuervergütungen – zu denen gem. § 31 satz 3 estg auch das kindergeld gehört – ohne rechtlichen grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen rechnung die zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 abs. 2 satz 1 ao an den leistungsempfänger einen anspruch auf erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten betrages. dies gilt auch dann, wenn der rechtliche grund für die zahlung oder rückzahlung später wegfällt.66mit der aufhebung der kindergeldfestsetzung ab august 2009 ist der rechtsgrund für die auszahlung des kindesgeldes für die monate august 2009 bis september 2010 nachträglich entfallen. anhaltspunkte dafür, dass die klägerin nicht die leistungs-empfängerin war oder die beklagte den rückzahlungsbetrag von 2.476 € falsch beziffert hat, liegen nicht vor. die klägerin hat insoweit auch keine einwände erhoben.67die klägerin kann sich auch nicht auf vertrauensschutz berufen.68in der rechtsprechung des bfh ist geklärt, dass die weiterzahlung des kindergeldes selbst bei mitteilung der umstände, die zum wegfall des kindergeldanspruchs führen, zur schaffung eines vertrauenstatbestandes allein nicht ausreicht. hinzu kommen müssen vielmehr besondere umstände, die die geltendmachung des rückforderungs-anspruchs als illoyale rechtsausübung erscheinen lassen. bei einem massenverfahren wie im kindergeldrecht ist dabei ein besonders eindeutiges verhalten der familienkasse zu fordern, dem zu entnehmen ist, dass sie auch nach prüfung des falls unter berücksichtigung veränderter umstände von einem fortbestehen des kindergeldanspruchs ausgeht und ein anderer eindruck bei dem kindergeldempfänger nicht entstehen kann. dem verhalten der familienkasse muss also die konkludente zusage zu entnehmen sein, dass der kindergeldempfänger mit einer rückforderung des kindergeldes nicht zu rechnen brauche (vgl. beschluss vom 28.01.2010 – iii b 37/09, bfh/nv 2010, 837 m.w.n.). im streitfall fehlt es an einem besonderen verhalten der familienkasse; diese hat nichts weiter getan, als das kindergeld auszuzahlen.69auch ist es für die rückforderung des kindergeldes unerheblich, ob die berufsberaterin der klägerin bzw. u möglicherweise zugesagt hat, es werde weiter kindergeld gezahlt. denn nach der rechtsprechung des bfh muss sich die familienkasse nicht einmal kenntnisse einer anderen dienststelle innerhalb des arbeitsamts bzw. der agentur für arbeit zurechnen lassen (vgl. (vgl. bfh, beschluss vom 21.02.2008 – iii b 103/07, bfh/nv 2008, 972). erst recht ist die zuständige stelle nicht an zusagen einer unzuständigen stelle gebunden bzw. sind ihr deren äußerungen als eigene zuzurechnen. so verhält es sich auch hier. dass es sich bei der familienkasse und der berufsberatung um stellen mit unterschiedlicher sachlicher zuständigkeit handelt, ist offensichtlich und hätte sich auch der klägerin aufdrängen müssen.703. die kostenentscheidung beruht auf § 135 abs. 1 fgo. |
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"name": "Finanzgericht Düsseldorf",
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} | 11 K 1705/12 E | 2013-08-08T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2010 vom 9. September 2009 und 14. Oktober 2011, 12. Juli 2010 bzw. 28. Juli 2011 in Gestalt der Teil-Einspruchsentscheidungen vom 27. März 2012 werden dahingehend abgeändert, dass der bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigenden Entfernungspauschale eine Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte von 54 km zugrunde gelegt wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.Die Ermittlung der festzusetzenden Steuerbeträge wird dem Beklagten übertragen.Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 89 % und der Beklagte zu 11 %.Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand:2Streitig ist der Abzug von Arbeitszimmeraufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit.3Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielt Einkünfte aus Gewerbebetrieb und aus nichtselbständiger Tätigkeit als Bankkaufmann. Die Klägerin ist als Bilanzbuchhalterin ebenfalls nichtselbständig tätig. Daneben erzielen beide Kläger Einkünfte aus Kapitalvermögen sowie Vermietung und Verpachtung.4Der Kläger ist Angestellter der X-Bank in K und fungiert als „Referent medialer Betrieb“. Er übt seine Tätigkeit im …Center in A aus, wobei er mit der X-Bank eine sog. Zusatzvereinbarung Telearbeit (vgl. Einspruchshefter der Beklagten) getroffen hat. Danach haben die Beteiligten vereinbart, dass der Kläger seine arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit in der Privatwohnung ausübt, soweit nicht betriebliche Belange die Arbeitsleistung in den Räumen der X-Bank erfordern. Für die Telearbeit werden dem Kläger die erforderlichen Arbeits- und Hilfsmittel kostenlos zur Verfügung gestellt (vgl. Inventarliste, Blatt 64 der Gerichtsakte). Die X-Bank zahlt eine Pauschale von 51,13 € für die Kosten des häuslichen Arbeitsplatzes (vgl. die gemeinsame Erklärung des Vorstandes und des Personalrates der X-Bank in K zur Pilotphase Telearbeit, Einspruchshefter des Beklagten). Der Anteil der Telearbeit wurde mit 40 bis 60 % festgelegt (vgl. Bestätigung der X-Bank, Blatt 73 der Gerichtsakte). In den Streitjahren nutzte der Kläger für die Telearbeit ein häusliches Arbeitszimmer in der Wohnung bzw. – ab April 2008 – im Einfamilienhaus der Kläger in M.5In ihren Einkommensteuererklärungen für die Jahre 2008 bis 2010 machten die Kläger für Zwecke der Entfernungspauschale 131, 120 bzw. 122 Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit einer Entfernung von jeweils 58 km sowie Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer i. H. v. 1.908 €, 1.263 €, 1.225 € als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit geltend.6In den Bescheiden vom 9. September 2009 und 14. Oktober 2011 (Einkommensteuer 2008), 12. Juli 2010 (Einkommensteuer 2009) bzw. 28. Juli 2011 (Einkommensteuer 2010) berücksichtigte das beklagte Finanzamt die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erklärungsgemäß als Werbungskosten, die Arbeitszimmeraufwendungen hingegen nicht.7Dagegen legten die Kläger rechtzeitig Einspruch ein. Im Hinblick auf die Arbeitszimmeraufwendungen führten sie aus, dass die Arbeit im häuslichen Arbeitszimmer in qualitativer wie quantitativer Hinsicht einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Klägers ausmache. Der qualitative Schwerpunkt seiner Tätigkeit liege im Arbeitszimmer. Auch in quantitativer Hinsicht überwiege die Tätigkeit im Arbeitszimmer. Zur Erläuterung nahmen die Kläger auf den Tätigkeitskatalog der X-Bank in K aus Juli 2003 sowie eine Aufstellung über die im Arbeitszimmer und in der X-Bank abgeleisteten Arbeitstage (vgl. Einspruchshefter des Beklagten) Bezug.8Mit Schreiben vom 28. September 2011 wies das beklagte Finanzamt die Kläger auf die Möglichkeit der Verböserung hin und bat um Erläuterung der im Vergleich zu den Vorjahren gestiegenen Entfernungskilometer.9Mit Teil-Einspruchsentscheidungen vom 27. März 2012 änderte der Beklagte die Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre dergestalt, dass er der Entfernungspauschale nur noch eine Entfernung von 49 km – die nach seiner Auffassung verkehrsgünstigere Strecke – zugrunde legte. Den Einspruch hielt er, soweit über ihn entschieden wurde, für unbegründet und berief sich darauf, dass das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit des Klägers gebildet habe. Da alle wesentlichen Aufgaben des Klägers objektiv sowohl im Arbeitszimmer als auch am betrieblichen Arbeitsplatz erledigt werden könnten und die Bevorzugung des Arbeitszimmers aufgrund subjektiver Beweggründe erfolge, könne der Schlussfolgerung der Kläger, der qualitative Tätigkeitsmittelpunkt liege im Arbeitszimmer, nicht gefolgt werden. Vor dem Hintergrund, dass bereits ein Arbeitsplatz im Großraumbüro, der dem Arbeitnehmer nicht individuell zugeordnet sei, einen Abzug von Arbeitszimmerkosten ausschließe (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 7. August 2003 VI R 17/01, BFHE 203, 130, BStBl II 2004, 78), vermöge der vonseiten der Kläger angeführte Beweggrund der Störungsvermeidung keinen Ausschlag zu geben, das häusliche Arbeitszimmer als Tätigkeitsmittelpunkt anzusehen. Für den betrieblichen Arbeitsplatz könne keine Nutzungsbeschränkung festgestellt werden. Die Vereinbarung über alternierende Telearbeit (40 bis 60 % Telearbeit) stelle keine echte Einschränkung der Nutzungsmöglichkeiten dar, da diese angesichts der erklärten Arbeitstage am Betriebssitz und im häuslichen Arbeitszimmer von den Vertragsparteien offenbar nicht streng ausgelegt werde. Die Kläger könnten sich weiterhin nicht auf das BFH-Urteil vom 23. Mai 2006 (VI R 21/03, BFHE 214, 158, BStBl II 2006, 600) berufen, wonach sich der qualitative Tätigkeitsmittelpunkt im Arbeitszimmer befinde, wenn der Arbeitnehmer eine in qualitativer Hinsicht gleichwertige Arbeitsleistung wöchentlich zu mehr als der Hälfte der Arbeitszeit am häuslichen Telearbeitsplatz verbringe. Die Kläger hätten nicht nachgewiesen, dass die Telearbeit überwiege, da lediglich 79, 89 bzw. 81 Telearbeitstage angegeben worden seien, wohingegen 131, 120 bzw. 122 Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erklärt worden seien. Weiterhin hätten die Kläger nicht darlegen können, dass – wie in dem vom BFH entschiedenen Fall – eine objektive Verschlechterung der Arbeitsplatzsituation am auswärtigen Arbeitsplatz eingetreten sei.10Die Kläger haben am 27. April 2012 Klage erhoben, mit der sie für Zwecke der Entfernungspauschale die Berücksichtigung einer Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 54 km sowie den Abzug der Arbeitszimmeraufwendungen begehren. Im Hinblick auf die Arbeitszimmerkosten tragen sie wie folgt vor:11Das streitgegenständliche Arbeitszimmer entspreche bereits nicht dem Typus eines häuslichen Arbeitszimmers im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes – EStG –. Der Abzug der Aufwendungen sei im Hinblick auf die vertragliche Verpflichtung zur Bereitstellung eines Heimarbeitsplatzes gerechtfertigt. Der Kläger würde sich vertragsbrüchig machen, wenn er keinen Telearbeitsplatz zur Verfügung stelle. Auf das Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 2012 (4 K 1270/09, EFG 2012, 1625, Revision unter VI R 40/12) werde Bezug genommen. Die dort angestellte Argumentation lasse sich auf den Streitfall übertragen. Die Verpflichtungen des Klägers gingen noch über die im Streitfall genannten zwei Telearbeitstage hinaus. Ausgehend von einer Fünf-Tage-Arbeitswoche sei die Telearbeitszeitverpflichtung des Klägers von 40 bis 60 % eher mit drei als mit zwei Tagen zu bewerten. Es sei eine Mindestarbeitszeit am Telearbeitsplatz vereinbart worden, die von der Einteilung der Arbeitszeit her vielleicht flexibler ausgestaltet worden sei als im Vergleichsfall, vom Anteil der Telearbeit her aber über den Vergleichsfall hinausgehe. Der Telearbeitsplatz sei der vertragliche Regelarbeitsplatz des Klägers.12Nur hilfsweise sei darauf hinzuweisen, dass der qualitative Tätigkeitsschwerpunkt des Klägers in seinem Arbeitszimmer liege. Dort würden die den Erfolg ausmachenden Aufgaben im Wesentlichen ausgeführt. Zum Nachweis haben die Kläger eine Bescheinigung der X-Bank in K über die Notwendigkeit des Telearbeitsplatzes (Blatt 9 der Gerichtsakte), eine vom Kläger erstellte Aufstellung über die Verteilung der Arbeitszeit (Blatt 9 Rückseite der Gerichtsakte), den Tätigkeitskatalog der X-Bank in K aus Juli 2003 (Blatt 10 Rückseite ff. der Gerichtsakte), das Anforderungsprofil der X-Bank in K aus Dezember 2012 (Blatt 60 f. der Gerichtsakte) sowie eine Aufstellung des Klägers über die verschiedenen Tätigkeiten und den Anteil der Heimarbeit (Blatt 12 f. der Gerichtsakte) eingereicht.13Ob die prägenden Arbeiten theoretisch auch in der X-Bank durchgeführt werden könnten – wie der Beklagte ausführe –, sei irrelevant. Der Arbeitgeber des Klägers habe ganz bewusst einen Telearbeitsvertrag mit dem Kläger geschlossen, um ihm Entscheidungsfreiheit bezüglich Arbeitszeit und -ort zu geben. Die Selbsteinschätzung des Klägers sei die logische Konsequenz eines auf Vertrauen aufgebauten Arbeitsverhältnisses.14Im Hinblick auf einen entsprechenden Vorhalt des Beklagen führen die Kläger aus, dass die Arbeitsmittel, die der Kläger von der X-Bank erhalte, gemäß der für die X-Bank geltenden Sicherheitsrichtlinien eingerichtet seien. Fremdsoftware (z.B. Bankprogramme anderer Kreditinstitute zu Testzwecken) könne nicht eingespielt werden, das Aufladen der Geldkarten der X-Bank sei nicht möglich und sogar das X-Bank-Informationsvideo im Internet könne nicht abgespielt werden. Um auch diese Aufgaben erfüllen zu können, sei der Kläger auf den Einsatz von Arbeitsmitteln angewiesen, die die X-Bank nicht zur Verfügung stelle und er daher selbst beschaffen müsse.15Letztlich liege auch der quantitative Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers, dem allenfalls indizielle Bedeutung zukomme, im Arbeitszimmer. Auf die Aufstellung über die Zeitverteilung (Blatt 9 Rückseite der Gerichtsakte) werde Bezug genommen. Zusätzlich seien die anfallenden unbezahlten Überstunden und die persönlichen Fortbildungszeiten im Arbeitszimmer zu berücksichtigen, wenngleich diese nicht exakt beziffert werden könnten.16Die Kläger beantragen sinngemäß,17die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2010 vom 9. September 2009 und 14. Oktober 2011, 12. Juli 2010 bzw. 28. Juli 2011 in Gestalt der Teil-Einspruchsentscheidungen vom 27. März 2012 dahingehend abzuändern, dass der Entfernungspauschale jeweils eine Entfernung von 54 km zugrunde gelegt wird und Arbeitszimmeraufwendungen i. H. v. 1.908 € (2008), 1.263 € (2009) bzw. 1.225 € (2010) als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt werden.18Der Beklagte beantragt,19 die Klage abzuweisen.20Im Hinblick auf die Arbeitszimmeraufwendungen macht er geltend, der Streitfall sei mit dem der Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 19. Januar 2012 4 K 1270/09, EFG 2012, 1625, Revision unter VI R 40/12) zugrunde liegenden Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kläger sei nicht verpflichtet, mindestens zwei Tage pro Woche im häuslichen Arbeitszimmer zu verbringen. Der Arbeitsvertrag stelle ihm den Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers frei. Dies ergebe sich auch aus dem Schreiben der X-Bank in K vom 24. Mai 2004, wonach der Anteil der Telearbeit zwischen 40 und 60 % liege, für das Jahr 2003 jedoch aus organisatorischen Gründen habe vermindert werden müssen.21Zudem handele es sich bei der Annahme der Kläger, die im häuslichen Arbeitszimmer erledigten Arbeiten seien für den Beruf prägend, um eine bloße Selbsteinschätzung; eine Arbeitgeberbescheinigung fehle. Auf der Grundlage der eingereichten Unterlagen müsse vielmehr davon ausgegangen werden, dass der Kläger sämtliche prägenden Tätigkeiten am Arbeitsplatz in A erledigen könne. Die geltend gemachten Unzulänglichkeiten des Arbeitsplatzes hätten die Kläger nicht durch eine Arbeitgeberbescheinigung nachgewiesen. Es erscheine zudem wenig glaubhaft, dass die X-Bank ihren Arbeitnehmern wichtige Hilfsmittel (z.B. den Internetanschluss) vorenthalte und hierdurch den Arbeitserfolg gefährde.22Bei Durchsicht der Selbstbewertung des Klägers falle auf, dass der Anteil der Heimarbeit bei den angeführten Tätigkeiten jeweils zwischen 50 und 100 % liege; keine der genannten Aufgaben werde überwiegend in der X-Bank erledigt. Angesichts der Tatsache, dass der Kläger nach seinen eigenen Angaben höchstens an rund 39 % der Gesamtarbeitstage im häuslichen Arbeitszimmer gearbeitet habe, erscheine dies stark subjektiv eingefärbt. Die eingereichte Arbeitgeberbescheinigung vom 29. November 2011 (Blatt 9 der Gerichtsakte) enthalte nur allgemeine Ausführungen über die Vorteile von Telearbeitsplätzen und keine Aussagen über Zeit, Art und Umfang der Tätigkeit des Klägers an seinem Arbeitsplatz. Das Anforderungsprofil aus Dezember 2012 (Blatt 60 ff. der Gerichtsakte) sei im Hinblick auf die Verteilung von Arbeitszeit und Aufgaben auf Heimarbeitsplatz und X-Bank nicht aussagekräftig. Die vom Kläger angeführten Leistungsprämien seien kein Indiz dafür, dass der qualitative Schwerpunkt der Tätigkeit im Arbeitszimmer ausgeübt werde. Sie würden für die gesamte Arbeitsleistung gezahlt.23Weiterhin stehe der Vortrag der Kläger im Klageverfahren im Widerspruch zu verschiedenen Schreiben der Kläger aus den Jahren 2009 und 2010. Dort hätten die Kläger vorgetragen, dass der Kläger zuhause und im Betrieb eine in qualitativer Hinsicht gleichwertige Arbeitsleistung erbringe.24Schließlich sei der Vortrag der Kläger zu den unbezahlten Überstunden und Fortbildungszeiten sehr unkonkret und wenig glaubhaft. Zudem hätte sich der Kläger Überstunden vom X-Bank-Vorstand genehmigen lassen können. Damit liege der quantitative Tätigkeitsschwerpunkt – wie sich aus der entsprechenden Aufstellung ergebe – weiterhin in der X-Bank.25Die Beteiligten haben sich im Erörterungstermin in tatsächlicher Hinsicht dahingehend verständigt, dass der Entfernungspauschale eine Entfernung von 54 km zugrunde zu legen ist.26Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Sitzungsniederschrift, und der beigezogenen Steuerakte des Beklagten Bezug genommen.27Entscheidungsgründe:28Im Hinblick auf das Einverständnis der Beteiligten konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).29Die Klage ist nur teilweise begründet.30Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2010 vom 9. September 2009 und 14. Oktober 2011, 12. Juli 2010 bzw. 28. Juli 2011 in Gestalt der Teil-Einspruchsentscheidungen vom 27. März 2012 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten, soweit der Beklagte der Entfernungspauschale nicht eine Entfernung von 54 km zugrunde gelegt und damit höhere Werbungskosten des Klägers bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt hat (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Hingegen stellen sich die angefochtenen Bescheide im Hinblick auf die nicht berücksichtigten Arbeitszimmeraufwendungen i. H. v. 1.908 € (2008), 1.263 € (2009) bzw. 1.225 € (2010) als rechtmäßig dar.311. Zu Unrecht hat der Beklagte der Entfernungspauschale gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 2 EStG lediglich eine Entfernung von 49 km zugrunde gelegt. Die Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte des Klägers beträgt 54 km. Darauf haben sich die Beteiligten im Erörterungstermin in tatsächlicher Hinsicht verständigt. Der Senat hat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dieser Wert den tatsächlichen Gegebenheiten widersprechen könnte.322. Hingegen hat der Beklagte den Abzug der Arbeitszimmeraufwendungen zu Recht abgelehnt. Die Kläger haben nicht nachweisen können, dass das Arbeitszimmer in den Streitjahren den Mittelpunkt der beruflichen Betätigung des Klägers dargestellt hat.33Gemäß § 9 Abs. 5 Satz 1 in Verbindung mit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG in der in den Streitjahren gültigen Fassung (§ 52 Abs. 12 Satz 9 EStG) sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht abzugsfähig. Dies gilt allerdings nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG). In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG).34a) Der erkennende Senat hält den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG für eröffnet, obschon der Kläger einen häuslichen Telearbeitsplatz unterhalten hat. Zwar könnte daraus eine – gesteigerte – zwangsläufige Veranlassung der Aufwendungen durch die Erwerbstätigkeit hergeleitet werden (offen gelassen im BFH-Urteil vom 23. Mai 2006 VI R 21/03, BFHE 214, 158, BStBl II 2006, 600). Die Beschränkung des Werbungskostenabzugs für ein häusliches Arbeitszimmer dient indes der typisierenden Begrenzung von Aufwendungen, die eine Berührung mit dem privaten Lebensbereich des Steuerpflichtigen aufweisen und in einer Sphäre anfallen, die einer sicheren Nachprüfung durch Finanzverwaltung und Finanzgerichte entzogen ist (BFH-Urteil vom 13. November 2002 VI R 28/02, BFHE 201, 106, BStBl II 2004, 59). Vor diesem Hintergrund hält es der Senat für allein maßgebend, ob der Raum, dessen Bereithaltung die betreffenden Aufwendungen verursacht hat, unter den Typusbegriff des häuslichen Arbeitszimmers zu subsumieren ist. Dies ist vorliegend unproblematisch der Fall. Den arbeitsvertraglichen Gegebenheiten kommt dabei – entgegen dem Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 2012 (4 K 1270/09, EFG 2012, 1625, Revision unter VI R 40/12) – keine weitergehende Bedeutung zu. Dementsprechend ist es ohne Relevanz, wenn arbeitsvertraglich die Verpflichtung besteht, ein häusliches Arbeitszimmer vorzuhalten. Andernfalls könnte die Abzugsbeschränkung allzu leicht umgangen werden, da insoweit regelmäßig kein natürlicher Interessengegensatz zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehen wird.35Zudem kann der erkennende Senat im Streitfall – im Unterschied zum Sachverhalt, den das FG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 19. Januar 2012 4 K 1270/09, EFG 2012, 1625, Revision unter VI R 40/12) zu beurteilen hatte – nicht erkennen, dass aus der Vereinbarung über Telearbeit im Umfang von 40 bis 60 % tatsächlich eine Beschränkung der Verfügungsmöglichkeit des Klägers über den Arbeitsplatz bei seinem Arbeitgeber resultiert hat. Dafür spricht, dass der Kläger den Telearbeitsplatz in den Streitjahren tatsächlich in geringerem Umfang (2008: 31,60 %, 2009: 35,04 %, 2010: 32,27 %, Blatt 9 der Gerichtsakte Rückseite) genutzt hat. Im Übrigen geht aus der gemeinsamen Erklärung des Vorstandes und des Personalrates der X-Bank in K zur Pilotphase Telearbeit (Ziff. 3, vgl. Einspruchshefter des Beklagten) hervor, dass der betriebliche Arbeitsplatz des Telemitarbeiters für die Dauer der Pilotphase nicht anderweitig belegt wird. Dementsprechend geht die X-Bank in K selbst davon aus, dass durch die Telearbeit keine Schreibtische „eingespart“ werden können (Blatt 9 der Gerichtsakte).36b) Der (auf 1.250 € begrenzte) Werbungskostenabzug ist nicht deshalb eröffnet, weil dem Kläger in der X-Bank kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 1 EStG). Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger in der X-Bank über einen anderen Arbeitsplatz verfügt. Dieser steht ihm auch für die berufliche Tätigkeit zur Verfügung, d.h. der Kläger kann ihn in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 7. August 2003 VI R 162/00, BFHE 203, 124, BStBl II 2004, 83). Wenngleich der Kläger vorgetragen hat, einzelne Arbeitsschritte innerhalb bestimmter Arbeitsgänge („Marktbeobachtung“, „Prüfung der Verfahren und Verfahrenserweiterungen“, „Aus- und Fortbildung“, vgl. Blatt 12 ff. der Gerichtsakte) wegen technischer Restriktionen nur auf einem – aus der Sicht der X-Bank – externen PC ausführen zu können, hat er nicht glaubhaft gemacht, dass gesamte Arbeitsfelder und damit Bürotätigkeiten in erheblichem Umfang nicht (innerhalb der üblichen Bürozeiten) in der X-Bank erbracht werden konnten. Insbesondere im Hinblick auf die Mitwirkung bei sog. Releasewechseln hat der Kläger zwar geltend gemacht, dass Bereitschaftszeiten im häuslichen Arbeitszimmer „akzeptabel und flexibel zu handhaben“ seien. Zudem hat er auf die ansonsten bestehende Notwendigkeit des Gebäudezutritts im Sicherheitsbereich hingewiesen. Daraus folgt jedoch nicht zwangsläufig, dass diese Aufgaben nicht auch in der X-Bank erledigt werden könnten.37c) Schließlich kommt kein (unbegrenzter) Werbungskostenabzug unter dem Gesichtspunkt des Arbeitszimmers als Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG) in Betracht.38aa) Dabei kann der Senat offen lassen, ob ein unbegrenzter Werbungskostenabzug schon daran scheitert, dass dem Kläger in der X-Bank ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (s.o.). Nach dem Wortlaut des Gesetzes ist damit die Ausnahme des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG bereits dem Grunde nach nicht gegeben. Der Abzug von Arbeitszimmeraufwendungen ist nämlich dem Grunde nach nur möglich, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, und scheidet demnach aus, wenn die Berufstätigkeit zum Teil an einem Arbeitsplatz außer Haus und zum Teil in einem häuslichen Arbeitszimmer verrichtet wird (vgl. Heinicke, in: Schmidt, EStG, 32. Aufl. 2013, § 4 Rn. 592). Auf die Frage, ob das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet und damit ein unbegrenzter Abzug in Betracht kommt (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG), käme es nicht mehr an. Demgegenüber geht die Finanzverwaltung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen – BMF – vom 2. März 2011 (BStBl I 2011, 195) davon aus, dass der unbegrenzte Abzug im Sinne eines eigenständigen Abzugstatbestandes eröffnet ist, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt (vgl. auch Bergkemper, jurisPR-SteuerR 17/2011, Anm. 1; Nolte, NWB 2011, 2039, 2040). Nach den Urteilen des FG Düsseldorf vom 17. Juni 2011 (16 K 2791/09, EFG 2011, 2134) und 5. September 2012 (15 K 682/12, EFG 2012, 2270) soll diese – dem Gesetzeswortlaut zuwider laufende – Auslegung aus verfassungsrechtlichen Gründen (drohende unzulässige Rückwirkung durch das Jahressteuergesetz – JStG – 2010 vom 8. Dezember 2010, BStBl I 2010, 1394) jedenfalls im Hinblick auf die Veranlagungszeiträume 2008 und 2009 geboten sein. Der Senat braucht auf diese Problematik allerdings vor dem Hintergrund der nachfolgenden Ausführungen nicht näher einzugehen.39bb) Die Kläger haben nämlich nicht nachgewiesen, dass das Arbeitszimmer des Klägers in den Streitjahren als dessen beruflicher Betätigungsmittelpunkt anzusehen war.40Der Begriff des Mittelpunkts der gesamten Betätigung ist gesetzlich nicht näher bestimmt. Der Mittelpunkt bestimmt sich nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen Betätigung eines Steuerpflichtigen. Wo dieser Schwerpunkt liegt, ist im Wege einer Wertung der Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen festzustellen. Im Rahmen dieser Wertung kommt dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers lediglich eine indizielle Bedeutung zu. Deswegen schließt das zeitliche Überwiegen der außerhäuslichen Tätigkeit einen unbeschränkten Abzug der Aufwendungen nicht von vornherein aus (vgl. BFH-Urteil vom 13. November 2002 VI R 28/02, BFHE 201, 106, BStBl II 2004, 59; Heinicke, in: Schmidt, EStG, 32. Aufl. 2013, § 4 Rn. 594).41In Anwendung dieser Grundsätze und unter Abwägung der Gesamtumstände des Streitfalls ist der erkennende Senat nicht zu der Überzeugung gelangt, dass das häusliche Arbeitszimmer des Klägers in den Streitjahren 2008 bis 2010 dessen qualitativen Betätigungsmittelpunkt dargestellt hat. Dabei hat er sich insbesondere von der schlüssigen Beschreibung einer typischen Projektabwicklung, die der Kläger im Rahmen des Erörterungstermins am 19. Februar 2013 vorgenommen hat, leiten lassen. Wenngleich die beschriebene Informationsphase und die Umsetzungsphase vom Telearbeitsplatz aus begleitet werden, gehören der vom Kläger dargestellte Kontakt und der Austausch mit Kollegen sowie die Präsentation der gefundenen Ergebnisse in der X-Bank und die anschließende Besprechung mit dem Vorstand nach Ansicht des Senats zum Kernbereich der Betätigung des Klägers und können nicht vernachlässigt werden.42Zwar deutet die vom Kläger erstellte Evaluation der einzelnen Tätigkeiten (Blatt 3 ff. der Gerichtsakte) darauf hin, dass ein gewichtiger Teil seiner Berufstätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer ausgeübt wird. Ungeachtet der Tatsache, dass es sich dabei naturgemäß um eine bloße Selbsteinschätzung des Klägers handelt, rekurriert er dabei häufig auf die Aspekte des störungsfreien Arbeitens und des Arbeitens außerhalb der regulären Arbeitszeit (vgl. die Aufgaben „Sicherstellung des Fachwissens durch interne Informationsaufnahme“„ Umsetzungsverantwortung“ und „Mitarbeit bei der Entwicklung der Bereichsstrategie“). Hierbei handelt es sich jedoch allein um Arbeitsbedingungen, die für die Frage, ob der Kläger seine Kerntätigkeit in der X-Bank oder im häuslichen Arbeitszimmer ausübt, ebenso wenig von Bedeutung sind wie für die Frage, ob dem Steuerpflichtigen ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Es genügt auch nicht, dass nach Feierabend oder am Wochenende im häuslichen Arbeitszimmer Arbeiten verrichtet werden, die grundsätzlich auch an dem anderen Arbeitsplatz verrichtet werden können (vgl. dazu BFH-Urteil vom 7. August 2003 VI R 162/00, BFHE 203, 124, BStBl II 2004, 83).43Aus den eingereichten Arbeitgeber-Bescheinigungen folgt nichts anderes. Der Tätigkeitskatalog aus Juni 2003 (Blatt 10 Rückseite der Gerichtsakte) und das Anforderungsprofil aus Dezember 2012 (Blatt 60 f.) lassen keinerlei Rückschlüsse auf den qualitativen Schwerpunkt der Betätigung des Klägers zu. In der Bescheinigung vom 29. November 2011 hat die X-Bank in K zudem lediglich die Notwendigkeit des Telearbeitsplatzes bescheinigt und allgemein die Vorzüge der Telearbeit aufgezeigt (vgl. Blatt 9 der Gerichtsakte). Sie stellt sich als unergiebig dar.44Nach alledem gehört sowohl die Arbeit in der X-Bank als auch die Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer zum Kernbereich der Betätigung des Klägers. Der erkennende Senat kann nicht erkennen, dass der eine oder andere Bereich der Betätigung in qualitativer Hinsicht das Gepräge gibt. Bei qualitativ gleichwertiger Arbeitsleistung kann subsidiär auf quantitative Gesichtspunkte zurückgegriffen werden (vgl. BFH-Urteil vom 23. Mai 2006 VI R 21/03, BFHE 214, 158, BStBl II 2006, 600). In zeitlicher Hinsicht hat die Arbeit des Klägers in der X-Bank in A die Arbeit am häusliches Telearbeitsplatz in den Streitjahren jeweils deutlich überwogen (2008: 49,20 zu 31,60 %, 2009: 42,13 zu 35,04 %, 2010: 41,83 zu 32,27 %). Das Vorbringen der Kläger zu nicht bezahlten Überstunden und Fortbildungszeiten im häuslichen Arbeitszimmer ist nicht substantiiert genug und nicht ansatzweise glaubhaft gemacht. Es kann daher nicht berücksichtigt werden. Vor diesem Hintergrund befand sich der Betätigungsmittelpunkt des Klägers jedenfalls in den Streitjahren in der X-Bank in A.45Die Übertragung der Ermittlung der festzusetzenden Steuerbeträge auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.46Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.47Die Revision war im Hinblick auf das Revisionsverfahren VI R 40/12 wegen grundsätzlicher Bedeutung sowie zur Fortbildung des Rechts bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 FGO). | die einkommensteuerbescheide für die jahre 2008 bis 2010 vom 9. september 2009 und 14. oktober 2011, 12. juli 2010 bzw. 28. juli 2011 in gestalt der teil-einspruchsentscheidungen vom 27. märz 2012 werden dahingehend abgeändert, dass der bei den einkünften des klägers aus nichtselbständiger arbeit zu berücksichtigenden entfernungspauschale eine entfernung zwischen wohnung und regelmäßiger arbeitsstätte von 54 km zugrunde gelegt wird. im übrigen wird die klage abgewiesen.die ermittlung der festzusetzenden steuerbeträge wird dem beklagten übertragen.die kosten des verfahrens tragen die kläger zu 89 % und der beklagte zu 11 %.die revision wird zugelassen. 1 | 2streitig ist der abzug von arbeitszimmeraufwendungen als werbungskosten bei den einkünften aus nichtselbständiger arbeit.3die kläger werden als eheleute zusammen zur einkommensteuer veranlagt. der kläger erzielt einkünfte aus gewerbebetrieb und aus nichtselbständiger tätigkeit als bankkaufmann. die klägerin ist als bilanzbuchhalterin ebenfalls nichtselbständig tätig. daneben erzielen beide kläger einkünfte aus kapitalvermögen sowie vermietung und verpachtung.4der kläger ist angestellter der x-bank in k und fungiert als „referent medialer betrieb“. er übt seine tätigkeit im …center in a aus, wobei er mit der x-bank eine sog. zusatzvereinbarung telearbeit (vgl. einspruchshefter der beklagten) getroffen hat. danach haben die beteiligten vereinbart, dass der kläger seine arbeitsvertraglich geschuldete tätigkeit in der privatwohnung ausübt, soweit nicht betriebliche belange die arbeitsleistung in den räumen der x-bank erfordern. für die telearbeit werden dem kläger die erforderlichen arbeits- und hilfsmittel kostenlos zur verfügung gestellt (vgl. inventarliste, blatt 64 der gerichtsakte). die x-bank zahlt eine pauschale von 51,13 € für die kosten des häuslichen arbeitsplatzes (vgl. die gemeinsame erklärung des vorstandes und des personalrates der x-bank in k zur pilotphase telearbeit, einspruchshefter des beklagten). der anteil der telearbeit wurde mit 40 bis 60 % festgelegt (vgl. bestätigung der x-bank, blatt 73 der gerichtsakte). in den streitjahren nutzte der kläger für die telearbeit ein häusliches arbeitszimmer in der wohnung bzw. – ab april 2008 – im einfamilienhaus der kläger in m.5in ihren einkommensteuererklärungen für die jahre 2008 bis 2010 machten die kläger für zwecke der entfernungspauschale 131, 120 bzw. 122 fahrten zwischen wohnung und arbeitsstätte mit einer entfernung von jeweils 58 km sowie aufwendungen für das häusliche arbeitszimmer i. h. v. 1.908 €, 1.263 €, 1.225 € als werbungskosten bei den einkünften des klägers aus nichtselbständiger arbeit geltend.6in den bescheiden vom 9. september 2009 und 14. oktober 2011 (einkommensteuer 2008), 12. juli 2010 (einkommensteuer 2009) bzw. 28. juli 2011 (einkommensteuer 2010) berücksichtigte das beklagte finanzamt die fahrten zwischen wohnung und arbeitsstätte erklärungsgemäß als werbungskosten, die arbeitszimmeraufwendungen hingegen nicht.7dagegen legten die kläger rechtzeitig einspruch ein. im hinblick auf die arbeitszimmeraufwendungen führten sie aus, dass die arbeit im häuslichen arbeitszimmer in qualitativer wie quantitativer hinsicht einen wesentlichen teil der tätigkeit des klägers ausmache. der qualitative schwerpunkt seiner tätigkeit liege im arbeitszimmer. auch in quantitativer hinsicht überwiege die tätigkeit im arbeitszimmer. zur erläuterung nahmen die kläger auf den tätigkeitskatalog der x-bank in k aus juli 2003 sowie eine aufstellung über die im arbeitszimmer und in der x-bank abgeleisteten arbeitstage (vgl. einspruchshefter des beklagten) bezug.8mit schreiben vom 28. september 2011 wies das beklagte finanzamt die kläger auf die möglichkeit der verböserung hin und bat um erläuterung der im vergleich zu den vorjahren gestiegenen entfernungskilometer.9mit teil-einspruchsentscheidungen vom 27. märz 2012 änderte der beklagte die einkommensteuerfestsetzungen für die streitjahre dergestalt, dass er der entfernungspauschale nur noch eine entfernung von 49 km – die nach seiner auffassung verkehrsgünstigere strecke – zugrunde legte. den einspruch hielt er, soweit über ihn entschieden wurde, für unbegründet und berief sich darauf, dass das arbeitszimmer nicht den mittelpunkt der erwerbstätigkeit des klägers gebildet habe. da alle wesentlichen aufgaben des klägers objektiv sowohl im arbeitszimmer als auch am betrieblichen arbeitsplatz erledigt werden könnten und die bevorzugung des arbeitszimmers aufgrund subjektiver beweggründe erfolge, könne der schlussfolgerung der kläger, der qualitative tätigkeitsmittelpunkt liege im arbeitszimmer, nicht gefolgt werden. vor dem hintergrund, dass bereits ein arbeitsplatz im großraumbüro, der dem arbeitnehmer nicht individuell zugeordnet sei, einen abzug von arbeitszimmerkosten ausschließe (urteil des bundesfinanzhofs – bfh – vom 7. august 2003 vi r 17/01, bfhe 203, 130, bstbl ii 2004, 78), vermöge der vonseiten der kläger angeführte beweggrund der störungsvermeidung keinen ausschlag zu geben, das häusliche arbeitszimmer als tätigkeitsmittelpunkt anzusehen. für den betrieblichen arbeitsplatz könne keine nutzungsbeschränkung festgestellt werden. die vereinbarung über alternierende telearbeit (40 bis 60 % telearbeit) stelle keine echte einschränkung der nutzungsmöglichkeiten dar, da diese angesichts der erklärten arbeitstage am betriebssitz und im häuslichen arbeitszimmer von den vertragsparteien offenbar nicht streng ausgelegt werde. die kläger könnten sich weiterhin nicht auf das bfh-urteil vom 23. mai 2006 (vi r 21/03, bfhe 214, 158, bstbl ii 2006, 600) berufen, wonach sich der qualitative tätigkeitsmittelpunkt im arbeitszimmer befinde, wenn der arbeitnehmer eine in qualitativer hinsicht gleichwertige arbeitsleistung wöchentlich zu mehr als der hälfte der arbeitszeit am häuslichen telearbeitsplatz verbringe. die kläger hätten nicht nachgewiesen, dass die telearbeit überwiege, da lediglich 79, 89 bzw. 81 telearbeitstage angegeben worden seien, wohingegen 131, 120 bzw. 122 fahrten zwischen wohnung und arbeitsstätte erklärt worden seien. weiterhin hätten die kläger nicht darlegen können, dass – wie in dem vom bfh entschiedenen fall – eine objektive verschlechterung der arbeitsplatzsituation am auswärtigen arbeitsplatz eingetreten sei.10die kläger haben am 27. april 2012 klage erhoben, mit der sie für zwecke der entfernungspauschale die berücksichtigung einer entfernung zwischen wohnung und arbeitsstätte von 54 km sowie den abzug der arbeitszimmeraufwendungen begehren. im hinblick auf die arbeitszimmerkosten tragen sie wie folgt vor:11das streitgegenständliche arbeitszimmer entspreche bereits nicht dem typus eines häuslichen arbeitszimmers im sinne des § 4 abs. 5 satz 1 nr. 6b des einkommensteuergesetzes – estg –. der abzug der aufwendungen sei im hinblick auf die vertragliche verpflichtung zur bereitstellung eines heimarbeitsplatzes gerechtfertigt. der kläger würde sich vertragsbrüchig machen, wenn er keinen telearbeitsplatz zur verfügung stelle. auf das urteil des fg rheinland-pfalz vom 19. januar 2012 (4 k 1270/09, efg 2012, 1625, revision unter vi r 40/12) werde bezug genommen. die dort angestellte argumentation lasse sich auf den streitfall übertragen. die verpflichtungen des klägers gingen noch über die im streitfall genannten zwei telearbeitstage hinaus. ausgehend von einer fünf-tage-arbeitswoche sei die telearbeitszeitverpflichtung des klägers von 40 bis 60 % eher mit drei als mit zwei tagen zu bewerten. es sei eine mindestarbeitszeit am telearbeitsplatz vereinbart worden, die von der einteilung der arbeitszeit her vielleicht flexibler ausgestaltet worden sei als im vergleichsfall, vom anteil der telearbeit her aber über den vergleichsfall hinausgehe. der telearbeitsplatz sei der vertragliche regelarbeitsplatz des klägers.12nur hilfsweise sei darauf hinzuweisen, dass der qualitative tätigkeitsschwerpunkt des klägers in seinem arbeitszimmer liege. dort würden die den erfolg ausmachenden aufgaben im wesentlichen ausgeführt. zum nachweis haben die kläger eine bescheinigung der x-bank in k über die notwendigkeit des telearbeitsplatzes (blatt 9 der gerichtsakte), eine vom kläger erstellte aufstellung über die verteilung der arbeitszeit (blatt 9 rückseite der gerichtsakte), den tätigkeitskatalog der x-bank in k aus juli 2003 (blatt 10 rückseite ff. der gerichtsakte), das anforderungsprofil der x-bank in k aus dezember 2012 (blatt 60 f. der gerichtsakte) sowie eine aufstellung des klägers über die verschiedenen tätigkeiten und den anteil der heimarbeit (blatt 12 f. der gerichtsakte) eingereicht.13ob die prägenden arbeiten theoretisch auch in der x-bank durchgeführt werden könnten – wie der beklagte ausführe –, sei irrelevant. der arbeitgeber des klägers habe ganz bewusst einen telearbeitsvertrag mit dem kläger geschlossen, um ihm entscheidungsfreiheit bezüglich arbeitszeit und -ort zu geben. die selbsteinschätzung des klägers sei die logische konsequenz eines auf vertrauen aufgebauten arbeitsverhältnisses.14im hinblick auf einen entsprechenden vorhalt des beklagen führen die kläger aus, dass die arbeitsmittel, die der kläger von der x-bank erhalte, gemäß der für die x-bank geltenden sicherheitsrichtlinien eingerichtet seien. fremdsoftware (z.b. bankprogramme anderer kreditinstitute zu testzwecken) könne nicht eingespielt werden, das aufladen der geldkarten der x-bank sei nicht möglich und sogar das x-bank-informationsvideo im internet könne nicht abgespielt werden. um auch diese aufgaben erfüllen zu können, sei der kläger auf den einsatz von arbeitsmitteln angewiesen, die die x-bank nicht zur verfügung stelle und er daher selbst beschaffen müsse.15letztlich liege auch der quantitative schwerpunkt der tätigkeit des klägers, dem allenfalls indizielle bedeutung zukomme, im arbeitszimmer. auf die aufstellung über die zeitverteilung (blatt 9 rückseite der gerichtsakte) werde bezug genommen. zusätzlich seien die anfallenden unbezahlten überstunden und die persönlichen fortbildungszeiten im arbeitszimmer zu berücksichtigen, wenngleich diese nicht exakt beziffert werden könnten.16die kläger beantragen sinngemäß,17die einkommensteuerbescheide für die jahre 2008 bis 2010 vom 9. september 2009 und 14. oktober 2011, 12. juli 2010 bzw. 28. juli 2011 in gestalt der teil-einspruchsentscheidungen vom 27. märz 2012 dahingehend abzuändern, dass der entfernungspauschale jeweils eine entfernung von 54 km zugrunde gelegt wird und arbeitszimmeraufwendungen i. h. v. 1.908 € (2008), 1.263 € (2009) bzw. 1.225 € (2010) als werbungskosten bei den einkünften des klägers aus nichtselbständiger arbeit berücksichtigt werden.18der beklagte beantragt,19 die klage abzuweisen.20im hinblick auf die arbeitszimmeraufwendungen macht er geltend, der streitfall sei mit dem der entscheidung des fg rheinland-pfalz (urteil vom 19. januar 2012 4 k 1270/09, efg 2012, 1625, revision unter vi r 40/12) zugrunde liegenden sachverhalt nicht vergleichbar. der kläger sei nicht verpflichtet, mindestens zwei tage pro woche im häuslichen arbeitszimmer zu verbringen. der arbeitsvertrag stelle ihm den umfang der nutzung des häuslichen arbeitszimmers frei. dies ergebe sich auch aus dem schreiben der x-bank in k vom 24. mai 2004, wonach der anteil der telearbeit zwischen 40 und 60 % liege, für das jahr 2003 jedoch aus organisatorischen gründen habe vermindert werden müssen.21zudem handele es sich bei der annahme der kläger, die im häuslichen arbeitszimmer erledigten arbeiten seien für den beruf prägend, um eine bloße selbsteinschätzung; eine arbeitgeberbescheinigung fehle. auf der grundlage der eingereichten unterlagen müsse vielmehr davon ausgegangen werden, dass der kläger sämtliche prägenden tätigkeiten am arbeitsplatz in a erledigen könne. die geltend gemachten unzulänglichkeiten des arbeitsplatzes hätten die kläger nicht durch eine arbeitgeberbescheinigung nachgewiesen. es erscheine zudem wenig glaubhaft, dass die x-bank ihren arbeitnehmern wichtige hilfsmittel (z.b. den internetanschluss) vorenthalte und hierdurch den arbeitserfolg gefährde.22bei durchsicht der selbstbewertung des klägers falle auf, dass der anteil der heimarbeit bei den angeführten tätigkeiten jeweils zwischen 50 und 100 % liege; keine der genannten aufgaben werde überwiegend in der x-bank erledigt. angesichts der tatsache, dass der kläger nach seinen eigenen angaben höchstens an rund 39 % der gesamtarbeitstage im häuslichen arbeitszimmer gearbeitet habe, erscheine dies stark subjektiv eingefärbt. die eingereichte arbeitgeberbescheinigung vom 29. november 2011 (blatt 9 der gerichtsakte) enthalte nur allgemeine ausführungen über die vorteile von telearbeitsplätzen und keine aussagen über zeit, art und umfang der tätigkeit des klägers an seinem arbeitsplatz. das anforderungsprofil aus dezember 2012 (blatt 60 ff. der gerichtsakte) sei im hinblick auf die verteilung von arbeitszeit und aufgaben auf heimarbeitsplatz und x-bank nicht aussagekräftig. die vom kläger angeführten leistungsprämien seien kein indiz dafür, dass der qualitative schwerpunkt der tätigkeit im arbeitszimmer ausgeübt werde. sie würden für die gesamte arbeitsleistung gezahlt.23weiterhin stehe der vortrag der kläger im klageverfahren im widerspruch zu verschiedenen schreiben der kläger aus den jahren 2009 und 2010. dort hätten die kläger vorgetragen, dass der kläger zuhause und im betrieb eine in qualitativer hinsicht gleichwertige arbeitsleistung erbringe.24schließlich sei der vortrag der kläger zu den unbezahlten überstunden und fortbildungszeiten sehr unkonkret und wenig glaubhaft. zudem hätte sich der kläger überstunden vom x-bank-vorstand genehmigen lassen können. damit liege der quantitative tätigkeitsschwerpunkt – wie sich aus der entsprechenden aufstellung ergebe – weiterhin in der x-bank.25die beteiligten haben sich im erörterungstermin in tatsächlicher hinsicht dahingehend verständigt, dass der entfernungspauschale eine entfernung von 54 km zugrunde zu legen ist.26zu den weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte, insbesondere die sitzungsniederschrift, und der beigezogenen steuerakte des beklagten bezug genommen.27 | 28im hinblick auf das einverständnis der beteiligten konnte der senat ohne mündliche verhandlung entscheiden (§ 90 abs. 2 der finanzgerichtsordnung – fgo –).29die klage ist nur teilweise begründet.30die einkommensteuerbescheide für die jahre 2008 bis 2010 vom 9. september 2009 und 14. oktober 2011, 12. juli 2010 bzw. 28. juli 2011 in gestalt der teil-einspruchsentscheidungen vom 27. märz 2012 sind rechtswidrig und verletzen die kläger in ihren rechten, soweit der beklagte der entfernungspauschale nicht eine entfernung von 54 km zugrunde gelegt und damit höhere werbungskosten des klägers bei den einkünften aus nichtselbständiger arbeit berücksichtigt hat (§ 100 abs. 1 satz 1 fgo). hingegen stellen sich die angefochtenen bescheide im hinblick auf die nicht berücksichtigten arbeitszimmeraufwendungen i. h. v. 1.908 € (2008), 1.263 € (2009) bzw. 1.225 € (2010) als rechtmäßig dar.311. zu unrecht hat der beklagte der entfernungspauschale gemäß § 9 abs. 1 satz 3 nr. 4 satz 2 estg lediglich eine entfernung von 49 km zugrunde gelegt. die entfernung zwischen wohnung und regelmäßiger arbeitsstätte des klägers beträgt 54 km. darauf haben sich die beteiligten im erörterungstermin in tatsächlicher hinsicht verständigt. der senat hat keinerlei anhaltspunkte dafür, dass dieser wert den tatsächlichen gegebenheiten widersprechen könnte.322. hingegen hat der beklagte den abzug der arbeitszimmeraufwendungen zu recht abgelehnt. die kläger haben nicht nachweisen können, dass das arbeitszimmer in den streitjahren den mittelpunkt der beruflichen betätigung des klägers dargestellt hat.33gemäß § 9 abs. 5 satz 1 in verbindung mit § 4 abs. 5 satz 1 nr. 6b satz 1 estg in der in den streitjahren gültigen fassung (§ 52 abs. 12 satz 9 estg) sind aufwendungen für ein häusliches arbeitszimmer sowie die kosten der ausstattung nicht abzugsfähig. dies gilt allerdings nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche tätigkeit kein anderer arbeitsplatz zur verfügung steht (§ 4 abs. 5 satz 1 nr. 6b satz 2 estg). in diesem fall wird die höhe der abziehbaren aufwendungen auf 1.250 € begrenzt; die beschränkung der höhe nach gilt nicht, wenn das arbeitszimmer den mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen betätigung bildet (§ 4 abs. 5 satz 1 nr. 6b satz 3 estg).34a) der erkennende senat hält den anwendungsbereich des § 4 abs. 5 satz 1 nr. 6b estg für eröffnet, obschon der kläger einen häuslichen telearbeitsplatz unterhalten hat. zwar könnte daraus eine – gesteigerte – zwangsläufige veranlassung der aufwendungen durch die erwerbstätigkeit hergeleitet werden (offen gelassen im bfh-urteil vom 23. mai 2006 vi r 21/03, bfhe 214, 158, bstbl ii 2006, 600). die beschränkung des werbungskostenabzugs für ein häusliches arbeitszimmer dient indes der typisierenden begrenzung von aufwendungen, die eine berührung mit dem privaten lebensbereich des steuerpflichtigen aufweisen und in einer sphäre anfallen, die einer sicheren nachprüfung durch finanzverwaltung und finanzgerichte entzogen ist (bfh-urteil vom 13. november 2002 vi r 28/02, bfhe 201, 106, bstbl ii 2004, 59). vor diesem hintergrund hält es der senat für allein maßgebend, ob der raum, dessen bereithaltung die betreffenden aufwendungen verursacht hat, unter den typusbegriff des häuslichen arbeitszimmers zu subsumieren ist. dies ist vorliegend unproblematisch der fall. den arbeitsvertraglichen gegebenheiten kommt dabei – entgegen dem urteil des fg rheinland-pfalz vom 19. januar 2012 (4 k 1270/09, efg 2012, 1625, revision unter vi r 40/12) – keine weitergehende bedeutung zu. dementsprechend ist es ohne relevanz, wenn arbeitsvertraglich die verpflichtung besteht, ein häusliches arbeitszimmer vorzuhalten. andernfalls könnte die abzugsbeschränkung allzu leicht umgangen werden, da insoweit regelmäßig kein natürlicher interessengegensatz zwischen arbeitgeber und arbeitnehmer bestehen wird.35zudem kann der erkennende senat im streitfall – im unterschied zum sachverhalt, den das fg rheinland-pfalz (urteil vom 19. januar 2012 4 k 1270/09, efg 2012, 1625, revision unter vi r 40/12) zu beurteilen hatte – nicht erkennen, dass aus der vereinbarung über telearbeit im umfang von 40 bis 60 % tatsächlich eine beschränkung der verfügungsmöglichkeit des klägers über den arbeitsplatz bei seinem arbeitgeber resultiert hat. dafür spricht, dass der kläger den telearbeitsplatz in den streitjahren tatsächlich in geringerem umfang (2008: 31,60 %, 2009: 35,04 %, 2010: 32,27 %, blatt 9 der gerichtsakte rückseite) genutzt hat. im übrigen geht aus der gemeinsamen erklärung des vorstandes und des personalrates der x-bank in k zur pilotphase telearbeit (ziff. 3, vgl. einspruchshefter des beklagten) hervor, dass der betriebliche arbeitsplatz des telemitarbeiters für die dauer der pilotphase nicht anderweitig belegt wird. dementsprechend geht die x-bank in k selbst davon aus, dass durch die telearbeit keine schreibtische „eingespart“ werden können (blatt 9 der gerichtsakte).36b) der (auf 1.250 € begrenzte) werbungskostenabzug ist nicht deshalb eröffnet, weil dem kläger in der x-bank kein anderer arbeitsplatz zur verfügung steht (§ 4 abs. 5 satz 1 nr. 6b satz 3 halbsatz 1 estg). zwischen den beteiligten ist unstreitig, dass der kläger in der x-bank über einen anderen arbeitsplatz verfügt. dieser steht ihm auch für die berufliche tätigkeit zur verfügung, d.h. der kläger kann ihn in dem konkret erforderlichen umfang und in der konkret erforderlichen art und weise tatsächlich nutzen (vgl. dazu bfh-urteil vom 7. august 2003 vi r 162/00, bfhe 203, 124, bstbl ii 2004, 83). wenngleich der kläger vorgetragen hat, einzelne arbeitsschritte innerhalb bestimmter arbeitsgänge („marktbeobachtung“, „prüfung der verfahren und verfahrenserweiterungen“, „aus- und fortbildung“, vgl. blatt 12 ff. der gerichtsakte) wegen technischer restriktionen nur auf einem – aus der sicht der x-bank – externen pc ausführen zu können, hat er nicht glaubhaft gemacht, dass gesamte arbeitsfelder und damit bürotätigkeiten in erheblichem umfang nicht (innerhalb der üblichen bürozeiten) in der x-bank erbracht werden konnten. insbesondere im hinblick auf die mitwirkung bei sog. releasewechseln hat der kläger zwar geltend gemacht, dass bereitschaftszeiten im häuslichen arbeitszimmer „akzeptabel und flexibel zu handhaben“ seien. zudem hat er auf die ansonsten bestehende notwendigkeit des gebäudezutritts im sicherheitsbereich hingewiesen. daraus folgt jedoch nicht zwangsläufig, dass diese aufgaben nicht auch in der x-bank erledigt werden könnten.37c) schließlich kommt kein (unbegrenzter) werbungskostenabzug unter dem gesichtspunkt des arbeitszimmers als mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen betätigung (§ 4 abs. 5 satz 1 nr. 6b satz 3 halbsatz 2 estg) in betracht.38aa) dabei kann der senat offen lassen, ob ein unbegrenzter werbungskostenabzug schon daran scheitert, dass dem kläger in der x-bank ein anderer arbeitsplatz zur verfügung steht (s.o.). nach dem wortlaut des gesetzes ist damit die ausnahme des § 4 abs. 5 satz 1 nr. 6b satz 2 estg bereits dem grunde nach nicht gegeben. der abzug von arbeitszimmeraufwendungen ist nämlich dem grunde nach nur möglich, wenn kein anderer arbeitsplatz zur verfügung steht, und scheidet demnach aus, wenn die berufstätigkeit zum teil an einem arbeitsplatz außer haus und zum teil in einem häuslichen arbeitszimmer verrichtet wird (vgl. heinicke, in: schmidt, estg, 32. aufl. 2013, § 4 rn. 592). auf die frage, ob das arbeitszimmer den mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen betätigung bildet und damit ein unbegrenzter abzug in betracht kommt (§ 4 abs. 5 satz 1 nr. 6b satz 3 estg), käme es nicht mehr an. demgegenüber geht die finanzverwaltung im schreiben des bundesministeriums der finanzen – bmf – vom 2. märz 2011 (bstbl i 2011, 195) davon aus, dass der unbegrenzte abzug im sinne eines eigenständigen abzugstatbestandes eröffnet ist, wenn das arbeitszimmer den mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen betätigung darstellt (vgl. auch bergkemper, jurispr-steuerr 17/2011, anm. 1; nolte, nwb 2011, 2039, 2040). nach den urteilen des fg düsseldorf vom 17. juni 2011 (16 k 2791/09, efg 2011, 2134) und 5. september 2012 (15 k 682/12, efg 2012, 2270) soll diese – dem gesetzeswortlaut zuwider laufende – auslegung aus verfassungsrechtlichen gründen (drohende unzulässige rückwirkung durch das jahressteuergesetz – jstg – 2010 vom 8. dezember 2010, bstbl i 2010, 1394) jedenfalls im hinblick auf die veranlagungszeiträume 2008 und 2009 geboten sein. der senat braucht auf diese problematik allerdings vor dem hintergrund der nachfolgenden ausführungen nicht näher einzugehen.39bb) die kläger haben nämlich nicht nachgewiesen, dass das arbeitszimmer des klägers in den streitjahren als dessen beruflicher betätigungsmittelpunkt anzusehen war.40der begriff des mittelpunkts der gesamten betätigung ist gesetzlich nicht näher bestimmt. der mittelpunkt bestimmt sich nach dem inhaltlichen (qualitativen) schwerpunkt der betrieblichen und beruflichen betätigung eines steuerpflichtigen. wo dieser schwerpunkt liegt, ist im wege einer wertung der gesamttätigkeit des steuerpflichtigen festzustellen. im rahmen dieser wertung kommt dem zeitlichen (quantitativen) umfang der nutzung des häuslichen arbeitszimmers lediglich eine indizielle bedeutung zu. deswegen schließt das zeitliche überwiegen der außerhäuslichen tätigkeit einen unbeschränkten abzug der aufwendungen nicht von vornherein aus (vgl. bfh-urteil vom 13. november 2002 vi r 28/02, bfhe 201, 106, bstbl ii 2004, 59; heinicke, in: schmidt, estg, 32. aufl. 2013, § 4 rn. 594).41in anwendung dieser grundsätze und unter abwägung der gesamtumstände des streitfalls ist der erkennende senat nicht zu der überzeugung gelangt, dass das häusliche arbeitszimmer des klägers in den streitjahren 2008 bis 2010 dessen qualitativen betätigungsmittelpunkt dargestellt hat. dabei hat er sich insbesondere von der schlüssigen beschreibung einer typischen projektabwicklung, die der kläger im rahmen des erörterungstermins am 19. februar 2013 vorgenommen hat, leiten lassen. wenngleich die beschriebene informationsphase und die umsetzungsphase vom telearbeitsplatz aus begleitet werden, gehören der vom kläger dargestellte kontakt und der austausch mit kollegen sowie die präsentation der gefundenen ergebnisse in der x-bank und die anschließende besprechung mit dem vorstand nach ansicht des senats zum kernbereich der betätigung des klägers und können nicht vernachlässigt werden.42zwar deutet die vom kläger erstellte evaluation der einzelnen tätigkeiten (blatt 3 ff. der gerichtsakte) darauf hin, dass ein gewichtiger teil seiner berufstätigkeit im häuslichen arbeitszimmer ausgeübt wird. ungeachtet der tatsache, dass es sich dabei naturgemäß um eine bloße selbsteinschätzung des klägers handelt, rekurriert er dabei häufig auf die aspekte des störungsfreien arbeitens und des arbeitens außerhalb der regulären arbeitszeit (vgl. die aufgaben „sicherstellung des fachwissens durch interne informationsaufnahme“„ umsetzungsverantwortung“ und „mitarbeit bei der entwicklung der bereichsstrategie“). hierbei handelt es sich jedoch allein um arbeitsbedingungen, die für die frage, ob der kläger seine kerntätigkeit in der x-bank oder im häuslichen arbeitszimmer ausübt, ebenso wenig von bedeutung sind wie für die frage, ob dem steuerpflichtigen ein anderer arbeitsplatz zur verfügung steht. es genügt auch nicht, dass nach feierabend oder am wochenende im häuslichen arbeitszimmer arbeiten verrichtet werden, die grundsätzlich auch an dem anderen arbeitsplatz verrichtet werden können (vgl. dazu bfh-urteil vom 7. august 2003 vi r 162/00, bfhe 203, 124, bstbl ii 2004, 83).43aus den eingereichten arbeitgeber-bescheinigungen folgt nichts anderes. der tätigkeitskatalog aus juni 2003 (blatt 10 rückseite der gerichtsakte) und das anforderungsprofil aus dezember 2012 (blatt 60 f.) lassen keinerlei rückschlüsse auf den qualitativen schwerpunkt der betätigung des klägers zu. in der bescheinigung vom 29. november 2011 hat die x-bank in k zudem lediglich die notwendigkeit des telearbeitsplatzes bescheinigt und allgemein die vorzüge der telearbeit aufgezeigt (vgl. blatt 9 der gerichtsakte). sie stellt sich als unergiebig dar.44nach alledem gehört sowohl die arbeit in der x-bank als auch die tätigkeit im häuslichen arbeitszimmer zum kernbereich der betätigung des klägers. der erkennende senat kann nicht erkennen, dass der eine oder andere bereich der betätigung in qualitativer hinsicht das gepräge gibt. bei qualitativ gleichwertiger arbeitsleistung kann subsidiär auf quantitative gesichtspunkte zurückgegriffen werden (vgl. bfh-urteil vom 23. mai 2006 vi r 21/03, bfhe 214, 158, bstbl ii 2006, 600). in zeitlicher hinsicht hat die arbeit des klägers in der x-bank in a die arbeit am häusliches telearbeitsplatz in den streitjahren jeweils deutlich überwogen (2008: 49,20 zu 31,60 %, 2009: 42,13 zu 35,04 %, 2010: 41,83 zu 32,27 %). das vorbringen der kläger zu nicht bezahlten überstunden und fortbildungszeiten im häuslichen arbeitszimmer ist nicht substantiiert genug und nicht ansatzweise glaubhaft gemacht. es kann daher nicht berücksichtigt werden. vor diesem hintergrund befand sich der betätigungsmittelpunkt des klägers jedenfalls in den streitjahren in der x-bank in a.45die übertragung der ermittlung der festzusetzenden steuerbeträge auf den beklagten beruht auf § 100 abs. 2 satz 2 fgo.46die kostenentscheidung folgt aus § 136 abs. 1 satz 1 fgo.47die revision war im hinblick auf das revisionsverfahren vi r 40/12 wegen grundsätzlicher bedeutung sowie zur fortbildung des rechts bzw. zur sicherung einer einheitlichen rechtsprechung zuzulassen (§ 115 abs. 2 nr. 1 und 2 fgo). |
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} | 11 K 3540/12 E | 2013-08-08T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Einkommensteueränderungsbescheid für das Jahr 2010 vom 21. November 2012 wird dahingehend abgeändert, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Schlichtungsverfahren i. H. v. 5.388 € nach Abzug der zumutbaren Belastung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden.Die Berechnung des festzusetzenden Steuerbetrags wird dem Beklagten übertragen.Die Verfahrenskosten trägt der Beklagte.Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand:2Streitig ist die Berücksichtigung von Kosten für ein Schlichtungsverfahren als außergewöhnliche Belastung.3Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Daneben erzielt der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Solaranlage).4Der Kläger ist seit 8. Dezember 2010 Eigentümer des Objekts A-Weg in A-Stadt, das sich in einem ehemaligen Bergbaugebiet befindet. Er hat das Zweifamilienhaus aufgrund des notariellen Übergabevertrags vom 4. März 2010 im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von seinen Eltern, den Eheleuten E, übernommen. Besitz, Nutzungen und Lasten sind am 1. April 2010 auf den Kläger übergegangen. Nachdem der Vater des Klägers zwischenzeitlich verstorben und von der Mutter des Klägers beerbt worden war, änderten der Kläger und seine Mutter den Vertrag mit notarieller Urkunde vom 28. Oktober 2010 im Hinblick auf nicht streitrelevante Regelungen ab. Zugleich wurde der Vertrag vom 4. März 2010 genehmigt.5In ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 machten die Kläger Aufwendungen im Zusammenhang mit einem Bergbauschaden an dem vorgenannten Objekt i. H. v. 5.388 € als außergewöhnliche Belastung geltend. Hierbei handelte es sich um Rechtsanwaltsgebühren für die Vertretung in einem Schlichtungsverfahren vor der Schlichtungsstelle Bergschaden in NRW i. H. v. 3.111,85 €, die den Eltern des Klägers in Rechnung gestellt worden waren, sowie um gegenüber dem Kläger selbst abgerechnete Gutachterkosten im Zusammenhang mit dem Schlichtungsverfahren i. H. v. 2.275,28 €. Im Einzelnen wurden folgende Aufwendungen geltend gemacht:6Zahlungsempfänger (Rechnungsdatum)Abgerechnete TätigkeitBetragRA R (24.04.2010)Vorschussrechnung für die Vertretung im Schlichtungsverfahren3.111,85 €Dipl.-Ing. D (27.10.2010)Bergschadenkundliche Begleitung im Verhandlungstermin vor der Schlichtungsstelle547,40 €Dipl.-Ing. D (29.06.2010)Erstellung der Schadensdokumentation561,68 €Dipl.-Ing. D (04.06.2010)Markscheiderische Fachbegleitung im Schlichtungsverfahren309,40 €Dipl.-Ing. D (26.05.2010)Markscheiderische Fachbegleitung im Schlichtungsverfahren309,40 €Dipl.-Ing. D (21.04..2010)Bergschadenkundliche Begleitung im Verhandlungstermin vor der Schlichtungsstelle547,40 €7Hintergrund dieser Aufwendungen war, dass die Eltern des Klägers im Jahr 2009 einen Schadensersatzanspruch gegenüber dem zuständigen Bergbauunternehmen geltend gemacht hatten. Diese hatte zunächst weitere – über eine im Jahr 2007 erfolgte Schadensregulierung hinausgehende – Entschädigungszahlungen abgelehnt (vgl. Schreiben vom 9. Oktober 2009, Blatt 21 ff. der Gerichtsakte). Daraufhin hatten die Eltern des Klägers ein Schlichtungsverfahren bei der Schlichtungsstelle Bergschaden in NRW beim Regionalverband Ruhr eingeleitet. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 15. Februar 2011 hatten die Beteiligten einen Vergleich geschlossen, wonach das Bergbauunternehmen 22.000 € zu zahlen hatte (Blatt 24 der Gerichtsakte). Die Zahlung war auf das Konto des Klägers erfolgt.8Der Beklagte versagte den Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung im Einkommensteuerbescheid vom 10. August 2011 und wies auf die fehlende Zwangsläufigkeit der Aufwendungen hin. Dagegen legten die Kläger rechtzeitig Einspruch ein und beriefen sich auf das Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 12. Mai 2011 (VI R 42/10, BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015). Mit Bescheid vom 17. Oktober 2011 änderte der Beklagte die Festsetzung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung – AO –, allerdings ohne die Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Im Verlauf des Einspruchsverfahrens verwies er auf den Nichtanwendungserlass des Bundesministeriums der Finanzen vom 20. Dezember 2011 (BStBl I 2011, 1286).9Mit Einspruchsentscheidung vom 21. August 2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, dass dem Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung die fehlende Zwangsläufigkeit entgegenstehe. Das BFH-Urteil vom 12. Mai 2012 (VI R 42/10, BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) sei zu Zivilprozesskosten ergangen. Anders als der Zivilprozess, dem sich der Steuerpflichtige aufgrund des Rechtsstaatsprinzips nicht entziehen könne, sei das Schlichtungsverfahren ein freiwilliges Verfahren. Zudem seien die Gutachterkosten im Zeitraum April bis Oktober 2010 und damit vor dem Eigentumsübergang auf den Kläger abgerechnet worden. Der Kläger selbst habe den Sachverständigen beauftragt, Schadensersatzansprüche hätten jedoch allein seinen Eltern zugestanden. Daher lägen steuerlich nicht absetzbare Zuwendungen des Klägers an seine Eltern vor. Soweit die Eltern selbst Rechnungsempfänger gewesen seien, komme eine Berücksichtigung nach den Grundsätzen des abgekürzten Zahlungs- oder Vertragswegs ebenfalls nicht in Betracht.10Die Kläger haben am 24. September 2012 Klage erhoben. Zur Begründung berufen sie sich weiterhin auf das BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 (VI R 42/10, BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015) und machen geltend, die Aufwendungen seien zwangsläufig entstanden. Das Bergbauunternehmen habe eine Schadensregulierung mit Schreiben vom 9. Oktober 2009 abschließend zurückgewiesen. Für derartige Fälle sei beim Regionalverband Ruhr eine Schlichtungsstelle für Bergschäden eingerichtet, an die sich Bergschadensbetroffene in NRW wenden könnten. Der ordentliche Rechtsweg werde durch dieses Schlichtungsverfahren nicht ausgeschlossen, allerdings werde die Verjährung etwaiger Schadensersatzansprüche gehemmt. Da sich im Schlichtungsverfahren regelmäßig Kostenvorteile ergäben, da insbesondere für das Verfahren selbst keine Kosten – insbesondere keine Gerichtskosten – anfielen, sei dies für Betroffene der günstigste Weg, ihre Entschädigungsansprüche geltend zu machen, ohne einen Rechtsverlust zu erleiden. Im Rahmen des Schlichtungsverfahrens sei in der mündlichen Verhandlung vom 15. Februar 2011 hinsichtlich der geltend gemachten Schäden eine Einigung gefunden worden. Dieses Verfahren habe der Kläger selbst geführt, die Entschädigung sei auf sein Konto geflossen. Das Verhandlungsergebnis zeige, dass das Schlichtungsverfahren nicht mutwillig gewesen sei, sondern Aussicht auf Erfolg geboten habe, denn ansonsten hätte sich das Bergbauunternehmen zu der entsprechenden Zahlung nicht verpflichtet.11Die angefallenen Rechtsverfolgungskosten seien zwangsläufig, da die Bergbauschäden insbesondere im Hinblick auf die damit regelmäßig verbundenen Schadenshöhen und die Auswirkungen in vermögensrechtlicher Sicht gravierend und existenzberührend seien. Insbesondere aufgrund dieser für die Geschädigten mit der Geltendmachung verbundenen Folgen, der bergbaurechtlichen Besonderheiten und gesetzlichen Regelungen sei auch die anwaltliche Zuhilfenahme im Verfahren dringend geboten und daher im Sinne der gesetzlichen Regelung zwangsläufig. Denn alternativ zum Schlichtungsverfahren wäre den Klägern nur die Durchführung der Zivilklage möglich gewesen, um die eindeutige und endgültige Zurückweisung der Ansprüche durch das Bergbauunternehmen angreifen zu können. In diesem Verfahren wären jedoch nicht nur identische, sondern tatsächlich sogar noch höhere Kosten – insbesondere Gerichtskosten – angefallen, die durch die Durchführung des Schlichtungsverfahrens tatsächlich hätten vermieden werden können. Die Auffassung des Beklagten, es würde sich insoweit nicht um Prozesskosten handeln, sei jedenfalls falsch. Tatsächlich sei der ordnungsgemäße Rechtsweg beschritten und eine staatliche Stelle genutzt worden. Im Übrigen werde auch ein Zivilprozess freiwillig eingeleitet. Es könne keinerlei Unterschied machen, ob der Steuerpflichtige unmittelbar ein (kostenträchtigeres) Zivilverfahren einleite oder ein staatlich zur Verfügung gestelltes Schlichtungsverfahren nutze. Die Ausführungen des BFH im vorgenannten Urteil seien eins zu eins auf das Schlichtungsverfahren übertragbar.12Im Hinblick auf die angefallenen Gutachterkosten werde auf die einzelnen Rechnungen und Gutachten (Blatt 104 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen. Hintergrund der Aufwendungen sei die Schadensdokumentation und -feststellung sowie die fachkundliche Begleitung in dem Verfahren vor der Schlichtungsstelle gewesen. Daher seien auch diese Aufwendungen zwangsläufig angefallen.13Schließlich komme der Abzug der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung auch auf der Grundlage der früheren – strengeren – Rechtsprechung und Verwaltungsauffassung in Betracht. Da die dem Kläger gehörende und durch Bergschäden erheblich beschädigte Immobilie betroffen sei, habe das Schlichtungsverfahren eine existenziell wichtige Lebensfrage im Kernbereich des Lebens berührt. Dies gelte umso mehr, als die Bergschäden zu einer Beschädigung des Entwässerungssystems und damit zu einer Verunreinigung des Grundwasserbrunnens geführt hätten.14Nachdem der Beklagte den angefochtenen Bescheid am 21. November 2012 wegen nicht streitiger Gesichtspunkte nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geändert hat, beantragen die Kläger,15den Einkommensteueränderungsbescheid vom 21. November 2012 dahingehend abzuändern, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Schlichtungsverfahren i. H. v. 5.388 € nach Abzug der zumutbaren Belastung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden sowie16die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären,17hilfsweise, die Revision zuzulassen.18Der Beklagte beantragt,19 die Klage abzuweisen,20 hilfsweise, die Revision zuzulassen.21Zur Begründung verweist der Beklagte im Wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, das Schlichtungsverfahren sei – anders als der Zivilprozess – ein freiwilliges Verfahren. Denn der ordentliche Rechtsweg sei durch das Schlichtungsverfahren nicht ausgeschlossen worden. Der Steuerpflichtige müsse aufgrund des staatlichen Gewaltmonopols zur Durchsetzung seiner Ansprüche den Rechtsweg beschreiten, nicht aber ein Schlichtungsverfahren durchführen.22Darüber hinaus hat der Beklagte im Hinblick auf die beim BFH anhängigen Revisionsverfahren das Ruhen des Verfahrens angeregt.23Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, insbesondere die Sitzungsniederschrift vom 8. August 2013, und der beigezogenen Steuerakte des Beklagten Bezug genommen.24Entscheidungsgründe:25Die vom Beklagten vor dem Hintergrund der anhängigen Revisionsverfahren angeregte Verfahrensruhe (§ 155 der Finanzgerichtsordnung – FGO – in Verbindung mit § 251 der Zivilprozessordnung – ZPO –) kommt nicht in Betracht, da die Kläger ihr nicht zugestimmt haben. Eine Aussetzung des Verfahrens gemäß § 74 FGO hält der Senat im Hinblick auf die besonderen Umstände des Streitfalls (Schlichtungsverfahren als besondere „Form“ des Zivilprozesses) für nicht angezeigt.26Die Klage ist begründet27Der Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 21. November 2012 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, soweit der Beklagte Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Schlichtungsverfahren i. H. v. 5.388 € nach Abzug der zumutbaren Belastung nicht als außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG berücksichtigt hat (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).28Die geltend gemachten Aufwendungen können i. H. v. 5.388 € unter Abzug der zumutbaren Belatung als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 des Einkommensteuergesetzes – EStG – abgezogen werden.29Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung), so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung (§ 33 Abs. 3 EStG) übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Abs. 1 EStG). Gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erwachsen dem Steuerpflichtigen Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.30Nach dem BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 (VI R 42/10, BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015 mit weiteren Nachweisen) können Zivilprozesskosten – in Änderung der bis dato ständigen Rechtsprechung – unabhängig vom Gegenstand des Prozesses aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Zur Begründung hat der BFH ausgeführt, dass die Auffassung, der Steuerpflichtige übernehme das Prozesskostenrisiko "freiwillig", verkenne, dass streitige Ansprüche wegen des staatlichen Gewaltmonopols regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren seien. Dies folge aus dem Rechtsstaatsgrundsatz. Es sei ein zentraler Aspekt der Rechtsstaatlichkeit, die eigenmächtig-gewaltsame Durchsetzung von Rechtsansprüchen grundsätzlich zu verwehren. Die Parteien würden zur gewaltfreien Lösung von Rechtsstreitigkeiten und Interessenkonflikten der Staatsbürger vielmehr auf den Weg vor die Gerichte verwiesen. Entgegen der bisherigen Rechtsprechung sei für die Frage der Zwangsläufigkeit von Prozesskosten nicht auf die Unausweichlichkeit des der streitgegenständlichen Zahlungsverpflichtung oder dem strittigen Zahlungsanspruch zugrunde liegenden Ereignisses abzustellen. Denn der Steuerpflichtige müsse, um sein Recht durchzusetzen, im Verfassungsstaat des Grundgesetzes den Rechtsweg beschreiten. Dieser Unausweichlichkeit stehe nicht entgegen, dass mit den Kosten eines Zivilprozesses in der Regel nur die unterliegende Partei (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO) belastet sei. Denn der Einwand, der Unterliegende hätte bei gehöriger Prüfung seiner Rechte und Pflichten erkennen können, der Prozess werde keinen Erfolg haben, werde der Lebenswirklichkeit nicht gerecht. Als außergewöhnliche Belastungen seien Zivilprozesskosten jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sich der Steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den Prozess eingelassen habe. Er müsse diesen vielmehr unter verständiger Würdigung des Für und Wider – auch des Kostenrisikos – eingegangen sein. Demgemäß seien Zivilprozesskosten des Klägers wie des Beklagten nicht unausweichlich, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aus Sicht eines verständigen Dritten keine hinreichende Aussicht auf Erfolg geboten habe.311. In Anwendung dieser Grundsätze sind dem Kläger die streitgegenständlichen Aufwendungen aus rechtlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Zwar handelt es sich bei der Anrufung der Schlichtungsstelle Bergschaden in NRW nicht um die Beschreitung des Rechtsweges im engeren Sinne. Die Durchführung des Schlichtungsverfahrens stellt insbesondere keine Prozessvoraussetzung für das zivilgerichtliche Verfahren (vgl. die obligatorische Streitschlichtung in § 15a des Einführungsgesetzes zur ZPO – EGZPO –) dar. Zudem ist die Einrichtung der Schlichtungsstelle nicht auf gesetzlicher Grundlage erfolgt, vielmehr haben sich das Bergbauunternehmen und weitere Bergbauunternehmen vertraglich zur Beilegung von Streitigkeiten aus Bergschadensersatzansprüchen im Steinkohlerevier in NRW verpflichtet. Gleichwohl sieht der erkennende Senat im Schlichtungsverfahren eine „Vorstufe“ zum Zivilprozess und damit eine Maßnahme zur Beschreitung des Rechtswegs im weiteren Sinne. Die Durchführung des Schlichtungsverfahrens ist ebenfalls Ausdruck des staatlichen Gewaltmonopols. Dafür spricht insbesondere, dass das Wirtschaftsministerium des Landes NRW die Schlichtungsstelle auf Anregung des Landesverbandes der Bergbaubetroffenen und auf Initiative des Unterausschusses „Bergbausicherheit“ des Landtages unter Mitwirkung der beteiligten Interessenverbände, der Unternehmen des Steinkohlenbergbaus sowie des Regionalverbands Ruhr und des Justizministeriums organisiert hat (vgl. Presseinformation des Landesministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Energie vom 6. Februar 2009, abrufbar unter. Zudem ist die Schlichtungsstelle beim Regionalverband Ruhr, dem Zusammenschluss der elf kreisfreien Städte und vier Kreise in der Metropole Ruhr, und damit bei einer staatlichen Stelle eingerichtet worden.32Der erkennende Senat kann keine tragfähigen Gründe erkennen, die eine Differenzierung zwischen zivilgerichtlichen Verfahren und Schlichtungsverfahren im Anwendungsbereich des § 33 EStG rechtfertigen könnten. Beide Verfahren werden auf der Grundlage einer freien Entscheidung des Steuerpflichtigen eingeleitet. Gleichwohl handelt es sich jeweils um vom Verfassungsstaat legitimierte geordnete (staatliche) Verfahren. Sie dienen letztlich beide dazu, die eigenmächtig-gewaltsame Durchsetzung von Rechtsansprüchen zu verwehren, einem zentralen Aspekt der Rechtsstaatlichkeit (vgl. BFH-Urteil vom 12. Mai 2011 VI R 42/10, BFHE 234, 30, BStBl II 2011, 1015). Die Schlichtungsstelle trifft ihre Entscheidungen ebenfalls auf der Grundlage der Rechtsvorschriften der BRD (§ 4 Ziff. 2 der Schlichtungsordnung). Das Schlichtungsverfahren stellt aus der Sicht der Betroffenen allein eine kostengünstige Maßnahme zur Streitbeilegung dar, wobei der (ordentliche) Rechtsweg nicht ausgeschlossen und die Verjährung von Bergschadensersatzansprüchen gehemmt wird (§ 8 der Schlichtungsordnung). Dies rechtfertigt mit Blick auf § 33 EStG aber keine abweichende Beurteilung. Es kann dem Steuerpflichtigen aus steuerlicher Sicht nicht zum Nachteil gereichen, wenn er aus wirtschaftlichen Gründen nicht den Weg zu den Zivilgerichten beschreitet, sondern ein Schlichtungsverfahren einleitet. Auch dann wird die subjektive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen gemindert, so dass der Sinn und Zweck des § 33 EStG die Berücksichtigung der Aufwendungen gebietet.33Der Kläger hat sich auch nicht mutwillig oder leichtfertig auf das Schlichtungsverfahren eingelassen. Die Kosten stellen sich als unausweichlich dar, da die Rechtsverfolgung aus der Sicht eines verständigen Dritten – wie der Ausgang des Schlichtungsverfahrens zeigt – hinreichende Aussicht auf Erfolg bot.34Vor diesem Hintergrund kann der Senat offen lassen, ob sich die Schlichtungskosten – wie die Kläger meinen – auch in Anwendung der mittlerweile überholten BFH-Rechtsprechung zu Prozesskosten als abzugsfähig darstellen. Danach konnten Zivilprozesskosten (nur dann) abzugsfähig sein, wenn der Steuerpflichtige ohne den Prozess Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren, oder wenn um Kernbereiche des Lebens gestritten wird (vgl. nur BFH-Urteil vom 18. März 2004 III R 24/03, BFHE 206, 16, BStBl II 2004, 726; Loschelder, in: Schmidt, EStG, 32. Aufl. 2013, § 33 Rn. 35 „Prozesskosten“). Im Hinblick auf die aus den streitgegenständlichen Bergschäden resultierende Trinkwasserproblematik liegt eine Berührung des Kernbereichs des Lebens zumindest nicht fern. Darauf kommt es jedoch nicht mehr an, da die rechtliche Zwangsläufigkeit ohnehin zu bejahen ist.352. Die sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 33 Abs. 1 und 2 EStG sind erfüllt. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die Aufwendungen i. H. v. 5.388 € können daher nach Abzug der zumutbaren Belastung im Sinne des § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG i. H. v. 945,90 € (31.530 € Gesamtbetrag der Einkünfte gemäß Bescheid vom 21. November 2012 x 3 %) – mithin im Umfang von 4.442,10 € – als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG berücksichtigt werden.363. § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in der Fassung des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften vom 26. Juni 2013 (BGBl. I 2013, 1809) – AmthilfeRLUmsG –, wonach Aufwendungen für die Führung eines Rechtsstreits (Prozesskosten) vom Abzug ausgeschlossen sind, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen, ohne die der Steuerpflichtige Gefahr liefe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, gelangt im Streitfall nicht zur Anwendung. Da der Gesetzgeber keine besondere Anwendungsbestimmung aufgestellt hat, gilt die am 1. Januar 2013 in Kraft getretene Norm (Art. 31 Abs. 1 des AmtshilfeRLUmsG) ab dem Veranlagungszeitraum 2013 (§ 52 Abs. 1 EStG).37Die Übertragung der Ermittlung des festzusetzenden Steuerbetrags auf den Beklagten beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO.38Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.39Die Entscheidung über die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren beruht auf § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO.40Die Revision war zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 FGO) zuzulassen. | der einkommensteueränderungsbescheid für das jahr 2010 vom 21. november 2012 wird dahingehend abgeändert, dass aufwendungen im zusammenhang mit dem schlichtungsverfahren i. h. v. 5.388 € nach abzug der zumutbaren belastung als außergewöhnliche belastung berücksichtigt werden.die berechnung des festzusetzenden steuerbetrags wird dem beklagten übertragen.die verfahrenskosten trägt der beklagte.die zuziehung eines bevollmächtigten für das vorverfahren wird für notwendig erklärt.die revision wird zugelassen. 1 | 2streitig ist die berücksichtigung von kosten für ein schlichtungsverfahren als außergewöhnliche belastung.3die kläger werden als eheleute zusammen zur einkommensteuer veranlagt. sie erzielen einkünfte aus nichtselbständiger arbeit. daneben erzielt der kläger einkünfte aus gewerbebetrieb (solaranlage).4der kläger ist seit 8. dezember 2010 eigentümer des objekts a-weg in a-stadt, das sich in einem ehemaligen bergbaugebiet befindet. er hat das zweifamilienhaus aufgrund des notariellen übergabevertrags vom 4. märz 2010 im wege der vorweggenommenen erbfolge von seinen eltern, den eheleuten e, übernommen. besitz, nutzungen und lasten sind am 1. april 2010 auf den kläger übergegangen. nachdem der vater des klägers zwischenzeitlich verstorben und von der mutter des klägers beerbt worden war, änderten der kläger und seine mutter den vertrag mit notarieller urkunde vom 28. oktober 2010 im hinblick auf nicht streitrelevante regelungen ab. zugleich wurde der vertrag vom 4. märz 2010 genehmigt.5in ihrer einkommensteuererklärung für das jahr 2010 machten die kläger aufwendungen im zusammenhang mit einem bergbauschaden an dem vorgenannten objekt i. h. v. 5.388 € als außergewöhnliche belastung geltend. hierbei handelte es sich um rechtsanwaltsgebühren für die vertretung in einem schlichtungsverfahren vor der schlichtungsstelle bergschaden in nrw i. h. v. 3.111,85 €, die den eltern des klägers in rechnung gestellt worden waren, sowie um gegenüber dem kläger selbst abgerechnete gutachterkosten im zusammenhang mit dem schlichtungsverfahren i. h. v. 2.275,28 €. im einzelnen wurden folgende aufwendungen geltend gemacht:6zahlungsempfänger (rechnungsdatum)abgerechnete tätigkeitbetragra r (24.04.2010)vorschussrechnung für die vertretung im schlichtungsverfahren3.111,85 €dipl.-ing. d (27.10.2010)bergschadenkundliche begleitung im verhandlungstermin vor der schlichtungsstelle547,40 €dipl.-ing. d (29.06.2010)erstellung der schadensdokumentation561,68 €dipl.-ing. d (04.06.2010)markscheiderische fachbegleitung im schlichtungsverfahren309,40 €dipl.-ing. d (26.05.2010)markscheiderische fachbegleitung im schlichtungsverfahren309,40 €dipl.-ing. d (21.04..2010)bergschadenkundliche begleitung im verhandlungstermin vor der schlichtungsstelle547,40 €7hintergrund dieser aufwendungen war, dass die eltern des klägers im jahr 2009 einen schadensersatzanspruch gegenüber dem zuständigen bergbauunternehmen geltend gemacht hatten. diese hatte zunächst weitere – über eine im jahr 2007 erfolgte schadensregulierung hinausgehende – entschädigungszahlungen abgelehnt (vgl. schreiben vom 9. oktober 2009, blatt 21 ff. der gerichtsakte). daraufhin hatten die eltern des klägers ein schlichtungsverfahren bei der schlichtungsstelle bergschaden in nrw beim regionalverband ruhr eingeleitet. im rahmen der mündlichen verhandlung am 15. februar 2011 hatten die beteiligten einen vergleich geschlossen, wonach das bergbauunternehmen 22.000 € zu zahlen hatte (blatt 24 der gerichtsakte). die zahlung war auf das konto des klägers erfolgt.8der beklagte versagte den abzug der aufwendungen als außergewöhnliche belastung im einkommensteuerbescheid vom 10. august 2011 und wies auf die fehlende zwangsläufigkeit der aufwendungen hin. dagegen legten die kläger rechtzeitig einspruch ein und beriefen sich auf das urteil des bundesfinanzhofs – bfh – vom 12. mai 2011 (vi r 42/10, bfhe 234, 30, bstbl ii 2011, 1015). mit bescheid vom 17. oktober 2011 änderte der beklagte die festsetzung nach § 172 abs. 1 satz 1 nr. 2 der abgabenordnung – ao –, allerdings ohne die aufwendungen als außergewöhnliche belastung zu berücksichtigen. im verlauf des einspruchsverfahrens verwies er auf den nichtanwendungserlass des bundesministeriums der finanzen vom 20. dezember 2011 (bstbl i 2011, 1286).9mit einspruchsentscheidung vom 21. august 2012 wies der beklagte den einspruch als unbegründet zurück. zur begründung führte er aus, dass dem abzug der aufwendungen als außergewöhnliche belastung die fehlende zwangsläufigkeit entgegenstehe. das bfh-urteil vom 12. mai 2012 (vi r 42/10, bfhe 234, 30, bstbl ii 2011, 1015) sei zu zivilprozesskosten ergangen. anders als der zivilprozess, dem sich der steuerpflichtige aufgrund des rechtsstaatsprinzips nicht entziehen könne, sei das schlichtungsverfahren ein freiwilliges verfahren. zudem seien die gutachterkosten im zeitraum april bis oktober 2010 und damit vor dem eigentumsübergang auf den kläger abgerechnet worden. der kläger selbst habe den sachverständigen beauftragt, schadensersatzansprüche hätten jedoch allein seinen eltern zugestanden. daher lägen steuerlich nicht absetzbare zuwendungen des klägers an seine eltern vor. soweit die eltern selbst rechnungsempfänger gewesen seien, komme eine berücksichtigung nach den grundsätzen des abgekürzten zahlungs- oder vertragswegs ebenfalls nicht in betracht.10die kläger haben am 24. september 2012 klage erhoben. zur begründung berufen sie sich weiterhin auf das bfh-urteil vom 12. mai 2011 (vi r 42/10, bfhe 234, 30, bstbl ii 2011, 1015) und machen geltend, die aufwendungen seien zwangsläufig entstanden. das bergbauunternehmen habe eine schadensregulierung mit schreiben vom 9. oktober 2009 abschließend zurückgewiesen. für derartige fälle sei beim regionalverband ruhr eine schlichtungsstelle für bergschäden eingerichtet, an die sich bergschadensbetroffene in nrw wenden könnten. der ordentliche rechtsweg werde durch dieses schlichtungsverfahren nicht ausgeschlossen, allerdings werde die verjährung etwaiger schadensersatzansprüche gehemmt. da sich im schlichtungsverfahren regelmäßig kostenvorteile ergäben, da insbesondere für das verfahren selbst keine kosten – insbesondere keine gerichtskosten – anfielen, sei dies für betroffene der günstigste weg, ihre entschädigungsansprüche geltend zu machen, ohne einen rechtsverlust zu erleiden. im rahmen des schlichtungsverfahrens sei in der mündlichen verhandlung vom 15. februar 2011 hinsichtlich der geltend gemachten schäden eine einigung gefunden worden. dieses verfahren habe der kläger selbst geführt, die entschädigung sei auf sein konto geflossen. das verhandlungsergebnis zeige, dass das schlichtungsverfahren nicht mutwillig gewesen sei, sondern aussicht auf erfolg geboten habe, denn ansonsten hätte sich das bergbauunternehmen zu der entsprechenden zahlung nicht verpflichtet.11die angefallenen rechtsverfolgungskosten seien zwangsläufig, da die bergbauschäden insbesondere im hinblick auf die damit regelmäßig verbundenen schadenshöhen und die auswirkungen in vermögensrechtlicher sicht gravierend und existenzberührend seien. insbesondere aufgrund dieser für die geschädigten mit der geltendmachung verbundenen folgen, der bergbaurechtlichen besonderheiten und gesetzlichen regelungen sei auch die anwaltliche zuhilfenahme im verfahren dringend geboten und daher im sinne der gesetzlichen regelung zwangsläufig. denn alternativ zum schlichtungsverfahren wäre den klägern nur die durchführung der zivilklage möglich gewesen, um die eindeutige und endgültige zurückweisung der ansprüche durch das bergbauunternehmen angreifen zu können. in diesem verfahren wären jedoch nicht nur identische, sondern tatsächlich sogar noch höhere kosten – insbesondere gerichtskosten – angefallen, die durch die durchführung des schlichtungsverfahrens tatsächlich hätten vermieden werden können. die auffassung des beklagten, es würde sich insoweit nicht um prozesskosten handeln, sei jedenfalls falsch. tatsächlich sei der ordnungsgemäße rechtsweg beschritten und eine staatliche stelle genutzt worden. im übrigen werde auch ein zivilprozess freiwillig eingeleitet. es könne keinerlei unterschied machen, ob der steuerpflichtige unmittelbar ein (kostenträchtigeres) zivilverfahren einleite oder ein staatlich zur verfügung gestelltes schlichtungsverfahren nutze. die ausführungen des bfh im vorgenannten urteil seien eins zu eins auf das schlichtungsverfahren übertragbar.12im hinblick auf die angefallenen gutachterkosten werde auf die einzelnen rechnungen und gutachten (blatt 104 ff. der gerichtsakte) bezug genommen. hintergrund der aufwendungen sei die schadensdokumentation und -feststellung sowie die fachkundliche begleitung in dem verfahren vor der schlichtungsstelle gewesen. daher seien auch diese aufwendungen zwangsläufig angefallen.13schließlich komme der abzug der aufwendungen als außergewöhnliche belastung auch auf der grundlage der früheren – strengeren – rechtsprechung und verwaltungsauffassung in betracht. da die dem kläger gehörende und durch bergschäden erheblich beschädigte immobilie betroffen sei, habe das schlichtungsverfahren eine existenziell wichtige lebensfrage im kernbereich des lebens berührt. dies gelte umso mehr, als die bergschäden zu einer beschädigung des entwässerungssystems und damit zu einer verunreinigung des grundwasserbrunnens geführt hätten.14nachdem der beklagte den angefochtenen bescheid am 21. november 2012 wegen nicht streitiger gesichtspunkte nach § 172 abs. 1 satz 1 nr. 2 ao geändert hat, beantragen die kläger,15den einkommensteueränderungsbescheid vom 21. november 2012 dahingehend abzuändern, dass aufwendungen im zusammenhang mit dem schlichtungsverfahren i. h. v. 5.388 € nach abzug der zumutbaren belastung als außergewöhnliche belastung berücksichtigt werden sowie16die zuziehung eines bevollmächtigten für das vorverfahren für notwendig zu erklären,17hilfsweise, die revision zuzulassen.18der beklagte beantragt,19 die klage abzuweisen,20 hilfsweise, die revision zuzulassen.21zur begründung verweist der beklagte im wesentlichen auf die einspruchsentscheidung und führt ergänzend aus, das schlichtungsverfahren sei – anders als der zivilprozess – ein freiwilliges verfahren. denn der ordentliche rechtsweg sei durch das schlichtungsverfahren nicht ausgeschlossen worden. der steuerpflichtige müsse aufgrund des staatlichen gewaltmonopols zur durchsetzung seiner ansprüche den rechtsweg beschreiten, nicht aber ein schlichtungsverfahren durchführen.22darüber hinaus hat der beklagte im hinblick auf die beim bfh anhängigen revisionsverfahren das ruhen des verfahrens angeregt.23zu den weiteren einzelheiten des sach- und streitstands wird auf den inhalt der gerichtsakte, insbesondere die sitzungsniederschrift vom 8. august 2013, und der beigezogenen steuerakte des beklagten bezug genommen.24 | 25die vom beklagten vor dem hintergrund der anhängigen revisionsverfahren angeregte verfahrensruhe (§ 155 der finanzgerichtsordnung – fgo – in verbindung mit § 251 der zivilprozessordnung – zpo –) kommt nicht in betracht, da die kläger ihr nicht zugestimmt haben. eine aussetzung des verfahrens gemäß § 74 fgo hält der senat im hinblick auf die besonderen umstände des streitfalls (schlichtungsverfahren als besondere „form“ des zivilprozesses) für nicht angezeigt.26die klage ist begründet27der einkommensteuerbescheid für 2010 vom 21. november 2012 ist rechtswidrig und verletzt die kläger in ihren rechten, soweit der beklagte aufwendungen im zusammenhang mit dem schlichtungsverfahren i. h. v. 5.388 € nach abzug der zumutbaren belastung nicht als außergewöhnliche belastung im sinne des § 33 estg berücksichtigt hat (§ 100 abs. 1 satz 1 fgo).28die geltend gemachten aufwendungen können i. h. v. 5.388 € unter abzug der zumutbaren belatung als außergewöhnliche belastung gemäß § 33 des einkommensteuergesetzes – estg – abgezogen werden.29erwachsen einem steuerpflichtigen zwangsläufig größere aufwendungen als der überwiegenden mehrzahl der steuerpflichtigen gleicher einkommensverhältnisse, gleicher vermögensverhältnisse und gleichen familienstands (außergewöhnliche belastung), so wird auf antrag die einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der teil der aufwendungen, der die dem steuerpflichtigen zumutbare belastung (§ 33 abs. 3 estg) übersteigt, vom gesamtbetrag der einkünfte abgezogen wird (§ 33 abs. 1 estg). gemäß § 33 abs. 2 satz 1 estg erwachsen dem steuerpflichtigen aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen gründen nicht entziehen kann und soweit die aufwendungen den umständen nach notwendig sind und einen angemessenen betrag nicht übersteigen.30nach dem bfh-urteil vom 12. mai 2011 (vi r 42/10, bfhe 234, 30, bstbl ii 2011, 1015 mit weiteren nachweisen) können zivilprozesskosten – in änderung der bis dato ständigen rechtsprechung – unabhängig vom gegenstand des prozesses aus rechtlichen gründen zwangsläufig erwachsen. zur begründung hat der bfh ausgeführt, dass die auffassung, der steuerpflichtige übernehme das prozesskostenrisiko "freiwillig", verkenne, dass streitige ansprüche wegen des staatlichen gewaltmonopols regelmäßig nur gerichtlich durchzusetzen oder abzuwehren seien. dies folge aus dem rechtsstaatsgrundsatz. es sei ein zentraler aspekt der rechtsstaatlichkeit, die eigenmächtig-gewaltsame durchsetzung von rechtsansprüchen grundsätzlich zu verwehren. die parteien würden zur gewaltfreien lösung von rechtsstreitigkeiten und interessenkonflikten der staatsbürger vielmehr auf den weg vor die gerichte verwiesen. entgegen der bisherigen rechtsprechung sei für die frage der zwangsläufigkeit von prozesskosten nicht auf die unausweichlichkeit des der streitgegenständlichen zahlungsverpflichtung oder dem strittigen zahlungsanspruch zugrunde liegenden ereignisses abzustellen. denn der steuerpflichtige müsse, um sein recht durchzusetzen, im verfassungsstaat des grundgesetzes den rechtsweg beschreiten. dieser unausweichlichkeit stehe nicht entgegen, dass mit den kosten eines zivilprozesses in der regel nur die unterliegende partei (§ 91 abs. 1 satz 1 zpo) belastet sei. denn der einwand, der unterliegende hätte bei gehöriger prüfung seiner rechte und pflichten erkennen können, der prozess werde keinen erfolg haben, werde der lebenswirklichkeit nicht gerecht. als außergewöhnliche belastungen seien zivilprozesskosten jedoch nur zu berücksichtigen, wenn sich der steuerpflichtige nicht mutwillig oder leichtfertig auf den prozess eingelassen habe. er müsse diesen vielmehr unter verständiger würdigung des für und wider – auch des kostenrisikos – eingegangen sein. demgemäß seien zivilprozesskosten des klägers wie des beklagten nicht unausweichlich, wenn die beabsichtigte rechtsverfolgung oder rechtsverteidigung aus sicht eines verständigen dritten keine hinreichende aussicht auf erfolg geboten habe.311. in anwendung dieser grundsätze sind dem kläger die streitgegenständlichen aufwendungen aus rechtlichen gründen zwangsläufig erwachsen. zwar handelt es sich bei der anrufung der schlichtungsstelle bergschaden in nrw nicht um die beschreitung des rechtsweges im engeren sinne. die durchführung des schlichtungsverfahrens stellt insbesondere keine prozessvoraussetzung für das zivilgerichtliche verfahren (vgl. die obligatorische streitschlichtung in § 15a des einführungsgesetzes zur zpo – egzpo –) dar. zudem ist die einrichtung der schlichtungsstelle nicht auf gesetzlicher grundlage erfolgt, vielmehr haben sich das bergbauunternehmen und weitere bergbauunternehmen vertraglich zur beilegung von streitigkeiten aus bergschadensersatzansprüchen im steinkohlerevier in nrw verpflichtet. gleichwohl sieht der erkennende senat im schlichtungsverfahren eine „vorstufe“ zum zivilprozess und damit eine maßnahme zur beschreitung des rechtswegs im weiteren sinne. die durchführung des schlichtungsverfahrens ist ebenfalls ausdruck des staatlichen gewaltmonopols. dafür spricht insbesondere, dass das wirtschaftsministerium des landes nrw die schlichtungsstelle auf anregung des landesverbandes der bergbaubetroffenen und auf initiative des unterausschusses „bergbausicherheit“ des landtages unter mitwirkung der beteiligten interessenverbände, der unternehmen des steinkohlenbergbaus sowie des regionalverbands ruhr und des justizministeriums organisiert hat (vgl. presseinformation des landesministeriums für wirtschaft, mittelstand und energie vom 6. februar 2009, abrufbar unter. zudem ist die schlichtungsstelle beim regionalverband ruhr, dem zusammenschluss der elf kreisfreien städte und vier kreise in der metropole ruhr, und damit bei einer staatlichen stelle eingerichtet worden.32der erkennende senat kann keine tragfähigen gründe erkennen, die eine differenzierung zwischen zivilgerichtlichen verfahren und schlichtungsverfahren im anwendungsbereich des § 33 estg rechtfertigen könnten. beide verfahren werden auf der grundlage einer freien entscheidung des steuerpflichtigen eingeleitet. gleichwohl handelt es sich jeweils um vom verfassungsstaat legitimierte geordnete (staatliche) verfahren. sie dienen letztlich beide dazu, die eigenmächtig-gewaltsame durchsetzung von rechtsansprüchen zu verwehren, einem zentralen aspekt der rechtsstaatlichkeit (vgl. bfh-urteil vom 12. mai 2011 vi r 42/10, bfhe 234, 30, bstbl ii 2011, 1015). die schlichtungsstelle trifft ihre entscheidungen ebenfalls auf der grundlage der rechtsvorschriften der brd (§ 4 ziff. 2 der schlichtungsordnung). das schlichtungsverfahren stellt aus der sicht der betroffenen allein eine kostengünstige maßnahme zur streitbeilegung dar, wobei der (ordentliche) rechtsweg nicht ausgeschlossen und die verjährung von bergschadensersatzansprüchen gehemmt wird (§ 8 der schlichtungsordnung). dies rechtfertigt mit blick auf § 33 estg aber keine abweichende beurteilung. es kann dem steuerpflichtigen aus steuerlicher sicht nicht zum nachteil gereichen, wenn er aus wirtschaftlichen gründen nicht den weg zu den zivilgerichten beschreitet, sondern ein schlichtungsverfahren einleitet. auch dann wird die subjektive leistungsfähigkeit des steuerpflichtigen gemindert, so dass der sinn und zweck des § 33 estg die berücksichtigung der aufwendungen gebietet.33der kläger hat sich auch nicht mutwillig oder leichtfertig auf das schlichtungsverfahren eingelassen. die kosten stellen sich als unausweichlich dar, da die rechtsverfolgung aus der sicht eines verständigen dritten – wie der ausgang des schlichtungsverfahrens zeigt – hinreichende aussicht auf erfolg bot.34vor diesem hintergrund kann der senat offen lassen, ob sich die schlichtungskosten – wie die kläger meinen – auch in anwendung der mittlerweile überholten bfh-rechtsprechung zu prozesskosten als abzugsfähig darstellen. danach konnten zivilprozesskosten (nur dann) abzugsfähig sein, wenn der steuerpflichtige ohne den prozess gefahr liefe, seine existenzgrundlage zu verlieren, oder wenn um kernbereiche des lebens gestritten wird (vgl. nur bfh-urteil vom 18. märz 2004 iii r 24/03, bfhe 206, 16, bstbl ii 2004, 726; loschelder, in: schmidt, estg, 32. aufl. 2013, § 33 rn. 35 „prozesskosten“). im hinblick auf die aus den streitgegenständlichen bergschäden resultierende trinkwasserproblematik liegt eine berührung des kernbereichs des lebens zumindest nicht fern. darauf kommt es jedoch nicht mehr an, da die rechtliche zwangsläufigkeit ohnehin zu bejahen ist.352. die sonstigen tatbestandsvoraussetzungen des § 33 abs. 1 und 2 estg sind erfüllt. dies ist zwischen den beteiligten unstreitig. die aufwendungen i. h. v. 5.388 € können daher nach abzug der zumutbaren belastung im sinne des § 33 abs. 3 satz 1 nr. 2 buchst. a estg i. h. v. 945,90 € (31.530 € gesamtbetrag der einkünfte gemäß bescheid vom 21. november 2012 x 3 %) – mithin im umfang von 4.442,10 € – als außergewöhnliche belastung nach § 33 estg berücksichtigt werden.363. § 33 abs. 2 satz 4 estg in der fassung des gesetzes zur umsetzung der amtshilferichtlinie sowie zur änderung steuerlicher vorschriften vom 26. juni 2013 (bgbl. i 2013, 1809) – amthilferlumsg –, wonach aufwendungen für die führung eines rechtsstreits (prozesskosten) vom abzug ausgeschlossen sind, es sei denn, es handelt sich um aufwendungen, ohne die der steuerpflichtige gefahr liefe, seine existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen bedürfnisse in dem üblichen rahmen nicht mehr befriedigen zu können, gelangt im streitfall nicht zur anwendung. da der gesetzgeber keine besondere anwendungsbestimmung aufgestellt hat, gilt die am 1. januar 2013 in kraft getretene norm (art. 31 abs. 1 des amtshilferlumsg) ab dem veranlagungszeitraum 2013 (§ 52 abs. 1 estg).37die übertragung der ermittlung des festzusetzenden steuerbetrags auf den beklagten beruht auf § 100 abs. 2 satz 2 fgo.38die kostenentscheidung folgt aus § 135 abs. 1 fgo.39die entscheidung über die notwendigkeit der zuziehung eines bevollmächtigten für das vorverfahren beruht auf § 139 abs. 3 satz 3 fgo.40die revision war zur fortbildung des rechts (§ 115 abs. 2 nr. 2 alt. 1 fgo) zuzulassen. |
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} | 11 K 3681/12 E | 2013-08-08T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Einkommensteuerbescheid 2008 vom 24.05.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.09.2012 wird insoweit geändert, als die Einkünfte des Klägers in Höhe von 476.000 € mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG versteuert werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen. 1Tatbestand: 2Streitig ist, ob dem Kläger im Rahmen des Erwerbs von Anteilen an der T GmbH (GmbH) ein nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) oder § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu versteuernder Mehrwert zugewendet wurde und der bestandskräftige Einkommensteuerbescheid 2008 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geändert werden konnte. 3Der Kläger war bis zum Frühjahr 2008 als Kommunikations- und Motivationstrainer selbstständig tätig. 4Mit notariellem Vertrag vom ………...2008 (Notar ……. , Urkunden Nr. …….) erwarb der Kläger von Herrn N 50 % der Anteile an der GmbH und wurde gleichzeitig zum Geschäftsführer der GmbH bestellt. Die Parteien vereinbarten ein Rückerwerbsrecht. Herr N kann den Rücktritt vom Vertrag erklären und die Rückübertragung des GmbH-Anteils nebst der übertragenen Kapitalrücklage verlangen, wenn der Kläger in den nächsten sieben Jahren ohne Zustimmung über den GmbH-Anteil verfügt oder in den nächsten sieben Jahren vor Herrn N verstirbt. Im Falle des Rücktritts ist der Kaufpreis von 73.397,15 € zinslos zurückzuzahlen (s. Punkt 5 des notariellen Vertrages). 5Der notarielle Vertrag wurde durch ein auf den …………..2008 datiertes Schreiben ergänzt, dass von Herrn N und dem Kläger unterzeichnet ist. Ausweislich dieses Schreibens sind die Punkte 5 und 6 des notariellen Vertrages nicht eindeutig gefasst worden. Die Punkte hätten insbesondere enthalten sollen, dass alle bis zum Übertragungsstichtag erwirtschafteten und festgestellten Gewinne ausschließlich Herrn N zustünden. Das Gewinnbezugsrecht stünde dem Kläger somit erst für Gewinne ab dem Jahr 2008 und nicht für die Gewinne der davor liegenden Wirtschaftsjahre zu. 6Die GmbH wurde im Jahr 2006 neu gegründet. Herr N brachte mit Vertrag vom ….2006 rückwirkend zum 01.01.2006 sein Einzelunternehmen gegen die Gewährung von Gesellschafterrechten zu Buchwerten in die GmbH ein. Der Kläger war sowohl für das Einzelunternehmen als auch für die nachfolgende GmbH seit ca. 2002/2003 als selbstständiger Motivations- und Kommunikationstrainer tätig. 7Auf Grundlage der eingereichten Einkommensteuererklärung für 2008 veranlagte der Beklagte den Kläger mit Einkommensteuerbescheid vom 28.10.2009 erklärungsgemäß. Der Steuerbescheid wurde bestandskräftig. Zum Veranlagungszeitpunkt lag dem Veranlagungsbezirk des Beklagten eine nachrichtliche Mitteilung der für die GmbH zuständigen Körperschaftsteuerstelle vor, wonach der Kläger seit dem 29.02.2008 an der GmbH beteiligt sei. Die Kapitalgesellschaft habe ein Nennkapital von 25.000 €, der Anteil des Klägers betrage 12.500 €/50 %. 50 % der Kapitalrücklage (= 60.897,35 €) seien mitveräußert worden. Der Kaufpreis habe insgesamt 73.397,35 € betragen. 8Bei der GmbH fand in den Jahren 2010/2011 eine Betriebsprüfung für die Jahre 2006 bis 2008 statt. Nach den Feststellungen des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung lag der zwischen dem Kläger und Herrn N vereinbarte Kaufpreis für die GmbH-Anteile zum Übertragungszeitpunkt unter dem tatsächlichen Wert der Geschäftsanteile. Den Unternehmenswert der GmbH berechnete die Betriebsprüfung unter Berücksichtigung aller vom Kläger vorgebrachten Risiken auf 1.098.794 € (= 1.836.005 € ./. Abschlag betriebsbedingte Minderungen 737.211 €). Es ergab sich folgender dem Kläger nach Ansicht der Betriebsprüfung zugeflossener Vorteil: 9Unternehmenswert 1.098.794 € 10x 50 % Anteil 549.397 € 11./. geleistete Anschaffungskosten 73.397 € 12zugeflossener Vorteil (Mehrbetrag) 476.000 € 13Die Betriebsprüfung ging in Übereinstimmung mit dem Kläger davon aus, dass bei der Veräußerung der Geschäftsanteile sowie der Festlegung des Kaufpreises keine privaten Überlegungen eine Rolle gespielt hätten und somit eine Schenkung auszuschließen sei. Im Hinblick auf die Einlassung der GmbH, die Übertragung der Anteile sei erfolgt, um den Kläger langfristig als Mitarbeiter der Gesellschaft zu gewinnen und an das Unternehmen zu binden, behandelte die Betriebsprüfung den zugeflossenen Vorteil von 476.000 € als nachträgliche Einkünfte im Sinne des § 15 EStG für die bisherige Tätigkeit des Klägers als Kommunikations- und Motivationstrainer. Die Anschaffungskosten des Klägers für die GmbH-Anteile erhöhte die Betriebsprüfung entsprechend. Die weiteren Einzelheiten sind dem Betriebsprüfungsbericht vom 11.10.2011 zu entnehmen, auf den vollinhaltlich verwiesen wird. 14Unter Berücksichtigung der vom Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung mitgeteilten Werte erließ der Beklagte am 24.05.2012 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2008, in dem er die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um 476.000 € erhöhte. 15Der Kläger legte am 12.06.2012 Einspruch ein. 16Zur Begründung trug der Kläger vor, die Voraussetzungen für eine Änderung des bestandskräftigen Bescheides nach § 173 Abs. 1 AO lägen nicht vor. Dem Beklagten sei die Übertragung der GmbH-Anteile und die Höhe des Kaufpreises zum Zeitpunkt der Einkommensteuerveranlagung bekannt gewesen. Die nunmehr vorgenommene erneute Beurteilung dieses Vorgangs und die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen würden keine neuen Tatsachen im Sinne des § 173 AO darstellen. Darüber hinaus lasse sich der Sachverhalt keiner Einkunftsart zuordnen. Der Beklagte habe nicht dargelegt, unter Zugrundelegung welcher Vorschrift der Kauf von Gesellschaftsanteilen zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führe. 17Es sei nochmals darauf hinzuweisen, dass ihn und Herrn N weder eine verwandtschaftliche noch freundschaftliche Beziehung verbinde. Er habe sich im Unternehmen der GmbH um die Mitarbeiter gekümmert. Zu den Schwerpunkten seiner Tätigkeit hätten unter anderem die Mitarbeiterschulung und -motivation sowie der Mitarbeitereinsatz gehört. Die GmbH habe überwiegend Teilzeitkräfte beschäftigt, die im Telefonvertrieb hauptsächlich Praxisbedarf für Ärzte offerierten. Da er immer wieder neue Ideen sowohl im Bereich der Motivation als auch im Absatzbereich entwickelt habe und heute noch entwickele, sei er für die GmbH, deren Erfolg von gut organisierten und motivierten Mitarbeitern abhängig sei, ein wichtiger Faktor. Er habe zum damaligen Zeitpunkt seine selbstständige Tätigkeit durch die Gründung einer eigenen Gesellschaft (X GmbH) ausbauen wollen. Damit verbunden wäre die Aufgabe seiner Tätigkeit im Bereich Motivation/Kommunikation gewesen. Herr N habe ihn allerdings als Mitarbeiter der GmbH behalten wollen. Dies sei nur in Form einer Gesellschafterstellung erreichbar gewesen. Unter Berücksichtigung des Risikos einer weiteren gesetzlichen Einschränkung des telefonischen Vertriebs hätten sie sich auf den Kaufpreis für die GmbH-Anteile geeinigt und diesen als angemessen angesehen. Insoweit sei auf das BFH-Urteil vom 19.08.2009 III R 79/07 zu verweisen, in dem der BFH eindeutig die Auffassung vertrete, dass falls der Anteilsverkauf wirksam vereinbart und vereinbarungsgemäß durchgeführt worden sei, der von den Vertragsparteien vereinbarte Preis, den diese für angemessen halten dürften und dies auch getan hätten, der Besteuerung zu Grunde zu legen sei. 18Mit Einspruchsentscheidung vom 11.09.2012 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. 19Zur Begründung führte der Beklagte aus, dem Tatsachenbegriff des § 173 AO unterfielen die der Wertfindung der GmbH-Anteile zu Grunde liegenden wertbegründenden Eigenschaften. Diese wertbegründenden Eigenschaften seien im Rahmen der Groß- und Konzernbetriebsprüfung im Einzelnen ermittelt und vollständig offen gelegt worden. Sie seien in der Steuererklärung nicht explizit dargelegt bzw. bei der Erstbearbeitung des Falles anderweitig bekannt gewesen und dem Beklagten somit erst nachträglich bekannt geworden. 20In materiell-rechtlicher Hinsicht sei auf das Urteil des BFH vom 12.10.2011 I R 33/10, BStBl. II 2012, 445 hinzuweisen. Erfolge die Übertragung von Anteilen mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis des Empfängers im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft als leitender Mitarbeiter, handele es sich nach dieser Rechtsprechung um Arbeitslohn im Sinne von § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Da der Kläger ursprünglich selbstständig für die GmbH tätig gewesen sei, sei es vertretbar, die Einkünftezurechnung nicht im Rahmen von § 19 EStG, sondern im Rahmen von § 15 EStG vorzunehmen; steuerliche Auswirkungen habe die Zuordnung nicht. 21Der Kläger hat am 05.10.2012 Klage erhoben. 22Zur Begründung führt der Kläger aus, die Übertragung der Anteile zum Nennwert würde nicht zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen. Die Ermittlung des Verkehrswertes durch die Betriebsprüfung werde nicht beanstandet, beanstandet werde jedoch der Ansatz dieses Verkehrswertes. Der Kaufvertrag sei zwischen Herrn N und ihm wie unter fremden Dritten abgeschlossen worden. Sie seien beide davon ausgegangen, dass der gezahlte Kaufpreis angemessen sei. Er sei unter Berücksichtigung der Gefahr der weiteren Einschränkung des telefonischen Vertriebs nicht dazu bereit gewesen einen höheren Kaufpreis für die Anteile zu entrichten. Ihm seien die bei der Gesellschaft eingegangenen Abmahnungen bekannt gewesen. Auch habe er aus den Medien Kenntnisse über das Verbot von unerwünschter telefonischer Werbung gehabt. Es sei ihm durchaus bewusst gewesen, dass die Geschäftsentwicklung der GmbH sehr positiv, bei einem vollständigen Verbot des telefonischen Vertriebs jedoch auch sehr negativ sein konnte. Dieses für ihn unkalkulierbar Risiko sei letztendlich das maßgebliche Element bei der Findung des Kaufpreises gewesen. Was im Geschäftsverkehr üblich sei, werde von den am Vertrag beteiligten Personen und nicht durch die subjektive Ansicht des Beklagten festgelegt. Der Hinweis des Beklagten auf die positive Geschäftslage der GmbH sei nicht hilfreich. Es sei ein Leichtes, einen Sachverhalt im Nachhinein zu beurteilen. Dies könne jedoch nicht dazu führen, die zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von beiden Parteien gesehenen Risiken als nicht vorhanden abzutun. Auch könne sein Gehalt nicht mit den vorher in Rechnung gestellten Beträgen verglichen werden. Es sei ein Unterschied, ob jemand als Geschäftsführer eines Unternehmens mit über 100 Mitarbeitern oder als Einzelunternehmer tätig sei. Das an ihn gezahlte Gehalt orientiere sich selbstverständlich am Umfang der Verantwortung als Geschäftsführer und den damit verbundenen Tätigkeiten. Darüber hinaus sei der berufliche Zeiteinsatz zuvor nicht auf die Tätigkeit für die GmbH beschränkt gewesen. 23Eine Bewertung der GmbH-Geschäftsanteile sei nicht erforderlich gewesen, da er nicht bereit gewesen sei, einen höheren Kaufpreis als den vereinbarten zu entrichten. Die vom Beklagten angesprochene fehlende notarielle Regelung hinsichtlich des zum 31.12.2007 vorhandenen Gewinnvortrags sei durch die wirksame privatrechtliche Vereinbarung, die sofort nach Entdeckung der unklaren Regelung angefertigt worden sei, ergänzt worden. Die Vertragsparteien hätten bei der notariellen Beurkundung ein Leseexemplar erhalten, dass sie nach Beendigung des Termins mitgenommen hätten. Bei einer anschließenden, nochmaligen Durchsicht sei die ergänzungsbedürftige Regelung entdeckt und durch die privatrechtliche Vereinbarung ausgefüllt worden. Auf die Zurechnung des Gewinns bis zum 29.02.2008 zu Herrn N sei aus Kostengründen bewusst verzichtet worden. Die Erstellung einer dann notwendigen Zwischenbilanz und Zwischeninventur hätte zu erheblichen Kosten geführt. 24Es sei darauf hinzuweisen, dass dem vom Beklagten zitierten BFH Urteil vom 12.10.2011 zur Übertragung von einbringungsgeborenen Anteilen ein Arbeitsverhältnis zu Grunde gelegen habe. Ein solches habe es zwischen der GmbH und dem Kläger vor der Übertragung nicht gegeben. Er sei stets selbstständig tätig gewesen. Bei Unternehmern sei davon auszugehen, dass die geleisteten Arbeiten durch Rechnungen endgültig abgegolten würden. 25Die Zuordnung des Mehrwerts zu den Einnahmen aus § 19 EStG scheide aus, weil er in diesem Fall vorweggenommenen Arbeitslohn bezogen hätte. Kein Arbeitgeber vergüte Arbeitslohn in Form eines Vorwegbezugs. Wäre sich Herr N darüber bewusst gewesen, wäre er sich auch darüber im klaren gewesen, dass er (der Kläger) dadurch einen höheren Lohn als Herr N selbst beziehe. Dies habe er sicherlich nicht gewollt. 26Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO komme nicht in Betracht. Es sei unerheblich, dass der Veranlagungsstelle nicht bekannt gewesen sei, dass der von der Betriebsprüfung festgelegte Wert erheblich über dem zwischen den Vertragsparteien festgelegten Kaufpreis gelegen habe. Der vom Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung festgestellte Wert stelle keine Tatsache dar. Es lägen keine neuen wertbegründenden Tatsachen vor, da der Kaufpreis für die GmbH-Anteile zwischen Herrn N und ihm unter denselben wertbegründenden Tatsachen festgelegt worden sei, die der Beklagte anführe. Die Schlussfolgerung des Beklagten, dass die von ihm vorgetragenen wertbegründende Eigenschaften zwangsläufig zu einem höheren Kaufpreis führen müssten, sei jedoch falsch, da die an der Übertragung der GmbH-Anteile beteiligten Personen sich auf einen anderen Kaufpreis geeinigt hätten. Im Rahmen der Vertragsfreiheit bleibe kein Raum für den Ansatz eines abweichenden Wertes. Ein höherer Wert stelle lediglich dann eine neue Tatsache dar, wenn der zu Grunde liegende Vertrag als „Scheinvertrag“ auszulegen sei, wertbegründende Tatsachen verschwiegen und im Rahmen von Ermittlungen nachträglich bekannt geworden wären. 27Der Kläger beantragt, 28den Einkommensteuerbescheid 2008 vom 24.05.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.09.2012 aufzuheben, 29die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, 30hilfsweise, die Revision zuzulassen. 31Der Beklagte beantragt, 32die Klage abzuweisen, 33hilfsweise, die Revision zuzulassen. 34Zur Begründung vertieft der Beklagte seinen Vortrag zur Berichtigung des Einkommensteuerbescheides nach § 173 AO. Dem Tatsachenbegriff des § 173 AO unterfielen im Streitfall die der Wertfindung der GmbH-Anteile zu Grunde liegenden wertbegründenden Eigenschaften. Dies seien z.B. die positive Geschäftsentwicklung der Gesellschaft, das am Markt gut eingeführte Unternehmen, der feste Kundenstamm von mehr als 42.000 Kunden, solvente Kunden, kaum Forderungsausfälle, erheblicher Geschäfts- und Firmenwert, Gewinne in sechsstelliger Größenordnung, Umsätze in Millionenhöhe (vgl. Sachgründungsbericht der GmbH vom ………..2006, s. Einspruchshefter). Der Einkommensteuerveranlagungsstelle sei zum Zeitpunkt der Einkommensteuerveranlagung 2008 in keiner Weise bekannt gewesen, dass der tatsächliche Wert der GmbH-Anteile exorbitant über dem vertraglich fixierten Kaufpreis gelegen hätte. 35Der Auffassung des Klägers, er habe mit Herrn N einen zwischen fremden Dritten üblichen Vertrag geschlossen und der Kaufpreis sei angemessen, könne nicht gefolgt werden. Neben den einzelnen Regelungen zu dem siebenjährigen Rückerwerbsrecht (I. 5. des notariellen Vertrages vom ……….2008) sei es zwischen fremden Dritten völlig unüblich, dass 3637eine Ermittlung des – außerordentlich hohen – Wertes der Geschäftsanteile nicht erfolgt sei, 38eine notarielle Regelung hinsichtlich des zum 31.12.2007 vorhandenen Gewinnvortrags i.H.v. 487.393,78 € fehle, 39das Gewinnbezugsrecht für den in der Zeit vom 01.01. bis 29.02.2008 erzielten Gewinn der GmbH nicht allein Herrn N, sondern auch dem erst ab dem 29.02.2008 beteiligten Kläger zugerechnet worden sei. 40Dass die Anschaffung der GmbH-Anteile für den Kläger ein unkalkulierbares Risiko dargestellt habe, sei dem vorliegenden Sachverhalt nicht zu entnehmen. In den Jahren 2002 bis 2007 habe der Kläger als selbstständiger Motivations- und Kommunikationstrainer Gewinne von ca. 44.865 € bis 100.518 € erzielt. Die ihm ab 2008 von der GmbH gezahlten Bruttogehälter seien von Anbeginn mehr als doppelt so hoch wie der höchste vom Kläger erwirtschaftete Gewinn gewesen und hätten sich auf folgende Beträge belaufen: 412008 178.531 € (zehn Monate) 422009 214.546 € 432010 229.546 € 44Der Kläger habe für den Kauf der GmbH-Anteile nicht einmal fünf Monatsgehälter aufwenden müssen. Auch nach dem Sachgründungsbericht der GmbH habe ein solches Risiko nicht vorgelegen. 45Im Hinblick auf die vereinbarte Geschäftsführertätigkeit, die vorgesehene Bindung an das Unternehmen und das Gehalt des Klägers von jährlich über 200.000 € sei eine Erfassung des Mehrwertes im Rahmen von § 19 EStG gerechtfertigt (vgl. hierzu auch Urteil des Finanzgerichtes Baden Württemberg vom 07.03.2001 3 K 111/01). 46Der weitere Sach- und Streitstand ist den Steuerakten zu entnehmen, die das Gericht zum Verfahren hinzugezogen hat. 47Entscheidungsgründe: 48Die Klage ist teilweise begründet. 49Der Beklagte hat den bestandskräftigen Einkommensteuerbescheid 2008 zu Recht nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert und die Einkünfte des Klägers um 476.000 € erhöht. Der Einkommensteuer-Änderungsbescheid 2008 vom 24.05.2012 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.09.2012 ist allerdings insoweit rechtswidrig, als der Beklagte die Einkünfte nicht mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG versteuert hat und verletzt den Kläger insoweit in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO). 50I. Der Beklagte durfte den Einkommensteuerbescheid 2008 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO berichtigen. Steuerbescheide sind nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. 511. Tatsachen sind alle Sachverhaltsbestandteile, die Merkmal oder Teilstück eines gesetzlichen Tatbestandes sein können. Dabei kann es sich um Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art handeln (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juli 2004 XI R 10/03, BStBl II 2004, 911). Dazu gehören auch subjektive Tatbestandsmerkmale, wie beispielsweise der von den Vertragsparteien einverständlich bestimmte Vertragszweck (vgl. BFH-Urteil vom 20.12.1988 VIII R 121/83, BStBl II 1989, 585). Bloße Schlussfolgerungen und juristische Subsumtionen hingegen sind keine Tatsachen i.S. des § 173 AO (vgl. BFH-Urteil vom 14.01.1998 II R 9/97, BStBl II 1998, 371). 52Im vorliegenden Fall stellen nicht alleine die Übertragung der GmbH-Anteile und der gezahlte Kaufpreis Tatsachen dar. Vielmehr sind auch die zu der Übertragung der GmbH-Anteile führenden Vorgänge einzelne Tatsachen/Sachverhaltsbestandteile. Zu diesen Sachverhaltsbestandteilen gehören insbesondere der unstreitige Übertragungsgrund (Bindung des Klägers an die GmbH) und die den Wert der GmbH beeinflussenden Umstände (z.B. Umsatz, Kundenstamm, Solvenz der Kunden). Aus diesen Tatsachen kann der geldwerte Vorteil von 476.000 € als Schlussfolgerung ermittelt werden. 532. Die o.g. Tatsachen sind dem Beklagten nachträglich i.S.d. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO bekannt geworden. 54Eine Tatsache ist dem Finanzamt dann im Sinne dieser Vorschrift bekannt, wenn es positive Kenntnis erlangt hat (vgl. v.Groll in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO Kommentar, § 173 AO Rdnr. 174 m.w.N.). Sie wird nachträglich bekannt, wenn sie das Finanzamt bei Erlass des ursprünglichen Steuerbescheides, d.h. bei abschließender Zeichnung des entsprechenden Eingabewertbogens (vgl. BFH-Urteil vom 11.02.1998 I R 82/97, BStBl II 1998, 552) noch nicht kannte. Eine Tatsache gilt allerdings dann nicht als "neu", wenn sie dem Finanzamt bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Ermittlungspflicht (vgl. § 88 AO) nicht verborgen geblieben wäre, sofern der Steuerpflichtige seinerseits seiner Mitwirkungspflicht voll genügt hat (vgl. BFH-Urteile vom 11.02.1998 I R 82/97, BStBl II 1998, 552 und vom 13.11.1985 II R 208/82, BStBl II 1986, 241). Bekannt ist der zuständigen Dienststelle der Inhalt der dort geführten Akten, ohne dass insoweit auf die individuelle Kenntnis des jeweiligen Bearbeiters abzustellen ist (vgl. BFH-Urteile vom 11.02.1998 I R 82/97, BStBl. II 1998, 552 und vom 05.12.2002 IV R 58/01, BFH/NV 2003, 588). Hierbei kommt es auf den Wissensstand und damit den Aktenbestand der zur Bearbeitung des Steuerfalles berufenen Dienststelle an (vgl. BFH-Urteil vom 02.07.2003 XI R 8/03, BStBl 2003, 803). 55Die zuständige Dienststelle des Beklagten (Veranlagungsstelle) wusste bei Erlass des Einkommensteuerbescheides vom 28.10.2009 lediglich, dass der Kläger GmbH-Anteile nebst einer Kapitalrücklage zum Kaufpreis von 73.397,35 € erworben hat. Der Veranlagungsstelle waren dagegen nicht die Umstände, die zur Übertragung der GmbH-Anteile geführt haben, und die den Wert der GmbH-Anteile beeinflussenden Umstände bekannt. Diese Tatsachen sind der Veranlagungsstelle erst durch den Betriebsprüfungsbericht der Groß- und Konzernbetriebsprüfung vom 11.10.2011 und damit nach abschließender Zeichnung des Eingabewertbogens für die Einkommensteuerveranlagung bekannt geworden. 56Sie galten zudem als „neue“ Tatsachen, da die Unkenntnis der Veranlagungsstelle nicht auf einer nicht ordnungsgemäßen Erfüllung der Ermittlungspflicht beruhte. Weder die Einkommensteuererklärung des Klägers noch die Mitteilung der für die GmbH zuständigen Körperschaftsteuerstelle wiesen auf den Übertragungsgrund und die wertbeeinflussenden Umstände hin. Auch aus der Aktenlage ergab sich kein Anlass, diese Umstände aufzuklären. 573. Die Tatsachen führen zum Ansatz von weiteren Einkünften i.H.v. 476.000 € und infolgedessen zu einer höheren Steuer (siehe unter II.). 58II. Der Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert und den Anschaffungskosten des vom Kläger erworbenen Anteils an der GmbH in Höhe von 476.000 € unterliegt der Einkommensteuer. Es handelt sich insoweit um Einkünfte im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. 591. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG - neben Gehältern und Löhnen - auch andere Bezüge und Vorteile, die "für" eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige Bezüge handelt (§ 19 Abs. 1 Satz 2 EStG). Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss. Eine Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis ist zu bejahen, wenn die Einnahmen dem Empfänger mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis zufließen und sich als Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellen, wenn sich die Leistung des Arbeitgebers also im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (vgl. BFH-Urteil vom 28.02.2013 VI R 58/11, DStR 2013, 908 m.w.N.). 60Arbeitslohn kann nach der ständigen Rechtsprechung des BFH (vgl. zuletzt Urteile vom 18.10.2012 VI R 64/11, BFHE 239, 270, DStR 2012, 2433 und vom 28.02.2013 VI R 58/11, DStR 2013, 908 m.w.N.) auch bei der Zuwendung eines Dritten anzunehmen sein, wenn sie ein Entgelt "für" eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist, dass sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht. Dagegen liegt dann kein Arbeitslohn vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird. Entsprechendes gilt, wenn die Zuwendung auf anderen Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitnehmer und Drittem gründet. 61Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist der objektiv dem Kläger zugeflossene Vermögensvorteil von 476.000 € als Arbeitslohn anzusehen. Der Zufluss stellt sich als Entgelt, welches der Kläger als Gegenleistung für zukünftig an die GmbH als Arbeitgeber zu erbringende Arbeitsleistungen erhält, dar. 62Nach dem Vortrag des Klägers, den er in der mündlichen Verhandlung nochmals bestätigt hat, hat Herr N ihm die GmbH-Anteile zugewendet, damit er weiterhin für die GmbH tätig wird. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die GmbH bzw. das frühere Einzelunternehmen in der Vergangenheit andere Motivationstrainer beschäftigt habe, die nicht so erfolgreich wie er gewesen seien. Er habe mit neuen Ideen die Umsätze der GmbH erhöhen können und noch weitere Verbesserungsvorschläge und Ideen zur Umsatzsteigerung gehabt. Allerdings habe er seine Arbeitskraft der eigenen Firma X GmbH, die Maklerleistungen erbracht und Versicherungsprodukte vermarktet habe, vermehrt zur Verfügung stellen wollen. Dies hätte zur Einstellung seiner Tätigkeit als Kommunikations- und Motivationstrainer der GmbH geführt. Angesichts dieser Perspektive habe Herr N sich bereit erklärt, ihn gleichberechtigt an der GmbH zu beteiligen. 63Die gleichberechtigte Beteiligung des Klägers an der GmbH dient nach der Überzeugung des Senats eindeutig vorrangig dem Erhalt der Arbeitskraft des Klägers. Dieser eindeutige Veranlassungszusammenhang wird nicht dadurch überlagert oder sogar ausgeschlossen, dass die Übertragung der GmbH-Anteile auf einem selbstständigen, von dem Arbeitsverhältnis mit der GmbH unabhängigen Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und Herrn N beruht. Der Zweck der Übertragung der GmbH-Anteile von Herrn N auf den Kläger ist nicht auf die Abtretung der GmbH-Anteile und die Aufnahme des Klägers als neuen Gesellschafter beschränkt, vorrangiges Ziel ist der Erhalt der Arbeitskraft des Klägers für die GmbH. Hinter diesem Ziel tritt auch ein mögliches eigenes Interesse des Herrn N, durch die Bindung des Klägers an die GmbH den Wert seiner eigenen Gesellschaftsanteile zu sichern oder zu steigern, zurück. Denn die Wertsicherung und -steigerung ist nicht alleine durch die Aufnahme des Klägers als Gesellschafter, sondern nur durch die Gewinnung der Arbeitskraft des Klägers möglich. 64Unerheblich ist insoweit die persönlichen Auffassung und Einschätzung des Klägers, wonach die Zahlung nicht im Zusammenhang mit dem zukünftigen Arbeitsverhältnis stehe. Denn auf die subjektive Einschätzung der an der Zuwendung Beteiligten kommt es nicht an. Entscheidend sind vielmehr die objektiven Tatumstände (vgl. BFH-Urteil vom 28.02.2013 VI R 58/11, DStR 2013, 908 m.w.N.). 652. Der geldwerte Vorteil ist vom Beklagten in zutreffender Weise mit dem hälftigen Unternehmenswert abzüglich des gezahlten Kaufpreises angesetzt worden. Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass der hälftige Unternehmenswert zum Zeitpunkt der Übertragung der GmbH-Anteile 549.397 € betragen hat. Der Kläger bestreitet indes, dass dieser Wert abzüglich des gezahlten Kaufpreises als geldwerter Vorteil anzusetzen ist. Er habe sich mit Herrn N im Rahmen eines Kaufvertrages auf den gezahlten und angemessenen Kaufpreis geeinigt. Der von den Beteiligten subjektiv als angemessen empfundene Kaufpreis kann allerdings für die Besteuerung nicht herangezogen werden. Einnahmen, die nicht in Geld bestehen, sind gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 EStG mit dem üblichen Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Es ist folglich eine objektive Wertbestimmung vorzunehmen. Den subjektiven Vorstellungen der Vertragspartner kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Maßgeblich ist alleine, ob ein objektiver Betrachter aus der Sicht des Empfängers bei diesem einen vermögenswerten Vorteil als Gegenleistung für eine Leistung bejahen würde (vgl. BFH-Urteil vom 21.04.2010 X R 43/08, BFH/NV 2010, 1436 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung; Krüger in Schmidt, EStG Kommentar, 2012, § 8 Rdnr. 13). Dies ist unter Berücksichtigung des objektiven Verkehrswertes der GmbH-Anteile eindeutig der Fall. 66Der Vorteil ist dem Kläger auch mit der Übertragung der GmbH-Anteile im Jahr 2008 zugeflossen (§ 11 Abs. 1 S. 1 EStG). Denn der Kläger hat im Jahr 2008 die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die GmbH-Anteile erhalten. Dem steht nicht entgegen, dass er aufgrund des Rückerwerbsrechts die GmbH-Anteile sieben Jahre lang nicht frei, zum Verkehrswert veräußern konnte. Das Rückerwerbsrecht kann nur durch eine selbstständige Willenserklärung von Herrn N geltend gemacht werden. Es liegt somit lediglich eine obligatorische Veräußerungssperre vor, die die rechtliche und wirtschaftliche Verfügungsmacht des Klägers nicht einschränkt (vgl. zu Sperr- und Haltefristen von Aktien: BFH Urteil vom 30.06.2011 VI R 37/09, BStBl II 2011, 923). 673. Der geldwerte Vorteil ist gem. § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG mit dem ermäßigten Steuersatz zu versteuern. Nach dieser Vorschrift sind Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten ermäßigt zu besteuern. Dies können nach dem Wortlaut der Vorschrift und dem Zweck der Vorschrift, die Verschärfung der Progression infolge der Inkongruenz zwischen Zahlungs- und Erdienungszeitraum zu mildern, auch Lohnvorauszahlungen zur Abgeltung einer mehrjährigen Tätigkeit sein (vgl. BFH-Urteile vom 23.07.1974 VI R 116/72, BStBl II 1974, 680 und vom 23.07.1974 VI R 41/72, BStBl II 1974, 743; Horn in Hermann/Heuer/Raupach, EStG Kommentar, § 34 Rdnr. 61). Mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst (§ 34 Abs. 2 Nr. 4, 2. Halbsatz EStG). 68Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Die Beteiligten haben zwar nicht ausdrücklich vertraglich geregelt, dass der Kläger den geldwerten Vorteil für seine zukünftige Arbeitsleistung erhält. Die Anwendung des § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG setzt allerdings keine klare Vereinbarung der Beteiligten voraus. Es genügt, wenn dem Arbeitnehmer objektiv ein Vorteil zugewendet wird und sich aus den Gesamtumständen des Einzelfalls ergibt, dass die Vorteilszuwendung nur im Hinblick auf eine mehrjährige Tätigkeit verständlich ist (vgl. BFH-Urteil vom 10.06.1983 VI R 176/80, BStBl II 1983, 643; anders noch BFH-Urteil vom 23.07.1974 VI R 41/72, BStBl II 1974, 743). Dem Kläger ist durch die Übertragung der GmbH-Anteile objektiv ein geldwerter Vorteil zugeflossen. Dieser ist nach den Gesamtumständen des Falles mit dem Ziel der dauerhaften Sicherung der Arbeitskraft des Klägers und damit für seine zukünftige, mehrjährige Tätigkeit im Unternehmen der GmbH geleistet worden. 69III. Die Berechnung der Steuer ist dem Beklagten nach § 100 Abs. 2 S. 2 FGO übertragen worden. 70IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 S. 3 FGO. Nach dieser Vorschrift kann das Gericht einem Beteiligten die gesamten Verfahrenskosten auferlegen, wenn der andere Beteiligte nur zu einem geringen Teil unterlegen ist. Der Beklagte ist durch die Besteuerung mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG nur zu einem sehr geringen Anteil unterlegen. Seine Unterliegensquote beträgt 3,6% des Streitwertes von 212.289 €. 71V. Die Revision war wegen grundsätzliche Bedeutung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO). | der einkommensteuerbescheid 2008 vom 24.05.2012 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 11.09.2012 wird insoweit geändert, als die einkünfte des klägers in höhe von 476.000 € mit dem ermäßigten steuersatz nach § 34 abs. 1, abs. 2 nr. 4 estg versteuert werden. im übrigen wird die klage abgewiesen. die berechnung der steuer wird dem beklagten übertragen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. die revision wird zugelassen. 1 | 2streitig ist, ob dem kläger im rahmen des erwerbs von anteilen an der t gmbh (gmbh) ein nach § 15 abs. 1 satz 1 nr. 1 einkommensteuergesetz (estg) oder § 19 abs. 1 satz 1 nr. 1 estg zu versteuernder mehrwert zugewendet wurde und der bestandskräftige einkommensteuerbescheid 2008 nach § 173 abs. 1 nr. 1 der abgabenordnung (ao) geändert werden konnte. 3der kläger war bis zum frühjahr 2008 als kommunikations- und motivationstrainer selbstständig tätig. 4mit notariellem vertrag vom ………...2008 (notar ……. , urkunden nr. …….) erwarb der kläger von herrn n 50 % der anteile an der gmbh und wurde gleichzeitig zum geschäftsführer der gmbh bestellt. die parteien vereinbarten ein rückerwerbsrecht. herr n kann den rücktritt vom vertrag erklären und die rückübertragung des gmbh-anteils nebst der übertragenen kapitalrücklage verlangen, wenn der kläger in den nächsten sieben jahren ohne zustimmung über den gmbh-anteil verfügt oder in den nächsten sieben jahren vor herrn n verstirbt. im falle des rücktritts ist der kaufpreis von 73.397,15 € zinslos zurückzuzahlen (s. punkt 5 des notariellen vertrages). 5der notarielle vertrag wurde durch ein auf den …………..2008 datiertes schreiben ergänzt, dass von herrn n und dem kläger unterzeichnet ist. ausweislich dieses schreibens sind die punkte 5 und 6 des notariellen vertrages nicht eindeutig gefasst worden. die punkte hätten insbesondere enthalten sollen, dass alle bis zum übertragungsstichtag erwirtschafteten und festgestellten gewinne ausschließlich herrn n zustünden. das gewinnbezugsrecht stünde dem kläger somit erst für gewinne ab dem jahr 2008 und nicht für die gewinne der davor liegenden wirtschaftsjahre zu. 6die gmbh wurde im jahr 2006 neu gegründet. herr n brachte mit vertrag vom ….2006 rückwirkend zum 01.01.2006 sein einzelunternehmen gegen die gewährung von gesellschafterrechten zu buchwerten in die gmbh ein. der kläger war sowohl für das einzelunternehmen als auch für die nachfolgende gmbh seit ca. 2002/2003 als selbstständiger motivations- und kommunikationstrainer tätig. 7auf grundlage der eingereichten einkommensteuererklärung für 2008 veranlagte der beklagte den kläger mit einkommensteuerbescheid vom 28.10.2009 erklärungsgemäß. der steuerbescheid wurde bestandskräftig. zum veranlagungszeitpunkt lag dem veranlagungsbezirk des beklagten eine nachrichtliche mitteilung der für die gmbh zuständigen körperschaftsteuerstelle vor, wonach der kläger seit dem 29.02.2008 an der gmbh beteiligt sei. die kapitalgesellschaft habe ein nennkapital von 25.000 €, der anteil des klägers betrage 12.500 €/50 %. 50 % der kapitalrücklage (= 60.897,35 €) seien mitveräußert worden. der kaufpreis habe insgesamt 73.397,35 € betragen. 8bei der gmbh fand in den jahren 2010/2011 eine betriebsprüfung für die jahre 2006 bis 2008 statt. nach den feststellungen des finanzamtes für groß- und konzernbetriebsprüfung lag der zwischen dem kläger und herrn n vereinbarte kaufpreis für die gmbh-anteile zum übertragungszeitpunkt unter dem tatsächlichen wert der geschäftsanteile. den unternehmenswert der gmbh berechnete die betriebsprüfung unter berücksichtigung aller vom kläger vorgebrachten risiken auf 1.098.794 € (= 1.836.005 € ./. abschlag betriebsbedingte minderungen 737.211 €). es ergab sich folgender dem kläger nach ansicht der betriebsprüfung zugeflossener vorteil: 9unternehmenswert 1.098.794 € 10x 50 % anteil 549.397 € 11./. geleistete anschaffungskosten 73.397 € 12zugeflossener vorteil (mehrbetrag) 476.000 € 13die betriebsprüfung ging in übereinstimmung mit dem kläger davon aus, dass bei der veräußerung der geschäftsanteile sowie der festlegung des kaufpreises keine privaten überlegungen eine rolle gespielt hätten und somit eine schenkung auszuschließen sei. im hinblick auf die einlassung der gmbh, die übertragung der anteile sei erfolgt, um den kläger langfristig als mitarbeiter der gesellschaft zu gewinnen und an das unternehmen zu binden, behandelte die betriebsprüfung den zugeflossenen vorteil von 476.000 € als nachträgliche einkünfte im sinne des § 15 estg für die bisherige tätigkeit des klägers als kommunikations- und motivationstrainer. die anschaffungskosten des klägers für die gmbh-anteile erhöhte die betriebsprüfung entsprechend. die weiteren einzelheiten sind dem betriebsprüfungsbericht vom 11.10.2011 zu entnehmen, auf den vollinhaltlich verwiesen wird. 14unter berücksichtigung der vom finanzamt für groß- und konzernbetriebsprüfung mitgeteilten werte erließ der beklagte am 24.05.2012 einen nach § 173 abs. 1 nr. 1 ao geänderten einkommensteuerbescheid für 2008, in dem er die einkünfte aus gewerbebetrieb um 476.000 € erhöhte. 15der kläger legte am 12.06.2012 einspruch ein. 16zur begründung trug der kläger vor, die voraussetzungen für eine änderung des bestandskräftigen bescheides nach § 173 abs. 1 ao lägen nicht vor. dem beklagten sei die übertragung der gmbh-anteile und die höhe des kaufpreises zum zeitpunkt der einkommensteuerveranlagung bekannt gewesen. die nunmehr vorgenommene erneute beurteilung dieses vorgangs und die sich daraus ergebenden schlussfolgerungen würden keine neuen tatsachen im sinne des § 173 ao darstellen. darüber hinaus lasse sich der sachverhalt keiner einkunftsart zuordnen. der beklagte habe nicht dargelegt, unter zugrundelegung welcher vorschrift der kauf von gesellschaftsanteilen zu einkünften aus gewerbebetrieb führe. 17es sei nochmals darauf hinzuweisen, dass ihn und herrn n weder eine verwandtschaftliche noch freundschaftliche beziehung verbinde. er habe sich im unternehmen der gmbh um die mitarbeiter gekümmert. zu den schwerpunkten seiner tätigkeit hätten unter anderem die mitarbeiterschulung und -motivation sowie der mitarbeitereinsatz gehört. die gmbh habe überwiegend teilzeitkräfte beschäftigt, die im telefonvertrieb hauptsächlich praxisbedarf für ärzte offerierten. da er immer wieder neue ideen sowohl im bereich der motivation als auch im absatzbereich entwickelt habe und heute noch entwickele, sei er für die gmbh, deren erfolg von gut organisierten und motivierten mitarbeitern abhängig sei, ein wichtiger faktor. er habe zum damaligen zeitpunkt seine selbstständige tätigkeit durch die gründung einer eigenen gesellschaft (x gmbh) ausbauen wollen. damit verbunden wäre die aufgabe seiner tätigkeit im bereich motivation/kommunikation gewesen. herr n habe ihn allerdings als mitarbeiter der gmbh behalten wollen. dies sei nur in form einer gesellschafterstellung erreichbar gewesen. unter berücksichtigung des risikos einer weiteren gesetzlichen einschränkung des telefonischen vertriebs hätten sie sich auf den kaufpreis für die gmbh-anteile geeinigt und diesen als angemessen angesehen. insoweit sei auf das bfh-urteil vom 19.08.2009 iii r 79/07 zu verweisen, in dem der bfh eindeutig die auffassung vertrete, dass falls der anteilsverkauf wirksam vereinbart und vereinbarungsgemäß durchgeführt worden sei, der von den vertragsparteien vereinbarte preis, den diese für angemessen halten dürften und dies auch getan hätten, der besteuerung zu grunde zu legen sei. 18mit einspruchsentscheidung vom 11.09.2012 wies der beklagte den einspruch als unbegründet zurück. 19zur begründung führte der beklagte aus, dem tatsachenbegriff des § 173 ao unterfielen die der wertfindung der gmbh-anteile zu grunde liegenden wertbegründenden eigenschaften. diese wertbegründenden eigenschaften seien im rahmen der groß- und konzernbetriebsprüfung im einzelnen ermittelt und vollständig offen gelegt worden. sie seien in der steuererklärung nicht explizit dargelegt bzw. bei der erstbearbeitung des falles anderweitig bekannt gewesen und dem beklagten somit erst nachträglich bekannt geworden. 20in materiell-rechtlicher hinsicht sei auf das urteil des bfh vom 12.10.2011 i r 33/10, bstbl. ii 2012, 445 hinzuweisen. erfolge die übertragung von anteilen mit rücksicht auf das arbeitsverhältnis des empfängers im weitesten sinne als gegenleistung für das zurverfügungstellen der individuellen arbeitskraft als leitender mitarbeiter, handele es sich nach dieser rechtsprechung um arbeitslohn im sinne von § 19 abs. 1 s. 1 nr. 1 estg. da der kläger ursprünglich selbstständig für die gmbh tätig gewesen sei, sei es vertretbar, die einkünftezurechnung nicht im rahmen von § 19 estg, sondern im rahmen von § 15 estg vorzunehmen; steuerliche auswirkungen habe die zuordnung nicht. 21der kläger hat am 05.10.2012 klage erhoben. 22zur begründung führt der kläger aus, die übertragung der anteile zum nennwert würde nicht zu einkünften aus gewerbebetrieb führen. die ermittlung des verkehrswertes durch die betriebsprüfung werde nicht beanstandet, beanstandet werde jedoch der ansatz dieses verkehrswertes. der kaufvertrag sei zwischen herrn n und ihm wie unter fremden dritten abgeschlossen worden. sie seien beide davon ausgegangen, dass der gezahlte kaufpreis angemessen sei. er sei unter berücksichtigung der gefahr der weiteren einschränkung des telefonischen vertriebs nicht dazu bereit gewesen einen höheren kaufpreis für die anteile zu entrichten. ihm seien die bei der gesellschaft eingegangenen abmahnungen bekannt gewesen. auch habe er aus den medien kenntnisse über das verbot von unerwünschter telefonischer werbung gehabt. es sei ihm durchaus bewusst gewesen, dass die geschäftsentwicklung der gmbh sehr positiv, bei einem vollständigen verbot des telefonischen vertriebs jedoch auch sehr negativ sein konnte. dieses für ihn unkalkulierbar risiko sei letztendlich das maßgebliche element bei der findung des kaufpreises gewesen. was im geschäftsverkehr üblich sei, werde von den am vertrag beteiligten personen und nicht durch die subjektive ansicht des beklagten festgelegt. der hinweis des beklagten auf die positive geschäftslage der gmbh sei nicht hilfreich. es sei ein leichtes, einen sachverhalt im nachhinein zu beurteilen. dies könne jedoch nicht dazu führen, die zum zeitpunkt des vertragsabschlusses von beiden parteien gesehenen risiken als nicht vorhanden abzutun. auch könne sein gehalt nicht mit den vorher in rechnung gestellten beträgen verglichen werden. es sei ein unterschied, ob jemand als geschäftsführer eines unternehmens mit über 100 mitarbeitern oder als einzelunternehmer tätig sei. das an ihn gezahlte gehalt orientiere sich selbstverständlich am umfang der verantwortung als geschäftsführer und den damit verbundenen tätigkeiten. darüber hinaus sei der berufliche zeiteinsatz zuvor nicht auf die tätigkeit für die gmbh beschränkt gewesen. 23eine bewertung der gmbh-geschäftsanteile sei nicht erforderlich gewesen, da er nicht bereit gewesen sei, einen höheren kaufpreis als den vereinbarten zu entrichten. die vom beklagten angesprochene fehlende notarielle regelung hinsichtlich des zum 31.12.2007 vorhandenen gewinnvortrags sei durch die wirksame privatrechtliche vereinbarung, die sofort nach entdeckung der unklaren regelung angefertigt worden sei, ergänzt worden. die vertragsparteien hätten bei der notariellen beurkundung ein leseexemplar erhalten, dass sie nach beendigung des termins mitgenommen hätten. bei einer anschließenden, nochmaligen durchsicht sei die ergänzungsbedürftige regelung entdeckt und durch die privatrechtliche vereinbarung ausgefüllt worden. auf die zurechnung des gewinns bis zum 29.02.2008 zu herrn n sei aus kostengründen bewusst verzichtet worden. die erstellung einer dann notwendigen zwischenbilanz und zwischeninventur hätte zu erheblichen kosten geführt. 24es sei darauf hinzuweisen, dass dem vom beklagten zitierten bfh urteil vom 12.10.2011 zur übertragung von einbringungsgeborenen anteilen ein arbeitsverhältnis zu grunde gelegen habe. ein solches habe es zwischen der gmbh und dem kläger vor der übertragung nicht gegeben. er sei stets selbstständig tätig gewesen. bei unternehmern sei davon auszugehen, dass die geleisteten arbeiten durch rechnungen endgültig abgegolten würden. 25die zuordnung des mehrwerts zu den einnahmen aus § 19 estg scheide aus, weil er in diesem fall vorweggenommenen arbeitslohn bezogen hätte. kein arbeitgeber vergüte arbeitslohn in form eines vorwegbezugs. wäre sich herr n darüber bewusst gewesen, wäre er sich auch darüber im klaren gewesen, dass er (der kläger) dadurch einen höheren lohn als herr n selbst beziehe. dies habe er sicherlich nicht gewollt. 26eine änderung nach § 173 abs. 1 nr. 1 ao komme nicht in betracht. es sei unerheblich, dass der veranlagungsstelle nicht bekannt gewesen sei, dass der von der betriebsprüfung festgelegte wert erheblich über dem zwischen den vertragsparteien festgelegten kaufpreis gelegen habe. der vom finanzamt für groß- und konzernbetriebsprüfung festgestellte wert stelle keine tatsache dar. es lägen keine neuen wertbegründenden tatsachen vor, da der kaufpreis für die gmbh-anteile zwischen herrn n und ihm unter denselben wertbegründenden tatsachen festgelegt worden sei, die der beklagte anführe. die schlussfolgerung des beklagten, dass die von ihm vorgetragenen wertbegründende eigenschaften zwangsläufig zu einem höheren kaufpreis führen müssten, sei jedoch falsch, da die an der übertragung der gmbh-anteile beteiligten personen sich auf einen anderen kaufpreis geeinigt hätten. im rahmen der vertragsfreiheit bleibe kein raum für den ansatz eines abweichenden wertes. ein höherer wert stelle lediglich dann eine neue tatsache dar, wenn der zu grunde liegende vertrag als „scheinvertrag“ auszulegen sei, wertbegründende tatsachen verschwiegen und im rahmen von ermittlungen nachträglich bekannt geworden wären. 27der kläger beantragt, 28den einkommensteuerbescheid 2008 vom 24.05.2012 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 11.09.2012 aufzuheben, 29die zuziehung eines bevollmächtigten für das vorverfahren für notwendig zu erklären, 30hilfsweise, die revision zuzulassen. 31der beklagte beantragt, 32die klage abzuweisen, 33hilfsweise, die revision zuzulassen. 34zur begründung vertieft der beklagte seinen vortrag zur berichtigung des einkommensteuerbescheides nach § 173 ao. dem tatsachenbegriff des § 173 ao unterfielen im streitfall die der wertfindung der gmbh-anteile zu grunde liegenden wertbegründenden eigenschaften. dies seien z.b. die positive geschäftsentwicklung der gesellschaft, das am markt gut eingeführte unternehmen, der feste kundenstamm von mehr als 42.000 kunden, solvente kunden, kaum forderungsausfälle, erheblicher geschäfts- und firmenwert, gewinne in sechsstelliger größenordnung, umsätze in millionenhöhe (vgl. sachgründungsbericht der gmbh vom ………..2006, s. einspruchshefter). der einkommensteuerveranlagungsstelle sei zum zeitpunkt der einkommensteuerveranlagung 2008 in keiner weise bekannt gewesen, dass der tatsächliche wert der gmbh-anteile exorbitant über dem vertraglich fixierten kaufpreis gelegen hätte. 35der auffassung des klägers, er habe mit herrn n einen zwischen fremden dritten üblichen vertrag geschlossen und der kaufpreis sei angemessen, könne nicht gefolgt werden. neben den einzelnen regelungen zu dem siebenjährigen rückerwerbsrecht (i. 5. des notariellen vertrages vom ……….2008) sei es zwischen fremden dritten völlig unüblich, dass 3637eine ermittlung des – außerordentlich hohen – wertes der geschäftsanteile nicht erfolgt sei, 38eine notarielle regelung hinsichtlich des zum 31.12.2007 vorhandenen gewinnvortrags i.h.v. 487.393,78 € fehle, 39das gewinnbezugsrecht für den in der zeit vom 01.01. bis 29.02.2008 erzielten gewinn der gmbh nicht allein herrn n, sondern auch dem erst ab dem 29.02.2008 beteiligten kläger zugerechnet worden sei. 40dass die anschaffung der gmbh-anteile für den kläger ein unkalkulierbares risiko dargestellt habe, sei dem vorliegenden sachverhalt nicht zu entnehmen. in den jahren 2002 bis 2007 habe der kläger als selbstständiger motivations- und kommunikationstrainer gewinne von ca. 44.865 € bis 100.518 € erzielt. die ihm ab 2008 von der gmbh gezahlten bruttogehälter seien von anbeginn mehr als doppelt so hoch wie der höchste vom kläger erwirtschaftete gewinn gewesen und hätten sich auf folgende beträge belaufen: 412008 178.531 € (zehn monate) 422009 214.546 € 432010 229.546 € 44der kläger habe für den kauf der gmbh-anteile nicht einmal fünf monatsgehälter aufwenden müssen. auch nach dem sachgründungsbericht der gmbh habe ein solches risiko nicht vorgelegen. 45im hinblick auf die vereinbarte geschäftsführertätigkeit, die vorgesehene bindung an das unternehmen und das gehalt des klägers von jährlich über 200.000 € sei eine erfassung des mehrwertes im rahmen von § 19 estg gerechtfertigt (vgl. hierzu auch urteil des finanzgerichtes baden württemberg vom 07.03.2001 3 k 111/01). 46der weitere sach- und streitstand ist den steuerakten zu entnehmen, die das gericht zum verfahren hinzugezogen hat. 47 | 48die klage ist teilweise begründet. 49der beklagte hat den bestandskräftigen einkommensteuerbescheid 2008 zu recht nach § 173 abs. 1 nr. 1 ao geändert und die einkünfte des klägers um 476.000 € erhöht. der einkommensteuer-änderungsbescheid 2008 vom 24.05.2012 in gestalt der einspruchsentscheidung vom 11.09.2012 ist allerdings insoweit rechtswidrig, als der beklagte die einkünfte nicht mit dem ermäßigten steuersatz nach § 34 abs. 1, abs. 2 nr. 4 estg versteuert hat und verletzt den kläger insoweit in seinen rechten (§ 100 abs. 1 s. 1 der finanzgerichtsordnung – fgo). 50i. der beklagte durfte den einkommensteuerbescheid 2008 nach § 173 abs. 1 nr. 1 ao berichtigen. steuerbescheide sind nach § 173 abs. 1 nr. 1 ao zu ändern, soweit tatsachen oder beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren steuer führen. 511. tatsachen sind alle sachverhaltsbestandteile, die merkmal oder teilstück eines gesetzlichen tatbestandes sein können. dabei kann es sich um zustände, vorgänge, beziehungen und eigenschaften materieller oder immaterieller art handeln (vgl. bfh-urteil vom 7. juli 2004 xi r 10/03, bstbl ii 2004, 911). dazu gehören auch subjektive tatbestandsmerkmale, wie beispielsweise der von den vertragsparteien einverständlich bestimmte vertragszweck (vgl. bfh-urteil vom 20.12.1988 viii r 121/83, bstbl ii 1989, 585). bloße schlussfolgerungen und juristische subsumtionen hingegen sind keine tatsachen i.s. des § 173 ao (vgl. bfh-urteil vom 14.01.1998 ii r 9/97, bstbl ii 1998, 371). 52im vorliegenden fall stellen nicht alleine die übertragung der gmbh-anteile und der gezahlte kaufpreis tatsachen dar. vielmehr sind auch die zu der übertragung der gmbh-anteile führenden vorgänge einzelne tatsachen/sachverhaltsbestandteile. zu diesen sachverhaltsbestandteilen gehören insbesondere der unstreitige übertragungsgrund (bindung des klägers an die gmbh) und die den wert der gmbh beeinflussenden umstände (z.b. umsatz, kundenstamm, solvenz der kunden). aus diesen tatsachen kann der geldwerte vorteil von 476.000 € als schlussfolgerung ermittelt werden. 532. die o.g. tatsachen sind dem beklagten nachträglich i.s.d. § 173 abs. 1 nr. 1 ao bekannt geworden. 54eine tatsache ist dem finanzamt dann im sinne dieser vorschrift bekannt, wenn es positive kenntnis erlangt hat (vgl. v.groll in hübschmann/hepp/spitaler, ao/fgo kommentar, § 173 ao rdnr. 174 m.w.n.). sie wird nachträglich bekannt, wenn sie das finanzamt bei erlass des ursprünglichen steuerbescheides, d.h. bei abschließender zeichnung des entsprechenden eingabewertbogens (vgl. bfh-urteil vom 11.02.1998 i r 82/97, bstbl ii 1998, 552) noch nicht kannte. eine tatsache gilt allerdings dann nicht als "neu", wenn sie dem finanzamt bei ordnungsgemäßer erfüllung seiner ermittlungspflicht (vgl. § 88 ao) nicht verborgen geblieben wäre, sofern der steuerpflichtige seinerseits seiner mitwirkungspflicht voll genügt hat (vgl. bfh-urteile vom 11.02.1998 i r 82/97, bstbl ii 1998, 552 und vom 13.11.1985 ii r 208/82, bstbl ii 1986, 241). bekannt ist der zuständigen dienststelle der inhalt der dort geführten akten, ohne dass insoweit auf die individuelle kenntnis des jeweiligen bearbeiters abzustellen ist (vgl. bfh-urteile vom 11.02.1998 i r 82/97, bstbl. ii 1998, 552 und vom 05.12.2002 iv r 58/01, bfh/nv 2003, 588). hierbei kommt es auf den wissensstand und damit den aktenbestand der zur bearbeitung des steuerfalles berufenen dienststelle an (vgl. bfh-urteil vom 02.07.2003 xi r 8/03, bstbl 2003, 803). 55die zuständige dienststelle des beklagten (veranlagungsstelle) wusste bei erlass des einkommensteuerbescheides vom 28.10.2009 lediglich, dass der kläger gmbh-anteile nebst einer kapitalrücklage zum kaufpreis von 73.397,35 € erworben hat. der veranlagungsstelle waren dagegen nicht die umstände, die zur übertragung der gmbh-anteile geführt haben, und die den wert der gmbh-anteile beeinflussenden umstände bekannt. diese tatsachen sind der veranlagungsstelle erst durch den betriebsprüfungsbericht der groß- und konzernbetriebsprüfung vom 11.10.2011 und damit nach abschließender zeichnung des eingabewertbogens für die einkommensteuerveranlagung bekannt geworden. 56sie galten zudem als „neue“ tatsachen, da die unkenntnis der veranlagungsstelle nicht auf einer nicht ordnungsgemäßen erfüllung der ermittlungspflicht beruhte. weder die einkommensteuererklärung des klägers noch die mitteilung der für die gmbh zuständigen körperschaftsteuerstelle wiesen auf den übertragungsgrund und die wertbeeinflussenden umstände hin. auch aus der aktenlage ergab sich kein anlass, diese umstände aufzuklären. 573. die tatsachen führen zum ansatz von weiteren einkünften i.h.v. 476.000 € und infolgedessen zu einer höheren steuer (siehe unter ii.). 58ii. der unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen wert und den anschaffungskosten des vom kläger erworbenen anteils an der gmbh in höhe von 476.000 € unterliegt der einkommensteuer. es handelt sich insoweit um einkünfte im sinne des § 19 abs. 1 satz 1 nr. 1 estg. 591. zu den einkünften aus nichtselbständiger arbeit gehören gemäß § 19 abs. 1 satz 1 nr. 1 estg - neben gehältern und löhnen - auch andere bezüge und vorteile, die "für" eine beschäftigung im öffentlichen oder privaten dienst gewährt werden, unabhängig davon, ob ein rechtsanspruch auf sie besteht und ob es sich um laufende oder um einmalige bezüge handelt (§ 19 abs. 1 satz 2 estg). diese bezüge oder vorteile gelten dann als für eine beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine gegenleistung für eine konkrete (einzelne) dienstleistung des arbeitnehmers zugrunde liegen muss. eine veranlassung durch das individuelle dienstverhältnis ist zu bejahen, wenn die einnahmen dem empfänger mit rücksicht auf das dienstverhältnis zufließen und sich als ertrag der nichtselbständigen arbeit darstellen, wenn sich die leistung des arbeitgebers also im weitesten sinne als gegenleistung für das zurverfügungstellen der individuellen arbeitskraft des arbeitnehmers erweist (vgl. bfh-urteil vom 28.02.2013 vi r 58/11, dstr 2013, 908 m.w.n.). 60arbeitslohn kann nach der ständigen rechtsprechung des bfh (vgl. zuletzt urteile vom 18.10.2012 vi r 64/11, bfhe 239, 270, dstr 2012, 2433 und vom 28.02.2013 vi r 58/11, dstr 2013, 908 m.w.n.) auch bei der zuwendung eines dritten anzunehmen sein, wenn sie ein entgelt "für" eine leistung bildet, die der arbeitnehmer im rahmen des dienstverhältnisses für seinen arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. voraussetzung ist, dass sie sich für den arbeitnehmer als frucht seiner arbeit für den arbeitgeber darstellt und im zusammenhang mit dem dienstverhältnis steht. dagegen liegt dann kein arbeitslohn vor, wenn die zuwendung wegen anderer rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem dienstverhältnis beruhender beziehungen zwischen arbeitnehmer und arbeitgeber gewährt wird. entsprechendes gilt, wenn die zuwendung auf anderen rechtsbeziehungen zwischen arbeitnehmer und drittem gründet. 61unter berücksichtigung dieser grundsätze ist der objektiv dem kläger zugeflossene vermögensvorteil von 476.000 € als arbeitslohn anzusehen. der zufluss stellt sich als entgelt, welches der kläger als gegenleistung für zukünftig an die gmbh als arbeitgeber zu erbringende arbeitsleistungen erhält, dar. 62nach dem vortrag des klägers, den er in der mündlichen verhandlung nochmals bestätigt hat, hat herr n ihm die gmbh-anteile zugewendet, damit er weiterhin für die gmbh tätig wird. der kläger hat in der mündlichen verhandlung ausgeführt, dass die gmbh bzw. das frühere einzelunternehmen in der vergangenheit andere motivationstrainer beschäftigt habe, die nicht so erfolgreich wie er gewesen seien. er habe mit neuen ideen die umsätze der gmbh erhöhen können und noch weitere verbesserungsvorschläge und ideen zur umsatzsteigerung gehabt. allerdings habe er seine arbeitskraft der eigenen firma x gmbh, die maklerleistungen erbracht und versicherungsprodukte vermarktet habe, vermehrt zur verfügung stellen wollen. dies hätte zur einstellung seiner tätigkeit als kommunikations- und motivationstrainer der gmbh geführt. angesichts dieser perspektive habe herr n sich bereit erklärt, ihn gleichberechtigt an der gmbh zu beteiligen. 63die gleichberechtigte beteiligung des klägers an der gmbh dient nach der überzeugung des senats eindeutig vorrangig dem erhalt der arbeitskraft des klägers. dieser eindeutige veranlassungszusammenhang wird nicht dadurch überlagert oder sogar ausgeschlossen, dass die übertragung der gmbh-anteile auf einem selbstständigen, von dem arbeitsverhältnis mit der gmbh unabhängigen rechtsverhältnis zwischen dem kläger und herrn n beruht. der zweck der übertragung der gmbh-anteile von herrn n auf den kläger ist nicht auf die abtretung der gmbh-anteile und die aufnahme des klägers als neuen gesellschafter beschränkt, vorrangiges ziel ist der erhalt der arbeitskraft des klägers für die gmbh. hinter diesem ziel tritt auch ein mögliches eigenes interesse des herrn n, durch die bindung des klägers an die gmbh den wert seiner eigenen gesellschaftsanteile zu sichern oder zu steigern, zurück. denn die wertsicherung und -steigerung ist nicht alleine durch die aufnahme des klägers als gesellschafter, sondern nur durch die gewinnung der arbeitskraft des klägers möglich. 64unerheblich ist insoweit die persönlichen auffassung und einschätzung des klägers, wonach die zahlung nicht im zusammenhang mit dem zukünftigen arbeitsverhältnis stehe. denn auf die subjektive einschätzung der an der zuwendung beteiligten kommt es nicht an. entscheidend sind vielmehr die objektiven tatumstände (vgl. bfh-urteil vom 28.02.2013 vi r 58/11, dstr 2013, 908 m.w.n.). 652. der geldwerte vorteil ist vom beklagten in zutreffender weise mit dem hälftigen unternehmenswert abzüglich des gezahlten kaufpreises angesetzt worden. zwischen den beteiligten ist nicht streitig, dass der hälftige unternehmenswert zum zeitpunkt der übertragung der gmbh-anteile 549.397 € betragen hat. der kläger bestreitet indes, dass dieser wert abzüglich des gezahlten kaufpreises als geldwerter vorteil anzusetzen ist. er habe sich mit herrn n im rahmen eines kaufvertrages auf den gezahlten und angemessenen kaufpreis geeinigt. der von den beteiligten subjektiv als angemessen empfundene kaufpreis kann allerdings für die besteuerung nicht herangezogen werden. einnahmen, die nicht in geld bestehen, sind gemäß § 8 abs. 2 s. 1 estg mit dem üblichen endpreis am abgabeort anzusetzen. es ist folglich eine objektive wertbestimmung vorzunehmen. den subjektiven vorstellungen der vertragspartner kommt keine entscheidende bedeutung zu. maßgeblich ist alleine, ob ein objektiver betrachter aus der sicht des empfängers bei diesem einen vermögenswerten vorteil als gegenleistung für eine leistung bejahen würde (vgl. bfh-urteil vom 21.04.2010 x r 43/08, bfh/nv 2010, 1436 mit weiteren nachweisen aus der rechtsprechung; krüger in schmidt, estg kommentar, 2012, § 8 rdnr. 13). dies ist unter berücksichtigung des objektiven verkehrswertes der gmbh-anteile eindeutig der fall. 66der vorteil ist dem kläger auch mit der übertragung der gmbh-anteile im jahr 2008 zugeflossen (§ 11 abs. 1 s. 1 estg). denn der kläger hat im jahr 2008 die wirtschaftliche verfügungsmacht über die gmbh-anteile erhalten. dem steht nicht entgegen, dass er aufgrund des rückerwerbsrechts die gmbh-anteile sieben jahre lang nicht frei, zum verkehrswert veräußern konnte. das rückerwerbsrecht kann nur durch eine selbstständige willenserklärung von herrn n geltend gemacht werden. es liegt somit lediglich eine obligatorische veräußerungssperre vor, die die rechtliche und wirtschaftliche verfügungsmacht des klägers nicht einschränkt (vgl. zu sperr- und haltefristen von aktien: bfh urteil vom 30.06.2011 vi r 37/09, bstbl ii 2011, 923). 673. der geldwerte vorteil ist gem. § 34 abs. 1, abs. 2 nr. 4 estg mit dem ermäßigten steuersatz zu versteuern. nach dieser vorschrift sind vergütungen für mehrjährige tätigkeiten ermäßigt zu besteuern. dies können nach dem wortlaut der vorschrift und dem zweck der vorschrift, die verschärfung der progression infolge der inkongruenz zwischen zahlungs- und erdienungszeitraum zu mildern, auch lohnvorauszahlungen zur abgeltung einer mehrjährigen tätigkeit sein (vgl. bfh-urteile vom 23.07.1974 vi r 116/72, bstbl ii 1974, 680 und vom 23.07.1974 vi r 41/72, bstbl ii 1974, 743; horn in hermann/heuer/raupach, estg kommentar, § 34 rdnr. 61). mehrjährig ist eine tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei veranlagungszeiträume erstreckt und einen zeitraum von mehr als zwölf monaten umfasst (§ 34 abs. 2 nr. 4, 2. halbsatz estg). 68diese voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. die beteiligten haben zwar nicht ausdrücklich vertraglich geregelt, dass der kläger den geldwerten vorteil für seine zukünftige arbeitsleistung erhält. die anwendung des § 34 abs. 1, abs. 2 nr. 4 estg setzt allerdings keine klare vereinbarung der beteiligten voraus. es genügt, wenn dem arbeitnehmer objektiv ein vorteil zugewendet wird und sich aus den gesamtumständen des einzelfalls ergibt, dass die vorteilszuwendung nur im hinblick auf eine mehrjährige tätigkeit verständlich ist (vgl. bfh-urteil vom 10.06.1983 vi r 176/80, bstbl ii 1983, 643; anders noch bfh-urteil vom 23.07.1974 vi r 41/72, bstbl ii 1974, 743). dem kläger ist durch die übertragung der gmbh-anteile objektiv ein geldwerter vorteil zugeflossen. dieser ist nach den gesamtumständen des falles mit dem ziel der dauerhaften sicherung der arbeitskraft des klägers und damit für seine zukünftige, mehrjährige tätigkeit im unternehmen der gmbh geleistet worden. 69iii. die berechnung der steuer ist dem beklagten nach § 100 abs. 2 s. 2 fgo übertragen worden. 70iv. die kostenentscheidung beruht auf § 136 abs. 1 s. 3 fgo. nach dieser vorschrift kann das gericht einem beteiligten die gesamten verfahrenskosten auferlegen, wenn der andere beteiligte nur zu einem geringen teil unterlegen ist. der beklagte ist durch die besteuerung mit dem ermäßigten steuersatz nach § 34 abs. 1 estg nur zu einem sehr geringen anteil unterlegen. seine unterliegensquote beträgt 3,6% des streitwertes von 212.289 €. 71v. die revision war wegen grundsätzliche bedeutung zuzulassen (§ 115 abs. 2 nr. 1 fgo). |
190,417 | {
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} | 011 O 22/13 | 2013-08-08T00:00:00 | Urteil | Tenor Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 27.150,60 Euro (sieben- undzwanzigtausendeinhundertfünfzig 60/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.07.2012 zu zahlen.Es wird festgestellt, dass dieser Anspruch auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Beklagten beruht. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 125 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. 1 Tatbestand: 2Die Klägerin verlangt von dem Beklagten Schadensersatz aufgrund des Bauforderungssicherungsgesetzes. 3Der Beklagte ist Geschäftsführer der Firma J. Diese Firma war von den Bauherren L und S beauftragt worden, Bauten zu erstellen beziehungsweise umzubauen. Die Firma J beauftragte ihrerseits die Klägerin, bei diesen Bauvorhaben Dachdeckerarbeiten auszuführen. Die Klägerin führte die Arbeiten mangelfrei aus. Die Firma J nahm die Arbeiten ab. Die Klägerin berechnete ihre Arbeiten mit den ortsüblichen und angemessenen Preisen wie folgt: 4Bauvorhaben F, P (L) 10.350,00 Euro, 5Bauvorhaben Neubau F, P (L), 6zusätzliche Arbeiten, 1.547,04 Euro, 7Bauvorhaben S1, E 14.171,25 Euro, 8Bauvorhaben S1, E, 9Balkonabdichtung 1.082,31Euro, 10insgesamt 27.150,60 Euro. 11Die Bauherren L zahlten vereinbarungsgemäß an die Firma J. 12Die Firma J trat ihre Forderung gegen die Bauherren S an eine Firma C ab. Bei dieser Firma hatte die Firma J Schulden. Auf Anweisung der J zahlten die Bauherren S die Beträge, welche sie ursprünglich der Firma J für die von der Klägerin ausgeführten Arbeiten schuldeten, an die Firma C. 13Über das Vermögen der Firma J wurde am 13.07.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet. 14Die Klägerin ließ den Beklagten mit Schreiben vom 03.07.2012 unter Hinweis auf § 2 Bauforderungssicherungsgesetz und unter Fristsetzung bis zum 11.07.2012 vergeblich auffordern, 27.150,60 Euro an sie zu zahlen. 15Die Klägerin meint, dass sie in voller Höhe Zahlung verlangen könne. 16Die Klägerin beantragt, 17den Beklagten zu verurteilen, an sie 27.150,60 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.07.2012 zu zahlen,festzustellen, dass die oben genannte Forderung sich aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung des Beklagten ergibt. 18Der Beklagte beantragt, 19die Klage abzuweisen. 20Der Beklagte behauptet: 21Die Klägerin habe beabsichtigt, mit der Firma J eine gemeinsame Firma zu gründen. Deswegen habe sie ihre Forderung gegen die Firma J bis zu dem Zeitpunkt gestundet, als Herr J1, der Vater des Geschäftsführers der Beklagten, den Kunden S angewiesen habe, die Abschlagszahlung für ein Gewerk „Fenster“ nicht auf das Konto der Firma J zu überweisen, sondern auf das Konto des Geschäftsführers der Klägerin. Damit hätten Fenster bezahlt werden sollen, welche die Klägerin ihrerseits für das Bauvorhaben S bezahlt habe. Die Klägerin habe das Geld nicht erhalten, weil der Kunde S diese Anweisung nicht befolgt habe. Wegen dieses „unglücklichen Ausgangs der Hilfsaktion“ sei der Geschäftsführer der Klägerin verärgert gewesen. Es verstoße daher gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, bei einem regelmäßigen Umgang zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und dem Vater des Beklagten das Bauforderungssicherungsgesetz nicht zur Sprache zu bringen und sich erst dann auf dieses Gesetz zu berufen, als der Geschäftsführer der Klägerin „aus seiner Sicht einen handfesten Grund für eine Verärgerung gegenüber Herrn J1 abzureagieren hatte“. 22Der Geschäftsführer der Klägerin sei damit einverstanden gewesen, dass die Firma J eine Forderung an die Firma C abtrat. Das ergebe sich daraus, dass der Geschäftsführer der Klägerin ein Telefongespräch zwischen dem Vater des Beklagten und einem Herrn L1s von der Firma C verfolgt habe. Bei diesem Gespräch habe der Vater des Beklagten Herrn L1 angeboten, der Firma C „die Forderungen aus dem nächsten Bauabschnitt“ abzutreten. Darauf sei Herr L1 eingegangen. Der Geschäftsführer der Klägerin habe „dieses Gespräch mit Wohlwollen verfolgt“ und sei darüber zufrieden gewesen, dass der Bau weitergeführt werden konnte. 23Außerdem habe der Geschäftsführer der Klägerin gewusst, „dass das Geld weitergeleitet wird“. Er habe „das Ganze“ gewusst und trotzdem die Dachdeckerarbeiten weiter ausgeführt. 24Er habe jedenfalls vom Vater des Beklagten gewusst, „dass bestimmte Gelder von den Bauherren nicht an Firma J gezahlt werden, sondern an Dritte“. 25Weitere Fragen des Gerichts dazu hat der Beklagte auf Anraten seines Rechtsanwaltes nicht beantwortet. 26Das Gericht hat auch versucht, den Beklagten danach zu fragen, auf welche Forderungen das oben genannte Telefongespräch zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin und dem Vater des Beklagten sich bezogen haben soll. Auch dazu hat der Beklagte sich auf Anraten seines Rechtsanwaltes nicht geäußert. 27Darüber hinaus hat der Beklagte zunächst mit Nichtwissen bestritten, dass die Bauherren L und S überhaupt auf die hier betroffenen Rechnungen gezahlt hätten. Davon hat er Abstand genommen, nachdem das Gericht ihn auf § 138 Abs. 4 ZPO hingewiesen und er sich bei den Bauherren nach Einzelheiten dazu erkundigt hatte. 28Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Rechtsanwälte sowie die Protokolle vom 13.05. und 15.07.2013 verwiesen. 29Entscheidungsgründe: 30Die zulässige Klage ist begründet. 31I. 32Der zugesprochene Hauptanspruch ergibt sich aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 1 Bauforderungssicherungsgesetz. Nach diesen Vorschriften haftet der Geschäftsführer einer GmbH persönlich auf Schadensersatz, wenn er vorsätzlich Baugelder im Sinne von § 1 Bauforderungssicherungsgesetz zweckwidrig verwendet hat und deshalb eine dem Bauunternehmer zustehende Werklohnforderung nicht erfüllt wird (vgl. z.B. BGH NJW 2010, 3365 m.w.N.). Das ist hier der Fall: 331. 34Der Beklagte war Geschäftsführer der Firma J. Diese Firma war Empfängerin von Baugeld im Sinne von § 1 Abs. 3 Nr. 2 Bauforderungssicherungsgesetz. Sie hat insgesamt 27.150,60 Euro von den Bauherren L und S für ihre Leistungen erhalten, die mit der Herstellung von Bauten im Zusammenhang standen, nämlich mit den oben genannten Bauvorhaben. Aufgrund eines Werkvertrages war die Klägerin als andere Unternehmerin an diesen Leistungen beteiligt. 35Die Bauherren haben die Beträge bezahlt, welche sie der Firma J schuldeten. Es kommt nicht darauf an, dass die Bauherren S nicht an die Firma J zahlten, sondern an die Firma C. Das steht einer Zahlung an die Firma J gleich. Die Bauherren handelten dabei auf Anweisung der Firma J, welche damals schon über dieses Baugeld verfügen konnte. Es ist nicht erforderlich, dass dieses Baugeld tatsächlich auch an die J ausgezahlt wurde. Das Verwendungsgebot nach § 1 Abs. 1 Bauforderungssicherungsgesetz tritt bereits dann ein, wenn der Empfänger von Baugeld die faktische Möglichkeit und die rechtliche Befugnis hat, das Baugeld zu verwenden (vgl. zum Beispiel BGH, Urteil vom 17.10.1989, VI ZR 27/89; BGH, Urteil vom 20.12.2012, VII ZR 187/11, Juris). 362. 37Der Beklagte hat die oben genannten Baugelder nicht bestimmungsgemäß im Sinne von § 1 Abs. 1 Bauforderungssicherungsgesetz verwendet. Das Geld ist nicht mehr vorhanden, um Forderungen der Klägerin oder anderer an diesen Bauvorhaben Beteiligter zu erfüllen. Der Beklagte hat auch nicht dargelegt, dass er dieses Geld zur Befriedigung anderer Personen verwendet habe, die an der Herstellung oder dem Umbau der hier betroffenen Bauten beteiligt waren. Für eine derartige ordnungsgemäße Verwendung der Baugelder trägt er die Darlegungslast (vgl. z.B. BGH NJW 2010, 3365 f. m.w.N.). Dazu hat er aber keine nachvollziehbaren Tatsachen vorgetragen. Es ist schon unklar und nicht von ihm dargelegt, wofür das Geld verwendet worden ist, welches die Bauherren L an die Firma J gezahlt haben. Ebenso hat er nicht dargelegt, dass die Firma C im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 Bauforderungssicherungsgesetz an dem Bauvorhaben S beteiligt war und aufgrund dessen Zahlung in Höhe von 15.253,56 Euro verlangen konnte (= 14.171,25 Euro + 1.082,31 Euro). 383. 39Die Klägerin wird durch § 1 Bauforderungssicherungsgesetz geschützt. Sie war an den betroffenen Leistungen der Firma J bei den oben genannten Bauvorhaben beteiligt, weil sie dort aufgrund eines Werkvertrages mit dieser Firma Dacharbeiten durchführte. 404. 41Der Beklagte hat vorsätzlich gegen § 1 Bauforderungssicherungsgesetz verstoßen. Er war als Geschäftsführer dafür verantwortlich, dass die Baugelder der Bauherren L und S zur Befriedigung der in § 1 Bauforderungssicherungsgesetz genannten Personen verwendet wurden. Gegen diese Pflicht hat er vorsätzlich verstoßen. Es gibt zumindest keinen Anhaltspunkt dafür, dass er fahrlässig nicht erkannt haben soll, dass es sich hier um Baugeld handelt, oder dafür, dass er fahrlässig nicht erkannt haben soll, dass das Geld nicht für Zwecke im Sinne von § 1 Bauforderungssicherungsgesetz eingesetzt wurde. Auch dazu konnte das Gericht keine weiteren Fragen mit dem Beklagten klären. In der mündlichen Verhandlung vom 13.05.2013 hat er sich nach einigen kurzen Ausführungen auf Anraten seines Rechtsanwalts nicht mehr zur Sache geäußert. In der mündlichen Verhandlung vom 15.07.2013 ist er ohne Entschuldigung gar nicht erschienen, obwohl sein persönliches Erscheinen angeordnet worden war. 425. 43Der Beklagte hat rechtswidrig gehandelt. Er hat schon keine nachvollziehbaren Tatsachen dazu vorgetragen, dass der Geschäftsführer der Klägerin damit einverstanden war, dass die Baugelder nicht für Zwecke des § 1 Bauforderungssicherungsgesetz eingesetzt wurden. Aus seinen Angaben geht schon nicht hervor, wann und bei welcher Gelegenheit das überhaupt mit dem Geschäftsführer der Klägerin besprochen worden sein soll. Insbesondere hat er nichts dazu vorgetragen, ob das Telefongespräch zwischen Herrn J1 einerseits und Herrn L1 von der Firma C andererseits überhaupt Forderungen betraf, die Gegenstand des hier vorliegenden Rechtsstreits sind oder die sich aus den hier betroffenen Bauvorhaben ergeben. 44Auch dazu konnte das Gericht keine näheren Einzelheiten klären, weil der Beklagte auf Angaben seines Rechtsanwaltes nähere Angaben dazu verweigert hat. 45Das Gericht hatte auch keinen Anlass, den Vater des Beklagten als Zeugen zu dem Telefongespräch zu vernehmen. Die Angaben des Beklagten zum Inhalt dieses Gespräches sind aus den oben genannten Gründen unklar. Weitere Erklärungen hat der Beklagte verweigert. Es ist nicht die Aufgabe des Gerichts, durch Vernehmung eines Zeugen den Sachverhalt zu ermitteln, welchen der Beklagte möglicherweise behaupten will. 466. 47Der Klägerin ist dadurch ein Schaden im Sinne von § 823 BGB entstanden, dass die Baugelder nicht bestimmungsgemäß verwendet wurden. Sie hatte ihrerseits fällige Ansprüche gegen die Firma J aus § 631 Abs. 1 BGB. Aufgrund eines Werkvertrages mit dieser Firma hatte sie ein Werk hergestellt, das von dieser Firma abgenommen worden war. Die Klägerin hat der Firma J die Forderungen aus den hier betroffenen Bauvorhaben nicht gestundet. Der Beklagte hat schon keine nachvollziehbaren Tatsachen zu den Fragen vorgetragen, wann, mit welchem Inhalt und bis zu welchem Zeitpunkt eine derartige Stundung überhaupt verabredet worden sein soll. Darauf hat ihn das Gericht ausdrücklich hingewiesen. Er hat seine Angaben trotzdem nicht ergänzt. 48Die Ansprüche der Klägerin aus § 631 Abs. 1 BGB konnten nicht erfüllt werden, weil die Baugelder nicht bestimmungsgemäß im Sinne von § 1 Abs. 1 Bauforderungssicherungsgesetz verwendet worden sind. 497. 50Es verstößt nicht gegen § 242 BGB, dass die Klägerin sich auf das Bauforderungssicherungsgesetz beruft, gegen welches der Beklagte vorsätzlich und rechtswidrig verstoßen hat. Es ist zweifelhaft, ob das anders zu beurteilen wäre, wenn der Geschäftsführer der Klägerin gewusst hätte, dass der Beklagte Baugelder zweckwidrig verwendet hat. Aus den oben genannten Gründen lässt sich das jedoch nicht feststellen. 51II. 52Der Feststellungsantrag ist zulässig und aus den oben genannten Gründen auch begründet. 53III. 54Der zugesprochene Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO. 55Unterschrift | der beklagte wird verurteilt, an die klägerin 27.150,60 euro (sieben- undzwanzigtausendeinhundertfünfzig 60/100 euro) nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 12.07.2012 zu zahlen.es wird festgestellt, dass dieser anspruch auf einer vorsätzlich begangenen unerlaubten handlung des beklagten beruht. der beklagte trägt die kosten des rechtsstreits. das urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen sicherheitsleistung in höhe von 125 % des jeweils zu vollstreckenden betrages. 1 | 2die klägerin verlangt von dem beklagten schadensersatz aufgrund des bauforderungssicherungsgesetzes. 3der beklagte ist geschäftsführer der firma j. diese firma war von den bauherren l und s beauftragt worden, bauten zu erstellen beziehungsweise umzubauen. die firma j beauftragte ihrerseits die klägerin, bei diesen bauvorhaben dachdeckerarbeiten auszuführen. die klägerin führte die arbeiten mangelfrei aus. die firma j nahm die arbeiten ab. die klägerin berechnete ihre arbeiten mit den ortsüblichen und angemessenen preisen wie folgt: 4bauvorhaben f, p (l) 10.350,00 euro, 5bauvorhaben neubau f, p (l), 6zusätzliche arbeiten, 1.547,04 euro, 7bauvorhaben s1, e 14.171,25 euro, 8bauvorhaben s1, e, 9balkonabdichtung 1.082,31euro, 10insgesamt 27.150,60 euro. 11die bauherren l zahlten vereinbarungsgemäß an die firma j. 12die firma j trat ihre forderung gegen die bauherren s an eine firma c ab. bei dieser firma hatte die firma j schulden. auf anweisung der j zahlten die bauherren s die beträge, welche sie ursprünglich der firma j für die von der klägerin ausgeführten arbeiten schuldeten, an die firma c. 13über das vermögen der firma j wurde am 13.07.2012 das insolvenzverfahren eröffnet. 14die klägerin ließ den beklagten mit schreiben vom 03.07.2012 unter hinweis auf § 2 bauforderungssicherungsgesetz und unter fristsetzung bis zum 11.07.2012 vergeblich auffordern, 27.150,60 euro an sie zu zahlen. 15die klägerin meint, dass sie in voller höhe zahlung verlangen könne. 16die klägerin beantragt, 17den beklagten zu verurteilen, an sie 27.150,60 euro nebst zinsen in höhe von 5 prozentpunkten über dem basiszinssatz seit dem 12.07.2012 zu zahlen,festzustellen, dass die oben genannte forderung sich aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten handlung des beklagten ergibt. 18der beklagte beantragt, 19die klage abzuweisen. 20der beklagte behauptet: 21die klägerin habe beabsichtigt, mit der firma j eine gemeinsame firma zu gründen. deswegen habe sie ihre forderung gegen die firma j bis zu dem zeitpunkt gestundet, als herr j1, der vater des geschäftsführers der beklagten, den kunden s angewiesen habe, die abschlagszahlung für ein gewerk „fenster“ nicht auf das konto der firma j zu überweisen, sondern auf das konto des geschäftsführers der klägerin. damit hätten fenster bezahlt werden sollen, welche die klägerin ihrerseits für das bauvorhaben s bezahlt habe. die klägerin habe das geld nicht erhalten, weil der kunde s diese anweisung nicht befolgt habe. wegen dieses „unglücklichen ausgangs der hilfsaktion“ sei der geschäftsführer der klägerin verärgert gewesen. es verstoße daher gegen den grundsatz von treu und glauben, bei einem regelmäßigen umgang zwischen dem geschäftsführer der klägerin und dem vater des beklagten das bauforderungssicherungsgesetz nicht zur sprache zu bringen und sich erst dann auf dieses gesetz zu berufen, als der geschäftsführer der klägerin „aus seiner sicht einen handfesten grund für eine verärgerung gegenüber herrn j1 abzureagieren hatte“. 22der geschäftsführer der klägerin sei damit einverstanden gewesen, dass die firma j eine forderung an die firma c abtrat. das ergebe sich daraus, dass der geschäftsführer der klägerin ein telefongespräch zwischen dem vater des beklagten und einem herrn l1s von der firma c verfolgt habe. bei diesem gespräch habe der vater des beklagten herrn l1 angeboten, der firma c „die forderungen aus dem nächsten bauabschnitt“ abzutreten. darauf sei herr l1 eingegangen. der geschäftsführer der klägerin habe „dieses gespräch mit wohlwollen verfolgt“ und sei darüber zufrieden gewesen, dass der bau weitergeführt werden konnte. 23außerdem habe der geschäftsführer der klägerin gewusst, „dass das geld weitergeleitet wird“. er habe „das ganze“ gewusst und trotzdem die dachdeckerarbeiten weiter ausgeführt. 24er habe jedenfalls vom vater des beklagten gewusst, „dass bestimmte gelder von den bauherren nicht an firma j gezahlt werden, sondern an dritte“. 25weitere fragen des gerichts dazu hat der beklagte auf anraten seines rechtsanwaltes nicht beantwortet. 26das gericht hat auch versucht, den beklagten danach zu fragen, auf welche forderungen das oben genannte telefongespräch zwischen dem geschäftsführer der klägerin und dem vater des beklagten sich bezogen haben soll. auch dazu hat der beklagte sich auf anraten seines rechtsanwaltes nicht geäußert. 27darüber hinaus hat der beklagte zunächst mit nichtwissen bestritten, dass die bauherren l und s überhaupt auf die hier betroffenen rechnungen gezahlt hätten. davon hat er abstand genommen, nachdem das gericht ihn auf § 138 abs. 4 zpo hingewiesen und er sich bei den bauherren nach einzelheiten dazu erkundigt hatte. 28wegen der weiteren einzelheiten wird auf die schriftsätze der rechtsanwälte sowie die protokolle vom 13.05. und 15.07.2013 verwiesen. 29 | 30die zulässige klage ist begründet. 31i. 32der zugesprochene hauptanspruch ergibt sich aus §§ 823 abs. 2 bgb, 1 bauforderungssicherungsgesetz. nach diesen vorschriften haftet der geschäftsführer einer gmbh persönlich auf schadensersatz, wenn er vorsätzlich baugelder im sinne von § 1 bauforderungssicherungsgesetz zweckwidrig verwendet hat und deshalb eine dem bauunternehmer zustehende werklohnforderung nicht erfüllt wird (vgl. z.b. bgh njw 2010, 3365 m.w.n.). das ist hier der fall: 331. 34der beklagte war geschäftsführer der firma j. diese firma war empfängerin von baugeld im sinne von § 1 abs. 3 nr. 2 bauforderungssicherungsgesetz. sie hat insgesamt 27.150,60 euro von den bauherren l und s für ihre leistungen erhalten, die mit der herstellung von bauten im zusammenhang standen, nämlich mit den oben genannten bauvorhaben. aufgrund eines werkvertrages war die klägerin als andere unternehmerin an diesen leistungen beteiligt. 35die bauherren haben die beträge bezahlt, welche sie der firma j schuldeten. es kommt nicht darauf an, dass die bauherren s nicht an die firma j zahlten, sondern an die firma c. das steht einer zahlung an die firma j gleich. die bauherren handelten dabei auf anweisung der firma j, welche damals schon über dieses baugeld verfügen konnte. es ist nicht erforderlich, dass dieses baugeld tatsächlich auch an die j ausgezahlt wurde. das verwendungsgebot nach § 1 abs. 1 bauforderungssicherungsgesetz tritt bereits dann ein, wenn der empfänger von baugeld die faktische möglichkeit und die rechtliche befugnis hat, das baugeld zu verwenden (vgl. zum beispiel bgh, urteil vom 17.10.1989, vi zr 27/89; bgh, urteil vom 20.12.2012, vii zr 187/11, juris). 362. 37der beklagte hat die oben genannten baugelder nicht bestimmungsgemäß im sinne von § 1 abs. 1 bauforderungssicherungsgesetz verwendet. das geld ist nicht mehr vorhanden, um forderungen der klägerin oder anderer an diesen bauvorhaben beteiligter zu erfüllen. der beklagte hat auch nicht dargelegt, dass er dieses geld zur befriedigung anderer personen verwendet habe, die an der herstellung oder dem umbau der hier betroffenen bauten beteiligt waren. für eine derartige ordnungsgemäße verwendung der baugelder trägt er die darlegungslast (vgl. z.b. bgh njw 2010, 3365 f. m.w.n.). dazu hat er aber keine nachvollziehbaren tatsachen vorgetragen. es ist schon unklar und nicht von ihm dargelegt, wofür das geld verwendet worden ist, welches die bauherren l an die firma j gezahlt haben. ebenso hat er nicht dargelegt, dass die firma c im sinne von § 1 abs. 1 s. 1 bauforderungssicherungsgesetz an dem bauvorhaben s beteiligt war und aufgrund dessen zahlung in höhe von 15.253,56 euro verlangen konnte (= 14.171,25 euro + 1.082,31 euro). 383. 39die klägerin wird durch § 1 bauforderungssicherungsgesetz geschützt. sie war an den betroffenen leistungen der firma j bei den oben genannten bauvorhaben beteiligt, weil sie dort aufgrund eines werkvertrages mit dieser firma dacharbeiten durchführte. 404. 41der beklagte hat vorsätzlich gegen § 1 bauforderungssicherungsgesetz verstoßen. er war als geschäftsführer dafür verantwortlich, dass die baugelder der bauherren l und s zur befriedigung der in § 1 bauforderungssicherungsgesetz genannten personen verwendet wurden. gegen diese pflicht hat er vorsätzlich verstoßen. es gibt zumindest keinen anhaltspunkt dafür, dass er fahrlässig nicht erkannt haben soll, dass es sich hier um baugeld handelt, oder dafür, dass er fahrlässig nicht erkannt haben soll, dass das geld nicht für zwecke im sinne von § 1 bauforderungssicherungsgesetz eingesetzt wurde. auch dazu konnte das gericht keine weiteren fragen mit dem beklagten klären. in der mündlichen verhandlung vom 13.05.2013 hat er sich nach einigen kurzen ausführungen auf anraten seines rechtsanwalts nicht mehr zur sache geäußert. in der mündlichen verhandlung vom 15.07.2013 ist er ohne entschuldigung gar nicht erschienen, obwohl sein persönliches erscheinen angeordnet worden war. 425. 43der beklagte hat rechtswidrig gehandelt. er hat schon keine nachvollziehbaren tatsachen dazu vorgetragen, dass der geschäftsführer der klägerin damit einverstanden war, dass die baugelder nicht für zwecke des § 1 bauforderungssicherungsgesetz eingesetzt wurden. aus seinen angaben geht schon nicht hervor, wann und bei welcher gelegenheit das überhaupt mit dem geschäftsführer der klägerin besprochen worden sein soll. insbesondere hat er nichts dazu vorgetragen, ob das telefongespräch zwischen herrn j1 einerseits und herrn l1 von der firma c andererseits überhaupt forderungen betraf, die gegenstand des hier vorliegenden rechtsstreits sind oder die sich aus den hier betroffenen bauvorhaben ergeben. 44auch dazu konnte das gericht keine näheren einzelheiten klären, weil der beklagte auf angaben seines rechtsanwaltes nähere angaben dazu verweigert hat. 45das gericht hatte auch keinen anlass, den vater des beklagten als zeugen zu dem telefongespräch zu vernehmen. die angaben des beklagten zum inhalt dieses gespräches sind aus den oben genannten gründen unklar. weitere erklärungen hat der beklagte verweigert. es ist nicht die aufgabe des gerichts, durch vernehmung eines zeugen den sachverhalt zu ermitteln, welchen der beklagte möglicherweise behaupten will. 466. 47der klägerin ist dadurch ein schaden im sinne von § 823 bgb entstanden, dass die baugelder nicht bestimmungsgemäß verwendet wurden. sie hatte ihrerseits fällige ansprüche gegen die firma j aus § 631 abs. 1 bgb. aufgrund eines werkvertrages mit dieser firma hatte sie ein werk hergestellt, das von dieser firma abgenommen worden war. die klägerin hat der firma j die forderungen aus den hier betroffenen bauvorhaben nicht gestundet. der beklagte hat schon keine nachvollziehbaren tatsachen zu den fragen vorgetragen, wann, mit welchem inhalt und bis zu welchem zeitpunkt eine derartige stundung überhaupt verabredet worden sein soll. darauf hat ihn das gericht ausdrücklich hingewiesen. er hat seine angaben trotzdem nicht ergänzt. 48die ansprüche der klägerin aus § 631 abs. 1 bgb konnten nicht erfüllt werden, weil die baugelder nicht bestimmungsgemäß im sinne von § 1 abs. 1 bauforderungssicherungsgesetz verwendet worden sind. 497. 50es verstößt nicht gegen § 242 bgb, dass die klägerin sich auf das bauforderungssicherungsgesetz beruft, gegen welches der beklagte vorsätzlich und rechtswidrig verstoßen hat. es ist zweifelhaft, ob das anders zu beurteilen wäre, wenn der geschäftsführer der klägerin gewusst hätte, dass der beklagte baugelder zweckwidrig verwendet hat. aus den oben genannten gründen lässt sich das jedoch nicht feststellen. 51ii. 52der feststellungsantrag ist zulässig und aus den oben genannten gründen auch begründet. 53iii. 54der zugesprochene zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286, 288 bgb. die prozessualen nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 zpo. 55unterschrift |
190,438 | {
"id": 806,
"jurisdiction": "Ordentliche Gerichtsbarkeit",
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} | 2 O 129/13 | 2013-08-08T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits trägt nach einem Streitwert von 20.036,52 € die Klägerin. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar. 1Tatbestand:2Die Klägerin beantragte bei der Beklagten am 19.08.2011 den Abschluss einer Krankheitskostenvollversicherung nach den Tarifen SG II 2/100 Comfort und AV-P1. Die Gesundheitsfragen wurden bis auf die Angabe von Vorsorgeuntersuchungen und das Ziehen von zwei Weisheitszähnen verneint. Die Beklagte nahm daher durch Übersendung des Versicherungsscheins vom 03.11.2011 den Antrag einschränkungslos an.3Im Rahmen der Überprüfung eines Versicherungsfalls erhielt die Beklagte die ärztliche Auskunft, dass die Klägerin entgegen ihren Angaben im Versicherungsantrag im Jahre 2011 vor Antragstellung wiederholt wegen Knorpelschaden des rechten und des linken Knies, IM-Degeneration rechts und Chondromalazie patellae rechts ambulant behandelt worden war. Da die Beklagte den Antrag bei Kenntnis dieser Vorerkrankungen und ärztlichen Behandlungen nur mit einem Risikozuschlag angenommen hätte, erklärte sie mit Schreiben vom 11.04.2012 die rückwirkende Vertragsanpassung nach § 19 Abs. 4 VVG. Da sie auch nach Remonstration der Klägerin mit Schreiben vom 20.04.2012 ihre Entscheidung aufrecht erhielt, kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 23.04.2012 das Versicherungsverhältnis fristlos. Die Beklagte bestätigte die fristlose Kündigung mit Schreiben vom 23.04.2012.4Die Klägerin versuchte daraufhin, eine neue Krankheitskostenversicherung bei der B Krankenversicherung AG abzuschließen. Die Annahme eines entsprechenden Antrags der Klägerin wurde jedoch von der B Krankenversicherung abgelehnt, da diese den Standpunkt vertrat, dass die Kündigung der Vorversicherung durch die Klägerin wegen des fehlenden Nachweises einer Anschlussversicherung nicht wirksam war.5Die Klägerin hat diese Rechtsauffassung der B Krankenversicherung aufgegriffen und hält nunmehr ihre eigene Kündigung ebenfalls für unwirksam wegen fehlenden Nachweises einer Anschlussversicherung. Sie verweist dazu auf die Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 VVG und die Regelung in § 205 Abs. 6 S. 2 VVG.6Die Klägerin beantragt,7es wird festgestellt, dass der mit der Beklagten abgeschlossene Krankenversicherungsvertrag Nr. 000.000000000 (Versicherungsbeginn 01.09.2011) zu den Bedingungen im Schreiben der Beklagten vom 11.04.2012 durch die Kündigung der Klägerin vom 23.04.2012 nicht beendet worden ist und daher fortbesteht.8Die Beklagte beantragt,9die Klage abzuweisen.10Sie hält § 205 Abs. 6 S. 2 VVG für nicht anwendbar und verweist auch auf § 194 Abs. 1 S. 3 VVG, der keine Einschränkung von § 19 Abs. 6 VVG für den Bereich der Krankenversicherung vorsehe.11Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.12Entscheidungsgründe:13Die Klage ist unbegründet.14Der Feststellungsantrag der Klägerin auf Fortbestand des zwischen den Parteien ehemals abgeschlossenen Krankheitskostenversicherungsvertrags ist unbegründet, weil die Krankenversicherung nicht fortbesteht, sondern durch die auf § 19 Abs. 6 VVG gestützte Kündigung der Klägerin beendet worden ist.151.16§ 205 Abs. 6 S. 1 VVG steht der Wirksamkeit der fristlosen Kündigung der Klägerin nicht entgegen. Denn diese Vorschrift schränkt ihrem Wortlaut nach lediglich das Recht des Versicherungsnehmers nach § 206 Abs. 1 bis 5 ein, eine Krankheitskostenversicherung zu kündigen, die die Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 S. 1 VVG erfüllt. Dieser eindeutige Wortlaut des Gesetztes lässt dessen direkte Anwendung auf andere Kündigungstatbestände nicht zu. Denn Ausgangspunkt für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist der in dieser zum Ausdruck gekommene objektivierte Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt (BGH VersR 2012, 219).172.18Der Auffassungen der Klägerin, dass § 205 Abs. 6 S. 2 analog auf die fristlose Kündigung des Versicherungsnehmers nach § 19 Abs. 6 S. 1 VVG anzuwenden sei, so dass die nach letzterer Vorschrift erfolgte fristlose Kündigung des Versicherungsnehmers erst wirksam wird, wenn dieser den Nachweis einer Folgeversicherung erbracht hat, die den Voraussetzungen einer die Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 S. 1 VVG erfüllenden Krankheitskostenversicherung entspricht, folgt das Gericht nicht.19a)20Zuzugeben ist der Klägerin allerdings, dass die vom Gesetzgeber in § 193 Abs. 3 VVG verankerte Versicherungspflicht das Ziel verfolgt, jeder Person mit Wohnsitz im Inland eine grundlegende Krankheitskostenversicherung zu verschaffen. Dementsprechend soll § 205 Abs. 6 S. 1 VVG sicherstellen, dass jeder Versicherte über nahtlos angrenzenden Versicherungsschutz verfügt, wenn er seinen Vertrag kündigt (Begründung des Gesundheitsausschusses, Bundestagsdrucksache 16/4247 Seite 68). Vor diesem Hintergrund der gesetzgeberischen Intention wird von einem Großteil der versicherungsrechtlichen Literatur eine analoge Anwendung des § 205 Abs. 6 VVG auf andere als die in § 205 Abs. 1 bis 5 erwähnten Kündigungsgründe befürwortet, wie z. B. auf die fristlose Kündigung des Versicherungsnehmers nach § 314 BGB und/oder den Widerruf der Vertragserklärung zum Abschluss einer Krankheitskostenversicherung nach § 8 VVG (Hütt in Langheid/Wandt, Münchener Kommentar zum VVG, § 205 Rdn. 62; Rogler in Rüffer/Halbach/Schimikowski, HK-VVG, 2. Auflage, § 205 Rdn. 32; Reinhard in Looschelders/Pohlmann, VVG, 2. Aufl., § 205 Rdn. 22; Marko, Private Krankenversicherung, 2. Aufl., Teil B Rdn. 120 f.; Marlow/Spuhl, VersR 2009, 593, 598; vergl. auch Voit in Prölss/Martin, VVG, 28. Aufl., § 205 Rdn. 42).21b)22Es kann offen bleiben, ob dieser Auffassung zu folgen ist. Jedenfalls sprechen gewichtige Gründe gegen eine analoge Anwendung von § 205 Abs. 6 VVG auf die fristlose Kündigung nach § 19 Abs. 6 S. 1 VVG. Denn der Gesetzgeber hat in § 194 Abs. 1 S. 3 VVG für den Bereich der Krankenversicherung eine aber auch eben nur eine Änderung von § 19 VVG geregelt. Danach bleibt die schuldlose Anzeigepflichtverletzung in der Krankenversicherung sanktionslos. Wenn der Gesetzgeber gewollt hätte, dass das Recht auf fristlose Kündigung einer Krankheitskostenversicherung den Einschränkungen des § 205 Abs. 6 VVG unterliegen sollte, hätte es nahe gelegen, diesen Willen in § 194 Abs. 1 VVG zum Ausdruck zu bringen. Darin, dass dies nicht geschehen ist, sieht das Gericht einen gewichtigen Grund für die Ablehnung einer Analogie von § 205 Abs. 6 VVG auf die fristlose Kündigung nach § 19 Abs. 6 S. 2 VVG.23Darüber hinaus verfolgt die Regelung in § 19 VVG das Ziel, bei unterbliebener Offenlegung von Gefahrumständen die Vertragsparteien in den Zustand zu versetzen, der bestanden hätte, wenn die Gefahrumstände bei Vertragsabschluss offenbart worden und dem Versicherer bekannt gewesen wären. Deshalb sollte dem Versicherer beim Verschweigen vertragshindernder Gefahrumstände das Recht zustehen, sich je nach der Schwere des Verschuldens des Antragstellers durch Rücktritt oder Kündigung vom Vertrag zu lösen. Bei Verschweigen vertragsändernder Gefahrumstände soll dem Versicherer das Recht eingeräumt werden, den Vertrag nachträglich so anzupassen, als wenn er von Anfang an von den verschwiegenen Gefahrumständen gewusst hätte. Hätte demnach die Beklagte die von der Klägerin verschwiegenen Erkrankungen und ärztlichen Behandlungen bereits vor Annahme des Vertrages gekannt, hätte sie der Klägerin bereits vor oder mit der Vertragsannahme entsprechend ihren unstreitigen Risikogrundsätzen diejenige Prämienerhöhung angeboten, die sie jetzt nachträglich vorgenommen hat, nachdem sie von den verschwiegenen Gefahrumständen Kenntnis erlangt hat. Die Klägerin hätte dann dieses Angebot der Beklagten auf Annahme eines vom Antrag abweichenden Krankheitskostenversicherungsvertrages abgelehnt, ebenso wie sie auf die nachträgliche Prämienerhöhung mit der fristlosen Kündigung reagiert hat. Sie wäre nicht verpflichtet gewesen, für die Wirksamkeit dieser Ablehnung eines Vertragsangebotes den Nachweis einer Nachversicherung zu führen, die der Versicherungspflicht nach § 193 Abs. 3 VVG entspricht. Dementsprechend besteht auch kein Grund, ein solches Wirksamkeitserfordernis in Analogie zu § 205 Abs. 6 VVG einzuführen, wenn der Versicherer nachträglich eine Prämienerhöhung vorzunehmen berechtigt ist und der Versicherungsnehmer darauf mit der fristlosen Kündigung des Krankheitskostenversicherungsvertrages nach § 19 Abs. 6 S. 2 VVG reagieren kann.24Schließlich würde eine analoge Anwendung von § 205 VI VVG das Recht des VN zur fristlosen Kündigung nach § 19 VI 1 VVG unvertretbar einschränken. Da die fristlose Kündigung –bei zutreffender Belehrung durch den VR- nur innerhalb eines Monats nach Zugang der Änderungsmitteilung des VR erfolgen kann, müsste der VN innerhalb dieser als Überlegungsfrist gedachten Frist nicht nur sich zu einer Kündigung und zum Neuabschluss einer Krankheitskostenvollversicherung entschließen, sondern die Anschlussversicherung auch innerhalb der Frist policieren lassen und dem Vorversicherer den Nachweis darüber erbringen. Dies dürfte innerhalb der Monatsfrist nur schwer zu bewältigen sein. Bis zum Nachweis der Folgeversicherung bliebe der VN dem Vorversicherer prämienpflichtig, da die Kündigung erst zu dem Zeitpunkt wirksam wird, zu dem der VN den Nachweis der Anschlussversicherung erbringt. Eine Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Kündigung findet nicht statt (BGH VersR 2012, 1375).253.26Da somit die fristlose Kündigung der Klägerin wirksam geworden ist, musste die Klage mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abgewiesen worden.27Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO. | die klage wird abgewiesen. die kosten des rechtsstreits trägt nach einem streitwert von 20.036,52 € die klägerin. das urteil ist gegen sicherheitsleistung in höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden betrages vorläufig vollstreckbar. 1 | 2die klägerin beantragte bei der beklagten am 19.08.2011 den abschluss einer krankheitskostenvollversicherung nach den tarifen sg ii 2/100 comfort und av-p1. die gesundheitsfragen wurden bis auf die angabe von vorsorgeuntersuchungen und das ziehen von zwei weisheitszähnen verneint. die beklagte nahm daher durch übersendung des versicherungsscheins vom 03.11.2011 den antrag einschränkungslos an.3im rahmen der überprüfung eines versicherungsfalls erhielt die beklagte die ärztliche auskunft, dass die klägerin entgegen ihren angaben im versicherungsantrag im jahre 2011 vor antragstellung wiederholt wegen knorpelschaden des rechten und des linken knies, im-degeneration rechts und chondromalazie patellae rechts ambulant behandelt worden war. da die beklagte den antrag bei kenntnis dieser vorerkrankungen und ärztlichen behandlungen nur mit einem risikozuschlag angenommen hätte, erklärte sie mit schreiben vom 11.04.2012 die rückwirkende vertragsanpassung nach § 19 abs. 4 vvg. da sie auch nach remonstration der klägerin mit schreiben vom 20.04.2012 ihre entscheidung aufrecht erhielt, kündigte die klägerin mit schreiben vom 23.04.2012 das versicherungsverhältnis fristlos. die beklagte bestätigte die fristlose kündigung mit schreiben vom 23.04.2012.4die klägerin versuchte daraufhin, eine neue krankheitskostenversicherung bei der b krankenversicherung ag abzuschließen. die annahme eines entsprechenden antrags der klägerin wurde jedoch von der b krankenversicherung abgelehnt, da diese den standpunkt vertrat, dass die kündigung der vorversicherung durch die klägerin wegen des fehlenden nachweises einer anschlussversicherung nicht wirksam war.5die klägerin hat diese rechtsauffassung der b krankenversicherung aufgegriffen und hält nunmehr ihre eigene kündigung ebenfalls für unwirksam wegen fehlenden nachweises einer anschlussversicherung. sie verweist dazu auf die versicherungspflicht nach § 193 abs. 3 vvg und die regelung in § 205 abs. 6 s. 2 vvg.6die klägerin beantragt,7es wird festgestellt, dass der mit der beklagten abgeschlossene krankenversicherungsvertrag nr. 000.000000000 (versicherungsbeginn 01.09.2011) zu den bedingungen im schreiben der beklagten vom 11.04.2012 durch die kündigung der klägerin vom 23.04.2012 nicht beendet worden ist und daher fortbesteht.8die beklagte beantragt,9die klage abzuweisen.10sie hält § 205 abs. 6 s. 2 vvg für nicht anwendbar und verweist auch auf § 194 abs. 1 s. 3 vvg, der keine einschränkung von § 19 abs. 6 vvg für den bereich der krankenversicherung vorsehe.11wegen der weiteren einzelheiten des vorbringens der parteien wird auf den vorgetragenen inhalt der zwischen ihnen gewechselten schriftsätze nebst anlagen sowie das sitzungsprotokoll bezug genommen.12 | 13die klage ist unbegründet.14der feststellungsantrag der klägerin auf fortbestand des zwischen den parteien ehemals abgeschlossenen krankheitskostenversicherungsvertrags ist unbegründet, weil die krankenversicherung nicht fortbesteht, sondern durch die auf § 19 abs. 6 vvg gestützte kündigung der klägerin beendet worden ist.151.16§ 205 abs. 6 s. 1 vvg steht der wirksamkeit der fristlosen kündigung der klägerin nicht entgegen. denn diese vorschrift schränkt ihrem wortlaut nach lediglich das recht des versicherungsnehmers nach § 206 abs. 1 bis 5 ein, eine krankheitskostenversicherung zu kündigen, die die versicherungspflicht nach § 193 abs. 3 s. 1 vvg erfüllt. dieser eindeutige wortlaut des gesetztes lässt dessen direkte anwendung auf andere kündigungstatbestände nicht zu. denn ausgangspunkt für die auslegung einer gesetzesvorschrift ist der in dieser zum ausdruck gekommene objektivierte wille des gesetzgebers, so wie er sich aus dem wortlaut der gesetzesbestimmung und dem sinnzusammenhang ergibt (bgh versr 2012, 219).172.18der auffassungen der klägerin, dass § 205 abs. 6 s. 2 analog auf die fristlose kündigung des versicherungsnehmers nach § 19 abs. 6 s. 1 vvg anzuwenden sei, so dass die nach letzterer vorschrift erfolgte fristlose kündigung des versicherungsnehmers erst wirksam wird, wenn dieser den nachweis einer folgeversicherung erbracht hat, die den voraussetzungen einer die versicherungspflicht nach § 193 abs. 3 s. 1 vvg erfüllenden krankheitskostenversicherung entspricht, folgt das gericht nicht.19a)20zuzugeben ist der klägerin allerdings, dass die vom gesetzgeber in § 193 abs. 3 vvg verankerte versicherungspflicht das ziel verfolgt, jeder person mit wohnsitz im inland eine grundlegende krankheitskostenversicherung zu verschaffen. dementsprechend soll § 205 abs. 6 s. 1 vvg sicherstellen, dass jeder versicherte über nahtlos angrenzenden versicherungsschutz verfügt, wenn er seinen vertrag kündigt (begründung des gesundheitsausschusses, bundestagsdrucksache 16/4247 seite 68). vor diesem hintergrund der gesetzgeberischen intention wird von einem großteil der versicherungsrechtlichen literatur eine analoge anwendung des § 205 abs. 6 vvg auf andere als die in § 205 abs. 1 bis 5 erwähnten kündigungsgründe befürwortet, wie z. b. auf die fristlose kündigung des versicherungsnehmers nach § 314 bgb und/oder den widerruf der vertragserklärung zum abschluss einer krankheitskostenversicherung nach § 8 vvg (hütt in langheid/wandt, münchener kommentar zum vvg, § 205 rdn. 62; rogler in rüffer/halbach/schimikowski, hk-vvg, 2. auflage, § 205 rdn. 32; reinhard in looschelders/pohlmann, vvg, 2. aufl., § 205 rdn. 22; marko, private krankenversicherung, 2. aufl., teil b rdn. 120 f.; marlow/spuhl, versr 2009, 593, 598; vergl. auch voit in prölss/martin, vvg, 28. aufl., § 205 rdn. 42).21b)22es kann offen bleiben, ob dieser auffassung zu folgen ist. jedenfalls sprechen gewichtige gründe gegen eine analoge anwendung von § 205 abs. 6 vvg auf die fristlose kündigung nach § 19 abs. 6 s. 1 vvg. denn der gesetzgeber hat in § 194 abs. 1 s. 3 vvg für den bereich der krankenversicherung eine aber auch eben nur eine änderung von § 19 vvg geregelt. danach bleibt die schuldlose anzeigepflichtverletzung in der krankenversicherung sanktionslos. wenn der gesetzgeber gewollt hätte, dass das recht auf fristlose kündigung einer krankheitskostenversicherung den einschränkungen des § 205 abs. 6 vvg unterliegen sollte, hätte es nahe gelegen, diesen willen in § 194 abs. 1 vvg zum ausdruck zu bringen. darin, dass dies nicht geschehen ist, sieht das gericht einen gewichtigen grund für die ablehnung einer analogie von § 205 abs. 6 vvg auf die fristlose kündigung nach § 19 abs. 6 s. 2 vvg.23darüber hinaus verfolgt die regelung in § 19 vvg das ziel, bei unterbliebener offenlegung von gefahrumständen die vertragsparteien in den zustand zu versetzen, der bestanden hätte, wenn die gefahrumstände bei vertragsabschluss offenbart worden und dem versicherer bekannt gewesen wären. deshalb sollte dem versicherer beim verschweigen vertragshindernder gefahrumstände das recht zustehen, sich je nach der schwere des verschuldens des antragstellers durch rücktritt oder kündigung vom vertrag zu lösen. bei verschweigen vertragsändernder gefahrumstände soll dem versicherer das recht eingeräumt werden, den vertrag nachträglich so anzupassen, als wenn er von anfang an von den verschwiegenen gefahrumständen gewusst hätte. hätte demnach die beklagte die von der klägerin verschwiegenen erkrankungen und ärztlichen behandlungen bereits vor annahme des vertrages gekannt, hätte sie der klägerin bereits vor oder mit der vertragsannahme entsprechend ihren unstreitigen risikogrundsätzen diejenige prämienerhöhung angeboten, die sie jetzt nachträglich vorgenommen hat, nachdem sie von den verschwiegenen gefahrumständen kenntnis erlangt hat. die klägerin hätte dann dieses angebot der beklagten auf annahme eines vom antrag abweichenden krankheitskostenversicherungsvertrages abgelehnt, ebenso wie sie auf die nachträgliche prämienerhöhung mit der fristlosen kündigung reagiert hat. sie wäre nicht verpflichtet gewesen, für die wirksamkeit dieser ablehnung eines vertragsangebotes den nachweis einer nachversicherung zu führen, die der versicherungspflicht nach § 193 abs. 3 vvg entspricht. dementsprechend besteht auch kein grund, ein solches wirksamkeitserfordernis in analogie zu § 205 abs. 6 vvg einzuführen, wenn der versicherer nachträglich eine prämienerhöhung vorzunehmen berechtigt ist und der versicherungsnehmer darauf mit der fristlosen kündigung des krankheitskostenversicherungsvertrages nach § 19 abs. 6 s. 2 vvg reagieren kann.24schließlich würde eine analoge anwendung von § 205 vi vvg das recht des vn zur fristlosen kündigung nach § 19 vi 1 vvg unvertretbar einschränken. da die fristlose kündigung –bei zutreffender belehrung durch den vr- nur innerhalb eines monats nach zugang der änderungsmitteilung des vr erfolgen kann, müsste der vn innerhalb dieser als überlegungsfrist gedachten frist nicht nur sich zu einer kündigung und zum neuabschluss einer krankheitskostenvollversicherung entschließen, sondern die anschlussversicherung auch innerhalb der frist policieren lassen und dem vorversicherer den nachweis darüber erbringen. dies dürfte innerhalb der monatsfrist nur schwer zu bewältigen sein. bis zum nachweis der folgeversicherung bliebe der vn dem vorversicherer prämienpflichtig, da die kündigung erst zu dem zeitpunkt wirksam wird, zu dem der vn den nachweis der anschlussversicherung erbringt. eine rückwirkung auf den zeitpunkt der kündigung findet nicht statt (bgh versr 2012, 1375).253.26da somit die fristlose kündigung der klägerin wirksam geworden ist, musste die klage mit der kostenfolge aus § 91 zpo abgewiesen worden.27die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 709 zpo. |
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} | 23 K 2388/13 | 2013-08-08T00:00:00 | Urteil | Tenor Das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2013 verpflichtet, dem Kläger einen weiteren einmaligen Ausgleich in Höhe von 272,08 Euro zu gewähren und diesen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 21. Februar 2013 zu verzinsen.Das beklagte Land trägt die Kosten des Verfahrens.Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Das beklagte Land kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 1Tatbestand:2Der am 00.0.1950 geborene Kläger stand im Dienst des beklagten Landes, zuletzt als Kriminalhauptkommissar im Vollzugsdienst bei der Kreispolizeibehörde L. Er trat mit Ablauf des 30. Juni 2012 nach Vollendung des 62. Lebensjahres in den Ruhestand.3Mit formloser Mitteilung vom 3. April 2012 erklärte das Landesamt für Besoldung und Versorgung (Landesamt), dass ihm ein einmaliger Ausgleich in Höhe von 4.091,00 Euro zustehe, der jedoch um zwei Fünftel zu kürzen sei, da er zwei Jahre über das sechzigste Lebensjahr hinaus Dienst getan habe. Es werde so nur ein Betrag von 2.454,60 Euro ausgezahlt.4Unter dem 26. April 2012 bat der Kläger um Zahlung des vollständigen einmaligen Ausgleichs. Er verwies darauf, dass die Differenz zwischen der regelmäßigen Altersgrenze mit der Vollendung des 67. Lebensjahres und seinem Ausscheiden mit Vollendung des 62. Lebensjahres fünf Jahre betrage.5Den Antrag lehnte das Landesamt mit Bescheid vom 9. Mai 2012 ab. Zur Begründung führte es aus, dass im Versorgungsrecht weiterhin das Beamtenversorgungsgesetz in der am 31. August 2006 gültigen Fassung Anwendung finde.6Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Landesamt mit Widerspruchsbescheid vom 29. Januar 2013 zurück und führte zur Begründung aus, auch das Urteil des VG Düsseldorf vom 23. April 2012 ‑ 23 K 5749/11 ‑ helfe nicht weiter, da das Bundesgesetz in der am 30. August 2006 maßgeblichen Fassung zugrunde zu legen sei. Entsprechend verbleibe es gemäß einem Erlass des Finanzministeriums vom 9. Dezember 2011 bei der maßgeblichen Altersgrenze der Vollendung des 60. Lebensjahres.7Mit der am 21. Februar 2013 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er meint, abzustellen sei auf die besonderen Altersgrenzen. Entsprechend verfolge die gesetzliche Regelung den Zweck, einen Ausgleich zwischen dieser und der allgemeinen Altersgrenze zu schaffen. Werde diese angehoben, müsse auch die gesetzliche Regelung des § 48 Beamtenversorgungsgesetz entsprechend angepasst ausgelegt werden.8Der Kläger beantragt sinngemäß,9das beklagte Land wird unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Mai 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Januar 2013 verpflichtet, dem Kläger einen weiteren einmaligen Ausgleich in Höhe von 272,08 Euro zu gewähren und diesen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 21. Februar 2013 zu verzinsen.10Das beklagte Land beantragt,11die Klage abzuweisen.12Es meint, die gesetzliche Diskrepanz sei ihm bewusst, dennoch sei es bewusst bei der Regelung des § 48 Beamtenversorgungsgesetz geblieben. Diese Fassung des Gesetzes habe das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen nicht beanstandet.13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten und den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Landesamtes Bezug genommen.14Entscheidungsgründe:15Der Einzelrichter ist für die Entscheidung zuständig, nachdem ihm der Rechtsstreit durch Beschluss der Kammer vom 31. Juli 2013 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) übertragen worden ist.16Das Gericht konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101 Abs. 2 VwGO).17Die Klage ist begründet.18Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung eines weiteren einmaligen Ausgleichs in Höhe von 272,08 Euro. Insofern erweisen sich die ablehnenden Bescheide des Landesamtes als rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).19Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich aus § 48 Abs. 1 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG), der seinem materiellen Gehalt nach durch das Dienstrechtsanpassungsgesetz NRW vom 16. Mai 2013 unverändert geblieben ist.20Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ist Beamten des Vollzugsdienstes, die vor Vollendung des 65. Lebensjahres wegen Erreichens der Altersgrenze in den Ruhestand treten, ein Ausgleich in Höhe von 4.091,00 Euro zu zahlen. Nach Satz 2 verringert sich dieser Betrag um jeweils ein Fünftel für jedes Jahr, das über das vollendete sechzigste Lebensjahr hinaus abgeleistet wird.21Bei dem Ausgleichsanspruch nach § 48 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG handelt es sich um eine Versorgungsleistung eigener Art, die dazu bestimmt ist, die geldlichen Nachteile auszugleichen, die sich daraus ergeben, dass der Beamte wegen der Besonderheit seines Dienstes - auch gegen seinen Willen und ohne dienstunfähig zu sein - einige Jahre früher als andere Beamte in den Ruhestand treten muss. Durch das Ausscheiden aus dem aktiven Dienst bei Erreichen einer gesetzlich bestimmten vorgezogenen Altersgrenze ohne Rücksicht auf die individuelle Leistungsfähigkeit lediglich aufgrund der Berufswahl und der damit verbundenen Wertentscheidung des Gesetzgebers, die dieser in Anbetracht der beruflichen Anforderungen und besonderen Belastungen des Beamten getroffen hat, erhält der betroffene Beamte nicht nur für einen längeren Zeitraum geringere Einkünfte durch den vorzeitigen Bezug von Versorgungsbezügen und eventuell eine niedrigere Pension; durch die kürzere Dienstzeit wird ihm ggfls. auch noch die Möglichkeit einer Beförderung genommen. Dieser Störung des Gleichgewichts zwischen der Alimentationspflicht des Dienstherrn und der Dienstleistungspflicht des Beamten wegen des vorzeitigen Ausscheidens des Beamten aus dem Dienst aufgrund einer ihn verpflichtenden Altersgrenze trägt § 48 BeamtVG mit der Gewährung eines einmaligen finanziellen Nachteilausgleichs Rechnung,22OVG NRW, Urteil vom 10. April 2013 - 3 A 1234/12 -, unter: nrwe.de (Rn. 28), m.w.N. etwa auf BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2008 - 2 C 26.07 -, unter: bverwg.de (Rn. 17).23Eine besondere Altersgrenze in diesem Sinne liegt stets dann vor, wenn abweichend von der gesetzlich festgesetzten Regelaltersgrenze, die von Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen nunmehr mit Vollendung des 67. Lebensjahres erreicht wird (§ 31 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW), für bestimmte Beamtengruppen gesetzlich eine andere Altersgrenze bestimmt worden ist,24OVG NRW, Urteil vom 10. April 2013 - 3 A 1234/12 -, unter: nrwe.de (Rn. 25).25Diesen Ausgleich müssen alle Beamten beanspruchen können, die aufgrund einer verpflichtenden Altersgrenze vorzeitig - mithin kausal - aus dem Dienst ausscheiden müssen, die also nicht auf Grund einer freiwillig getroffenen Entscheidung, etwa antragsgemäß in den Ruhestand treten,26OVG NRW, Urteil vom 10. April 2013 - 3 A 1234/12 -, unter: nrwe.de (Rn. 30, 38).27Aufgrund dieses eindeutigen gesetzlichen Zwecks der Regelung ist § 48 Abs. 1 BeamtVG aufgrund der eingetretenen Änderung des Landesbeamtengesetzes und der Erhöhung der Regelaltersgrenze auf die Vollendung des 67. Lebensjahres und eine nicht erfolgte Anpassung des Beamtenversorgungsrechts in Nordrhein-Westfalen teleologisch erweiternd auszulegen.28Festzustellen ist so zunächst, dass im Hinblick auf den Zweck des § 48 BeamtVG, wie er vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen herausgearbeitet worden ist, eine Störung im oben genannten Sinne bei jedem unfreiwilligen Ausscheiden aufgrund einer verpflichtenden Altersgrenze gegeben ist.29Dieser Gesetzeszweck lässt sich nur erreichen, wenn die jeweils maßgebliche Regelaltersgrenze zugrundegelegt wird. Allein diese bestimmt mit der besonderen Altersgrenze den Unterschied zum tatsächlichen Eintritt in den Ruhestand und ist damit für die Höhe des jeweiligen einmaligen Ausgleichs maßgeblich.30Dabei ist zu berücksichtigen, dass durch Art. 1 Nr. 22a des 10. Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 17. Dezember 2003 § 192 Landesbeamtengesetz (LBG NRW a.F.) neu gefasst wurde. Die Neuregelung brachte eine Veränderung der Altersgrenze für Polizeivollzugsbeamte auf Lebenszeit und verschiedene Möglichkeiten, einen früheren oder späteren Eintritt in den Ruhestand zu erreichen. Der Zeitpunkt, in dem die Polizeivollzugsbeamten auf Lebenszeit in den Ruhestand treten, wurde in § 192 Abs. 1 LBG NRW (a.F.) auf das Ende des Monats festgelegt, in dem sie das 62. Lebensjahr vollenden; zuvor war diese Altersgrenze bereits mit dem Ende des Monats, in dem das 60. Lebensjahr vollendet worden war, erreicht gewesen. Diese in § 192 Abs. 1 LBG NRW (a.F.) enthaltenen Regelungen wurden durch Gesetz zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 21. April 2009 im Wesentlichen unverändert in § 115 Abs. 1 LBG NRW übernommen,31OVG NRW, Urteil vom 10. April 2013 - 3 A 1234/12 -, unter: nrwe.de (Rn. 43).32Später wurde mit Art. 1 des Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 21. April 2009 in § 31 Abs. 1 Satz 2 LBG NRW die neue Regelaltersgrenze der Vollendung des 67. Lebensjahres für das Geburtsjahr ab 1964 eingeführt. Zugleich wurde die Altersgrenze für die Geburtsjahrgänge ab 1947 schrittweise angehoben (§ 31 Abs. 2 LBG NRW). Der Gesetzesbegründung nach sollte entsprechend „dem RV‑Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 30. April 2007 und dem Entwurf des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes [...] die wirkungsgleiche Übertragung der Maßnahmen in der gesetzlichen Rentenversicherung bzw. für die Bundesbeamten unter Berücksichtigung der Unterschiedlichkeit der Systeme zeitgleich in das nordrhein-westfälische Beamtenrecht“ erfolgen,33LT-Drs. 14/8174, S. 126 (vom 17. Dezember 2008).34Allerdings nahm der Bundesgesetzgeber mit dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 5. Februar 2009 in § 51 Bundesbeamtengesetz nicht nur eine Erhöhung der Regelaltersgrenze vor, sondern passte in Art. 4 Nr. 26 des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes auch § 48 BeamtVG (Bund) an die geänderte Regelaltersgrenze an. Eine solche Anpassung unterließ der Gesetzgeber seinerzeit im Hinblick auf die beabsichtige große Dienstrechtsreform und führte sie gleichwohl mit dem Dienstrechtsanpassungsgesetz vom 16. Mai 2013 nicht herbei.35Mag es dem Landesgesetzgeber so bei der Neufassung des § 192 LBG NRW a.F. noch versagt gewesen sein, eine Rechtsänderung im Hinblick auf die seinerzeit noch bundesrechtlich geregelte Beamtenversorgung herbeizuführen,36OVG NRW, Urteil vom 10. April 2013 - 3 A 1234/12 -, unter: nrwe.de (Rn. 47),37war der Landesgesetzgeber nunmehr verpflichtet, eine Anpassung des § 48 BeamtVG herbeizuführen.38Dabei ist die Gesetzgebungskompetenz des Landes nicht mehr fraglich. Sie war vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Frage gestellt worden mit dem Bedenken, ob nach Inkrafttreten der Föderalismusreform angesichts der Regelung des Art. 125a Abs. 1 GG überhaupt eine Kompetenz des Landesgesetzgebers für eine bloße Detailänderung des Versorgungsrechts bestanden haben kann,39OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 2013 - 3 A 2192/10 -, unter: nrwe.de (Rn. 59 ff., 64).40Diese Frage ist nach dem Dienstrechtsanpassungsgesetz vom 16. Mai 2013 obsolet. Der Gesetzgeber war berechtigt und verpflichtet, eine entsprechende Regelung für den Polizeivollzugsdienst aufzunehmen.41Dabei lässt sich den Gesetzesmaterialien zunächst nicht entnehmen, dass es eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gewesen sei, im Hinblick auf die höhere Regelaltersgrenze § 48 BeamtVG unverändert zu lassen. Nach der Gesetzesbegründung ist § 48 BeamtVG lediglich redaktionell angepasst worden im Hinblick auf die Überleitung des Bundesbesoldungsgesetzes,42LT-Drs. 16/1625, S. 79.43Dass damit eine ausdrückliche Entscheidung einhergegangen sein soll, § 48 BeamtVG nicht inhaltlich zu ändern, ist nicht anzunehmen. Dagegen spricht bereits die ursprüngliche und damalige Erkenntnis des Gesetzgebers, dass weitere Folgeänderungen aus der Anhebung der Regelaltersgrenze der großen Dienstrechtsreform vorbehalten bleiben müssten.44Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Regelung in ihrer jetzigen Form für Vollzugsbedienstete keinen Sinn macht. Diese treten aufgrund der besonderen Altersgrenze des § 115 Abs. 1 LBG NRW mit Vollendung des 62. Lebensjahres in den Ruhestand. Für die Geburtsjahrgänge bis 1947 hatte dies zur Folge, dass aufgrund der für diese geltenden Regelaltersgrenze mit der Vollendung des 65. Lebensjahres ein einmaliger Ausgleich für drei Jahre zu zahlen war (2.454,60 Euro). Ab dem Jahr 2009 verlängerte sich jedoch die Regelaltersgrenze (Geburtsjahrgänge ab 1948) mit der Folge, dass es - wie vom Landesamt im vorliegenden Fall durchgeführt - bei einem einmaligen Ausgleich in Höhe von 2.454,60 Euro Jahren verbleibt, ohne dass in Betracht gezogen wird, dass die Differenz zwischen besonderer Altersgrenze und Regelaltersgrenze stetig bis auf fünf Jahre ansteigt.45Diese Ungleichbehandlung ist vor dem Hintergrund von Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) nicht gerechtfertigt.46Auch wenn es keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) gibt, wonach Angehörigen der in § 48 Abs. 1 BeamtVG genannten Beamtengruppen überhaupt ein besonderer Ausgleich für entstehende Nachteile gewährt werden müsste,47OVG NRW, Urteil vom 10. April 2013 - 3 A 1234/12 -, unter: nrwe.de (Rn. 52),48ist es unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 Abs. 1 GG nicht gerechtfertigt, innerhalb des Vollzugsdienstes andere Regelungen einzuführen, bzw. Angehörige dieser Gruppe anders zu behandeln als solche des Einsatzdienstes der Feuerwehr.49Nach Art. 3 Abs. 1 GG ist der Gesetzgeber verpflichtet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Der allgemeine Gleichheitssatz belässt dem Gesetzgeber allerdings einen weiten Gestaltungsspielraum bei der Entscheidung, an welche sachverhaltsbezogenen Differenzierungsmerkmale er eine Gleich- oder Ungleichbehandlung anknüpft. Art. 3 Abs. 1 GG ist gewahrt, wenn sich im Hinblick auf die Eigenart des geregelten Sachbereichs ein vernünftiger Grund für die gesetzliche Unterscheidung finden lässt,50OVG NRW, Urteil vom 10. April 2013 - 3 A 1234/12 -, unter: nrwe.de (Rn. 54).51Die aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grenzen sind insbesondere dann überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten,52OVG NRW, Urteil vom 10. April 2013 - 3 A 1234/12 -, unter: nrwe.de (Rn. 56).53Mit der Regelung des § 48 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG a.F. will der Gesetzgeber - wie ausgeführt - einer Störung des Gleichgewichts zwischen der Alimentationspflicht des Dienstherrn und der Dienstleistungspflicht des Beamten wegen des vorzeitigen Ausscheidens des Beamten aus dem Dienst aufgrund einer ihn verpflichtenden Altersgrenze Rechnung tragen. Dieses trifft für Bedienstete des Vollzugsdienstes (gestaffelt nach Geburtsjahrgängen) bzw. für diese im Vergleich zu Beamten im Einsatzdienst der Feuerwehr gleichermaßen zu, ohne dass Unterschiede im Hinblick auf den mit § 48 BeamtVG beabsichtigten Zweck auch nur im Ansatz zu erkennen sind.54Hinzu kommt ein Weiteres: Bei einer weiteren wörtlichen Anwendung der Vorschrift wird ein einmaliger Ausgleich nicht mehr gezahlt, wenn Beamte des Polizeivollzugsdienstes mit Vollendung des 65. Lebensjahres in den Ruhestand treten (etwa durch Hinausschieben der Altersgrenze gemäß § 32 Abs. 1 LBG NRW). In diesem Fall fehlen dem entsprechenden Beamten zwei Jahre bis zur Regelaltersgrenze der Vollendung des 67. Lebensjahres. Für diese wäre § 48 Abs. 1 BeamtVG aber in der wörtlichen Anwendung des Landesamtes vollständig gegenstandslos, ohne dass eine Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung - und entgegen dem Zweck der Vorschrift - ersichtlich wäre.55Das passt jedoch nicht mit dem eindeutigen - und vom Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen klargestellten - Gesetzeszweck nicht zusammen,56OVG NRW, Urteil vom 10. April 2013 - 3 A 1234/12 -, unter: nrwe.de (Rn. 38),57nach dem die - oben herausgearbeitete und - nach § 48 BeamtVG auszugleichende Störung bei jedem unfreiwilligen Ausscheiden aus dem Dienst aufgrund einer verpflichtenden Altersgrenze gegeben ist.58Diese Gleichbehandlung verkehrt der bei der Überleitung oder Neufassung des Beamtenversorgungsgesetzes NRW nicht handelnde Landesgesetzgeber in einen Grundrechtsverstoß, der jedoch im Wege der teleologischen Auslegung so letztlich nicht besteht. Mögen so die sich aus einer versorgungsrechtlichen Vorschrift ergebende Unebenheiten und Friktionen noch in Kauf zu nehmen sein, ist die Grenze erreicht, wenn sich für eine solche Regelung - wie hier - kein plausibler und sachlich vertretbarer Grund mehr anführen lässt. Der insoweit allein seitens des beklagten Landes in Bezug genommene Verweis auf einen Erlass des Finanzministeriums greift ebenso wenig wie die schriftsätzlich in Bezug genommene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen. Diese regelt einen unterschiedlichen Lebenssachverhalt, nach dem der dortige Kläger auf Antrag in den Ruhestand „versetzt“ worden ist.59Damit steht dem Kläger für jedes Jahr - letztlich aufgrund der gestaffelten Anhebung der maßgeblichen Altersgrenze für jeden Monat - ein anteiliger Anspruch aus § 48 Abs. 1 BeamtVG zu.60Die Höhe ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Eintritt in den Ruhestand mit Ablauf des Monats Juni 2012, in dem der Kläger sein 62. Lebensjahr vollendete, und mit Ablauf des Monats Oktober 2012, in dem die für den Kläger geltende gesetzliche Regelaltersgrenze greift (§ 31 Abs. 2 Satz 2 LBG NRW - Vollendung des 65. Lebensjahres zuzüglich einer Anhebung um vier Monate).61Der daraus zu ermittelnde Gesamtanspruch von drei Jahren und vier Monaten beträgt drei Fünftel von 4.091,00 Euro (2.454,60 Euro), zuzüglich vier Zwölftel aus einem Fünftel von 4.091,00 Euro (272,73 Euro), mithin 2.727,73 Euro. Da dieser Anspruch in Höhe 2.454,60 Euro durch Erfüllung erloschen ist und der Restbetrag von 272,73 Euro nur in Höhe von 272,08 Euro geltend gemacht wurde, war wie ausgesprochen zu tenorieren.62Der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Prozesszinsen, die wie beantragt ab Rechtshängigkeit seit dem 21. Februar 2013 zu gewähren sind, folgt aus § 291 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) analog.63Im Rahmen der Verpflichtungsklage kann der im Verwaltungsprozess obsiegende Kläger einen sich aus § 291 Satz 1 BGB analog ergebenden Anspruch auf Prozesszinsen haben. Dem steht zunächst § 49 Abs. 5 BeamtVG nicht entgegen, der einen Anspruch auf Verzugszinsen für Versorgungsbezüge, die nach dem Tag der Fälligkeit nur zum Teil gezahlt werden, ausschließt. Damit beinhaltet das Fachgesetz aufgrund der ausdrücklichen Anknüpfung an den Begriff der Verzugszinsen keinen Ausschluss vom Prozesszinsen, die nach dem Wortlaut des § 291 Satz 1 BGB gerade auch geschuldet sind, wenn kein Verzug besteht,64VG Düsseldorf, Urteil vom 16. Januar 2012 - 23 K 1576/10 -.65Dem Zinsanspruch steht ebenfalls nicht entgegen, dass der Kläger im Rahmen der Verpflichtungsklage keine echte Geldschuld im Sinne des § 291 Satz 1 BGB geltend macht. Der Geldschuld stehen nämlich bezifferte Verpflichtungsansprüche oder solche gleich, aufgrund derer sich eine Geldschuld rechnerisch unzweifelhaft ermitteln lässt,66BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 - 2 C 28.97 -, in: juris (Rn. 13).67Das ist erfüllt. Der geltend gemachte Ausgleich lässt sich seiner Höhe nach - durch einfache Dreisatzrechnung - unmittelbar aus § 48 Abs. 1 BeamtVG entnehmen, so dass keinerlei Zweifel mehr über die weitere Rechtsanwendung bestehen,68zu diesem Ansatz: BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 - 2 C 28.97 -, in: juris (Rn. 14).69Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.70Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 Zivilprozessordnung. | das beklagte land wird unter aufhebung des bescheides vom 9. mai 2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 29. januar 2013 verpflichtet, dem kläger einen weiteren einmaligen ausgleich in höhe von 272,08 euro zu gewähren und diesen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz ab dem 21. februar 2013 zu verzinsen.das beklagte land trägt die kosten des verfahrens.das urteil ist hinsichtlich der kosten vorläufig vollstreckbar. das beklagte land kann die vollstreckung durch sicherheitsleistung in höhe des jeweils beizutreibenden betrages abwenden, sofern nicht der kläger vor der vollstreckung sicherheit in gleicher höhe leistet. 1 | 2der am 00.0.1950 geborene kläger stand im dienst des beklagten landes, zuletzt als kriminalhauptkommissar im vollzugsdienst bei der kreispolizeibehörde l. er trat mit ablauf des 30. juni 2012 nach vollendung des 62. lebensjahres in den ruhestand.3mit formloser mitteilung vom 3. april 2012 erklärte das landesamt für besoldung und versorgung (landesamt), dass ihm ein einmaliger ausgleich in höhe von 4.091,00 euro zustehe, der jedoch um zwei fünftel zu kürzen sei, da er zwei jahre über das sechzigste lebensjahr hinaus dienst getan habe. es werde so nur ein betrag von 2.454,60 euro ausgezahlt.4unter dem 26. april 2012 bat der kläger um zahlung des vollständigen einmaligen ausgleichs. er verwies darauf, dass die differenz zwischen der regelmäßigen altersgrenze mit der vollendung des 67. lebensjahres und seinem ausscheiden mit vollendung des 62. lebensjahres fünf jahre betrage.5den antrag lehnte das landesamt mit bescheid vom 9. mai 2012 ab. zur begründung führte es aus, dass im versorgungsrecht weiterhin das beamtenversorgungsgesetz in der am 31. august 2006 gültigen fassung anwendung finde.6den dagegen erhobenen widerspruch wies das landesamt mit widerspruchsbescheid vom 29. januar 2013 zurück und führte zur begründung aus, auch das urteil des vg düsseldorf vom 23. april 2012 ‑ 23 k 5749/11 ‑ helfe nicht weiter, da das bundesgesetz in der am 30. august 2006 maßgeblichen fassung zugrunde zu legen sei. entsprechend verbleibe es gemäß einem erlass des finanzministeriums vom 9. dezember 2011 bei der maßgeblichen altersgrenze der vollendung des 60. lebensjahres.7mit der am 21. februar 2013 erhobenen klage verfolgt der kläger sein begehren weiter. er meint, abzustellen sei auf die besonderen altersgrenzen. entsprechend verfolge die gesetzliche regelung den zweck, einen ausgleich zwischen dieser und der allgemeinen altersgrenze zu schaffen. werde diese angehoben, müsse auch die gesetzliche regelung des § 48 beamtenversorgungsgesetz entsprechend angepasst ausgelegt werden.8der kläger beantragt sinngemäß,9das beklagte land wird unter aufhebung des bescheides vom 9. mai 2012 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 29. januar 2013 verpflichtet, dem kläger einen weiteren einmaligen ausgleich in höhe von 272,08 euro zu gewähren und diesen in höhe von 5 prozentpunkten über dem jeweiligen basiszinssatz ab dem 21. februar 2013 zu verzinsen.10das beklagte land beantragt,11die klage abzuweisen.12es meint, die gesetzliche diskrepanz sei ihm bewusst, dennoch sei es bewusst bei der regelung des § 48 beamtenversorgungsgesetz geblieben. diese fassung des gesetzes habe das oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen nicht beanstandet.13wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird auf die gerichtsakten und den beigezogenen verwaltungsvorgang des landesamtes bezug genommen.14 | 15der einzelrichter ist für die entscheidung zuständig, nachdem ihm der rechtsstreit durch beschluss der kammer vom 31. juli 2013 gemäß § 6 abs. 1 satz 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) übertragen worden ist.16das gericht konnte im einverständnis der beteiligten ohne mündliche verhandlung entscheiden (§ 101 abs. 2 vwgo).17die klage ist begründet.18der kläger hat einen anspruch auf gewährung eines weiteren einmaligen ausgleichs in höhe von 272,08 euro. insofern erweisen sich die ablehnenden bescheide des landesamtes als rechtswidrig und verletzen den kläger in seinen rechten (§ 113 abs. 5 satz 1 vwgo).19der geltend gemachte anspruch ergibt sich aus § 48 abs. 1 satz 1 beamtenversorgungsgesetz (beamtvg), der seinem materiellen gehalt nach durch das dienstrechtsanpassungsgesetz nrw vom 16. mai 2013 unverändert geblieben ist.20nach § 48 abs. 1 satz 1 beamtvg ist beamten des vollzugsdienstes, die vor vollendung des 65. lebensjahres wegen erreichens der altersgrenze in den ruhestand treten, ein ausgleich in höhe von 4.091,00 euro zu zahlen. nach satz 2 verringert sich dieser betrag um jeweils ein fünftel für jedes jahr, das über das vollendete sechzigste lebensjahr hinaus abgeleistet wird.21bei dem ausgleichsanspruch nach § 48 abs. 1 satz 1 beamtvg handelt es sich um eine versorgungsleistung eigener art, die dazu bestimmt ist, die geldlichen nachteile auszugleichen, die sich daraus ergeben, dass der beamte wegen der besonderheit seines dienstes - auch gegen seinen willen und ohne dienstunfähig zu sein - einige jahre früher als andere beamte in den ruhestand treten muss. durch das ausscheiden aus dem aktiven dienst bei erreichen einer gesetzlich bestimmten vorgezogenen altersgrenze ohne rücksicht auf die individuelle leistungsfähigkeit lediglich aufgrund der berufswahl und der damit verbundenen wertentscheidung des gesetzgebers, die dieser in anbetracht der beruflichen anforderungen und besonderen belastungen des beamten getroffen hat, erhält der betroffene beamte nicht nur für einen längeren zeitraum geringere einkünfte durch den vorzeitigen bezug von versorgungsbezügen und eventuell eine niedrigere pension; durch die kürzere dienstzeit wird ihm ggfls. auch noch die möglichkeit einer beförderung genommen. dieser störung des gleichgewichts zwischen der alimentationspflicht des dienstherrn und der dienstleistungspflicht des beamten wegen des vorzeitigen ausscheidens des beamten aus dem dienst aufgrund einer ihn verpflichtenden altersgrenze trägt § 48 beamtvg mit der gewährung eines einmaligen finanziellen nachteilausgleichs rechnung,22ovg nrw, urteil vom 10. april 2013 - 3 a 1234/12 -, unter: nrwe.de (rn. 28), m.w.n. etwa auf bverwg, urteil vom 17. dezember 2008 - 2 c 26.07 -, unter: bverwg.de (rn. 17).23eine besondere altersgrenze in diesem sinne liegt stets dann vor, wenn abweichend von der gesetzlich festgesetzten regelaltersgrenze, die von beamten des landes nordrhein-westfalen nunmehr mit vollendung des 67. lebensjahres erreicht wird (§ 31 abs. 1 satz 2 lbg nrw), für bestimmte beamtengruppen gesetzlich eine andere altersgrenze bestimmt worden ist,24ovg nrw, urteil vom 10. april 2013 - 3 a 1234/12 -, unter: nrwe.de (rn. 25).25diesen ausgleich müssen alle beamten beanspruchen können, die aufgrund einer verpflichtenden altersgrenze vorzeitig - mithin kausal - aus dem dienst ausscheiden müssen, die also nicht auf grund einer freiwillig getroffenen entscheidung, etwa antragsgemäß in den ruhestand treten,26ovg nrw, urteil vom 10. april 2013 - 3 a 1234/12 -, unter: nrwe.de (rn. 30, 38).27aufgrund dieses eindeutigen gesetzlichen zwecks der regelung ist § 48 abs. 1 beamtvg aufgrund der eingetretenen änderung des landesbeamtengesetzes und der erhöhung der regelaltersgrenze auf die vollendung des 67. lebensjahres und eine nicht erfolgte anpassung des beamtenversorgungsrechts in nordrhein-westfalen teleologisch erweiternd auszulegen.28festzustellen ist so zunächst, dass im hinblick auf den zweck des § 48 beamtvg, wie er vom oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen herausgearbeitet worden ist, eine störung im oben genannten sinne bei jedem unfreiwilligen ausscheiden aufgrund einer verpflichtenden altersgrenze gegeben ist.29dieser gesetzeszweck lässt sich nur erreichen, wenn die jeweils maßgebliche regelaltersgrenze zugrundegelegt wird. allein diese bestimmt mit der besonderen altersgrenze den unterschied zum tatsächlichen eintritt in den ruhestand und ist damit für die höhe des jeweiligen einmaligen ausgleichs maßgeblich.30dabei ist zu berücksichtigen, dass durch art. 1 nr. 22a des 10. gesetzes zur änderung dienstrechtlicher vorschriften vom 17. dezember 2003 § 192 landesbeamtengesetz (lbg nrw a.f.) neu gefasst wurde. die neuregelung brachte eine veränderung der altersgrenze für polizeivollzugsbeamte auf lebenszeit und verschiedene möglichkeiten, einen früheren oder späteren eintritt in den ruhestand zu erreichen. der zeitpunkt, in dem die polizeivollzugsbeamten auf lebenszeit in den ruhestand treten, wurde in § 192 abs. 1 lbg nrw (a.f.) auf das ende des monats festgelegt, in dem sie das 62. lebensjahr vollenden; zuvor war diese altersgrenze bereits mit dem ende des monats, in dem das 60. lebensjahr vollendet worden war, erreicht gewesen. diese in § 192 abs. 1 lbg nrw (a.f.) enthaltenen regelungen wurden durch gesetz zur änderung dienstrechtlicher vorschriften vom 21. april 2009 im wesentlichen unverändert in § 115 abs. 1 lbg nrw übernommen,31ovg nrw, urteil vom 10. april 2013 - 3 a 1234/12 -, unter: nrwe.de (rn. 43).32später wurde mit art. 1 des gesetzes zur änderung dienstrechtlicher vorschriften vom 21. april 2009 in § 31 abs. 1 satz 2 lbg nrw die neue regelaltersgrenze der vollendung des 67. lebensjahres für das geburtsjahr ab 1964 eingeführt. zugleich wurde die altersgrenze für die geburtsjahrgänge ab 1947 schrittweise angehoben (§ 31 abs. 2 lbg nrw). der gesetzesbegründung nach sollte entsprechend „dem rv‑altersgrenzenanpassungsgesetz vom 30. april 2007 und dem entwurf des dienstrechtsneuordnungsgesetzes [...] die wirkungsgleiche übertragung der maßnahmen in der gesetzlichen rentenversicherung bzw. für die bundesbeamten unter berücksichtigung der unterschiedlichkeit der systeme zeitgleich in das nordrhein-westfälische beamtenrecht“ erfolgen,33lt-drs. 14/8174, s. 126 (vom 17. dezember 2008).34allerdings nahm der bundesgesetzgeber mit dem dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 5. februar 2009 in § 51 bundesbeamtengesetz nicht nur eine erhöhung der regelaltersgrenze vor, sondern passte in art. 4 nr. 26 des dienstrechtsneuordnungsgesetzes auch § 48 beamtvg (bund) an die geänderte regelaltersgrenze an. eine solche anpassung unterließ der gesetzgeber seinerzeit im hinblick auf die beabsichtige große dienstrechtsreform und führte sie gleichwohl mit dem dienstrechtsanpassungsgesetz vom 16. mai 2013 nicht herbei.35mag es dem landesgesetzgeber so bei der neufassung des § 192 lbg nrw a.f. noch versagt gewesen sein, eine rechtsänderung im hinblick auf die seinerzeit noch bundesrechtlich geregelte beamtenversorgung herbeizuführen,36ovg nrw, urteil vom 10. april 2013 - 3 a 1234/12 -, unter: nrwe.de (rn. 47),37war der landesgesetzgeber nunmehr verpflichtet, eine anpassung des § 48 beamtvg herbeizuführen.38dabei ist die gesetzgebungskompetenz des landes nicht mehr fraglich. sie war vom oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen in frage gestellt worden mit dem bedenken, ob nach inkrafttreten der föderalismusreform angesichts der regelung des art. 125a abs. 1 gg überhaupt eine kompetenz des landesgesetzgebers für eine bloße detailänderung des versorgungsrechts bestanden haben kann,39ovg nrw, urteil vom 12. februar 2013 - 3 a 2192/10 -, unter: nrwe.de (rn. 59 ff., 64).40diese frage ist nach dem dienstrechtsanpassungsgesetz vom 16. mai 2013 obsolet. der gesetzgeber war berechtigt und verpflichtet, eine entsprechende regelung für den polizeivollzugsdienst aufzunehmen.41dabei lässt sich den gesetzesmaterialien zunächst nicht entnehmen, dass es eine bewusste entscheidung des gesetzgebers gewesen sei, im hinblick auf die höhere regelaltersgrenze § 48 beamtvg unverändert zu lassen. nach der gesetzesbegründung ist § 48 beamtvg lediglich redaktionell angepasst worden im hinblick auf die überleitung des bundesbesoldungsgesetzes,42lt-drs. 16/1625, s. 79.43dass damit eine ausdrückliche entscheidung einhergegangen sein soll, § 48 beamtvg nicht inhaltlich zu ändern, ist nicht anzunehmen. dagegen spricht bereits die ursprüngliche und damalige erkenntnis des gesetzgebers, dass weitere folgeänderungen aus der anhebung der regelaltersgrenze der großen dienstrechtsreform vorbehalten bleiben müssten.44darüber hinaus ist festzustellen, dass die regelung in ihrer jetzigen form für vollzugsbedienstete keinen sinn macht. diese treten aufgrund der besonderen altersgrenze des § 115 abs. 1 lbg nrw mit vollendung des 62. lebensjahres in den ruhestand. für die geburtsjahrgänge bis 1947 hatte dies zur folge, dass aufgrund der für diese geltenden regelaltersgrenze mit der vollendung des 65. lebensjahres ein einmaliger ausgleich für drei jahre zu zahlen war (2.454,60 euro). ab dem jahr 2009 verlängerte sich jedoch die regelaltersgrenze (geburtsjahrgänge ab 1948) mit der folge, dass es - wie vom landesamt im vorliegenden fall durchgeführt - bei einem einmaligen ausgleich in höhe von 2.454,60 euro jahren verbleibt, ohne dass in betracht gezogen wird, dass die differenz zwischen besonderer altersgrenze und regelaltersgrenze stetig bis auf fünf jahre ansteigt.45diese ungleichbehandlung ist vor dem hintergrund von art. 3 abs. 1 grundgesetz (gg) nicht gerechtfertigt.46auch wenn es keinen hergebrachten grundsatz des berufsbeamtentums (art. 33 abs. 5 gg) gibt, wonach angehörigen der in § 48 abs. 1 beamtvg genannten beamtengruppen überhaupt ein besonderer ausgleich für entstehende nachteile gewährt werden müsste,47ovg nrw, urteil vom 10. april 2013 - 3 a 1234/12 -, unter: nrwe.de (rn. 52),48ist es unter dem gesichtspunkt von art. 3 abs. 1 gg nicht gerechtfertigt, innerhalb des vollzugsdienstes andere regelungen einzuführen, bzw. angehörige dieser gruppe anders zu behandeln als solche des einsatzdienstes der feuerwehr.49nach art. 3 abs. 1 gg ist der gesetzgeber verpflichtet, wesentlich gleiches gleich und wesentlich ungleiches ungleich zu behandeln. der allgemeine gleichheitssatz belässt dem gesetzgeber allerdings einen weiten gestaltungsspielraum bei der entscheidung, an welche sachverhaltsbezogenen differenzierungsmerkmale er eine gleich- oder ungleichbehandlung anknüpft. art. 3 abs. 1 gg ist gewahrt, wenn sich im hinblick auf die eigenart des geregelten sachbereichs ein vernünftiger grund für die gesetzliche unterscheidung finden lässt,50ovg nrw, urteil vom 10. april 2013 - 3 a 1234/12 -, unter: nrwe.de (rn. 54).51die aus art. 3 abs. 1 gg folgenden grenzen sind insbesondere dann überschritten, wenn eine gruppe von normadressaten im vergleich zu anderen normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden gruppen keine unterschiede von solcher art und solchem gewicht bestehen, dass sie die ungleiche behandlung rechtfertigen könnten,52ovg nrw, urteil vom 10. april 2013 - 3 a 1234/12 -, unter: nrwe.de (rn. 56).53mit der regelung des § 48 abs. 1 satz 1 beamtvg a.f. will der gesetzgeber - wie ausgeführt - einer störung des gleichgewichts zwischen der alimentationspflicht des dienstherrn und der dienstleistungspflicht des beamten wegen des vorzeitigen ausscheidens des beamten aus dem dienst aufgrund einer ihn verpflichtenden altersgrenze rechnung tragen. dieses trifft für bedienstete des vollzugsdienstes (gestaffelt nach geburtsjahrgängen) bzw. für diese im vergleich zu beamten im einsatzdienst der feuerwehr gleichermaßen zu, ohne dass unterschiede im hinblick auf den mit § 48 beamtvg beabsichtigten zweck auch nur im ansatz zu erkennen sind.54hinzu kommt ein weiteres: bei einer weiteren wörtlichen anwendung der vorschrift wird ein einmaliger ausgleich nicht mehr gezahlt, wenn beamte des polizeivollzugsdienstes mit vollendung des 65. lebensjahres in den ruhestand treten (etwa durch hinausschieben der altersgrenze gemäß § 32 abs. 1 lbg nrw). in diesem fall fehlen dem entsprechenden beamten zwei jahre bis zur regelaltersgrenze der vollendung des 67. lebensjahres. für diese wäre § 48 abs. 1 beamtvg aber in der wörtlichen anwendung des landesamtes vollständig gegenstandslos, ohne dass eine rechtfertigung für die unterschiedliche behandlung - und entgegen dem zweck der vorschrift - ersichtlich wäre.55das passt jedoch nicht mit dem eindeutigen - und vom oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen klargestellten - gesetzeszweck nicht zusammen,56ovg nrw, urteil vom 10. april 2013 - 3 a 1234/12 -, unter: nrwe.de (rn. 38),57nach dem die - oben herausgearbeitete und - nach § 48 beamtvg auszugleichende störung bei jedem unfreiwilligen ausscheiden aus dem dienst aufgrund einer verpflichtenden altersgrenze gegeben ist.58diese gleichbehandlung verkehrt der bei der überleitung oder neufassung des beamtenversorgungsgesetzes nrw nicht handelnde landesgesetzgeber in einen grundrechtsverstoß, der jedoch im wege der teleologischen auslegung so letztlich nicht besteht. mögen so die sich aus einer versorgungsrechtlichen vorschrift ergebende unebenheiten und friktionen noch in kauf zu nehmen sein, ist die grenze erreicht, wenn sich für eine solche regelung - wie hier - kein plausibler und sachlich vertretbarer grund mehr anführen lässt. der insoweit allein seitens des beklagten landes in bezug genommene verweis auf einen erlass des finanzministeriums greift ebenso wenig wie die schriftsätzlich in bezug genommene entscheidung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen. diese regelt einen unterschiedlichen lebenssachverhalt, nach dem der dortige kläger auf antrag in den ruhestand „versetzt“ worden ist.59damit steht dem kläger für jedes jahr - letztlich aufgrund der gestaffelten anhebung der maßgeblichen altersgrenze für jeden monat - ein anteiliger anspruch aus § 48 abs. 1 beamtvg zu.60die höhe ergibt sich aus der differenz zwischen dem eintritt in den ruhestand mit ablauf des monats juni 2012, in dem der kläger sein 62. lebensjahr vollendete, und mit ablauf des monats oktober 2012, in dem die für den kläger geltende gesetzliche regelaltersgrenze greift (§ 31 abs. 2 satz 2 lbg nrw - vollendung des 65. lebensjahres zuzüglich einer anhebung um vier monate).61der daraus zu ermittelnde gesamtanspruch von drei jahren und vier monaten beträgt drei fünftel von 4.091,00 euro (2.454,60 euro), zuzüglich vier zwölftel aus einem fünftel von 4.091,00 euro (272,73 euro), mithin 2.727,73 euro. da dieser anspruch in höhe 2.454,60 euro durch erfüllung erloschen ist und der restbetrag von 272,73 euro nur in höhe von 272,08 euro geltend gemacht wurde, war wie ausgesprochen zu tenorieren.62der geltend gemachte anspruch des klägers auf prozesszinsen, die wie beantragt ab rechtshängigkeit seit dem 21. februar 2013 zu gewähren sind, folgt aus § 291 satz 1 bürgerliches gesetzbuch (bgb) analog.63im rahmen der verpflichtungsklage kann der im verwaltungsprozess obsiegende kläger einen sich aus § 291 satz 1 bgb analog ergebenden anspruch auf prozesszinsen haben. dem steht zunächst § 49 abs. 5 beamtvg nicht entgegen, der einen anspruch auf verzugszinsen für versorgungsbezüge, die nach dem tag der fälligkeit nur zum teil gezahlt werden, ausschließt. damit beinhaltet das fachgesetz aufgrund der ausdrücklichen anknüpfung an den begriff der verzugszinsen keinen ausschluss vom prozesszinsen, die nach dem wortlaut des § 291 satz 1 bgb gerade auch geschuldet sind, wenn kein verzug besteht,64vg düsseldorf, urteil vom 16. januar 2012 - 23 k 1576/10 -.65dem zinsanspruch steht ebenfalls nicht entgegen, dass der kläger im rahmen der verpflichtungsklage keine echte geldschuld im sinne des § 291 satz 1 bgb geltend macht. der geldschuld stehen nämlich bezifferte verpflichtungsansprüche oder solche gleich, aufgrund derer sich eine geldschuld rechnerisch unzweifelhaft ermitteln lässt,66bverwg, urteil vom 28. mai 1998 - 2 c 28.97 -, in: juris (rn. 13).67das ist erfüllt. der geltend gemachte ausgleich lässt sich seiner höhe nach - durch einfache dreisatzrechnung - unmittelbar aus § 48 abs. 1 beamtvg entnehmen, so dass keinerlei zweifel mehr über die weitere rechtsanwendung bestehen,68zu diesem ansatz: bverwg, urteil vom 28. mai 1998 - 2 c 28.97 -, in: juris (rn. 14).69die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo.70die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 abs. 1 satz 1 und abs. 2 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 satz 1 zivilprozessordnung. |
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Die Beklagte begründete den Anstieg des Hebesatzes bis zur Höhe von 600 % mit ihrem Haushaltssanierungsplan zum Zwecke des Schuldenabbaus und die Erhöhung um weitere 20-% Punkte damit, dass sie die Winterdienstgebühren zum Jahresbeginn 2013 abgeschafft habe und die Kosten des Winterdienstes nunmehr über die Grundsteuer B finanziere. 4Mit Bescheid vom 25. Januar 2013 zog die Beklagte die Klägerseite für das Jahr 2013 wegen des Steuerobjektes mit der Einheitswertnummer des Finanzamtes 132-037-3-00436.2 - zur Grundsteuer B in Höhe von 165,29 Euro heran. 5Am 22. Februar 2013 hat der Kläger – wie eine größere Zahl anderer Steuerschuldner auch – Klage gegen die Veranlagung erhoben. Er wendet sich nur insoweit gegen die Heranziehung, als er nach einem Hebesatz von mehr als 510 % veranlagt worden ist. 6Er beanstandet in formeller Hinsicht, dass eine ordnungsgemäß Bekanntmachung der Satzung nicht ersichtlich sei. 7Er macht ferner sinngemäß geltend, dass die Erhöhung materiell-rechtlich nicht den gesetzlichen Anforderungen entspreche, die an eine rechtmäßige Ausübung des Hebesatzrechts zu stellen seien. Die Beklagte habe ihren Beurteilungsspielraum bei der Festlegung des Hebesatzes überschritten. Das Gericht könne sich der Prüfung nicht entziehen, ob dem von der Gemeinde geltend gemachten Finanzbedürfnis eine Misswirtschaft zugrunde liege. Eine Steuer dürfe die Pflichtigen nicht übermäßig belasten. Außerdem widerspreche es Art. 3 Grundgesetz (GG), dass die Grundsteuer B um 90-%-Punkte erhöht worden sei, während andere kommunale Steuern nicht entsprechend erhöht worden seien. Nach dem gemeindehaushaltsrechtlichen „Subsidiaritätsgrundsatz“ habe die Beklagte zudem ihren Finanzbedarf zunächst durch andere Einnahmen, insbesondere Gebühren und Beiträge für ihre Leistungen zu decken, bevor sie Steuern erheben dürfe. Gegen diesen Grundsatz habe die Beklagte insbesondere dadurch verstoßen, dass sie die Finanzierung des Winterdienstes von der bisherigen Gebührenfinanzierung auf eine Steuerfinanzierung umgestellt habe. Warum das OVG NRW der Auffassung sei, dass es der Beklagten bzgl. der Winterdienstkosten freistehe, ob sie sie über Gebühren oder Steuern decken wolle, leuchte auch bei Lektüre der Gesetzesmaterialien zu § 3 Straßenreinigungsgesetz (Landtagsdrucksache 12/2340 vom 1. September 1997) nicht ein; es sei seinerzeit nur darum gegangen, den Gemeinden die Möglichkeit zu eröffnen, Straßenreinigung und Winterdienst den Anliegern auferlegen zu können, und auf die Erhebung von Gebühren, zu der sie vorher verpflichtet waren, verzichten zu dürfen. Die Auffassung des OVG NRW widerspreche dem Gesetzeszweck. Die Umstellung von der Gebührenfinanzierung auf eine Steuerfinanzierung widerspreche auch dem Gleichheitssatz. Denn Eigentümer von Grundstücken an Anliegerstraßen, die ehedem keine Winterdienstgebühren hätten zahlen müssen, weil die Beklagte ihnen keine Winterdienstleistung erbringe, da sie selbst für Straßenreinigung einschließlich Winterdienst ihrer Anliegerstraße verantwortlich seien, müssten nunmehr neben den Kosten für die Reinigung ihrer Straße über die Grundsteuer B zudem einen Anteil an den Kosten des Winterdienstes am allgemeinen Straßennetz tragen. Zudem besage die an den Einheitswert einer Grundbesitzung anknüpfende Bemessungsgrundlage der Grundsteuer nichts über die Intensität der Straßennutzung und die daraus gezogenen Vorteile für ein Grundstück, so dass die Umstellung auch auf sachfremden Erwägungen beruhe. 8Der Kläger beantragt sinngemäß, 9den Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 2013 (Einheitswertnummer des Finanzamtes 132-037-3-00436.2) aufzuheben, soweit die Grundsteuer nach einem Hebesatz von mehr als 510 % des Steuermessbetrages bemessen worden ist. 10Die Beklagte beantragt, 11die Klage abzuweisen. 12Sie tritt der Klagebegründung unter Bezugnahme auf ihren Bescheid entgegen und führt hier bzw. in Verfahren anderer Kläger ergänzend sinngemäß aus: Es existiere keine gesetzlich bestimmte Hebesatz-Obergrenze. Sie dürfe auf ihre Steuerquellen zurückgreifen, um ihrer schwierigen Haushaltslage zu begegnen. Die Verknüpfung der Erhöhung des Grundsteuer-Hebesatzes mit dem Wegfall der Winterdienstgebühr sei nicht zu beanstanden. Nach der jüngeren Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) sei es zulässig, anstelle einer den Winterdienst statt über Gebühren über die Grundsteuer zu finanzieren. 13Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen. 14Entscheidungsgründe: 15Die zulässige Klage ist unbegründet. 16Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ). 17Die Rechtsgrundlage für die Heranziehung zu den Grundsteuern für das Jahr 2013 bilden §§ 1 Abs. 1, 27, 25 und 13 ff. Grundsteuergesetz (GrStG) in Verbindung mit § 1 Nr. 2 der „Satzung über die Festsetzung der Hebesätze der Grundsteuer A und der Grundsteuer B sowie der Gewerbesteuer der Stadt X. (Hebesatzsatzung) vom 19.12.2012“, mit der der Rat der Beklagten u.a. den Hebesatz für die Grundsteuer B für das Haushaltsjahr 2013 beschlossen hat. 18Gemäß §§ 1 Abs. 1, 27, 25 und 13 ff. Grundsteuergesetz (GrStG) bestimmt sich die Höhe der festzusetzenden Grundsteuer nach einer Vervielfältigung des von der über die Erhebung der Steuer entscheidenden Gemeinde festgelegten Hebesatzes mit dem Steuermessbetrag. Der Steuermessbetrag wird für das betroffene Steuerobjekt vom zuständigen Finanzamt ausgehend von dem von ihm festgestellten Einheitswert festgesetzt. Der Feststellungsbescheid über den Einheitswert (§§ 179 Abs. 1 in Verbindung mit § 180 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO)) ist für den (Grund-) Steuermessbescheid (§ 184 AO) ebenso bindend wie der Einheitswertbescheid und der Grundsteuermessbescheid als Grundlagenbescheide für den hier in Rede stehenden Grundsteuerbescheid als Folgebescheid, auch wenn sie noch nicht unanfechtbar sind (§§ 182 Abs. 1 Satz 1, 184 Abs. 1 AO). Infolge dieser Bindung der Gemeinde an die Feststellungen in den Grundlagenbescheiden sind Einwendungen gegen die Bewertung des Grundstücks allein bei dem zuständigen Finanzamt geltend zu machen und können gegenüber dem Steuerbescheid der Gemeinde nicht geltend gemacht werden. 19Die Beklagte hat der Veranlagung der Klägerseite, der das streitgegenständliche Steuerobjekt in den Grundlagenbescheiden zugerechnet ist, zu den Grundsteuern für das Jahr 2013 den letztgültigen, sie bei der Festsetzung bindenden Grundsteuermessbetrag zugrundegelegt, den das zuständige Finanzamt festgestellt hat. Diesen Betrag hat sie mit dem für das Jahr 2013 geltenden Hebesatz vervielfältigt. Dies ist auch unstreitig. 20Die Heranziehung der Klägerseite zu dem sich danach ergebenden Steuerbetrag ist nicht zu beanstanden, weil auch die – hier allein streitige – Festsetzung des Hebesatzes für die Grundsteuer B des Jahres 2013 rechtmäßig ist. Formelle oder materielle Bedenken gegen die Wirksamkeit der Hebesatzsatzung bestehen, soweit das vorliegende Verfahren eine Überprüfung gebietet, nicht. 21Die Hebesatzsatzung begegnet keinen formell-rechtlichen Bedenken. Sie ist gemäß § 4 Abs. 4 bis 6 Gemeindeordnung NRW (GO) in Verbindung mit § 4 Abs. 1 lit. a) der Bekanntmachungsverordnung NW ordnungsgemäß bekannt gemacht, weil sie im Amtsblatt der Stadt X. „Der Stadtbote“, dem gemäß § 4 Abs. 2 Bekanntmachungsverordnung in § 23 Abs. 1 der Hauptsatzung der Beklagten bestimmten Bekanntgabeorgan, und zwar in der Ausgabe Nr. 43/2012 vom 21. Dezember 2012, S. 4 f., veröffentlicht worden ist. Die Satzung und die (vollständige) Bekanntmachungsanordnung im Sinne des § 2 Bekanntmachungsverordnung sind dabei vom Bürgermeister auch in vollem Wortlaut öffentlich bekannt gemacht worden. Dies ergibt sich aus der im Internetauftritt der Beklagten zugänglichen elektronischen Fassung des Amtsblatts; ein Anlass, an der Übereinstimmung der elektronischen mit der gedruckten Fassung des Amtsblatts zu zweifeln, besteht nicht. Ein solcher Anlass ergibt sich auch nicht aus den unsubstantiiert gebliebenen Bedenken der Klägerseite. 22Die Satzung begegnet mit ihrem Hebesatz für die Grundsteuer B auch keinen materiell-rechtlichen Bedenken. 23Die Gemeinde ist nach § 25 Abs. 1 GrStG ermächtigt zu bestimmen, mit welchem Vomhundertsatz des Steuermessbetrages die Grundsteuer zu erheben ist. Die Bestimmung erfolgt gemäß §§ 7, 41 und 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GO durch Satzung des Rates. Die Beklagte hat mit der Bestimmung eines Hebesatzes von 620 % für die Grundsteuer B des Jahres 2013 von dieser Befugnis in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht, denn die Festsetzung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. 24Das durch Art. 106 Abs. 6 Satz 2 Grundgesetz (GG) i.V.m. § 25 Abs. 1 GrStG eingeräumte Hebesatzrecht dient der Sicherung einer angemessenen Finanzausstattung der Gemeinden. Es ermöglicht ihnen, Unterschiede in der Belastung und in der Ergiebigkeit der zugewiesenen Steuerquellen auszugleichen. Die Gemeinden sollen die Möglichkeit haben, ihre Einnahmen durch Anspannung der Grundsteuer (und/oder der ebenfalls ihrem Hebesatzrecht unterliegenden Gewerbesteuer) an den Finanzbedarf anzupassen, um damit angesichts wachsender Haushaltslasten handlungsfähig zu bleiben. 25Vgl. so zum parallelen Fall der in Art. 106 Abs. 6 Satz 2 GG ebenfalls angesprochenen Gewerbesteuer: Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 27. Januar 2010 – 2 BvR 2185/04, BVerfGE 125, 141, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort insbesondere Rdnr. 86, und zur Grundsteuer: Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 27. Oktober 2010 – 8 C 43/09 –, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort insbesondere Rdnr. 16. 26Aufgrund ihrer durch Art. 28 Abs. 2 und 106 Abs. 6 Satz 2 GG verfassungsrechtlich „im Rahmen der Gesetze“ garantierten Selbstverwaltungs- und Steuerhoheit haben die Gemeinden bei der – sich an ihrem Finanzbedarf orientierenden – Festsetzung der Hebesätze durch Satzung einen weitgehenden normgeberischen Spielraum. Sie sind berechtigt, im Rahmen der Gesetze selbst zu entscheiden, in welchem Umfang sie ihren Finanzbedarf über die Grundsteuer (oder anderweitig) decken wollen und welche Höhe der Hebesatz erreichen soll. 27Die gerichtliche Kontrolle von Hebesatzregelungen beschränkt sich vor diesem Hintergrund auf die Vereinbarkeit der (aus dem Konzept der Gemeinde zur Deckung ihres Finanzbedarfs folgenden) Festsetzung mit (einschlägigem) höherrangigem Recht, 28vgl. in diesem Sinne BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 2010 - 8 C 43/09 -, NVwZ 2011, 424; OVG NRW, Urteil vom 22. Juli 2009 – 15 A 2324/07-, KStZ 2009, 190, 29das sich vor allem aus den Vorgaben des Gemeindehaushalts- und Steuerrechts ergibt, soweit es hebesatzrechtlich bedeutsam ist; zudem sind die grundrechtlichen Bindungen hoheitlichen Handelns zu beachten. 30Die Kontrolle umfasst mangels entsprechender rechtlicher Anforderungen an die Hebesatzentscheidung des Rats 31- weder deren Überprüfung nach der Art, der ermessensgeleitete Verwaltungsakte unterliegen (vgl. § 114 VwGO), mit der Folge, dass jeder - vermeintliche - Kalkulationsirrtum als "Ermessensfehler" (vgl. §§ 1 Abs. 2, 5 der Abgabenordnung - AO -) angesehen werden müsste, 32vgl. in diesem Sinne zur Kontrolle satzungsrechtlicher Bemessungsregeln zur Höhe der Vergnügungssteuer: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom 23 . Juni 2010 – 14 A 597/09 –, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort insbesondere Rdnr. 49; für Grundsteuerhebesätze: OVG NRW, Beschluss vom 9. März 2012 – 14 A 73/11 –, 33- noch deren Überprüfung nach Art der Bauleitplanung auf „Abwägungsmängel“. 34Wegen des weiten normgeberischen Entscheidungsspielraums der mit Selbstverwaltungs- und Steuerhoheit ausgestatteten Gemeinde sind die Gerichte bei der inzidenten Prüfung der Rechtmäßigkeit der Hebesatzfestlegung anlässlich der Anfechtung von Steuerbescheiden 35- weder berechtigt, ihre eigenen – oder gar klägerseitig – für sachgerecht gehaltenen Bewertungen an die Stelle der nach Art. 106 Abs. 6 Satz 2 Grundgesetz (GG) i.V.m. § 25 Abs. 1 GrStG und §§ 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, 80 Gemeindeordnung NRW (GO) dem Rat vorbehaltenen Bewertung zu setzen, in welchem Umfang die Gemeinde ihren Finanzbedarf über die Grundsteuer (oder anderweitig) decken sollte, 36- noch sind sie mit Blick auf den weiten Entscheidungsspielraum der Gemeinde bei ihrer Aufgaben- und Haushaltsführung berufen zu entscheiden, ob der Mitteleinsatz, der dem Finanzierungsbedarf zugrunde liegt, als solcher „sinnvoll“ ist, solange kein Verbrauch von öffentlichen Mitteln festzustellen ist, der wirtschaftlich in keinem Fall mehr vertretbar ist und deshalb auch nicht mehr im Rahmen einer ordnungsgemäß, d. h. im Sinne des § 75 Abs. 1 Satz 2 GO NRW wirtschaftlich, effizient und sparsam geführten Verwaltung liegt. 37Vgl. zu letzterer Einschränkung sinngemäß Bay. VGH, Beschluss vom 11. Februar 1976 - Nr. 243 IV 74 -, KStZ 1976, 150 (152 ff.). 38Denn es ist zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des OVG NRW, 39Beschluss vom 26. Oktober 1990 – 15 A 1099/97 –, veröffentlicht u.a. in juris, 40selbst die Aufsichtsbehörde von einem Verstoß gegen den Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit erst ausgehen darf, wenn die Gemeinde ihre Entscheidungsbefugnis in nicht mehr vertretbarer Weise ausgeübt hat. 41Bei Anwendung dieser Maßstäbe ist die Festsetzung eines Hebesatzes von 620 % hier rechtlich nicht zu beanstanden und zwar auch insoweit nicht, als die Erhöhung im Umfang von 20-%-Punkten darauf zurückzuführen ist, dass die Beklagte die Winterdienstgebühren zum Jahresbeginn 2013 abgeschafft hat und die Kosten des Winterdienstes nunmehr über die Einnahmen aus der Grundsteuer B finanziert. Denn der Hebesatz entspricht sowohl den haushaltsrechtlichen Vorgaben, die die Gemeinden bei dessen Festsetzung zu beachten haben (a.), als auch den grundsteuer- oder sonstigen steuerrechtlichen Anforderungen an die Hebesatzbestimmung (b.). 42a. 43(Zu den gemeindehaushaltsrechtlichen Anforderungen) 44Die Gemeinde hat nach dem Gemeindehaushaltsrecht ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer (gesetzlich übertragenen oder freiwillig übernommenen) Aufgaben gesichert ist (§ 75 Abs. 1 Satz 1 Gemeindeordnung NRW (GO)). Sie muss dafür sorgen, dass Erträge und Aufwendungen haushaltsmäßig ausgeglichen sind (§ 75 Abs. 2 GO NRW). Zur Beschaffung der finanziellen Mittel, die dazu erforderlich sind, muss die Gemeinde die ihr zur Verfügung stehenden Einnahmequellen im Rahmen des Möglichen und wirtschaftlich nicht Unzweckmäßigen ausschöpfen; sie kann dabei auch auf Steuern zurückgreifen (§ 77 Abs. 2 GO). Die Haushaltswirtschaft hat sie wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen (§ 75 Abs. 1 Satz 2 GO). Die Gemeinde darf sich nicht überschulden (§ 75 Abs. 7 GO). 45Diesen haushaltsrechtlichen Anforderungen genügt die Hebesatzregelung. 46Es ist nichts dafür ersichtlich, dass eine Überspannung des gemeindlichen Spielraums bei der Hebesatzfestlegung deshalb festzustellen wäre, weil das auf- und ausgabenbezogene Haushaltsgebahren der Beklagten, das ihren zu deckenden Finanzbedarf auslöst, mit Blick auf die Anforderungen an Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung völlig unvertretbar wäre. In diesem Zusammenhang sei mit Blick auf den in einem Teil der sich gegen die Hebesatzentscheidung der Beklagten richtenden Klageverfahren unterschwellig erhobenen Vorwurf der „schuldenhäufenden Misswirtschaft in der Vergangenheit“ darauf hingewiesen, dass es selbstverständlich ist, dass die Gemeinde im betroffenen Haushaltsjahr zu bedienende Schulden aus der Vergangenheit zu erfüllen und die damit verbundenen Ausgaben zu finanzieren hat, und sie daher auch den dadurch ausgelösten Finanzbedarf steuerfinanzieren darf, ohne dass im Nachhinein noch zu prüfen wäre, ob der seinerzeit betriebene Aufwand „nicht mehr vertretbar“ war. 47Dienen daher die Ausgaben, die dem (aktuellen) Haushaltsgebahren zugrunde liegen, nicht zu beanstandenden Zwecken, ist es auch nicht zu beanstanden, wenn die Beklagte ihre Auf- und Ausgaben u.a. über die Grundsteuer finanziert, um ihrer haushaltsrechtlichen Pflicht zu genügen, die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben finanziell zu sichern (§ 75 Abs. 1 Satz 1 GO), einen ausgeglichenen Haushalt zu präsentieren (§ 75 Abs. 2 Satz 1 GO), ohne sich (noch weiter) zu überschulden (§ 75 Abs. 7 GO), und dazu (zumindest) aufwendungsdeckende Erträge zu erreichen (§ 75 Abs. 2 Satz 2 GO). 48Es unterliegt keinen Zweifeln, dass die Hebesatzfestsetzung hier der Erfüllung dieser haushaltsrechtlichen Pflichten, insbesondere der Erzielung aufwendungsdeckender Erträge dient. Die angespannte Haushaltssituation der Beklagten ist allgemeinkundig. Zudem ergibt sich aus den Informationen, die die Beklagte den Grundbesitzabgabenbescheiden 2013 mitgegeben hat, dass die Grundsteueranhebung als Gegenstand des Haushaltssanierungsplans zum Schuldenabbau und zur Finanzierung des Winterdienstes bestimmt ist. 49Es gibt auch insoweit keinen Anlass zu Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Hebesatzes, als dessen Erhöhung wegen 20-%-Punkten darauf zurückzuführen ist, dass die Beklagte die Winterdienstgebühren zum Jahresbeginn 2013 abgeschafft hat und die Kosten des Winterdienstes nunmehr über die Einnahmen aus der Grundsteuer B finanziert. Denn das im landesrechtlichen Gemeindehaushaltswirtschaftsrecht vorgesehene „Subsidiaritätsprinzip“ schränkt das grundsteuerliche Hebesatzrecht der Gemeinde nicht ein. In § 77 Abs. 2 GO ist zwar bestimmt, dass die Gemeinde die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Finanzmittel (1.) soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten für die von ihr erbrachten Leistungen (zu diesen Leistungsentgelten zählen insbesondere Benutzungsgebühren), und (2.) (erst) im Übrigen aus Steuern zu beschaffen hat, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen. Der kompetenzrechtlich zuständige Bundesgesetzgeber (Art. 105 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 6 Satz 1 GG) hat seine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die Grundsteuer in Anspruch genommen und den Gemeinden in Erfüllung des Verfassungsauftrages das Recht zur Festsetzung der Hebesätze eingeräumt (§ 25 Abs. 1 GrStG). Eine Einschränkung des von ihm verliehenen Hebesatzrechtes durch Landes(-haushalts-)recht bedarf daher einer bundesrechtlichen Grundlage (Art. 72 GG). Einen gegenständlich begrenzten bundesrechtlichen Vorbehalt für hebesatzbezogenes Landesrecht enthält § 26 GrStG, der aber nur bestimmte Koppelungsvorschriften (zum Verhältnis der Hebesätze für die Grundsteuer „A“ und „B“ und der Gewerbesteuer zueinander) oder die Festlegung von Höchsthebesätzen zulässt, aber grundsätzlich keinen darüber hinausgehenden Zugriff des Landesgesetzgebers auf die bundesrechtlich geschützte eigenverantwortliche Festlegung des Grundsteuerhebesatzes durch die Gemeinde rechtfertigt, d.h. insbesondere keine „Koppelung“ des Hebesatzes an die vorrangige Ausschöpfung von Leistungsentgelten. In welchem Ausmaß die Gemeinde zur Deckung ihres Finanzbedarfs aus den ihr zur Verfügung stehenden Abgaben- und Steuerquellen schöpfen will, bleibt insofern ihrer Entscheidung überlassen. 50Vgl. in diesem Sinne für das entsprechende gemeindliche Hebesatzrecht für die Gewerbesteuer: BVerwG, Urteil vom 11. Juni 1993 - 8 C 32.90 -, KStZ 1993, 193 ff., veröffentlicht auch in juris; für die Gewerbesteuer hat der Bundesgesetzgeber zwischenzeitlich in § 16 Abs. 4 Satz 2 GewStG auch einen Mindesthebesatz eingeführt, der Gegenstand des o.g. Beschlusses des BVerfG vom 27. Januar 2010 war. 51Die gemeindehaushaltswirtschaftliche Subsidiaritätsregel ist für Steuern, die wie die Grundsteuer der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterliegen, daher verfassungskonform einschränkend dahin auszulegen, dass sie keine verbindlichen Vorgaben für die Ausübung des Hebesatzrechtes durch die Gemeinde machen will, auf die sich etwa der Steuerzahler berufen könnte. 52Vgl. in diesem Sinne auch OVG NRW, Beschluss vom 26. November 2009 – 14 A 131/08 –, u.a. veröffentlicht in juris, s. dort insbesondere Rdnr. 11. 53Abgesehen davon ist für straßenreinigungsrechtliche Zusammenhänge in der Rechtsprechung der für die Straßenreinigungsgebühren und die Grundsteuern zuständigen Senate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen anerkannt, dass die Gemeinden zwischen der Finanzierung der Straßenreinigung durch Gebühren oder durch Steuern wählen können. Die Wahlmöglichkeit rechtfertigt sich daraus, dass alle Straßennutzer innerhalb einer Gemeinde und nicht nur die (allein straßenreinigungsgebührenpflichtigen) Eigentümer/Erbbauberechtigten der durch die von der Gemeinde gereinigten Straßen unmittelbar erschlossenen Grundstücke von der Reinigung der öffentlichen Straßen profitieren; man mag es daher geradezu als Ausdruck der besseren Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgebots betrachten, alle Grundstücksinhaber an den Reinigungskosten des von der Gemeinde gereinigten Straßennetzes zu beteiligen. 54Vgl. in diesem Sinne OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Juli 2003 – 9 A 3207/02 – und vom 26. November 2009 – 14 A 131/08 –, beide u.a. veröffentlicht in juris. 55Der Wahlmöglichkeit steht auch § 3 Abs. 1 Satz 1 Straßenreinigungsgesetz NRW nicht entgegen, da dort lediglich bestimmt ist, dass die Gemeinden für die Straßenreinigung eine Benutzungsgebühr erheben k ö n n e n, also straßenreinigungsrechtlich nicht erheben müssen. 56b. 57(Zu den steuerrechtlichen Anforderungen) 58Die Hebesatzregelung genügt aber auch den steuerrechtlichen Anforderungen einschließlich der bei der Steuernormgebung zu beachtenden grundrechtlichen Bindungen. 59Die Hebesatzregelung hält sich zum einen im Rahmen der speziell dem Grundsteuerrecht zu entnehmenden Anforderungen. 60Einen grundsteuergesetzlich vorgeschriebenen Höchstsatz gibt es nicht, da der Landesgesetzgeber von dieser Möglichkeit nach § 26 GrStG keinen Gebrauch gemacht hat. Auf die Frage, wie hoch die Grundsteuer in anderen Gemeinden ist, kommt es auch nicht an. Die Gemeinden sind weder verpflichtet, sich an die Hebesätze anderer Gemeinden zu halten, noch sind sie an den Landesdurchschnitt der Hebesätze gebunden. 61S. zur Unerheblichkeit des Vergleichs für die Höhe von Abfallgebühren: BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619/83 -, BVerfGE 79, 127, 151 f; die Unerheblichkeit für einen Grundsteuerhebesatz von 590 vom Hundert bestätigend: VG Gelsenkirchen, Urteil 19. Mai 2011 – 5 K 3622/10 -, Gemeindehaushalt, 2011, 167; vgl. auch Troll/Eisele, Grundsteuergesetz, 2010, § 25 Rn. 4. 62Die Frage, ob und in welchem Umfang eine Gemeinde gerade die – hier in Rede stehende – Grundsteuer B als Ertragsquelle oder andere steuerliche Quellen ausschöpfen will, um ihre o.g. haushaltsrechtlichen Ausgleichspflichten zu erfüllen, unterliegt im hier gegebenen Finanzbedarfsfalle ihrer weitgehend freien, allerdings gemäß Art. 3 Abs. 1 GG gleichheitssatzgerecht auszuübenden Beurteilung, die sich nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten richten darf. Denn das Hebesatzrecht nach dem Grundsteuergesetz dient – wie bereits oben dargelegt – der Sicherung einer angemessenen Finanzausstattung der Gemeinden und soll es ihnen ermöglichen, ihre Einnahmen durch Anhebung des Hebesatzes an ihren Finanzbedarf anzupassen sowie Unterschiede in der Belastung und in der Ergiebigkeit der ihnen zugewiesenen Steuerquellen auszugleichen, um auch angesichts wachsender Haushaltslasten handlungsfähig zu bleiben. Aus diesem Zweck des Hebesatzrechts folgt zugleich, dass das Grundsteuergesetz einer Erhöhung des Hebesatzes von einem Jahr auf das andere auch keine „prozentuale Beschränkung“ in dem Sinne auferlegt, dass sich die Erhöhung etwa an einer „allgemeinen Inflationsrate“ oder einer „durchschnittlichen Einkommenssteigerung“ o.ä. zu orientieren hätte. 63Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte sich entschieden hat, ihren (gegebenen, erhöhten) Finanzbedarf durch Anhebung des Hebesatzes der Grundsteuer B auf 620 % zu decken. 64Daran änderte es nichts, wenn die Beklagte sich zur Deckung des erhöhten Finanzbedarfs entschieden hätte, nur den Hebesatz der Grundsteuer B und nicht auch den der Grundsteuer A und/oder den der Gewerbesteuer anzuheben oder eine andere ihr zustehende Steuer zu erhöhen. Anhaltspunkte dafür, dass eine Konzentration ihrer Bemühungen um steuerliche Ertragserhöhungen auf die Grundsteuer B vor dem Gleichheitssatz, der fordert, Gleiches nicht ohne hinreichend gewichtigen Grund ungleich zu behandeln, 65vgl. Jarass/Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz, 12. Auflage, 2012, zu Art. 3 GG, Rdnrn.14 f., m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, 66nicht gerechtfertigt sein könnte, sind nicht ersichtlich. Denn die Entscheidung der Beklagten, ihre verschiedenen Steuerquellen zur Deckung des erhöhten Finanzbedarfs unterschiedlich zu beanspruchen, rechtfertigt sich vor dem Gleichheitssatz mit Blick auf das der Gemeinde nach dem Zweck des Hebesatzrechts zuzugestehende Recht, nach Zweckmäßigkeitserwägungen zu entscheiden, die sich etwa auf Tragkraft und Ergiebigkeit der Steuerquellen oder auf die Abwägung der mit bestimmten Steuererhöhungen verbundenen weiteren Folgen (Stichwort: Gewerbesteuersätze im Umfeld von Standortkonkurrenzen) erstrecken können. Diese Rechtfertigung durch Zweckmäßigkeitsgründe gilt auch insoweit, als anlässlich des Übergangs zur Steuerfinanzierung des Winterdienstes nur die Grundsteuer B, nicht aber auch die Grundsteuer A erhöht worden ist. 67Besteht nach dem oben zu a. Dargelegten kein Nachrang der Grundsteuerfinanzierung gegenüber der Finanzierung aus speziellen Entgelten für erbrachte Leistungen (zu diesen Leistungsentgelten zählen insbesondere Benutzungsgebühren), darf die Beklagte schließlich auch die Frage, ob und in welchem Umfang sie ihren Finanzbedarf aus der Grundsteuer decken will, bevor sie die Finanzierungsmöglichkeit aus speziellen Entgelten ausgeschöpft hat, nach Zweckmäßigkeitserwägungen beantworten. 68Die Hebesatzregelung genügt ferner auch allgemein steuerrechtlichen Anforderungen. 69Auch nach allgemeinen steuerlichen Grundsätzen ist der der Gemeinde durch § 25 Abs. 1 GrStG eingeräumte Entscheidungsspielraum bei der Bestimmung der Höhe des Hebesatzes im Sinne einer steuerlichen Gestaltungsfreiheit weit gespannt, so dass sich der Normgeber (z. B.) von finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen leiten lassen kann. 70Vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Februar 1987, BVerfGE 74, 182, 200. 71Der allgemeine Entscheidungsspielraum des Steuergesetzgebers wird durch das Gebot einer rechtsstaatlichen, grundrechtsgebundenen Steuerpolitik (Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG) begrenzt. Danach darf eine Steuer die Steuerpflichtigen nicht übermäßig belasten und ihre Vermögensverhältnisse nicht grundlegend beeinträchtigen; sie darf also mit anderen Worten nicht zu einer – grundrechtlich unzulässigen (Art. 2 Abs. 1, Art. 12 und/oder Art. 14 GG), konfiskatorischen – „Erdrosselungssteuer“ werden. Diese Anforderung steht einer befürchteten „uferlosen“ Erhöhung des Hebesatzes entgegen. Von einer erdrosselnden Wirkung einer Steuer kann allerdings erst dann gesprochen werden, wenn nicht nur ein einzelner Steuerpflichtiger, sondern die Steuerpflichtigen ganz allgemein unter normalen Umständen die Steuer nicht mehr aufbringen können. Dies ist vorliegend wegen der überschaubaren absoluten Höhe der Grundsteuer nicht anzunehmen. 72Vgl. zu deren Maßgeblichkeit: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. Juni 2005 - 2 S 1313/04 – DStRE 2005, 1224. 73Schließlich geht der festgesetzte Hebesatz entgegen den in einem Teil der gegen ihn gerichteten Klagen klägerseitig erhobenen Rügen des Weiteren auch nicht mit einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) aus sonstigen Gründen einher. 74Denn die Erhebung der Grundsteuer B erfolgt durch die Gemeinde als zuständigem Träger öffentlicher Gewalt innerhalb ihres Gemeindegebietes, das für die Gleichheitsbetrachtung allein maßgeblich ist, nach gleichmäßigen Hebesätzen; nach § 25 Abs. 4 GrStG müssen die Hebesätze der Grundsteuer A (dort Nr. 1) und der Grundsteuer B (dort Nr. 2) nicht einheitlich sein. 75Soweit der Gleichbehandlungsgrundsatz bzgl. des Teils der Erhöhung, der von der Beklagten mit der Umstellung auf die Steuerfinanzierung des Winterdienstes begründet worden ist, verletzt sein soll, weil die Steuerzahler aus der Winterdienstleitung unterschiedlich große Vorteile zögen und die Höhe der „steuerlichen Gegenleistung“ aus bewertungsrechtlichen oder anderen Gründen in keinem näheren Zusammenhang mit dem gewährten Vorteil stünde, es z.T. sogar zu Doppelbelastungen derjenigen Betroffenen käme, denen die Beklagte die Winterdienstleistung für ihre Anliegerstraße selbst auferlegt habe und die sich zudem über die Grundsteuer noch an den allgemeinen Winterdienstkosten beteiligen müssten, geht der der Sache nach auf einen Vergleich der Äquivalenz von „Leistung und Gegenleistung“ gerichtete Einwand gegen die Steuerhöhe fehl. Denn bei einer Finanzierung des Winterdienstes aus allgemeinen Steuermitteln kann sich von vornherein die Frage einer "Gegenleistung" für die Steuerleistung, die der klägerseitigen (Un-)Gleichheitsbetrachtung zugrunde liegt, nicht stellen. Steuern sind nach der Legaldefinition des § 3 Abs. 1 Abgabenordnung (AO), die nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 2 AO für die Grundsteuer entsprechend gilt, Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft. Dass durch eine allgemeine Steuerfinanzierung einer Aufgabe andere als die – nach Maßgabe ihrer über die jeweilige Steuerbemessung erfassten Leistungsfähigkeit – belasteten Steuerpflichtigen selbst begünstigt werden, wie es etwa im Rahmen von gezielten Förderungsmaßnahmen geschieht, entspricht dabei durchaus dem Üblichen. 76Vgl. in diesem Sinne OVG NRW, Beschlüsse vom 17. Juli 2003 – 9 A 3207/02 – und vom 26. November 2009 – 14 A 131/08 –, beide u.a. veröffentlicht in juris. 77Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 78Die Berufung war nicht zuzulassen, weil die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder 4 VwGO nicht vorliegen (§ 124 a Abs. 1 VwGO). 79Beschluss: 80Der Wert des Streitgegenstandes wird auf bis zu 300.- Euro festgesetzt. 81Gründe: 82Die Festsetzung des Streitwertes erfolgt nach § 52 Abs. 3 GKG (Mindestgebührenstufe). | die klage wird abgewiesen. der kläger trägt die kosten des verfahrens. die kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. der kläger darf die vollstreckung durch leistung einer sicherheit oder hinterlegung in höhe von 110 % des aufgrund des urteils vollstreckbaren betrages abwenden, wenn nicht die beklagte vor der vollstreckung sicherheit in höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden betrages leistet. 1 | 2die beteiligten streiten im zusammenhang mit der veranlagung der klägerseite zu grundsteuern über die frage der rechtmäßigkeit des durch den rat der beklagten für das jahr 2013 festgelegten hebesatzes der grundsteuer b. 3dem streit liegt zugrunde, dass der rat der beklagten den hebesatz, der bis zum jahre 2010 490 % des steuermessbetrages betragen hatte und sich seit dem jahre 2011 auf 510 % des steuermessbetrages belief, für das jahr 2013 auf 620 % des steuermessbetrages erhöht hat. die beklagte begründete den anstieg des hebesatzes bis zur höhe von 600 % mit ihrem haushaltssanierungsplan zum zwecke des schuldenabbaus und die erhöhung um weitere 20-% punkte damit, dass sie die winterdienstgebühren zum jahresbeginn 2013 abgeschafft habe und die kosten des winterdienstes nunmehr über die grundsteuer b finanziere. 4mit bescheid vom 25. januar 2013 zog die beklagte die klägerseite für das jahr 2013 wegen des steuerobjektes mit der einheitswertnummer des finanzamtes 132-037-3-00436.2 - zur grundsteuer b in höhe von 165,29 euro heran. 5am 22. februar 2013 hat der kläger – wie eine größere zahl anderer steuerschuldner auch – klage gegen die veranlagung erhoben. er wendet sich nur insoweit gegen die heranziehung, als er nach einem hebesatz von mehr als 510 % veranlagt worden ist. 6er beanstandet in formeller hinsicht, dass eine ordnungsgemäß bekanntmachung der satzung nicht ersichtlich sei. 7er macht ferner sinngemäß geltend, dass die erhöhung materiell-rechtlich nicht den gesetzlichen anforderungen entspreche, die an eine rechtmäßige ausübung des hebesatzrechts zu stellen seien. die beklagte habe ihren beurteilungsspielraum bei der festlegung des hebesatzes überschritten. das gericht könne sich der prüfung nicht entziehen, ob dem von der gemeinde geltend gemachten finanzbedürfnis eine misswirtschaft zugrunde liege. eine steuer dürfe die pflichtigen nicht übermäßig belasten. außerdem widerspreche es art. 3 grundgesetz (gg), dass die grundsteuer b um 90-%-punkte erhöht worden sei, während andere kommunale steuern nicht entsprechend erhöht worden seien. nach dem gemeindehaushaltsrechtlichen „subsidiaritätsgrundsatz“ habe die beklagte zudem ihren finanzbedarf zunächst durch andere einnahmen, insbesondere gebühren und beiträge für ihre leistungen zu decken, bevor sie steuern erheben dürfe. gegen diesen grundsatz habe die beklagte insbesondere dadurch verstoßen, dass sie die finanzierung des winterdienstes von der bisherigen gebührenfinanzierung auf eine steuerfinanzierung umgestellt habe. warum das ovg nrw der auffassung sei, dass es der beklagten bzgl. der winterdienstkosten freistehe, ob sie sie über gebühren oder steuern decken wolle, leuchte auch bei lektüre der gesetzesmaterialien zu § 3 straßenreinigungsgesetz (landtagsdrucksache 12/2340 vom 1. september 1997) nicht ein; es sei seinerzeit nur darum gegangen, den gemeinden die möglichkeit zu eröffnen, straßenreinigung und winterdienst den anliegern auferlegen zu können, und auf die erhebung von gebühren, zu der sie vorher verpflichtet waren, verzichten zu dürfen. die auffassung des ovg nrw widerspreche dem gesetzeszweck. die umstellung von der gebührenfinanzierung auf eine steuerfinanzierung widerspreche auch dem gleichheitssatz. denn eigentümer von grundstücken an anliegerstraßen, die ehedem keine winterdienstgebühren hätten zahlen müssen, weil die beklagte ihnen keine winterdienstleistung erbringe, da sie selbst für straßenreinigung einschließlich winterdienst ihrer anliegerstraße verantwortlich seien, müssten nunmehr neben den kosten für die reinigung ihrer straße über die grundsteuer b zudem einen anteil an den kosten des winterdienstes am allgemeinen straßennetz tragen. zudem besage die an den einheitswert einer grundbesitzung anknüpfende bemessungsgrundlage der grundsteuer nichts über die intensität der straßennutzung und die daraus gezogenen vorteile für ein grundstück, so dass die umstellung auch auf sachfremden erwägungen beruhe. 8der kläger beantragt sinngemäß, 9den bescheid der beklagten vom 25. januar 2013 (einheitswertnummer des finanzamtes 132-037-3-00436.2) aufzuheben, soweit die grundsteuer nach einem hebesatz von mehr als 510 % des steuermessbetrages bemessen worden ist. 10die beklagte beantragt, 11die klage abzuweisen. 12sie tritt der klagebegründung unter bezugnahme auf ihren bescheid entgegen und führt hier bzw. in verfahren anderer kläger ergänzend sinngemäß aus: es existiere keine gesetzlich bestimmte hebesatz-obergrenze. sie dürfe auf ihre steuerquellen zurückgreifen, um ihrer schwierigen haushaltslage zu begegnen. die verknüpfung der erhöhung des grundsteuer-hebesatzes mit dem wegfall der winterdienstgebühr sei nicht zu beanstanden. nach der jüngeren rechtsprechung des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw) sei es zulässig, anstelle einer den winterdienst statt über gebühren über die grundsteuer zu finanzieren. 13wegen des sach- und streitstandes im übrigen wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge der beklagten bezug genommen. 14 | 15die zulässige klage ist unbegründet. 16der angefochtene bescheid ist rechtmäßig und verletzt den kläger nicht in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 verwaltungsgerichtsordnung (vwgo) ). 17die rechtsgrundlage für die heranziehung zu den grundsteuern für das jahr 2013 bilden §§ 1 abs. 1, 27, 25 und 13 ff. grundsteuergesetz (grstg) in verbindung mit § 1 nr. 2 der „satzung über die festsetzung der hebesätze der grundsteuer a und der grundsteuer b sowie der gewerbesteuer der stadt x. (hebesatzsatzung) vom 19.12.2012“, mit der der rat der beklagten u.a. den hebesatz für die grundsteuer b für das haushaltsjahr 2013 beschlossen hat. 18gemäß §§ 1 abs. 1, 27, 25 und 13 ff. grundsteuergesetz (grstg) bestimmt sich die höhe der festzusetzenden grundsteuer nach einer vervielfältigung des von der über die erhebung der steuer entscheidenden gemeinde festgelegten hebesatzes mit dem steuermessbetrag. der steuermessbetrag wird für das betroffene steuerobjekt vom zuständigen finanzamt ausgehend von dem von ihm festgestellten einheitswert festgesetzt. der feststellungsbescheid über den einheitswert (§§ 179 abs. 1 in verbindung mit § 180 abs. 1 nr. 1 abgabenordnung (ao)) ist für den (grund-) steuermessbescheid (§ 184 ao) ebenso bindend wie der einheitswertbescheid und der grundsteuermessbescheid als grundlagenbescheide für den hier in rede stehenden grundsteuerbescheid als folgebescheid, auch wenn sie noch nicht unanfechtbar sind (§§ 182 abs. 1 satz 1, 184 abs. 1 ao). infolge dieser bindung der gemeinde an die feststellungen in den grundlagenbescheiden sind einwendungen gegen die bewertung des grundstücks allein bei dem zuständigen finanzamt geltend zu machen und können gegenüber dem steuerbescheid der gemeinde nicht geltend gemacht werden. 19die beklagte hat der veranlagung der klägerseite, der das streitgegenständliche steuerobjekt in den grundlagenbescheiden zugerechnet ist, zu den grundsteuern für das jahr 2013 den letztgültigen, sie bei der festsetzung bindenden grundsteuermessbetrag zugrundegelegt, den das zuständige finanzamt festgestellt hat. diesen betrag hat sie mit dem für das jahr 2013 geltenden hebesatz vervielfältigt. dies ist auch unstreitig. 20die heranziehung der klägerseite zu dem sich danach ergebenden steuerbetrag ist nicht zu beanstanden, weil auch die – hier allein streitige – festsetzung des hebesatzes für die grundsteuer b des jahres 2013 rechtmäßig ist. formelle oder materielle bedenken gegen die wirksamkeit der hebesatzsatzung bestehen, soweit das vorliegende verfahren eine überprüfung gebietet, nicht. 21die hebesatzsatzung begegnet keinen formell-rechtlichen bedenken. sie ist gemäß § 4 abs. 4 bis 6 gemeindeordnung nrw (go) in verbindung mit § 4 abs. 1 lit. a) der bekanntmachungsverordnung nw ordnungsgemäß bekannt gemacht, weil sie im amtsblatt der stadt x. „der stadtbote“, dem gemäß § 4 abs. 2 bekanntmachungsverordnung in § 23 abs. 1 der hauptsatzung der beklagten bestimmten bekanntgabeorgan, und zwar in der ausgabe nr. 43/2012 vom 21. dezember 2012, s. 4 f., veröffentlicht worden ist. die satzung und die (vollständige) bekanntmachungsanordnung im sinne des § 2 bekanntmachungsverordnung sind dabei vom bürgermeister auch in vollem wortlaut öffentlich bekannt gemacht worden. dies ergibt sich aus der im internetauftritt der beklagten zugänglichen elektronischen fassung des amtsblatts; ein anlass, an der übereinstimmung der elektronischen mit der gedruckten fassung des amtsblatts zu zweifeln, besteht nicht. ein solcher anlass ergibt sich auch nicht aus den unsubstantiiert gebliebenen bedenken der klägerseite. 22die satzung begegnet mit ihrem hebesatz für die grundsteuer b auch keinen materiell-rechtlichen bedenken. 23die gemeinde ist nach § 25 abs. 1 grstg ermächtigt zu bestimmen, mit welchem vomhundertsatz des steuermessbetrages die grundsteuer zu erheben ist. die bestimmung erfolgt gemäß §§ 7, 41 und 78 abs. 2 satz 1 nr. 4 go durch satzung des rates. die beklagte hat mit der bestimmung eines hebesatzes von 620 % für die grundsteuer b des jahres 2013 von dieser befugnis in rechtlich nicht zu beanstandender weise gebrauch gemacht, denn die festsetzung verstößt nicht gegen höherrangiges recht. 24das durch art. 106 abs. 6 satz 2 grundgesetz (gg) i.v.m. § 25 abs. 1 grstg eingeräumte hebesatzrecht dient der sicherung einer angemessenen finanzausstattung der gemeinden. es ermöglicht ihnen, unterschiede in der belastung und in der ergiebigkeit der zugewiesenen steuerquellen auszugleichen. die gemeinden sollen die möglichkeit haben, ihre einnahmen durch anspannung der grundsteuer (und/oder der ebenfalls ihrem hebesatzrecht unterliegenden gewerbesteuer) an den finanzbedarf anzupassen, um damit angesichts wachsender haushaltslasten handlungsfähig zu bleiben. 25vgl. so zum parallelen fall der in art. 106 abs. 6 satz 2 gg ebenfalls angesprochenen gewerbesteuer: bundesverfassungsgericht (bverfg), beschluss vom 27. januar 2010 – 2 bvr 2185/04, bverfge 125, 141, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort insbesondere rdnr. 86, und zur grundsteuer: bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 27. oktober 2010 – 8 c 43/09 –, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort insbesondere rdnr. 16. 26aufgrund ihrer durch art. 28 abs. 2 und 106 abs. 6 satz 2 gg verfassungsrechtlich „im rahmen der gesetze“ garantierten selbstverwaltungs- und steuerhoheit haben die gemeinden bei der – sich an ihrem finanzbedarf orientierenden – festsetzung der hebesätze durch satzung einen weitgehenden normgeberischen spielraum. sie sind berechtigt, im rahmen der gesetze selbst zu entscheiden, in welchem umfang sie ihren finanzbedarf über die grundsteuer (oder anderweitig) decken wollen und welche höhe der hebesatz erreichen soll. 27die gerichtliche kontrolle von hebesatzregelungen beschränkt sich vor diesem hintergrund auf die vereinbarkeit der (aus dem konzept der gemeinde zur deckung ihres finanzbedarfs folgenden) festsetzung mit (einschlägigem) höherrangigem recht, 28vgl. in diesem sinne bverwg, beschluss vom 27. oktober 2010 - 8 c 43/09 -, nvwz 2011, 424; ovg nrw, urteil vom 22. juli 2009 – 15 a 2324/07-, kstz 2009, 190, 29das sich vor allem aus den vorgaben des gemeindehaushalts- und steuerrechts ergibt, soweit es hebesatzrechtlich bedeutsam ist; zudem sind die grundrechtlichen bindungen hoheitlichen handelns zu beachten. 30die kontrolle umfasst mangels entsprechender rechtlicher anforderungen an die hebesatzentscheidung des rats 31- weder deren überprüfung nach der art, der ermessensgeleitete verwaltungsakte unterliegen (vgl. § 114 vwgo), mit der folge, dass jeder - vermeintliche - kalkulationsirrtum als "ermessensfehler" (vgl. §§ 1 abs. 2, 5 der abgabenordnung - ao -) angesehen werden müsste, 32vgl. in diesem sinne zur kontrolle satzungsrechtlicher bemessungsregeln zur höhe der vergnügungssteuer: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nrw), urteil vom 23 . juni 2010 – 14 a 597/09 –, veröffentlicht u.a. in juris, s. dort insbesondere rdnr. 49; für grundsteuerhebesätze: ovg nrw, beschluss vom 9. märz 2012 – 14 a 73/11 –, 33- noch deren überprüfung nach art der bauleitplanung auf „abwägungsmängel“. 34wegen des weiten normgeberischen entscheidungsspielraums der mit selbstverwaltungs- und steuerhoheit ausgestatteten gemeinde sind die gerichte bei der inzidenten prüfung der rechtmäßigkeit der hebesatzfestlegung anlässlich der anfechtung von steuerbescheiden 35- weder berechtigt, ihre eigenen – oder gar klägerseitig – für sachgerecht gehaltenen bewertungen an die stelle der nach art. 106 abs. 6 satz 2 grundgesetz (gg) i.v.m. § 25 abs. 1 grstg und §§ 78 abs. 2 satz 1 nr. 4, 80 gemeindeordnung nrw (go) dem rat vorbehaltenen bewertung zu setzen, in welchem umfang die gemeinde ihren finanzbedarf über die grundsteuer (oder anderweitig) decken sollte, 36- noch sind sie mit blick auf den weiten entscheidungsspielraum der gemeinde bei ihrer aufgaben- und haushaltsführung berufen zu entscheiden, ob der mitteleinsatz, der dem finanzierungsbedarf zugrunde liegt, als solcher „sinnvoll“ ist, solange kein verbrauch von öffentlichen mitteln festzustellen ist, der wirtschaftlich in keinem fall mehr vertretbar ist und deshalb auch nicht mehr im rahmen einer ordnungsgemäß, d. h. im sinne des § 75 abs. 1 satz 2 go nrw wirtschaftlich, effizient und sparsam geführten verwaltung liegt. 37vgl. zu letzterer einschränkung sinngemäß bay. vgh, beschluss vom 11. februar 1976 - nr. 243 iv 74 -, kstz 1976, 150 (152 ff.). 38denn es ist zu beachten, dass nach der rechtsprechung des ovg nrw, 39beschluss vom 26. oktober 1990 – 15 a 1099/97 –, veröffentlicht u.a. in juris, 40selbst die aufsichtsbehörde von einem verstoß gegen den grundsatz der sparsamkeit und wirtschaftlichkeit erst ausgehen darf, wenn die gemeinde ihre entscheidungsbefugnis in nicht mehr vertretbarer weise ausgeübt hat. 41bei anwendung dieser maßstäbe ist die festsetzung eines hebesatzes von 620 % hier rechtlich nicht zu beanstanden und zwar auch insoweit nicht, als die erhöhung im umfang von 20-%-punkten darauf zurückzuführen ist, dass die beklagte die winterdienstgebühren zum jahresbeginn 2013 abgeschafft hat und die kosten des winterdienstes nunmehr über die einnahmen aus der grundsteuer b finanziert. denn der hebesatz entspricht sowohl den haushaltsrechtlichen vorgaben, die die gemeinden bei dessen festsetzung zu beachten haben (a.), als auch den grundsteuer- oder sonstigen steuerrechtlichen anforderungen an die hebesatzbestimmung (b.). 42a. 43(zu den gemeindehaushaltsrechtlichen anforderungen) 44die gemeinde hat nach dem gemeindehaushaltsrecht ihre haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige erfüllung ihrer (gesetzlich übertragenen oder freiwillig übernommenen) aufgaben gesichert ist (§ 75 abs. 1 satz 1 gemeindeordnung nrw (go)). sie muss dafür sorgen, dass erträge und aufwendungen haushaltsmäßig ausgeglichen sind (§ 75 abs. 2 go nrw). zur beschaffung der finanziellen mittel, die dazu erforderlich sind, muss die gemeinde die ihr zur verfügung stehenden einnahmequellen im rahmen des möglichen und wirtschaftlich nicht unzweckmäßigen ausschöpfen; sie kann dabei auch auf steuern zurückgreifen (§ 77 abs. 2 go). die haushaltswirtschaft hat sie wirtschaftlich, effizient und sparsam zu führen (§ 75 abs. 1 satz 2 go). die gemeinde darf sich nicht überschulden (§ 75 abs. 7 go). 45diesen haushaltsrechtlichen anforderungen genügt die hebesatzregelung. 46es ist nichts dafür ersichtlich, dass eine überspannung des gemeindlichen spielraums bei der hebesatzfestlegung deshalb festzustellen wäre, weil das auf- und ausgabenbezogene haushaltsgebahren der beklagten, das ihren zu deckenden finanzbedarf auslöst, mit blick auf die anforderungen an sparsamkeit und wirtschaftlichkeit der haushaltsführung völlig unvertretbar wäre. in diesem zusammenhang sei mit blick auf den in einem teil der sich gegen die hebesatzentscheidung der beklagten richtenden klageverfahren unterschwellig erhobenen vorwurf der „schuldenhäufenden misswirtschaft in der vergangenheit“ darauf hingewiesen, dass es selbstverständlich ist, dass die gemeinde im betroffenen haushaltsjahr zu bedienende schulden aus der vergangenheit zu erfüllen und die damit verbundenen ausgaben zu finanzieren hat, und sie daher auch den dadurch ausgelösten finanzbedarf steuerfinanzieren darf, ohne dass im nachhinein noch zu prüfen wäre, ob der seinerzeit betriebene aufwand „nicht mehr vertretbar“ war. 47dienen daher die ausgaben, die dem (aktuellen) haushaltsgebahren zugrunde liegen, nicht zu beanstandenden zwecken, ist es auch nicht zu beanstanden, wenn die beklagte ihre auf- und ausgaben u.a. über die grundsteuer finanziert, um ihrer haushaltsrechtlichen pflicht zu genügen, die stetige erfüllung ihrer aufgaben finanziell zu sichern (§ 75 abs. 1 satz 1 go), einen ausgeglichenen haushalt zu präsentieren (§ 75 abs. 2 satz 1 go), ohne sich (noch weiter) zu überschulden (§ 75 abs. 7 go), und dazu (zumindest) aufwendungsdeckende erträge zu erreichen (§ 75 abs. 2 satz 2 go). 48es unterliegt keinen zweifeln, dass die hebesatzfestsetzung hier der erfüllung dieser haushaltsrechtlichen pflichten, insbesondere der erzielung aufwendungsdeckender erträge dient. die angespannte haushaltssituation der beklagten ist allgemeinkundig. zudem ergibt sich aus den informationen, die die beklagte den grundbesitzabgabenbescheiden 2013 mitgegeben hat, dass die grundsteueranhebung als gegenstand des haushaltssanierungsplans zum schuldenabbau und zur finanzierung des winterdienstes bestimmt ist. 49es gibt auch insoweit keinen anlass zu zweifeln an der rechtmäßigkeit des hebesatzes, als dessen erhöhung wegen 20-%-punkten darauf zurückzuführen ist, dass die beklagte die winterdienstgebühren zum jahresbeginn 2013 abgeschafft hat und die kosten des winterdienstes nunmehr über die einnahmen aus der grundsteuer b finanziert. denn das im landesrechtlichen gemeindehaushaltswirtschaftsrecht vorgesehene „subsidiaritätsprinzip“ schränkt das grundsteuerliche hebesatzrecht der gemeinde nicht ein. in § 77 abs. 2 go ist zwar bestimmt, dass die gemeinde die zur erfüllung ihrer aufgaben erforderlichen finanzmittel (1.) soweit vertretbar und geboten aus speziellen entgelten für die von ihr erbrachten leistungen (zu diesen leistungsentgelten zählen insbesondere benutzungsgebühren), und (2.) (erst) im übrigen aus steuern zu beschaffen hat, soweit die sonstigen finanzmittel nicht ausreichen. der kompetenzrechtlich zuständige bundesgesetzgeber (art. 105 abs. 2 in verbindung mit art. 106 abs. 6 satz 1 gg) hat seine konkurrierende gesetzgebungskompetenz für die grundsteuer in anspruch genommen und den gemeinden in erfüllung des verfassungsauftrages das recht zur festsetzung der hebesätze eingeräumt (§ 25 abs. 1 grstg). eine einschränkung des von ihm verliehenen hebesatzrechtes durch landes(-haushalts-)recht bedarf daher einer bundesrechtlichen grundlage (art. 72 gg). einen gegenständlich begrenzten bundesrechtlichen vorbehalt für hebesatzbezogenes landesrecht enthält § 26 grstg, der aber nur bestimmte koppelungsvorschriften (zum verhältnis der hebesätze für die grundsteuer „a“ und „b“ und der gewerbesteuer zueinander) oder die festlegung von höchsthebesätzen zulässt, aber grundsätzlich keinen darüber hinausgehenden zugriff des landesgesetzgebers auf die bundesrechtlich geschützte eigenverantwortliche festlegung des grundsteuerhebesatzes durch die gemeinde rechtfertigt, d.h. insbesondere keine „koppelung“ des hebesatzes an die vorrangige ausschöpfung von leistungsentgelten. in welchem ausmaß die gemeinde zur deckung ihres finanzbedarfs aus den ihr zur verfügung stehenden abgaben- und steuerquellen schöpfen will, bleibt insofern ihrer entscheidung überlassen. 50vgl. in diesem sinne für das entsprechende gemeindliche hebesatzrecht für die gewerbesteuer: bverwg, urteil vom 11. juni 1993 - 8 c 32.90 -, kstz 1993, 193 ff., veröffentlicht auch in juris; für die gewerbesteuer hat der bundesgesetzgeber zwischenzeitlich in § 16 abs. 4 satz 2 gewstg auch einen mindesthebesatz eingeführt, der gegenstand des o.g. beschlusses des bverfg vom 27. januar 2010 war. 51die gemeindehaushaltswirtschaftliche subsidiaritätsregel ist für steuern, die wie die grundsteuer der gesetzgebungskompetenz des bundes unterliegen, daher verfassungskonform einschränkend dahin auszulegen, dass sie keine verbindlichen vorgaben für die ausübung des hebesatzrechtes durch die gemeinde machen will, auf die sich etwa der steuerzahler berufen könnte. 52vgl. in diesem sinne auch ovg nrw, beschluss vom 26. november 2009 – 14 a 131/08 –, u.a. veröffentlicht in juris, s. dort insbesondere rdnr. 11. 53abgesehen davon ist für straßenreinigungsrechtliche zusammenhänge in der rechtsprechung der für die straßenreinigungsgebühren und die grundsteuern zuständigen senate des oberverwaltungsgerichts für das land nordrhein-westfalen anerkannt, dass die gemeinden zwischen der finanzierung der straßenreinigung durch gebühren oder durch steuern wählen können. die wahlmöglichkeit rechtfertigt sich daraus, dass alle straßennutzer innerhalb einer gemeinde und nicht nur die (allein straßenreinigungsgebührenpflichtigen) eigentümer/erbbauberechtigten der durch die von der gemeinde gereinigten straßen unmittelbar erschlossenen grundstücke von der reinigung der öffentlichen straßen profitieren; man mag es daher geradezu als ausdruck der besseren berücksichtigung des gleichbehandlungsgebots betrachten, alle grundstücksinhaber an den reinigungskosten des von der gemeinde gereinigten straßennetzes zu beteiligen. 54vgl. in diesem sinne ovg nrw, beschlüsse vom 17. juli 2003 – 9 a 3207/02 – und vom 26. november 2009 – 14 a 131/08 –, beide u.a. veröffentlicht in juris. 55der wahlmöglichkeit steht auch § 3 abs. 1 satz 1 straßenreinigungsgesetz nrw nicht entgegen, da dort lediglich bestimmt ist, dass die gemeinden für die straßenreinigung eine benutzungsgebühr erheben k ö n n e n, also straßenreinigungsrechtlich nicht erheben müssen. 56b. 57(zu den steuerrechtlichen anforderungen) 58die hebesatzregelung genügt aber auch den steuerrechtlichen anforderungen einschließlich der bei der steuernormgebung zu beachtenden grundrechtlichen bindungen. 59die hebesatzregelung hält sich zum einen im rahmen der speziell dem grundsteuerrecht zu entnehmenden anforderungen. 60einen grundsteuergesetzlich vorgeschriebenen höchstsatz gibt es nicht, da der landesgesetzgeber von dieser möglichkeit nach § 26 grstg keinen gebrauch gemacht hat. auf die frage, wie hoch die grundsteuer in anderen gemeinden ist, kommt es auch nicht an. die gemeinden sind weder verpflichtet, sich an die hebesätze anderer gemeinden zu halten, noch sind sie an den landesdurchschnitt der hebesätze gebunden. 61s. zur unerheblichkeit des vergleichs für die höhe von abfallgebühren: bverfg, beschluss vom 23. november 1988 - 2 bvr 1619/83 -, bverfge 79, 127, 151 f; die unerheblichkeit für einen grundsteuerhebesatz von 590 vom hundert bestätigend: vg gelsenkirchen, urteil 19. mai 2011 – 5 k 3622/10 -, gemeindehaushalt, 2011, 167; vgl. auch troll/eisele, grundsteuergesetz, 2010, § 25 rn. 4. 62die frage, ob und in welchem umfang eine gemeinde gerade die – hier in rede stehende – grundsteuer b als ertragsquelle oder andere steuerliche quellen ausschöpfen will, um ihre o.g. haushaltsrechtlichen ausgleichspflichten zu erfüllen, unterliegt im hier gegebenen finanzbedarfsfalle ihrer weitgehend freien, allerdings gemäß art. 3 abs. 1 gg gleichheitssatzgerecht auszuübenden beurteilung, die sich nach zweckmäßigkeitsgesichtspunkten richten darf. denn das hebesatzrecht nach dem grundsteuergesetz dient – wie bereits oben dargelegt – der sicherung einer angemessenen finanzausstattung der gemeinden und soll es ihnen ermöglichen, ihre einnahmen durch anhebung des hebesatzes an ihren finanzbedarf anzupassen sowie unterschiede in der belastung und in der ergiebigkeit der ihnen zugewiesenen steuerquellen auszugleichen, um auch angesichts wachsender haushaltslasten handlungsfähig zu bleiben. aus diesem zweck des hebesatzrechts folgt zugleich, dass das grundsteuergesetz einer erhöhung des hebesatzes von einem jahr auf das andere auch keine „prozentuale beschränkung“ in dem sinne auferlegt, dass sich die erhöhung etwa an einer „allgemeinen inflationsrate“ oder einer „durchschnittlichen einkommenssteigerung“ o.ä. zu orientieren hätte. 63vor diesem hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass die beklagte sich entschieden hat, ihren (gegebenen, erhöhten) finanzbedarf durch anhebung des hebesatzes der grundsteuer b auf 620 % zu decken. 64daran änderte es nichts, wenn die beklagte sich zur deckung des erhöhten finanzbedarfs entschieden hätte, nur den hebesatz der grundsteuer b und nicht auch den der grundsteuer a und/oder den der gewerbesteuer anzuheben oder eine andere ihr zustehende steuer zu erhöhen. anhaltspunkte dafür, dass eine konzentration ihrer bemühungen um steuerliche ertragserhöhungen auf die grundsteuer b vor dem gleichheitssatz, der fordert, gleiches nicht ohne hinreichend gewichtigen grund ungleich zu behandeln, 65vgl. jarass/pieroth, kommentar zum grundgesetz, 12. auflage, 2012, zu art. 3 gg, rdnrn.14 f., m.w.n. aus der rechtsprechung des bundesverfassungsgerichts, 66nicht gerechtfertigt sein könnte, sind nicht ersichtlich. denn die entscheidung der beklagten, ihre verschiedenen steuerquellen zur deckung des erhöhten finanzbedarfs unterschiedlich zu beanspruchen, rechtfertigt sich vor dem gleichheitssatz mit blick auf das der gemeinde nach dem zweck des hebesatzrechts zuzugestehende recht, nach zweckmäßigkeitserwägungen zu entscheiden, die sich etwa auf tragkraft und ergiebigkeit der steuerquellen oder auf die abwägung der mit bestimmten steuererhöhungen verbundenen weiteren folgen (stichwort: gewerbesteuersätze im umfeld von standortkonkurrenzen) erstrecken können. diese rechtfertigung durch zweckmäßigkeitsgründe gilt auch insoweit, als anlässlich des übergangs zur steuerfinanzierung des winterdienstes nur die grundsteuer b, nicht aber auch die grundsteuer a erhöht worden ist. 67besteht nach dem oben zu a. dargelegten kein nachrang der grundsteuerfinanzierung gegenüber der finanzierung aus speziellen entgelten für erbrachte leistungen (zu diesen leistungsentgelten zählen insbesondere benutzungsgebühren), darf die beklagte schließlich auch die frage, ob und in welchem umfang sie ihren finanzbedarf aus der grundsteuer decken will, bevor sie die finanzierungsmöglichkeit aus speziellen entgelten ausgeschöpft hat, nach zweckmäßigkeitserwägungen beantworten. 68die hebesatzregelung genügt ferner auch allgemein steuerrechtlichen anforderungen. 69auch nach allgemeinen steuerlichen grundsätzen ist der der gemeinde durch § 25 abs. 1 grstg eingeräumte entscheidungsspielraum bei der bestimmung der höhe des hebesatzes im sinne einer steuerlichen gestaltungsfreiheit weit gespannt, so dass sich der normgeber (z. b.) von finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen erwägungen leiten lassen kann. 70vgl. bverfg, urteil vom 10. februar 1987, bverfge 74, 182, 200. 71der allgemeine entscheidungsspielraum des steuergesetzgebers wird durch das gebot einer rechtsstaatlichen, grundrechtsgebundenen steuerpolitik (art. 1 abs. 3, art. 20 abs. 3 gg) begrenzt. danach darf eine steuer die steuerpflichtigen nicht übermäßig belasten und ihre vermögensverhältnisse nicht grundlegend beeinträchtigen; sie darf also mit anderen worten nicht zu einer – grundrechtlich unzulässigen (art. 2 abs. 1, art. 12 und/oder art. 14 gg), konfiskatorischen – „erdrosselungssteuer“ werden. diese anforderung steht einer befürchteten „uferlosen“ erhöhung des hebesatzes entgegen. von einer erdrosselnden wirkung einer steuer kann allerdings erst dann gesprochen werden, wenn nicht nur ein einzelner steuerpflichtiger, sondern die steuerpflichtigen ganz allgemein unter normalen umständen die steuer nicht mehr aufbringen können. dies ist vorliegend wegen der überschaubaren absoluten höhe der grundsteuer nicht anzunehmen. 72vgl. zu deren maßgeblichkeit: vgh baden-württemberg, beschluss vom 27. juni 2005 - 2 s 1313/04 – dstre 2005, 1224. 73schließlich geht der festgesetzte hebesatz entgegen den in einem teil der gegen ihn gerichteten klagen klägerseitig erhobenen rügen des weiteren auch nicht mit einer verletzung des gleichbehandlungsgrundsatzes (art. 3 abs. 1 gg) aus sonstigen gründen einher. 74denn die erhebung der grundsteuer b erfolgt durch die gemeinde als zuständigem träger öffentlicher gewalt innerhalb ihres gemeindegebietes, das für die gleichheitsbetrachtung allein maßgeblich ist, nach gleichmäßigen hebesätzen; nach § 25 abs. 4 grstg müssen die hebesätze der grundsteuer a (dort nr. 1) und der grundsteuer b (dort nr. 2) nicht einheitlich sein. 75soweit der gleichbehandlungsgrundsatz bzgl. des teils der erhöhung, der von der beklagten mit der umstellung auf die steuerfinanzierung des winterdienstes begründet worden ist, verletzt sein soll, weil die steuerzahler aus der winterdienstleitung unterschiedlich große vorteile zögen und die höhe der „steuerlichen gegenleistung“ aus bewertungsrechtlichen oder anderen gründen in keinem näheren zusammenhang mit dem gewährten vorteil stünde, es z.t. sogar zu doppelbelastungen derjenigen betroffenen käme, denen die beklagte die winterdienstleistung für ihre anliegerstraße selbst auferlegt habe und die sich zudem über die grundsteuer noch an den allgemeinen winterdienstkosten beteiligen müssten, geht der der sache nach auf einen vergleich der äquivalenz von „leistung und gegenleistung“ gerichtete einwand gegen die steuerhöhe fehl. denn bei einer finanzierung des winterdienstes aus allgemeinen steuermitteln kann sich von vornherein die frage einer "gegenleistung" für die steuerleistung, die der klägerseitigen (un-)gleichheitsbetrachtung zugrunde liegt, nicht stellen. steuern sind nach der legaldefinition des § 3 abs. 1 abgabenordnung (ao), die nach § 1 abs. 2 nr. 1 i.v.m. § 3 abs. 2 ao für die grundsteuer entsprechend gilt, geldleistungen, die nicht eine gegenleistung für eine besondere leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen gemeinwesen zur erzielung von einnahmen allen auferlegt werden, bei denen der tatbestand zutrifft, an den das gesetz die leistungspflicht knüpft. dass durch eine allgemeine steuerfinanzierung einer aufgabe andere als die – nach maßgabe ihrer über die jeweilige steuerbemessung erfassten leistungsfähigkeit – belasteten steuerpflichtigen selbst begünstigt werden, wie es etwa im rahmen von gezielten förderungsmaßnahmen geschieht, entspricht dabei durchaus dem üblichen. 76vgl. in diesem sinne ovg nrw, beschlüsse vom 17. juli 2003 – 9 a 3207/02 – und vom 26. november 2009 – 14 a 131/08 –, beide u.a. veröffentlicht in juris. 77die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo; die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo, §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 78die berufung war nicht zuzulassen, weil die gründe des § 124 abs. 2 nr. 3 oder 4 vwgo nicht vorliegen (§ 124 a abs. 1 vwgo). 79beschluss: 80der wert des streitgegenstandes wird auf bis zu 300.- euro festgesetzt. 81gründe: 82die festsetzung des streitwertes erfolgt nach § 52 abs. 3 gkg (mindestgebührenstufe). |
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} | S 28 SB 825/12 | 2013-08-08T00:00:00 | Urteil | Tenor Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 1Tatbestand: 2Die Klägerin wendet sich gegen die Reduzierung des bei ihr festgestellten Grades der Behinderung (GdB) von 50 auf nunmehr 30. 3Mit Bescheid vom 22.02.2008 hatte der Beklagte bei der Klägerin einen GdB von 50 festgestellt. Dabei ging er von folgenden Gesundheitsbeeinträchtigungen aus: 4 51. Teilverlust der Schilddrüse bei Gewebeneubildung 7/2005 62. Verlust der linken Nebenniere bei Gewebeneubildung 7/2005 73. Halswirbelsäulen- und Schulter-Arm-Syndrom, Funktionseinschränkung der rechten Schulter 8Unter dem 06.06.2011 hörte der Beklagte die Klägerin an und teilte mit, dass ausweislich der von den die Klägerin behandelnden Ärzten eingeholten Befundberichten bei der Klägerin nunmehr von einem GdB von unter 20 auszugehen sei. Denn hinsichtlich des Teilverlustes der Schilddrüse sei zwischenzeitlich Heilungsbewährung eingetreten. Rückfälle seien nicht aufgetreten. Mit Bescheid vom 12.07.2011 stellte der Beklagte sodann fest, dass der GdB bei der Klägerin mit weniger als 20 festzustellen sei. Dem hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin half der Beklagte mit „Abhilfebescheid“ vom 05.10.2011 ab und stellte bei der Klägerin nunmehr einen GdB von 30 fest. Er stellte folgende Gesundheitsbeeinträchtigungen fest: 9 101. Erkrankung des rheumatischen Formenkreises 112. Teilverlust der Schilddrüse 123. Verlust der linken Nebenniere 134. Halswirbelsäulen- und Schulter-Arm-Syndrom, Funktionseinschränkung der rechten Schulter 14Den weitergehenden Widerspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2012 als unbegründet zurück. 15Hiergegen richtet sich die vorliegende Klage, mit welcher die Klägerin die Beibehaltung des bei ihr festgestellten GdB von 50 begehrt. 16Sie vertritt die Auffassung, eine wesentliche Änderung ihres Gesundheitszustandes sei nicht eingetreten. Bei ihr sein ein Gesamt-GdB von mindestens 50 festzustellen, wobei auf das Funktionssystem Stoffwechsel ein GdB von 60, auf das Funktionssystem Arme ein GdB von 50, auf das Funktionssystem Rumpf ein GdB von 30, auf das Funktionssystem Gehirn und Psyche ein GdB von 30 sowie auf das Funktionssystem Beine ein GdB von 20 entfalle. 17Die Klägerin beantragt, 18den Bescheid des Beklagten vom 12.07.2011 in der Fassung des Bescheides vom 05.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2012 aufzuheben. 19Der Beklagte beantragt, 20die Klage abzuweisen. 21Er hält an seiner Auffassung aus Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren fest. 22Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Facharztes für Innere Medizin Dr. N1 vom 11.01.2013 sowie des Orthopäden Dr. N2 vom 20.02.2013. Auf den Inhalt der Sachverständigengutachten wird Bezug genommen und verwiesen. Im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten Bezug genommen. Sämtliche Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 23Entscheidungsgründe: 24Die Klage ist zulässig aber nicht begründet. 25Der Bescheid des Beklagten vom 12.07.2011 in der Fassung des Teil-Abhilfebescheides vom 05.10.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2012 ist nicht rechtswidrig und beschwert die Klägerin nicht. Diese hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von mehr als 30. 26Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist eine isolierte Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 SGG gegen einen belastenden Verwaltungsakt. Bei der hier erhobenen Anfechtungsklage bezieht sich die Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids am 12.04.2012 (vgl. BSG – Urteil vom 18. September 2003, B 9 SB 6/02 R mit weiteren Hinweisen zur Rechtsprechung 27Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Insbesondere ist die nach § 24 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) erforderliche Anhörung zu einer beabsichtigten Herabsetzung des Grads der Behinderung auf zunächst weniger als 20 mit Schreiben vom 06.06.2011 erfolgt. Einer weiteren Anhörung bedurfte es nicht. 28Ihre materielle Ermächtigungsgrundlage finden die von der Klägerin angefochtenen Bescheide in § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Als wesentliche Änderung des Gesundheitszustandes gilt, wobei dies sowohl hinsichtlich der Besserung als auch Verschlechterung anzunehmen ist, jedenfalls eine Veränderung, die es erforderlich macht, den Gesamtgrad der Behinderung um mindestens 10 anzuheben oder abzusenken. 29Auf der Grundlage von § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Beklagte wirksam den Bescheid vom 22.02.2008 aufgehoben und mit Bescheid vom 05.10.2011 schließlich einen GdB von 30 festgestellt. Die bei der Klägerin nach Ablauf der Heilungsbewährung zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vorliegenden Funktionseinschränkungen rechtfertigen nach diesem Maßstab nur noch einen GdB von 30. 30Rechtsgrundlage für die Feststellung des GdB ist § 69 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX). Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden hiernach gemäß § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX als Grad der Behinderung nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Die Maßstäbe des § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) und die aufgrund des § 30 Abs. 17 BVG erlassenen Rechtsverordnung gelten entsprechend. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Verteidigung von der Verordnungsermächtigung im § 30 Abs. 17 BVG Gebrauch gemacht und mit Wirkung zum 01.01.2009 die Verordnung zur Durchführung des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizinverordnung – VersMedV - ) erlassen. In der Anlage zu § 2 VersMedV sind die auch für die Feststellung des Grades der Behinderung maßgeblichen Grundsätze und Kriterien festgelegt. 31Der GdB der Klägerin ist nach den vorstehenden Grundsätzen mit 30 zutreffend bewertet. Die Kammer stützt sich insoweit auf die ausführlichen und in sich schlüssigen Ausführungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. N1 und Dr. N2 in deren Gutachten. 32Nach den Feststellungen des Internisten Dr. N1 ist auf internistischem Fachgebiert bei der Klägerin zu diagnostizieren: 33 341. Z.n. Adrenalektomie auf der linken Seite bei Nebennierenkrzinom 352. Z.n. partieller Schilddrüsenresektion mit substituierter Hypothyreose 36Der Sachverständige hat ausgeführt, dass die Klägerin in Bezug auf diese Gesundheitsstörungen beschwerdefrei ist. In den letzten sieben Jahren sei in der Tumornachsorge kein pathologischer Befund auffällig geworden. Alleine bestehe bei der Klägerin die Sorge nach einem Tumorrezidiv. Auf der Basis der VersMedV ergeben sich daher die Empfehlungen des Sachverständigen für einen GdB von jeweils 10 (nach Ablauf der Heilungsbewährung). 37Der Sachverständige Dr. N2 stellt folgende Diagnosen: 38 391. Verschleiß der mittleren und unteren Halswirbelsäule mit anhaltendem Nacken-Schulter-Arm-Syndrom rechtsseitig 402. Verschleiß des linken Kniegelenks 41Es handelt sich bei Punkt 1 um einen Wirbelsäulenschaden mit geringen funktionellen Auswirkungen, für welchen die VersMedV einen GdB von 10 vorsieht (18.9.). Punkt 2 der Diagnoseauflistung auf orthopädischem Gebiet betrifft die unteren Gliedmaßen, mithin das linke Knie. Dort liegen Verschleißerscheinungen vor, die mit einem GdB von 10 zu belegen sind bei fehlenden Bewegungseinschränkungen nach den Feststellungen des Sachverständigen (VersMedV 18.14.). 42Eine Rheumaerkrankung konnte der Sachverständige nicht nachweisen, da keine erhöhten Laborwerte nachweisbar waren, die auf eine entzündliche Veränderung hindeuten könnten. 43Die Kammer hat keine Zweifel daran, den Feststellungen der Sachverständigen zu diesem Zeitpunkt zu folgen. Es handelt sich um erfahrene Sachverständige, deren Gutachten in sich schlüssig begründet und in der gebotenen Ausführlichkeit begründet sind. 44Bei der Ermittlung des Gesamt-GdB dürfen die Einzel-GdB gemäß Teil A, Ziffer 3 a der Anlagen zu § 2 VersMedV nicht addiert werden. Maßgebend sind vielmehr die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen in Ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen zueinander. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen die dem höchsten Einzel-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird. 45Unter Beachtung diese Darlegungen ist der Gesamt-GdB bei der Klägerin mit 10 zu bemessen, da lediglich Einzel-GdB von 10 vorliegen. Eine höhere Bewertung kommt nicht in Betracht. 46Soweit die Klägerin die Auffassung vertritt, es habe ein weiteres Sachverständigengutachten auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet eingeholt werden müssen, überzeugt dies die Kammer nicht. Hiergegen spricht zum einen, dass die Klägerin selbst auf diesem medizinischen Fachgebiet ihren GdB mit 30 zutreffend bewertet sieht, vgl. Klageschrift. Nicht hat die Klägerin behauptet, dargelegt oder gar Beweis dafür angeboten, dass der Einzel-GdB auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet mit einem höheren Wert als 30 zu bewerten sein könnte bzw. eine Erkrankung vorliegen könnte, welche einen höheren GdB für dieses Funktionssystem bedingte. Für diesen Fall, hätte die Kammer sich möglicherweise veranlasst gesehen, ein weiteres Gutachten auf diesem Fachgebiet einzuholen. Nicht jedoch sieht sich die Kammer zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen veranlasst, wenn – selbst für den Fall, dass die eigenen Angaben der Klägerin zuträfen, ein Einzel-GdB von 30 also zutreffend wäre – dies nichts an der Gesamt-GdB- Bewertung ändern könnte, da dieser sodann immer noch 30 betrüge und die angefochtenen Bescheide rechtmäßig blieben. 47Zudem verkennt die Klägerin, dass sich die Kammer auch deswegen nicht zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen veranlasst gesehen hat, weil aus dem von der Klägerin übersandten Fragebogen zur Person eindeutig hervorgeht, dass zumindest seit 2002 keine neurologische, geschweige denn eine psychiatrische Behandlung stattgefunden hat. Die Andeutung des Sachverständigen Dr. N2 in dessen Gutachten, auf welche die Klägerin Bezug nimmt, vermag hieran nichts zu ändern. Denn auch auf die explizite Nachfrage durch den Vorsitzenden (Vfg. vom 09.07.2013) konnte nur ermittelt werden, dass sich die Klägerin einmal bei einem Psychiater vorgestellt haben will. Selbst hierüber wurden aber keine Belege beigebracht. Eine weitergehende Befragung der Klägerin konnte nicht erfolgen, da sie um die Entbindung von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen gebeten hatte – dies allerdings unter Vorlage medizinischer Atteste. 48Die Klage konnte keine Aussicht auf Erfolg haben. 49Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. 50Rechtsmittelbelehrung: 51Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. 52Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim 53Landessozialgericht 54Nordrhein-Westfalen, 55Zweigertstraße 54, 5645130 Essen, 57schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. 58Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem 59Sozialgericht Köln, 60An den Dominikanern 2, 6150668 Köln, 62schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. 63Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben. 64Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. 65Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Köln schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen. 66Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war. 67Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat. 68Coltro 69Richter am Sozialgericht | die klage wird abgewiesen. außergerichtliche kosten sind nicht zu erstatten. 1 | 2die klägerin wendet sich gegen die reduzierung des bei ihr festgestellten grades der behinderung (gdb) von 50 auf nunmehr 30. 3mit bescheid vom 22.02.2008 hatte der beklagte bei der klägerin einen gdb von 50 festgestellt. dabei ging er von folgenden gesundheitsbeeinträchtigungen aus: 4 51. teilverlust der schilddrüse bei gewebeneubildung 7/2005 62. verlust der linken nebenniere bei gewebeneubildung 7/2005 73. halswirbelsäulen- und schulter-arm-syndrom, funktionseinschränkung der rechten schulter 8unter dem 06.06.2011 hörte der beklagte die klägerin an und teilte mit, dass ausweislich der von den die klägerin behandelnden ärzten eingeholten befundberichten bei der klägerin nunmehr von einem gdb von unter 20 auszugehen sei. denn hinsichtlich des teilverlustes der schilddrüse sei zwischenzeitlich heilungsbewährung eingetreten. rückfälle seien nicht aufgetreten. mit bescheid vom 12.07.2011 stellte der beklagte sodann fest, dass der gdb bei der klägerin mit weniger als 20 festzustellen sei. dem hiergegen erhobenen widerspruch der klägerin half der beklagte mit „abhilfebescheid“ vom 05.10.2011 ab und stellte bei der klägerin nunmehr einen gdb von 30 fest. er stellte folgende gesundheitsbeeinträchtigungen fest: 9 101. erkrankung des rheumatischen formenkreises 112. teilverlust der schilddrüse 123. verlust der linken nebenniere 134. halswirbelsäulen- und schulter-arm-syndrom, funktionseinschränkung der rechten schulter 14den weitergehenden widerspruch der klägerin wies der beklagte mit widerspruchsbescheid vom 12.04.2012 als unbegründet zurück. 15hiergegen richtet sich die vorliegende klage, mit welcher die klägerin die beibehaltung des bei ihr festgestellten gdb von 50 begehrt. 16sie vertritt die auffassung, eine wesentliche änderung ihres gesundheitszustandes sei nicht eingetreten. bei ihr sein ein gesamt-gdb von mindestens 50 festzustellen, wobei auf das funktionssystem stoffwechsel ein gdb von 60, auf das funktionssystem arme ein gdb von 50, auf das funktionssystem rumpf ein gdb von 30, auf das funktionssystem gehirn und psyche ein gdb von 30 sowie auf das funktionssystem beine ein gdb von 20 entfalle. 17die klägerin beantragt, 18den bescheid des beklagten vom 12.07.2011 in der fassung des bescheides vom 05.10.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.04.2012 aufzuheben. 19der beklagte beantragt, 20die klage abzuweisen. 21er hält an seiner auffassung aus verwaltungs- und widerspruchsverfahren fest. 22das gericht hat beweis erhoben durch einholung eines sachverständigengutachtens des facharztes für innere medizin dr. n1 vom 11.01.2013 sowie des orthopäden dr. n2 vom 20.02.2013. auf den inhalt der sachverständigengutachten wird bezug genommen und verwiesen. im übrigen wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der die klägerin betreffenden verwaltungsakten bezug genommen. sämtliche akten waren gegenstand der mündlichen verhandlung. 23 | 24die klage ist zulässig aber nicht begründet. 25der bescheid des beklagten vom 12.07.2011 in der fassung des teil-abhilfebescheides vom 05.10.2011 in der gestalt des widerspruchsbescheides vom 12.04.2012 ist nicht rechtswidrig und beschwert die klägerin nicht. diese hat keinen anspruch auf feststellung eines gdb von mehr als 30. 26gegenstand des vorliegenden rechtsstreits ist eine isolierte anfechtungsklage gemäß § 54 abs. 1 sgg gegen einen belastenden verwaltungsakt. bei der hier erhobenen anfechtungsklage bezieht sich die prüfung der rechtmäßigkeit der angefochtenen bescheide auf die sach- und rechtslage zum zeitpunkt des widerspruchsbescheids am 12.04.2012 (vgl. bsg – urteil vom 18. september 2003, b 9 sb 6/02 r mit weiteren hinweisen zur rechtsprechung 27die angefochtenen bescheide sind formell rechtmäßig. insbesondere ist die nach § 24 des zehnten buchs des sozialgesetzbuchs sozialverwaltungsverfahren und sozialdatenschutz (sgb x) erforderliche anhörung zu einer beabsichtigten herabsetzung des grads der behinderung auf zunächst weniger als 20 mit schreiben vom 06.06.2011 erfolgt. einer weiteren anhörung bedurfte es nicht. 28ihre materielle ermächtigungsgrundlage finden die von der klägerin angefochtenen bescheide in § 48 abs. 1 satz 1 sgb x. danach ist ein verwaltungsakt mit dauerwirkung für die zukunft aufzuheben, wenn in den tatsächlichen oder rechtlichen verhältnissen, die bei seinem erlass vorgelegen haben, eine wesentliche änderung eingetreten ist. als wesentliche änderung des gesundheitszustandes gilt, wobei dies sowohl hinsichtlich der besserung als auch verschlechterung anzunehmen ist, jedenfalls eine veränderung, die es erforderlich macht, den gesamtgrad der behinderung um mindestens 10 anzuheben oder abzusenken. 29auf der grundlage von § 48 abs. 1 satz 1 sgb x hat der beklagte wirksam den bescheid vom 22.02.2008 aufgehoben und mit bescheid vom 05.10.2011 schließlich einen gdb von 30 festgestellt. die bei der klägerin nach ablauf der heilungsbewährung zum zeitpunkt des erlasses des widerspruchsbescheides vorliegenden funktionseinschränkungen rechtfertigen nach diesem maßstab nur noch einen gdb von 30. 30rechtsgrundlage für die feststellung des gdb ist § 69 sozialgesetzbuch neuntes buch (sgb ix). die auswirkungen auf die teilhabe am leben in der gesellschaft werden hiernach gemäß § 69 abs. 1 satz 4 sgb ix als grad der behinderung nach 10er graden abgestuft festgestellt. die maßstäbe des § 30 abs. 1 des bundesversorgungsgesetzes (bvg) und die aufgrund des § 30 abs. 17 bvg erlassenen rechtsverordnung gelten entsprechend. das bundesministerium für arbeit und soziales hat im einvernehmen mit dem bundesministerium für verteidigung von der verordnungsermächtigung im § 30 abs. 17 bvg gebrauch gemacht und mit wirkung zum 01.01.2009 die verordnung zur durchführung des § 1 abs. 1 und 3, des § 30 abs. 1 und des § 35 abs. 1 bvg (versorgungsmedizinverordnung – versmedv - ) erlassen. in der anlage zu § 2 versmedv sind die auch für die feststellung des grades der behinderung maßgeblichen grundsätze und kriterien festgelegt. 31der gdb der klägerin ist nach den vorstehenden grundsätzen mit 30 zutreffend bewertet. die kammer stützt sich insoweit auf die ausführlichen und in sich schlüssigen ausführungen der gerichtlich bestellten sachverständigen dr. n1 und dr. n2 in deren gutachten. 32nach den feststellungen des internisten dr. n1 ist auf internistischem fachgebiert bei der klägerin zu diagnostizieren: 33 341. z.n. adrenalektomie auf der linken seite bei nebennierenkrzinom 352. z.n. partieller schilddrüsenresektion mit substituierter hypothyreose 36der sachverständige hat ausgeführt, dass die klägerin in bezug auf diese gesundheitsstörungen beschwerdefrei ist. in den letzten sieben jahren sei in der tumornachsorge kein pathologischer befund auffällig geworden. alleine bestehe bei der klägerin die sorge nach einem tumorrezidiv. auf der basis der versmedv ergeben sich daher die empfehlungen des sachverständigen für einen gdb von jeweils 10 (nach ablauf der heilungsbewährung). 37der sachverständige dr. n2 stellt folgende diagnosen: 38 391. verschleiß der mittleren und unteren halswirbelsäule mit anhaltendem nacken-schulter-arm-syndrom rechtsseitig 402. verschleiß des linken kniegelenks 41es handelt sich bei punkt 1 um einen wirbelsäulenschaden mit geringen funktionellen auswirkungen, für welchen die versmedv einen gdb von 10 vorsieht (18.9.). punkt 2 der diagnoseauflistung auf orthopädischem gebiet betrifft die unteren gliedmaßen, mithin das linke knie. dort liegen verschleißerscheinungen vor, die mit einem gdb von 10 zu belegen sind bei fehlenden bewegungseinschränkungen nach den feststellungen des sachverständigen (versmedv 18.14.). 42eine rheumaerkrankung konnte der sachverständige nicht nachweisen, da keine erhöhten laborwerte nachweisbar waren, die auf eine entzündliche veränderung hindeuten könnten. 43die kammer hat keine zweifel daran, den feststellungen der sachverständigen zu diesem zeitpunkt zu folgen. es handelt sich um erfahrene sachverständige, deren gutachten in sich schlüssig begründet und in der gebotenen ausführlichkeit begründet sind. 44bei der ermittlung des gesamt-gdb dürfen die einzel-gdb gemäß teil a, ziffer 3 a der anlagen zu § 2 versmedv nicht addiert werden. maßgebend sind vielmehr die auswirkungen der einzelnen funktionsbeeinträchtigungen in ihrer gesamtheit unter berücksichtigung ihrer wechselseitigen beziehungen zueinander. bei der beurteilung des gesamt-gdb ist in der regel von der funktionsbeeinträchtigung auszugehen die dem höchsten einzel-gdb bedingt und dann im hinblick auf alle weiteren funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das ausmaß der behinderung größer wird. 45unter beachtung diese darlegungen ist der gesamt-gdb bei der klägerin mit 10 zu bemessen, da lediglich einzel-gdb von 10 vorliegen. eine höhere bewertung kommt nicht in betracht. 46soweit die klägerin die auffassung vertritt, es habe ein weiteres sachverständigengutachten auf neurologisch-psychiatrischem fachgebiet eingeholt werden müssen, überzeugt dies die kammer nicht. hiergegen spricht zum einen, dass die klägerin selbst auf diesem medizinischen fachgebiet ihren gdb mit 30 zutreffend bewertet sieht, vgl. klageschrift. nicht hat die klägerin behauptet, dargelegt oder gar beweis dafür angeboten, dass der einzel-gdb auf neurologisch-psychiatrischem fachgebiet mit einem höheren wert als 30 zu bewerten sein könnte bzw. eine erkrankung vorliegen könnte, welche einen höheren gdb für dieses funktionssystem bedingte. für diesen fall, hätte die kammer sich möglicherweise veranlasst gesehen, ein weiteres gutachten auf diesem fachgebiet einzuholen. nicht jedoch sieht sich die kammer zu weiteren ermittlungen von amts wegen veranlasst, wenn – selbst für den fall, dass die eigenen angaben der klägerin zuträfen, ein einzel-gdb von 30 also zutreffend wäre – dies nichts an der gesamt-gdb- bewertung ändern könnte, da dieser sodann immer noch 30 betrüge und die angefochtenen bescheide rechtmäßig blieben. 47zudem verkennt die klägerin, dass sich die kammer auch deswegen nicht zu weiteren ermittlungen von amts wegen veranlasst gesehen hat, weil aus dem von der klägerin übersandten fragebogen zur person eindeutig hervorgeht, dass zumindest seit 2002 keine neurologische, geschweige denn eine psychiatrische behandlung stattgefunden hat. die andeutung des sachverständigen dr. n2 in dessen gutachten, auf welche die klägerin bezug nimmt, vermag hieran nichts zu ändern. denn auch auf die explizite nachfrage durch den vorsitzenden (vfg. vom 09.07.2013) konnte nur ermittelt werden, dass sich die klägerin einmal bei einem psychiater vorgestellt haben will. selbst hierüber wurden aber keine belege beigebracht. eine weitergehende befragung der klägerin konnte nicht erfolgen, da sie um die entbindung von der verpflichtung zum persönlichen erscheinen gebeten hatte – dies allerdings unter vorlage medizinischer atteste. 48die klage konnte keine aussicht auf erfolg haben. 49die kostenentscheidung beruht auf § 193 sgg. 50rechtsmittelbelehrung: 51dieses urteil kann mit der berufung angefochten werden. 52die berufung ist innerhalb eines monats nach zustellung des urteils beim 53landessozialgericht 54nordrhein-westfalen, 55zweigertstraße 54, 5645130 essen, 57schriftlich oder mündlich zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle einzulegen. 58die berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die berufung innerhalb der frist bei dem 59sozialgericht köln, 60an den dominikanern 2, 6150668 köln, 62schriftlich oder mündlich zur niederschrift des urkundsbeamten der geschäftsstelle eingelegt wird. 63die berufungsschrift muss bis zum ablauf der frist bei einem der vorgenannten gerichte eingegangen sein. sie soll das angefochtene urteil bezeichnen, einen bestimmten antrag enthalten und die zur begründung dienenden tatsachen und beweismittel angeben. 64zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem beteiligten auf seinen antrag für das verfahren vor dem landessozialgericht unter bestimmten voraussetzungen prozesskostenhilfe bewilligt werden kann. 65gegen das urteil steht den beteiligten die revision zum bundessozialgericht unter übergehung der berufungsinstanz zu, wenn der gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem sozialgericht auf antrag durch beschluss zugelassen wird. der antrag auf zulassung der revision ist innerhalb eines monats nach zustellung des urteils bei dem sozialgericht köln schriftlich zu stellen. die zustimmung des gegners ist dem antrag beizufügen. 66lehnt das sozialgericht den antrag auf zulassung der revision durch beschluss ab, so beginnt mit der zustellung dieser entscheidung der lauf der berufungsfrist von neuem, sofern der antrag auf zulassung der revision in der gesetzlichen form und frist gestellt und die zustimmungserklärung des gegners beigefügt war. 67die einlegung der revision und die zustimmung des gegners gelten als verzicht auf die berufung, wenn das sozialgericht die revision zugelassen hat. 68coltro 69richter am sozialgericht |
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} | 8 U 12/99 | 1999-09-20T00:00:00 | Urteil | Tenor 1Tatbestand: 2Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 31.07.1998 gefaßten Beschlüsse, die die Einziehung der von dem Kläger gehaltenen Geschäftsanteile zum Gegenstand hatten. 3Der Kläger ist Alleinerbe seines am 05.11.1997 verstorbenen 4Vaters P. 5Die Beklagte wurde im Jahr 1979 als eine Familien-GmbH gegründet. Gründungsgesellschafter waren der derzeitige Geschäftsführer der Beklagten, seine damalige Ehefrau und sein Sohn, der verstorbene Vater des Klägers. 6Zuletzt hielt der Vater des Klägers vom Stammkapital der Beklagten in Höhe von 50.000,00 DM Geschäftsanteile in Höhe von 23.200,00 DM und 1.800,00 DM; weitere Geschäftsanteile im Wert von insgesamt ebenfalls 25.000,00 DM hielt der jetzige Gesellschaftergeschäftsführer W. 7Im Jahr 1984 heiratete P die Mutter des Klägers. Im zeitlichen Zusammenhang mit dieser Eheschließung schlossen der Geschäftsführer der Beklagten, W, und sein Sohn P am 04.09.1984 einen Erbvertrag vor dem Notar Dr.O in R (UR-Nr. ), in dem sie sich gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. 8Im Jahr 1994 reichte die Mutter des Klägers die Scheidung ein. 9Nach dem Tod des Vaters des Klägers am 05.11.1997 schlug der Geschäftsführer der Beklagten, W, die Erbschaft aus, weil er wegen der Zugewinnauseinandersetzung eine Überschuldung des Nachlasses vermutete. Erbe seines Vaters wurde sodann der Kläger. 10Auf Betreiben des Gesellschaftergeschäftsführers der Beklagten wurde am 31.07.1998 eine Gesellschafterversammlung abgehalten. 11Punkt 5) der Tagesordnung lautete: 12Einziehung der von dem Gesellschafter J im Erbgang nach seinem Vater P nunmehr gehaltenen Geschäftsanteile im Nominalbetrag von 23.200,00 DM und 1.800,00 DM unter Bezugnahme auf § 11 Abs.3 in Verbindung mit § 5 des Gesellschaftervertrages gegen eine nach § 13 des Gesellschaftervertrages zu ermittelnde Abfindung. 13Die dabei hier interessierende Regelung in § 5 des Gesellschaftsvertrages lautet: 14§ 5 15Einziehung von Geschäftsanteilen Die Gesellschafter können die Einziehung von Geschäftsanteilen eines Gesellschafters ohne dessen Zustimmung beschließen wenn a) ... b) der Gesellschafter verstirbt und seine Gesellschaftsrechte kraft Gesetzes oder durch Verfügung von Todes wegen nicht auf einen anderen Gesellschafter oder eheliche Abkömmlinge eines Gründergesellschafters übergehen; c) ... Die Beschlußfassung über die Einziehung erfolgt mit einfacher Stimmenmehrheit. Der betroffene Gesellschafter hat hierbei kein Stimmrecht. Statt der Einziehung kann die Gesellschaft nach entsprechender Beschlußfassung der Gesellschafter verlangen, daß der Geschäftanteil ganz oder teilweise von ihr erworben oder auf von ihr benannten Gesellschafter oder dritte Personen übertragen wird. 16§ 11 des Gesellschaftsvertrages lautet demgegenüber auszugs- 17weise: 18§ 11 Erbfolge 19Geht der Gesellschaftsanteil eines Gesellschafters von Todes wegen über, so ist der Erwerber des Geschäftsanteils verpflichtet, innerhalb von 6 Monaten seit Erbfall alle Gesellschafter schriftlich von diesem Erwerb zu unterrichten. Der bzw. die Erben/Vermächtnisnehmer sind verpflichtet, den übergegangenen Geschäftsanteil den verbleibenden Gesellschaftern zu einem nach § 13 des Gesellschaftsvertrages zu ermittelnden Preis zum Kauf anzubieten. Erfüllt der Gesellschafter, welcher seinen Geschäftsanteil von Todes wegen erworben hat, die vorstehende Verpflichtung nicht binnen einer durch die Gesellschaft schriftlich gesetzten Frist von 2 Monaten, so wird sein Geschäftsanteil eingezogen. Die Einziehung erfolgt gemäß § 5 des Gesellschaftsvertrages. Das Erwerbsrecht steht den Gesellschaftern in dem Verhältnis zu, in welchem die Nennbeträge der von ihnen gehaltenen Geschäftsanteile zueinander stehen. Falls mehrere Erwerbsberechtigte ihr Erwerbsrecht ausüben, so ist der Geschäftsanteil entsprechend zu teilen. ... Der Geschäftsanteil gewährt kein Stimmrecht, solange das Erwerbsverfahren nicht abgeschlossen ist. 20Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die als Anlage 2 zur Klage eingereichte Kopie des Gesellschaftsvertrages(Bl.12 bis 23 GA) sowie auf die als Anlage 3 eingereichte Kopie der Tagesordnung der Gesellschafterversammlung per 31.Juli 1998 (Bl.24 f GA) verwiesen. 21In der Gesellschafterversammlung am 31.07.1998 wurden der Gesellschaftergeschäftsführer W von Rechtsanwalt Dr. R aus M und der Kläger von Rechtsanwalt Dr.G aus R vertreten; Rechtsanwalt Dr.R stimmte für die Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers, Rechtsanwalt Dr.G stimmte als Vertreter des Klägers dagegen. 22Mit Schreiben vom 07.08.1998 zeigte der Geschäftsführer der Beklagten dem Vertreter des Klägers, Rechtsanwalt Dr.G, an, daß er als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Beklagten die Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers erkläre. 23Der Kläger hat sich mit der am 26.08.1998 eingegangenen Klage gegen die im Zusammenhang mit der Einziehung seiner Geschäftsanteile gefaßten Gesellschafterbeschlüsse gewendet. Er hat die Ansicht vertreten, es fehlte an einer rechtlichen Grundlage für die Einziehung seiner Geschäftsanteile. Als ehelicher Abkömmling seines Vaters, eines Gründungsgesellschafters, sei eine Einziehung nach § 5 des Gesellschaftsvertrages nicht möglich. § 11 des Gesellschaftervertrages gelte nur für Erben, die nicht eheliche Abkömmlinge von Gründungsgesellschaftern seien. 24Der Kläger hat beantragt, 25festzustellen, daß in der Gesellschafterversammlung der Beklagten vom 31.07.1998 die Anträge des Gesellschafters W, die folgenden Beschlüsse zu fassen, abgelehnt worden seien: 26Einziehung der von dem Gesellschafter J im Erbgang nach seinem Vater P nunmehr gehaltenen Geschäftsanteile im Nominalbetrag von 23.200,00 DM und 1.800,00 DM unter Bezugnahme auf § 11 Abs. 3 in Verbindung mit § 5 des Gesellschaftervertrages gegen eine nach § 13 des Gesellschaftervertrages zu ermittelnde Abfindung (TOP 5 der Tagesordnung); Beauftragung des Geschäftsführers W, dem Gesellschafter J gegenüber die Einziehung seiner Geschäftsanteile schriftlich zu erklären (TOP 6); Beauftragung des Geschäftsführers W, entsprechend § 13 des Gesellschaftervertrages in der geltenden Fassung das vorgesehene Einziehungsentgelt zu ermitteln und die im Gesellschaftervertrag vorgesehenen Raten zu Lasten der offenen Rücklagen für den gesellschaftsvertraglich fstgelegten Fälligkeitstermin an den Gesellschafter J zu zahlen oder im Wege der Verhandlung andere Zahlungsmodalitäten zu vereinbaren (TOP 7); Aufstockung des Nennbetrages der Geschäftsanteile des Gesellschafters W entsprechend, d.h. Aufstockung des von Herrn W gehaltenen Geschäftsanteils im Nominalbetrag von 4.200,00 DM um 1.800,00 DM auf 6.000,00 DM sowie Aufstockung des weiteren von Herrn W gehaltenen Geschäftsanteils im Nominalbetrag von 5.800,00 DM um 23.200,00 DM auf 29.000,00 DM (TOP 8); 27hilfsweise zu Ziffer 1.festzustellen, daß die zu verstehenden Ziffern 1.1 bis 1.4. wiedergegebenen Gesellschafterbeschlüsse zu TOP 5 bis 8 der Tagesordnung der Gesellschafterversammlung vom 31.07.1998 nichtig seien; äußerst hilfsweise zu Ziffer 1. die vorstehend bezeichneten Gesellschafterbeschlüsse für nichtig zu erklären; 28festzustellen, daß er Gesellschafter der Beklagten mit Geschäftsanteilen in Nennwerten von 23.200,00 DM und 1.800,00 DM sei. 29Die Beklagte hat beantragt, 30die Klage abzuweisen. 31Sie hat die Auffassung vertreten, dem Klageantrag zu Ziff. 2 fehle das Feststellungsinteresse, da diese Feststellung schon die Folge einer positiven Formulierung des Antrags zu 1) sei. 32Im übrigen sei die Einziehung wirksam. Sie basiere auf § 11 des Gesellschaftsvertrages, der die Verletzung gesellschaftsvertraglicher Pflichten sanktioniere. Die Geschäftsanteile seien unter Beachtung der verfahrensrechtlichen Vorschriften wirksam eingezogen worden. 33§ 11 gelte für alle Erben, somit auch für die ehelichen Abkömmlinge der Gründungsgesellschafter. 34Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im übrigen dem Hilfsantrag des Klägers entsprochen und den Beschluß zu Ziff. 1.1 des Klageantrags (TOP 5 der Tagesordnung) für nichtig gehalten. Die Regelung des § 11 des Gesellschaftsvertrages gelte für den Kläger als ehelichen Abkömmling eines Gründungsgesellschafters nicht. 35Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der erstinstanzlichen Entscheidung Bezug genommen. 36Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Abweisung der Klage insgesamt erreichen möchte. 37Die Beklagte behauptet, es sei der übereinstimmende Wunsch der Gesellschafter W und P gewesen, die Aufnahme unerwünschter weiterer Gesellschafter zu verhindern. Das habe seinen Niederschlag auch in den Regelungen des Gesellschaftsvertrages gefunden. Erste unangenehme Erfahrungen hätten die Gesellschafter mit der Vermögensauseinandersetzung anläßlich der Scheidung des Gesellschafters W schon im Jahre 1981 gemacht. Aus diesen Erfahrungen heraus sei am 13.12.1982 § 4 des Gesellschaftsvertrages neu gefaßt worden, und bei dieser Fassung sei ausdrücklich von einer Privilegierung ehelicher Abkömmlinge von Gründungsgesellschaftern abgesehen worden. 38Anlaß für die Regelung in § 11 des Gesellschaftervertrages in der derzeit geltenden Fassung sei das Scheidungsverfahren der Eltern des Klägers gewesen; auch hier habe derselbe Wunsch bestanden, einen "closed shop" bei den Gesellschaftern zu gewährleisten. Die Neuregelung des § 11 habe nach dem Willen der Gesellschafter auch eine Änderung des § 5 bedeuten sollen. Eheliche Abkömmlinge hätten nicht privilegiert werden sollen, sondern die Regelung des § 11 habe für alle Erben gleichermaßen Geltung. Zum Beweis für den tatsächlichen Willen der Gesellschafter bei der Abfassung des § 11 beruft sich die Beklagte auf die eidliche Parteivernehmung ihres Geschäftsführers. 39Die Beklagte beantragt, 40das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen. 41Der Kläger beantragt, 42die Berufung zurückzuweisen. 43Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Er wiederholt seine Auffassung, der Gesellschaftsvertrag sei dahin auszulegen, daß § 11 für eheliche Abkömmlinge eines Gründungsgesellschafters keine Geltung habe. 44Einer Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten als Partei zum Beweis für die Motivation der Gesellschafter bei der Neuregelung des § 11 widerspricht er. 45Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und deren Anlagen verwiesen. 46Entscheidungsgründe: 47Die zulässige Berufung ist nicht begründet. 48Das Landgericht hat der hilfsweise erhobenen Nichtigkeitsklage zu Recht stattgegeben und die Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers für nichtig gehalten. 49Der Gesellschaftsvertrag bietet keine rechtliche Grundlage für die Einziehung der Geschäftsanteile des Klägers. 50Eine zwangsweise Einziehung von Geschäftsanteilen ist nur zulässig, wenn deren Voraussetzungen in der Satzung hinreichend bestimmt geregelt sind (so Baumbach-Hueck, GmbHG, 16.Aufl. § 34, Rn.6; Scholz/Westermann, GmbHG, 8.Aufl. § 34, Rn.13; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8.Aufl., § 34, Rn.38). Insbesondere bei einer Einziehung ohne eine volle Abfindung, wie sie hier nach § 13 des Gesellschaftsvertrages stattfinden sollte, müssen die Voraussetzungen klar umschrieben sein, damit sich jeder Gesellschafter darauf einstellen kann (Baumbach-Hueck, aaO., BGH, Urt.v.19.09.1977 - II ZR 11/76 - in NJW 1977, S.2316). 51Der Gesellschaftsvertrag der Beklagten läßt eine klare Regelung der Einziehungsvoraussetzungen und auch des Einziehungsverfahrens jedenfalls für den Fall der Rechtsnachfolge im Erbgang vermissen. Der Gesellschaftsvertrag enthält dazu unterschiedliche Bestimmungen, die nicht ohne weiteres miteinander zu vereinbaren sind: 52Nach § 11 des Gesellschaftsvertrages hat bei isolierter Betrachtung dieser Vorschrift jeder Erbe ohne Ausnahme den übrigen Gesellschaftern seinen ererbten Geschäftsanteil innerhalb näher bestimmter Fristen zum Kauf anzubieten. Jeder der übrigen Gesellschafter kann das Angebot annehmen oder auch ausschlagen; machen mehrere Gesellschafter von ihrem Erwerbsrecht Gebrauch, erfolgt eine Teilung des ererbten Geschäftsanteils, und die Erwerber erwerben den Anteil in dem Verhältnis, in welchem die Nennbeträge der von ihnen jeweils gehaltenen Geschäftsanteile zueinander stehen. Bei diesem Verfahren ist eine Einziehung in der Regel nicht vorgesehen; diese erfolgt allenfalls als Sanktion, wenn der Erbe seiner Andienungspflicht nicht nachkommt. Kommt der Erbe seiner Andienungspflicht jedoch nach und nimmt keiner der übrigen Gesellschafter sein Angebot an, ist für eine Einziehung kein Raum mehr. Der Erbe bleibt Gesellschafter. 53Nach § 5 des Gesellschaftsvertrages kann die Gesellschaft die Einziehung von Geschäftsanteilen beschließen, wenn ein Gesellschafter verstirbt und seine Gesellschaftsrechte nicht auf einen anderen Gesellschafter oder eheliche Abkömmlinge eines Gründergesellschafters übergehen. Die Einziehung betrifft also nicht jeden, sondern nur nicht privilegierte Erben; sie kann dann aber unabhängig davon erfolgen, ob der Erbe seiner Andienungspflicht nach § 11 nachgekommen ist oder nicht. Die Beschlußfassung über die Einziehung erfolgt mit einfacher Stimmenmehrheit, wobei der betroffene Gesellschafter kein Stimmrecht hat. Statt der Einziehung kann verlangt werden, daß der Geschäftsanteil auf die Gesellschaft, auf einen von ihr benannten Gesellschafter oder auf einen von ihr benannten Dritten übertragen werde. Die Verfügungsgewalt über den ererbten Geschäftsanteil steht in diesem Fall also der Mehrheit der Gesellschafter zu; ein Minderheitsgesellschafter hätte danach keine Chance, sein ihm in § 11 eingeräumtes Erwerbsrecht gegen die Stimmmen der Mehrheit auszuüben. 54Die Regelungen in den §§ 5 und 11 des Gesellschaftsvertrages sind von ihrem bloßen Wortlaut her demnach unvereinbar sowohl hinsichtlich der Stellung der betroffenen Erben als auch hinsichtlich der Rechte der übrigen Gesellschafter. Hinsichtlich der Erben enthält § 5 eine ausdrückliche Privilegierung anderer Gesellschafter sowie ehelicher Abkömmlinge der Gründungsgesellschafter, deren Anteile nach § 5 nicht eingezogen werden dürfen. Für sonstige nach § 5 nicht privilegierte Erben bleibt unklar, ob eine Einziehung ihrer Anteile auch erfolgen kann, wenn sie ihrer Andienungspflicht nach § 11 nachgekommen sind. Die Andienungspflicht des § 11 geht in Ansehung des § 5 praktisch ins Leere, da die Gesellschafter nach § 5 mit Mehrheitsbeschluß auch ohne Andienung durch die nichtprivilegierten Erben und ohne Fristen deren Anteile entweder erwerben oder einziehen können. 55Angesichts dieser Widersprüche im Gesellschaftsvertrag hat der Senat durch Auslegung zu beurteilen, wie sich die Vorschriften der §§ 5 und 11 zu einander verhalten und ob die Satzung der Beklagten danach für die Einziehung von Geschäftsanteilen auch ehelicher Abkömmlinge von Gründungsgesellschaftern eine Grundlage bietet. 56Aus der Formulierung des § 11 ist nicht ersichtlich, daß damit die Privilegierung der ehelichen Abkömmlinge von Gründungsgesellschaftern, wie sie in § 5 festgeschrieben ist, aufgehoben werden sollte. Vielmehr sieht § 11 eigentlich eine Besserstellung der Erben gegenüber § 5 insoweit vor, als ererbte Anteile danach nur im Fall einer Verletzung der den Erben auferlegten Andienungspflicht eingezogen werden können. Daß jedoch die Privilegierung aufgehoben werden sollte dadurch, daß § 11 auf die Unterscheidung des § 5 hinsichtlich privilegierter und sonstiger Erben nicht eingeht, erschließt sich dem objektiven Leser des Gesellschaftsvertrages nicht ohne weiteres. 57Auch aus § 4 des Gesellschaftsvertrages folgt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht, daß eine Privilegierung ehelicher Abkömmlinge der Gründungsgesellschafter, wie sie § 5 noch vorsieht, im Gesellschaftsvertrag insgesamt aufgehoben worden sein sollte. 58§ 4 des Gesellschaftsvertrages betrifft die Übertragung und Veräußerung von Geschäftsanteilen und lautet: 59Geschäftsanteile an der Gesellschaft dürfen grundsätzlich nur mit Zustimmung aller Stimmen der Gesellschafter übertragen werden. Ohne Zustimmung aller Gesellschafter ist eine Geschäftsanteils-Übertragung auch dann nicht zulässig, wenn der Erwerber ein Gesellschafter oder ein ehelicher Abkömmling eines Gründungsgesellschafters ist. 60Aus dieser im Jahr 1982 erfolgten Regelung zur Veräußerung von Geschäftsanteilen in § 4, die damals den § 5 in der noch heute geltenden Fassung unberührt gelassen hat, läßt sich im Gegenteil entnehmen, daß zwischen dem Erwerb durch Abtretung von Geschäftsanteilen und dem Erwerb von Todes wegen klar unterschieden wurde. Die ausdrückliche Erwähnung von Gesellschaftern und ehelichen Abkömmlingen als potentiellen Erwerbern weist darauf hin, daß diesen nach dem Gesellschaftsvertrag grundsätzlich eine besondere Stellung eingeräumt war, denn anders hätte es ihrer Erwähnung in § 4 nicht bedurft. Der Umstand, daß damals gerade auch unter dem Eindruck einer scheidungsbedingten Vermögensauseinandersetzung die Privilegierung der ehelichen Abkömmlinge in § 5 anders als in § 4 nicht aufgehoben worden ist, spricht gegen ein den gesamten Gesellschaftsvertrag durchziehendes Prinzip eines "closed shop" der Gesellschafter, wonach jeder Gesellschafter stets die Aufnahme eines ungeliebten weiteren Gesellschafters sollte verhindern können. 61Aus dem Umstand schließlich, daß die Regelung des § 11 zeitlich später als die in § 5 getroffene Regelung vereinbart worden ist, folgt auch nicht der Vorrang des § 11 und die Aufhebung des § 5, dies schon deshalb nicht, weil § 11 wegen der Einziehung ausdrücklich auf § 5 verweist und damit zeigt, daß die Bestimmungen des § 5 nicht etwa übersehen worden oder in Vergessenheit geraten waren. 62Wenn aber § 5 des Gesellschaftsvertrages fortgelten sollte, so kann ein Nebeneinander beider Regelungen (§ 5 und § 11) nur widerspruchsfrei dahingehend verstanden werden, daß § 11 nur Anwendung auf nicht privilegierte Erben findet. Andernfalls würde die Regelung des § 5 b) ins Leere gehen. Der Sinn des § 11 besteht dann darin, der nach § 5 möglichen Einziehung das Andienungsverfahren des § 11 mit den dort genannten Fristen und dem einzelnen Gesellschaftern eingeräumten Erwerbsrecht vorzuschalten. 63Auch die Behauptung der Beklagten, mit der Änderung des § 11 sei entgegen dem Wortlaut der Regelung eine Änderung des § 5 tatsächlich gewollt gewesen, vermag der Berufung nicht zum Erfolg zu verhelfen. 64Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Beklagte mit dem Antrag auf Vernehmung ihres Geschäftsführers als Partei keinen zulässigen Beweis für den von ihr behaupteten übereinstimmenden Willen aller Gesellschafter bei der Beschlußfassung über § 11 angeboten hat, denn der Kläger hat der Parteivernehmung widersprochen (§ 447 ZPO). Ein Fall des § 448 ZPO liegt hier nicht vor, denn auch im Fall der Beweisnot setzt die Anwendung des § 448 ZPO eine gewisse Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Behauptung voraus (vgl.Musielak/Huber, ZPO, § 448 Rn.6), die der Senat angesichts der bereits dargelegten Sonderstellung der ehelichen Abkömmlinge von Gründungsgesellschaftern im Gesellschaftsvertrag verneint. Auch der Gesichtspunkt der Waffengleichheit (vgl. EGMR, Urt.v.27.10.1993, in NJW 1995, S.1413) gebietet hier nicht die Anwendung des § 448 ZPO. 65Von der Beweissituation abgesehen kommt es aus Rechtsgründen auf den tatsächlichen Willen der beschlußfassenden Gesellschafter hier im Ergebnis aber auch nicht an. 66Bei der Auslegung von Gesellschaftsverträgen können nach ständiger Rechtsprechung unterschiedliche Kriterien maßgebend sein, je nachdem ob es sich bei den auszulegenden Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages um individualrechtliche Bestimmungen oder um sogenannte körperschaftliche Bestimmungen handelt. 67Für individualrechtliche Bestimmungen besitzen die §§ 133 und 157 BGB uneingeschränkte Gültigkeit, wohingegen bei allen körperschaftlichen Bestimmungen eine normenähnliche Auslegung geboten ist (vgl.Scholz/Emmerich, GmbHG, 8.Aufl. § 2, Rn.35 m.w.N.; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8.Aufl. § 2 Rn.139). Gesellschaftsvertragliche Regelungen körperschaftsrechtlicher Art haben nach den Grundsätzen der sogenannten objektiven Satzungsauslegung zu erfolgen (BGH, Urteil v. 16.12.1991- II ZR 58/91 - in NJW 1992, S. 892; BGH, Urteil v. 11.10.1993 - II ZR 155/92 - in NJW 1994. S.51; BGH, Urteil v. 17.02.1997 - II ZR 41/96 - in NJW 1997, S.1510). Zu den körperschaftlichen Bestimmungen rechnen die grundsätzlichen Regelungen über die Beziehungen der Gesellschafter zur Gesellschaft, Bestimmungen über die Abfindung beim Ausscheiden sowie auch die über die Veräußerung und Vererbung von Geschäftsanteilen (Scholz/Priester, GmbHG, 8.Aufl., § 53, Rn.10), um die es vorliegend geht. 68Bei der Auslegung dieser körperschaftlichen Bestimmungen haben alle Umstände außer Betracht zu bleiben, die außerhalb der Vertragsurkunde liegen und damit nicht allgemein erkennbar sind, wie etwa die Entstehungsgeschichte des Gesellschaftsvertrages sowie die Vorstellungen, Absichten und Äußerungen von Personen, die an der Abfassung des Gesellschaftsvertrages mitgewirkt haben (so BGH, Urteil v. 27.10.1986 - II ZR 240/85 - in NJW 1987, S. 1890 unter Hinweis auf BGHZ 14, 25 (37) = NJW 1954, 1401; BGH, LM § 549 ZPO Nr. 25; RGZ 159, 321 (326); ferner BGH, Urt.v.16.02.1981 - II ZR 89/79 - in GmbHR 1982, S.129). 69Diese Grundsätze gelten auch für personalistische oder Familiengesellschaften, da der spätere Beitritt anderer Gesellschafter nie auszuschließen ist (Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8.Aufl. § 2, Rn.139; Scholz/Emmerich, aaO.; BGH, Urt.vom 16.02.1981 - II ZR 89/79 - aaO.; BGH, Urteil v. 17.02.1997 - II ZR 41/96 - aaO.). 70Nach den demnach anzuwendenden Grundsätzen einer objektiven Satzungsauslegung sind die Motivation und die Vorstellungen der beiden Gesellschafter W und P bei der Beschlußfassung zum § 11 des Gesellschaftsvertrages für die Auslegung der Vorschriften ohne Bedeutung, so daß es auch aus diesem Grund einer Vernehmung des Geschäftsführers der Beklagten als Partei nicht bedurfte. 71Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. | 1 | 2die parteien streiten über die wirksamkeit der in der gesellschafterversammlung der beklagten vom 31.07.1998 gefaßten beschlüsse, die die einziehung der von dem kläger gehaltenen geschäftsanteile zum gegenstand hatten. 3der kläger ist alleinerbe seines am 05.11.1997 verstorbenen 4vaters p. 5die beklagte wurde im jahr 1979 als eine familien-gmbh gegründet. gründungsgesellschafter waren der derzeitige geschäftsführer der beklagten, seine damalige ehefrau und sein sohn, der verstorbene vater des klägers. 6zuletzt hielt der vater des klägers vom stammkapital der beklagten in höhe von 50.000,00 dm geschäftsanteile in höhe von 23.200,00 dm und 1.800,00 dm; weitere geschäftsanteile im wert von insgesamt ebenfalls 25.000,00 dm hielt der jetzige gesellschaftergeschäftsführer w. 7im jahr 1984 heiratete p die mutter des klägers. im zeitlichen zusammenhang mit dieser eheschließung schlossen der geschäftsführer der beklagten, w, und sein sohn p am 04.09.1984 einen erbvertrag vor dem notar dr.o in r (ur-nr. ), in dem sie sich gegenseitig zu alleinerben einsetzen. 8im jahr 1994 reichte die mutter des klägers die scheidung ein. 9nach dem tod des vaters des klägers am 05.11.1997 schlug der geschäftsführer der beklagten, w, die erbschaft aus, weil er wegen der zugewinnauseinandersetzung eine überschuldung des nachlasses vermutete. erbe seines vaters wurde sodann der kläger. 10auf betreiben des gesellschaftergeschäftsführers der beklagten wurde am 31.07.1998 eine gesellschafterversammlung abgehalten. 11punkt 5) der tagesordnung lautete: 12einziehung der von dem gesellschafter j im erbgang nach seinem vater p nunmehr gehaltenen geschäftsanteile im nominalbetrag von 23.200,00 dm und 1.800,00 dm unter bezugnahme auf § 11 abs.3 in verbindung mit § 5 des gesellschaftervertrages gegen eine nach § 13 des gesellschaftervertrages zu ermittelnde abfindung. 13die dabei hier interessierende regelung in § 5 des gesellschaftsvertrages lautet: 14§ 5 15einziehung von geschäftsanteilen die gesellschafter können die einziehung von geschäftsanteilen eines gesellschafters ohne dessen zustimmung beschließen wenn a) ... b) der gesellschafter verstirbt und seine gesellschaftsrechte kraft gesetzes oder durch verfügung von todes wegen nicht auf einen anderen gesellschafter oder eheliche abkömmlinge eines gründergesellschafters übergehen; c) ... die beschlußfassung über die einziehung erfolgt mit einfacher stimmenmehrheit. der betroffene gesellschafter hat hierbei kein stimmrecht. statt der einziehung kann die gesellschaft nach entsprechender beschlußfassung der gesellschafter verlangen, daß der geschäftanteil ganz oder teilweise von ihr erworben oder auf von ihr benannten gesellschafter oder dritte personen übertragen wird. 16§ 11 des gesellschaftsvertrages lautet demgegenüber auszugs- 17weise: 18§ 11 erbfolge 19geht der gesellschaftsanteil eines gesellschafters von todes wegen über, so ist der erwerber des geschäftsanteils verpflichtet, innerhalb von 6 monaten seit erbfall alle gesellschafter schriftlich von diesem erwerb zu unterrichten. der bzw. die erben/vermächtnisnehmer sind verpflichtet, den übergegangenen geschäftsanteil den verbleibenden gesellschaftern zu einem nach § 13 des gesellschaftsvertrages zu ermittelnden preis zum kauf anzubieten. erfüllt der gesellschafter, welcher seinen geschäftsanteil von todes wegen erworben hat, die vorstehende verpflichtung nicht binnen einer durch die gesellschaft schriftlich gesetzten frist von 2 monaten, so wird sein geschäftsanteil eingezogen. die einziehung erfolgt gemäß § 5 des gesellschaftsvertrages. das erwerbsrecht steht den gesellschaftern in dem verhältnis zu, in welchem die nennbeträge der von ihnen gehaltenen geschäftsanteile zueinander stehen. falls mehrere erwerbsberechtigte ihr erwerbsrecht ausüben, so ist der geschäftsanteil entsprechend zu teilen. ... der geschäftsanteil gewährt kein stimmrecht, solange das erwerbsverfahren nicht abgeschlossen ist. 20wegen weiterer einzelheiten wird auf die als anlage 2 zur klage eingereichte kopie des gesellschaftsvertrages(bl.12 bis 23 ga) sowie auf die als anlage 3 eingereichte kopie der tagesordnung der gesellschafterversammlung per 31.juli 1998 (bl.24 f ga) verwiesen. 21in der gesellschafterversammlung am 31.07.1998 wurden der gesellschaftergeschäftsführer w von rechtsanwalt dr. r aus m und der kläger von rechtsanwalt dr.g aus r vertreten; rechtsanwalt dr.r stimmte für die einziehung der geschäftsanteile des klägers, rechtsanwalt dr.g stimmte als vertreter des klägers dagegen. 22mit schreiben vom 07.08.1998 zeigte der geschäftsführer der beklagten dem vertreter des klägers, rechtsanwalt dr.g, an, daß er als alleinvertretungsberechtigter geschäftsführer der beklagten die einziehung der geschäftsanteile des klägers erkläre. 23der kläger hat sich mit der am 26.08.1998 eingegangenen klage gegen die im zusammenhang mit der einziehung seiner geschäftsanteile gefaßten gesellschafterbeschlüsse gewendet. er hat die ansicht vertreten, es fehlte an einer rechtlichen grundlage für die einziehung seiner geschäftsanteile. als ehelicher abkömmling seines vaters, eines gründungsgesellschafters, sei eine einziehung nach § 5 des gesellschaftsvertrages nicht möglich. § 11 des gesellschaftervertrages gelte nur für erben, die nicht eheliche abkömmlinge von gründungsgesellschaftern seien. 24der kläger hat beantragt, 25festzustellen, daß in der gesellschafterversammlung der beklagten vom 31.07.1998 die anträge des gesellschafters w, die folgenden beschlüsse zu fassen, abgelehnt worden seien: 26einziehung der von dem gesellschafter j im erbgang nach seinem vater p nunmehr gehaltenen geschäftsanteile im nominalbetrag von 23.200,00 dm und 1.800,00 dm unter bezugnahme auf § 11 abs. 3 in verbindung mit § 5 des gesellschaftervertrages gegen eine nach § 13 des gesellschaftervertrages zu ermittelnde abfindung (top 5 der tagesordnung); beauftragung des geschäftsführers w, dem gesellschafter j gegenüber die einziehung seiner geschäftsanteile schriftlich zu erklären (top 6); beauftragung des geschäftsführers w, entsprechend § 13 des gesellschaftervertrages in der geltenden fassung das vorgesehene einziehungsentgelt zu ermitteln und die im gesellschaftervertrag vorgesehenen raten zu lasten der offenen rücklagen für den gesellschaftsvertraglich fstgelegten fälligkeitstermin an den gesellschafter j zu zahlen oder im wege der verhandlung andere zahlungsmodalitäten zu vereinbaren (top 7); aufstockung des nennbetrages der geschäftsanteile des gesellschafters w entsprechend, d.h. aufstockung des von herrn w gehaltenen geschäftsanteils im nominalbetrag von 4.200,00 dm um 1.800,00 dm auf 6.000,00 dm sowie aufstockung des weiteren von herrn w gehaltenen geschäftsanteils im nominalbetrag von 5.800,00 dm um 23.200,00 dm auf 29.000,00 dm (top 8); 27hilfsweise zu ziffer 1.festzustellen, daß die zu verstehenden ziffern 1.1 bis 1.4. wiedergegebenen gesellschafterbeschlüsse zu top 5 bis 8 der tagesordnung der gesellschafterversammlung vom 31.07.1998 nichtig seien; äußerst hilfsweise zu ziffer 1. die vorstehend bezeichneten gesellschafterbeschlüsse für nichtig zu erklären; 28festzustellen, daß er gesellschafter der beklagten mit geschäftsanteilen in nennwerten von 23.200,00 dm und 1.800,00 dm sei. 29die beklagte hat beantragt, 30die klage abzuweisen. 31sie hat die auffassung vertreten, dem klageantrag zu ziff. 2 fehle das feststellungsinteresse, da diese feststellung schon die folge einer positiven formulierung des antrags zu 1) sei. 32im übrigen sei die einziehung wirksam. sie basiere auf § 11 des gesellschaftsvertrages, der die verletzung gesellschaftsvertraglicher pflichten sanktioniere. die geschäftsanteile seien unter beachtung der verfahrensrechtlichen vorschriften wirksam eingezogen worden. 33§ 11 gelte für alle erben, somit auch für die ehelichen abkömmlinge der gründungsgesellschafter. 34das landgericht hat unter abweisung der klage im übrigen dem hilfsantrag des klägers entsprochen und den beschluß zu ziff. 1.1 des klageantrags (top 5 der tagesordnung) für nichtig gehalten. die regelung des § 11 des gesellschaftsvertrages gelte für den kläger als ehelichen abkömmling eines gründungsgesellschafters nicht. 35wegen weiterer einzelheiten wird auf den inhalt der erstinstanzlichen entscheidung bezug genommen. 36gegen dieses urteil richtet sich die berufung der beklagten, mit der sie die abweisung der klage insgesamt erreichen möchte. 37die beklagte behauptet, es sei der übereinstimmende wunsch der gesellschafter w und p gewesen, die aufnahme unerwünschter weiterer gesellschafter zu verhindern. das habe seinen niederschlag auch in den regelungen des gesellschaftsvertrages gefunden. erste unangenehme erfahrungen hätten die gesellschafter mit der vermögensauseinandersetzung anläßlich der scheidung des gesellschafters w schon im jahre 1981 gemacht. aus diesen erfahrungen heraus sei am 13.12.1982 § 4 des gesellschaftsvertrages neu gefaßt worden, und bei dieser fassung sei ausdrücklich von einer privilegierung ehelicher abkömmlinge von gründungsgesellschaftern abgesehen worden. 38anlaß für die regelung in § 11 des gesellschaftervertrages in der derzeit geltenden fassung sei das scheidungsverfahren der eltern des klägers gewesen; auch hier habe derselbe wunsch bestanden, einen "closed shop" bei den gesellschaftern zu gewährleisten. die neuregelung des § 11 habe nach dem willen der gesellschafter auch eine änderung des § 5 bedeuten sollen. eheliche abkömmlinge hätten nicht privilegiert werden sollen, sondern die regelung des § 11 habe für alle erben gleichermaßen geltung. zum beweis für den tatsächlichen willen der gesellschafter bei der abfassung des § 11 beruft sich die beklagte auf die eidliche parteivernehmung ihres geschäftsführers. 39die beklagte beantragt, 40das angefochtene urteil abzuändern und die klage insgesamt abzuweisen. 41der kläger beantragt, 42die berufung zurückzuweisen. 43der kläger verteidigt das angefochtene urteil. er wiederholt seine auffassung, der gesellschaftsvertrag sei dahin auszulegen, daß § 11 für eheliche abkömmlinge eines gründungsgesellschafters keine geltung habe. 44einer vernehmung des geschäftsführers der beklagten als partei zum beweis für die motivation der gesellschafter bei der neuregelung des § 11 widerspricht er. 45wegen weiterer einzelheiten des parteivorbringens wird auf den vorgetragenen inhalt der gewechselten schriftsätze und deren anlagen verwiesen. 46 | 47die zulässige berufung ist nicht begründet. 48das landgericht hat der hilfsweise erhobenen nichtigkeitsklage zu recht stattgegeben und die einziehung der geschäftsanteile des klägers für nichtig gehalten. 49der gesellschaftsvertrag bietet keine rechtliche grundlage für die einziehung der geschäftsanteile des klägers. 50eine zwangsweise einziehung von geschäftsanteilen ist nur zulässig, wenn deren voraussetzungen in der satzung hinreichend bestimmt geregelt sind (so baumbach-hueck, gmbhg, 16.aufl. § 34, rn.6; scholz/westermann, gmbhg, 8.aufl. § 34, rn.13; hachenburg/ulmer, gmbhg, 8.aufl., § 34, rn.38). insbesondere bei einer einziehung ohne eine volle abfindung, wie sie hier nach § 13 des gesellschaftsvertrages stattfinden sollte, müssen die voraussetzungen klar umschrieben sein, damit sich jeder gesellschafter darauf einstellen kann (baumbach-hueck, aao., bgh, urt.v.19.09.1977 - ii zr 11/76 - in njw 1977, s.2316). 51der gesellschaftsvertrag der beklagten läßt eine klare regelung der einziehungsvoraussetzungen und auch des einziehungsverfahrens jedenfalls für den fall der rechtsnachfolge im erbgang vermissen. der gesellschaftsvertrag enthält dazu unterschiedliche bestimmungen, die nicht ohne weiteres miteinander zu vereinbaren sind: 52nach § 11 des gesellschaftsvertrages hat bei isolierter betrachtung dieser vorschrift jeder erbe ohne ausnahme den übrigen gesellschaftern seinen ererbten geschäftsanteil innerhalb näher bestimmter fristen zum kauf anzubieten. jeder der übrigen gesellschafter kann das angebot annehmen oder auch ausschlagen; machen mehrere gesellschafter von ihrem erwerbsrecht gebrauch, erfolgt eine teilung des ererbten geschäftsanteils, und die erwerber erwerben den anteil in dem verhältnis, in welchem die nennbeträge der von ihnen jeweils gehaltenen geschäftsanteile zueinander stehen. bei diesem verfahren ist eine einziehung in der regel nicht vorgesehen; diese erfolgt allenfalls als sanktion, wenn der erbe seiner andienungspflicht nicht nachkommt. kommt der erbe seiner andienungspflicht jedoch nach und nimmt keiner der übrigen gesellschafter sein angebot an, ist für eine einziehung kein raum mehr. der erbe bleibt gesellschafter. 53nach § 5 des gesellschaftsvertrages kann die gesellschaft die einziehung von geschäftsanteilen beschließen, wenn ein gesellschafter verstirbt und seine gesellschaftsrechte nicht auf einen anderen gesellschafter oder eheliche abkömmlinge eines gründergesellschafters übergehen. die einziehung betrifft also nicht jeden, sondern nur nicht privilegierte erben; sie kann dann aber unabhängig davon erfolgen, ob der erbe seiner andienungspflicht nach § 11 nachgekommen ist oder nicht. die beschlußfassung über die einziehung erfolgt mit einfacher stimmenmehrheit, wobei der betroffene gesellschafter kein stimmrecht hat. statt der einziehung kann verlangt werden, daß der geschäftsanteil auf die gesellschaft, auf einen von ihr benannten gesellschafter oder auf einen von ihr benannten dritten übertragen werde. die verfügungsgewalt über den ererbten geschäftsanteil steht in diesem fall also der mehrheit der gesellschafter zu; ein minderheitsgesellschafter hätte danach keine chance, sein ihm in § 11 eingeräumtes erwerbsrecht gegen die stimmmen der mehrheit auszuüben. 54die regelungen in den §§ 5 und 11 des gesellschaftsvertrages sind von ihrem bloßen wortlaut her demnach unvereinbar sowohl hinsichtlich der stellung der betroffenen erben als auch hinsichtlich der rechte der übrigen gesellschafter. hinsichtlich der erben enthält § 5 eine ausdrückliche privilegierung anderer gesellschafter sowie ehelicher abkömmlinge der gründungsgesellschafter, deren anteile nach § 5 nicht eingezogen werden dürfen. für sonstige nach § 5 nicht privilegierte erben bleibt unklar, ob eine einziehung ihrer anteile auch erfolgen kann, wenn sie ihrer andienungspflicht nach § 11 nachgekommen sind. die andienungspflicht des § 11 geht in ansehung des § 5 praktisch ins leere, da die gesellschafter nach § 5 mit mehrheitsbeschluß auch ohne andienung durch die nichtprivilegierten erben und ohne fristen deren anteile entweder erwerben oder einziehen können. 55angesichts dieser widersprüche im gesellschaftsvertrag hat der senat durch auslegung zu beurteilen, wie sich die vorschriften der §§ 5 und 11 zu einander verhalten und ob die satzung der beklagten danach für die einziehung von geschäftsanteilen auch ehelicher abkömmlinge von gründungsgesellschaftern eine grundlage bietet. 56aus der formulierung des § 11 ist nicht ersichtlich, daß damit die privilegierung der ehelichen abkömmlinge von gründungsgesellschaftern, wie sie in § 5 festgeschrieben ist, aufgehoben werden sollte. vielmehr sieht § 11 eigentlich eine besserstellung der erben gegenüber § 5 insoweit vor, als ererbte anteile danach nur im fall einer verletzung der den erben auferlegten andienungspflicht eingezogen werden können. daß jedoch die privilegierung aufgehoben werden sollte dadurch, daß § 11 auf die unterscheidung des § 5 hinsichtlich privilegierter und sonstiger erben nicht eingeht, erschließt sich dem objektiven leser des gesellschaftsvertrages nicht ohne weiteres. 57auch aus § 4 des gesellschaftsvertrages folgt entgegen der ansicht der beklagten nicht, daß eine privilegierung ehelicher abkömmlinge der gründungsgesellschafter, wie sie § 5 noch vorsieht, im gesellschaftsvertrag insgesamt aufgehoben worden sein sollte. 58§ 4 des gesellschaftsvertrages betrifft die übertragung und veräußerung von geschäftsanteilen und lautet: 59geschäftsanteile an der gesellschaft dürfen grundsätzlich nur mit zustimmung aller stimmen der gesellschafter übertragen werden. ohne zustimmung aller gesellschafter ist eine geschäftsanteils-übertragung auch dann nicht zulässig, wenn der erwerber ein gesellschafter oder ein ehelicher abkömmling eines gründungsgesellschafters ist. 60aus dieser im jahr 1982 erfolgten regelung zur veräußerung von geschäftsanteilen in § 4, die damals den § 5 in der noch heute geltenden fassung unberührt gelassen hat, läßt sich im gegenteil entnehmen, daß zwischen dem erwerb durch abtretung von geschäftsanteilen und dem erwerb von todes wegen klar unterschieden wurde. die ausdrückliche erwähnung von gesellschaftern und ehelichen abkömmlingen als potentiellen erwerbern weist darauf hin, daß diesen nach dem gesellschaftsvertrag grundsätzlich eine besondere stellung eingeräumt war, denn anders hätte es ihrer erwähnung in § 4 nicht bedurft. der umstand, daß damals gerade auch unter dem eindruck einer scheidungsbedingten vermögensauseinandersetzung die privilegierung der ehelichen abkömmlinge in § 5 anders als in § 4 nicht aufgehoben worden ist, spricht gegen ein den gesamten gesellschaftsvertrag durchziehendes prinzip eines "closed shop" der gesellschafter, wonach jeder gesellschafter stets die aufnahme eines ungeliebten weiteren gesellschafters sollte verhindern können. 61aus dem umstand schließlich, daß die regelung des § 11 zeitlich später als die in § 5 getroffene regelung vereinbart worden ist, folgt auch nicht der vorrang des § 11 und die aufhebung des § 5, dies schon deshalb nicht, weil § 11 wegen der einziehung ausdrücklich auf § 5 verweist und damit zeigt, daß die bestimmungen des § 5 nicht etwa übersehen worden oder in vergessenheit geraten waren. 62wenn aber § 5 des gesellschaftsvertrages fortgelten sollte, so kann ein nebeneinander beider regelungen (§ 5 und § 11) nur widerspruchsfrei dahingehend verstanden werden, daß § 11 nur anwendung auf nicht privilegierte erben findet. andernfalls würde die regelung des § 5 b) ins leere gehen. der sinn des § 11 besteht dann darin, der nach § 5 möglichen einziehung das andienungsverfahren des § 11 mit den dort genannten fristen und dem einzelnen gesellschaftern eingeräumten erwerbsrecht vorzuschalten. 63auch die behauptung der beklagten, mit der änderung des § 11 sei entgegen dem wortlaut der regelung eine änderung des § 5 tatsächlich gewollt gewesen, vermag der berufung nicht zum erfolg zu verhelfen. 64zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die beklagte mit dem antrag auf vernehmung ihres geschäftsführers als partei keinen zulässigen beweis für den von ihr behaupteten übereinstimmenden willen aller gesellschafter bei der beschlußfassung über § 11 angeboten hat, denn der kläger hat der parteivernehmung widersprochen (§ 447 zpo). ein fall des § 448 zpo liegt hier nicht vor, denn auch im fall der beweisnot setzt die anwendung des § 448 zpo eine gewisse wahrscheinlichkeit für die richtigkeit der behauptung voraus (vgl.musielak/huber, zpo, § 448 rn.6), die der senat angesichts der bereits dargelegten sonderstellung der ehelichen abkömmlinge von gründungsgesellschaftern im gesellschaftsvertrag verneint. auch der gesichtspunkt der waffengleichheit (vgl. egmr, urt.v.27.10.1993, in njw 1995, s.1413) gebietet hier nicht die anwendung des § 448 zpo. 65von der beweissituation abgesehen kommt es aus rechtsgründen auf den tatsächlichen willen der beschlußfassenden gesellschafter hier im ergebnis aber auch nicht an. 66bei der auslegung von gesellschaftsverträgen können nach ständiger rechtsprechung unterschiedliche kriterien maßgebend sein, je nachdem ob es sich bei den auszulegenden bestimmungen des gesellschaftsvertrages um individualrechtliche bestimmungen oder um sogenannte körperschaftliche bestimmungen handelt. 67für individualrechtliche bestimmungen besitzen die §§ 133 und 157 bgb uneingeschränkte gültigkeit, wohingegen bei allen körperschaftlichen bestimmungen eine normenähnliche auslegung geboten ist (vgl.scholz/emmerich, gmbhg, 8.aufl. § 2, rn.35 m.w.n.; hachenburg/ulmer, gmbhg, 8.aufl. § 2 rn.139). gesellschaftsvertragliche regelungen körperschaftsrechtlicher art haben nach den grundsätzen der sogenannten objektiven satzungsauslegung zu erfolgen (bgh, urteil v. 16.12.1991- ii zr 58/91 - in njw 1992, s. 892; bgh, urteil v. 11.10.1993 - ii zr 155/92 - in njw 1994. s.51; bgh, urteil v. 17.02.1997 - ii zr 41/96 - in njw 1997, s.1510). zu den körperschaftlichen bestimmungen rechnen die grundsätzlichen regelungen über die beziehungen der gesellschafter zur gesellschaft, bestimmungen über die abfindung beim ausscheiden sowie auch die über die veräußerung und vererbung von geschäftsanteilen (scholz/priester, gmbhg, 8.aufl., § 53, rn.10), um die es vorliegend geht. 68bei der auslegung dieser körperschaftlichen bestimmungen haben alle umstände außer betracht zu bleiben, die außerhalb der vertragsurkunde liegen und damit nicht allgemein erkennbar sind, wie etwa die entstehungsgeschichte des gesellschaftsvertrages sowie die vorstellungen, absichten und äußerungen von personen, die an der abfassung des gesellschaftsvertrages mitgewirkt haben (so bgh, urteil v. 27.10.1986 - ii zr 240/85 - in njw 1987, s. 1890 unter hinweis auf bghz 14, 25 (37) = njw 1954, 1401; bgh, lm § 549 zpo nr. 25; rgz 159, 321 (326); ferner bgh, urt.v.16.02.1981 - ii zr 89/79 - in gmbhr 1982, s.129). 69diese grundsätze gelten auch für personalistische oder familiengesellschaften, da der spätere beitritt anderer gesellschafter nie auszuschließen ist (hachenburg/ulmer, gmbhg, 8.aufl. § 2, rn.139; scholz/emmerich, aao.; bgh, urt.vom 16.02.1981 - ii zr 89/79 - aao.; bgh, urteil v. 17.02.1997 - ii zr 41/96 - aao.). 70nach den demnach anzuwendenden grundsätzen einer objektiven satzungsauslegung sind die motivation und die vorstellungen der beiden gesellschafter w und p bei der beschlußfassung zum § 11 des gesellschaftsvertrages für die auslegung der vorschriften ohne bedeutung, so daß es auch aus diesem grund einer vernehmung des geschäftsführers der beklagten als partei nicht bedurfte. 71die kostenentscheidung beruht auf § 97 i zpo; die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 nr. 10, 711 zpo. |
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} | 15 K 5989/97 | 1999-09-17T00:00:00 | Urteil | Tenor 1Tatbestand: 2Der am xxxxxxx 1960 geborene Kläger war von 1991 bis 1998 - zuletzt als Akademischer Oberrat in der Stellung eines Oberarztes - an der xxxxxxxxxxxxxx Klinik der xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx (xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx) beschäftigt. Am 18. April 1991 legte er dem Beklagten sein Gesuch um Zulassung zur Habilitation und Verleihung der Venia legendi für das Fachgebiet xxxxxxxxxx an der Universität xxxxxxxxxx vor. Dem Antrag fügte er als Verzeichnis seiner bisher veröffentlichten wissenschaftlichen Arbeiten eine Aufstellung von Buchbeiträgen und Publikationen in Zeitschriften bei. 3Der Fakultätsrat der Medizinischen Fakultät der Universität xxx xxxxxxx (Fakultätsrat) beschloß am 16. Mai 1991 die Eröffnung des Habilitationsverfahrens. Zugleich wählte er die Mitglieder der Habilitationskommission und benannte für die vom Kläger vorgelegte schriftliche Habilitationsleistung zum Thema "xxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx" den Direktor der xxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxx der Universität xxxxxxxxxx, Herrn Prof. Dr. xxxxxxxx, als Referenten sowie als Koreferenten die Profes. Dres. xxxxxx (Universität xxxxxxxxxxx) und xxxxxxxx (Universität xxxxxxx). 4Prof. Dr. xxxxxxxx schloß sein Referat vom 22. Mai 1991 mit der uneingeschränkten Empfehlung, die Arbeit des Klägers als Habilitationsleistung anzunehmen. Seine Beurteilung zusammenfassend führte er unter anderem aus, sie dokumentiere "in einzigartiger Weise (...) die Synopse aus klinischer Erfahrung und operativer Notwendigkeit, verbunden mit dem Einsatz aufwendiger Experimentalstudien im Bereich der traumatologischen Grundlagenforschung". Die Studie sei "ausgezeichnet geplant, einwandfrei durchgeführt, übersichtlich und photographisch gut" festgehalten und erlaube als anwendungsorientierte Grundlagenforschung "eine Umsetzung auf klinische Verhältnisse". Prof. Dr. xxxxxxxx empfahl in seinem Koreferat vom 31. Mai 1991 die Annahme der Arbeit des Klägers ohne Einschränkung; zur Begründung wies er unter anderem darauf hin, daß 5"The author has (...) carried out very extensive, expensive and time consuming studies on animals. These studies are very well conducted (...). He has used his techniques very wisely and the results from this thesis will no doubt be noted around the world. (...) The author has documented his experimental techniques and his results very well (...)". 6Prof. Dr. xxxxxx beurteilte die Schrift des Klägers ebenfalls als habilitationswürdig. Sein Gutachten vom 8. August 1991 hob unter anderem hervor, der methodische Ansatz der Arbeit sei "gut gewählt", angesichts der "erfreulich klein(en) Zahl der Versuchstiere" sei "für einige Untersuchungen die Anzahl der zur Verfügung stehenden Transplantate relativ gering (...), so daß statistische Aussagen entweder nicht oder nur mit Vorbehalt möglich (...)" seien; dennoch sei aber "die gesamte Versuchsplanung wohldurchdacht und überlegt" und die " Einbeziehung von klinischen, makroskopisch-anatomischen und histologisch- morphologischen Parametern (...) sinnvoll geplant" und durch biomechanische und mikroangiographische Untersuchungen abgerundet. 7Als Mitglied der Habilitationskommission empfahl auch PD Dr. xxxxxxx in seinem schriftlichen Votum vom 8. August 1991 die uneingeschränkte Annahme der Arbeit des Klägers als "eine umfassende tierexperimentelle Untersuchung an 32 xxxxxxxxx", die "sorgfältig geplant, zielstrebig durchgeführt und übersichtlich dokumentiert" sei. 8Nachdem die Habilitationskommission in ihrer Sitzung vom 11. September 1991 die Annahme der Arbeit des Klägers als schriftliche Habilitationsleistung beschlossen und der Kläger seine mündliche Prüfungsleistung erbracht hatte, habilitierte ihn die Medizinische Fakultät der Universität xxxxxxxxxx (Fakultät) am 17. Oktober 1991 und verlieh ihm zugleich die Venia legendi für das Fach xxxxxxxxxx. 9Unter dem 3. Mai 1995 übersandte Dr. xxxx, Oberarzt an der xxxxx xxxxxxxxx Klinik der Universität xxxxxxx, dem Beklagten ein an den Kläger gerichtetes Schreiben gleichen Datums, in dem er dem Kläger vorwarf, dieser habe - ohne Hinweis auf die fremde Urheberschaft - im Jahr 1995 in einem in der xxxxausgabe des "xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx" (xxxx) erschienenen Aufsatz zum Thema "xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx" ein von ihm - Dr. xxxx - stammendes Bild veröffentlicht, das zudem nicht das zeige, wofür es benannt sei. Mit Schreiben vom 8. Mai 1995 räumte der Kläger gegenüber dem Beklagten ein doppelten Versehen bei der Veröffentlichung des Bildes ein und wies darauf hin, daß er zwischenzeitlich die mit einem Hinweis auf die Fehlveröffentlichung verbundene Publikation eines nachgereichten Bildes veranlaßt habe. Mit Schreiben vom 17. Dezember 1995 rügte Prof. Dr. xxxxxx (Universität xxxxxxx) gegenüber dem Beklagten, daß das als Erratum im xxxxxxxx 1995 in dem xxxx veröffentliche Bild manipuliert sei, weil es sich zusammensetze aus Details einer von ihm und Dr. xxxx stammenden elektronenmikroskopischen Aufnahme sowie einer früheren Aufnahme des Klägers. 10Unter dem 14. Mai 1996 wandte sich der Beklagte an den Vorsitzenden der Ständigen Habilitationskommission der Fakultät. Er bat um Prüfung der Frage, ob dem Kläger Habilitation und Venia legendi zu entziehen seien, und um Vorbereitung einer gegebenenfalls für erforderlich gehaltenen Entscheidung des Fakultätsrates. Zur Begründung verwies der Beklagte auf dem Anschreiben nebst Anlagen beigefügte Aktenvermerke, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Beiakte Heft -BA- 5 S. 535 bis 704), und führte u. a. aus, nach seinen Vorermittlungen bestehe der Verdacht, daß der Kläger in wissenschaftlichen Veröffentlichungen eine Abbildung manipuliert und identische Bilder als Abbildung unterschiedlicher Präparate ausgewiesen habe; die im xxxx 1995 im xxxx durch ihn publizierten Ergebnisse seiner wissenschaftlichen Arbeit entbehrten möglicherweise sogar einer experimentellen Grundlage. Zudem enthalte das mit dem Habilitationsantrag vorgelegte Schriftenverzeichnis des Klägers zum großen Teil unrichtige Angaben. 11Mit Schreiben vom 17. Juni 1996 - auf dessen Inhalt verwiesen wird (BA 5 S. 747 ff.) - gab die Ständige Habilitationskommission dem Kläger Gelegenheit, zu den vorbezeichneten Vorhaltungen ebenso Stellung zu nehmen wie zu dem Ergebnis der weiter angestellten Ermittlungen. Diesbezüglich führte die Habilitationskommission aus, die in der Habilitationsschrift des Klägers mit 32 angegebene Zahl an Versuchsxxxxxx und die sich aus der Einteilung in Kollektive von 3, 6 und 12 Monaten mit je 10 xxxxxx ergebende Lebensdauer der einzelnen Versuchstiere widersprächen den Aufzeichnungen der Tierversuchsanstalt der Universität xxxxxxxxxx (TVA) über die ihm für experimentelle Studien zur Verfügung gestellten Foxhounds und deren Überlebenszeit. Auch liege die in der Habilitationsschrift genannte Zahl für die hergestellten und morphometrisch ausgewerteten elektronenmikroskopischen Aufnahmen über der Zahl der durch das Institut für Pathologie der Universität xxxxxxxxxx dokumentierten Untersuchungen. Auffällig sei ferner, daß die in der Habilitationsschrift als Ergebnis biomechanischer Versuche angegebenen Prozentwerte für die im Vergleich zu Kontrollpräparaten ermittelte durchschnittliche Reißfestigkeit der Transplantate identisch seien mit den Zahlen, die der Kläger in dem in "xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx, 1990" auf S. xxx veröffentlichen Abstract "xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx. xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx(xxx)" (xxxxxxxxxxxx) publiziert habe. Zudem erwähne der Kläger in dem Abstract 26 Tierversuche, obwohl nach den Aufzeichnungen der TVA bis Ende 1989 erst 9 Tierversuche abgeschlossen gewesen seien. Ebenso spreche der Kläger in seinem in der Januarausgabe 1995 des xxxx erschienen Aufsatz "xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxx xxxxxxxxxxxxxxxxx" von 30 Tierexperimenten mit bestrahlten Transplantaten; demgegenüber weise die Dokumentation der TVA für den Zeitpunkt des Redaktionsschlusses nur drei beendete Tierversuche auf. Die als Erratum in dem xxxx veröffentlichte Abbildung sei gefälscht. Außerdem enthielten die weiteren Veröffentlichungen des Klägers zum Thema "xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx" mehrfach Doppelpublikationen, in denen teilweise das Ergebnis von (angeblichen) Versuchen mit bestrahlten xxxxxxxxxxxx durch Bilder unbestrahlter Präparate belegt werde. Auch der dort genannte Umfang der Tierexperimente mit bestrahlten xxxxxxxxxxxx, die Angaben über die Einteilung in Versuchskollektive sowie die benannte Zahl an elektronenmikroskopischen Untersuchungen stünden im Widerspruch zu den Aufzeichnungen der TVA bzw. des pathologischen Instituts der Universität xxxxxxxxxx. Schließlich habe der Kläger unter den durch ihn verfaßten "xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx" zu dem wissenschaftlichen Beitrag in der xxxx die Unterschrift von Prof. Dr. xxxxxx als Mitautor ohne dessen Einverständnis gesetzt. 12In seiner Stellungnahme an die Ständige Habilitationskommission vom 23. Juli 1996 - hinsichtlich der Einzelheiten und der beigefügten Anlagen wird verwiesen auf BA 5 S. 760 ff. - wandte der Kläger sich gegen die ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe. In Bezug auf die Beanstandungen an seiner Habilitationsschrift führte er dabei unter anderem aus, die Zahl der dort angegebenen Tierversuche könne schon deshalb nicht mit den Aufzeichnungen der TVA übereinstimmen, weil er und seine Projektgruppe einen großen Teil der Versuche und ihrer histologischen Auswertungen in den Tierlaboratorien des xxxxxxxxxxx in den USA durchgeführt und in der Habilitationsschrift auch Ergebnisse analoger Experimente ausgewertet habe, die in den Jahren von 1983 bis 1987 an der TVA durchgeführt worden seien. Im übrigen sei die Dokumentation der TVA aber auch lückenhaft und zum Teil falsch. Nach seinen Aufzeichnungen habe das Institut für Pathologie der Universität xxxxxxxxxx zumindest 6 Präparate untersucht; transmissions- und rasterelektronenoptische Bilder seien aber auch in den Laboratorien des xxxxxxxxxxx gefertigt worden. 13Am 17. September 1996 beschloß die Ständige Habilitationskommission im wesentlichen aus den bereits in dem an den Kläger gerichteten Anhörungsschreiben vom 17. Juni 1996 genannten Gründen, dem Fakultätsrat durch den Beklagten die Entziehung von Habilitation und Venia legendi des Klägers empfehlen zu lassen; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der an den Beklagten gerichteten Stellungnahme der Ständigen Habilitationskommission vom 17. September 1996 verwiesen (BA 5 S. 888 ff.). 14Nachdem er den Inhalt seiner Stellungnahme vom 23. Juli 1996 bereits schriftlich ergänzt hatte, erläuterte der Kläger diesen gegenüber Vertretern der Fakultät am 23. Oktober 1996 auch mündlich. Nach dem durch den damaligen Dekan der Fakultät, Prof. Dr. xxxxxx, und Prof. Dr. xxxxxx, damals Prodekan, gezeichneten Gesprächsprotokoll - hinsichtlich der Einzelheiten wird Bezug genommen auf BA 5 S. 959 ff. - gab er dabei unter anderem an, bei Fertigstellung des xxxxxxxxxxxxx im "August oder Dezember 1989" habe er über die Reißfestigkeitsdaten aus 12 Tierversuchen verfügen können. Das Ergebnis dieser experimentellen Studien an 7 bei der TVA unter der Projektnummer xxxxxxxxxxxxxxx geführten xxxxx sowie an einem weiteren durch die TVA zur Verfügung gestellten xxxx und 4 in Laboratorien des xxxxxxxxxxx untersuchten xxxxxx mit unbestrahlten und durch LAD (ligament augmentation device) verstärkten (anterior cruciate ligament) ACL-Transplantaten habe Eingang in seine Habilitationsschrift und die späteren Publikationen gefunden. Die weiteren im xxxxxxxxxxxx genannten xxxxx stammten sämtlich aus vor 1988 durchgeführten Forschungsprojekten. Im xxxxxxxxxx habe man seines Wissens zur fraglichen Zeit sowohl mit xxxxxx als auch mit xxxxxx experimentiert; ob er selbst xxxxx oder xxxxxx operiert habe, könne er nicht sagen, da die Tiere bei den Operationen immer mit Tüchern abgedeckt gewesen seien. Er habe aber jedenfalls stets geglaubt, die aus den USA erhaltenen Reißfestigkeitsdaten resultierten aus Versuchen mit xxxxxx. Abgesehen davon sei wissenschaftlich belegt, daß sich die xxxxxxxxxxx von xxxxxx und xxxxxx hinsichtlich ihrer Reißfestigkeit nicht wesentlich unterschieden. 15In seiner Sitzung vom 24. Oktober 1996 beschloß der Fakultätsrat in Anwesenheit von 13 seiner Mitglieder - davon 8 aus der Gruppe der Professoren - in geheimer Abstimmung den "Widerruf" der Habilitation des Klägers mit der Begründung, er habe diese durch arglistige Täuschung und in wesentlicher Beziehung unvollständige und irreführende Angaben erwirkt; zugleich entzog der Fakultätsrat dem Kläger unter Anordnung der sofortigen Vollziehung dieser Entscheidung die Venia legendi und führte aus, Widerruf und Rücknahme der Lehrbefugnis seien geboten, nachdem der Kläger durch sein Verhalten das in seiner Stellung erforderliche Ansehen und Vertrauen verletzt und auch die Lehrbefugnis durch arglistige Täuschung erlangt habe; wegen der weiteren Einzelheiten des Sitzungsverlaufs wird auf BA 5 S. 976 ff. Bezug genommen. 16Mit Bescheid vom 25. Oktober 1996 teilte der Beklagte dem Kläger die Beschlüsse des Fakultätsrates mit und fügte die von ihm zur Begründung herangezogene Stellungnahme der Ständigen Habilitationskommission vom 17. September 1996 bei. Dort hatte die Kommission zu dem Verteidigungsvorbringen des Klägers unter anderem ausgeführt, die Habilitationsschrift könne keine Ergebnisse von Versuchen enthalten, die in den USA oder vor 1988 in der TVA durchgeführt worden seien. Im xxxxxxxxxx habe man ausweislich nach dortiger Darstellung seinerzeit ausschließlich mit xxxxxx experimentiert und im übrigen weder für den Kläger noch mit ihm Untersuchungen durchgeführt. In der TVA habe man vor 1988 nur xxxxxxx xxxxx operiert; bei diesen ohne Beteiligung des Klägers durchgeführten Versuchen sei aber weder die vom Kläger in der Habilitationsschrift beschriebene Operationsmethode noch das LAD verstärkte Transplantat eingesetzt worden. Nach allem enthalte die Habilitationsschrift erfundene oder gefälschte Daten, die ihr Ergebnis in Frage stellten. 17Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger Widerspruch und stellte am 2. November 1996 bei dem erkennenden Gericht einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Zu seiner Begründung legte er auch die am 14. Januar 1997 an Eides statt abgegebene Versicherung vor, nach der die in der Habilitationsschrift genannten Zahlen zutreffend sind und aus Versuchen an der TVA sowie analogen und teilweise wissenschaftlich ausgewerteten Versuchen der Laboratorien des xxxxxxxxxxx resultieren. Das vorläufige Rechtsschutzgesuch blieb ohne Erfolg (Beschluß vom 11. April 1997 - 15 L 4204/96 -). 18Nachdem der Kläger mit Schreiben vom 20. Juni 1996 seinen Widerspruch ergänzend begründet und der Fakultätsrat am 3. Juli 1997 aus den Gründen der entsprechenden Empfehlung der Ständigen Habilitationskommission vom 27. Juni 1997 beschlossen hatte, den Widerspruch als unbegründet zurückzuweisen, teilte der Beklagte dem Kläger dieses Beratungsergebnis durch Bescheid vom 5. Juli 1997 mit. Der Entscheidung fügte er die Stellungnahme der Ständigen Habilitationskommission vom 27. Juni 1997 bei, wegen deren Einzelheiten auf BA 6 S. 1374 ff. verwiesen wird. Zugleich übermittelte er dem Kläger im Wortlaut die im Protokoll über die Sitzung vom 3. Juli 1997 festgehaltenen Ermessenserwägungen des Fakultätsrates, denen zufolge das öffentliche Interesse an einem Ausschluß ungeeigneter Lehrpersonen von Forschung und Lehre das Interesse des Klägers überwiegt, von den Nachteilen verschont zu bleiben, die mit einer solchen Maßnahme für ihn persönlich und wirtschaftlich sowie für sein akademisches und berufliches Fortkommen verbunden sind. Schwere und Wiederholung der über einen Zeitraum von 6 Jahren nachgewiesenen Täuschungshandlungen zeigten, daß der Kläger als Wissenschaftler charakterlich ungeeignet sei. 19Der Kläger hat am 18. Juli 1997 Klage erhoben. 20Er macht geltend, die angefochtenen Entscheidungen des Beklagten seien bereits formell rechtswidrig. Der Fakultätsrat habe über den Entzug von Habilitation und Venia legendi in unzutreffender Besetzung befunden. Zur Rücknahme bzw. zum Widerruf von Lehrbefähigung und Lehrbefugnis sei bereits nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts nur die Behörde berufen, die die aufzuhebenden Entscheidungen getroffen habe. Entgegen den damit maßgeblichen Regelungen in § 28 Abs. 4 Satz 2 des Gesetzes über die Universitäten des Landes Nordrhein-Westfalen (UG) und § 15 Abs. 3 der Habilitationsordnung der Medizinischen Fakultät der Universität xxxxxxxxxx (HO) habe aber bei der Beschlußfassung über den Entzug von Habilitation und Venia legendi das Stimmrecht nicht allen Mitgliedern der Gruppe der Professoren der Fakultät offen gestanden; für eine Beteiligung der Studenten und wissenschaftlichen Mitarbeiter an den Entscheidungen fehle es demgegenüber an einer Rechtsgrundlage. Rechtlich zu beanstanden sei auch, daß der Fakultätsrat seine Beschlüsse in geheimer Abstimmung gefaßt habe. 21Weiterhin ist der Kläger der Auffassung, die angefochtenen Regelungen seien auch in der Sache rechtswidrig. Sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren teils vertiefend und teils erweiternd macht der Kläger unter teilweiser Bezugnahme auf seinen Vortrag im vorläufigen Rechtsschutzverfahren - wegen der Einzelheiten wird insoweit Bezug genommen vor allem auf die dortigen Schriftsätze vom 30. Dezember 1996, 2. und 20. Januar 1997, 24. Februar 1997 und 25. März 1997 - bezüglich der den Entzug der Habilitation betreffenden Entscheidung unter anderem geltend , der Fakultätsrat habe nicht geprüft, ob die ihm vorgeworfenen Täuschungshandlungen für seine Habilitierung überhaupt ursächlich geworden seien. 22Daß in seine Habilitationsschrift, wenn auch nur in geringem Umfang, Ergebnisse von Tierversuchen des xxxxxxxxxxx eingeflossen seien, habe er nicht offengelegt, um dem unzutreffenden Eindruck vorzubeugen, im Auftrag dieses pharmazeutischen Unternehmens Forschung mit dem Ziel der Produktförderung (LAD) betrieben zu haben -L 185-. Die ihm aus den USA übermittelten Daten habe er in Beziehung gesetzt zu eigenen und in der Literatur veröffentlichten Forschungsergebnissen. Damit seien die bei xx gewonnenen Erkenntnisse wissenschaftlich ausgewertet in die Habilitationsschrift eingegangen -L 185-. Dies gelte auch für die Untersuchung von Präparaten, die er aus den USA erhalten habe K und für die Resultate dort angestellter histologischer und elektronenmikroskopischer Untersuchungen von Proben, die er zwecks Auswertung in die USA versandt habe K. Die in der Habilitationsschrift dargestellten Versuche zur Bestimmung der Reißfestigkeit seien indes sämtlich an der Universität xxxxxxxxxx durchgeführt worden K. 23Entgegen seiner ursprünglichen Darstellung habe er die in dem xxx xxxxxxxx veröffentlichten Versuchsergebnisse nach August 1989 nicht mehr korrigiert -L 183-. Er sei bemüht, die Übereinstimmung der dort genannten Prozentzahlen mit den in der Habilitationsschrift publizierten Werten weiter aufzuklären, könne aber diesbezüglich ein Versehen seinerseits nicht ausschließen -L 186-. Der um den Faktor 2 erhöhte Wert der im xxxxxxxxxxxx genannten Reißfestigkeitsdaten beruhe jedenfalls auf einem zunächst unerkannt gebliebenen Maßstabablesefehler -L 64 f.-. In dem xxxxxxxxxxxx habe er verwertet das Ergebnis der ersten xxxxxxxxxxxx Versuchsreihe an 20 nichtaugmentierten Tieren, die Ergebnisse von Versuchen mit Extremitäten, die aus anderen, damals begleitend durchgeführten Experimenten stammten, das Resultat des Versuchs mit dem TVA-xxxx xxxxx und einem weiteren xxxx aus dem Projekt xxxxxxxxxxxxxxx sowie das aus den USA erhaltene Ergebnis von wohl 4 Tierversuchen, die im xxxxxxxxxx durchgeführt worden seien K. Insgesamt habe man an 31 von 32 dem Projekt xxxxxxxxxxxxxxx zuzuordnenden Tieren knochengestielte xxxxxxxxxtransplantationen mit LAD- Augmentation vorgenommen K. 24Der Kläger beantragt, 25die Bescheide des Beklagten vom 25. Oktober 1996 und vom 5. Juli 1997 aufzuheben, 26hilfsweise 27die in den Schriftsätzen zur Begründung der Klage vom 20. November 1997 und 18. Juni 1998 angeregten Beweise zu erheben. 28Der Beklagte beantragt, 29die Klage abzuweisen. 30Er ist der Auffassung, die angefochtenen Bescheide seien formell rechtmäßig. Die Ausführungen im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Eilverfahren vertiefend macht der Beklagte weiter unter anderem geltend, der Fakultätsrat habe in der durch die anzuwendende Regelung des § 28 Abs. 4 Satz 2 UG vorgeschriebenen Zusammensetzung über den Entzug von Habilitation und Venia legendi entschieden. Anders als die Feststellung der Lehrbefähigung und die Erteilung der Lehrbefugnis trage die Entscheidung über den Entzug von Habilitation und Venia legendi nicht den Charakter einer Prüfungsentscheidung; Täuschungshandlungen sowie unrichtige oder irreführende Angaben ließen sich ebenso ohne besonderen fachwissenschaftlichen Sachverstand feststellen, wie deren Ursächlichkeit für eine Habilitierung. Bereits durch die dolose Vorlage einer den Anforderungen der Fakultät nur teilweise entsprechenden Publikationsliste habe der Kläger sich als für eine Habilitierung unwürdig erwiesen; nichts anderes gelte im Hinblick auf die Vorlage der nicht auf der behaupteten experimentellen Grundlage beruhenden Habilitationsschrift K 56 f.. 31Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsgänge sowie den Inhalt der Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens 15 L 4204/96. 32Entscheidungsgründe: 33Das Rubrum war nach § 88 VwGO von Amts wegen gemäß den §§ 78 Abs. 1 Ziffer 2 VwGO i. V. m. § 5 Abs. 2 AG VwGO NW auf den Beklagten umzustellen, nachdem dieser die angefochtenen Bescheide entsprechend der sich aus § 27 Abs. 1 Satz 4 UG für ihn ergebenden Befugnis erlassen hat, Beschlüsse des Fachbereichs(Fakultäts)rates auszuführen, 34vgl. hierzu für den Fall der Rücknahme einer Lehrbefugnis: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NW), Urteil vom 20. Dezember 1991 - 15 A 77/89 -, Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter (NWVBl.) 1992, S. 212 ff. 35Die Klage hat keinen Erfolg; sie ist zwar als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) statthaft und auch im übrigen zulässig, in der Sache aber nicht begründet. 36Die Bescheide des Beklagten vom 25. Oktober 1996 und 5. Juli 1997 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO); Entziehung von Habilitation und Venia legendi begegnen keinen im Ergebnis rechtlich durchgreifenden Bedenken. 37Der Entzug der Habilitation ist allerdings nur gestützt auf § 48 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 VwVfG NW rechtmäßig; die insoweit in den angefochtenen Bescheiden als spezielle Ermächtigungsgrundlage (§ 1 Abs. 1 VwVfG NW) herangezogene Vorschrift des § 14 Abs. 2 HO in der hier maßgeblichen Fassung von Februar 1996 deckt die getroffene Entscheidung nicht. Unschädlich ist zwar, daß mit ihr - anders als in § 14 Abs. 2 HO und den angegriffenen Bescheiden formuliert - die durch Verwaltungsakt getroffene Feststellung der Lehrbefähigung des Klägers in der Sache nicht widerrufen, sondern - entsprechend dem verwaltungsrechtlich die Aufhebung rechtswidriger Verwaltungsakte kennzeichnenden Sprachgebrauch - als anfänglich rechtswidrig mit Wirkung ex tunc zurückgenommen worden ist. Für die Rücknahme einer Habilitation bietet § 14 Abs. 2 HO aber keine hinreichende Rechtsgrundlage. Die Satzungsvorschrift ist mangels einer zum Erlaß solcher Regelungen ermächtigenden gesetzlichen Grundlage nichtig. 38Die Aufhebung einer Habilitationsentscheidung bedarf nach dem verfassungsrechtlichen Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes einer gesetzlichen Ermächtigung, weil sie in die durch Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geschützte Berufsfreiheit eingreift. Sie entzieht dem Betroffenen nämlich eine Rechtsstellung, der mit der Feststellung der Befähigung, ein wissenschaftliches Fach in Forschung und Lehre selbständig zu vertreten (§ 95 Abs. 1 UG), berufseröffnende Bedeutung zukommt, 39vgl. hierzu Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 16. März 1994 - 6 C 1/93 -, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht (NVwZ) 1994, S. 1209 ff (S. 1210). 40Den Erlaß von Satzungsbestimmungen über die Rücknahme einer Habilitation erlaubt die hier aus dem Universitätsgesetz einzig als Ermächtigungsgrundlage in Betracht kommende Vorschrift des § 95 Abs. 5 UG nicht. Danach regelt "Das Nähere (...) die Habilitationsordnung, die der Senat auf Vorschlag des Fachbereichs durch Satzung erläßt." Nach Wortlaut, Sinn und Zweck sowie nach der systematischen Stellung dieser Bestimmung ermächtigt sie allein zum Erlaß solcher Regelungen, die das auf eine Habilitierung ausgerichtete und prüfungsrechtlichen Charakter tragende 41BVerwG, Urteil vom 16. März 1994, a. a. O., vom 22. Februar 1974 - VII C 9.71 -, Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) Band 45 S. 39 ff. (48 f.) sowie Urteil vom 28. März 1963 - VIII C 57.62 -, BVerwGE 16, S. 50 ff. (51); Lennartz in Denninger, Hochschulrahmengesetz, Kommentar, 1984, zu § 15, Rdnr. 12; Waldeyer in Hailbronner, Kommentar zum Hochschulrahmengesetz, Ordner 1, Stand: Juni 1999 (Hailbronner), zu § 15 Rdnr. 11. 42Verfahren betreffen. Soweit § 95 Abs. 5 UG nämlich die Befugnis delegiert, das "Nähere" zu regeln, nimmt die Vorschrift Bezug auf die vorhergehenden Absätze des § 95 UG und meint damit die Ausgestaltung des Verfahrens, das dem förmlichen Nachweis der Befähigung dient, ein Fach in Forschung und Lehre selbständig zu vertreten (§ 95 Abs. 1 UG). Die Ermächtigungsnorm deckt folglich allein Satzungsbestimmungen, die Anforderungen an die Zulassung zum Habilitationsverfahren (§ 95 Abs. 2 UG) und die zu erbringende Habilitationsleistung (§ 95 Abs. 3 UG) enthalten sowie solche, die den Prüfungsablauf (§ 95 Abs. 4 UG) im einzelnen betreffen. Zu diesem Prüfungsverfahren zählt aber die Rücknahme einer Habilitation mit dem ihr vorgeschalteten Verwaltungsverfahren nicht. Abgesehen davon, daß eine solche Verwaltungsentscheidung bereits begrifflich eine Habilitierung voraussetzt und sich damit nur an ein abgeschlossenes Habilitationsverfahren anschließen kann, fehlt dem ihr zugrunde liegenden Verfahren auch der prüfungsrechtliche Charakter. Es dient entgegen der Auffassung des Klägers gerade nicht der Feststellung, ob in der Person des Habilitierten aus fachlicher Sicht die Voraussetzungen der Lehrbefähigung jemals erfüllt waren oder noch gegeben sind. Das Rücknahmeverfahren ist vielmehr auf die Prüfung und Entscheidung der Frage ausgerichtet, ob der Nachweis einer (vermeintlich oder tatsächlich vorhandenen) Lehrbefähigung auf rechtlich zu mißbilligende Art und Weise erbracht ist und deshalb nicht aufrecht erhalten bleiben kann. Dieses Verdikt setzt, auch wenn sich Täuschungshandlungen oder Ähnliches nebst ihrer Kausalität unter Umständen nur mit Hilfe von Fachverstand erkennen lassen, keine fachwissenschaftliche Beurteilung der erbrachten Prüfungsleistung voraus. 43Obwohl der Beklagte seine Rücknahmeentscheidung damit auf eine fehlerhafte Rechtsgrundlage stützt, hat sie rechtlich Bestand. Gemäß § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO sind nur solche angefochtenen Regelungen aufzuheben, die in der Rechtsordnung keine Entsprechung finden. Damit schließt die Rechtmäßigkeitsprüfung durch das Gericht auch andere als die von Behörde benannten Rechtsgrundlagen ein, wenn und soweit aus Sicht dieser anderen Rechtsgründe an dem angegriffenen Verwaltungsakt nichts Wesentliches geändert werden muß, 44BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1994 - 8 C 14.92 -, BVerwGE 95 S. 176 ff. (183 f.), Urteil vom 30. Juni 1989 - 4 C 40.88 -, BVerwGE 82 S. 185 ff. (188 f.), Urteil vom 19. August 1988 - 8 C 29.87 - BVerwGE 80 S. 96 ff. (98) und Urteil vom 27. Januar 1982 - 8 C 12/81 -, BVerwGE 64, S. 356 ff. (357 f.). 45Dies ist in Bezug auf § 48 Abs. 1 VwVfG NW der Fall. Die dortige - und hier gemäß § 2 Abs. 3 Ziff. 3 S. 1 VwVfG NW anwendbare - Regelung erlaubt ebenso wie die rechtswidrig durch den Beklagten angewandte Vorschrift des § 14 Abs. 2 HO die Rücknahme von Prüfungsentscheidungen, die auf rechtlich zu mißbilligende Weise erlangt und damit rechtsfehlerhaft sind. Entspricht damit die angefochtene Rücknahmeentscheidung nach Zweck und Tenor der Regelung § 48 Abs. 1 VwVfG NW, steht dem Rückgriff auf diese Norm auch nicht entgegen, daß § 48 Abs. 1 VwVfG NW anders als die ihrem Wortlaut nach gebundene Vorschrift des § 14 Abs. 2 HO als Ermessensnorm ausgestaltet ist. Denn ausweislich des hier für die Rechtskontrolle maßgeblichen Widerspruchsbescheides des Beklagten hat der Fakultätsrat die für und wider eine Rücknahme der Habilitation sprechenden Gründe gegeneinander abgewogen und damit Ermessen ausgeübt. 46Gemessen an den Voraussetzungen des § 48 VwVfG NW ist die Rücknahme der Habilitation rechtlich nicht zu beanstanden. Die Entscheidung ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen. 47Zu Recht hat über die Rücknahme der Habilitation der gemäß den §§ 28 Abs. 1 S. 1, 95 Abs. 4 UG hochschulintern zuständige, 48OVG NW, Urteil vom 20. Dezember 1992, a.a.O., (214) 49Fakultätsrat in der sich aus § 12 Abs. 3 S. 1 der Satzung zur Neufassung der Grundordnung der Universität xxxxxxxxxx i. V. m. § 28 Abs. 2 S.1 und S. 2 UG ergebenden Besetzung entschieden. Entgegen der Auffassung des Klägers waren an Beratung und Beschlußfassung in dieser Angelegenheit die übrigen Professoren und habilitierten Mitglieder der Fakultät nicht gemäß § 28 Abs. 4 S. 2 UG zu beteiligen. Die Rücknahme der Habilitation ist keine "Beschlußfassung über eine Habilitation" i. S. dieser Norm. 50§ 28 Abs. 4 S. 2 UG entspricht den Vorgaben der (zwischenzeitlich weggefallenen bzw. geänderten) §§ 38 Abs. 5 S. 1, 15 Abs. 4 des Hochschulrahmengesetzes (HRG [a. F.]) in der hier noch maßgeblichen, zuletzt durch Gesetz vom 20. Mai 1994 (BGBl. I S. 1078) geänderten Fassung der Bekanntmachung vom 9. April 1987 (BGBl. I S.1170), nach denen für die Durchführung von Habilitationsverfahren allen Professoren des Fachbereichs Mitwirkungsrechte einzuräumen sind, soweit sie die durch die Prüfung festzustellende Qualifikation besitzen; diese Vorschriften tragen damit zugleich der aus Art. 5 Abs. 3 GG folgenden Verantwortung der Gesamtheit der Professoren eines Fachbereichs für den Erhalt der dortigen Qualität von Forschung und Lehre Rechnung, 51BVerwG Urteil vom 16. März 1994, a.a.O., (1210). 52In den damit nach Wortlaut, Sinn und Zweck auf die Beurteilung der fachlichen Qualifikation zugeschnittenen Anwendungsbereich des § 28 Abs. 4 S. 2 UG fällt die Rücknahme einer Habilitation nicht, weil diese Entscheidung - wie oben ausgeführt - gerade nicht die Beurteilung der Fachqualifikation des Habilitierten betrifft und damit nicht der prüfungsrechtlichen Verantwortung der Professoren eines Fachbereichs für eine qualifizierte wissenschaftliche Forschung und Lehre unterfällt. 53Offen bleiben kann demgegenüber, ob Vertreter der Gruppe der nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter im Fakultätsrat (§ 28 Abs. 2 S. 1 Ziffer 6 UG) zu Recht nicht nur an der Beratung über die Rücknahme der Habilitation, sondern auch ohne Verstoß gegen die § 38 Abs. 4 S. 2 HRG [a. F] umsetzende Vorschrift des § 14 Abs. 1 S. 1 UG an der die Beratung abschließenden Beschlußfassung mitwirken durften. Nach der genannten Norm wirken nichtwissenschaftliche Mitarbeiter einer Hochschule an solchen Entscheidungen nur beratend mit, die Forschung, künstlerische Entwicklungsvorhaben, Lehre oder die Berufung von Professor(inn)en unmittelbar berühren. Eine in diesem Sinne wissenschaftsrelevante Angelegenheit, 54Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 29. Mai 1973 - 1 BvR 424/71 und 325/72 - Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE) Band 35, S. 80 ff. (123 ff.); Hailbronner in Hailbronner, zu § 38 Rdnr. 81; Leuze in Leuze/Bender, Gesetz über die Universitäten des Landes Nordrhein-Westfalen, Kommentar, Stand: Dezember 1998, zu § 14 Rdnr. 2, 4 f. und 7, 55dürfte die Entscheidung über die Rücknahme einer Habilitation nicht betreffen, wenngleich sie Konsequenzen für Forschung und Lehre an einer Hochschule haben kann und im Fall des zwischenzeitlich an der Universität xxxxxxxxxx nicht mehr in Forschung und Lehre tätigen Klägers auch nach sich gezogen hat. Da die Rücknahmeentscheidung keine (erneute) fachwissenschaftliche Beurteilung der für eine Habilitation nach § 95 Abs. 1 UG erforderlichen Fähigkeiten voraussetzt, spricht vieles dafür, daß sie Fragen von Forschung und Lehre inhaltlich nicht unmittelbar, sondern lediglich mittelbar dadurch berührt, daß sie sich auf die an der Hochschule geleistete Forschungsarbeit und das dort vorgehaltene Lehrangebot tatsächlich auswirkt. Indes bedarf diese Rechtsfrage hier keiner abschließenden Klärung. Ein in der Beteiligung von Vertretern der Gruppe der nichtwissenschaftlichen Mitarbeiter an der Stimmabgabe etwa liegender Verfahrensfehler bleibt angesichts des einstimmig gefaßten Beschlusses jedenfalls rechtsfolgenlos; diesbezüglich wird zur weiteren Begründung auf die Gründe der Entscheidung des erkennenden Gerichts im vorläufigen Rechtsschutzverfahren Bezug genommen, 56Beschluß vom 11. April 1997 - 15 L 4204/96 -, S. 27 f. des Beschlußabdrucks; 57die dortigen Ausführungen im Zusammenhang mit der Entscheidung des Fakultätsrates über den Entzug der Venia legendi gelten hier sinngemäß. 58Auch im übrigen erweist sich das durchlaufene Verwaltungsverfahren als rechtsfehlerfrei. Daß die Ständige Habilitationskommission - ein nicht entscheidungsbefugter Ausschuß des Fakultätsrates i. S. des § 28 Abs. 5 S. 1 UG - im Vorfeld der Rücknahmeentscheidung mit der Sache befaßt war, begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Tätigkeit dieses Gremiums hat sich gemäß der Aufgabenzuweisung in § 20 S. 3 Ziffer 4 HO auf Sachverhaltsermittlungen zur "Vorbereitung des Widerrufs oder Entzugs der Habilitation oder der Venia legendi" sowie das Ausarbeiten eines für den Fakultätsrat bestimmten Entscheidungsvorschlages beschränkt. 59Entgegen der Meinung des Klägers ist schließlich auch nicht zu beanstanden, daß der Fakultätsrat über die Rücknahme der Habilitation in geheimer Abstimmung entschieden hat. Offen bleiben kann dabei, ob diese Verfahrensweise nicht schon gemäß der mit § 40 Abs. 2 S. 3 HRG [a.F.] übereinstimmenden Vorschrift des § 15 Abs. 3 UG geboten war, weil die Rücknahme einer Habilitation i. S. dieser Norm als Entscheidung in einer Personalangelegenheit zu qualifizieren ist, 60so wohl Hailbronner in Hailbronner, zu § 40 Rdnr. 11. 61Denn andernfalls war der Fakultätsrat mangels gesetzlicher Vorgaben in der Wahl der Modalitäten des Abstimmungsverfahrens frei. Übergeordnete Rechtsgrundsätze, nach denen die Entscheidung über die Rücknahme einer Habilitation in offener Abzustimmung zu treffen ist, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ergibt sich ein solches Gebot nicht aus der Rechtspflicht, über das Vorliegen der nach § 95 Abs. 1 UG für die Feststellung der Lehrbefähigung maßgeblichen Voraussetzungen offen und namentlich abzustimmen, 62vgl. dazu OVG NW, Urteil vom 16. Januar 1995 - 22 A 969/94 -, S. 13 und S. 30 des Urteilsabdrucks. 63Diese Notwendigkeit findet ihre Rechtfertigung in Art. 12 Abs. 1, 3 Abs. 1 GG und Art. 19 Abs. 4 GG. Danach ist es verfassungsrechtlich geboten, daß der in Prüfungsverfahren zur Entscheidung Berufene Verantwortung für die vorgenommene Bewertung einer Prüfungsleistung übernimmt und die Prüfungsentscheidung in Bezug auf die Wahrung der ihr rechtlich gesetzten Grenzen der gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Der Entscheidung über die Rücknahme einer Habilitation fehlt indes der prüfungsrechtliche Charakter und damit der für ein Verbot der geheimen Abstimmung rechtlich maßgebliche Anknüpfungspunkt. 64Die nach allem formell rechtmäßige Rücknahmeentscheidung ist nach Maßgabe des § 48 Abs. 1 VwVfG NW auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Die zu Gunsten des Klägers nach § 95 Abs. 1 UG getroffene Feststellung seiner Befähigung, ein wissenschaftliches Fach in Forschung und Lehre selbständig zu vertreten, ist rechtswidrig und ihre Rücknahme frei von Ermessensfehlern. 65Die Habilitierung des Klägers war rechtswidrig. Dabei kann offen bleiben, ob die Zulassung des Klägers zu dieser Prüfung rechtswidrig war und sich dieser Umstand, anders als im Regelfall, 66vgl. Niehues, Schul- und Prüfungsrecht, Band 2, 3. Auflage 1994, (Niehues) Rdnr. 101. 67auf die Prüfungsentscheidung selbst auswirkt. 68Der Kläger hat mit der Annahme seiner schriftlichen Habilitationsleistung (§ 9 Abs. 2 HO) jedenfalls eine der nach § 95 Abs. 3 S. 1 i. V. m. Abs. 1 UG für eine Habilitation rechtlich notwendigen Voraussetzungen und damit zugleich die Feststellung seiner Lehrbefähigung durch arglistige Täuschung erwirkt. Eine solche Prüfungsentscheidung ist rechtsfehlerhaft, weil es ihr mit der durch den Prüfling nicht ordnungsgemäß erbrachten Prüfungsleistung an der Grundlage fehlt, die für eine dem prüfungsrechtlichen Gebot der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) genügende Leistungsbewertung erforderlich ist, 69vgl. Niehues, a. a. O., Rdnr. 143 ff. 70Rechtlich unerheblich ist deshalb hier der wissenschaftliche Wert der Habilitationsschrift und damit die Frage, ob der Kläger im Zeitpunkt seiner Habilitierung tatsächlich die beruflich qualifizierende Fähigkeit besessen hat, an der Medizinischen Fakultät der Universität xxxxxxxxxx im Fach xxxxxxxxxx selbständig zu lehren und zu forschen (§ 95 Abs. 1 UG i. V. m. § 1 Abs. 1 HO). 71Eine (Prüfungs-)Entscheidung erlangt durch arglistige Täuschung, wer durch unrichtige Angaben oder Verschweigen von Tatsachen bei den für die zu treffende Entscheidung maßgeblich Verantwortlichen einen Irrtum hervorruft oder aufrechterhält und dabei in dem Bewußtsein handelt oder billigend in Kauf nimmt, diese zu einer günstigen Entschließung bestimmen zu können, wenn die genannten Umstände in dem Sinne für die dann behördlich getroffene Entscheidung ursächlich werden, daß sie ohne die Täuschung unterblieben oder nicht mit diesem Inhalt oder nicht zu diesem Zeitpunkt ergangen wäre, 72OVG NW, Urteil vom 20. Dezember 1991, a. a. O., S. 213 m. w. N. aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. 73Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der nach § 9 Abs. 3 S. 1 HO getroffenen Entscheidung der Habilitationskommission über die Annahme der schriftlichen Habilitationsleistung des Klägers erfüllt. Der diese Feststellung tragende Sachverhalt ergibt sich dabei zur Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung des Inhalts der beigezogenen Verwaltungsvorgänge bereits aus dem Vorbringen der Beteiligten im Verwaltungsverfahren sowie zu dem vorläufigen Rechtsschutzantrag und im vorliegenden Verfahren. Anlaß, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen oder entsprechend den Beweisantritten des Klägers weiter aufzuklären, besteht nicht. 74Die Beweisanträge des Klägers, die sämtlich nur hilfsweise gestellt und damit nicht gemäß § 86 Abs. 2 VwGO in der mündlichen Verhandlung, sondern erst in den Gründen des Urteils zu bescheiden sind, 75vgl. Kopp / Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, 11. Auflage 1998, (Kopp / Schenke), § 86 Rdnr. 19; Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, 10. Auflage 1998, (Eyermann), § 86 Rdnr. 25, 76bleiben alle erfolglos. Soweit sie Sachverhalte in Bezug nehmen, die das mit dem Habilitationsantrag vorgelegte Schriftenverzeichnis und die nach der Habilitierung erschienenen Publikationen betreffen, sind die Beweisanträge ungeachtet der ihnen zum Teil anhaftenden Rechtsmängel jedenfalls deshalb abzulehnen, weil das Urteil auf diesen unter Beweis gestellten Umständen nicht beruht. Tatsachen, die ungeeignet sind, die Entscheidung zu beeinflussen, sind rechtlich irrelevant; über sie braucht kein Beweis erhoben zu werden, 77BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1981, NVwZ 1982, S. 243 (244); Kopp / Schenke, a. a. O., Rdnr. 21; Eyermann, a. a. O., Rdnr. 38. 78Die übrigen Beweisanträge des Klägers sind, soweit sie nicht schon deshalb abzulehnen sind, weil mit ihnen Umstände in Bezug genommen werden, die keinen thematischen Zusammenhang mit entscheidungserheblichen Tatsachen aufweisen, aus den unten jeweils im Zusammenhang mit den einzelnen Beweisthemen dargestellten Gründen abzulehnen. 79Arglistig getäuscht hat der Kläger über die experimentelle Grundlage der im Kapitel "3. Ergebnisse" seiner Habilitationsschrift S. 54 ff als Resultat tierexperimenteller Studien ausgewiesenen Befunde. Sie beruhen in wesentlichem Umfang jedenfalls nicht auf den in der Arbeit in Kapitel "2. Experimenteller Teil" S. 32 ff beschriebenen Versuchen. Soweit er dies nicht sogar einräumt, hat der Kläger dem Täuschungsvorwurf Entscheidungserhebliches nicht entgegengesetzt. Nach seinem Vorbringen, das vielfach und zum Teil gravierend widersprüchlich und offensichtlich von dem steten Bemühen geprägt ist, den Sachvortrag immer wieder an Vorhalte der Gegenseite anzupassen, bleibt die Herkunft einer Vielzahl von Versuchsergebnissen zwar letztlich unklar. Der Vortrag rechtfertigt zur Überzeugung der Kammer aber die Feststellung, daß die in der Habilitationsschrift angeführten Experimentaldaten entsprechend dem an Beispielen belegten Kernvorwurf des Beklagten in rechtlich beachtlichem Umfang nicht unter den dort angeführten Bedingungen ermittelt worden sind. 80Unrichtig ist die Darstellung in der Habilitationsschrift, nach der die als Ergebnis der biomechanischen Prüfung ausgewiesenen Daten auf den in der Arbeit beschriebenen Versuchen beruhen. Soweit der Kläger zur Herkunft dieser Daten in seiner schriftlichen Stellungnahme an die Ständige Habilitationskommission vom 23. Juli 1996 angedeutet und in dem mit Vertretern der Fakultät am 22. Oktober 1996 geführten Gespräch erklärt hat, die Habilitationsschrift enthalte ebenso wie das bereits zuvor publizierte xxx xxxxxxxx unter anderem ihm aus den USA übermittelte Reißfestigkeitsdaten von vier Tieren des xxxxxxxxxxx, steht dies - wie weiter unten zu zeigen sein wird - zum Inhalt seiner Arbeit in eklatantem Widerspruch. Darüber hinaus ist die damalige Behauptung unzutreffend, daß beiden Publikationen das Ergebnis von Versuchen zur Reißfestigkeit an Kreuzbändern von sieben xxxxxxxxx der TVA-Projektnummer xxxxxxxxxxxxxxx zugrunde liegt. Die im xxxxxxxxxxxx publizierten Daten hatte der Kläger nämlich bereits schriftlich fixiert, bevor Tierexperimente aus dem genannten Projekt in der von ihm benannten Zahl abgeschlossen waren. 81Die in dem xxxxxxxxxxxx für die Reißfestigkeit von xxxxxxxxxxxx genannten Newton-Werte und Prozentangaben entsprechen denjenigen, die der Kläger in seinem bereits vor dem 3. Mai 1989 fertiggestellten Manuskript zu diesem Beitrag festgehalten hat. Entgegen seiner Darstellung in dem Gespräch vom 22. Oktober 1996 enthielt das Manuskript diese Zahlen nicht erst seit "August oder Dezember 1989"; anders als im Eilverfahren mit Schriftsatz vom 30. Dezember 1996 L ausgeführt, ist das Manuskript in Bezug auf die Versuchsdaten auch nicht letztmals Ende Dezember 1989 überarbeitet worden. Bereits am 3. Mai 1989 hatte der Kläger nämlich das Manuskript zu dem xxxxxxxxxxxx mit den dort später publizierten Newton- und Prozentwerten Herrn Dr. xxxxxxxxxx vom xxxxxxxxxx in den USA zur textlichen Überarbeitung zugesandt; dies belegt die durch Dr. xxxxxxxxxx seinem Schreiben vom 27. Januar 1997 -BA 6 S. 1090- an den damaligen Prodekan der Medizinischen Fakultät beigefügte Faxkopie -BA 6 S. 1091-. Bis zum 3. Mai 1989 war ausweislich der TVA-Dokumentation über das Ende der zu dem Projekt xxxxxxxxxxxxxxx gehörigen Versuche -BA 5 S. 725, 866- aber nur der an einem Leberkarzinom leidende Versuchsxxxx xxxxx eingeschläfert. 82Die Richtigkeit der TVA-Aufzeichnungen in diesem Punkt steht außer Zweifel, selbst wenn entsprechend der Rüge des Klägers Daten zum Ende einzelner Versuche dort nicht taggenau protokolliert sein sollten. Seinen zunächst der TVA- Dokumentation insoweit widersprechenden Sachvortrag hat der Kläger später aufgegeben bzw. nicht substantiiert aufrecht erhalten. Den durch Dr. xxxxxxxxxx benannten Tatsachen Rechnung tragend hat er im vorläufigen Rechtsschutzverfahren mit Schriftsatz vom 24. Februar 1997 nicht nur eingeräumt, daß das Manuskript zu dem xxxxxxxxxxxx nach dem 3. Mai 1989 unverändert geblieben ist L 183, sondern auch seinen Vortrag zur Herkunft der in dem xxxxxxxxxxxx benannten Reißfestigkeitsdaten modifiziert. Die dortige Darstellung, nach der das xxxxxxxxxxxx neben der Auswertung der im xxxxxxxxxx durchgeführten Tierversuche das Ergebnis eines Versuchs an einem nicht dem Projekt xxxxxxxxxxxxxxx zuzuordnenden (Ersatz-)xxxx der TVA und das Resultat des im Rahmen des Projekts xxxxxxxxxxxxxxx bis zum 3. Mai 1989 bereits abgeschlossenen Versuchs L 184 f. enthalte, erkennt die Richtigkeit der TVA-Aufzeichnungen für den hier fraglichen Zeitpunkt an. Einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen oder einem Beweisantrag folgend bedarf es daher mangels in diesem Zusammenhang streitiger und zugleich entscheidungserheblicher Tatsachen nicht. 83Entgegen dem im Eilverfahren modifizierten Vorbringen beinhaltet das xxxxxxxxxxxx aber auch das Ergebnis des aus dem Projekt xxxxxxxxxxxxxxx in Bezug genommenen Tierversuchs nicht. Diese Schilderung des Klägers ist vor dem Hintergrund seiner Behauptung unglaubhaft, daß die dem xxxxxxxxxxxx zugrunde liegenden Versuchsergebnisse in die Habilitationsschrift eingegangen sind. Nach der Habilitationsarbeit ist aber der an einem Leberkarzinom leidende - und nach der TVA-Dokumentation allein vor dem 3. Mai 1989 eingeschläferte - xxxx gerade aus dem Versuch genommen worden -S.-. 84Ob in dem xxxxxxxxxxxx der Versuch an einem durch die TVA zur Verfügung gestellten Ersatzxxxx ausgewertet ist, kann hier letztlich dahinstehen. Gegen diese Behauptung spricht zwar vieles, nachdem die Leiterin der TVA in ihren Auskünften vom 5. Juni 1996 -BA 5 S. 722- und vom 16. August 1996 -BA 5 S. 861- erläutert hat, daß ein solches Versuchstier in der TVA-Dokumentation verzeichnet sein müßte, gleichwohl dort aber nicht zu finden ist. Diese vom Kläger inhaltlich angezweifelte Darstellung des Sachverhalts bedarf keiner weiteren Prüfung, weil die Verwertung von Reißfestigkeitstets an xxxxxxxxxxxx nur eines TVA-Ersatzxxxxxx zugunsten des Klägers als wahr unterstellt werden kann. Die Darstellung in der Habilitationsschrift des Klägers bleibt in rechtserheblicher Weise unrichtig, wenn anstatt der dort angegebenen zehn xxxxxxxxxtransplantate lediglich eines aus der als in xxxxxxxxxx durchgeführt beschriebenen Versuchsreihe stammt. 85Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang beantragt hat, durch die Vernehmung von Zeugen Beweis zu der Tatsache zu erheben, "daß die Tierversuchsanlage als Ersatz für zwei xxxxx, die vorzeitig aus dem Versuch genommen werden mußten, teilweise aber noch verwertet werden konnten, zwei andere xxxxx zur Verfügung gestellt hat", ist dieser Antrag abzulehnen. 86Abgesehen von der fehlenden rechtlichen Relevanz der Verwertung von Ergebnissen aus Versuchen mit einem der Ersatz- xxxxx ist die unter Beweis gestellte Tatsache auch schon nicht entscheidungserheblich, weil der Erhalt der xxxxx nichts darüber besagt, ob diesen Tieren entnommene Transplantate den in der Habilitationsschrift beschriebenen Reißfestigkeitstets unterzogen worden sind und deren Ergebnisse in die Arbeit des Klägers Eingang gefunden haben. Im übrigen ist der Beweisantrag ferner mangels der erforderlichen Substantiierung abzulehnen. Unsubstantiierten Beweisanträgen braucht das Gericht nicht nachzugehen; unsubstantiiert sind dabei neben Anträgen, die das Beweisthema nicht hinreichend konkretisieren, auch solche, die dazu dienen sollen, erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage erhobene oder "aus der Luft gegriffene" und ohne Auseinandersetzung mit Gegenargumenten "ins Blaue hinein" aufrecht erhaltene Behauptungen zu stützen, 87vgl. etwa BVerwG, Beschluß vom 14. Januar 1998 - 3 B 214.97 -, Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerk der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Buchholz) 310 § 86 Abs. 1 Nr. 286 und Beschluß vom 29. März 1995 - 11 B 21.95 -, Buchholz, a. a. O., Nr. 266. 88So liegt der Fall hinsichtlich des behaupteten Erhalts eines zweiten TVA Ersatz-xxxxxx. Dafür daß Reißfestigkeitstets an transplantierten xxxxxxxxxxxx eines solchen xxxxxx in das xxxxxxxxxxxx - und damit in die Habilitationsschrift eingegangen sind, spricht - wie oben ausgeführt und im weiteren darzulegen sein wird - schon nach dem eigenen Vortrag des Klägers nichts. Beruhen nämlich die in dem xxxxxxxxxxxx für die Reißfestigkeit von xxxxxxxxxxxx genannten Werte, soweit den Einlassungen des Klägers zu folgen ist, mit nur einer Ausnahme allein auf der Auswertung von in den USA durchgeführten Tierexperimenten, gilt nach seinem Vorbringen gleiches für die in der Habilitationsschrift angeführten Reißfestigkeitsdaten. 89Bereits in seiner Stellungnahme vom 23. Juli 1996 ist der Kläger der ihm vorgehaltenen Divergenz zwischen der in der Habilitationsschrift genannten und in der Dokumentation der TVA festgehaltenen Zahl an Tierversuchen mit dem Hinweis begegnet, daß ein "großer Teil der angegebenen Versuche und ihrer histologischen Auswertungen von mir und meiner Projektgruppe in Tierlaboratorien des xxxxxxxxxxx in den USA gemacht worden sind". Diese Behauptung bezieht sich offensichtlich auch auf die seiner Habilitations-schrift zugrunde liegende Studie. Seine schriftlichen Angaben vom 23. Juli 1996 zur Herkunft der Versuchstiere erläuternd hat der Kläger nämlich in dem Gespräch vom 22. Oktober 1996 ausdrücklich erklärt, in seiner Habilitationsschrift habe er bei der Reißfestigkeitsanalyse die Daten von jeweils zwei dem 6-Monatskollektiv und zwei dem 12-Monatskollektiv zuzuordnenden xxxxxx berücksichtigt. Danach sind aber in die Habilitationsschrift jedenfalls aus den USA stammende ermittelte Reißfestigkeitsdaten eingeflossen. Daß die im xxxxxxxxxxxx verwerteten Versuchsergebnisse mit den der Habilitationsschrift zugrunde liegenden Daten identisch sind, ist als Behauptung auch den weiteren Ausführungen des Klägers immanent, mit denen er erklärt, daß die im xxxxxxxxxxxx für die Reißkraft genannten Newton-Werte von den in der Habilitationsschrift bezeichneten Werten um (etwa) den Faktor 2 abweichen. Wie mit Schriftsatz vom 30. Dezember 1996 im Eilverfahren vorgetragen soll diese Divergenz allein auf einem erst nach der Veröffentlichung des xxxxxxxxxxxxx erkannten Fehler beim Ablesen der originären Reißkraftprotokolle beruhen L 64 f.. Ob und inwieweit der Kläger diese Behauptung später hat relativieren oder zurücknehmen wollen, kann dahinstehen; das ohne eine solche Absicht gänzlich unverständliche, mit Schriftsatz vom 24. Februar 1997 angekündigte Bemühen, den Grund für die Übereinstimmung der Prozentzahlen im xxx xxxxxxxx und der Habilitationsschrift aufzuklären L 186, ist jedenfalls erfolglos geblieben. 90Soweit der Kläger demgegenüber zwecks Begründung der Klage mit Schriftsatz vom 20. November 1997 L behauptet, die in der Habilitationsschrift dargestellten Reißfestigkeitsuntersuchungen seien sämtlich in xxxxxxxxxx ausgeführt worden, und mit Schriftsatz vom 18. Juni 1998 K 76 weiter vorträgt, er habe zwar aus den USA Reißfestigkeitsdaten erhalten, diese aber in der Habilitationsschrift nicht verwertet, sind diese Behauptungen völlig "aus der Luft gegriffen", weil sie entsprechend den obigen Feststellungen in nicht aufzulösendem Widerspruch zu den dort erörterten Angaben zu Herkunft und Identität der Reißfestigkeitsdaten stehen, die im xxxxxxxxxxxx und in der Habilitationsschrift verarbeitet sind. 91Schon aus diesem Grund ist auch der gestellte Antrag, durch die Vernehmung von Zeugen Beweis zu der Tatsache zu erheben, daß "die in der Habilitationsschrift dargestellten Reißfestigkeitsuntersuchungen in xxxxxxxxxx ausgeführt wurden", als unsubstantiiert abzulehnen. Abgesehen davon ist die Vernehmung von Zeugen zum Nachweis der aufgestellten Behauptung kein taugliches Beweismittel. Durch Dritte ist regelmäßig nicht unmittelbar wahrzunehmen, welche Daten letztlich zur Auswertung in einer Habilitationsarbeit herangezogen werden, wenn denn ihr Urheber, wie dies prüfungsrechtlich zu fordern ist, für deren Inhalt allein verantwortlich zeichnet. Anhaltspunkte dafür, daß - und gegebenenfalls welche - der benannten Zeugen gleichwohl Angaben zu der aufgestellten Tatsachenbehauptung machen können, bietet der Sachvortrag des Klägers nicht. Ebenso abzulehnen ist schließlich der Beweisantrag, der darauf abzielt, Zeugen zu der Tatsache zu vernehmen, daß "32 xxxxx (...) in der Tierversuchsanlage xxxxxxxxxx in der Versuchsreihe xxxxxxxxxxxxxxx operiert (... worden sind, wobei) an 31 xxxxxx eine homologe knochengestielte xxxxxxxxxtransplantation mit LAD-Augmentation am rechten xxxxxxxxxx vorgenommen" worden ist. Diese (im übrigen wohl unstreitige) Behauptung ist als Tatsache nicht entscheidungserheblich, weil sie nichts darüber besagt, ob und welchem Umfang Ergebnisse dieser Versuchsreihe in die Habilitationsschrift eingegangen sind. 92Die Auswertung von in den USA durchgeführten Reißfestigkeitstests in der Habilitationsschrift widerspricht deren Darstellung zu den experimentellen Grundlagen der Studie. Nach dem objektivem Erklärungswert der dortigen Ausführungen haben mit Ausnahme der rasterelektronenmikroskopischen Nachuntersuchungen von Präparaten, die als im Labor der Firma xx durchgeführt bezeichnet werden -S.-, nicht nur sämtliche operativen Eingriffe an den Versuchsxxxxxx, sondern auch alle übrigen Untersuchungen in Einrichtungen der Universität xxxxxxxxxx stattgefunden. Die zu der experimentellen Studie in der Habilitationsschrift diesbezüglich geschilderten Einzelheiten lassen daran keinen Zweifel. 93Die zur Beschreibung der Operationsverfahren gewählte Formulierung "Alle operativen Eingriffe wurden unter streng sterilen Kautelen in den Operationssälen der Tierversuchsanlage xxxxxxxxxx durch das gleiche Operations- und Anästhesieteam durchgeführt." -S.- schließt bereits angesichts ihrer sprachlich unmißverständlichen Fassung aus, daß die zur Auswertung in der Studie herangezogenen Transplantationen an anderen Orten als in der TVA xxxxxxxxxx erfolgt sind. Ein solches Verständnis der Versuchsbeschreibung war offensichtlich auch intendiert. Soweit der Kläger dies im Eilverfahren mit der im Schriftsatz vom 30. Dezember 1996 aufgestellten Behauptung hat in Abrede stellen wollen, die zitierte Textpassage beschreibe lediglich die in der TVA herrschenden Operationsbedingungen L, findet eine solche Deutung der zitierten Textpassage schon in deren Wortlaut keine Stütze. Sie widerspricht ferner den in der Arbeit zu den Versuchsbedingungen weiter geschilderten Details, die bei verständiger Würdigung für die Annahme auch außerhalb der TVA durchgeführter Operationen schon keinen Raum lassen, weil die Versuchstiere unterschiedslos "postoperativ in den geräumigen Einzelboxen der Tierversuchsanstalt der Universität xxxxxxxxxx untergebracht" -S.- waren, deren "... groß angelegte Laufgehege und Gänge ..." für "eine tägliche Mobilisation (...) ausreichend Gelegenheit" -S.- boten, und während "der gesamten Versuchsdauer (...) monatlich das Laufverhalten der Tiere überprüft sowie eine klinische Untersuchung durchgeführt" -S.- worden ist. Überhaupt nichts mehr spricht für die Annahme andernorts als in der TVA durchgeführter Operationen, wenn die operativen Eingriffe ferner dadurch als zeitlich und inhaltlich aufeinander bezogen dargestellt werden, daß zunächst ein "xxxxxxxxx (...) einem ersten Spenderxxxx entnommen" -S.- worden ist, während bei "allen weiteren Eingriffen (...) der jeweils zu operierende xxxx sowohl als Transplantatempfänger als auch gleichzeitig wieder als Transplantatspender für den nächstfolgenden Versuchsxxxx" -S.- gedient hat, und die xxxxxxxxxtransplantate "in einen Plastikbehälter zur sofortigen Tieffrierung bei minus 80°C eingelegt" -S.- und "durchschnittlich 12 Tage" -S.- nach ihrer Entnahme wieder implantiert wurden. 94Haben somit nach dem Inhalt der Habilitationsschrift die Operationen und postoperativen Beobachtungen der Versuchsxxxxx in der TVA stattgefunden und kennzeichnet die Arbeit allein die rasterelektronenoptische Nachuntersuchung als in den USA durchgeführt, sind auch die Ausführungen in der Habilitationsschrift zu den weiteren experimentellen Studien ernstlich nur dahingehend zu verstehen, daß die für die insoweit erhobenen Befunde erforderlich gewesenen Präparate sämtlich in Einrichtungen der Universität xxxxxxxxxx gewonnen und dort auch untersucht worden sind. Dementsprechend werden in der Habilitationsschrift auch die einzelnen Resultate der biomechanischen Prüfungen ebenso wie die jeweiligen Ergebnisse der mikroangiographischen, histomorphologischen und der neurohistologischen Analysen als unter methodisch gleichen Bedingungen ermittelt beschrieben S. 41 f., 42 f., 44 ff. und 48 ff.. 95Diese Beschreibung des experimentellen Teils der Studie in der Habilitationsschrift ist aber nicht nur unrichtig, soweit der Kläger nach seiner Stellungnahme vom 23. Juli 1996 dort auch Ergebnisse in den Jahren 1983 bis 1987 an der TVA analog durchgeführter Experimente ebenso ausgewertet hat wie in den USA ermittelte Reißfestigkeitsdaten. Dies gilt vielmehr auch, soweit der Kläger zur Begründung seiner Klage mit Schriftsatz vom 20. November 1997 K ausgeführt hat, daß seine Arbeit unter anderem Forschungsergebnisse enthält, die am Institut für Topographische Anatomie und Biomechanik bei der Untersuchung solcher Präparate gewonnen worden sind, die aus den Laboratorien der Firma xx stammen. 96Angesichts der Verwertung von Ergebnissen solcher Fremdversuche ist auch die Darstellung in der Habilitationsschrift unrichtig, nach der alle im Rahmen der Studie auf ihre Reißfestigkeit hin untersuchten xxxxxxxxxxx aus der dort beschriebenen Operationsreihe stammen. Die gegenteilige Annahme setzte unter Berücksichtigung der weiteren Versuchsbeschreibung in der Habilitationsschrift entweder die Untersuchung in der TVA zunächst transplantierter und später dann entnommener xxxxxxxxxxx in den USA voraus, oder aber - nach Transplantation und postoperativer Beobachtungen in der TVA - den Transport von Versuchstieren in die Laboratorien des xxxxxxxxxxx, um sie dort für nachfolgende Untersuchungen der Kreuzbänder einzuschläfern. Während die erstgenannte Verfahrens-weise der Habilitationsschrift -S.- widerspricht, die Tests zur Reißfestigkeit der transplantierten xxxxxxxxxxx binnen einer Stunde nach dem Einschläfern der Versuchstiere beschreibt, ist für die letztgenannte Prozedur weder etwas ernstlich ersichtlich noch vorgetragen. Schon nach dem Vortrag des Klägers zu Art und Umfang seiner Zusammenarbeit mit der Firma xx in dem Gespräch vom 22. Oktober 1996 und nach seinen schriftsätzlichen Ausführungen vom 30. Dezember 1996 L 39 f> zur Begründung des Eilantrages sowie vom 20. November 1997 K zur Klagebegründung resultieren die aus den USA erhaltenen Untersuchungsbefunde vielmehr aus Experimenten, die auf Tierversuchen des xxxxxxxxxxx beruhen. 97Offensichtlich hiervon ausgehend ist der Kläger bereits in dem Gespräch vom 22. Oktober 1996 dem Vorhalt begegnet, im xxxxxxxxxx habe es zur fraglichen Zeit Versuche nur an xxxxxx gegeben. Für den Hinweis, er habe in seiner Arbeit die ihm aus den USA übermittelte Daten über die Reißfestigkeit von xxxxxxxxxxxx in dem Glauben ausgewertet, daß diese von Hunden stammten, und seinen weiteren - im Eilverfahren mit Schriftsatz vom 24. Februar 1997 L 174 erneuerten - Vortrag zum wissenschaftlichen Wert seiner Habilitationsleistung, nach der die Reißfestigkeit von xxxxxxxxxxxx bei xxxxxx und xxxxxx vergleichbar ist, bestand aber nur dann ein nachvollziehbarer Anlaß, wenn diese Daten entgegen dem Inhalt der Habilitationsschrift tatsächlich jedenfalls nicht von den in der TVA, sondern von in den USA transplantierten xxxxxxxxxxxx stammten. Gerade dies bekräftigend hat der Kläger auch den an ihn unter dem 29. Oktober 1996 gerichteten Brief von Dr. xxxxxxxxxx L 71 f. in der dem Gericht vorgelegten Übersetzung L 86 f. um die im Originaltext nicht vorhandene Anmerkung "in den USA" ergänzt, soweit dort von "im Oktober 1988 operierten xxxxxx" die Rede ist. Gleichen Inhalts ist ferner die eidesstattliche Versicherung des Klägers vom 14. Januar 1997 L. Daß die Habilitationsschrift Ergebnisse von Untersuchungen enthält, die nicht auf die dort beschriebene Operationsreihe zurückzuführen sind, ist schließlich auch der Klagebegründung zu entnehmen, in der der Kläger mit Schriftsatz vom 20. November 1997 K auf zu Untersuchungszwecken aus den USA erhaltene und damit dort gewonnene Präparate hinweist. 98Ob der Kläger tatsächlich aus den USA Präparate in dem Glauben erhalten und untersucht und das Ergebnis der Untersuchungen in seine Habilitationsschrift eingestellt hat, ist nach allem nicht entscheidungserheblich. Sein Antrag, zum Nachweis dieser Behauptungen durch die Vernehmung von Zeugen Beweis zu erheben, ist daher ebenfalls abzulehnen. 99Stammen danach nicht alle untersuchten Kreuzbänder und Präparate aus in der TVA durchgeführten operativen Eingriffen, ist ferner die Darstellung der Habilitationsschrift unzutreffend, nach der bei sämtlichen operativen Eingriffen das gleiche Operations- und Anästhesieteam eingesetzt war. 100Die Arbeitsgruppe des Klägers war an in den USA durchgeführten Tierversuchen nicht beteiligt. Dies gilt schon für den Kläger als Mitglied des Teams, das nach dem Inhalt der Studie verantwortlich zeichnet für die Durchführung der Transplantationen als Teil der wissenschaftlichen Arbeit und Voraussetzung aller weiter durchgeführten Untersuchungen. Die gegenteiligen Ausführungen des Klägers in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 23. Juli 1996 und dem Gespräch vom 22. Oktober 1996, nach denen er selbst an solchen in den USA durchgeführten Versuchen bzw. Operationen beteiligt war, deren Ergebnisse in die Habilitationsschrift eingeflossen sind, entsprechen offenbar nicht der Wahrheit. Abgesehen davon, daß der Kläger im Eilverfahren mit Schriftsatz vom 24. Februar 1997 bestritten hat, jemals solche Angaben gemacht zu haben L 185, sind die Behauptungen zur Beteiligung an diesen Tierversuchen auch sonst unglaubhaft. Daß der Kläger als sachkundiger, mit einer Studie an xxxxxx befaßter Wissenschaftler und Operateur nicht, wie in dem Gespräch vom 22. Oktober 1996 weiter ausgeführt, gewußt haben will, ob er Operationen, die für seine Habilitationsschrift von maßgeblicher Bedeutung sind, an xxxxxx oder xxxxxx durchführt, ist auch dann schlichtweg nicht nachvollziehbar, wenn die auf dem Operationstisch liegenden Versuchstiere tatsächlich jeweils mit Tüchern abgedeckt waren. 101Unrichtig ist damit auch die Darstellung der Habilitationsschrift, nach der die Versuchshunde jeweils sowohl als Transplantatempfänger als auch als Transplantatspender für das nächste zu operierende Tier gedient haben. Ein solcher Versuchsaufbau ist bei teilweise auch in den USA durchgeführten Tieroperationen auszuschließen. 102Hiermit übereinstimmend erweist sich auch die Schilderung in der Habilitationsschrift als unzutreffend, nach der die Operationsreihe in der TVA nach wenig mehr als einem Jahr abgeschlossen war. Innerhalb dieses Zeitraums, der sich aus den Angaben in der Habilitationsschrift ergibt, nach denen zwischen den 31 Transplantationsvorgängen jeweils durchschnittlich 12 Tage gelegen haben, sind an Einrichtungen der Universität xxxxxxxxxx Operationen der in der Habilitationsschrift beschriebenen Art nicht durchgeführt worden. Für Versuchszwecke genehmigte xxxxxxxxx, die nach der Dokumentation der TVA in dem hier fraglichen Zeitraum nur unter der Projektnummer xxxxxxxxxxxxxxx zur Verfügung standen, sind ausweislich der Aufzeichnungen der TVA für tierexperimentelle Studien des Klägers zwischen dem 17. Oktober 1988 und dem 19. März 1990 -BA Heft 5 S. 725, 865- und damit über einen Zeitraum von mehr als 17 Monaten abgegeben worden. Daran besteht trotz der verschiedentlich durch den Kläger gegen die Verläßlichkeit der TVA- Dokumentation erhobenen Einwände kein Zweifel. Abgesehen davon, daß er stets nur die protokollierten Daten zum jeweiligen Ende der Versuche in Frage gestellt hat, begegnet die Richtigkeit des dokumentierten und hier maßgeblichen Abgabezeitraums schon deshalb keinen durchgreifenden Bedenken, weil für Oktober 1988 die Abgabe von acht und für März 1990 die Abgabe von vier xxxxxx festgehalten ist. Etwaige Ungenauigkeiten einzelner Abgabedaten sind daher ungeeignet, einen Abgabezeitraum von weit mehr als 17 Monaten ernstlich in Abrede zu stellen. Mangels der Notwendigkeit, den Sachverhalt diesbezüglich weiter aufzuklären, war auch der Anregung des Klägers nicht zu folgen, Sektionsprotokolle der TVA beizuziehen. 103Nach allem ist die Versuchsbeschreibung in der Habilitationsschrift auch in einer Vielzahl weiterer Punkte unrichtig. Vor dem Hintergrund in den USA durchgeführter Tierversuche sowie angesichts der Behauptung, von dort neben Präparaten für Untersuchungszwecke auch Versuchsergebnisse erhalten zu haben, sind die Angaben in der Habilitationsschrift über Rasse, Alter, Geschlecht und Gewicht der Versuchstiere -S.- ebenso unzutreffend wie die Ausführungen zu den postoperativen Beobachtungen -S.-; gleiches gilt für die geschilderte Lebensdauer der xxxxx nebst der von ihr abhängenden Einordnung der Tiere in Versuchskollektive -S.- sowie für die beschriebene Gleichförmigkeit sowohl der Operationsverfahren S. 34 f. als auch der zu den einzelnen Experimenten angeführten methodischen Bedingungen S. 39 ff.. Diesen Ausführungen in der Versuchsbeschreibung der Habilitationsschrift liegen jeweils nicht durchweg eigene Erkenntnisse des Klägers zugrunde. Die experimentellen Bedingungen, unter denen in den Laboratorien des xxxxxxxxxxx Versuchsergebnisse erzielt und vom Kläger untersuchte Präparate gewonnen worden sind, waren ihm selbst ersichtlich nicht bekannt, nachdem er das aus den USA erhaltene Material lediglich in dem Glauben ausgewertet haben will, Daten und Präparate stammten von xxxxxx. 104Steht aufgrund des klägerischen Vorbringens nach allem fest, daß die Beschreibung des experimentellen Teils seiner Studie in Kapitel 2 der Habilitationsschrift durchgehend unrichtige Angaben enthält, ist der zu Lasten des Klägers erhobene Vorwurf der Täuschung erwiesen. Dies gilt, auch wenn sich über die oben getroffenen Feststellungen hinaus nicht bestimmen läßt, welche der einzelnen in der Arbeit genannten Forschungsergebnisse weiter nicht unter den beschriebenen Versuchsbedingungen ermittelt sind. 105Das Gericht hat zwar gemäß § 86 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 VwGO den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, ohne dabei an das tatsächliche Vorbringen der Beteiligten und ihre Beweisanregungen und Beweisanträge gebunden zu sein. Die Amtsermittlungspflicht findet aber, wie sich aus § 86 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VwGO ergibt, ihre Grenze an der Mitwirkungspflicht der Beteiligten. Diese sind gehalten, ihnen geläufige Tatsachen, mit denen sie ihre Anträge begründen, selbst vorzutragen; das Gericht ist nicht verpflichtet, in nicht durch entsprechendes Vorbringen oder konkrete Anhaltspunkte veranlaßte Nachforschungen darüber einzutreten, ob vielleicht irgendein bislang nicht entdeckter Umstand auf die Rechtmäßigkeit des zu beurteilenden Verwaltungshandelns von Einfluß sein könnte, 106BVerwG, Urteil vom 23. November 1982 - 9 C 74.81 -, BVerwGE 66 S. 237 ff (238) m. w. N. aus der Rechtsprechung; Kopp / Schenke, a. a. O., § 86 Rdnr. 12; Eyermann, a. a. O., § 86 Rdnr. 20. 107Insbesondere gebieten die von einem Beteiligten allgemein geäußerten Zweifel an der Rechtmäßigkeit behördlichen Handelns eine dezidierte Fehlersuche nicht, 108BVerwG, Beschluß vom 6. März 1996 - 4 B 184/95 -, NVwZ- RR 1997, S. 82 f.; Eyermann, a. a. O., § 86 Rdnr. 10. 109Namentlich gilt dies entsprechend dem in § 444 ZPO kodifizierten Rechtsgedanken der Beweisvereitelung für solche Umstände, deren Kenntnis ausschließlich oder doch überwiegend in der Sphäre eines Beteiligten liegen und dementsprechend nicht ohne ihm zumutbare Mitarbeit aufzuklären sind, 110Kopp / Schenke, a. a. O., § 108 Rdnr. 17; Eyermann, a. a. O., § 86 Rdnr. 20. 111So liegt der Fall hier. Anhaltspunkte für eine weitere Aufklärung des Sachverhalts bietet das Vorbringen des Klägers nicht. Das - zuletzt noch im Termin zur mündlichen Verhandlung - wiederholte Eingeständnis, daß seine Habilitationsschrift unrichtige Angaben enthält, verpflichtet den Kläger in gesteigertem Maß, solche Umstände darzulegen, die geeignet sind, den entsprechenden und durch einen schlüssigen Tatsachenvortrag substantiierten Vorwurf des Beklagten wenigstens in seiner Reichweite einzugrenzen. Dies war ihm möglich und auch zumutbar, weil die hierfür in Betracht kommenden Einzelumstände sämtlich allein in seiner Kenntnissphäre liegen. Dieser Pflicht ist der Kläger nicht nachgekommen. Sein Vorbringen ist im Kern auf die Behauptung beschränkt geblieben, die ihm vorgehaltene Unrichtigkeit von Angaben in der Habilitationsschrift sei nur von marginalem Umfang, ohne diesen Vortrag etwa hinsichtlich Zahl, Zeitpunkt und Bedingungen der in den USA durchgeführten Tierexperimente und Reißfestigkeitstests oder Verwendungszweck der aus den USA stammenden Präparate auch nur im Ansatz zu substantiieren. Soweit der Kläger sich dabei zur Begründung darauf beruft, daß er hierzu wegen der zwischenzeitlich verstrichenen Zeit nicht mehr in der Lage sei, ist dies eine rechtlich unbeachtliche Schutzbehauptung. Die Qualifikation seines Verteidigungsvorbringens als unsubstantiiert hat ihren Grund rechtlich nicht in fehlendem Detailreichtum zu einem an sich nachvollziehbaren Vortrag. Sie beruht vielmehr auf der Erkenntnis, daß der Kläger - wie oben dargelegt - keine der im Verlauf des Verfahrens zur Herkunft der in der Habilitationsschrift aufgestellten Behauptungen (in vollem Umfang) aufrecht erhalten, sondern immer dann modifiziert und/oder durch ihnen widersprechenden Sachvortrag ersetzt hat, wenn sich seine ursprüngliche Sachverhaltsdarstellung aufgrund zwischen-zeitlich neu gewonnener Erkenntnisse des Beklagten als falsch er-wiesen hatte. Dies belegt nachhaltig, daß es dem Kläger nicht an Kenntnissen über die damaligen Geschehnisse mangelt, sondern daß er mit der Wahrheit leichtfertig umgeht. Dies geht zu seinen Lasten. 112Die Täuschung des Klägers ist für die Annahme seiner schriftlichen Habilitationsleistung auch ursächlich gewesen. Daß die Habilitationskommission die tierexperimentelle Studie des Klägers in Kenntnis der Unrichtigkeit der Versuchsbeschreibung in dem aufgezeigten Umfang nicht, zumindest aber nicht ohne weitere Prüfung bereits am 11. September 1991 als habilitationswürdig anerkannt hätte, liegt auf der Hand. Gerade die Auswahl der Versuchsparameter als Grundlage einer experimentellen Studie ist für die Beurteilung der Fähigkeit zur selbständigen Forschung von maßgeblicher Bedeutung; die Beurteilung der schriftlichen Habilitationsleistung des Klägers im Referat von Prof. Dr. xxxxxxxx bringt dies ebenso deutlich zum Ausdruck wie deren Bewertung in den CO-Referaten der Profes. Dres. xxxxxx und xxxxxxxx. Rechtlich unerheblich ist dabei, ob und inwieweit die drei Referenten der Habilitationsschrift entsprechend der durch den Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung aufgestellten Behauptung um die Unrichtigkeit der Darstellung in der zu begutachtenden Arbeit gewußt haben. Ungeachtet der Frage, ob ein solch kollusives Zusammenwirken von Prüfling und Prüfer überhaupt zugunsten des Klägers rechtlich Beachtung finden könnte, hätte der Kläger mittels der Gutachter dann jedenfalls die übrigen Mitglieder der Habilitationskommission zur Annahme seiner schriftlichen Habilitationsleistung durch deren Verschweigen ihres Wissens bestimmt. 113Der Kläger hat die experimentelle Grundlage seiner Arbeit in der Habilitationsschrift auch in dem Bewußtsein unrichtig beschrieben, die Habilitationskommission hierdurch zur Annahme seiner schriftlichen Habilitationsleistung bestimmen zu können. Dies steht fest, nachdem er zur Begründung seines Eilantrages mit Schriftsatz vom 24. Februar 1997 L 185 eingeräumt hat, die aus den USA stammenden Versuchsergebnisse in der Habilitationsschrift nicht sämtlich gekennzeichnet zu haben, um dem Eindruck eines im Auftrag des xxxxxxxxxxx zur Produktförderung durchgeführten Forschungsvorhabens entgegenzuwirken. 114War die Habilitierung des Klägers nach allem schon wegen der durch arglistige Täuschung erwirkten Annahme seiner schriftlichen Habilitationsleistung rechtswidrig, war der Beklagte an der Rücknahme der Habilitation auch nicht durch die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 S. 1 VwVfG NW gehindert. Diese Entscheidungsfrist, die mit der Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts beginnt, 115BVerwG, Großer Senat, Entscheidung vom 19. Dezember 1998 - GrSen 1/84 und GrSen 2/84 -, NJW 1985, S. 819 ff., 116ist gewahrt, nachdem die Fakultät nicht vor Erhalt der an den Beklagten gerichteten Stellungnahme der Ständigen Habilitationskommission vom 17. September 1996 um die Rechtswidrigkeit der Habilitierung des Klägers gewußt haben kann und die vom 25. Oktober 1996 datierende Rücknahmeentscheidung dem Kläger noch im Oktober 1996 zugegangen ist. 117Auch im übrigen hält die Entscheidung über die Rücknahme der Habilitation einer Rechtskontrolle stand; in der hier maßgeblichen Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 1997 ist der angefochtene Bescheid vom 25. Oktober 1996 insoweit frei von Ermessensfehlern (§ 114 VwGO). 118Der Ermessensbetätigung liegt mit dem Vorwurf, über die Herkunft einzelner in der Habilitationsschrift angeführter Versuchsergebnisse arglistig getäuscht zu haben, ein im Ergebnis zutreffend ermittelter Sachverhalt zugrunde. Wie die übrigen dem Kläger gemachten Vorhaltungen qualifiziert die dem Widerspruchsbescheid beigefügte Begründung der Ermessensentscheidung auch und gerade die im Zusammenhang mit der Anfertigung der Habilitationsschrift stehenden Täuschungshandlungen nicht als schlichte Entgleisungen, die für sich genommen ohne Rechtsfolgen bleiben könnte. Rechtlichen Bedenken begegnet diese Bewertung nicht. Sie ist mit der getroffenen und ihrerseits rechtsfehlerfreien Feststellung, daß eine funktionsfähige Wissenschaft die Grenzen zwischen Wissenschaft und Täuschung kennende und sie respektierende Wissenschaftler benötige, und durch die gleichzeitige Bezugnahme auf Schwere und Umfang dieser Täuschungen nachvollziehbar begründet. Die zum Beleg der Dauer eines wissenschaftlich unredlichen Verhaltens des Klägers weiter in Bezug genommenen Vorwürfe haben damit ausweislich der seitens des Fakultätsrates für seine Ermessensbetätigung dargelegten Gründe rechtlich allein Bedeutung für die zeitgleich getroffene und begründete Entscheidung über den Entzug der Venia legendi; im vorliegenden Zusammenhang sind sie ohne Belang. 119Der Ermessensentscheidung liegt schließlich auch eine ausreichende Abwägung der von der Rücknahmeentscheidung betroffenen Belange des Klägers und der Allgemeinheit zugrunde. Rechtlich nicht zu beanstanden ist es, dem öffentlichen Interesse am Ausschluß unredlicher Wissenschaftler von Forschung und Lehre den Vorrang einzuräumen vor den beruflichen, privaten und wirtschaftlichen Interessen des Klägers am Fortbestand seiner Habilitation. 120Erweist sich damit die Rücknahme der Habilitation als rechtmäßig, ist auch die Entscheidung über den Entzug der Venia legendi ohne Rechtsfehler und verletzt den Kläger nicht in eigenen Rechten. 121Offen bleiben kann dabei hier, ob der Entzug der Venia legendi auch aus den in den angefochtenen Bescheiden genannten Gründen als Widerruf und / oder Rücknahme der Lehrbefugnis rechtmäßig ist. Namentlich bedarf es keiner Prüfung, ob die Ausführungen der Kammer zur Bestätigung der Widerrufsentscheidung im Eilverfahren, 122Beschlusses vom 11. April 1997, a.a.O., S. 24 ff. des Umdrucks, 123ohne Aufklärung des Sachverhalts weiter Geltung beanspruchen können, nachdem der Kläger sein gegen die Rechtmäßigkeit gerichtetes Vorbringen im Klageverfahren mit hilfsweise gestellten Beweisanträgen verbunden hat. Seine Lehrbefugnis ist gemäß § 18 Abs. 1 lit. d) HO ohne weiteren Rechtsakt erloschen, nachdem die Vorschrift diese Rechtsfolge unter anderem an den schon an den Entzug der Habilitation anknüpft und die Rücknahme der Lehrbefähigung des Klägers - wie oben ausgeführt - rechtmäßig ist. 124Gegen die Rechtmäßigkeit der Satzungsbestimmung bestehen keine Bedenken. Sie beruht auf der Ermächtigungsnorm des § 95 Abs. 5 UG und widerspricht nicht der Vorschrift des § 95 Abs. 7 S. 2 UG, die mit dem Verweis auf § 54 Abs. 4 S. 3 und S. 4 UG für die Venia legendi lediglich Widerrufs- und Rücknahmegründe kodifiziert und damit für die Normierung von Erlöschensgründen in der Habilitationsordnung Raum läßt, 125vgl. Epping in Leuze / Bender, a. a. O., zu § 95 Rdnr. 81. 126Der in § 18 Abs. 1 lit. d) HO kodifizierte Erlöschenstatbestand steht schließlich auch in Einklang mit dem materiellen Recht, nachdem eine Habilitierung rechtlich notwendige Bedingung für die Erteilung der Lehrbefugnis (vgl. § 95 Abs. 6 S. 1 UG) und damit auch für deren rechtmäßigen Fortbestand ist. 127Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 VwGO und den §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO. | 1 | 2der am xxxxxxx 1960 geborene kläger war von 1991 bis 1998 - zuletzt als akademischer oberrat in der stellung eines oberarztes - an der xxxxxxxxxxxxxx klinik der xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx (xxxxxxxxxxx xxxxxxxxxx) beschäftigt. am 18. april 1991 legte er dem beklagten sein gesuch um zulassung zur habilitation und verleihung der venia legendi für das fachgebiet xxxxxxxxxx an der universität xxxxxxxxxx vor. dem antrag fügte er als verzeichnis seiner bisher veröffentlichten wissenschaftlichen arbeiten eine aufstellung von buchbeiträgen und publikationen in zeitschriften bei. 3der fakultätsrat der medizinischen fakultät der universität xxx xxxxxxx (fakultätsrat) beschloß am 16. mai 1991 die eröffnung des habilitationsverfahrens. zugleich wählte er die mitglieder der habilitationskommission und benannte für die vom kläger vorgelegte schriftliche habilitationsleistung zum thema "xxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx" den direktor der xxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxx der universität xxxxxxxxxx, herrn prof. dr. xxxxxxxx, als referenten sowie als koreferenten die profes. dres. xxxxxx (universität xxxxxxxxxxx) und xxxxxxxx (universität xxxxxxx). 4prof. dr. xxxxxxxx schloß sein referat vom 22. mai 1991 mit der uneingeschränkten empfehlung, die arbeit des klägers als habilitationsleistung anzunehmen. seine beurteilung zusammenfassend führte er unter anderem aus, sie dokumentiere "in einzigartiger weise (...) die synopse aus klinischer erfahrung und operativer notwendigkeit, verbunden mit dem einsatz aufwendiger experimentalstudien im bereich der traumatologischen grundlagenforschung". die studie sei "ausgezeichnet geplant, einwandfrei durchgeführt, übersichtlich und photographisch gut" festgehalten und erlaube als anwendungsorientierte grundlagenforschung "eine umsetzung auf klinische verhältnisse". prof. dr. xxxxxxxx empfahl in seinem koreferat vom 31. mai 1991 die annahme der arbeit des klägers ohne einschränkung; zur begründung wies er unter anderem darauf hin, daß 5"the author has (...) carried out very extensive, expensive and time consuming studies on animals. these studies are very well conducted (...). he has used his techniques very wisely and the results from this thesis will no doubt be noted around the world. (...) the author has documented his experimental techniques and his results very well (...)". 6prof. dr. xxxxxx beurteilte die schrift des klägers ebenfalls als habilitationswürdig. sein gutachten vom 8. august 1991 hob unter anderem hervor, der methodische ansatz der arbeit sei "gut gewählt", angesichts der "erfreulich klein(en) zahl der versuchstiere" sei "für einige untersuchungen die anzahl der zur verfügung stehenden transplantate relativ gering (...), so daß statistische aussagen entweder nicht oder nur mit vorbehalt möglich (...)" seien; dennoch sei aber "die gesamte versuchsplanung wohldurchdacht und überlegt" und die " einbeziehung von klinischen, makroskopisch-anatomischen und histologisch- morphologischen parametern (...) sinnvoll geplant" und durch biomechanische und mikroangiographische untersuchungen abgerundet. 7als mitglied der habilitationskommission empfahl auch pd dr. xxxxxxx in seinem schriftlichen votum vom 8. august 1991 die uneingeschränkte annahme der arbeit des klägers als "eine umfassende tierexperimentelle untersuchung an 32 xxxxxxxxx", die "sorgfältig geplant, zielstrebig durchgeführt und übersichtlich dokumentiert" sei. 8nachdem die habilitationskommission in ihrer sitzung vom 11. september 1991 die annahme der arbeit des klägers als schriftliche habilitationsleistung beschlossen und der kläger seine mündliche prüfungsleistung erbracht hatte, habilitierte ihn die medizinische fakultät der universität xxxxxxxxxx (fakultät) am 17. oktober 1991 und verlieh ihm zugleich die venia legendi für das fach xxxxxxxxxx. 9unter dem 3. mai 1995 übersandte dr. xxxx, oberarzt an der xxxxx xxxxxxxxx klinik der universität xxxxxxx, dem beklagten ein an den kläger gerichtetes schreiben gleichen datums, in dem er dem kläger vorwarf, dieser habe - ohne hinweis auf die fremde urheberschaft - im jahr 1995 in einem in der xxxxausgabe des "xxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxx" (xxxx) erschienenen aufsatz zum thema "xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx" ein von ihm - dr. xxxx - stammendes bild veröffentlicht, das zudem nicht das zeige, wofür es benannt sei. mit schreiben vom 8. mai 1995 räumte der kläger gegenüber dem beklagten ein doppelten versehen bei der veröffentlichung des bildes ein und wies darauf hin, daß er zwischenzeitlich die mit einem hinweis auf die fehlveröffentlichung verbundene publikation eines nachgereichten bildes veranlaßt habe. mit schreiben vom 17. dezember 1995 rügte prof. dr. xxxxxx (universität xxxxxxx) gegenüber dem beklagten, daß das als erratum im xxxxxxxx 1995 in dem xxxx veröffentliche bild manipuliert sei, weil es sich zusammensetze aus details einer von ihm und dr. xxxx stammenden elektronenmikroskopischen aufnahme sowie einer früheren aufnahme des klägers. 10unter dem 14. mai 1996 wandte sich der beklagte an den vorsitzenden der ständigen habilitationskommission der fakultät. er bat um prüfung der frage, ob dem kläger habilitation und venia legendi zu entziehen seien, und um vorbereitung einer gegebenenfalls für erforderlich gehaltenen entscheidung des fakultätsrates. zur begründung verwies der beklagte auf dem anschreiben nebst anlagen beigefügte aktenvermerke, auf deren inhalt wegen der einzelheiten bezug genommen wird (beiakte heft -ba- 5 s. 535 bis 704), und führte u. a. aus, nach seinen vorermittlungen bestehe der verdacht, daß der kläger in wissenschaftlichen veröffentlichungen eine abbildung manipuliert und identische bilder als abbildung unterschiedlicher präparate ausgewiesen habe; die im xxxx 1995 im xxxx durch ihn publizierten ergebnisse seiner wissenschaftlichen arbeit entbehrten möglicherweise sogar einer experimentellen grundlage. zudem enthalte das mit dem habilitationsantrag vorgelegte schriftenverzeichnis des klägers zum großen teil unrichtige angaben. 11mit schreiben vom 17. juni 1996 - auf dessen inhalt verwiesen wird (ba 5 s. 747 ff.) - gab die ständige habilitationskommission dem kläger gelegenheit, zu den vorbezeichneten vorhaltungen ebenso stellung zu nehmen wie zu dem ergebnis der weiter angestellten ermittlungen. diesbezüglich führte die habilitationskommission aus, die in der habilitationsschrift des klägers mit 32 angegebene zahl an versuchsxxxxxx und die sich aus der einteilung in kollektive von 3, 6 und 12 monaten mit je 10 xxxxxx ergebende lebensdauer der einzelnen versuchstiere widersprächen den aufzeichnungen der tierversuchsanstalt der universität xxxxxxxxxx (tva) über die ihm für experimentelle studien zur verfügung gestellten foxhounds und deren überlebenszeit. auch liege die in der habilitationsschrift genannte zahl für die hergestellten und morphometrisch ausgewerteten elektronenmikroskopischen aufnahmen über der zahl der durch das institut für pathologie der universität xxxxxxxxxx dokumentierten untersuchungen. auffällig sei ferner, daß die in der habilitationsschrift als ergebnis biomechanischer versuche angegebenen prozentwerte für die im vergleich zu kontrollpräparaten ermittelte durchschnittliche reißfestigkeit der transplantate identisch seien mit den zahlen, die der kläger in dem in "xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx, 1990" auf s. xxx veröffentlichen abstract "xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx. xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx(xxx)" (xxxxxxxxxxxx) publiziert habe. zudem erwähne der kläger in dem abstract 26 tierversuche, obwohl nach den aufzeichnungen der tva bis ende 1989 erst 9 tierversuche abgeschlossen gewesen seien. ebenso spreche der kläger in seinem in der januarausgabe 1995 des xxxx erschienen aufsatz "xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx xxx xxxxxxxxxxxxxxxxx" von 30 tierexperimenten mit bestrahlten transplantaten; demgegenüber weise die dokumentation der tva für den zeitpunkt des redaktionsschlusses nur drei beendete tierversuche auf. die als erratum in dem xxxx veröffentlichte abbildung sei gefälscht. außerdem enthielten die weiteren veröffentlichungen des klägers zum thema "xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx" mehrfach doppelpublikationen, in denen teilweise das ergebnis von (angeblichen) versuchen mit bestrahlten xxxxxxxxxxxx durch bilder unbestrahlter präparate belegt werde. auch der dort genannte umfang der tierexperimente mit bestrahlten xxxxxxxxxxxx, die angaben über die einteilung in versuchskollektive sowie die benannte zahl an elektronenmikroskopischen untersuchungen stünden im widerspruch zu den aufzeichnungen der tva bzw. des pathologischen instituts der universität xxxxxxxxxx. schließlich habe der kläger unter den durch ihn verfaßten "xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx" zu dem wissenschaftlichen beitrag in der xxxx die unterschrift von prof. dr. xxxxxx als mitautor ohne dessen einverständnis gesetzt. 12in seiner stellungnahme an die ständige habilitationskommission vom 23. juli 1996 - hinsichtlich der einzelheiten und der beigefügten anlagen wird verwiesen auf ba 5 s. 760 ff. - wandte der kläger sich gegen die ihm gegenüber erhobenen vorwürfe. in bezug auf die beanstandungen an seiner habilitationsschrift führte er dabei unter anderem aus, die zahl der dort angegebenen tierversuche könne schon deshalb nicht mit den aufzeichnungen der tva übereinstimmen, weil er und seine projektgruppe einen großen teil der versuche und ihrer histologischen auswertungen in den tierlaboratorien des xxxxxxxxxxx in den usa durchgeführt und in der habilitationsschrift auch ergebnisse analoger experimente ausgewertet habe, die in den jahren von 1983 bis 1987 an der tva durchgeführt worden seien. im übrigen sei die dokumentation der tva aber auch lückenhaft und zum teil falsch. nach seinen aufzeichnungen habe das institut für pathologie der universität xxxxxxxxxx zumindest 6 präparate untersucht; transmissions- und rasterelektronenoptische bilder seien aber auch in den laboratorien des xxxxxxxxxxx gefertigt worden. 13am 17. september 1996 beschloß die ständige habilitationskommission im wesentlichen aus den bereits in dem an den kläger gerichteten anhörungsschreiben vom 17. juni 1996 genannten gründen, dem fakultätsrat durch den beklagten die entziehung von habilitation und venia legendi des klägers empfehlen zu lassen; wegen der einzelheiten wird auf den inhalt der an den beklagten gerichteten stellungnahme der ständigen habilitationskommission vom 17. september 1996 verwiesen (ba 5 s. 888 ff.). 14nachdem er den inhalt seiner stellungnahme vom 23. juli 1996 bereits schriftlich ergänzt hatte, erläuterte der kläger diesen gegenüber vertretern der fakultät am 23. oktober 1996 auch mündlich. nach dem durch den damaligen dekan der fakultät, prof. dr. xxxxxx, und prof. dr. xxxxxx, damals prodekan, gezeichneten gesprächsprotokoll - hinsichtlich der einzelheiten wird bezug genommen auf ba 5 s. 959 ff. - gab er dabei unter anderem an, bei fertigstellung des xxxxxxxxxxxxx im "august oder dezember 1989" habe er über die reißfestigkeitsdaten aus 12 tierversuchen verfügen können. das ergebnis dieser experimentellen studien an 7 bei der tva unter der projektnummer xxxxxxxxxxxxxxx geführten xxxxx sowie an einem weiteren durch die tva zur verfügung gestellten xxxx und 4 in laboratorien des xxxxxxxxxxx untersuchten xxxxxx mit unbestrahlten und durch lad (ligament augmentation device) verstärkten (anterior cruciate ligament) acl-transplantaten habe eingang in seine habilitationsschrift und die späteren publikationen gefunden. die weiteren im xxxxxxxxxxxx genannten xxxxx stammten sämtlich aus vor 1988 durchgeführten forschungsprojekten. im xxxxxxxxxx habe man seines wissens zur fraglichen zeit sowohl mit xxxxxx als auch mit xxxxxx experimentiert; ob er selbst xxxxx oder xxxxxx operiert habe, könne er nicht sagen, da die tiere bei den operationen immer mit tüchern abgedeckt gewesen seien. er habe aber jedenfalls stets geglaubt, die aus den usa erhaltenen reißfestigkeitsdaten resultierten aus versuchen mit xxxxxx. abgesehen davon sei wissenschaftlich belegt, daß sich die xxxxxxxxxxx von xxxxxx und xxxxxx hinsichtlich ihrer reißfestigkeit nicht wesentlich unterschieden. 15in seiner sitzung vom 24. oktober 1996 beschloß der fakultätsrat in anwesenheit von 13 seiner mitglieder - davon 8 aus der gruppe der professoren - in geheimer abstimmung den "widerruf" der habilitation des klägers mit der begründung, er habe diese durch arglistige täuschung und in wesentlicher beziehung unvollständige und irreführende angaben erwirkt; zugleich entzog der fakultätsrat dem kläger unter anordnung der sofortigen vollziehung dieser entscheidung die venia legendi und führte aus, widerruf und rücknahme der lehrbefugnis seien geboten, nachdem der kläger durch sein verhalten das in seiner stellung erforderliche ansehen und vertrauen verletzt und auch die lehrbefugnis durch arglistige täuschung erlangt habe; wegen der weiteren einzelheiten des sitzungsverlaufs wird auf ba 5 s. 976 ff. bezug genommen. 16mit bescheid vom 25. oktober 1996 teilte der beklagte dem kläger die beschlüsse des fakultätsrates mit und fügte die von ihm zur begründung herangezogene stellungnahme der ständigen habilitationskommission vom 17. september 1996 bei. dort hatte die kommission zu dem verteidigungsvorbringen des klägers unter anderem ausgeführt, die habilitationsschrift könne keine ergebnisse von versuchen enthalten, die in den usa oder vor 1988 in der tva durchgeführt worden seien. im xxxxxxxxxx habe man ausweislich nach dortiger darstellung seinerzeit ausschließlich mit xxxxxx experimentiert und im übrigen weder für den kläger noch mit ihm untersuchungen durchgeführt. in der tva habe man vor 1988 nur xxxxxxx xxxxx operiert; bei diesen ohne beteiligung des klägers durchgeführten versuchen sei aber weder die vom kläger in der habilitationsschrift beschriebene operationsmethode noch das lad verstärkte transplantat eingesetzt worden. nach allem enthalte die habilitationsschrift erfundene oder gefälschte daten, die ihr ergebnis in frage stellten. 17gegen diese entscheidung erhob der kläger widerspruch und stellte am 2. november 1996 bei dem erkennenden gericht einen antrag auf gewährung vorläufigen rechtsschutzes. zu seiner begründung legte er auch die am 14. januar 1997 an eides statt abgegebene versicherung vor, nach der die in der habilitationsschrift genannten zahlen zutreffend sind und aus versuchen an der tva sowie analogen und teilweise wissenschaftlich ausgewerteten versuchen der laboratorien des xxxxxxxxxxx resultieren. das vorläufige rechtsschutzgesuch blieb ohne erfolg (beschluß vom 11. april 1997 - 15 l 4204/96 -). 18nachdem der kläger mit schreiben vom 20. juni 1996 seinen widerspruch ergänzend begründet und der fakultätsrat am 3. juli 1997 aus den gründen der entsprechenden empfehlung der ständigen habilitationskommission vom 27. juni 1997 beschlossen hatte, den widerspruch als unbegründet zurückzuweisen, teilte der beklagte dem kläger dieses beratungsergebnis durch bescheid vom 5. juli 1997 mit. der entscheidung fügte er die stellungnahme der ständigen habilitationskommission vom 27. juni 1997 bei, wegen deren einzelheiten auf ba 6 s. 1374 ff. verwiesen wird. zugleich übermittelte er dem kläger im wortlaut die im protokoll über die sitzung vom 3. juli 1997 festgehaltenen ermessenserwägungen des fakultätsrates, denen zufolge das öffentliche interesse an einem ausschluß ungeeigneter lehrpersonen von forschung und lehre das interesse des klägers überwiegt, von den nachteilen verschont zu bleiben, die mit einer solchen maßnahme für ihn persönlich und wirtschaftlich sowie für sein akademisches und berufliches fortkommen verbunden sind. schwere und wiederholung der über einen zeitraum von 6 jahren nachgewiesenen täuschungshandlungen zeigten, daß der kläger als wissenschaftler charakterlich ungeeignet sei. 19der kläger hat am 18. juli 1997 klage erhoben. 20er macht geltend, die angefochtenen entscheidungen des beklagten seien bereits formell rechtswidrig. der fakultätsrat habe über den entzug von habilitation und venia legendi in unzutreffender besetzung befunden. zur rücknahme bzw. zum widerruf von lehrbefähigung und lehrbefugnis sei bereits nach den allgemeinen grundsätzen des verwaltungsrechts nur die behörde berufen, die die aufzuhebenden entscheidungen getroffen habe. entgegen den damit maßgeblichen regelungen in § 28 abs. 4 satz 2 des gesetzes über die universitäten des landes nordrhein-westfalen (ug) und § 15 abs. 3 der habilitationsordnung der medizinischen fakultät der universität xxxxxxxxxx (ho) habe aber bei der beschlußfassung über den entzug von habilitation und venia legendi das stimmrecht nicht allen mitgliedern der gruppe der professoren der fakultät offen gestanden; für eine beteiligung der studenten und wissenschaftlichen mitarbeiter an den entscheidungen fehle es demgegenüber an einer rechtsgrundlage. rechtlich zu beanstanden sei auch, daß der fakultätsrat seine beschlüsse in geheimer abstimmung gefaßt habe. 21weiterhin ist der kläger der auffassung, die angefochtenen regelungen seien auch in der sache rechtswidrig. sein vorbringen aus dem verwaltungsverfahren teils vertiefend und teils erweiternd macht der kläger unter teilweiser bezugnahme auf seinen vortrag im vorläufigen rechtsschutzverfahren - wegen der einzelheiten wird insoweit bezug genommen vor allem auf die dortigen schriftsätze vom 30. dezember 1996, 2. und 20. januar 1997, 24. februar 1997 und 25. märz 1997 - bezüglich der den entzug der habilitation betreffenden entscheidung unter anderem geltend , der fakultätsrat habe nicht geprüft, ob die ihm vorgeworfenen täuschungshandlungen für seine habilitierung überhaupt ursächlich geworden seien. 22daß in seine habilitationsschrift, wenn auch nur in geringem umfang, ergebnisse von tierversuchen des xxxxxxxxxxx eingeflossen seien, habe er nicht offengelegt, um dem unzutreffenden eindruck vorzubeugen, im auftrag dieses pharmazeutischen unternehmens forschung mit dem ziel der produktförderung (lad) betrieben zu haben -l 185-. die ihm aus den usa übermittelten daten habe er in beziehung gesetzt zu eigenen und in der literatur veröffentlichten forschungsergebnissen. damit seien die bei xx gewonnenen erkenntnisse wissenschaftlich ausgewertet in die habilitationsschrift eingegangen -l 185-. dies gelte auch für die untersuchung von präparaten, die er aus den usa erhalten habe k und für die resultate dort angestellter histologischer und elektronenmikroskopischer untersuchungen von proben, die er zwecks auswertung in die usa versandt habe k. die in der habilitationsschrift dargestellten versuche zur bestimmung der reißfestigkeit seien indes sämtlich an der universität xxxxxxxxxx durchgeführt worden k. 23entgegen seiner ursprünglichen darstellung habe er die in dem xxx xxxxxxxx veröffentlichten versuchsergebnisse nach august 1989 nicht mehr korrigiert -l 183-. er sei bemüht, die übereinstimmung der dort genannten prozentzahlen mit den in der habilitationsschrift publizierten werten weiter aufzuklären, könne aber diesbezüglich ein versehen seinerseits nicht ausschließen -l 186-. der um den faktor 2 erhöhte wert der im xxxxxxxxxxxx genannten reißfestigkeitsdaten beruhe jedenfalls auf einem zunächst unerkannt gebliebenen maßstabablesefehler -l 64 f.-. in dem xxxxxxxxxxxx habe er verwertet das ergebnis der ersten xxxxxxxxxxxx versuchsreihe an 20 nichtaugmentierten tieren, die ergebnisse von versuchen mit extremitäten, die aus anderen, damals begleitend durchgeführten experimenten stammten, das resultat des versuchs mit dem tva-xxxx xxxxx und einem weiteren xxxx aus dem projekt xxxxxxxxxxxxxxx sowie das aus den usa erhaltene ergebnis von wohl 4 tierversuchen, die im xxxxxxxxxx durchgeführt worden seien k. insgesamt habe man an 31 von 32 dem projekt xxxxxxxxxxxxxxx zuzuordnenden tieren knochengestielte xxxxxxxxxtransplantationen mit lad- augmentation vorgenommen k. 24der kläger beantragt, 25die bescheide des beklagten vom 25. oktober 1996 und vom 5. juli 1997 aufzuheben, 26hilfsweise 27die in den schriftsätzen zur begründung der klage vom 20. november 1997 und 18. juni 1998 angeregten beweise zu erheben. 28der beklagte beantragt, 29die klage abzuweisen. 30er ist der auffassung, die angefochtenen bescheide seien formell rechtmäßig. die ausführungen im verwaltungsverfahren und im gerichtlichen eilverfahren vertiefend macht der beklagte weiter unter anderem geltend, der fakultätsrat habe in der durch die anzuwendende regelung des § 28 abs. 4 satz 2 ug vorgeschriebenen zusammensetzung über den entzug von habilitation und venia legendi entschieden. anders als die feststellung der lehrbefähigung und die erteilung der lehrbefugnis trage die entscheidung über den entzug von habilitation und venia legendi nicht den charakter einer prüfungsentscheidung; täuschungshandlungen sowie unrichtige oder irreführende angaben ließen sich ebenso ohne besonderen fachwissenschaftlichen sachverstand feststellen, wie deren ursächlichkeit für eine habilitierung. bereits durch die dolose vorlage einer den anforderungen der fakultät nur teilweise entsprechenden publikationsliste habe der kläger sich als für eine habilitierung unwürdig erwiesen; nichts anderes gelte im hinblick auf die vorlage der nicht auf der behaupteten experimentellen grundlage beruhenden habilitationsschrift k 56 f.. 31wegen der weiteren einzelheiten des sach- und streitstandes wird ergänzend bezug genommen auf den inhalt der beigezogenen verwaltungsgänge sowie den inhalt der gerichtsakten des vorliegenden verfahrens und des verfahrens 15 l 4204/96. 32 | 33das rubrum war nach § 88 vwgo von amts wegen gemäß den §§ 78 abs. 1 ziffer 2 vwgo i. v. m. § 5 abs. 2 ag vwgo nw auf den beklagten umzustellen, nachdem dieser die angefochtenen bescheide entsprechend der sich aus § 27 abs. 1 satz 4 ug für ihn ergebenden befugnis erlassen hat, beschlüsse des fachbereichs(fakultäts)rates auszuführen, 34vgl. hierzu für den fall der rücknahme einer lehrbefugnis: oberverwaltungsgericht für das land nordrhein-westfalen (ovg nw), urteil vom 20. dezember 1991 - 15 a 77/89 -, nordrhein-westfälische verwaltungsblätter (nwvbl.) 1992, s. 212 ff. 35die klage hat keinen erfolg; sie ist zwar als anfechtungsklage (§ 42 abs. 1 alt. 1 vwgo) statthaft und auch im übrigen zulässig, in der sache aber nicht begründet. 36die bescheide des beklagten vom 25. oktober 1996 und 5. juli 1997 sind rechtmäßig und verletzen den kläger nicht in eigenen rechten (§ 113 abs. 1 s. 1 vwgo); entziehung von habilitation und venia legendi begegnen keinen im ergebnis rechtlich durchgreifenden bedenken. 37der entzug der habilitation ist allerdings nur gestützt auf § 48 abs. 1 i. v. m. abs. 3 vwvfg nw rechtmäßig; die insoweit in den angefochtenen bescheiden als spezielle ermächtigungsgrundlage (§ 1 abs. 1 vwvfg nw) herangezogene vorschrift des § 14 abs. 2 ho in der hier maßgeblichen fassung von februar 1996 deckt die getroffene entscheidung nicht. unschädlich ist zwar, daß mit ihr - anders als in § 14 abs. 2 ho und den angegriffenen bescheiden formuliert - die durch verwaltungsakt getroffene feststellung der lehrbefähigung des klägers in der sache nicht widerrufen, sondern - entsprechend dem verwaltungsrechtlich die aufhebung rechtswidriger verwaltungsakte kennzeichnenden sprachgebrauch - als anfänglich rechtswidrig mit wirkung ex tunc zurückgenommen worden ist. für die rücknahme einer habilitation bietet § 14 abs. 2 ho aber keine hinreichende rechtsgrundlage. die satzungsvorschrift ist mangels einer zum erlaß solcher regelungen ermächtigenden gesetzlichen grundlage nichtig. 38die aufhebung einer habilitationsentscheidung bedarf nach dem verfassungsrechtlichen grundsatz vom vorbehalt des gesetzes einer gesetzlichen ermächtigung, weil sie in die durch art. 12 abs. 1 des grundgesetzes (gg) geschützte berufsfreiheit eingreift. sie entzieht dem betroffenen nämlich eine rechtsstellung, der mit der feststellung der befähigung, ein wissenschaftliches fach in forschung und lehre selbständig zu vertreten (§ 95 abs. 1 ug), berufseröffnende bedeutung zukommt, 39vgl. hierzu bundesverwaltungsgericht (bverwg), urteil vom 16. märz 1994 - 6 c 1/93 -, neue zeitschrift für verwaltungsrecht (nvwz) 1994, s. 1209 ff (s. 1210). 40den erlaß von satzungsbestimmungen über die rücknahme einer habilitation erlaubt die hier aus dem universitätsgesetz einzig als ermächtigungsgrundlage in betracht kommende vorschrift des § 95 abs. 5 ug nicht. danach regelt "das nähere (...) die habilitationsordnung, die der senat auf vorschlag des fachbereichs durch satzung erläßt." nach wortlaut, sinn und zweck sowie nach der systematischen stellung dieser bestimmung ermächtigt sie allein zum erlaß solcher regelungen, die das auf eine habilitierung ausgerichtete und prüfungsrechtlichen charakter tragende 41bverwg, urteil vom 16. märz 1994, a. a. o., vom 22. februar 1974 - vii c 9.71 -, entscheidungen des bundesverwaltungsgerichts (bverwge) band 45 s. 39 ff. (48 f.) sowie urteil vom 28. märz 1963 - viii c 57.62 -, bverwge 16, s. 50 ff. (51); lennartz in denninger, hochschulrahmengesetz, kommentar, 1984, zu § 15, rdnr. 12; waldeyer in hailbronner, kommentar zum hochschulrahmengesetz, ordner 1, stand: juni 1999 (hailbronner), zu § 15 rdnr. 11. 42verfahren betreffen. soweit § 95 abs. 5 ug nämlich die befugnis delegiert, das "nähere" zu regeln, nimmt die vorschrift bezug auf die vorhergehenden absätze des § 95 ug und meint damit die ausgestaltung des verfahrens, das dem förmlichen nachweis der befähigung dient, ein fach in forschung und lehre selbständig zu vertreten (§ 95 abs. 1 ug). die ermächtigungsnorm deckt folglich allein satzungsbestimmungen, die anforderungen an die zulassung zum habilitationsverfahren (§ 95 abs. 2 ug) und die zu erbringende habilitationsleistung (§ 95 abs. 3 ug) enthalten sowie solche, die den prüfungsablauf (§ 95 abs. 4 ug) im einzelnen betreffen. zu diesem prüfungsverfahren zählt aber die rücknahme einer habilitation mit dem ihr vorgeschalteten verwaltungsverfahren nicht. abgesehen davon, daß eine solche verwaltungsentscheidung bereits begrifflich eine habilitierung voraussetzt und sich damit nur an ein abgeschlossenes habilitationsverfahren anschließen kann, fehlt dem ihr zugrunde liegenden verfahren auch der prüfungsrechtliche charakter. es dient entgegen der auffassung des klägers gerade nicht der feststellung, ob in der person des habilitierten aus fachlicher sicht die voraussetzungen der lehrbefähigung jemals erfüllt waren oder noch gegeben sind. das rücknahmeverfahren ist vielmehr auf die prüfung und entscheidung der frage ausgerichtet, ob der nachweis einer (vermeintlich oder tatsächlich vorhandenen) lehrbefähigung auf rechtlich zu mißbilligende art und weise erbracht ist und deshalb nicht aufrecht erhalten bleiben kann. dieses verdikt setzt, auch wenn sich täuschungshandlungen oder ähnliches nebst ihrer kausalität unter umständen nur mit hilfe von fachverstand erkennen lassen, keine fachwissenschaftliche beurteilung der erbrachten prüfungsleistung voraus. 43obwohl der beklagte seine rücknahmeentscheidung damit auf eine fehlerhafte rechtsgrundlage stützt, hat sie rechtlich bestand. gemäß § 113 abs. 1 s. 1 vwgo sind nur solche angefochtenen regelungen aufzuheben, die in der rechtsordnung keine entsprechung finden. damit schließt die rechtmäßigkeitsprüfung durch das gericht auch andere als die von behörde benannten rechtsgrundlagen ein, wenn und soweit aus sicht dieser anderen rechtsgründe an dem angegriffenen verwaltungsakt nichts wesentliches geändert werden muß, 44bverwg, urteil vom 25. februar 1994 - 8 c 14.92 -, bverwge 95 s. 176 ff. (183 f.), urteil vom 30. juni 1989 - 4 c 40.88 -, bverwge 82 s. 185 ff. (188 f.), urteil vom 19. august 1988 - 8 c 29.87 - bverwge 80 s. 96 ff. (98) und urteil vom 27. januar 1982 - 8 c 12/81 -, bverwge 64, s. 356 ff. (357 f.). 45dies ist in bezug auf § 48 abs. 1 vwvfg nw der fall. die dortige - und hier gemäß § 2 abs. 3 ziff. 3 s. 1 vwvfg nw anwendbare - regelung erlaubt ebenso wie die rechtswidrig durch den beklagten angewandte vorschrift des § 14 abs. 2 ho die rücknahme von prüfungsentscheidungen, die auf rechtlich zu mißbilligende weise erlangt und damit rechtsfehlerhaft sind. entspricht damit die angefochtene rücknahmeentscheidung nach zweck und tenor der regelung § 48 abs. 1 vwvfg nw, steht dem rückgriff auf diese norm auch nicht entgegen, daß § 48 abs. 1 vwvfg nw anders als die ihrem wortlaut nach gebundene vorschrift des § 14 abs. 2 ho als ermessensnorm ausgestaltet ist. denn ausweislich des hier für die rechtskontrolle maßgeblichen widerspruchsbescheides des beklagten hat der fakultätsrat die für und wider eine rücknahme der habilitation sprechenden gründe gegeneinander abgewogen und damit ermessen ausgeübt. 46gemessen an den voraussetzungen des § 48 vwvfg nw ist die rücknahme der habilitation rechtlich nicht zu beanstanden. die entscheidung ist formell ordnungsgemäß zustande gekommen. 47zu recht hat über die rücknahme der habilitation der gemäß den §§ 28 abs. 1 s. 1, 95 abs. 4 ug hochschulintern zuständige, 48ovg nw, urteil vom 20. dezember 1992, a.a.o., (214) 49fakultätsrat in der sich aus § 12 abs. 3 s. 1 der satzung zur neufassung der grundordnung der universität xxxxxxxxxx i. v. m. § 28 abs. 2 s.1 und s. 2 ug ergebenden besetzung entschieden. entgegen der auffassung des klägers waren an beratung und beschlußfassung in dieser angelegenheit die übrigen professoren und habilitierten mitglieder der fakultät nicht gemäß § 28 abs. 4 s. 2 ug zu beteiligen. die rücknahme der habilitation ist keine "beschlußfassung über eine habilitation" i. s. dieser norm. 50§ 28 abs. 4 s. 2 ug entspricht den vorgaben der (zwischenzeitlich weggefallenen bzw. geänderten) §§ 38 abs. 5 s. 1, 15 abs. 4 des hochschulrahmengesetzes (hrg [a. f.]) in der hier noch maßgeblichen, zuletzt durch gesetz vom 20. mai 1994 (bgbl. i s. 1078) geänderten fassung der bekanntmachung vom 9. april 1987 (bgbl. i s.1170), nach denen für die durchführung von habilitationsverfahren allen professoren des fachbereichs mitwirkungsrechte einzuräumen sind, soweit sie die durch die prüfung festzustellende qualifikation besitzen; diese vorschriften tragen damit zugleich der aus art. 5 abs. 3 gg folgenden verantwortung der gesamtheit der professoren eines fachbereichs für den erhalt der dortigen qualität von forschung und lehre rechnung, 51bverwg urteil vom 16. märz 1994, a.a.o., (1210). 52in den damit nach wortlaut, sinn und zweck auf die beurteilung der fachlichen qualifikation zugeschnittenen anwendungsbereich des § 28 abs. 4 s. 2 ug fällt die rücknahme einer habilitation nicht, weil diese entscheidung - wie oben ausgeführt - gerade nicht die beurteilung der fachqualifikation des habilitierten betrifft und damit nicht der prüfungsrechtlichen verantwortung der professoren eines fachbereichs für eine qualifizierte wissenschaftliche forschung und lehre unterfällt. 53offen bleiben kann demgegenüber, ob vertreter der gruppe der nichtwissenschaftlichen mitarbeiter im fakultätsrat (§ 28 abs. 2 s. 1 ziffer 6 ug) zu recht nicht nur an der beratung über die rücknahme der habilitation, sondern auch ohne verstoß gegen die § 38 abs. 4 s. 2 hrg [a. f] umsetzende vorschrift des § 14 abs. 1 s. 1 ug an der die beratung abschließenden beschlußfassung mitwirken durften. nach der genannten norm wirken nichtwissenschaftliche mitarbeiter einer hochschule an solchen entscheidungen nur beratend mit, die forschung, künstlerische entwicklungsvorhaben, lehre oder die berufung von professor(inn)en unmittelbar berühren. eine in diesem sinne wissenschaftsrelevante angelegenheit, 54bundesverfassungsgericht, urteil vom 29. mai 1973 - 1 bvr 424/71 und 325/72 - entscheidungen des bundesverfassungsgerichts (bverfge) band 35, s. 80 ff. (123 ff.); hailbronner in hailbronner, zu § 38 rdnr. 81; leuze in leuze/bender, gesetz über die universitäten des landes nordrhein-westfalen, kommentar, stand: dezember 1998, zu § 14 rdnr. 2, 4 f. und 7, 55dürfte die entscheidung über die rücknahme einer habilitation nicht betreffen, wenngleich sie konsequenzen für forschung und lehre an einer hochschule haben kann und im fall des zwischenzeitlich an der universität xxxxxxxxxx nicht mehr in forschung und lehre tätigen klägers auch nach sich gezogen hat. da die rücknahmeentscheidung keine (erneute) fachwissenschaftliche beurteilung der für eine habilitation nach § 95 abs. 1 ug erforderlichen fähigkeiten voraussetzt, spricht vieles dafür, daß sie fragen von forschung und lehre inhaltlich nicht unmittelbar, sondern lediglich mittelbar dadurch berührt, daß sie sich auf die an der hochschule geleistete forschungsarbeit und das dort vorgehaltene lehrangebot tatsächlich auswirkt. indes bedarf diese rechtsfrage hier keiner abschließenden klärung. ein in der beteiligung von vertretern der gruppe der nichtwissenschaftlichen mitarbeiter an der stimmabgabe etwa liegender verfahrensfehler bleibt angesichts des einstimmig gefaßten beschlusses jedenfalls rechtsfolgenlos; diesbezüglich wird zur weiteren begründung auf die gründe der entscheidung des erkennenden gerichts im vorläufigen rechtsschutzverfahren bezug genommen, 56beschluß vom 11. april 1997 - 15 l 4204/96 -, s. 27 f. des beschlußabdrucks; 57die dortigen ausführungen im zusammenhang mit der entscheidung des fakultätsrates über den entzug der venia legendi gelten hier sinngemäß. 58auch im übrigen erweist sich das durchlaufene verwaltungsverfahren als rechtsfehlerfrei. daß die ständige habilitationskommission - ein nicht entscheidungsbefugter ausschuß des fakultätsrates i. s. des § 28 abs. 5 s. 1 ug - im vorfeld der rücknahmeentscheidung mit der sache befaßt war, begegnet keinen rechtlichen bedenken. die tätigkeit dieses gremiums hat sich gemäß der aufgabenzuweisung in § 20 s. 3 ziffer 4 ho auf sachverhaltsermittlungen zur "vorbereitung des widerrufs oder entzugs der habilitation oder der venia legendi" sowie das ausarbeiten eines für den fakultätsrat bestimmten entscheidungsvorschlages beschränkt. 59entgegen der meinung des klägers ist schließlich auch nicht zu beanstanden, daß der fakultätsrat über die rücknahme der habilitation in geheimer abstimmung entschieden hat. offen bleiben kann dabei, ob diese verfahrensweise nicht schon gemäß der mit § 40 abs. 2 s. 3 hrg [a.f.] übereinstimmenden vorschrift des § 15 abs. 3 ug geboten war, weil die rücknahme einer habilitation i. s. dieser norm als entscheidung in einer personalangelegenheit zu qualifizieren ist, 60so wohl hailbronner in hailbronner, zu § 40 rdnr. 11. 61denn andernfalls war der fakultätsrat mangels gesetzlicher vorgaben in der wahl der modalitäten des abstimmungsverfahrens frei. übergeordnete rechtsgrundsätze, nach denen die entscheidung über die rücknahme einer habilitation in offener abzustimmung zu treffen ist, sind nicht ersichtlich. insbesondere ergibt sich ein solches gebot nicht aus der rechtspflicht, über das vorliegen der nach § 95 abs. 1 ug für die feststellung der lehrbefähigung maßgeblichen voraussetzungen offen und namentlich abzustimmen, 62vgl. dazu ovg nw, urteil vom 16. januar 1995 - 22 a 969/94 -, s. 13 und s. 30 des urteilsabdrucks. 63diese notwendigkeit findet ihre rechtfertigung in art. 12 abs. 1, 3 abs. 1 gg und art. 19 abs. 4 gg. danach ist es verfassungsrechtlich geboten, daß der in prüfungsverfahren zur entscheidung berufene verantwortung für die vorgenommene bewertung einer prüfungsleistung übernimmt und die prüfungsentscheidung in bezug auf die wahrung der ihr rechtlich gesetzten grenzen der gerichtlichen kontrolle unterliegt. der entscheidung über die rücknahme einer habilitation fehlt indes der prüfungsrechtliche charakter und damit der für ein verbot der geheimen abstimmung rechtlich maßgebliche anknüpfungspunkt. 64die nach allem formell rechtmäßige rücknahmeentscheidung ist nach maßgabe des § 48 abs. 1 vwvfg nw auch inhaltlich nicht zu beanstanden. die zu gunsten des klägers nach § 95 abs. 1 ug getroffene feststellung seiner befähigung, ein wissenschaftliches fach in forschung und lehre selbständig zu vertreten, ist rechtswidrig und ihre rücknahme frei von ermessensfehlern. 65die habilitierung des klägers war rechtswidrig. dabei kann offen bleiben, ob die zulassung des klägers zu dieser prüfung rechtswidrig war und sich dieser umstand, anders als im regelfall, 66vgl. niehues, schul- und prüfungsrecht, band 2, 3. auflage 1994, (niehues) rdnr. 101. 67auf die prüfungsentscheidung selbst auswirkt. 68der kläger hat mit der annahme seiner schriftlichen habilitationsleistung (§ 9 abs. 2 ho) jedenfalls eine der nach § 95 abs. 3 s. 1 i. v. m. abs. 1 ug für eine habilitation rechtlich notwendigen voraussetzungen und damit zugleich die feststellung seiner lehrbefähigung durch arglistige täuschung erwirkt. eine solche prüfungsentscheidung ist rechtsfehlerhaft, weil es ihr mit der durch den prüfling nicht ordnungsgemäß erbrachten prüfungsleistung an der grundlage fehlt, die für eine dem prüfungsrechtlichen gebot der chancengleichheit (art. 3 abs. 1 gg) genügende leistungsbewertung erforderlich ist, 69vgl. niehues, a. a. o., rdnr. 143 ff. 70rechtlich unerheblich ist deshalb hier der wissenschaftliche wert der habilitationsschrift und damit die frage, ob der kläger im zeitpunkt seiner habilitierung tatsächlich die beruflich qualifizierende fähigkeit besessen hat, an der medizinischen fakultät der universität xxxxxxxxxx im fach xxxxxxxxxx selbständig zu lehren und zu forschen (§ 95 abs. 1 ug i. v. m. § 1 abs. 1 ho). 71eine (prüfungs-)entscheidung erlangt durch arglistige täuschung, wer durch unrichtige angaben oder verschweigen von tatsachen bei den für die zu treffende entscheidung maßgeblich verantwortlichen einen irrtum hervorruft oder aufrechterhält und dabei in dem bewußtsein handelt oder billigend in kauf nimmt, diese zu einer günstigen entschließung bestimmen zu können, wenn die genannten umstände in dem sinne für die dann behördlich getroffene entscheidung ursächlich werden, daß sie ohne die täuschung unterblieben oder nicht mit diesem inhalt oder nicht zu diesem zeitpunkt ergangen wäre, 72ovg nw, urteil vom 20. dezember 1991, a. a. o., s. 213 m. w. n. aus der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts. 73diese voraussetzungen sind hinsichtlich der nach § 9 abs. 3 s. 1 ho getroffenen entscheidung der habilitationskommission über die annahme der schriftlichen habilitationsleistung des klägers erfüllt. der diese feststellung tragende sachverhalt ergibt sich dabei zur überzeugung des gerichts unter berücksichtigung des inhalts der beigezogenen verwaltungsvorgänge bereits aus dem vorbringen der beteiligten im verwaltungsverfahren sowie zu dem vorläufigen rechtsschutzantrag und im vorliegenden verfahren. anlaß, den entscheidungserheblichen sachverhalt von amts wegen oder entsprechend den beweisantritten des klägers weiter aufzuklären, besteht nicht. 74die beweisanträge des klägers, die sämtlich nur hilfsweise gestellt und damit nicht gemäß § 86 abs. 2 vwgo in der mündlichen verhandlung, sondern erst in den gründen des urteils zu bescheiden sind, 75vgl. kopp / schenke, verwaltungsgerichtsordnung, 11. auflage 1998, (kopp / schenke), § 86 rdnr. 19; eyermann, verwaltungsgerichtsordnung, 10. auflage 1998, (eyermann), § 86 rdnr. 25, 76bleiben alle erfolglos. soweit sie sachverhalte in bezug nehmen, die das mit dem habilitationsantrag vorgelegte schriftenverzeichnis und die nach der habilitierung erschienenen publikationen betreffen, sind die beweisanträge ungeachtet der ihnen zum teil anhaftenden rechtsmängel jedenfalls deshalb abzulehnen, weil das urteil auf diesen unter beweis gestellten umständen nicht beruht. tatsachen, die ungeeignet sind, die entscheidung zu beeinflussen, sind rechtlich irrelevant; über sie braucht kein beweis erhoben zu werden, 77bverwg, urteil vom 11. dezember 1981, nvwz 1982, s. 243 (244); kopp / schenke, a. a. o., rdnr. 21; eyermann, a. a. o., rdnr. 38. 78die übrigen beweisanträge des klägers sind, soweit sie nicht schon deshalb abzulehnen sind, weil mit ihnen umstände in bezug genommen werden, die keinen thematischen zusammenhang mit entscheidungserheblichen tatsachen aufweisen, aus den unten jeweils im zusammenhang mit den einzelnen beweisthemen dargestellten gründen abzulehnen. 79arglistig getäuscht hat der kläger über die experimentelle grundlage der im kapitel "3. ergebnisse" seiner habilitationsschrift s. 54 ff als resultat tierexperimenteller studien ausgewiesenen befunde. sie beruhen in wesentlichem umfang jedenfalls nicht auf den in der arbeit in kapitel "2. experimenteller teil" s. 32 ff beschriebenen versuchen. soweit er dies nicht sogar einräumt, hat der kläger dem täuschungsvorwurf entscheidungserhebliches nicht entgegengesetzt. nach seinem vorbringen, das vielfach und zum teil gravierend widersprüchlich und offensichtlich von dem steten bemühen geprägt ist, den sachvortrag immer wieder an vorhalte der gegenseite anzupassen, bleibt die herkunft einer vielzahl von versuchsergebnissen zwar letztlich unklar. der vortrag rechtfertigt zur überzeugung der kammer aber die feststellung, daß die in der habilitationsschrift angeführten experimentaldaten entsprechend dem an beispielen belegten kernvorwurf des beklagten in rechtlich beachtlichem umfang nicht unter den dort angeführten bedingungen ermittelt worden sind. 80unrichtig ist die darstellung in der habilitationsschrift, nach der die als ergebnis der biomechanischen prüfung ausgewiesenen daten auf den in der arbeit beschriebenen versuchen beruhen. soweit der kläger zur herkunft dieser daten in seiner schriftlichen stellungnahme an die ständige habilitationskommission vom 23. juli 1996 angedeutet und in dem mit vertretern der fakultät am 22. oktober 1996 geführten gespräch erklärt hat, die habilitationsschrift enthalte ebenso wie das bereits zuvor publizierte xxx xxxxxxxx unter anderem ihm aus den usa übermittelte reißfestigkeitsdaten von vier tieren des xxxxxxxxxxx, steht dies - wie weiter unten zu zeigen sein wird - zum inhalt seiner arbeit in eklatantem widerspruch. darüber hinaus ist die damalige behauptung unzutreffend, daß beiden publikationen das ergebnis von versuchen zur reißfestigkeit an kreuzbändern von sieben xxxxxxxxx der tva-projektnummer xxxxxxxxxxxxxxx zugrunde liegt. die im xxxxxxxxxxxx publizierten daten hatte der kläger nämlich bereits schriftlich fixiert, bevor tierexperimente aus dem genannten projekt in der von ihm benannten zahl abgeschlossen waren. 81die in dem xxxxxxxxxxxx für die reißfestigkeit von xxxxxxxxxxxx genannten newton-werte und prozentangaben entsprechen denjenigen, die der kläger in seinem bereits vor dem 3. mai 1989 fertiggestellten manuskript zu diesem beitrag festgehalten hat. entgegen seiner darstellung in dem gespräch vom 22. oktober 1996 enthielt das manuskript diese zahlen nicht erst seit "august oder dezember 1989"; anders als im eilverfahren mit schriftsatz vom 30. dezember 1996 l ausgeführt, ist das manuskript in bezug auf die versuchsdaten auch nicht letztmals ende dezember 1989 überarbeitet worden. bereits am 3. mai 1989 hatte der kläger nämlich das manuskript zu dem xxxxxxxxxxxx mit den dort später publizierten newton- und prozentwerten herrn dr. xxxxxxxxxx vom xxxxxxxxxx in den usa zur textlichen überarbeitung zugesandt; dies belegt die durch dr. xxxxxxxxxx seinem schreiben vom 27. januar 1997 -ba 6 s. 1090- an den damaligen prodekan der medizinischen fakultät beigefügte faxkopie -ba 6 s. 1091-. bis zum 3. mai 1989 war ausweislich der tva-dokumentation über das ende der zu dem projekt xxxxxxxxxxxxxxx gehörigen versuche -ba 5 s. 725, 866- aber nur der an einem leberkarzinom leidende versuchsxxxx xxxxx eingeschläfert. 82die richtigkeit der tva-aufzeichnungen in diesem punkt steht außer zweifel, selbst wenn entsprechend der rüge des klägers daten zum ende einzelner versuche dort nicht taggenau protokolliert sein sollten. seinen zunächst der tva- dokumentation insoweit widersprechenden sachvortrag hat der kläger später aufgegeben bzw. nicht substantiiert aufrecht erhalten. den durch dr. xxxxxxxxxx benannten tatsachen rechnung tragend hat er im vorläufigen rechtsschutzverfahren mit schriftsatz vom 24. februar 1997 nicht nur eingeräumt, daß das manuskript zu dem xxxxxxxxxxxx nach dem 3. mai 1989 unverändert geblieben ist l 183, sondern auch seinen vortrag zur herkunft der in dem xxxxxxxxxxxx benannten reißfestigkeitsdaten modifiziert. die dortige darstellung, nach der das xxxxxxxxxxxx neben der auswertung der im xxxxxxxxxx durchgeführten tierversuche das ergebnis eines versuchs an einem nicht dem projekt xxxxxxxxxxxxxxx zuzuordnenden (ersatz-)xxxx der tva und das resultat des im rahmen des projekts xxxxxxxxxxxxxxx bis zum 3. mai 1989 bereits abgeschlossenen versuchs l 184 f. enthalte, erkennt die richtigkeit der tva-aufzeichnungen für den hier fraglichen zeitpunkt an. einer weiteren aufklärung des sachverhalts von amts wegen oder einem beweisantrag folgend bedarf es daher mangels in diesem zusammenhang streitiger und zugleich entscheidungserheblicher tatsachen nicht. 83entgegen dem im eilverfahren modifizierten vorbringen beinhaltet das xxxxxxxxxxxx aber auch das ergebnis des aus dem projekt xxxxxxxxxxxxxxx in bezug genommenen tierversuchs nicht. diese schilderung des klägers ist vor dem hintergrund seiner behauptung unglaubhaft, daß die dem xxxxxxxxxxxx zugrunde liegenden versuchsergebnisse in die habilitationsschrift eingegangen sind. nach der habilitationsarbeit ist aber der an einem leberkarzinom leidende - und nach der tva-dokumentation allein vor dem 3. mai 1989 eingeschläferte - xxxx gerade aus dem versuch genommen worden -s.-. 84ob in dem xxxxxxxxxxxx der versuch an einem durch die tva zur verfügung gestellten ersatzxxxx ausgewertet ist, kann hier letztlich dahinstehen. gegen diese behauptung spricht zwar vieles, nachdem die leiterin der tva in ihren auskünften vom 5. juni 1996 -ba 5 s. 722- und vom 16. august 1996 -ba 5 s. 861- erläutert hat, daß ein solches versuchstier in der tva-dokumentation verzeichnet sein müßte, gleichwohl dort aber nicht zu finden ist. diese vom kläger inhaltlich angezweifelte darstellung des sachverhalts bedarf keiner weiteren prüfung, weil die verwertung von reißfestigkeitstets an xxxxxxxxxxxx nur eines tva-ersatzxxxxxx zugunsten des klägers als wahr unterstellt werden kann. die darstellung in der habilitationsschrift des klägers bleibt in rechtserheblicher weise unrichtig, wenn anstatt der dort angegebenen zehn xxxxxxxxxtransplantate lediglich eines aus der als in xxxxxxxxxx durchgeführt beschriebenen versuchsreihe stammt. 85soweit der kläger in diesem zusammenhang beantragt hat, durch die vernehmung von zeugen beweis zu der tatsache zu erheben, "daß die tierversuchsanlage als ersatz für zwei xxxxx, die vorzeitig aus dem versuch genommen werden mußten, teilweise aber noch verwertet werden konnten, zwei andere xxxxx zur verfügung gestellt hat", ist dieser antrag abzulehnen. 86abgesehen von der fehlenden rechtlichen relevanz der verwertung von ergebnissen aus versuchen mit einem der ersatz- xxxxx ist die unter beweis gestellte tatsache auch schon nicht entscheidungserheblich, weil der erhalt der xxxxx nichts darüber besagt, ob diesen tieren entnommene transplantate den in der habilitationsschrift beschriebenen reißfestigkeitstets unterzogen worden sind und deren ergebnisse in die arbeit des klägers eingang gefunden haben. im übrigen ist der beweisantrag ferner mangels der erforderlichen substantiierung abzulehnen. unsubstantiierten beweisanträgen braucht das gericht nicht nachzugehen; unsubstantiiert sind dabei neben anträgen, die das beweisthema nicht hinreichend konkretisieren, auch solche, die dazu dienen sollen, erkennbar ohne jede tatsächliche grundlage erhobene oder "aus der luft gegriffene" und ohne auseinandersetzung mit gegenargumenten "ins blaue hinein" aufrecht erhaltene behauptungen zu stützen, 87vgl. etwa bverwg, beschluß vom 14. januar 1998 - 3 b 214.97 -, buchholz, sammel- und nachschlagewerk der rechtsprechung des bundesverwaltungsgerichts (buchholz) 310 § 86 abs. 1 nr. 286 und beschluß vom 29. märz 1995 - 11 b 21.95 -, buchholz, a. a. o., nr. 266. 88so liegt der fall hinsichtlich des behaupteten erhalts eines zweiten tva ersatz-xxxxxx. dafür daß reißfestigkeitstets an transplantierten xxxxxxxxxxxx eines solchen xxxxxx in das xxxxxxxxxxxx - und damit in die habilitationsschrift eingegangen sind, spricht - wie oben ausgeführt und im weiteren darzulegen sein wird - schon nach dem eigenen vortrag des klägers nichts. beruhen nämlich die in dem xxxxxxxxxxxx für die reißfestigkeit von xxxxxxxxxxxx genannten werte, soweit den einlassungen des klägers zu folgen ist, mit nur einer ausnahme allein auf der auswertung von in den usa durchgeführten tierexperimenten, gilt nach seinem vorbringen gleiches für die in der habilitationsschrift angeführten reißfestigkeitsdaten. 89bereits in seiner stellungnahme vom 23. juli 1996 ist der kläger der ihm vorgehaltenen divergenz zwischen der in der habilitationsschrift genannten und in der dokumentation der tva festgehaltenen zahl an tierversuchen mit dem hinweis begegnet, daß ein "großer teil der angegebenen versuche und ihrer histologischen auswertungen von mir und meiner projektgruppe in tierlaboratorien des xxxxxxxxxxx in den usa gemacht worden sind". diese behauptung bezieht sich offensichtlich auch auf die seiner habilitations-schrift zugrunde liegende studie. seine schriftlichen angaben vom 23. juli 1996 zur herkunft der versuchstiere erläuternd hat der kläger nämlich in dem gespräch vom 22. oktober 1996 ausdrücklich erklärt, in seiner habilitationsschrift habe er bei der reißfestigkeitsanalyse die daten von jeweils zwei dem 6-monatskollektiv und zwei dem 12-monatskollektiv zuzuordnenden xxxxxx berücksichtigt. danach sind aber in die habilitationsschrift jedenfalls aus den usa stammende ermittelte reißfestigkeitsdaten eingeflossen. daß die im xxxxxxxxxxxx verwerteten versuchsergebnisse mit den der habilitationsschrift zugrunde liegenden daten identisch sind, ist als behauptung auch den weiteren ausführungen des klägers immanent, mit denen er erklärt, daß die im xxxxxxxxxxxx für die reißkraft genannten newton-werte von den in der habilitationsschrift bezeichneten werten um (etwa) den faktor 2 abweichen. wie mit schriftsatz vom 30. dezember 1996 im eilverfahren vorgetragen soll diese divergenz allein auf einem erst nach der veröffentlichung des xxxxxxxxxxxxx erkannten fehler beim ablesen der originären reißkraftprotokolle beruhen l 64 f.. ob und inwieweit der kläger diese behauptung später hat relativieren oder zurücknehmen wollen, kann dahinstehen; das ohne eine solche absicht gänzlich unverständliche, mit schriftsatz vom 24. februar 1997 angekündigte bemühen, den grund für die übereinstimmung der prozentzahlen im xxx xxxxxxxx und der habilitationsschrift aufzuklären l 186, ist jedenfalls erfolglos geblieben. 90soweit der kläger demgegenüber zwecks begründung der klage mit schriftsatz vom 20. november 1997 l behauptet, die in der habilitationsschrift dargestellten reißfestigkeitsuntersuchungen seien sämtlich in xxxxxxxxxx ausgeführt worden, und mit schriftsatz vom 18. juni 1998 k 76 weiter vorträgt, er habe zwar aus den usa reißfestigkeitsdaten erhalten, diese aber in der habilitationsschrift nicht verwertet, sind diese behauptungen völlig "aus der luft gegriffen", weil sie entsprechend den obigen feststellungen in nicht aufzulösendem widerspruch zu den dort erörterten angaben zu herkunft und identität der reißfestigkeitsdaten stehen, die im xxxxxxxxxxxx und in der habilitationsschrift verarbeitet sind. 91schon aus diesem grund ist auch der gestellte antrag, durch die vernehmung von zeugen beweis zu der tatsache zu erheben, daß "die in der habilitationsschrift dargestellten reißfestigkeitsuntersuchungen in xxxxxxxxxx ausgeführt wurden", als unsubstantiiert abzulehnen. abgesehen davon ist die vernehmung von zeugen zum nachweis der aufgestellten behauptung kein taugliches beweismittel. durch dritte ist regelmäßig nicht unmittelbar wahrzunehmen, welche daten letztlich zur auswertung in einer habilitationsarbeit herangezogen werden, wenn denn ihr urheber, wie dies prüfungsrechtlich zu fordern ist, für deren inhalt allein verantwortlich zeichnet. anhaltspunkte dafür, daß - und gegebenenfalls welche - der benannten zeugen gleichwohl angaben zu der aufgestellten tatsachenbehauptung machen können, bietet der sachvortrag des klägers nicht. ebenso abzulehnen ist schließlich der beweisantrag, der darauf abzielt, zeugen zu der tatsache zu vernehmen, daß "32 xxxxx (...) in der tierversuchsanlage xxxxxxxxxx in der versuchsreihe xxxxxxxxxxxxxxx operiert (... worden sind, wobei) an 31 xxxxxx eine homologe knochengestielte xxxxxxxxxtransplantation mit lad-augmentation am rechten xxxxxxxxxx vorgenommen" worden ist. diese (im übrigen wohl unstreitige) behauptung ist als tatsache nicht entscheidungserheblich, weil sie nichts darüber besagt, ob und welchem umfang ergebnisse dieser versuchsreihe in die habilitationsschrift eingegangen sind. 92die auswertung von in den usa durchgeführten reißfestigkeitstests in der habilitationsschrift widerspricht deren darstellung zu den experimentellen grundlagen der studie. nach dem objektivem erklärungswert der dortigen ausführungen haben mit ausnahme der rasterelektronenmikroskopischen nachuntersuchungen von präparaten, die als im labor der firma xx durchgeführt bezeichnet werden -s.-, nicht nur sämtliche operativen eingriffe an den versuchsxxxxxx, sondern auch alle übrigen untersuchungen in einrichtungen der universität xxxxxxxxxx stattgefunden. die zu der experimentellen studie in der habilitationsschrift diesbezüglich geschilderten einzelheiten lassen daran keinen zweifel. 93die zur beschreibung der operationsverfahren gewählte formulierung "alle operativen eingriffe wurden unter streng sterilen kautelen in den operationssälen der tierversuchsanlage xxxxxxxxxx durch das gleiche operations- und anästhesieteam durchgeführt." -s.- schließt bereits angesichts ihrer sprachlich unmißverständlichen fassung aus, daß die zur auswertung in der studie herangezogenen transplantationen an anderen orten als in der tva xxxxxxxxxx erfolgt sind. ein solches verständnis der versuchsbeschreibung war offensichtlich auch intendiert. soweit der kläger dies im eilverfahren mit der im schriftsatz vom 30. dezember 1996 aufgestellten behauptung hat in abrede stellen wollen, die zitierte textpassage beschreibe lediglich die in der tva herrschenden operationsbedingungen l, findet eine solche deutung der zitierten textpassage schon in deren wortlaut keine stütze. sie widerspricht ferner den in der arbeit zu den versuchsbedingungen weiter geschilderten details, die bei verständiger würdigung für die annahme auch außerhalb der tva durchgeführter operationen schon keinen raum lassen, weil die versuchstiere unterschiedslos "postoperativ in den geräumigen einzelboxen der tierversuchsanstalt der universität xxxxxxxxxx untergebracht" -s.- waren, deren "... groß angelegte laufgehege und gänge ..." für "eine tägliche mobilisation (...) ausreichend gelegenheit" -s.- boten, und während "der gesamten versuchsdauer (...) monatlich das laufverhalten der tiere überprüft sowie eine klinische untersuchung durchgeführt" -s.- worden ist. überhaupt nichts mehr spricht für die annahme andernorts als in der tva durchgeführter operationen, wenn die operativen eingriffe ferner dadurch als zeitlich und inhaltlich aufeinander bezogen dargestellt werden, daß zunächst ein "xxxxxxxxx (...) einem ersten spenderxxxx entnommen" -s.- worden ist, während bei "allen weiteren eingriffen (...) der jeweils zu operierende xxxx sowohl als transplantatempfänger als auch gleichzeitig wieder als transplantatspender für den nächstfolgenden versuchsxxxx" -s.- gedient hat, und die xxxxxxxxxtransplantate "in einen plastikbehälter zur sofortigen tieffrierung bei minus 80°c eingelegt" -s.- und "durchschnittlich 12 tage" -s.- nach ihrer entnahme wieder implantiert wurden. 94haben somit nach dem inhalt der habilitationsschrift die operationen und postoperativen beobachtungen der versuchsxxxxx in der tva stattgefunden und kennzeichnet die arbeit allein die rasterelektronenoptische nachuntersuchung als in den usa durchgeführt, sind auch die ausführungen in der habilitationsschrift zu den weiteren experimentellen studien ernstlich nur dahingehend zu verstehen, daß die für die insoweit erhobenen befunde erforderlich gewesenen präparate sämtlich in einrichtungen der universität xxxxxxxxxx gewonnen und dort auch untersucht worden sind. dementsprechend werden in der habilitationsschrift auch die einzelnen resultate der biomechanischen prüfungen ebenso wie die jeweiligen ergebnisse der mikroangiographischen, histomorphologischen und der neurohistologischen analysen als unter methodisch gleichen bedingungen ermittelt beschrieben s. 41 f., 42 f., 44 ff. und 48 ff.. 95diese beschreibung des experimentellen teils der studie in der habilitationsschrift ist aber nicht nur unrichtig, soweit der kläger nach seiner stellungnahme vom 23. juli 1996 dort auch ergebnisse in den jahren 1983 bis 1987 an der tva analog durchgeführter experimente ebenso ausgewertet hat wie in den usa ermittelte reißfestigkeitsdaten. dies gilt vielmehr auch, soweit der kläger zur begründung seiner klage mit schriftsatz vom 20. november 1997 k ausgeführt hat, daß seine arbeit unter anderem forschungsergebnisse enthält, die am institut für topographische anatomie und biomechanik bei der untersuchung solcher präparate gewonnen worden sind, die aus den laboratorien der firma xx stammen. 96angesichts der verwertung von ergebnissen solcher fremdversuche ist auch die darstellung in der habilitationsschrift unrichtig, nach der alle im rahmen der studie auf ihre reißfestigkeit hin untersuchten xxxxxxxxxxx aus der dort beschriebenen operationsreihe stammen. die gegenteilige annahme setzte unter berücksichtigung der weiteren versuchsbeschreibung in der habilitationsschrift entweder die untersuchung in der tva zunächst transplantierter und später dann entnommener xxxxxxxxxxx in den usa voraus, oder aber - nach transplantation und postoperativer beobachtungen in der tva - den transport von versuchstieren in die laboratorien des xxxxxxxxxxx, um sie dort für nachfolgende untersuchungen der kreuzbänder einzuschläfern. während die erstgenannte verfahrens-weise der habilitationsschrift -s.- widerspricht, die tests zur reißfestigkeit der transplantierten xxxxxxxxxxx binnen einer stunde nach dem einschläfern der versuchstiere beschreibt, ist für die letztgenannte prozedur weder etwas ernstlich ersichtlich noch vorgetragen. schon nach dem vortrag des klägers zu art und umfang seiner zusammenarbeit mit der firma xx in dem gespräch vom 22. oktober 1996 und nach seinen schriftsätzlichen ausführungen vom 30. dezember 1996 l 39 f> zur begründung des eilantrages sowie vom 20. november 1997 k zur klagebegründung resultieren die aus den usa erhaltenen untersuchungsbefunde vielmehr aus experimenten, die auf tierversuchen des xxxxxxxxxxx beruhen. 97offensichtlich hiervon ausgehend ist der kläger bereits in dem gespräch vom 22. oktober 1996 dem vorhalt begegnet, im xxxxxxxxxx habe es zur fraglichen zeit versuche nur an xxxxxx gegeben. für den hinweis, er habe in seiner arbeit die ihm aus den usa übermittelte daten über die reißfestigkeit von xxxxxxxxxxxx in dem glauben ausgewertet, daß diese von hunden stammten, und seinen weiteren - im eilverfahren mit schriftsatz vom 24. februar 1997 l 174 erneuerten - vortrag zum wissenschaftlichen wert seiner habilitationsleistung, nach der die reißfestigkeit von xxxxxxxxxxxx bei xxxxxx und xxxxxx vergleichbar ist, bestand aber nur dann ein nachvollziehbarer anlaß, wenn diese daten entgegen dem inhalt der habilitationsschrift tatsächlich jedenfalls nicht von den in der tva, sondern von in den usa transplantierten xxxxxxxxxxxx stammten. gerade dies bekräftigend hat der kläger auch den an ihn unter dem 29. oktober 1996 gerichteten brief von dr. xxxxxxxxxx l 71 f. in der dem gericht vorgelegten übersetzung l 86 f. um die im originaltext nicht vorhandene anmerkung "in den usa" ergänzt, soweit dort von "im oktober 1988 operierten xxxxxx" die rede ist. gleichen inhalts ist ferner die eidesstattliche versicherung des klägers vom 14. januar 1997 l. daß die habilitationsschrift ergebnisse von untersuchungen enthält, die nicht auf die dort beschriebene operationsreihe zurückzuführen sind, ist schließlich auch der klagebegründung zu entnehmen, in der der kläger mit schriftsatz vom 20. november 1997 k auf zu untersuchungszwecken aus den usa erhaltene und damit dort gewonnene präparate hinweist. 98ob der kläger tatsächlich aus den usa präparate in dem glauben erhalten und untersucht und das ergebnis der untersuchungen in seine habilitationsschrift eingestellt hat, ist nach allem nicht entscheidungserheblich. sein antrag, zum nachweis dieser behauptungen durch die vernehmung von zeugen beweis zu erheben, ist daher ebenfalls abzulehnen. 99stammen danach nicht alle untersuchten kreuzbänder und präparate aus in der tva durchgeführten operativen eingriffen, ist ferner die darstellung der habilitationsschrift unzutreffend, nach der bei sämtlichen operativen eingriffen das gleiche operations- und anästhesieteam eingesetzt war. 100die arbeitsgruppe des klägers war an in den usa durchgeführten tierversuchen nicht beteiligt. dies gilt schon für den kläger als mitglied des teams, das nach dem inhalt der studie verantwortlich zeichnet für die durchführung der transplantationen als teil der wissenschaftlichen arbeit und voraussetzung aller weiter durchgeführten untersuchungen. die gegenteiligen ausführungen des klägers in seiner schriftlichen stellungnahme vom 23. juli 1996 und dem gespräch vom 22. oktober 1996, nach denen er selbst an solchen in den usa durchgeführten versuchen bzw. operationen beteiligt war, deren ergebnisse in die habilitationsschrift eingeflossen sind, entsprechen offenbar nicht der wahrheit. abgesehen davon, daß der kläger im eilverfahren mit schriftsatz vom 24. februar 1997 bestritten hat, jemals solche angaben gemacht zu haben l 185, sind die behauptungen zur beteiligung an diesen tierversuchen auch sonst unglaubhaft. daß der kläger als sachkundiger, mit einer studie an xxxxxx befaßter wissenschaftler und operateur nicht, wie in dem gespräch vom 22. oktober 1996 weiter ausgeführt, gewußt haben will, ob er operationen, die für seine habilitationsschrift von maßgeblicher bedeutung sind, an xxxxxx oder xxxxxx durchführt, ist auch dann schlichtweg nicht nachvollziehbar, wenn die auf dem operationstisch liegenden versuchstiere tatsächlich jeweils mit tüchern abgedeckt waren. 101unrichtig ist damit auch die darstellung der habilitationsschrift, nach der die versuchshunde jeweils sowohl als transplantatempfänger als auch als transplantatspender für das nächste zu operierende tier gedient haben. ein solcher versuchsaufbau ist bei teilweise auch in den usa durchgeführten tieroperationen auszuschließen. 102hiermit übereinstimmend erweist sich auch die schilderung in der habilitationsschrift als unzutreffend, nach der die operationsreihe in der tva nach wenig mehr als einem jahr abgeschlossen war. innerhalb dieses zeitraums, der sich aus den angaben in der habilitationsschrift ergibt, nach denen zwischen den 31 transplantationsvorgängen jeweils durchschnittlich 12 tage gelegen haben, sind an einrichtungen der universität xxxxxxxxxx operationen der in der habilitationsschrift beschriebenen art nicht durchgeführt worden. für versuchszwecke genehmigte xxxxxxxxx, die nach der dokumentation der tva in dem hier fraglichen zeitraum nur unter der projektnummer xxxxxxxxxxxxxxx zur verfügung standen, sind ausweislich der aufzeichnungen der tva für tierexperimentelle studien des klägers zwischen dem 17. oktober 1988 und dem 19. märz 1990 -ba heft 5 s. 725, 865- und damit über einen zeitraum von mehr als 17 monaten abgegeben worden. daran besteht trotz der verschiedentlich durch den kläger gegen die verläßlichkeit der tva- dokumentation erhobenen einwände kein zweifel. abgesehen davon, daß er stets nur die protokollierten daten zum jeweiligen ende der versuche in frage gestellt hat, begegnet die richtigkeit des dokumentierten und hier maßgeblichen abgabezeitraums schon deshalb keinen durchgreifenden bedenken, weil für oktober 1988 die abgabe von acht und für märz 1990 die abgabe von vier xxxxxx festgehalten ist. etwaige ungenauigkeiten einzelner abgabedaten sind daher ungeeignet, einen abgabezeitraum von weit mehr als 17 monaten ernstlich in abrede zu stellen. mangels der notwendigkeit, den sachverhalt diesbezüglich weiter aufzuklären, war auch der anregung des klägers nicht zu folgen, sektionsprotokolle der tva beizuziehen. 103nach allem ist die versuchsbeschreibung in der habilitationsschrift auch in einer vielzahl weiterer punkte unrichtig. vor dem hintergrund in den usa durchgeführter tierversuche sowie angesichts der behauptung, von dort neben präparaten für untersuchungszwecke auch versuchsergebnisse erhalten zu haben, sind die angaben in der habilitationsschrift über rasse, alter, geschlecht und gewicht der versuchstiere -s.- ebenso unzutreffend wie die ausführungen zu den postoperativen beobachtungen -s.-; gleiches gilt für die geschilderte lebensdauer der xxxxx nebst der von ihr abhängenden einordnung der tiere in versuchskollektive -s.- sowie für die beschriebene gleichförmigkeit sowohl der operationsverfahren s. 34 f. als auch der zu den einzelnen experimenten angeführten methodischen bedingungen s. 39 ff.. diesen ausführungen in der versuchsbeschreibung der habilitationsschrift liegen jeweils nicht durchweg eigene erkenntnisse des klägers zugrunde. die experimentellen bedingungen, unter denen in den laboratorien des xxxxxxxxxxx versuchsergebnisse erzielt und vom kläger untersuchte präparate gewonnen worden sind, waren ihm selbst ersichtlich nicht bekannt, nachdem er das aus den usa erhaltene material lediglich in dem glauben ausgewertet haben will, daten und präparate stammten von xxxxxx. 104steht aufgrund des klägerischen vorbringens nach allem fest, daß die beschreibung des experimentellen teils seiner studie in kapitel 2 der habilitationsschrift durchgehend unrichtige angaben enthält, ist der zu lasten des klägers erhobene vorwurf der täuschung erwiesen. dies gilt, auch wenn sich über die oben getroffenen feststellungen hinaus nicht bestimmen läßt, welche der einzelnen in der arbeit genannten forschungsergebnisse weiter nicht unter den beschriebenen versuchsbedingungen ermittelt sind. 105das gericht hat zwar gemäß § 86 abs. 1 s. 1 hs. 1 vwgo den sachverhalt von amts wegen zu erforschen, ohne dabei an das tatsächliche vorbringen der beteiligten und ihre beweisanregungen und beweisanträge gebunden zu sein. die amtsermittlungspflicht findet aber, wie sich aus § 86 abs. 1 s. 1 hs. 2 vwgo ergibt, ihre grenze an der mitwirkungspflicht der beteiligten. diese sind gehalten, ihnen geläufige tatsachen, mit denen sie ihre anträge begründen, selbst vorzutragen; das gericht ist nicht verpflichtet, in nicht durch entsprechendes vorbringen oder konkrete anhaltspunkte veranlaßte nachforschungen darüber einzutreten, ob vielleicht irgendein bislang nicht entdeckter umstand auf die rechtmäßigkeit des zu beurteilenden verwaltungshandelns von einfluß sein könnte, 106bverwg, urteil vom 23. november 1982 - 9 c 74.81 -, bverwge 66 s. 237 ff (238) m. w. n. aus der rechtsprechung; kopp / schenke, a. a. o., § 86 rdnr. 12; eyermann, a. a. o., § 86 rdnr. 20. 107insbesondere gebieten die von einem beteiligten allgemein geäußerten zweifel an der rechtmäßigkeit behördlichen handelns eine dezidierte fehlersuche nicht, 108bverwg, beschluß vom 6. märz 1996 - 4 b 184/95 -, nvwz- rr 1997, s. 82 f.; eyermann, a. a. o., § 86 rdnr. 10. 109namentlich gilt dies entsprechend dem in § 444 zpo kodifizierten rechtsgedanken der beweisvereitelung für solche umstände, deren kenntnis ausschließlich oder doch überwiegend in der sphäre eines beteiligten liegen und dementsprechend nicht ohne ihm zumutbare mitarbeit aufzuklären sind, 110kopp / schenke, a. a. o., § 108 rdnr. 17; eyermann, a. a. o., § 86 rdnr. 20. 111so liegt der fall hier. anhaltspunkte für eine weitere aufklärung des sachverhalts bietet das vorbringen des klägers nicht. das - zuletzt noch im termin zur mündlichen verhandlung - wiederholte eingeständnis, daß seine habilitationsschrift unrichtige angaben enthält, verpflichtet den kläger in gesteigertem maß, solche umstände darzulegen, die geeignet sind, den entsprechenden und durch einen schlüssigen tatsachenvortrag substantiierten vorwurf des beklagten wenigstens in seiner reichweite einzugrenzen. dies war ihm möglich und auch zumutbar, weil die hierfür in betracht kommenden einzelumstände sämtlich allein in seiner kenntnissphäre liegen. dieser pflicht ist der kläger nicht nachgekommen. sein vorbringen ist im kern auf die behauptung beschränkt geblieben, die ihm vorgehaltene unrichtigkeit von angaben in der habilitationsschrift sei nur von marginalem umfang, ohne diesen vortrag etwa hinsichtlich zahl, zeitpunkt und bedingungen der in den usa durchgeführten tierexperimente und reißfestigkeitstests oder verwendungszweck der aus den usa stammenden präparate auch nur im ansatz zu substantiieren. soweit der kläger sich dabei zur begründung darauf beruft, daß er hierzu wegen der zwischenzeitlich verstrichenen zeit nicht mehr in der lage sei, ist dies eine rechtlich unbeachtliche schutzbehauptung. die qualifikation seines verteidigungsvorbringens als unsubstantiiert hat ihren grund rechtlich nicht in fehlendem detailreichtum zu einem an sich nachvollziehbaren vortrag. sie beruht vielmehr auf der erkenntnis, daß der kläger - wie oben dargelegt - keine der im verlauf des verfahrens zur herkunft der in der habilitationsschrift aufgestellten behauptungen (in vollem umfang) aufrecht erhalten, sondern immer dann modifiziert und/oder durch ihnen widersprechenden sachvortrag ersetzt hat, wenn sich seine ursprüngliche sachverhaltsdarstellung aufgrund zwischen-zeitlich neu gewonnener erkenntnisse des beklagten als falsch er-wiesen hatte. dies belegt nachhaltig, daß es dem kläger nicht an kenntnissen über die damaligen geschehnisse mangelt, sondern daß er mit der wahrheit leichtfertig umgeht. dies geht zu seinen lasten. 112die täuschung des klägers ist für die annahme seiner schriftlichen habilitationsleistung auch ursächlich gewesen. daß die habilitationskommission die tierexperimentelle studie des klägers in kenntnis der unrichtigkeit der versuchsbeschreibung in dem aufgezeigten umfang nicht, zumindest aber nicht ohne weitere prüfung bereits am 11. september 1991 als habilitationswürdig anerkannt hätte, liegt auf der hand. gerade die auswahl der versuchsparameter als grundlage einer experimentellen studie ist für die beurteilung der fähigkeit zur selbständigen forschung von maßgeblicher bedeutung; die beurteilung der schriftlichen habilitationsleistung des klägers im referat von prof. dr. xxxxxxxx bringt dies ebenso deutlich zum ausdruck wie deren bewertung in den co-referaten der profes. dres. xxxxxx und xxxxxxxx. rechtlich unerheblich ist dabei, ob und inwieweit die drei referenten der habilitationsschrift entsprechend der durch den kläger im termin zur mündlichen verhandlung aufgestellten behauptung um die unrichtigkeit der darstellung in der zu begutachtenden arbeit gewußt haben. ungeachtet der frage, ob ein solch kollusives zusammenwirken von prüfling und prüfer überhaupt zugunsten des klägers rechtlich beachtung finden könnte, hätte der kläger mittels der gutachter dann jedenfalls die übrigen mitglieder der habilitationskommission zur annahme seiner schriftlichen habilitationsleistung durch deren verschweigen ihres wissens bestimmt. 113der kläger hat die experimentelle grundlage seiner arbeit in der habilitationsschrift auch in dem bewußtsein unrichtig beschrieben, die habilitationskommission hierdurch zur annahme seiner schriftlichen habilitationsleistung bestimmen zu können. dies steht fest, nachdem er zur begründung seines eilantrages mit schriftsatz vom 24. februar 1997 l 185 eingeräumt hat, die aus den usa stammenden versuchsergebnisse in der habilitationsschrift nicht sämtlich gekennzeichnet zu haben, um dem eindruck eines im auftrag des xxxxxxxxxxx zur produktförderung durchgeführten forschungsvorhabens entgegenzuwirken. 114war die habilitierung des klägers nach allem schon wegen der durch arglistige täuschung erwirkten annahme seiner schriftlichen habilitationsleistung rechtswidrig, war der beklagte an der rücknahme der habilitation auch nicht durch die jahresfrist des § 48 abs. 4 s. 1 vwvfg nw gehindert. diese entscheidungsfrist, die mit der kenntnis von der rechtswidrigkeit des verwaltungsakts beginnt, 115bverwg, großer senat, entscheidung vom 19. dezember 1998 - grsen 1/84 und grsen 2/84 -, njw 1985, s. 819 ff., 116ist gewahrt, nachdem die fakultät nicht vor erhalt der an den beklagten gerichteten stellungnahme der ständigen habilitationskommission vom 17. september 1996 um die rechtswidrigkeit der habilitierung des klägers gewußt haben kann und die vom 25. oktober 1996 datierende rücknahmeentscheidung dem kläger noch im oktober 1996 zugegangen ist. 117auch im übrigen hält die entscheidung über die rücknahme der habilitation einer rechtskontrolle stand; in der hier maßgeblichen gestalt des widerspruchsbescheides vom 5. juli 1997 ist der angefochtene bescheid vom 25. oktober 1996 insoweit frei von ermessensfehlern (§ 114 vwgo). 118der ermessensbetätigung liegt mit dem vorwurf, über die herkunft einzelner in der habilitationsschrift angeführter versuchsergebnisse arglistig getäuscht zu haben, ein im ergebnis zutreffend ermittelter sachverhalt zugrunde. wie die übrigen dem kläger gemachten vorhaltungen qualifiziert die dem widerspruchsbescheid beigefügte begründung der ermessensentscheidung auch und gerade die im zusammenhang mit der anfertigung der habilitationsschrift stehenden täuschungshandlungen nicht als schlichte entgleisungen, die für sich genommen ohne rechtsfolgen bleiben könnte. rechtlichen bedenken begegnet diese bewertung nicht. sie ist mit der getroffenen und ihrerseits rechtsfehlerfreien feststellung, daß eine funktionsfähige wissenschaft die grenzen zwischen wissenschaft und täuschung kennende und sie respektierende wissenschaftler benötige, und durch die gleichzeitige bezugnahme auf schwere und umfang dieser täuschungen nachvollziehbar begründet. die zum beleg der dauer eines wissenschaftlich unredlichen verhaltens des klägers weiter in bezug genommenen vorwürfe haben damit ausweislich der seitens des fakultätsrates für seine ermessensbetätigung dargelegten gründe rechtlich allein bedeutung für die zeitgleich getroffene und begründete entscheidung über den entzug der venia legendi; im vorliegenden zusammenhang sind sie ohne belang. 119der ermessensentscheidung liegt schließlich auch eine ausreichende abwägung der von der rücknahmeentscheidung betroffenen belange des klägers und der allgemeinheit zugrunde. rechtlich nicht zu beanstanden ist es, dem öffentlichen interesse am ausschluß unredlicher wissenschaftler von forschung und lehre den vorrang einzuräumen vor den beruflichen, privaten und wirtschaftlichen interessen des klägers am fortbestand seiner habilitation. 120erweist sich damit die rücknahme der habilitation als rechtmäßig, ist auch die entscheidung über den entzug der venia legendi ohne rechtsfehler und verletzt den kläger nicht in eigenen rechten. 121offen bleiben kann dabei hier, ob der entzug der venia legendi auch aus den in den angefochtenen bescheiden genannten gründen als widerruf und / oder rücknahme der lehrbefugnis rechtmäßig ist. namentlich bedarf es keiner prüfung, ob die ausführungen der kammer zur bestätigung der widerrufsentscheidung im eilverfahren, 122beschlusses vom 11. april 1997, a.a.o., s. 24 ff. des umdrucks, 123ohne aufklärung des sachverhalts weiter geltung beanspruchen können, nachdem der kläger sein gegen die rechtmäßigkeit gerichtetes vorbringen im klageverfahren mit hilfsweise gestellten beweisanträgen verbunden hat. seine lehrbefugnis ist gemäß § 18 abs. 1 lit. d) ho ohne weiteren rechtsakt erloschen, nachdem die vorschrift diese rechtsfolge unter anderem an den schon an den entzug der habilitation anknüpft und die rücknahme der lehrbefähigung des klägers - wie oben ausgeführt - rechtmäßig ist. 124gegen die rechtmäßigkeit der satzungsbestimmung bestehen keine bedenken. sie beruht auf der ermächtigungsnorm des § 95 abs. 5 ug und widerspricht nicht der vorschrift des § 95 abs. 7 s. 2 ug, die mit dem verweis auf § 54 abs. 4 s. 3 und s. 4 ug für die venia legendi lediglich widerrufs- und rücknahmegründe kodifiziert und damit für die normierung von erlöschensgründen in der habilitationsordnung raum läßt, 125vgl. epping in leuze / bender, a. a. o., zu § 95 rdnr. 81. 126der in § 18 abs. 1 lit. d) ho kodifizierte erlöschenstatbestand steht schließlich auch in einklang mit dem materiellen recht, nachdem eine habilitierung rechtlich notwendige bedingung für die erteilung der lehrbefugnis (vgl. § 95 abs. 6 s. 1 ug) und damit auch für deren rechtmäßigen fortbestand ist. 127die kostenentscheidung folgt aus § 154 abs. 1 vwgo. der ausspruch zur vorläufigen vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 167 abs. 2 i.v.m. abs. 1 vwgo und den §§ 708 ziffer 11, 711 zpo. |
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"name": "Landgericht Düsseldorf",
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} | 4 O 239/98 | 1999-09-02T00:00:00 | Urteil | Tenor 1Tatbestand: 2Die Klägerin nimmt die Beklagte aus dem deutschen Anteil des europäischen Patents 0 177 330 (nachfolgend: Klagepatent, Anlage K1; deutsche Übersetzung der Beschreibung, Anlage K2) auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunft, Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch. 3Das Klagepatent ist unter Inanspruchnahme der Priorität der US-amerikanischen Patentanmeldung 65 62 61 vom 1. Oktober 1984 am 1. Oktober 1985 beim Europäischen Patentamt angemeldet worden. Die Offenlegung der Patentanmeldung erfolgte am 9. April 1986, die Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung am 19. Juni 1991. 4Anspruch 1 des in der Verfahrenssprache Englisch erteilten Klagepatents, das einen Stent (medizinischen Spreizkörper zur Gefäßaufweitung) betrifft, lautet in der deutschen Übersetzung wie folgt: 5Stent (9) bzw. medizinisches Gerät zur Gefäßaufweitung, aufweisend ein Einzeldrahtstück, welches in eine geschlossene Zickzack-Gestalt geformt ist, die aus einer endlosen Aneinanderreihung von geraden Abschnitten (12) gebildet ist, die über eine Mehrzahl von Biegungen oder Biegestellen (13) verbunden, wobei der Stent in eine erste, kleinere Gestalt nachgiebig zusammendrückbar ist, in welcher alle geraden Abschnitte zwecks Einführung in einen Durchgang seitlich nebeneinanderliegend und dicht zueinander benachbart angeordnet sind, wobei die Biegestellen unter Spannung stehen, und wobei der Stent durch Freigabe der Spannung in eine zweite Gestalt nachgiebig aufweitbar ausgebildet ist, in welcher alle geraden Abschnitte einen im wesentlichen kreisförmigen oder zylindrischen Aufbau zwecks Anpressung gegen die Wand des Durchganges festlegen, um diesen offen zu halten. 6Wegen des ”insbesondere” geltend gemachten Patentanspruchs 2 wird auf die Klagepatentschrift Bezug genommen. 7Die nachfolgend abgebildeten Figuren 1 bis 10 stammen aus der Klagepatentschrift. Die Figur 1 zeigt eine Seitenansicht eines bevorzugten Ausführungsbeispieles der Erfindung; die Figur 2 zeigt eine Draufsicht auf eine Anordnung gemäß Anspruch 1. Die Figur 3 zeigt einen Schnitt durch ein Blutgefäß, das durch einen Tumor eingeschnürt wird; die Figur 4 eine Ansicht ähnlich der Figur 3, wobei ein Schritt des Verfahrens zum Einführen des erfindungsgemäßen Stents gezeigt ist. Die Figuren 5 und 6 zeigen Ansichten anschließender Schritte des in Figur 4 dargestellten Verfahrens. Eine Ansicht ähnlich der Figur 6 zeigt die Figur 7, wobei drei Stents dargestellt sind, die gemäß einem anderen Ausführungsbeispiel der Erfindung in einem Blutgefäß positioniert sind; eine Ansicht ähnlich den Figuren 6 und 7, wobei vier Stents in einem Blutgefäß entsprechend einem weiteren Ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen Verfahrens überlappend positioniert sind, zeigt die Figur 8. Die Figur 9 zeigt eine Seitenansicht einer Hülse, die beim Verfahren zum Einführen des erfindungsgemäßen Stents verwendet wird und die Figur 10 einen Schnitt durch das proximale Ende der Hülse, wobei der Stent in der Hülse positioniert ist, um das Verfahren zum Einführen des erfindungsgemäßen Stents darzustellen. 8Ein zur Firmengruppe der Beklagten gehörendes Unternehmen hat Nichtigkeitsklage vor dem Bundespatentgericht gegen den deutschen Anteil des europäischen Patents erhoben. Diese Klage wurde mit Urteil des Bundespatentgerichts vom 29. Januar 1998 abgewiesen (Anlage K 3). Gegen das Urteil wurde Berufung zum Bundesgerichtshof eingelegt. 9Die Beklagte bietet unter der Bezeichnung ”Vanguard” und ”Passager” zwei Typen von Stents an. Deren Ausgestaltung ergibt sich aus den von der Klägerin eingereichten Prospektblättern (Anlagen K8 und K9) sowie zwei überreichten Mustern (Anlage K 8.1 und K 9.1). 10Nachstehend abgebildet sind zwei Lichtbilder aus den Prospekten, die die beiden Ausführungsformen zeigen. 11Die Klägerin hat die ( … ), vor dem Landgericht München I wegen Patentverletzung auf Unterlassung, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen. Die Beklagte hat den Geschäftsbetrieb ( … ) übernommen, der sich mit der Herstellung von Stents beschäftigt. Das Landgericht München I hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Urteil vom 30. Juni 1996 (Anlage B6) die Klage abgewiesen. Auf den Inhalt des Gutachtens vom 17. Mai 1998, des Ergänzungsgutachtens vom 16. November 1998 und die ergänzende Stellungsnahme vom 10. April 1999 (Anlage B3, Anlage B4 und Anlage B5) des Sachverständigen Dr. rer. nat. ( … ) wird Bezug genommen. Gegenstand des Verletzungsrechtsstreits war unter anderem auch ein Stent mit der Bezeichnung ”Stentor”, der in seiner äußeren Ausgestaltung dem Muster nach Anlage K 8.1 entspricht. 12Die Klägerin sieht in den von der Beklagten angebotenen und vertriebenen Stents eine wortsinngemäße Verletzung ihres Klagepatents. 13Die Klägerin beantragt, 14zu erkennen wie geschehen, insbesondere wenn auch die Merkmale des Anspruchs 2 des Klagepatentes erfüllt sind. 15Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. 16Sie stellt eine Verletzung des Klagepatentes in Abrede. 17Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten und zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. 18Entscheidungsgründe: 19Die Klage ist begründet. 20Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht zu, denn die Beklagte verletzt schuldhaft das Klageschutzrecht, Art. 64 Abs. 1 und Abs. 3 Europäisches Patentübereinkommen (EPÜ), §§ 9, 14, 139 Abs. 1 und Abs. 2, 140b Patentgesetz (PatG), §§ 242, 259 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 256 Zivilprozeßordnung (ZPO). 21Die Zuerkennung des nur ”insbesondere” geltend gemachten Anspruches 2 ist entsprechend der ständigen Rechtsprechung der Kammer entbehrlich. 22I. 23Die Erfindung nach dem Klagepatent betrifft Stents (medizinische Spreizkörper). Die Klagepatentschrift bezeichnet es einleitend als in verschiedenen Situationen wünschenswert, über eine Einrichtung zu verfügen, mit der ein eingeengter Gefäßabschnitt aufgeweitet oder ein Durchlaß durch einen Gefäßabschnitt offen gehalten werden kann. Dies geschieht dadurch, daß der Stent stark komprimiert und mittels eines Zuführkatheters an die betreffende Gefäßstelle gebracht und dort aus dem Katheter herausgedrückt wird, wobei er sich unter Ausübung eines entsprechenden Drucks auf die Gefäßwand aufweitet, so daß diese geöffnet bzw. geweitet wird. Derartige Situationen sind beispielsweise bei der Krankheit Arteriosklerose, aber auch bei einem wachsenden Tumor gegeben, der die Blutströmung durch ein Blutgefäß einschränken oder sogar abblocken kann. 24In der Beschreibungseinleitung des Klagepatents findet sich eine ausführliche Schilderung der Entwicklung der Stents, beginnend mit einem Aufsatz von Dotter et al.. Dieser als Anlage K4 vorgelegte Aufsatz beschreibt die Verwendung von wendelförmig (spulenförmig) gewickelten Stahldrähten, die in Adern eingesetzt wurden, um diese offen zu halten. 25Als weiterer Stand der Technik wird eine weitere Veröffentlichung von Dotter et. al. aus dem Jahre 1983 (Anlage K5) in der Klagepatentbeschreibung erwähnt. Bei dem sich hieraus ergebenden Stand der Technik wird ebenfalls ein Draht wendelförmig (spulenförmig) gewickelt. Eine Besonderheit dieses Standes der Technik ist, daß Nitinol verwendet wird, eine Metallegierung mit einem sogenannten "Formgedächtnis”. Die Legierung nimmt bei einer ersten Temperatur eine erste Gestalt und bei einer anderen Temperatur eine andere Gestalt ein. Die Figur 1 der Anlage K 5 gibt die beiden Gestalten des wendelförmigen Stents wieder. In der in der Figur 1 oben gezeigten, kleineren Gestalt kann der Stent in einfacher Weise in eine enge Hülse eingeführt werden. Befindet der Stent sich an der Stelle der Ader, wo diese aufgeweitet werden soll, wird mittels einer in die Ader eingegebenen, temperierten Flüssigkeit die Temperatur des Stents an der kritischen Stelle der Ader (also tief im Körper des Patienten) so geändert, daß der Stent auf Grund des Formgedächtnisses der verwendeten Legierung die nachfolgend gezeigte, aufgeweitete wendelförmige Gestalt annimmt und so die Ader aufweitet. 26Nachstehend abgebildet ist die Figur 1 der Anlage K5. 27Als weiterer Stand der Technik wird in der Beschreibung des Klagepatents eine Veröffentlichung von Cragg et al. aus dem Jahre 1983 erwähnt (Anlage K6). Auch diese Veröffentlichung schlägt wendelförmig gewickelte Drähte aus Nitinol mit Formgedächtnis vor, um in situ eine Aufweitung des Stents zu ermöglichen. 28Die Beschreibung des Klagepatentes bezeichnet es als Nachteil derartiger Stents aus Nitinol, daß sie in ihrer Handhabung umständlich sein können. Sie erfordern Eiswasser oder eine erwärmte Kochsalzlösung für die Positionierung. Ferner wurde bei diesen Stents festgestellt, daß bei ihnen eine Verringerung des Freiraumes innerhalb der Ader auf Grund von Fibrin–Ablagerungen (Eiweißstoff des Blutes, der bei der Gerinnung entsteht) auf den Stent-Drähten entsteht. 29Das Klagepatent bezeichnet es als das technisch zu lösende Problem (die Aufgabe) der Erfindung, einen Stent bereitzustellen, der leicht zu benutzen und zu positionieren ist und der Strömungsbeeinträchtigungen, Verengungen des Freiraumes und Verstopfungen reduziert. 30Anspruch 1 des Klagepatents löst dieses technische Problem durch folgende Merkmalskombination: 311. Stent (9) bzw. medizinisches Gerät zur Gefäßaufweitung, 322. aufweisend ein Einzeldrahtstück (10), welches in eine geschlossene Zick-Zack-Gestalt geformt ist. 333. Die Zick-Zack-Gestalt ist durch eine endlose Aneinanderreihung gerader Abschnitte (12) gebildet, die über eine Mehrzahl von Biegungen (13) oder Biegestellen verbunden sind. 344. Der Stent ist in eine erste, kleinere Gestalt federnd nachgiebig zusammendrückbar. 355. In der ersten, kleineren Gestalt, liegen alle geraden Abschnitte zwecks Einführung in einen Durchgang seitlich nebeneinander und sind dicht zueinander benachbart angeordnet. 366. In der ersten, kleineren Gestalt stehen die Biegestellen unter Spannung. 377. Der Stent ist durch Freigabe der Spannung in eine zweite Gestalt nachgiebig aufweitbar ausgebildet. 388. In der zweiten Gestalt legen alle geraden Abschnitte einen im wesentlichen kreisförmigen oder zylindrischen Aufbau zwecks Anpressung gegen die Wand des Durchganges fest, um diesen offen zu halten. 39Die Klagepatentbeschreibung führt aus, daß der Draht vorzugsweise aus Edelstahl besteht (vgl. Seite 3, 4. Absatz). 40Sie bezeichnet es als Vorteil, daß die Stents mit unterschiedlichen Durchmessern und Längen aus Edelstahl-Draht gebildet werden können, der in Zickzack-Struktur gebogen ist. Sie sind leicht perkutan in Venen und Arterien zu positionieren und sie erfordern nicht die Verwendung von Eiswasser oder heißer Kochsalzlösung, wie bei Nitinol-Spulen. Außerdem sind Fibrin-Ablagerungen auf den Stent-Drähten bei Edelstahl-Drähten, im Unterschied zu den intravaskulären Nitinol-Stents, bei denen innerhalb von vier Wochen eine Verengung des Hohlraumes aufgetreten ist, im Tierversuch nicht zu beobachten gewesen. 41Die Spreizkraft des Stents kann durch Wahl des Drahtdurchmessers, der Anzahl der Drahtwindungen und der Stent-Länge eingestellt werden. Schließlich, so die Klagepatentbeschreibung auf Seite 9, 1. Absatz, können auch mehrere Stents verwendet werden. Ist je nach den Umständen der interessierende Gefäßabschnitt länger als ein Stent, so können mehrere Stents nacheinander mit geringer Überlappung an den Enden positioniert werden. Wenn die Spreizkraft eines Stents nicht ausreicht, können mehrere Stents ineinander positioniert werden, um die Spreizkraft an einer bestimmten Stelle zu erhöhen. 42II. 43Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen sämtliche Merkmale des Anspruchs 1 des Klagepatents wortsinngemäß. Der Beklagten kann weder darin gefolgt werden, daß der Sinngehalt des Anspruches 1 die Verwendung der Legierung Nitinol für die medizinischen Spreizkörper ausschließe, noch darin, daß die Merkmale 2 bis 8 des Anspruches 1 nicht von beiden angegriffenen Ausführungsformen verwirklicht würden. 44Nach Art. 69 Abs. 1 EPO wird der Schutzbereich des Patents durch den Inhalt der Patentansprüche bestimmt, wobei die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen sind. Inhalt bedeutet nicht Wortlaut, sondern Sinngehalt. Maßgebend ist der Offenbarungsgehalt der Patentansprüche und ergänzend - im Sinne einer Auslegungshilfe - der Offenbarungsgehalt der Patentschrift, soweit dieser Niederschlag in den Ansprüchen gefunden hat. Dies ergibt sich aus dem Protokoll über die Auslegung des Art. 69 Abs. 1 EPÜ (BGBl. 1976 II, 1000). Danach dient die Auslegung nicht nur zur Behebung etwaiger Unklarheiten in den Patentansprüchen, sondern auch zur Klarstellung der in den Patentansprüchen verwendeten technischen Begriffe sowie zur Klärung der Bedeutung und der Tragweite der Erfindung (st. Rspr. BGHZ 105, 1 - Ionenanalyse; BGHZ 133, 1 -Autowaschvorrichtung; vgl. auch zu § 14 PatG: BGHZ 98, 12 - Formstein). Für die Beurteilung entscheidend ist dabei die Sicht des auf dem jeweiligen Fachgebiet tätigen Fachmanns. Begriffe in den Patentansprüchen und in der Patentbeschreibung sind deshalb so zu deuten, wie sie der angesprochene Durchschnittsfachmann nach dem Gesamtinhalt der Patentschrift unter Berücksichtigung von Aufgabe und Lösung der Erfindung versteht (BGH Urt. v. 31. Januar 1984 - X ZR 7/82, GRUR 1984, 425, 426 - Bierklärmittel; Urt. v. 26. September 1996 - X ZR 72/94, GRUR 1997, 116, 117 f. - Prospekthalter; Urt. v. 29. April 1997 - X ZR 101/93, GRUR 1998, 133, 134 - Kunststoffaufbereitung). 45Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen die Merkmale des Anspruchs 1 des Klagepatents unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wortsinngemäß. Unstreitig handelt es sich bei beiden angegriffenen Ausführungsformen um medizinische Geräte zur Gefäßaufweitung, sog. Stents, im Sinne des Merkmals 1. 46Entgegen der Auffassung der Beklagten fallen die angegriffenen Ausführungsformen nicht schon deshalb nicht in den Schutzbereich des Anspruchs 1 des Klagepatents, weil sie aus der Legierung Nitinol bestehen. 47Der Anspruch 1 selbst enthält keine Angabe über das zur Herstellung der Stents zu verwendende Material. Der Beschreibung des Klagepatentes ist zu entnehmen, daß das Klagepatent an den im Stand der Technik bereits bekannten Stents aus der Legierung Nitinol kritisiert, daß Ablagerungen von Fibrin, einem Eiweiß, auf den Stent-Drähten festgestellt wurden, durch die es zu einer Verengung des Hohlraumes gekommen ist (vgl. Anlage K2, Seite 1 am Ende/ Seite 2 oben). Auf Seite 10 der Klagepatentbeschreibung am Ende des ersten Absatzes heißt es hierzu, daß bei der Verwendung von Edelstahl-Stents keine Verengung des Freiraumes im Rahmen der Tierversuche beobachtet werden konnte. Schließlich nennt die Beschreibung noch einen weiteren Nachteil bei der Anwendung von Nitinol-Stents, nämlich daß der Einsatz von Eiswasser oder erwärmter Kochsalzlösung die Plazierung des Stents erschweren kann. Trotzdem schränkt weder die Beschreibung des Klagepatentes den Schutzbereich des Anspruchs 1 auf die Verwendung von Edelstahl für den Stent ein bzw. sie schließt die Verwendung von Nitinol als Werkstoff aus, noch läßt sich eine derartige Einschränkung aus der Aufgabenstellung des Klagepatents, die als technisch zu lösende Probleme unter anderem die leichte Positionierbarkeit des Stents und die Reduzierung von Verstopfungen der Gefäße nennt, folgern. Dies folgt insbesondere daraus, daß die Klagepatentbeschreibung auf Seite 3 im vierten Absatz ausführt: ”Der Draht besteht vorzugsweise aus Edelstahl mit ....” Bereits die Verwendung des Begriffes "vorzugsweise” zeigt, daß es sich bei Stents aus Edelstahl um eine bevorzugte Ausführungsform eines Stents nach dem Klagepatent handelt. Daß auch der Durchschnittsfachmann die Patentschrift nicht dahingehend versteht, daß auf den Werkstoff Nitinol verzichtet werden soll, hat der vom Landgericht München I beauftragte Sachverständige im übrigen auch überzeugend in seinem Gutachten vom 17. Mai 1998 auf Seite 17 dargelegt. Auf seine Begründung kann insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen werden. 48Beide angegriffenen Ausführungsformen erfüllen das Merkmal 2 wortsinngemäß, das verlangt, daß der Stent ein Einzeldrahtstück aufweist, welches in eine geschlossene Zick-Zack-Gestalt geformt ist, und sie erfüllen auch das Merkmal 3, das besagt, daß die Zick-Zack-Gestalt durch eine endlose Aneinanderreihung gerader Abschnitt gebildet ist, die über eine Mehrzahl von Biegungen oder Biegestellen verbunden ist. Zuzustimmen ist der Beklagten darin, daß diese beiden Merkmale die geometrische Gestalt des Stents definieren und sie daher nicht unabhängig voneinander zur Auslegung des Schutzbereiches des Anspruches 1 des Klagepatents herangezogen werden dürfen. 49Betrachtet man die Gesamtgestalt der beiden angegriffenen Ausführungsformen, so bestehen diese unstreitig, wie die Klägerin und die Beklagte in der mündlichen Verhandlung anschaulich anhand der überreichten Zeichnungen und der Fotos deutlich gemacht haben, aus mehreren Einzeldrahtstücken; im Falle der angegriffenen Ausführungsform I sind es insgesamt 6 Einzeldrahtstücke (vgl. Zeichnung 2). Die Struktur der beiden Ausführungsformen weist, wie die Beklagte anhand des Fotos nach Anlage B12 dargelegt hat, eine kronen- bzw. schraubenartige Zick-Zack-Konfiguration auf, wie dies auch der vom Landgericht München I beauftragte Sachverständige auf Seite 6 seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16. November 1998 (Anlage B5) ausgeführt hat. Der Draht wird, nachdem er die erste Etage in Zick-Zack-Form um 360° umlaufen hat, in die nächste tiefere Etage geführt und in Zick-Zack-Formung auf dieser Etage weiter geführt, um dann wieder in die nächste darunter befindliche Etage geführt zu werden etc.. 50Zuzustimmen ist der Klägerin jedoch darin, daß bei der Beurteilung der Frage, ob die angegriffenen Ausführungsformen die geometrische Zick-Zack-Gestalt im Sinne der Merkmale 1 und 2 aufweisen, der Fachmann nicht auf die beiden Ausführungsformen in ihrer Gesamtheit abstellt, sondern vom Sinngehalt des Patentanspruches 1 ausgehend nur "isoliert” eine Etage des Stents, in der sich die Zick-Zack-Konfiguration des Drahtes verwirklicht, heranzieht. Anspruch 1 des Klagepatents lehrt nämlich die Ausbildung nur einer einzigen "Etage" eines Stents, das heißt nur eine einfache ringförmige Konfiguration. Diese kann jedoch je nach Bedarf in der Größe ("maßgeschneidert”) variiert werden, wenn der Gefäßdurchgang, der von dem Stent offenzuhalten ist, größer ist. Schließlich schlägt die Beschreibung des Klagepatents zusätzlich vor (vgl. Seite 9, 2. Absatz), wie die Ausführungsbeispiele nach den Figuren 7 und 8 beispielhaft zeigen, bei Bedarf mehrere Stents hintereinander in ein Blutgefäß einzuführen, wenn der offen zu haltende Gefäßabschnitt länger als ein Stent ist. In diesem Fall können mehrere Stents nacheinander mit geringer Überlappung an den Enden positioniert werden. 51Wie der Sachverständige auf Seite 2 seines Gutachtens vom 17. Mai 1998 ausführt, ist unter einer geschlossenen Zick-Zack-Gestalt eine Gestalt ohne jedwedes offene Ende zu verstehen. Dieses in Merkmal 2 festgelegte Erfordernis soll in technischer Hinsicht bewirken, daß durch das Schließen der Zick-Zack-Gestalt eine Gestalt des Stents geschaffen wird, die kreisförmig (ringförmig) bzw. zylindrisch ist und die auf Grund dieser durch die Ringform bewirkten Stabilität geeignet ist, ein Körpergefäß offenzuhalten (vgl. Merkmal 8). Entscheidend ist damit, daß eine räumlich körperliche Verbindung eingegangen wird, die einen beliebigen Anfang und ein beliebiges Ende aufweist. 52Ausgehend hiervon weist jede (bzw. die "erste”) Etage der angegriffenen Stents eine in sich geschlossene Zick-Zack-Gestalt auf. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 17. Mai 1998 auf Seite 2 ausgeführt, daß die Angabe, daß "der Einzeldraht in eine geschlossene Zick-Zack-Gestalt geformt ist” aus Sicht des Fachmannes bedeutet, daß "die beiden Enden des Drahtes, der zwei Enden aufweist, wie auch immer miteinander verbunden werden müssen”. Dem Sachverständigen kann darin zugestimmt werden, daß das Merkmal 2 offen läßt, mit welchen Mitteln eine Schließung des Einzeldrahtstückes, erreicht werden kann. Ihm kann schließlich auch darin gefolgt werden, daß bei dem Ausführungsbeispiel nach Figur 1 des Klagepatents die Verbindung der beiden Enden des Drahtes miteinander erforderlich ist, um eine Verletzung des Körpergefäßes zu vermeiden. Nach dem Verständnis des Fachmannes liegt eine Verbindung der beiden Enden des Drahtes aber auch darin, daß - bei der Betrachtung nur der ersten Etage des Gesamtstents - ein Ende, das heißt der Anfang des Drahtes, mit dem letzten Teilabschnitt der Etage, dem "anderen Ende" des Drahtes zusammengeführt wird. Das Schließen der Zick-Zack-Konfiguration im Sinne des Merkmales 2 bedeutet aus der Sicht des Fachmannes, daß überhaupt eine räumlich-körperliche Verbindung des Drahtes zur Herbeiführung der geschlossenen Zick-Zack-Gestalt hergestellt werden soll. Denn nur durch das Schließen der Zick-Zack-Konfiguration des Einzeldrahtes wird dieser in die erforderliche ringförmige Struktur bzw. zylindrische Konfiguration gebracht, die für das Offenhalten eines Gefäßdurchganges notwendig ist. Der Fachmann wird dies selbstverständlich mit dem Gedanken verbinden, daß die Enden des Einzeldrahts keine Gefahr für das Körpergefäß darstellen dürfen. Auf welche Weise dies im einzelnen sichergestellt werden wird, hierfür lassen sich weder dem Anspruch noch der Beschreibung Vorgaben entnehmen, so daß dem Fachmann insoweit die Wahl seiner Mittel freigestellt ist. Zwar führt die Beschreibung auf Seite 4 im letzten Absatz aus, daß "der Draht mittels einer Hülse geschlossen ist, die angeschweißt oder fest mit den Enden des Drahtes verpreßt ist, um eine endlose Struktur zu bilden.” Dies geschieht jedoch im Zusammenhang mit der Beschreibung des Ausführungsbeispieles nach der Figur 1 des Klagepatents. Diese Angabe kann daher nicht zu einer Einschränkung des technisch zu verstehenden Sinn des Merkmals 2 führen. 53Ein Schließen der Zick-Zack-Gestalt im Sinne des Merkmales 2 liegt bei beiden angegriffenen Ausführungsformen daher darin, daß der Beginn des Drahtes, das eine "Ende” des Drahtes, bei Vollendung der ringförmigen Struktur mit dem Abschnitt des Drahtes in der ersten Etage zusammengeführt wird, der dann weiter in der nächsten Etage des Stents verläuft und der daher - betrachtet man wie geboten nur die erste "Etage" des Gesamtstents - das andere Ende des diese Etage bildenden Stents darstellt. Dieses geschieht bei beiden angegriffenen Ausführungsformen unstreitig dadurch, daß in der "ersten Etage” mittels eines weißen Filamentes eine feste Verbindung zwischen dem Anfang des Drahtes und einem hierzu parallel verlaufenden Abschnitt des Drahtes hergestellt wird, so daß die ringförmige Gestalt des Stents herbeigeführt wird, während in den übrigen Etagen jeweils zwei parallel verlaufende Abschnitte des Drahtes nach Vollendung der ringförmigen Etage miteinander ebenfalls durch ein weißes Filament fest verbunden werden. Dabei spielt es keine Rolle, daß der Draht bei beiden angegriffenen Ausführungsformen in die nächste Etage geführt wird, eine weitere zick-zack-geformte Etage durch den Draht gebildet wird und die aneinander grenzenden Biegungen des Drahtes über blaue Fäden miteinander befestigt werden, so daß mindestens zwei und auch mehrere Zick-Zack-Gestalten miteinander verknüpft werden. Der Gedanke der angegriffenen Ausführungsformen, den Draht in mehrere weitere zick-zack-geformte Etagen zu führen, mag eine über die Lehre des Klagepatentes hinausgehende erfinderische Qualität haben, wie der Sachverständige in seinem Gutachten vom 17. Mai 1998 auf Seite 3 dargestellt hat. Sie bietet zumindest eine Alternative für die in der Klagepatentschrift vorgeschlagene Lösung, im Falle eines längeren offenzuhaltenden Gefäßabschnittes mehrere Stents hintereinander mit geringfügiger Überlappung an den Stents zu positionieren, und kann dadurch durchaus gewisse Nachteile dieser in der Klagepatentschrift gezeigten - jedoch außerhalb des hier zu erörternden Anspruchs 1 liegenden - Lösung überwinden, die der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16. November 1998 (Anlage B5) auf Seite 5 ausführlich beschrieben hat, und weist ihr gegenüber sicherlich die Vorzüge auf, die die Beklagte ausführlich in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat, wie zum Beispiel den Vorteil der Vermeidung eines Umschnappens bzw. Umklappens des Stents durch die Verbindung der Biegestellen über die blauen Fäden. Beide angegriffenen Ausführungsformen greifen jedoch die Lehre der Merkmale 1 und 2 insoweit auf, als sie die Formung des Einzeldrahtes in eine geometrische geschlossene Zick-Zack-Gestalt verwirklichen und diesen Gedanken fortentwickeln. 54Jede einzelne Etage der angegriffenen Ausführungsformen weist damit auch endlos aneinander gereihte gerade Abschnitte, die über eine Mehrzahl von Biegungen oder Biegestellen verbunden sind, im Sinne des Merkmals 3 auf. Die Endlosigkeit der Aneinanderreihung der geraden Abschnitte ist durch den ringförmigen Verlauf einer jeden einzelnen Etage bedingt. Das Merkmal 3 kann entgegen der Auffassung des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 17. Mai 1998 aus den bereits dargestellten Gründen nicht deshalb verneint werden, weil nicht die Enden des Drahts oder je ein Ende zweier verschiedener Drähte miteinander verbunden seien, denn das Merkmal 3 definiert die im Merkmal 2 vorgegebene geometrische Zick-Zack-Gestalt des Einzeldrahtes. Bei der Auslegung des Merkmals 3 ist ebenso wie bei der Auslegung des Merkmals 2 nur jeweils eine Etage bzw. eine Stufe der angegriffenen Ausführungsformen in Betracht zu ziehen. 55Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen auch die Merkmale 4, 5, 6 und 7 des Anspruchs 1. Die angegriffenen Stents sind in eine erste, kleinere Gestalt federnd nachgiebig zusammendrückbar. In dieser ersten kleineren Gestalt liegen alle geraden Abschnitte zwecks Einführung in einen Durchgang seitlich nebeneinander und sind dicht zueinander benachbart (Merkmal 5); in dieser ersten kleineren Gestalt stehen auch die Biegestellen des Stents unter Spannung. Entsprechend Merkmal 7, das sich ebenso wie das Merkmal 8 mit der zweiten Gestalt des Stents beschäftigt, kann der Stent durch Freigabe der Spannung in eine zweite Gestalt nachgiebig aufgeweitet werden. 56Es ist zwischen den Parteien unstreitig, daß die Beklagte den Nitinoldraht über eine Spindel wickelt und auf eine höhere Temperatur bringt. Danach verformt sie den Draht in die Zick-Zack-Gestalt. Anschließend werden die so hergestellten Nitinol–Stents auf eine Temperatur von 0° Celsius abgekühlt. Dadurch gerät der Stent in den martensitischen Zustand, wie der Sachverständige auf Seite 21 seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16. November 1998 (Anlage B5) ausführt. Das heißt, die Kristallstruktur der Nitinol-Moleküle verändert sich so (pseudo-plastische Verformung), daß der Stent eine kleine Gestalt annimmt, die es erlaubt, ihn bei 0° Grad Celsius in eine Hülle bzw. einen Katheter zur späteren Einführung in ein menschliches Gefäß einzuführen. In diesem martensitischen Zustand bei einer Temperatur von 0° Celsius weist der Nitinol-Draht keine inneren Spannungen auf, die durch eine plastische Verformung entstanden sind. Es fehlt in diesem Zustand unstreitig den angegriffenen Ausführungsformen an der federnd elastischen Zusammendrückbarkeit. 57Gleichwohl steht dies der Verwirklichung des Merkmale 4 bis 7 durch die angegriffenen Ausführungsformen nicht entgegen. Der Beklagten kann nicht darin gefolgt werden, eine Verletzung der Merkmale 4 bis 7 durch die beiden angegriffenen Ausführungsformen scheide deshalb aus, weil die von ihr hergestellten angegriffenen Nitinol-Stents bei einer Temperatur von 0° Celsius die Eigenschaft der federnden Nachgiebigkeit nicht aufweisen, wenn sie in einen Katheter eingesetzt werden, und bei ihnen folglich auch bei einer Erwärmung auf Zimmertemperatur eine durch Zusammendrücken erzeugte Spannung in den Biegestellen nicht vorhanden sei und auch deshalb eine solche durch Zusammendrücken erzeugte Spannung auch nicht freigesetzt werden könne. Der Sachverständige hat zwar diese Eigenschaften des Werkstoffes Nitinol bei einer Temperatur von 0° Celsius bestätigt und ergänzend ausgeführt, daß nach dem Gesamtverständnis des Fachmannes vom Inhalt der Merkmale 4, 6 und 7 die elastische Expandierbarkeit des Stents sowohl direkt nach dem Zusammendrücken vorliegen müsse als auch später im menschlichen Körper kurz vor dem Plazieren des Stents (vgl. Gutachten vom 17. Mai 1998, Seite 13 oben) im Gefäß. Hiervon ausgehend hat der Sachverständige eine Verwirklichung des Merkmals 7 verneint, da nicht im gesamten von der Beklagten für die Herstellung der Stents geschaffenen Temperaturbereich von 0° Celsius bis zur Raumtemperatur diese Bedingungen gegeben seien (vgl. Anlage B5, Seite 21 unten, Seite 22 oben). Dieser Schlußfolgerung des Sachverständigen kann sich die Kammer jedoch aus den nachfolgenden patentrechtlichen Überlegungen nicht anschließen. 58Bei einem Vorrichtungspatent fällt jeder Gegenstand, der die anspruchsgemäßen Eigenschaften oder Merkmale aufweist, unter den Schutz des Patents. Weder wird der Schutzbereich eines Vorrichtungspatentes durch die in der Patentschrift genannten Mittel zu seiner Herstellung beschränkt, noch wird der Schutzbereich des Sachpatents dadurch eingeschränkt, daß die Art und Weise der Anwendung der Vorrichtung abweichend von den im Klagepatent genannten Bedingungen erfolgt. Der Tatsache, daß die Beklagte die Stents bei einer Temperatur von 0° Celsius in eine erste kleinere Form bringt, um sie danach in die Hülle einzuführen und die Stents dann in dieser Form auf den deutschen Markt bringt, kommt damit aus patentrechtlicher Sicht keine Bedeutung zu, und ebensowenig kommt es darauf an, ob die Beklagte in ihrer Gebrauchsanweisung dem anwendenden Arzt empfiehlt, die angegriffenen Nitinol-Stents mit 200 ml eiskalter steriler Kochsalzlösung vor der Plazierung in dem betreffenden Gefäß zu spülen (vgl. Anlage B 13). 59Entscheidend ist nur, ob die angegriffenen Ausführungsformen bei Vorliegen der von Anspruch 1 des Klagepatents nach dem Verständnis des Durchschnittsfachmannes vorausgesetzten Bedingungen die Merkmale des Anspruches 1 erfüllt. Hierzu hat der Sachverständige zutreffend ausgeführt, daß nach dem Verständnis des Durchschnittsfachmannes die elastische Expandierbarkeit des Stents zum Zeitpunkt der Einführung in ein Gefäß des menschlichen Körpers gegeben sein muß. Insofern ergibt sich aus dem Verwendungszweck des Stents auch ein gewisser Temperaturbereich (Körpertemperatur), in dem die elastische Expandierbarkeit gegeben sein muß. Für die federnd nachgiebige Komprimierbarkeit folgt hingegen eine Temperaturvorgabe weder aus dem Anspruch noch aus der Bestimmung des Stents; es genügt daher, daß sie bei irgendeiner praktisch in Betracht zu ziehenden Temperatur gegeben ist. Wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, sind die Stents bei Raumtemperatur zusammendrückbar, das heißt, es ist möglich, die beiden angegriffenen Ausführungsformen durch plastische Verformung, durch einfaches Zusammendrücken, in die erste kleinere Gestalt zu bringen. In dieser ersten Form weisen die angegriffenen Ausführungsformen die federnde Nachgiebigkeit auf, die Voraussetzung dafür ist, daß der Stent die zweite Gestalt annimmt. Dieses Verhalten der Nitinol-Stents hat auch der Sachverständige in seinem Gutachten vom 16. November 1995 auf Seite 19 und 20 bestätigt, wo er ausführt, daß der vollständig austenitische Nitinol-Stent bei Zimmertemperatur beim Zusammendrücken eine spannungsinduzierte martensitische Phase bildet, die sich beim Loslassen wieder in die austenitische Ausgangsphase elastisch zurückbildet. Der Stent reagiert in dieser Phase pseudoelastisch, denn nach dem Loslassen kehrt er elastisch in seine Ausgangsgestalt zurück ohne zurückbleibende Verformung. Der Stent enthält Spannungen in seinen Biegestellen durch das mechanische Zusammendrücken (Merkmal 6), welche sich nach dem Loslassen als vollständig elastisch erweisen (Merkmal 7), das heißt den Stent in seine Ursprungsgestalt (zweite Gestalt) zurückführen. 60Daß in der durch mechanisches Zusammendrücken herbeigeführten ersten kleineren Gestalt alle geraden Abschnitte der angegriffenen Stents seitlich nebeneinander und dicht zueinander benachbart angeordnet sind, stellen die Beklagten nicht in Abrede (Merkmal 5). 61Die angegriffenen Ausführungsformen verwirklichen auch das Merkmal 8 des Klagepatents wortsinngemäß. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 17. Mai 1998 (Anlage B4, Seiten 15/16) darauf hingewiesen, daß nach dem Verständnis des Durchschnittsfachmannes die zweite Gestalt des Stents in dem Bereich zwischen Raumtemperatur und Körpertemperatur vorliegen muß. Daß diese zweite Gestalt zumindest bei Erreichen der Körpertemperatur gegeben sein muß, ergibt sich daraus, daß nach dem Merkmal 8 die zweite Gestalt des Stents die Wirkung haben soll, daß die geraden Abschnitte der Zick-Zack-Gestalt sich im wesentlichen kreisförmig oder aber zylindrisch zwecks Anpressung gegen die Wand des Durchganges, also die Wand des offenzuhaltenden Gefäßes, festlegen, um dieses offenzuhalten, also der Stent eine ringförmige bzw. radiale Stützwirkung entfalten soll. Bereits bei Raumtemperatur weisen die angegriffenen Ausführungsformen diese zweite Gestalt auf, wie die von der Beklagten vorgelegten Muster zweifelsfrei zeigen. 62Auch der Gang des Erteilungsverfahrens steht der Annahme einer Verletzung des Anspruchs 1 durch die angegriffenen Ausführungsformen nicht entgegen. 63Zwar hat die Patentabteilung des Europäischen Patentamts mit Bescheid vom 8. November 1988 (Anlage B9) den Antrag der Anmelderin vom 6. Juni 1988, den Begriff ”potential energy” (potentielle Energie) in den Wortlaut des Anspruchs 1 aufzunehmen, zurückgewiesen, da sie hierin eine unzulässige Erweiterung sah. Sie hat statt dessen an dem Begriff ”having a stress” (Spannung) festgehalten. Es kann dahingestellt bleiben, ob hierin eine Beschränkung zu sehen ist, denn dies steht nicht der Annahme der Verwirklichung der Merkmale 6 und 7 entgegen, da die angegriffenen Ausführungsformen durch Zusammendrücken erzeugte Spannung in den Biegestellen aufweisen können. 64III. 651. 66Da die Beklagte den Gegenstand des Klagepatents rechtswidrig benutzt hat, ist sie der Klägerin zur Unterlassung verpflichtet, § 139 Abs. 1 PatG. 672. 68Die Beklagte hat der Klägerin außerdem Schadensersatz zu leisten, § 139 Abs. 2 PatG. Denn als Fachunternehmen hätte sie die Patentverletzung bei Anwendung der im Geschäftsverkehr erforderlichen Sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 BGB. Da es hinreichend wahrscheinlich ist, daß der Klägerin durch die rechtsverletzenden Handlungen der Beklagten ein Schaden entstanden ist, der von der Klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den Umfang der rechtsverletzenden Benutzungshandlungen ohne ihr Verschulden nicht im einzelnen kennt, ist ein rechtliches Interesse der Klägerin an einer Feststellung der Schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 ZPO. 693. 70Außerdem ist die Beklagte zur Rechnungslegung verpflichtet, damit die Klägerin in die Lage versetzt wird, den ihr zustehenden Schadensersatzanspruch beziffern zu können, § 242 BGB. Denn die Klägerin ist auf die zuerkannten Angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes Verschulden nicht verfügt, und die Beklagte wird durch die von ihr verlangten Auskünfte - die auch für die Zeit nach Schluß der mündlichen Verhandlung zu erteilen sind, § 259 ZPO - nicht unzumutbar belastet. 714. 72Gemäß § 140b PatG hat die Beklagte schließlich über Herkunft und Vertriebsweg der rechtsverletzenden Erzeugnisse Auskunft zu erteilen. Die nach Absatz 2 dieser Vorschrift geschuldeten Angaben sind in der Urteilsformel zu I.2 mit den Angaben zusammengefaßt, die zum Zwecke der Rechnungslegung zu machen sind. 73IV. 74Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. 75Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO. 76Der Streitwert beträgt 5 Millionen DM. 77 Dr. Meier-Beck Dr. Becker Dieck-Bogatzke | 1 | 2die klägerin nimmt die beklagte aus dem deutschen anteil des europäischen patents 0 177 330 (nachfolgend: klagepatent, anlage k1; deutsche übersetzung der beschreibung, anlage k2) auf unterlassung, rechnungslegung, auskunft, feststellung der schadensersatzpflicht in anspruch. 3das klagepatent ist unter inanspruchnahme der priorität der us-amerikanischen patentanmeldung 65 62 61 vom 1. oktober 1984 am 1. oktober 1985 beim europäischen patentamt angemeldet worden. die offenlegung der patentanmeldung erfolgte am 9. april 1986, die bekanntmachung des hinweises auf die patenterteilung am 19. juni 1991. 4anspruch 1 des in der verfahrenssprache englisch erteilten klagepatents, das einen stent (medizinischen spreizkörper zur gefäßaufweitung) betrifft, lautet in der deutschen übersetzung wie folgt: 5stent (9) bzw. medizinisches gerät zur gefäßaufweitung, aufweisend ein einzeldrahtstück, welches in eine geschlossene zickzack-gestalt geformt ist, die aus einer endlosen aneinanderreihung von geraden abschnitten (12) gebildet ist, die über eine mehrzahl von biegungen oder biegestellen (13) verbunden, wobei der stent in eine erste, kleinere gestalt nachgiebig zusammendrückbar ist, in welcher alle geraden abschnitte zwecks einführung in einen durchgang seitlich nebeneinanderliegend und dicht zueinander benachbart angeordnet sind, wobei die biegestellen unter spannung stehen, und wobei der stent durch freigabe der spannung in eine zweite gestalt nachgiebig aufweitbar ausgebildet ist, in welcher alle geraden abschnitte einen im wesentlichen kreisförmigen oder zylindrischen aufbau zwecks anpressung gegen die wand des durchganges festlegen, um diesen offen zu halten. 6wegen des ”insbesondere” geltend gemachten patentanspruchs 2 wird auf die klagepatentschrift bezug genommen. 7die nachfolgend abgebildeten figuren 1 bis 10 stammen aus der klagepatentschrift. die figur 1 zeigt eine seitenansicht eines bevorzugten ausführungsbeispieles der erfindung; die figur 2 zeigt eine draufsicht auf eine anordnung gemäß anspruch 1. die figur 3 zeigt einen schnitt durch ein blutgefäß, das durch einen tumor eingeschnürt wird; die figur 4 eine ansicht ähnlich der figur 3, wobei ein schritt des verfahrens zum einführen des erfindungsgemäßen stents gezeigt ist. die figuren 5 und 6 zeigen ansichten anschließender schritte des in figur 4 dargestellten verfahrens. eine ansicht ähnlich der figur 6 zeigt die figur 7, wobei drei stents dargestellt sind, die gemäß einem anderen ausführungsbeispiel der erfindung in einem blutgefäß positioniert sind; eine ansicht ähnlich den figuren 6 und 7, wobei vier stents in einem blutgefäß entsprechend einem weiteren ausführungsbeispiel des erfindungsgemäßen verfahrens überlappend positioniert sind, zeigt die figur 8. die figur 9 zeigt eine seitenansicht einer hülse, die beim verfahren zum einführen des erfindungsgemäßen stents verwendet wird und die figur 10 einen schnitt durch das proximale ende der hülse, wobei der stent in der hülse positioniert ist, um das verfahren zum einführen des erfindungsgemäßen stents darzustellen. 8ein zur firmengruppe der beklagten gehörendes unternehmen hat nichtigkeitsklage vor dem bundespatentgericht gegen den deutschen anteil des europäischen patents erhoben. diese klage wurde mit urteil des bundespatentgerichts vom 29. januar 1998 abgewiesen (anlage k 3). gegen das urteil wurde berufung zum bundesgerichtshof eingelegt. 9die beklagte bietet unter der bezeichnung ”vanguard” und ”passager” zwei typen von stents an. deren ausgestaltung ergibt sich aus den von der klägerin eingereichten prospektblättern (anlagen k8 und k9) sowie zwei überreichten mustern (anlage k 8.1 und k 9.1). 10nachstehend abgebildet sind zwei lichtbilder aus den prospekten, die die beiden ausführungsformen zeigen. 11die klägerin hat die ( … ), vor dem landgericht münchen i wegen patentverletzung auf unterlassung, rechnungslegung und feststellung der schadensersatzpflicht in anspruch genommen. die beklagte hat den geschäftsbetrieb ( … ) übernommen, der sich mit der herstellung von stents beschäftigt. das landgericht münchen i hat nach einholung eines sachverständigengutachtens mit urteil vom 30. juni 1996 (anlage b6) die klage abgewiesen. auf den inhalt des gutachtens vom 17. mai 1998, des ergänzungsgutachtens vom 16. november 1998 und die ergänzende stellungsnahme vom 10. april 1999 (anlage b3, anlage b4 und anlage b5) des sachverständigen dr. rer. nat. ( … ) wird bezug genommen. gegenstand des verletzungsrechtsstreits war unter anderem auch ein stent mit der bezeichnung ”stentor”, der in seiner äußeren ausgestaltung dem muster nach anlage k 8.1 entspricht. 12die klägerin sieht in den von der beklagten angebotenen und vertriebenen stents eine wortsinngemäße verletzung ihres klagepatents. 13die klägerin beantragt, 14zu erkennen wie geschehen, insbesondere wenn auch die merkmale des anspruchs 2 des klagepatentes erfüllt sind. 15die beklagte beantragt, die klage abzuweisen. 16sie stellt eine verletzung des klagepatentes in abrede. 17wegen der weiteren einzelheiten des parteivorbringens wird auf die gewechselten und zu den akten gereichten schriftsätze nebst anlagen verwiesen. 18 | 19die klage ist begründet. 20der klägerin stehen die geltend gemachten ansprüche auf unterlassung, auskunft, rechnungslegung und feststellung der schadensersatzpflicht zu, denn die beklagte verletzt schuldhaft das klageschutzrecht, art. 64 abs. 1 und abs. 3 europäisches patentübereinkommen (epü), §§ 9, 14, 139 abs. 1 und abs. 2, 140b patentgesetz (patg), §§ 242, 259 bürgerliches gesetzbuch (bgb), § 256 zivilprozeßordnung (zpo). 21die zuerkennung des nur ”insbesondere” geltend gemachten anspruches 2 ist entsprechend der ständigen rechtsprechung der kammer entbehrlich. 22i. 23die erfindung nach dem klagepatent betrifft stents (medizinische spreizkörper). die klagepatentschrift bezeichnet es einleitend als in verschiedenen situationen wünschenswert, über eine einrichtung zu verfügen, mit der ein eingeengter gefäßabschnitt aufgeweitet oder ein durchlaß durch einen gefäßabschnitt offen gehalten werden kann. dies geschieht dadurch, daß der stent stark komprimiert und mittels eines zuführkatheters an die betreffende gefäßstelle gebracht und dort aus dem katheter herausgedrückt wird, wobei er sich unter ausübung eines entsprechenden drucks auf die gefäßwand aufweitet, so daß diese geöffnet bzw. geweitet wird. derartige situationen sind beispielsweise bei der krankheit arteriosklerose, aber auch bei einem wachsenden tumor gegeben, der die blutströmung durch ein blutgefäß einschränken oder sogar abblocken kann. 24in der beschreibungseinleitung des klagepatents findet sich eine ausführliche schilderung der entwicklung der stents, beginnend mit einem aufsatz von dotter et al.. dieser als anlage k4 vorgelegte aufsatz beschreibt die verwendung von wendelförmig (spulenförmig) gewickelten stahldrähten, die in adern eingesetzt wurden, um diese offen zu halten. 25als weiterer stand der technik wird eine weitere veröffentlichung von dotter et. al. aus dem jahre 1983 (anlage k5) in der klagepatentbeschreibung erwähnt. bei dem sich hieraus ergebenden stand der technik wird ebenfalls ein draht wendelförmig (spulenförmig) gewickelt. eine besonderheit dieses standes der technik ist, daß nitinol verwendet wird, eine metallegierung mit einem sogenannten "formgedächtnis”. die legierung nimmt bei einer ersten temperatur eine erste gestalt und bei einer anderen temperatur eine andere gestalt ein. die figur 1 der anlage k 5 gibt die beiden gestalten des wendelförmigen stents wieder. in der in der figur 1 oben gezeigten, kleineren gestalt kann der stent in einfacher weise in eine enge hülse eingeführt werden. befindet der stent sich an der stelle der ader, wo diese aufgeweitet werden soll, wird mittels einer in die ader eingegebenen, temperierten flüssigkeit die temperatur des stents an der kritischen stelle der ader (also tief im körper des patienten) so geändert, daß der stent auf grund des formgedächtnisses der verwendeten legierung die nachfolgend gezeigte, aufgeweitete wendelförmige gestalt annimmt und so die ader aufweitet. 26nachstehend abgebildet ist die figur 1 der anlage k5. 27als weiterer stand der technik wird in der beschreibung des klagepatents eine veröffentlichung von cragg et al. aus dem jahre 1983 erwähnt (anlage k6). auch diese veröffentlichung schlägt wendelförmig gewickelte drähte aus nitinol mit formgedächtnis vor, um in situ eine aufweitung des stents zu ermöglichen. 28die beschreibung des klagepatentes bezeichnet es als nachteil derartiger stents aus nitinol, daß sie in ihrer handhabung umständlich sein können. sie erfordern eiswasser oder eine erwärmte kochsalzlösung für die positionierung. ferner wurde bei diesen stents festgestellt, daß bei ihnen eine verringerung des freiraumes innerhalb der ader auf grund von fibrin–ablagerungen (eiweißstoff des blutes, der bei der gerinnung entsteht) auf den stent-drähten entsteht. 29das klagepatent bezeichnet es als das technisch zu lösende problem (die aufgabe) der erfindung, einen stent bereitzustellen, der leicht zu benutzen und zu positionieren ist und der strömungsbeeinträchtigungen, verengungen des freiraumes und verstopfungen reduziert. 30anspruch 1 des klagepatents löst dieses technische problem durch folgende merkmalskombination: 311. stent (9) bzw. medizinisches gerät zur gefäßaufweitung, 322. aufweisend ein einzeldrahtstück (10), welches in eine geschlossene zick-zack-gestalt geformt ist. 333. die zick-zack-gestalt ist durch eine endlose aneinanderreihung gerader abschnitte (12) gebildet, die über eine mehrzahl von biegungen (13) oder biegestellen verbunden sind. 344. der stent ist in eine erste, kleinere gestalt federnd nachgiebig zusammendrückbar. 355. in der ersten, kleineren gestalt, liegen alle geraden abschnitte zwecks einführung in einen durchgang seitlich nebeneinander und sind dicht zueinander benachbart angeordnet. 366. in der ersten, kleineren gestalt stehen die biegestellen unter spannung. 377. der stent ist durch freigabe der spannung in eine zweite gestalt nachgiebig aufweitbar ausgebildet. 388. in der zweiten gestalt legen alle geraden abschnitte einen im wesentlichen kreisförmigen oder zylindrischen aufbau zwecks anpressung gegen die wand des durchganges fest, um diesen offen zu halten. 39die klagepatentbeschreibung führt aus, daß der draht vorzugsweise aus edelstahl besteht (vgl. seite 3, 4. absatz). 40sie bezeichnet es als vorteil, daß die stents mit unterschiedlichen durchmessern und längen aus edelstahl-draht gebildet werden können, der in zickzack-struktur gebogen ist. sie sind leicht perkutan in venen und arterien zu positionieren und sie erfordern nicht die verwendung von eiswasser oder heißer kochsalzlösung, wie bei nitinol-spulen. außerdem sind fibrin-ablagerungen auf den stent-drähten bei edelstahl-drähten, im unterschied zu den intravaskulären nitinol-stents, bei denen innerhalb von vier wochen eine verengung des hohlraumes aufgetreten ist, im tierversuch nicht zu beobachten gewesen. 41die spreizkraft des stents kann durch wahl des drahtdurchmessers, der anzahl der drahtwindungen und der stent-länge eingestellt werden. schließlich, so die klagepatentbeschreibung auf seite 9, 1. absatz, können auch mehrere stents verwendet werden. ist je nach den umständen der interessierende gefäßabschnitt länger als ein stent, so können mehrere stents nacheinander mit geringer überlappung an den enden positioniert werden. wenn die spreizkraft eines stents nicht ausreicht, können mehrere stents ineinander positioniert werden, um die spreizkraft an einer bestimmten stelle zu erhöhen. 42ii. 43die angegriffenen ausführungsformen verwirklichen sämtliche merkmale des anspruchs 1 des klagepatents wortsinngemäß. der beklagten kann weder darin gefolgt werden, daß der sinngehalt des anspruches 1 die verwendung der legierung nitinol für die medizinischen spreizkörper ausschließe, noch darin, daß die merkmale 2 bis 8 des anspruches 1 nicht von beiden angegriffenen ausführungsformen verwirklicht würden. 44nach art. 69 abs. 1 epo wird der schutzbereich des patents durch den inhalt der patentansprüche bestimmt, wobei die beschreibung und die zeichnungen zur auslegung der patentansprüche heranzuziehen sind. inhalt bedeutet nicht wortlaut, sondern sinngehalt. maßgebend ist der offenbarungsgehalt der patentansprüche und ergänzend - im sinne einer auslegungshilfe - der offenbarungsgehalt der patentschrift, soweit dieser niederschlag in den ansprüchen gefunden hat. dies ergibt sich aus dem protokoll über die auslegung des art. 69 abs. 1 epü (bgbl. 1976 ii, 1000). danach dient die auslegung nicht nur zur behebung etwaiger unklarheiten in den patentansprüchen, sondern auch zur klarstellung der in den patentansprüchen verwendeten technischen begriffe sowie zur klärung der bedeutung und der tragweite der erfindung (st. rspr. bghz 105, 1 - ionenanalyse; bghz 133, 1 -autowaschvorrichtung; vgl. auch zu § 14 patg: bghz 98, 12 - formstein). für die beurteilung entscheidend ist dabei die sicht des auf dem jeweiligen fachgebiet tätigen fachmanns. begriffe in den patentansprüchen und in der patentbeschreibung sind deshalb so zu deuten, wie sie der angesprochene durchschnittsfachmann nach dem gesamtinhalt der patentschrift unter berücksichtigung von aufgabe und lösung der erfindung versteht (bgh urt. v. 31. januar 1984 - x zr 7/82, grur 1984, 425, 426 - bierklärmittel; urt. v. 26. september 1996 - x zr 72/94, grur 1997, 116, 117 f. - prospekthalter; urt. v. 29. april 1997 - x zr 101/93, grur 1998, 133, 134 - kunststoffaufbereitung). 45die angegriffenen ausführungsformen verwirklichen die merkmale des anspruchs 1 des klagepatents unter berücksichtigung dieser grundsätze wortsinngemäß. unstreitig handelt es sich bei beiden angegriffenen ausführungsformen um medizinische geräte zur gefäßaufweitung, sog. stents, im sinne des merkmals 1. 46entgegen der auffassung der beklagten fallen die angegriffenen ausführungsformen nicht schon deshalb nicht in den schutzbereich des anspruchs 1 des klagepatents, weil sie aus der legierung nitinol bestehen. 47der anspruch 1 selbst enthält keine angabe über das zur herstellung der stents zu verwendende material. der beschreibung des klagepatentes ist zu entnehmen, daß das klagepatent an den im stand der technik bereits bekannten stents aus der legierung nitinol kritisiert, daß ablagerungen von fibrin, einem eiweiß, auf den stent-drähten festgestellt wurden, durch die es zu einer verengung des hohlraumes gekommen ist (vgl. anlage k2, seite 1 am ende/ seite 2 oben). auf seite 10 der klagepatentbeschreibung am ende des ersten absatzes heißt es hierzu, daß bei der verwendung von edelstahl-stents keine verengung des freiraumes im rahmen der tierversuche beobachtet werden konnte. schließlich nennt die beschreibung noch einen weiteren nachteil bei der anwendung von nitinol-stents, nämlich daß der einsatz von eiswasser oder erwärmter kochsalzlösung die plazierung des stents erschweren kann. trotzdem schränkt weder die beschreibung des klagepatentes den schutzbereich des anspruchs 1 auf die verwendung von edelstahl für den stent ein bzw. sie schließt die verwendung von nitinol als werkstoff aus, noch läßt sich eine derartige einschränkung aus der aufgabenstellung des klagepatents, die als technisch zu lösende probleme unter anderem die leichte positionierbarkeit des stents und die reduzierung von verstopfungen der gefäße nennt, folgern. dies folgt insbesondere daraus, daß die klagepatentbeschreibung auf seite 3 im vierten absatz ausführt: ”der draht besteht vorzugsweise aus edelstahl mit ....” bereits die verwendung des begriffes "vorzugsweise” zeigt, daß es sich bei stents aus edelstahl um eine bevorzugte ausführungsform eines stents nach dem klagepatent handelt. daß auch der durchschnittsfachmann die patentschrift nicht dahingehend versteht, daß auf den werkstoff nitinol verzichtet werden soll, hat der vom landgericht münchen i beauftragte sachverständige im übrigen auch überzeugend in seinem gutachten vom 17. mai 1998 auf seite 17 dargelegt. auf seine begründung kann insoweit zur vermeidung von wiederholungen verwiesen werden. 48beide angegriffenen ausführungsformen erfüllen das merkmal 2 wortsinngemäß, das verlangt, daß der stent ein einzeldrahtstück aufweist, welches in eine geschlossene zick-zack-gestalt geformt ist, und sie erfüllen auch das merkmal 3, das besagt, daß die zick-zack-gestalt durch eine endlose aneinanderreihung gerader abschnitt gebildet ist, die über eine mehrzahl von biegungen oder biegestellen verbunden ist. zuzustimmen ist der beklagten darin, daß diese beiden merkmale die geometrische gestalt des stents definieren und sie daher nicht unabhängig voneinander zur auslegung des schutzbereiches des anspruches 1 des klagepatents herangezogen werden dürfen. 49betrachtet man die gesamtgestalt der beiden angegriffenen ausführungsformen, so bestehen diese unstreitig, wie die klägerin und die beklagte in der mündlichen verhandlung anschaulich anhand der überreichten zeichnungen und der fotos deutlich gemacht haben, aus mehreren einzeldrahtstücken; im falle der angegriffenen ausführungsform i sind es insgesamt 6 einzeldrahtstücke (vgl. zeichnung 2). die struktur der beiden ausführungsformen weist, wie die beklagte anhand des fotos nach anlage b12 dargelegt hat, eine kronen- bzw. schraubenartige zick-zack-konfiguration auf, wie dies auch der vom landgericht münchen i beauftragte sachverständige auf seite 6 seiner ergänzenden stellungnahme vom 16. november 1998 (anlage b5) ausgeführt hat. der draht wird, nachdem er die erste etage in zick-zack-form um 360° umlaufen hat, in die nächste tiefere etage geführt und in zick-zack-formung auf dieser etage weiter geführt, um dann wieder in die nächste darunter befindliche etage geführt zu werden etc.. 50zuzustimmen ist der klägerin jedoch darin, daß bei der beurteilung der frage, ob die angegriffenen ausführungsformen die geometrische zick-zack-gestalt im sinne der merkmale 1 und 2 aufweisen, der fachmann nicht auf die beiden ausführungsformen in ihrer gesamtheit abstellt, sondern vom sinngehalt des patentanspruches 1 ausgehend nur "isoliert” eine etage des stents, in der sich die zick-zack-konfiguration des drahtes verwirklicht, heranzieht. anspruch 1 des klagepatents lehrt nämlich die ausbildung nur einer einzigen "etage" eines stents, das heißt nur eine einfache ringförmige konfiguration. diese kann jedoch je nach bedarf in der größe ("maßgeschneidert”) variiert werden, wenn der gefäßdurchgang, der von dem stent offenzuhalten ist, größer ist. schließlich schlägt die beschreibung des klagepatents zusätzlich vor (vgl. seite 9, 2. absatz), wie die ausführungsbeispiele nach den figuren 7 und 8 beispielhaft zeigen, bei bedarf mehrere stents hintereinander in ein blutgefäß einzuführen, wenn der offen zu haltende gefäßabschnitt länger als ein stent ist. in diesem fall können mehrere stents nacheinander mit geringer überlappung an den enden positioniert werden. 51wie der sachverständige auf seite 2 seines gutachtens vom 17. mai 1998 ausführt, ist unter einer geschlossenen zick-zack-gestalt eine gestalt ohne jedwedes offene ende zu verstehen. dieses in merkmal 2 festgelegte erfordernis soll in technischer hinsicht bewirken, daß durch das schließen der zick-zack-gestalt eine gestalt des stents geschaffen wird, die kreisförmig (ringförmig) bzw. zylindrisch ist und die auf grund dieser durch die ringform bewirkten stabilität geeignet ist, ein körpergefäß offenzuhalten (vgl. merkmal 8). entscheidend ist damit, daß eine räumlich körperliche verbindung eingegangen wird, die einen beliebigen anfang und ein beliebiges ende aufweist. 52ausgehend hiervon weist jede (bzw. die "erste”) etage der angegriffenen stents eine in sich geschlossene zick-zack-gestalt auf. der sachverständige hat in seinem gutachten vom 17. mai 1998 auf seite 2 ausgeführt, daß die angabe, daß "der einzeldraht in eine geschlossene zick-zack-gestalt geformt ist” aus sicht des fachmannes bedeutet, daß "die beiden enden des drahtes, der zwei enden aufweist, wie auch immer miteinander verbunden werden müssen”. dem sachverständigen kann darin zugestimmt werden, daß das merkmal 2 offen läßt, mit welchen mitteln eine schließung des einzeldrahtstückes, erreicht werden kann. ihm kann schließlich auch darin gefolgt werden, daß bei dem ausführungsbeispiel nach figur 1 des klagepatents die verbindung der beiden enden des drahtes miteinander erforderlich ist, um eine verletzung des körpergefäßes zu vermeiden. nach dem verständnis des fachmannes liegt eine verbindung der beiden enden des drahtes aber auch darin, daß - bei der betrachtung nur der ersten etage des gesamtstents - ein ende, das heißt der anfang des drahtes, mit dem letzten teilabschnitt der etage, dem "anderen ende" des drahtes zusammengeführt wird. das schließen der zick-zack-konfiguration im sinne des merkmales 2 bedeutet aus der sicht des fachmannes, daß überhaupt eine räumlich-körperliche verbindung des drahtes zur herbeiführung der geschlossenen zick-zack-gestalt hergestellt werden soll. denn nur durch das schließen der zick-zack-konfiguration des einzeldrahtes wird dieser in die erforderliche ringförmige struktur bzw. zylindrische konfiguration gebracht, die für das offenhalten eines gefäßdurchganges notwendig ist. der fachmann wird dies selbstverständlich mit dem gedanken verbinden, daß die enden des einzeldrahts keine gefahr für das körpergefäß darstellen dürfen. auf welche weise dies im einzelnen sichergestellt werden wird, hierfür lassen sich weder dem anspruch noch der beschreibung vorgaben entnehmen, so daß dem fachmann insoweit die wahl seiner mittel freigestellt ist. zwar führt die beschreibung auf seite 4 im letzten absatz aus, daß "der draht mittels einer hülse geschlossen ist, die angeschweißt oder fest mit den enden des drahtes verpreßt ist, um eine endlose struktur zu bilden.” dies geschieht jedoch im zusammenhang mit der beschreibung des ausführungsbeispieles nach der figur 1 des klagepatents. diese angabe kann daher nicht zu einer einschränkung des technisch zu verstehenden sinn des merkmals 2 führen. 53ein schließen der zick-zack-gestalt im sinne des merkmales 2 liegt bei beiden angegriffenen ausführungsformen daher darin, daß der beginn des drahtes, das eine "ende” des drahtes, bei vollendung der ringförmigen struktur mit dem abschnitt des drahtes in der ersten etage zusammengeführt wird, der dann weiter in der nächsten etage des stents verläuft und der daher - betrachtet man wie geboten nur die erste "etage" des gesamtstents - das andere ende des diese etage bildenden stents darstellt. dieses geschieht bei beiden angegriffenen ausführungsformen unstreitig dadurch, daß in der "ersten etage” mittels eines weißen filamentes eine feste verbindung zwischen dem anfang des drahtes und einem hierzu parallel verlaufenden abschnitt des drahtes hergestellt wird, so daß die ringförmige gestalt des stents herbeigeführt wird, während in den übrigen etagen jeweils zwei parallel verlaufende abschnitte des drahtes nach vollendung der ringförmigen etage miteinander ebenfalls durch ein weißes filament fest verbunden werden. dabei spielt es keine rolle, daß der draht bei beiden angegriffenen ausführungsformen in die nächste etage geführt wird, eine weitere zick-zack-geformte etage durch den draht gebildet wird und die aneinander grenzenden biegungen des drahtes über blaue fäden miteinander befestigt werden, so daß mindestens zwei und auch mehrere zick-zack-gestalten miteinander verknüpft werden. der gedanke der angegriffenen ausführungsformen, den draht in mehrere weitere zick-zack-geformte etagen zu führen, mag eine über die lehre des klagepatentes hinausgehende erfinderische qualität haben, wie der sachverständige in seinem gutachten vom 17. mai 1998 auf seite 3 dargestellt hat. sie bietet zumindest eine alternative für die in der klagepatentschrift vorgeschlagene lösung, im falle eines längeren offenzuhaltenden gefäßabschnittes mehrere stents hintereinander mit geringfügiger überlappung an den stents zu positionieren, und kann dadurch durchaus gewisse nachteile dieser in der klagepatentschrift gezeigten - jedoch außerhalb des hier zu erörternden anspruchs 1 liegenden - lösung überwinden, die der sachverständige in seiner ergänzenden stellungnahme vom 16. november 1998 (anlage b5) auf seite 5 ausführlich beschrieben hat, und weist ihr gegenüber sicherlich die vorzüge auf, die die beklagte ausführlich in der mündlichen verhandlung dargelegt hat, wie zum beispiel den vorteil der vermeidung eines umschnappens bzw. umklappens des stents durch die verbindung der biegestellen über die blauen fäden. beide angegriffenen ausführungsformen greifen jedoch die lehre der merkmale 1 und 2 insoweit auf, als sie die formung des einzeldrahtes in eine geometrische geschlossene zick-zack-gestalt verwirklichen und diesen gedanken fortentwickeln. 54jede einzelne etage der angegriffenen ausführungsformen weist damit auch endlos aneinander gereihte gerade abschnitte, die über eine mehrzahl von biegungen oder biegestellen verbunden sind, im sinne des merkmals 3 auf. die endlosigkeit der aneinanderreihung der geraden abschnitte ist durch den ringförmigen verlauf einer jeden einzelnen etage bedingt. das merkmal 3 kann entgegen der auffassung des sachverständigen in seinem gutachten vom 17. mai 1998 aus den bereits dargestellten gründen nicht deshalb verneint werden, weil nicht die enden des drahts oder je ein ende zweier verschiedener drähte miteinander verbunden seien, denn das merkmal 3 definiert die im merkmal 2 vorgegebene geometrische zick-zack-gestalt des einzeldrahtes. bei der auslegung des merkmals 3 ist ebenso wie bei der auslegung des merkmals 2 nur jeweils eine etage bzw. eine stufe der angegriffenen ausführungsformen in betracht zu ziehen. 55die angegriffenen ausführungsformen verwirklichen auch die merkmale 4, 5, 6 und 7 des anspruchs 1. die angegriffenen stents sind in eine erste, kleinere gestalt federnd nachgiebig zusammendrückbar. in dieser ersten kleineren gestalt liegen alle geraden abschnitte zwecks einführung in einen durchgang seitlich nebeneinander und sind dicht zueinander benachbart (merkmal 5); in dieser ersten kleineren gestalt stehen auch die biegestellen des stents unter spannung. entsprechend merkmal 7, das sich ebenso wie das merkmal 8 mit der zweiten gestalt des stents beschäftigt, kann der stent durch freigabe der spannung in eine zweite gestalt nachgiebig aufgeweitet werden. 56es ist zwischen den parteien unstreitig, daß die beklagte den nitinoldraht über eine spindel wickelt und auf eine höhere temperatur bringt. danach verformt sie den draht in die zick-zack-gestalt. anschließend werden die so hergestellten nitinol–stents auf eine temperatur von 0° celsius abgekühlt. dadurch gerät der stent in den martensitischen zustand, wie der sachverständige auf seite 21 seiner ergänzenden stellungnahme vom 16. november 1998 (anlage b5) ausführt. das heißt, die kristallstruktur der nitinol-moleküle verändert sich so (pseudo-plastische verformung), daß der stent eine kleine gestalt annimmt, die es erlaubt, ihn bei 0° grad celsius in eine hülle bzw. einen katheter zur späteren einführung in ein menschliches gefäß einzuführen. in diesem martensitischen zustand bei einer temperatur von 0° celsius weist der nitinol-draht keine inneren spannungen auf, die durch eine plastische verformung entstanden sind. es fehlt in diesem zustand unstreitig den angegriffenen ausführungsformen an der federnd elastischen zusammendrückbarkeit. 57gleichwohl steht dies der verwirklichung des merkmale 4 bis 7 durch die angegriffenen ausführungsformen nicht entgegen. der beklagten kann nicht darin gefolgt werden, eine verletzung der merkmale 4 bis 7 durch die beiden angegriffenen ausführungsformen scheide deshalb aus, weil die von ihr hergestellten angegriffenen nitinol-stents bei einer temperatur von 0° celsius die eigenschaft der federnden nachgiebigkeit nicht aufweisen, wenn sie in einen katheter eingesetzt werden, und bei ihnen folglich auch bei einer erwärmung auf zimmertemperatur eine durch zusammendrücken erzeugte spannung in den biegestellen nicht vorhanden sei und auch deshalb eine solche durch zusammendrücken erzeugte spannung auch nicht freigesetzt werden könne. der sachverständige hat zwar diese eigenschaften des werkstoffes nitinol bei einer temperatur von 0° celsius bestätigt und ergänzend ausgeführt, daß nach dem gesamtverständnis des fachmannes vom inhalt der merkmale 4, 6 und 7 die elastische expandierbarkeit des stents sowohl direkt nach dem zusammendrücken vorliegen müsse als auch später im menschlichen körper kurz vor dem plazieren des stents (vgl. gutachten vom 17. mai 1998, seite 13 oben) im gefäß. hiervon ausgehend hat der sachverständige eine verwirklichung des merkmals 7 verneint, da nicht im gesamten von der beklagten für die herstellung der stents geschaffenen temperaturbereich von 0° celsius bis zur raumtemperatur diese bedingungen gegeben seien (vgl. anlage b5, seite 21 unten, seite 22 oben). dieser schlußfolgerung des sachverständigen kann sich die kammer jedoch aus den nachfolgenden patentrechtlichen überlegungen nicht anschließen. 58bei einem vorrichtungspatent fällt jeder gegenstand, der die anspruchsgemäßen eigenschaften oder merkmale aufweist, unter den schutz des patents. weder wird der schutzbereich eines vorrichtungspatentes durch die in der patentschrift genannten mittel zu seiner herstellung beschränkt, noch wird der schutzbereich des sachpatents dadurch eingeschränkt, daß die art und weise der anwendung der vorrichtung abweichend von den im klagepatent genannten bedingungen erfolgt. der tatsache, daß die beklagte die stents bei einer temperatur von 0° celsius in eine erste kleinere form bringt, um sie danach in die hülle einzuführen und die stents dann in dieser form auf den deutschen markt bringt, kommt damit aus patentrechtlicher sicht keine bedeutung zu, und ebensowenig kommt es darauf an, ob die beklagte in ihrer gebrauchsanweisung dem anwendenden arzt empfiehlt, die angegriffenen nitinol-stents mit 200 ml eiskalter steriler kochsalzlösung vor der plazierung in dem betreffenden gefäß zu spülen (vgl. anlage b 13). 59entscheidend ist nur, ob die angegriffenen ausführungsformen bei vorliegen der von anspruch 1 des klagepatents nach dem verständnis des durchschnittsfachmannes vorausgesetzten bedingungen die merkmale des anspruches 1 erfüllt. hierzu hat der sachverständige zutreffend ausgeführt, daß nach dem verständnis des durchschnittsfachmannes die elastische expandierbarkeit des stents zum zeitpunkt der einführung in ein gefäß des menschlichen körpers gegeben sein muß. insofern ergibt sich aus dem verwendungszweck des stents auch ein gewisser temperaturbereich (körpertemperatur), in dem die elastische expandierbarkeit gegeben sein muß. für die federnd nachgiebige komprimierbarkeit folgt hingegen eine temperaturvorgabe weder aus dem anspruch noch aus der bestimmung des stents; es genügt daher, daß sie bei irgendeiner praktisch in betracht zu ziehenden temperatur gegeben ist. wie die beklagte in der mündlichen verhandlung eingeräumt hat, sind die stents bei raumtemperatur zusammendrückbar, das heißt, es ist möglich, die beiden angegriffenen ausführungsformen durch plastische verformung, durch einfaches zusammendrücken, in die erste kleinere gestalt zu bringen. in dieser ersten form weisen die angegriffenen ausführungsformen die federnde nachgiebigkeit auf, die voraussetzung dafür ist, daß der stent die zweite gestalt annimmt. dieses verhalten der nitinol-stents hat auch der sachverständige in seinem gutachten vom 16. november 1995 auf seite 19 und 20 bestätigt, wo er ausführt, daß der vollständig austenitische nitinol-stent bei zimmertemperatur beim zusammendrücken eine spannungsinduzierte martensitische phase bildet, die sich beim loslassen wieder in die austenitische ausgangsphase elastisch zurückbildet. der stent reagiert in dieser phase pseudoelastisch, denn nach dem loslassen kehrt er elastisch in seine ausgangsgestalt zurück ohne zurückbleibende verformung. der stent enthält spannungen in seinen biegestellen durch das mechanische zusammendrücken (merkmal 6), welche sich nach dem loslassen als vollständig elastisch erweisen (merkmal 7), das heißt den stent in seine ursprungsgestalt (zweite gestalt) zurückführen. 60daß in der durch mechanisches zusammendrücken herbeigeführten ersten kleineren gestalt alle geraden abschnitte der angegriffenen stents seitlich nebeneinander und dicht zueinander benachbart angeordnet sind, stellen die beklagten nicht in abrede (merkmal 5). 61die angegriffenen ausführungsformen verwirklichen auch das merkmal 8 des klagepatents wortsinngemäß. der sachverständige hat in seinem gutachten vom 17. mai 1998 (anlage b4, seiten 15/16) darauf hingewiesen, daß nach dem verständnis des durchschnittsfachmannes die zweite gestalt des stents in dem bereich zwischen raumtemperatur und körpertemperatur vorliegen muß. daß diese zweite gestalt zumindest bei erreichen der körpertemperatur gegeben sein muß, ergibt sich daraus, daß nach dem merkmal 8 die zweite gestalt des stents die wirkung haben soll, daß die geraden abschnitte der zick-zack-gestalt sich im wesentlichen kreisförmig oder aber zylindrisch zwecks anpressung gegen die wand des durchganges, also die wand des offenzuhaltenden gefäßes, festlegen, um dieses offenzuhalten, also der stent eine ringförmige bzw. radiale stützwirkung entfalten soll. bereits bei raumtemperatur weisen die angegriffenen ausführungsformen diese zweite gestalt auf, wie die von der beklagten vorgelegten muster zweifelsfrei zeigen. 62auch der gang des erteilungsverfahrens steht der annahme einer verletzung des anspruchs 1 durch die angegriffenen ausführungsformen nicht entgegen. 63zwar hat die patentabteilung des europäischen patentamts mit bescheid vom 8. november 1988 (anlage b9) den antrag der anmelderin vom 6. juni 1988, den begriff ”potential energy” (potentielle energie) in den wortlaut des anspruchs 1 aufzunehmen, zurückgewiesen, da sie hierin eine unzulässige erweiterung sah. sie hat statt dessen an dem begriff ”having a stress” (spannung) festgehalten. es kann dahingestellt bleiben, ob hierin eine beschränkung zu sehen ist, denn dies steht nicht der annahme der verwirklichung der merkmale 6 und 7 entgegen, da die angegriffenen ausführungsformen durch zusammendrücken erzeugte spannung in den biegestellen aufweisen können. 64iii. 651. 66da die beklagte den gegenstand des klagepatents rechtswidrig benutzt hat, ist sie der klägerin zur unterlassung verpflichtet, § 139 abs. 1 patg. 672. 68die beklagte hat der klägerin außerdem schadensersatz zu leisten, § 139 abs. 2 patg. denn als fachunternehmen hätte sie die patentverletzung bei anwendung der im geschäftsverkehr erforderlichen sorgfalt zumindest erkennen können, § 276 bgb. da es hinreichend wahrscheinlich ist, daß der klägerin durch die rechtsverletzenden handlungen der beklagten ein schaden entstanden ist, der von der klägerin jedoch noch nicht beziffert werden kann, weil sie den umfang der rechtsverletzenden benutzungshandlungen ohne ihr verschulden nicht im einzelnen kennt, ist ein rechtliches interesse der klägerin an einer feststellung der schadensersatzverpflichtung anzuerkennen, § 256 zpo. 693. 70außerdem ist die beklagte zur rechnungslegung verpflichtet, damit die klägerin in die lage versetzt wird, den ihr zustehenden schadensersatzanspruch beziffern zu können, § 242 bgb. denn die klägerin ist auf die zuerkannten angaben angewiesen, über die sie ohne eigenes verschulden nicht verfügt, und die beklagte wird durch die von ihr verlangten auskünfte - die auch für die zeit nach schluß der mündlichen verhandlung zu erteilen sind, § 259 zpo - nicht unzumutbar belastet. 714. 72gemäß § 140b patg hat die beklagte schließlich über herkunft und vertriebsweg der rechtsverletzenden erzeugnisse auskunft zu erteilen. die nach absatz 2 dieser vorschrift geschuldeten angaben sind in der urteilsformel zu i.2 mit den angaben zusammengefaßt, die zum zwecke der rechnungslegung zu machen sind. 73iv. 74die kostenentscheidung beruht auf § 91 abs. 1 zpo. 75die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 zpo. 76der streitwert beträgt 5 millionen dm. 77 dr. meier-beck dr. becker dieck-bogatzke |
114,373 | {
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} | 4 O 263/98 | 1999-09-02T00:00:00 | Urteil | Tenor 1Tatbestand: 2Die Klägerin nimmt die Beklagte aus dem deutschen Anteil des europäischen Patents 02 54 375 (nachfolgend: Klagepatent; Anlage K1; deutsche Übersetzung; Anlage K3) auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunft und Feststellung der Schadenersatzpflicht in Anspruch. 3Das Klagepatent wurde unter Beanspruchung der Priorität der niederländischen Patentanmeldung 86 01 910 vom 23. Juli 1986 beim Europäischen Patentamt am 22. Juli 1987 angemeldet. Die Veröffentlichung der Anmeldungsschrift erfolgte am 27. Januar 1988. Die Bekanntmachung der Erteilung des Klagepatents erfolgte am 9. Oktober 1991. 4Beim Deutschen Patent- und Markenamt wird das Klagepatent unter der Patentrollennummer P 37 73 568 geführt. 5Ansprüche 1 bis 3 in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldungsschrift lauten in der Verfahrenssprache Englisch wie folgt: 61. Plastic pipe part made of thermoplastic material with sound-proofing properties suitable for transporting liquids in waste pipe systems, the inside of the plastic pipe part coming into contact with the liquid, characterized in that the weight per unit area of the plastic pipe part is at least 8 kg/m². 72. Plastic pipe part according to Claim 1, characterized in that the density of the plastic pipe part is at least 1.4 g/cm³. 83. Plastic pipe part according to Claim 1 or 2, characterized in that the density of the plastic pipe part is 1.4 to 2.7 g/cm³. 9Anspruch 1 in der von der Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts erteilten Fassung des Klagepatents (Anlage B2) lautet in deutscher Sprache wie folgt: 10Extrudiertes oder spritzgußgeformtes Kunststoffrohrteil aus thermoplastischem Material mit schalldämmenden Eigenschaften zum Fördern von Flüssigkeiten in Abwasserrohrsystemen, wobei die Innenseite des Kunststoffrohrteils mit der Flüssigkeit in Berührung kommt, dadurch gekennzeichnet, daß dem Kunststoffrohrteil ein Gewicht pro Flächeneinheit von zumindest 8 kg/m² durch Einarbeitung eines Füllstoffes und eine Dichte von 1,6 bis 2,7 g/cm³ verliehen ist. 11Gegen die Erteilung des Klagepatents wurde von mehreren Unternehmen Einspruch eingelegt. Die Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts hat die Auffassung vertreten, die Patentinhaberin habe keine Beschränkung von 1,4 auf 1,6 g/cm³ des Anspruches vornehmen können, da der Wert von 1,6 g/cm³ in der ursprünglichen Anmeldung nicht offenbart gewesen sei. Auf den Hilfsantrag der Patentinhaberin hat sie das Klagepatent mit Beschluß vom 14. Januar 1994 in folgender Fassung des Anspruchs 1 aufrechterhalten: 12Ein extrudiertes oder spritzgußgeformtes Kunststoffrohrteil aus thermoplastischem Material mit schalldämmenden Eigenschaften geeignet zum Fördern von Flüssigkeiten in Abwasserrohrsystemen, wobei die Innenseite des Kunststoffrohrteils mit der Flüssigkeit in Berührung kommt, dadurch gekennzeichnet, daß dem Kunststoffrohrteil ein Gewicht pro Flächeneinheit von zumindest 8 kg/m² und eine Dichte von 1,8 bis 2,7 g/cm³ durch Aufnahme eines Bariumsulfat-Füllers in das thermoplastische Material verliehen ist. 13Gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung hat die Klägerin Beschwerde eingelegt, mit der sie ihren Hauptantrag weiter verfolgt hat. Die Technische Beschwerdekammer hat in einer Mitteilung vom 13. Februar 1995 (Anlage B4; deutsche Übersetzung Anlage B4a) zum Ausdruck gebracht, daß sie eine Dichte von 1,6 g/cm³ als ursprünglich offenbart ansehe, aber daß Bariumsulfat ein bekannter Füllstoff für Kunststoffe sei, insbesondere mit Blick auf die Verbesserung der Schallabsorptionseigenschaften, daß die beanspruchte Wanddicke der Abflußrohre von 5 mm bei einer Dichte von 1,6 g/cm³ und 8 kg Gewicht je Flächeneinheit innerhalb des üblichen Bereichs der Wandstärke für Abwasserrohre liege. Sie hat weiter ausgeführt, die Frage, ob der Fachmann ein Vorurteil gegen Bariumsulfat als Füllstoff bei der Herstellung von Kunststoffzusammensetzungen habe, müsse in der mündlichen Verhandlung erörtert werden. Nachdem auch die letzte Einsprechende ihre Beschwerde zurücknahm, hat die Technische Beschwerdekammer mit Bescheid vom 20. September 1995 (Anlage B5) darauf hingewiesen, daß hinsichtlich des von der Klägerin begehrten Anspruchs ein erfinderischer Schritt vorliegen müsse. Ausweislich des Verhandlungsprotokolls vom 10. Oktober 1995 (Anlage B6) über die Sitzung der Technischen Beschwerdekammer nahm die Patentinhaberin ihre Beschwerde nach Erörterung der Sach- und Rechtslage zurück. Die Veröffentlichung der Klagepatentschrift (Anlage K1) unter Hinweis auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 14. Januar 1994 (Anlage B3) erfolgte am 13. März 1996. 14Die Beklagte ist ein in Italien ansässiges Unternehmen, das sich mit der Herstellung von Kunststoffohren, unter anderem auch von Abwasserrohren, beschäftigt. Unter der Bezeichnung ”Silere-schalldämmende Abflußrohre” bietet die Beklagte Kunststoffrohre auch in der Bundesrepublik Deutschland an, wie sie in dem als Anlage K 5 von der Klägerin überreichten Gesamtkatalog abgebildet sind. Die erste angegriffene Ausführungsform (nachfolgend: Ausführungsform I) besitzt einen Durchmesser von weniger als 100 mm, die zweite angegriffene Ausführungsform besitzt einen Durchmesser von 100 bis 150 mm (nachfolgend: Ausführungsform II). Das Gewicht pro Flächeneinheit der Ausführungsform I beträgt 6,8 bis 7,2 kg/m². Die Ausführungsform II weist ein Gewicht pro Flächeneinheit von 8 kg/m² bis 10,5 kg/m² auf. Die Dichte beider Ausführungsformen schwankt zwischen 1,53 bis 1,65 g/cm³. Der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung vom 1. Dezember 1998 des Deutschen Instituts für Bautechnik ist zu entnehmen, daß die Abwasserrohre mit einer mittleren Dichte von 1,6 g/cm³ + 0,1 g/cm³ zugelassen wurden. 15Die Klägerin sieht in den von der Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland angebotenen Abwasserrohren eine Verletzung ihres Klagepatents. 16Die Klägerin beantragt nunmehr, 17I. 181. 19es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu Deutsche Mark 500.000,--, ersatzweise Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 Jahren, zu unterlassen, 20extrudierte oder spritzgußgeformte Kunststoffrohrteile aus thermoplastischem Material mit schalldämmenden Eigenschaften, die zum Fördern von Flüssigkeiten in Abwasserrohrsystemen geeignet sind, wobei die Innenseite des Kunststoffrohrteils mit der Flüssigkeit in Berührung kommt, 21anzubieten, in Verkehr zu bringen, gebrauchen oder zu den genannten Zwecken einzuführen oder zu besitzen, 22bei denen den Kunststoffrohrteilen ein Gewicht pro Flächeneinheit in kg/m² und eine Dichte in g/cm³ durch Aufnahme eines Bariumsulfat-Füllers in das thermoplastische Material wie folgt verliehen ist: 23a) Kunststoffrohrteile mit einem Durchmesser unter 100 mm (Ausführungsform I ): 24Gewicht/pro Flächeneinheit: 6,8 bis 7,2 kg/m² 25Dichte: 1,5 -1,65 g/cm³ 26b) Kunststoffrohrteile mit einem Durchmesser von 100 mm bis 150 mm (Ausführungsform II): 27Gewicht pro Flächeneinheit: zumindest 8 kg/m² 28Dichte: 1,5 - 1,65 g/cm³, 29hilfsweise zu b): 30Gewicht pro Flächeneinheit: zumindest 8 kg/m² 31Dichte: von mehr als 1,6 - 1,65 g/cm³. 322. 33der Klägerin darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu I 1 bezeichneten Handlungen seit dem 9. November 1991 begangen hat, und zwar unter Angabe 34a) der einzelnen Lieferungen, aufgeschlüsselt nach Liefermengen, -zeiten und -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der jeweiligen Abnehmer, 35b) der einzelnen Angebote, aufgeschlüsselt nach Angebotsmengen, -zeiten, -preisen und Typenbezeichnungen sowie den Namen und Anschriften der jeweiligen Angebotsempfänger, 36c) der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Werbeträgern, deren Auflagenhöhe, Verbreitungszeitraum und Verbreitungsgebiet, 37d) der nach den einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns, 38wobei 39sich die Verpflichtung zur Rechnungslegung für die vor dem 1. Mai 1992 begangenen Handlungen auf solche im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt, 40der Beklagten vorbehalten bleibt, die Namen und Anschriften ihrer nicht gewerblichen Abnehmer und Angebotsempfänger statt der Klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur Verschwiegenheit verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die Beklagte dessen Kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der Klägerin auf konkrete Anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Aufstellung enthalten ist; 41II. 42festzustellen, 43daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu I 1 bezeichneten, seit dem 9. November 1991 begangenen Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei sich die Verpflichtung zum Schadensersatz für die vor dem 1. Mai 1992 begangenen Handlungen auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland in den bis zum 2. Oktober 1990 bestehenden Grenzen beschränkt. 44Die Beklagte bittet, die Klage abzuweisen, 45hilfsweise im Falle der Verurteilung zur Rechnungslegung ihr, der Beklagten, nach ihrer Wahl vorzubehalten, die Namen und Anschriften ihrer Abnehmer und Angebotsempfänger nur einem von der Klägerin zu bezeichnenden, zur Verschwiegenheit gegenüber der Klägerin verpflichteten vereidigten Wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie diesen ermächtigt, der Klägerin darüber Auskunft zu geben, ob ein bestimmter Abnehmer oder Angebotsempfänger in der Rechnungslegung enthalten ist. 46Die Beklagte stellt eine Verletzung des Klagepatents in Abrede. 47Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten und zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. 48Entscheidungsgründe: 49Die Klage ist unbegründet. 50Der Klägerin stehen keine Ansprüche auf Unterlassung, Rechnungslegung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht aus Art. 64 Abs. 1 und Abs. 3 Europäisches Patentübereinkommen (EPÜ), §§ 9, 14, 139 Abs. 1 und Abs. 2, 140b Patentgesetz (PatG), §§ 242, 259 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), § 256 Zivilprozeßordnung, denn die Beklagte verletzt das Klagepatent nicht. 51I. 52Die Beschreibung des Klagepatents führt einleitend aus, daß die Erfindung ein extrudiertes oder spritzgußgeformtes Kunststoffrohrteil aus thermoplastischen Material mit schalldämmenden Eigenschaften zum Fördern von Flüssigkeiten in Abwasserrohrsystemen betrifft, wobei die Innenseite des Kunststoffrohrteils mit der Flüssigkeit in Berührung kommt. Ein derartiges Kunststoffrohrteil aus Polyvinylchlorid mit schalldämmenden Eigenschaften zum Fördern von Flüssigkeiten in Abwasserrohrsystemen ist aus der niederländischen Offenlegungsschrift 78 03 343 (= deutsche Offenlegungsschrift 27 14 576; Anlage K4) bekannt. 53Zur Verringerung der Geräuschbelästigung muß das Kunststoffrohrteil jedoch mit einer Schalldämmschicht aus einem weichen Schaumkunststoff mit offenen Poren und einem anorganischen Füllstoff ummantelt werden, wobei der Schaumkunststoff eine ununterbrochene äußere Oberfläche besitzt. 54Ein derartiges Kunststoffrohrteil, so kritisiert die Klagepatentbeschreibung, weist den großen Nachteil auf, daß die Herstellungskosten sehr hoch sind, da einerseits zu seiner Herstellung ein in der üblichen Weise hergestelltes Kunststoffrohrteil und andererseits eine in einem gesonderten Schritt herzustellende Verkleidung aus Schaumkunststoff verwendet werden muß. 55Die Klagepatentbeschreibung bezeichnet es als das technisch zu lösende Problem (die Aufgabe) der Erfindung, ein extrudiertes oder spritzgußgeformtes Kunststoffrohrteil zu schaffen, bei dem es nicht mehr notwendig ist, eine gesonderte Schaumkunststoffschicht auf das Kunststoffrohrteil aufzubringen, und dennoch die bisher bei der Durchströmung derartiger Kunststoffrohrteile mit Flüssigkeiten aufgetretene Belästigung erheblich verringert wird. 56Dieses Problem löst Patentanspruch 1 durch folgend Merkmalskombination: 571. Extrudiertes oder spritzgußgeformtes Kunststoffteil, 58a) das aus thermoplastischem Material mit schalldämmenden Eigenschaften besteht, 59b) das geeignet zum Fördern von Flüssigkeiten in Abwasserrohrsystemen ist, 60c) wobei die Innenseite des Kunststoffrohres mit der Flüssigkeit in Berührung kommt. 612. Durch Aufnahme eines Bariumsulfat-Füllers in das thermoplastische Material ist dem Kunststoffrohrteil ein Gewicht pro Flächeneinheit von zumindest 8 kg/ m² und eine Dichte von 1,8 - 2,7 g /cm³ verliehen. 62Die Klagepatentbeschreibung hebt hervor, daß, wenn ein Gewicht pro Flächeneinheit von zumindest 8 kg/m² durch Einarbeitung eines Füllstoffes verwendet wird, ein Kunststoffleitungssystem aus Rohren und Zubehörteilen gebildet werden kann, in dem die Rohrwand nicht nur das abzuführende Wasser fördert, sondern auch das unter solchen Umständen erzeugte Geräusch merklich herabsetzt. 63Das Geräuschniveau nimmt im logarithmischen Verhältnis in dem Maße ab, wie das Gewicht pro Flächeneinheit zunimmt. 64Die Klagepatentbeschreibung bezeichnet es als vorteilhaft, eine Dichte von 1,8 bis 2,7 zu verwenden, so daß auf diese Weise das geforderte Gewicht pro Flächeneinheit des Kunststoffrohrteils mit verhältnismäßig dünnen Wänden erreicht werden kann und daß ein derartiges Kunststoffrohrteil für Abwassersysteme verwendet werden kann, die die Anforderungen von Temperaturschwankungen, der Förderung von Wasser bei erhöhter Temperatur und der mechanischen Haltbarkeit erfüllen. 65Vorzugsweise beträgt die Dichte des Kunststoffes des Kunststoffrohrteils 1,8 bis 2,0 g/cm. 66Das Gewicht pro Flächeneinheit der Rohrwand des Kunststoffrohrteils wird zweckmäßig durch die richtige Wahl des Verhältnisses von thermoplastischem Material und Füllstoff eingestellt, in welchem Zusammenhang Bariumsulfat insbesondere als Füllstoff erwähnt werden kann, da dieser Füllstoff nicht toxisch ist. Bariumsulfat, hergestellt auf chemischem Wege (sog. "blanc fixe”) ist vorrangig geeignet, insbesondere wegen der besseren Verarbeitungseigenschaften für die Extrusion von Rohren aus thermoplastischem Material und für die Spritzgußformung von Zubehörteilen aus derartigen thermoplastischen Materialien. 67Weiter führt die Klagepatentschrift aus, daß die Mengen auf eine solche Weise gewählt werden sollen, daß das Gewicht pro Flächeneinheit und das spezifische Gewicht nach der Erfindung gewahrt bleibt. 68Das Klagepatent befaßt sich daher nicht mit der Herstellung von Kunststoffrohrteilen unter Verwendung von Bariumsulfat als Füllstoff zwecks Erhöhung des Gewichtes und der Dichte des Kunststoffrohres, sondern lehrt, die Menge des zuzusetzenden Füllstoffes so zu wählen, daß das Gewicht pro Flächeneinheit und die Dichte bestimmte Mindest- und Höchstgrenzen nicht unter- bzw. überschreitet, so daß die schalldämmenden Eigenschaften des mit dem Füllstoff Bariumsulfat versetzten thermoplastischen Materials bei verhältnismäßig dünnen Wänden des Kunststoffrohres erreicht werden. 69II. 70Die angegriffenen Ausführungsformen I und II erfüllen die Merkmale des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 des Klagepatents weder wortsinngemäß noch in äquivalenter Weise. 71Bei der angegriffenen Ausführungsform I liegt das Gewicht pro Flächeneinheit mit 6,8 bis 7,2 kg/m² unter den geforderten "zumindest 8 kg/m²”, so daß das erste Merkmal des kennzeichnenden Teils nicht wortsinngemäß verwirklicht ist. 72Die angegriffene Ausführungsform II verwirklicht ein Gewicht pro Flächeneinheit von 8 kg bis 10,5 kg/m², so daß das erste Merkmal des kennzeichnenden Teils des Anspruchs 1 wortsinngemäß gegeben ist. Mit einer Dichte von 1,53 bis 1,65 g/cm³ bzw. von mehr als 1,6 bis 1,65 g/cm³ erfüllen beide Ausführungsformen das zweite Merkmal des kennzeichnenden Teils nicht wortsinngemäß. 73Entgegen der Auffassung der Klägerin fallen die angegriffenen Ausführungsformen auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Äquivalenz in den Schutzbereich des Klagepatents, denn es sich handelt sich bei den im Patentanspruch 1 genannten Maßangaben zum Flächengewicht und zur Dichte um Mindest- bzw. Höchstwerte, die nach dem Verständnis des Fachmannes nicht über- oder unterschritten werden dürfen (vgl. Benkard/Ullmann, Patentgesetz, 9. Aufl., § 14 PatG, Rdnr. 74). 74Hinsichtlich der Angabe des Flächengewichts ergibt sich dies bereits daraus, daß der Anspruch 1 selbst davon spricht, daß ”zumindest ein Flächengewicht von 8 kg/m²” erreicht werden soll. Die Beschreibung des Klagepatents wiederholt dies auf Seite 2 im zweiten Absatz. Dort heißt es, daß, wenn ein Gewicht pro Flächeneinheit von zumindest 8 kg/m² durch Einarbeitung eines Füllstoffes verwendet wird, ein Kunststoffleitungssystem gebildet werden kann, in dem die Rohrwand nicht nur das abzuführende Wasser fördert, sondern auch das unter solchen Umständen erzeugte Geräusch merklich herabsetzt. 75Zahlenangaben im Patentanspruch sind aus dem Wesen der Erfindung, das heißt nach Problemstellung und Lösung des Erfindungsgedankens zu verstehen, insbesondere nach dem erstrebten Zweck und den erstrebten Wirkungen. In der Regel handelt es sich um ungefähre Werte. In diesen Fällen darf der Schutzbereich eines Patents, dessen Patentanspruch Zahlen oder Maßangaben enthält, nicht in Bereiche erstreckt werden, die wesentlich von denen des Patentanspruchs abweichen, wenn in diesen Zahlen- oder Maßangaben das erfinderisch Neue der Lehre des Patents zu sehen ist (vgl. BGH GRUR 1984, 425, 427-Bierklärmittel). 76Eine derart wesentliche Abweichung liegt bei beiden angegriffenen Ausführungsformen vor, denn die Dichte beträgt 1,5 bis 1,65 g/cm³ bzw. mehr als 1,6 bis 1,65 g/cm³ statt 1,8 bis 2,7 g/cm³. Hierbei handelt es sich um wesentliche Abweichungen von den Zahlenangaben des Patentanspruchs, nämlich um Abweichungen von 0,15 bis 0,3 g/cm³ bzw. von 8,3 bis 16,6% des vorgegebenen spezifischen Gewichtes von 1,8 g/m². Diese Abweichung ist für den Fachmann auch nicht ohne nähere erfinderische Überlegung aus der Patentschrift herleitbar, denn die Patentschrift selbst nennt sechs bevorzugte Ausführungsformen, bei denen das spezifische Gewicht zwischen 1,8 und 2,0 g/cm³ liegt. Der Fachmann kann aus der Klagepatentschrift keinen Hinweis darauf entnehmen, daß das spezifische Gewicht von 1,8 g/cm³ auch unterschritten werden könnte und schlechtere Schallpegelwerte in Kauf genommen werden können. 77Auch eine Gleichwirkung hinsichtlich der Schallabsorption der angegriffenen Ausführungsformen erscheint zumindest fraglich. Die von der Klägerin hinsichtlich der Ausführungsform II vorgelegten Schallpegelmessungen (vgl. Anlage K9) zeigen Abweichungen, die in einem Rahmen von 0,7 bis 6,0 dB(A) liegen, und damit nicht mehr als geringfügig anzusehen sind. 78Das Wesen der Erfindung des Klagepatentes liegt in den im Stand der Technik nicht genannten Zahlenangaben hinsichtlich der Dichte der Kunststoffmischung. Der Schutz des Anspruchs 1 des Klagepatents kann jedoch auch deshalb nicht auf eine Dichte von 1,6 bzw. mehr als 1,6 bis 1,65 g/cm³ erweitert werden, weil Anspruch 1 im Laufe des Erteilungs-, des Einspruchs- und Beschwerdeverfahrens auf eine Dichte von mindestens 1,8 g/cm³ beschränkt worden ist und diese Beschränkung ihren Niederschlag in der Klagepatentschrift gefunden hat. Die Übernahme bestimmter Zahlenwerte in den Hauptanspruch bedeutet in der Regel eine Einschränkung des Schutzbereichs auf die angegebenen Grenzwerte (vgl. Benkard/Ullmann, Patentgesetz, 9. Aufl., § 14 PatG, Rdnr. 83, BGH GRUR 1967, 241, 244), insbesondere dann, wenn aus dem Erteilungsverfahren erkennbar wird, daß die Zahlenwerte als erfindungswesentlich angesehen werden. 79Daß das erfinderisch Neue der Lehre des Klagepatents in den Zahlen– und Maßangaben des Anspruchs 1 liegt, und der Patentanspruch 1 des Klagepatents entgegen der Auffassung der Klägerin nicht über seine Maßangaben unter Erstreckung auf Äquivalente ausgelegt werden kann, zeigt der Gang des Erteilungs-, des Einspruchs- und des Beschwerdeverfahrens vor dem Europäischen Patentamt. Der Gang des Erteilungsverfahrens oder der Inhalt der Erteilungsakten sind für die Bestimmung des Gegenstandes der Erfindung nach § 14 PatG zwar grundsätzlich ohne Bedeutung; dies gilt jedoch nicht, wenn er zu Beschränkungen führt, die in der Patentschrift ihren Niederschlag gefunden haben. Dies ist vorliegend der Fall. Im Laufe des Erteilungs-, des Einspruchs– und Beschwerdeverfahrens ist der Schutzumfang des Klagepatents auf die im Anspruch 1 angegebenen Grenzwerte im Hinblick auf den erörterten Stand der Technik vom Europäischen Patentamt beschränkt worden. Die Beschränkung hat ihren Niederschlag auch in der am 13. März 1996 neu veröffentlichten Klagepatentschrift gefunden (vgl. Benkard/Ullmann, a.a.O., § 14 PatG, Rdnr. 80), da diese ausdrücklich auf die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 14. Januar 1994 (Anlage B3) verweist. In der am 27. Januar 1988 veröffentlichten Patentanmeldung hat die Klägerin zunächst in Anspruch 1 keine konkret angegebene Dichte und erst in den auf Anspruch 1 rückbezogenen Unteransprüchen 2 und 3 eine Dichte von 1,4 g/m² bis 2,7 g/cm³ beansprucht. Die Prüfungsabteilung des Europäischen Patentamts hat den Anspruch 1 des Klagepatents mit einer Dichte von 1,6 bis 2,7 g/m² erteilt. In der Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 14. Januar 1994 auf Seite 6 hat diese hierzu ausgeführt, daß die Beschränkung auf den Mindestwert von 1,6 g/cm³ nicht eine freiwillige Beschränkung der Patentanmelderin gewesen sei, sondern sie sei im Hinblick darauf erfolgt, um die ursprünglich offenbarte Dichte von 1,4 g/cm³ im Hinblick auf die DIN 8062 zu unterscheiden, die bereits ebenfalls eine Dichte von 1,4 g/m² vorschlug, nämlich um die Neuheit der beanspruchten Kunststoffrohrteile zu begründen. Die Einspruchsabsteilung hat auf den Hilfsantrag der Klägerin den Anspruch 1 des Klagepatents mit einer Dichte von 1,8 bis 2,7 g/cm³ gewährt, da sie die Auffassung vertreten hat, eine Dichte von 1,6 g/cm³ stelle eine unzulässige Erweiterung im Sinne des Art. 123 Abs. 2 EPÜ dar, denn sie liege zwar innerhalb des ursprünglich offenbarten Zahlenrahmens von 1,4 bis 2,7 g/cm³, es fehle aber an der Offenbarung, daß die Erfindung gerade durch diesen Zahlenbereich von 1,6 g/cm³ bis 2,7 g/cm³ charakterisiert werde. An dieser von der Einspruchsabteilung geäußerten Auffassung hat die Technische Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts zwar nicht mehr festgehalten, wie sich aus der Mitteilung vom 13. Februar 1995 (Anlage B4 und B4a) ergibt, und den Hauptanspruch für formal zulässig angesehen. Trotzdem hat sie den Anspruch 1 mit einer Dichte von 1,6 g/m³ für nicht gewährbar gehalten, da bei einer Dichte von 1,6 g/m³ und einem Gewicht je Flächeneinheit von 8 kg/m² sich nur eine Mindestwandstärke von 5 mm ergebe, diese Wandstärke aber im üblichen für Abwasserrohre vorgegebenen Bereich liege. 80Eine Auslegung des Schutzbereiches des Klagepatents über den im Erteilungs-, Einspruchs- und Beschwerdeverfahren beanspruchten, aber rechtskräftig versagten Gegenstand des Patents hinaus ist im vorliegenden Verletzungsstreit nicht möglich (vgl. Benkard-Ullmann, a.a.O., § 14 Rdnr. 81, 82). Dem steht auch das bei der Auslegung eines Patentanspruchs stets zu berücksichtigenden Gebot der Rechtssicherheit entgegen. Dieses Gebot steht gleichwertig neben dem der angemessenen Belohnung des Erfinders; seine Beachtung soll den Schutzbereich des Patents für Außenstehende hinreichend sicher vorhersehbar machen (vgl. hierzu BGH, GRUR 1992, 594, 596 - Mechanische Betätigungsvorrichtung). Diese sollen sich darauf verlassen und darauf einrichten können, daß die im Patent unter Schutz gestellte Erfindung mit den Merkmalen des Patentanspruchs vollständig umschrieben ist. Der Anmelder hat dafür zu sorgen, daß das, wofür er Schutz begehrt hat, sorgfältig in den Merkmalen des Patentanspruches niedergelegt ist (BGH, a.a.O.). Dies muß insbesondere dann gelten, wenn, wie im Streitfall, die Öffentlichkeit aus der Patentschrift selbst eindeutig entnehmen kann, daß Beschränkungen des Anspruchs erfolgt sind. 81In diesem Zusammenhang kann es dahingestellt blieben, ob das Europäische Patentamt, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, die Schutzrechtslage bzw. den Stand der Technik richtig eingeschätzt hat oder nicht, denn die Berechtigung der erfolgten Einschränkung kann das Verletzungsgericht aus Gründen der Rechtssicherheit nicht nachprüfen (vgl. Benkard/Ullmann, Patentgesetz, 9. Aufl., § 14 PatG, Rdnr. 83, 90 m.w.N.; BGH GRUR 1961, 77, 79 Blinkleuchte). 82III. 83Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO. 84Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 ZPO. 85Der Streitwert beträgt 2 Millionen DM. 86 Dr. Becker Dieck-Bogatzke Fricke | 1 | 2die klägerin nimmt die beklagte aus dem deutschen anteil des europäischen patents 02 54 375 (nachfolgend: klagepatent; anlage k1; deutsche übersetzung; anlage k3) auf unterlassung, rechnungslegung, auskunft und feststellung der schadenersatzpflicht in anspruch. 3das klagepatent wurde unter beanspruchung der priorität der niederländischen patentanmeldung 86 01 910 vom 23. juli 1986 beim europäischen patentamt am 22. juli 1987 angemeldet. die veröffentlichung der anmeldungsschrift erfolgte am 27. januar 1988. die bekanntmachung der erteilung des klagepatents erfolgte am 9. oktober 1991. 4beim deutschen patent- und markenamt wird das klagepatent unter der patentrollennummer p 37 73 568 geführt. 5ansprüche 1 bis 3 in der ursprünglich eingereichten fassung der anmeldungsschrift lauten in der verfahrenssprache englisch wie folgt: 61. plastic pipe part made of thermoplastic material with sound-proofing properties suitable for transporting liquids in waste pipe systems, the inside of the plastic pipe part coming into contact with the liquid, characterized in that the weight per unit area of the plastic pipe part is at least 8 kg/m². 72. plastic pipe part according to claim 1, characterized in that the density of the plastic pipe part is at least 1.4 g/cm³. 83. plastic pipe part according to claim 1 or 2, characterized in that the density of the plastic pipe part is 1.4 to 2.7 g/cm³. 9anspruch 1 in der von der prüfungsabteilung des europäischen patentamts erteilten fassung des klagepatents (anlage b2) lautet in deutscher sprache wie folgt: 10extrudiertes oder spritzgußgeformtes kunststoffrohrteil aus thermoplastischem material mit schalldämmenden eigenschaften zum fördern von flüssigkeiten in abwasserrohrsystemen, wobei die innenseite des kunststoffrohrteils mit der flüssigkeit in berührung kommt, dadurch gekennzeichnet, daß dem kunststoffrohrteil ein gewicht pro flächeneinheit von zumindest 8 kg/m² durch einarbeitung eines füllstoffes und eine dichte von 1,6 bis 2,7 g/cm³ verliehen ist. 11gegen die erteilung des klagepatents wurde von mehreren unternehmen einspruch eingelegt. die einspruchsabteilung des europäischen patentamts hat die auffassung vertreten, die patentinhaberin habe keine beschränkung von 1,4 auf 1,6 g/cm³ des anspruches vornehmen können, da der wert von 1,6 g/cm³ in der ursprünglichen anmeldung nicht offenbart gewesen sei. auf den hilfsantrag der patentinhaberin hat sie das klagepatent mit beschluß vom 14. januar 1994 in folgender fassung des anspruchs 1 aufrechterhalten: 12ein extrudiertes oder spritzgußgeformtes kunststoffrohrteil aus thermoplastischem material mit schalldämmenden eigenschaften geeignet zum fördern von flüssigkeiten in abwasserrohrsystemen, wobei die innenseite des kunststoffrohrteils mit der flüssigkeit in berührung kommt, dadurch gekennzeichnet, daß dem kunststoffrohrteil ein gewicht pro flächeneinheit von zumindest 8 kg/m² und eine dichte von 1,8 bis 2,7 g/cm³ durch aufnahme eines bariumsulfat-füllers in das thermoplastische material verliehen ist. 13gegen die entscheidung der einspruchsabteilung hat die klägerin beschwerde eingelegt, mit der sie ihren hauptantrag weiter verfolgt hat. die technische beschwerdekammer hat in einer mitteilung vom 13. februar 1995 (anlage b4; deutsche übersetzung anlage b4a) zum ausdruck gebracht, daß sie eine dichte von 1,6 g/cm³ als ursprünglich offenbart ansehe, aber daß bariumsulfat ein bekannter füllstoff für kunststoffe sei, insbesondere mit blick auf die verbesserung der schallabsorptionseigenschaften, daß die beanspruchte wanddicke der abflußrohre von 5 mm bei einer dichte von 1,6 g/cm³ und 8 kg gewicht je flächeneinheit innerhalb des üblichen bereichs der wandstärke für abwasserrohre liege. sie hat weiter ausgeführt, die frage, ob der fachmann ein vorurteil gegen bariumsulfat als füllstoff bei der herstellung von kunststoffzusammensetzungen habe, müsse in der mündlichen verhandlung erörtert werden. nachdem auch die letzte einsprechende ihre beschwerde zurücknahm, hat die technische beschwerdekammer mit bescheid vom 20. september 1995 (anlage b5) darauf hingewiesen, daß hinsichtlich des von der klägerin begehrten anspruchs ein erfinderischer schritt vorliegen müsse. ausweislich des verhandlungsprotokolls vom 10. oktober 1995 (anlage b6) über die sitzung der technischen beschwerdekammer nahm die patentinhaberin ihre beschwerde nach erörterung der sach- und rechtslage zurück. die veröffentlichung der klagepatentschrift (anlage k1) unter hinweis auf die entscheidung der einspruchsabteilung vom 14. januar 1994 (anlage b3) erfolgte am 13. märz 1996. 14die beklagte ist ein in italien ansässiges unternehmen, das sich mit der herstellung von kunststoffohren, unter anderem auch von abwasserrohren, beschäftigt. unter der bezeichnung ”silere-schalldämmende abflußrohre” bietet die beklagte kunststoffrohre auch in der bundesrepublik deutschland an, wie sie in dem als anlage k 5 von der klägerin überreichten gesamtkatalog abgebildet sind. die erste angegriffene ausführungsform (nachfolgend: ausführungsform i) besitzt einen durchmesser von weniger als 100 mm, die zweite angegriffene ausführungsform besitzt einen durchmesser von 100 bis 150 mm (nachfolgend: ausführungsform ii). das gewicht pro flächeneinheit der ausführungsform i beträgt 6,8 bis 7,2 kg/m². die ausführungsform ii weist ein gewicht pro flächeneinheit von 8 kg/m² bis 10,5 kg/m² auf. die dichte beider ausführungsformen schwankt zwischen 1,53 bis 1,65 g/cm³. der allgemeinen bauaufsichtlichen zulassung vom 1. dezember 1998 des deutschen instituts für bautechnik ist zu entnehmen, daß die abwasserrohre mit einer mittleren dichte von 1,6 g/cm³ + 0,1 g/cm³ zugelassen wurden. 15die klägerin sieht in den von der beklagten in der bundesrepublik deutschland angebotenen abwasserrohren eine verletzung ihres klagepatents. 16die klägerin beantragt nunmehr, 17i. 181. 19es bei meidung eines für jeden fall der zuwiderhandlung vom gericht festzusetzenden ordnungsgeldes bis zu deutsche mark 500.000,--, ersatzweise ordnungshaft oder einer ordnungshaft bis zu 6 monaten, im falle wiederholter zuwiderhandlung bis zu insgesamt 2 jahren, zu unterlassen, 20extrudierte oder spritzgußgeformte kunststoffrohrteile aus thermoplastischem material mit schalldämmenden eigenschaften, die zum fördern von flüssigkeiten in abwasserrohrsystemen geeignet sind, wobei die innenseite des kunststoffrohrteils mit der flüssigkeit in berührung kommt, 21anzubieten, in verkehr zu bringen, gebrauchen oder zu den genannten zwecken einzuführen oder zu besitzen, 22bei denen den kunststoffrohrteilen ein gewicht pro flächeneinheit in kg/m² und eine dichte in g/cm³ durch aufnahme eines bariumsulfat-füllers in das thermoplastische material wie folgt verliehen ist: 23a) kunststoffrohrteile mit einem durchmesser unter 100 mm (ausführungsform i ): 24gewicht/pro flächeneinheit: 6,8 bis 7,2 kg/m² 25dichte: 1,5 -1,65 g/cm³ 26b) kunststoffrohrteile mit einem durchmesser von 100 mm bis 150 mm (ausführungsform ii): 27gewicht pro flächeneinheit: zumindest 8 kg/m² 28dichte: 1,5 - 1,65 g/cm³, 29hilfsweise zu b): 30gewicht pro flächeneinheit: zumindest 8 kg/m² 31dichte: von mehr als 1,6 - 1,65 g/cm³. 322. 33der klägerin darüber rechnung zu legen, in welchem umfang die beklagte die zu i 1 bezeichneten handlungen seit dem 9. november 1991 begangen hat, und zwar unter angabe 34a) der einzelnen lieferungen, aufgeschlüsselt nach liefermengen, -zeiten und -preisen und typenbezeichnungen sowie den namen und anschriften der jeweiligen abnehmer, 35b) der einzelnen angebote, aufgeschlüsselt nach angebotsmengen, -zeiten, -preisen und typenbezeichnungen sowie den namen und anschriften der jeweiligen angebotsempfänger, 36c) der betriebenen werbung, aufgeschlüsselt nach werbeträgern, deren auflagenhöhe, verbreitungszeitraum und verbreitungsgebiet, 37d) der nach den einzelnen kostenfaktoren aufgeschlüsselten gestehungskosten und des erzielten gewinns, 38wobei 39sich die verpflichtung zur rechnungslegung für die vor dem 1. mai 1992 begangenen handlungen auf solche im gebiet der bundesrepublik deutschland in den bis zum 2. oktober 1990 bestehenden grenzen beschränkt, 40der beklagten vorbehalten bleibt, die namen und anschriften ihrer nicht gewerblichen abnehmer und angebotsempfänger statt der klägerin einem von ihr zu bezeichnenden, ihr gegenüber zur verschwiegenheit verpflichteten vereidigten wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern die beklagte dessen kosten trägt und ihn ermächtigt und verpflichtet, der klägerin auf konkrete anfrage mitzuteilen, ob ein bestimmter abnehmer oder angebotsempfänger in der aufstellung enthalten ist; 41ii. 42festzustellen, 43daß die beklagte verpflichtet ist, der klägerin allen schaden zu ersetzen, der ihr durch die zu i 1 bezeichneten, seit dem 9. november 1991 begangenen handlungen entstanden ist und noch entstehen wird, wobei sich die verpflichtung zum schadensersatz für die vor dem 1. mai 1992 begangenen handlungen auf das gebiet der bundesrepublik deutschland in den bis zum 2. oktober 1990 bestehenden grenzen beschränkt. 44die beklagte bittet, die klage abzuweisen, 45hilfsweise im falle der verurteilung zur rechnungslegung ihr, der beklagten, nach ihrer wahl vorzubehalten, die namen und anschriften ihrer abnehmer und angebotsempfänger nur einem von der klägerin zu bezeichnenden, zur verschwiegenheit gegenüber der klägerin verpflichteten vereidigten wirtschaftsprüfer mitzuteilen, sofern sie diesen ermächtigt, der klägerin darüber auskunft zu geben, ob ein bestimmter abnehmer oder angebotsempfänger in der rechnungslegung enthalten ist. 46die beklagte stellt eine verletzung des klagepatents in abrede. 47wegen der weiteren einzelheiten des parteivorbringens wird auf die gewechselten und zu den akten gereichten schriftsätze nebst anlagen bezug genommen. 48 | 49die klage ist unbegründet. 50der klägerin stehen keine ansprüche auf unterlassung, rechnungslegung, auskunft und feststellung der schadensersatzpflicht aus art. 64 abs. 1 und abs. 3 europäisches patentübereinkommen (epü), §§ 9, 14, 139 abs. 1 und abs. 2, 140b patentgesetz (patg), §§ 242, 259 bürgerliches gesetzbuch (bgb), § 256 zivilprozeßordnung, denn die beklagte verletzt das klagepatent nicht. 51i. 52die beschreibung des klagepatents führt einleitend aus, daß die erfindung ein extrudiertes oder spritzgußgeformtes kunststoffrohrteil aus thermoplastischen material mit schalldämmenden eigenschaften zum fördern von flüssigkeiten in abwasserrohrsystemen betrifft, wobei die innenseite des kunststoffrohrteils mit der flüssigkeit in berührung kommt. ein derartiges kunststoffrohrteil aus polyvinylchlorid mit schalldämmenden eigenschaften zum fördern von flüssigkeiten in abwasserrohrsystemen ist aus der niederländischen offenlegungsschrift 78 03 343 (= deutsche offenlegungsschrift 27 14 576; anlage k4) bekannt. 53zur verringerung der geräuschbelästigung muß das kunststoffrohrteil jedoch mit einer schalldämmschicht aus einem weichen schaumkunststoff mit offenen poren und einem anorganischen füllstoff ummantelt werden, wobei der schaumkunststoff eine ununterbrochene äußere oberfläche besitzt. 54ein derartiges kunststoffrohrteil, so kritisiert die klagepatentbeschreibung, weist den großen nachteil auf, daß die herstellungskosten sehr hoch sind, da einerseits zu seiner herstellung ein in der üblichen weise hergestelltes kunststoffrohrteil und andererseits eine in einem gesonderten schritt herzustellende verkleidung aus schaumkunststoff verwendet werden muß. 55die klagepatentbeschreibung bezeichnet es als das technisch zu lösende problem (die aufgabe) der erfindung, ein extrudiertes oder spritzgußgeformtes kunststoffrohrteil zu schaffen, bei dem es nicht mehr notwendig ist, eine gesonderte schaumkunststoffschicht auf das kunststoffrohrteil aufzubringen, und dennoch die bisher bei der durchströmung derartiger kunststoffrohrteile mit flüssigkeiten aufgetretene belästigung erheblich verringert wird. 56dieses problem löst patentanspruch 1 durch folgend merkmalskombination: 571. extrudiertes oder spritzgußgeformtes kunststoffteil, 58a) das aus thermoplastischem material mit schalldämmenden eigenschaften besteht, 59b) das geeignet zum fördern von flüssigkeiten in abwasserrohrsystemen ist, 60c) wobei die innenseite des kunststoffrohres mit der flüssigkeit in berührung kommt. 612. durch aufnahme eines bariumsulfat-füllers in das thermoplastische material ist dem kunststoffrohrteil ein gewicht pro flächeneinheit von zumindest 8 kg/ m² und eine dichte von 1,8 - 2,7 g /cm³ verliehen. 62die klagepatentbeschreibung hebt hervor, daß, wenn ein gewicht pro flächeneinheit von zumindest 8 kg/m² durch einarbeitung eines füllstoffes verwendet wird, ein kunststoffleitungssystem aus rohren und zubehörteilen gebildet werden kann, in dem die rohrwand nicht nur das abzuführende wasser fördert, sondern auch das unter solchen umständen erzeugte geräusch merklich herabsetzt. 63das geräuschniveau nimmt im logarithmischen verhältnis in dem maße ab, wie das gewicht pro flächeneinheit zunimmt. 64die klagepatentbeschreibung bezeichnet es als vorteilhaft, eine dichte von 1,8 bis 2,7 zu verwenden, so daß auf diese weise das geforderte gewicht pro flächeneinheit des kunststoffrohrteils mit verhältnismäßig dünnen wänden erreicht werden kann und daß ein derartiges kunststoffrohrteil für abwassersysteme verwendet werden kann, die die anforderungen von temperaturschwankungen, der förderung von wasser bei erhöhter temperatur und der mechanischen haltbarkeit erfüllen. 65vorzugsweise beträgt die dichte des kunststoffes des kunststoffrohrteils 1,8 bis 2,0 g/cm. 66das gewicht pro flächeneinheit der rohrwand des kunststoffrohrteils wird zweckmäßig durch die richtige wahl des verhältnisses von thermoplastischem material und füllstoff eingestellt, in welchem zusammenhang bariumsulfat insbesondere als füllstoff erwähnt werden kann, da dieser füllstoff nicht toxisch ist. bariumsulfat, hergestellt auf chemischem wege (sog. "blanc fixe”) ist vorrangig geeignet, insbesondere wegen der besseren verarbeitungseigenschaften für die extrusion von rohren aus thermoplastischem material und für die spritzgußformung von zubehörteilen aus derartigen thermoplastischen materialien. 67weiter führt die klagepatentschrift aus, daß die mengen auf eine solche weise gewählt werden sollen, daß das gewicht pro flächeneinheit und das spezifische gewicht nach der erfindung gewahrt bleibt. 68das klagepatent befaßt sich daher nicht mit der herstellung von kunststoffrohrteilen unter verwendung von bariumsulfat als füllstoff zwecks erhöhung des gewichtes und der dichte des kunststoffrohres, sondern lehrt, die menge des zuzusetzenden füllstoffes so zu wählen, daß das gewicht pro flächeneinheit und die dichte bestimmte mindest- und höchstgrenzen nicht unter- bzw. überschreitet, so daß die schalldämmenden eigenschaften des mit dem füllstoff bariumsulfat versetzten thermoplastischen materials bei verhältnismäßig dünnen wänden des kunststoffrohres erreicht werden. 69ii. 70die angegriffenen ausführungsformen i und ii erfüllen die merkmale des kennzeichnenden teils des anspruchs 1 des klagepatents weder wortsinngemäß noch in äquivalenter weise. 71bei der angegriffenen ausführungsform i liegt das gewicht pro flächeneinheit mit 6,8 bis 7,2 kg/m² unter den geforderten "zumindest 8 kg/m²”, so daß das erste merkmal des kennzeichnenden teils nicht wortsinngemäß verwirklicht ist. 72die angegriffene ausführungsform ii verwirklicht ein gewicht pro flächeneinheit von 8 kg bis 10,5 kg/m², so daß das erste merkmal des kennzeichnenden teils des anspruchs 1 wortsinngemäß gegeben ist. mit einer dichte von 1,53 bis 1,65 g/cm³ bzw. von mehr als 1,6 bis 1,65 g/cm³ erfüllen beide ausführungsformen das zweite merkmal des kennzeichnenden teils nicht wortsinngemäß. 73entgegen der auffassung der klägerin fallen die angegriffenen ausführungsformen auch nicht unter dem gesichtspunkt der äquivalenz in den schutzbereich des klagepatents, denn es sich handelt sich bei den im patentanspruch 1 genannten maßangaben zum flächengewicht und zur dichte um mindest- bzw. höchstwerte, die nach dem verständnis des fachmannes nicht über- oder unterschritten werden dürfen (vgl. benkard/ullmann, patentgesetz, 9. aufl., § 14 patg, rdnr. 74). 74hinsichtlich der angabe des flächengewichts ergibt sich dies bereits daraus, daß der anspruch 1 selbst davon spricht, daß ”zumindest ein flächengewicht von 8 kg/m²” erreicht werden soll. die beschreibung des klagepatents wiederholt dies auf seite 2 im zweiten absatz. dort heißt es, daß, wenn ein gewicht pro flächeneinheit von zumindest 8 kg/m² durch einarbeitung eines füllstoffes verwendet wird, ein kunststoffleitungssystem gebildet werden kann, in dem die rohrwand nicht nur das abzuführende wasser fördert, sondern auch das unter solchen umständen erzeugte geräusch merklich herabsetzt. 75zahlenangaben im patentanspruch sind aus dem wesen der erfindung, das heißt nach problemstellung und lösung des erfindungsgedankens zu verstehen, insbesondere nach dem erstrebten zweck und den erstrebten wirkungen. in der regel handelt es sich um ungefähre werte. in diesen fällen darf der schutzbereich eines patents, dessen patentanspruch zahlen oder maßangaben enthält, nicht in bereiche erstreckt werden, die wesentlich von denen des patentanspruchs abweichen, wenn in diesen zahlen- oder maßangaben das erfinderisch neue der lehre des patents zu sehen ist (vgl. bgh grur 1984, 425, 427-bierklärmittel). 76eine derart wesentliche abweichung liegt bei beiden angegriffenen ausführungsformen vor, denn die dichte beträgt 1,5 bis 1,65 g/cm³ bzw. mehr als 1,6 bis 1,65 g/cm³ statt 1,8 bis 2,7 g/cm³. hierbei handelt es sich um wesentliche abweichungen von den zahlenangaben des patentanspruchs, nämlich um abweichungen von 0,15 bis 0,3 g/cm³ bzw. von 8,3 bis 16,6% des vorgegebenen spezifischen gewichtes von 1,8 g/m². diese abweichung ist für den fachmann auch nicht ohne nähere erfinderische überlegung aus der patentschrift herleitbar, denn die patentschrift selbst nennt sechs bevorzugte ausführungsformen, bei denen das spezifische gewicht zwischen 1,8 und 2,0 g/cm³ liegt. der fachmann kann aus der klagepatentschrift keinen hinweis darauf entnehmen, daß das spezifische gewicht von 1,8 g/cm³ auch unterschritten werden könnte und schlechtere schallpegelwerte in kauf genommen werden können. 77auch eine gleichwirkung hinsichtlich der schallabsorption der angegriffenen ausführungsformen erscheint zumindest fraglich. die von der klägerin hinsichtlich der ausführungsform ii vorgelegten schallpegelmessungen (vgl. anlage k9) zeigen abweichungen, die in einem rahmen von 0,7 bis 6,0 db(a) liegen, und damit nicht mehr als geringfügig anzusehen sind. 78das wesen der erfindung des klagepatentes liegt in den im stand der technik nicht genannten zahlenangaben hinsichtlich der dichte der kunststoffmischung. der schutz des anspruchs 1 des klagepatents kann jedoch auch deshalb nicht auf eine dichte von 1,6 bzw. mehr als 1,6 bis 1,65 g/cm³ erweitert werden, weil anspruch 1 im laufe des erteilungs-, des einspruchs- und beschwerdeverfahrens auf eine dichte von mindestens 1,8 g/cm³ beschränkt worden ist und diese beschränkung ihren niederschlag in der klagepatentschrift gefunden hat. die übernahme bestimmter zahlenwerte in den hauptanspruch bedeutet in der regel eine einschränkung des schutzbereichs auf die angegebenen grenzwerte (vgl. benkard/ullmann, patentgesetz, 9. aufl., § 14 patg, rdnr. 83, bgh grur 1967, 241, 244), insbesondere dann, wenn aus dem erteilungsverfahren erkennbar wird, daß die zahlenwerte als erfindungswesentlich angesehen werden. 79daß das erfinderisch neue der lehre des klagepatents in den zahlen– und maßangaben des anspruchs 1 liegt, und der patentanspruch 1 des klagepatents entgegen der auffassung der klägerin nicht über seine maßangaben unter erstreckung auf äquivalente ausgelegt werden kann, zeigt der gang des erteilungs-, des einspruchs- und des beschwerdeverfahrens vor dem europäischen patentamt. der gang des erteilungsverfahrens oder der inhalt der erteilungsakten sind für die bestimmung des gegenstandes der erfindung nach § 14 patg zwar grundsätzlich ohne bedeutung; dies gilt jedoch nicht, wenn er zu beschränkungen führt, die in der patentschrift ihren niederschlag gefunden haben. dies ist vorliegend der fall. im laufe des erteilungs-, des einspruchs– und beschwerdeverfahrens ist der schutzumfang des klagepatents auf die im anspruch 1 angegebenen grenzwerte im hinblick auf den erörterten stand der technik vom europäischen patentamt beschränkt worden. die beschränkung hat ihren niederschlag auch in der am 13. märz 1996 neu veröffentlichten klagepatentschrift gefunden (vgl. benkard/ullmann, a.a.o., § 14 patg, rdnr. 80), da diese ausdrücklich auf die entscheidung der einspruchsabteilung vom 14. januar 1994 (anlage b3) verweist. in der am 27. januar 1988 veröffentlichten patentanmeldung hat die klägerin zunächst in anspruch 1 keine konkret angegebene dichte und erst in den auf anspruch 1 rückbezogenen unteransprüchen 2 und 3 eine dichte von 1,4 g/m² bis 2,7 g/cm³ beansprucht. die prüfungsabteilung des europäischen patentamts hat den anspruch 1 des klagepatents mit einer dichte von 1,6 bis 2,7 g/m² erteilt. in der entscheidung der einspruchsabteilung vom 14. januar 1994 auf seite 6 hat diese hierzu ausgeführt, daß die beschränkung auf den mindestwert von 1,6 g/cm³ nicht eine freiwillige beschränkung der patentanmelderin gewesen sei, sondern sie sei im hinblick darauf erfolgt, um die ursprünglich offenbarte dichte von 1,4 g/cm³ im hinblick auf die din 8062 zu unterscheiden, die bereits ebenfalls eine dichte von 1,4 g/m² vorschlug, nämlich um die neuheit der beanspruchten kunststoffrohrteile zu begründen. die einspruchsabsteilung hat auf den hilfsantrag der klägerin den anspruch 1 des klagepatents mit einer dichte von 1,8 bis 2,7 g/cm³ gewährt, da sie die auffassung vertreten hat, eine dichte von 1,6 g/cm³ stelle eine unzulässige erweiterung im sinne des art. 123 abs. 2 epü dar, denn sie liege zwar innerhalb des ursprünglich offenbarten zahlenrahmens von 1,4 bis 2,7 g/cm³, es fehle aber an der offenbarung, daß die erfindung gerade durch diesen zahlenbereich von 1,6 g/cm³ bis 2,7 g/cm³ charakterisiert werde. an dieser von der einspruchsabteilung geäußerten auffassung hat die technische beschwerdekammer des europäischen patentamts zwar nicht mehr festgehalten, wie sich aus der mitteilung vom 13. februar 1995 (anlage b4 und b4a) ergibt, und den hauptanspruch für formal zulässig angesehen. trotzdem hat sie den anspruch 1 mit einer dichte von 1,6 g/m³ für nicht gewährbar gehalten, da bei einer dichte von 1,6 g/m³ und einem gewicht je flächeneinheit von 8 kg/m² sich nur eine mindestwandstärke von 5 mm ergebe, diese wandstärke aber im üblichen für abwasserrohre vorgegebenen bereich liege. 80eine auslegung des schutzbereiches des klagepatents über den im erteilungs-, einspruchs- und beschwerdeverfahren beanspruchten, aber rechtskräftig versagten gegenstand des patents hinaus ist im vorliegenden verletzungsstreit nicht möglich (vgl. benkard-ullmann, a.a.o., § 14 rdnr. 81, 82). dem steht auch das bei der auslegung eines patentanspruchs stets zu berücksichtigenden gebot der rechtssicherheit entgegen. dieses gebot steht gleichwertig neben dem der angemessenen belohnung des erfinders; seine beachtung soll den schutzbereich des patents für außenstehende hinreichend sicher vorhersehbar machen (vgl. hierzu bgh, grur 1992, 594, 596 - mechanische betätigungsvorrichtung). diese sollen sich darauf verlassen und darauf einrichten können, daß die im patent unter schutz gestellte erfindung mit den merkmalen des patentanspruchs vollständig umschrieben ist. der anmelder hat dafür zu sorgen, daß das, wofür er schutz begehrt hat, sorgfältig in den merkmalen des patentanspruches niedergelegt ist (bgh, a.a.o.). dies muß insbesondere dann gelten, wenn, wie im streitfall, die öffentlichkeit aus der patentschrift selbst eindeutig entnehmen kann, daß beschränkungen des anspruchs erfolgt sind. 81in diesem zusammenhang kann es dahingestellt blieben, ob das europäische patentamt, wie die klägerin in der mündlichen verhandlung geltend gemacht hat, die schutzrechtslage bzw. den stand der technik richtig eingeschätzt hat oder nicht, denn die berechtigung der erfolgten einschränkung kann das verletzungsgericht aus gründen der rechtssicherheit nicht nachprüfen (vgl. benkard/ullmann, patentgesetz, 9. aufl., § 14 patg, rdnr. 83, 90 m.w.n.; bgh grur 1961, 77, 79 blinkleuchte). 82iii. 83die kostenentscheidung beruht auf § 91 abs. 1 zpo. 84die entscheidung zur vorläufigen vollstreckbarkeit folgt aus §§ 709, 108 zpo. 85der streitwert beträgt 2 millionen dm. 86 dr. becker dieck-bogatzke fricke |
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} | 4 U 26/99 | 1999-09-02T00:00:00 | Urteil | Tenor 1Tatbestand: 2Bei dem Kläger handelt es sich um die Dachorganisation der Tankstellenbetreiber und -pächter sowie des Garagengewerbes. Gemäß Satzung fördert er die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder und der ihnen angeschlossenen Unternehmen. 3Wegen des Inhaltes der Satzung des Klägers im einzelnen wird auf die Fotokopie Bl. 13 ff. d.A. verwiesen. 4Die Beklagte ist eine Mineralölgesellschaft, die ihre Produkte überwiegend über Tankstellen vertreiben läßt. Der einzelne Tankstellenbetreiber bzw. -pächter vertreibt dabei als Handelsvertreter die Produkte der Beklagten im Namen und auf Rechnung der Beklagten. Dabei werden die Vertragsbeziehungen zwischen den als Handelsvertreter auftretenden Tankstellenbetreibern/-pächtern und der Beklagten durch einen von der Beklagten vorformulierten sogenannten "Tankstellenvertrag" geregelt. 5§ 5 dieses Vertrages, der gemäß seiner Überschrift die Vergütung für den Tankstellenpächter regelt, lautet unter anderem wie folgt: 6"1. 7Für die Erfüllung aller Verpflichtungen aus diesem Vertrag erhält Partner folgende Vergütungen: 81.1 9Für getätigte Agentur-Geschäfte nach § 1, Ziffer 1.1 10a) Litervergütung: DM 2,70 % Liter 11.... 124. 13Mit den in dieser Vereinbarung genannten Vergütungen sind alle von Partner übernommenen Verpflichtungen, Aufwendungen, Leistungen und von (der Beklagten) nicht zu vertretende Risiken aus dem Tankstellenvertrag (Agenturverhältnis) abgegolten. 50 % der von (der Beklagten) an Partner nach dieser Vereinbarung zu zahlenden Agenturvergütung sind für verwaltende Tätigkeiten." 14Wegen des Inhalts des "Tankstellenvertrages" im Einzelnen wird auf die Fotokopie Bl. 18 ff. d.A. verwiesen. 15Der Kläger beanstandet im Wege der AGB-Kontrollklage nach § 13 AGBG diese zuletzt genannte Klausel, daß 50 % der Agenturvergütung für verwaltende Tätigkeit seien, als unwirksam nach § 9 AGBG, weil sie den Tankstellenpächter unangemessen benachteilige. 16Zweck der beanstandeten Regelung sei lediglich, den Handelsvertreterausgleichsanspruch aus § 89 b HGB des ausscheidenden Tankstellenbetreibers/-pächters zu reduzieren. 17Der Handelsvertreter könne den Ausgleich nach § 89 b HGB nur unter Berücksichtigung der Provision für werbende, nicht jedoch derjenigen für verwaltende Tätigkeiten beanspruchen. Durch die Festlegung in der beanstandeten Klausel sei dem ausscheidenden Tankstellenbetreiber/-pächter die Möglichkeit genommen, geltend zu machen, daß der Anteil an verwaltender Tätigkeit geringer sei als 50 %. Dies sei aber der Fall. Denn der Anteil an verwaltender Tätigkeit des Tankstellenbetreibers/-pächters betrage allenfalls 10 %. 18Die Klausel pauschaliere damit entgegen bestehenden Rechtsgrundsätzen zum einen den Anteil der verwaltenden Tätigkeit; zum anderen stelle sie nicht klar, was im einzelnen zu den verwaltenden Tätigkeiten gehöre und welchen Anteil sie an der Gesamttätigkeit des Tankstellenpächters einnehme. Damit führe die hohe Festsetzung des Verwaltungsanteils der Provision unmittelbar zu einer Reduzierung des Handelsvertreterausgleichsanspruches nach § 89 b HGB. Die allenfalls die Inkassotätigkeit umfassende verwaltenden Tätigkeit mache - wie bereits ausgeführt - maximal 10 % der Gesamttätigkeit des Tankstellenbetreibers/-pächters aus. 19 20Die beanstandete Klausel sei auch unter dem Blickwinkel des Transparenzgebotes mit § 9 AGBG nicht zu vereinbaren. Zum einen sei dem Vertragspartner der Beklagten regelmäßig die Abgrenzung zwischen werbender und verwaltender Tätigkeit und deren Einfluß auf die Höhe des Handelsvertreterausgleichsanspruchs nicht bekannt. Zum anderen sei die Einschränkung des Ausgleichsanspruchs nicht etwa im Rahmen der Vertragsbeendigung geregelt, sondern unter der Überschrift "Vergütung" in § 5 des Tankstellenvertrages. 21Die beanstandete Klausel verstoße darüber hinaus gegen die Regelungen der §§ 9, 11 Nr. 15 b AGBG. 22In der Klausel erfolge eine Tatsachenbestätigung, die im Ergebnis dazu führe, daß der Tankstellenbetreiber/-pächter im Streitfall verpflichtet sei, der Beklagten gegenüber nachzuweisen, daß der Verwaltungsanteil seiner Tätigkeit unter der formulierten 50 %-Grenze liege. Hierin liege eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners der Beklagten. Denn grundsätzlich habe der Unternehmer - also die Beklagte - die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich der Behauptung, es bestehe ein höherer Verwaltungsaufwand als der von ihrem Vertragspartner substantiiert behauptete. 23Das Landgericht hat durch Urteil vom 20. November 1998 der Beklagten antragsgemäß unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, 24im Zusammenhang mit dem Abschluß von Tankstellenverträgen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen folgende, oder inhaltlich gleiche Klauseln zu verwenden: 25"50 % der von Aral an Partner nach dieser Vereinbarung zu zahlenden Agenturvergütung sind für verwaltende Tätigkeiten." 26Darüber hinaus hat es dem Kläger die Befugnis zugesprochen, die Urteilsformel zu veröffentlichen. 27Wegen des Inhaltes des Urteils im einzelnen wird auf Bl. 216 ff. d.A. verwiesen. 28Gegen dieses Urteil hat die Beklagte form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der sie ihr Klageabweisungsbegehren aus erster Instanz weiter verfolgt. 29Unter Ergänzung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages ist die Beklagte der Ansicht, daß die beanstandete Regelung als bloße Vergütungsregelung schon nicht der AGB - rechtlichen Inhaltskontrolle gemäß § 8 AGBG unterliege. Daß die Beklagte ihre Gesamtvergütung kalkulatorisch in zwei Preise aufgeschlüsselt habe, vermöge an der Kontrollfreiheit der hier in Rede stehenden Entgeltklausel nichts zu ändern. Dem Gericht sei es aber verwehrt, in die Kalkulation des Unternehmers über eine Inhaltskontrolle der Entgeltregelungen einzugreifen. 30Dies könne auch nicht damit begründet werden, daß lediglich eine Preisnebenabrede vorliege, die der Inhaltskontrolle zugänglich sei. Dies setze voraus, daß anstelle der beanstandeten Regelung auf dispositives Gesetzesrecht zurückgegriffen werden könne. Dies sei hier nicht der Fall. Die Parteien könnten die Höhe des Verwaltungs- bzw. Vermittlungsentgeltes frei vereinbaren. Würden solche Vereinbarungen fehlen, so werde nicht auf dispositives Gesetzesrecht zurückgegriffen, sondern eine ergänzende Vertragsauslegung vorgenommen. Dispositives Gesetzesrecht existiere nämlich zu der Frage der Bemessung der Höhe der Verwaltungsprovisionsanteile nicht. Außerdem wirke die Klausel einer ständigen Verringerung des Vermittlungsprovisionsanteils in der Handelsvertretervergütung entgegen, indem sie den Anteil der jeweiligen Vergütung für die Parteien verbindlich festschreibe. Im übrigen stelle die Höhe des Entgeltes für vermittelnde bzw. verwaltende Tätigkeit im Rahmen der Anwendung des § 89 b HGB eine dem Tatbestand dieser Vorschrift vorgelagerte Prämisse da, die sich ausschließlich nach den zwischen den Parteien getroffenen Entgeltvereinbarungen richte. 31Im übrigen verstoße die Klausel auch nicht gegen die Vorschriften des AGBG. Entgegen der Ansicht des Landgerichts werde durch die beanstandete Klausel nicht die Beweislast im Rahmen der Ermittlung des Handelsvertreterausgleichsanspruchs verändert. Denn die streitgegenständliche Klausel gebe lediglich eine vom Bundesgerichtshof geforderte Aufteilung vor, so daß schon von daher eine Beweislastumkehr nicht vorliege. Auch würden dem Tankstellenhalter durch die Klausel keine Gegenbeweismöglichkeiten abgeschnitten. Denn auf die Frage, ob im Betrieb des jeweils betroffenen Tankstellenbetreibers der konkrete Zeitanteil für vermittelnde Tätigkeiten höher anzusetzen sei, komme es in diesem Zusammenhang gar nicht mehr an. Denn der Tankstellenbetreiber erhalte nach dem hier in Rede stehenden Vertragswerk weder für verwaltende noch für vermittelnde Tätigkeiten ein zeitbezogenes, sondern nur ein Umsatz- und damit erfolgsbezogenes Entgelt. Dies entspreche dem gesetzlichen Leitbild des § 87 b Abs. 1 Satz 1 HGB. Ein Prinzip, wonach sich die Vergütung des Tankstellenbetreibers für verwaltende und vermittelnde Tätigkeiten vorrangig nach den tatsächlichen Verhältnissen zu richten habe, bestehe nicht. 32Die angegriffene Klausel eröffne der Beklagten auch keinen ungerechtfertigten Beurteilungsspielraum, der bei ihren Vertragspartnern Unklarheiten über deren Rechte und Pflichten hinterlassen und diese von der Durchsetzung ihrer Rechte abhalten könnte. Unter Zugrundelegung der angegriffenen Klausel könne der Vertragspartner der Beklagten exakt den Anteil der Provision erkennen, der der Ausgleichsberechnung zugrunde gelegt werden dürfe. Damit liege weder ein Verstoß gegen das Transparenzgebot vor, noch benachteilige die Klausel den Tankstellenbetreiber unangemessen im Sinne des § 9 AGBG. 33Entgegen der Auffassung des Klägers könne der von der Beklagten angesetzte Anteil der Verwaltungsprovision auch nicht als so unangemessen hoch angesehen werden, daß dies auf eine Umgehung des unabdingbaren gesetzlichen Ausgleichsanspruches nach § 89 b HGB hinausliefe. Die Beklagte habe vielmehr festgestellt, daß der durchschnittliche Zeitanteil für verwaltende Tätigkeiten eines Tankstellenhalters bei dem hier in Rede stehenden Agenturgeschäft sich auf rund 53 % belaufe. Dabei entfielen bereits rund 42 % der Tätigkeiten im Agenturgeschäft des Tankstellenhalters (Verkauf von Frostschutz- und Mineralölprodukten im Namen und auf Rechnung der Beklagten) allein auf das Inkassowesen (Beweis: Sachverständigengutachten). 34Im übrigen sei der Klageanspruch auch verwirkt. Dem Kläger sei die beanstandete Klausel seit März 1989 bekannt. Die Klausel sei eingehend mit dem Kläger besprochen worden, wobei der Kläger selbst nicht verkannt habe, daß gute Argumente für die Einführung dieser Klausel sprechen würden. Der Kläger habe lediglich gegen die Höhe des Verwaltungsanteils Einwendungen erhoben. 35Die Beklagte beantragt, 36unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen. 37Der Kläger beantragt, 38die gegnerische Berufung zurückzuweisen. 39Unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrages ist der Kläger der Ansicht, daß die streitgegenständliche Klausel eine preisregelnde Vertragsklausel sei, die als Folge ihrer Pauschalierung Vergütungsteile zugunsten des Verwenders abzuspalten suche, ohne daß eine entsprechende Gegenleistung zugrunde liege. Wenn die vom Tankstellenpächter erbrachte Inkassodienstleistung einen geringeren Umfang als 50 % seiner Tätigkeit ausmache, beziehe sich die in der streitgegenständlichen Klausel enthaltene Inkassovergütung nicht auf eine echte Gegenleistung des Tankstellenpächters, so daß keine echte Preisbestimmung, sondern eine kontrollfähige Preisnebenabrede im Sinne des AGBG vorliege. Wenn es aber zutreffe, daß in jedem Einzelfall der Umfang der werbenden und der verwaltenden Tätigkeit eines Handelsvertreters zu ermitteln sei, um den Ausgleichsanspruch gemäß § 89 b HGB festzustellen, dann wirke sich die streitgegenständliche Klausel entgegen der Wertung des § 9 Abs. 2 Nr. 1 AGBG i.V.m. § 11 Ziff. 15 a) AGBG dahin aus, daß dem Tankstellenpächter, bezogen auf den zu entscheidenden Einzelfall, der Nachweis für die Behauptung abgeschnitten werde, seine werbende Tätigkeit habe mehr als 50 % und seine verwaltende Tätigkeit - entgegen dem Wortlaut der streitgegenständlichen Klausel - weniger als 50 % ausgemacht. 40Wegen des Inhaltes der Parteivorträge im einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. 41Entscheidungsgründe: 42Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. 43Die Klage ist zulässig. Der Kläger ist nach § 13 Abs. 2 Ziff. 2 AGBG klagebefugt. Es handelt sich bei ihm um einen rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher Interessen, nämlich unter anderem der der Tankstellenpächter. 44Die Klage ist auch begründet. Die beanstandete Klausel verstößt gegen § 9 Abs. 2 Ziff. 1 AGBG, weil sie den Tankstellenpächter als Vertragspartner des Verwenders, nämlich der Beklagten, unangemessen benachteiligt. Denn sie verstößt gegen § 89 b Abs. 4 HGB, indem sie den Ausgleichsanspruch des Tankstellenpächters als Handelsvertreter entgegen dem gesetzlichen Verbot verkürzt. Solche Verstöße von AGB-Klauseln gegen gesetzliche Verbote können jedenfalls auch dann im Wege der AGB-Kontrollklage nach § 13 AGBG geltend gemacht werden, wenn die verletzte Norm die gleiche Schutzrichtung hat wie die Kontrollregelung des AGBG wie hier, wo es jeweils um den Schutz des Tankstellenpächters vor der willkürlichen Verkürzung seines Ausgleichsanspruches nach § 89 b Abs. 4 HGB geht (Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch 57. Aufl. § 13 AGBG Rz. 4). 45Entgegen der Ansicht der Beklagten liegt hier im Ergebnis keine bloße Vergütungsregelung vor, die nach § 8 AGBG der Inhaltskontrolle entzogen ist. 46 47Vordergründig spaltet die beanstandete Klausel lediglich die von der Beklagten dem Tankstellenpächter geschuldete Vergütung in zwei Bestandteile auf, nämlich einmal in die Vergütung für dessen werbende Tätigkeit und zum anderen in die Vergütung für dessen verwaltende Tätigkeit. Damit weicht die beanstandete Klausel ihrem Wortlaut nach nicht von anderen Rechtsvorschriften ab, wie es § 8 AGBG voraussetzt, um sie der Kontrolle nach dem AGB-Gesetz unterwerfen zu können. Der Wortlaut der Klausel spricht vielmehr für eine kontrollfreie Entgeltvereinbarung (Palandt a.a.O. § 8 AGBG Rz. 4 m.w.N.). 48Die beanstandete Klausel läßt sich nicht als bloße Preisnebenabrede auffassen, die der Kontrolle nach dem AGB-Gesetz unterliegt (zur Abgrenzung kontrollfreier Preisklauseln von kontrollfähigen Preisnebenabreden vergleiche: Ulmer/Brandner/Hensen AGBG 8. Aufl. § 8 Rdz. 14 ff.; Palandt a.a.O., § 8 AGBG Rdz. 4 ff. jeweils m.w.N.). Denn mit der beanstandeten Klausel wird lediglich die zunächst einheitlich festgesetzte Provisionsverpflichtung der Beklagten auf die beiden Tätigkeitskomplexe aufgegliedert, die der Tankstellenpächter als Handelsvertreter für die Beklagte zu erbringen und die die Beklagte demgemäß zu vergüten hat. Vordergründig liegt also lediglich eine Offenlegung der Kalkulationsgrundlage der Beklagten für die Bemessung der Gesamtvergütung vor, die keine nach § 8 AGBG kontrollfähige Preisnebenbestimmung darstellt (BGH ZIP 1998, 2097; NJW 1998, 383). 49Es liegt auch keine willkürliche Aufspaltung der provisionspflichtigen Tätigkeit des Tankstellenpächters vor, mit der vertragsfremde Leistungsverschiebungen bezweckt würden, etwa dergestalt, daß aus der werbenden Tätigkeit etwas abgespalten würde und nur noch als verwaltende Tätigkeit honoriert würde, was ansich von der werbenden Tätigkeit umfaßt würde (vgl. zum umgekehrten Fall der Kostenüberwälzung auf den Bankkunden entgegen der gesetzlichen Kostenlastverteilung: BGH ZIP 1997, 1638; ZIP 1997, 2151; BGHZ 124, 254). Vielmehr ist die Unterscheidung von werbender und verwaltender Tätigkeit für den Tankstellenpachtvertrag grundlegend (BGH NJW RR 1988, 1061; Schreiber NJW 1998, 3757). Die vorliegende Vertragsgestaltung unterscheidet sich im Ergebnis nicht davon, als hätte die Beklagte die geschuldeten Provisionssätze für die werbende Tätigkeit einerseits und die verwaltende Tätigkeit andererseits von vornherein getrennt festgesetzt. Eine solche Aufgliederung eines Gesamtentgeltes auf unterschiedliche Gegenleistungen bleibt eine der Privatautonomie überlassenen Festsetzung der Vergütungspflicht, in die nicht über das AGB-Gesetz kontrollierend eingegriffen werden kann (BGH ZIP 1998, 2097). 50Eine kontrollfähige Preisnebenabrede könnte nur allenfalls dann angenommen werden, wenn die Beklagte in dem Vertrag festgelegt hätte, was als werbende Tätigkeit und was als verwaltende Tätigkeit anzusehen ist. Dann läge lediglich eine Bemessungsklausel vor, die als Preisnebenabrede zu qualifizieren wäre und mithin von § 8 AGBG erfaßt würde. Denn diese Trennung zwischen werbender Tätigkeit und verwaltender Tätigkeit ist eine Rechtsfrage (BGH NJW 1998, 66). Wenn die Beklagte insoweit anders trennen würde, etwa (entgegen der Entscheidung BGH NJW 1998, 66) das Lagergeschäft zur verwaltenden Tätigkeit ziehen würde, könnte eine Klausel angenommen werden, die ohne weiteres der Inhaltskontrolle des AGB-Gesetzes unterliegen würde. 51Gleiches könnte man auch annehmen, wenn das Verhältnis von verwaltender und werbender Tätigkeit dem Umfange nach klauselmäßig festgelegt würde. Dann würde nämlich lediglich die tatsächliche Gewichtung der beiden Tätigkeitsbereiche festgeschrieben und damit wiederum lediglich ein Bemessungskriterium für die Provision festgelegt, was als Preisnebenabrede zu qualifizieren sein könnte. 52Diese Wege hat die Beklagte im vorliegenden Fall mit der beanstandeten Klausel aber gerade nicht beschritten. Sie hat vielmehr die Vergütung selbst für die verwaltende und damit gleichzeitig auch die für die werbende Tätigkeit festgelegt. Denn wenn 50 % der Gesamtprovision auf die verwaltende Tätigkeit entfällt, entfällt damit notwendigerweise die andere Hälfte auf die werbende Tätigkeit. 53 54Vordergründig muß es deshalb dabei bleiben, daß mit der beanstandeten Klausel lediglich die Vergütung selbst für die verwaltende und für die werbende Tätigkeit festgelegt worden ist, die zunächst einmal genau so wenig der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz unterliegt wie die Festsetzung der Gesamtvergütung selbst. 55Bei dieser vordergründigen Betrachtungsweise darf man aber nicht stehen bleiben. Nach § 7 AGBG findet nämlich das AGB-Gesetz auch dann Anwendung, wenn seine Vorschriften durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Das bedeutet, daß es bei der Frage der Kontrollfähigkeit einer AGB-Klausel nicht auf eine formale Betrachtungsweise ankommt, sondern daß auf Inhalt und Zweck der Klausel, insbesondere auf ihren wahren Regelungsbereich abzustellen ist. So kann eine Klausel, die von Sinn und Zweck her Nebenbestimmungen des Vertrages regelt, nicht dadurch der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz entzogen werden, daß sie in die Bestimmung der Hauptleistungspflicht "eingebaut" wird (Ulmer/Brandner/Hensen AGB-Gesetz 8. Aufl., § 7 Rdz. 12; Wolf/Horn/Lindacher AGB-Gesetz 3. Aufl. § 9 Rdz. H 103). Eine kontrollfreie Vergütungsregelung kann deshalb nur dann angenommen werden, wenn es tatsächlich nur um die bloße Festlegung der Gegenleistung, auch wirtschaftlich gesehen, geht. Nur das reine Äquivalenzverhältnis von Leistung und Gegenleistung ist der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz entzogen (BGH NJW-RR 1993, 375). 56Dagegen liegt eine kontrollfähige Nebenabrede vor, wenn die Entgeltregelung auch Bestimmungen enthält, die die Abwicklung und Vergütung von Nebenpflichten regelt (BGH ZIP 1997, 1638). 57Ein solcher Fall ist hier gegeben. Denn die mit der beanstandeten Klausel vorgenommene Vergütungsaufspaltung entfaltet ihre Wirkung und Bedeutung ausschließlich erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses, wenn es um die Berechnung des Ausgleichsanspruches des Tankstellenpächters nach § 89 b HGB geht. Während der Laufzeit des Vertrages spielt die Aufspaltung keine Rolle. Während dieser Zeit erfolgt die Abrechnung zwischen der Beklagten und dem jeweiligen Tankstellenpächter allein nach den Bestimmungen hinsichtlich der Gesamtvergütung. Die beanstandete Klausel könnte ohne weiteres fehlen, ohne daß dies Auswirkungen auf die Abrechnung zwischen der Beklagten und dem jeweiligen Tankstellenpächter hätte. Auch die Beklagte selbst hat in diesem Zusammenhang eingeräumt, daß sie die Klausel gerade zur Vereinfachung der Berechnung des Ausgleichsanspruches des Tankstellenpächters nach § 89 b HGB eingeführt hat. 58Damit stellt die beanstandete Klausel nach verfolgtem Zweck und erreichter Wirkung in Wahrheit eine vertragliche Bestimmung für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs nach § 89 b HGB dar und ist damit eine kontrollfähige Nebenbestimmung im Sinne des § 8 AGBG, da an ihre Stelle § 89 b HGB und die zu dieser Vorschrift entwickelten Rechtsgrundsätze treten würden. Denn zum dispositiven Recht im Sinne des § 8 AGBG gehören nicht nur die gesetzlich normierten Regelungen, sondern auch alle damit zusammenhängenden Rechtsgrundsätze (BGHZ 93, 358). 59Die beanstandete Klausel ist unwirksam nach § 9 AGBG, weil sie den Tankstellenpächter als Vertragspartner der Beklagten und Verwenderin der AGB unangemessen benachteiligt, indem diese Klausel das Verschlechterungsverbot des § 89 b Abs. 4 HGB verletzt. 60Nach dieser Bestimmung darf der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach Beendigung seines Vertragsverhältnisses nicht im Voraus ausgeschlossen werden. Das bedeutet, daß dieser Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, zu dem auch der Tankstellenpächter gehört, wie in § 1 Ziff. 1 des Vertrages auch ausdrücklich festgelegt ist, im Handelsvertretervertrag auch nicht zu Ungunsten des Handelsvertreters modifiziert oder in seiner Durchsetzung erschwert werden darf. Der Ausgleichsanspruch muß dem Handelsvertreter so unverkürzt verbleiben, wie er ihm nach § 89 b HGB zusteht (BGH NJW RR 1991, 156; Staub/Brüggemann HGB 4. Aufl. § 89 b Rdz. 105; Küstner/von Manteuffel/Evers, Handbuch des gesamten Außendienstrechts Band 2 6. Aufl., Rdz. 1377). Jegliche Erschwerung bei der Berechnung und Durchführung des Ausgleichsanspruches führt zur Unwirksamkeit der entsprechenden Klausel auch nach § 9 AGBG (Graf von Westphalen, Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke Abschnitt "Handelsvertretervertrag" Rdz. 54, 60). Zu solchen verbotenen Einschränkungen zählen auch Berechnungsgrundsätze, die von der gesetzlichen Berechnungsart abweichen (MünchKom HGB/von Hoyningen-Huene § 89 b Rdz. 190; OLG Frankfurt NJW RR 1986, 458; anderer Ansicht: OLG Hamburg VersR 1993, 476; Heymann HGB § 89 b Rdz. 37). 61Nicht erfaßt werden dagegen bloße mittelbare Auswirkungen vertraglicher Vereinbarungen auf den Ausgleichsanspruch, etwa ein Provisionsverzicht für bestimmte Fälle, was sich dann beim Ausgleichsanspruch als Verminderung der Berechnungsgrundlage auswirkt (MünchKomm HGB a.a.O. § 89 b Rdz. 194). Letztlich entscheidend ist der wahre Sinn und Zweck einer Regelung, ob die freie Aushandlung der Provisionshöhe im Vordergrund steht oder die Abänderung des Ausgleichsanspruches des Handelsvertreters nach § 89 b HGB zu dessen Lasten (BGHZ 58, 60; BGH NJW 1983, 1727; Küstner u.a. a.a.O. Rdz. 1364, 1394). 62Die beanstandete Klausel legt vordergründig zwar nur den Anteil für die verwaltende Tätigkeit an der Gesamtvergütung fest. Gleichwohl liegt keine bloße mittelbare Auswirkung auf den Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB vor, weil, wie dargelegt, Sinn und Zweck der Klausel sich erst bei der Berechnung dieses Ausgleichsanspruches entfalten sollen. Sie bestimmt den Betrag von der Gesamtprovision, der in die Berechnung des Ausgleichsanspruchs nicht eingestellt werden darf, weil sich dieser Ausgleichsanspruch nur nach den für werbende Tätigkeit erhaltenen Provisionen berechnet (BGH NJW 1985, 860; NJW 1998, 71; MünchKomm HGB a.a.O. § 89 b Rdz. 92 ff., 132). Damit beeinflußt die Klausel die Berechnung des Ausgleichsanspruches und muß sich folglich an dem Verschlechterungsverbot des § 89 b Abs. 4 HGB messen lassen. 63Im Rahmen dieser Berechnung bewirkt die Klausel, wie der Beklagten zuzugeben ist, zunächst sicher eine Vereinfachung, als es nicht mehr auf mehr oder weniger komplizierte Abgrenzungsfragen ankommt, was zur verwaltenden Tätigkeit zu rechnen und wie hoch deren Anteil an der Gesamttätigkeit und der Gesamtprovision ist (vgl. BGH NJW 1998, 71; Schreiber NJW 1998, 3737). Vielmehr kann ohne weiteres die Hälfte der anrechenbaren Gesamtprovision als nicht ausgleichspflichtige Verwaltungsprovision abgezogen werden (Küstner u.a. a.a.O. Rdz. 863; MünchKom AGB § 89 b Rdz. 132). 64Allein dieser Vereinfachungseffekt läßt die Klausel aber noch nicht wirksam sein. Nach § 89 b Abs. 4 HGB darf diese Berechnungsvereinfachung jedenfalls nicht zu Lasten des Tankstellenpächters gehen. 65Dies läßt sich zwar abstrakt nicht abschließend beurteilen. Bei einem Tankstellenpächter, bei dem die verwaltende Tätigkeit überwiegt, mag sich die Klausel auch hinsichtlich der Höhe des Ausgleichsanspruchs positiv zu dessen Gunsten auswirken, so daß sie in diesem Falle nicht gegen das Verschlechterungsverbot des § 89 b Abs. 4 HGB verstieße. 66Im Rahmen der AGB-Kontrollklage ist aber jeweils von der kundenfeindlichsten Auslegung auszugehen (Palandt, a.a.O., § 13 AGBG Rdz. 3). Das bedeutet für den vorliegenden Fall, daß die beanstandete Klausel nur dann Bestand haben kann, wenn sie sich stets, also von ihrer Struktur her - unabhängig von den Umständen des Einzelfalles - wenn nicht zugunsten des Tankstellenpächters, so doch zumindest nicht zu seinem Nachteil auswirkt. 67Das ist aber jedenfalls dann nicht der Fall, wenn der Umfang der verwaltenden Tätigkeit des Tankstellenpächters im Vergleich zur Werbetätigkeit tatsächlich weniger als die Hälfte ausmacht. Auch in diesem Fall würden gleichwohl 50 % der anrechenbaren Gesamtprovision als nicht ausgleichspflichtige Verwaltungsprovision abgezogen. 68Die beanstandete Klausel bewirkt in diesem Fall auch nicht nur eine Beweislastumkehr (vgl. dazu Schreiber a.a.O.), sondern dem Tankstellenpächter ist die Geltendmachung einer höheren Ausgleichsprovision endgültig abgeschnitten. Denn die Klausel legt die Höhe der abzuziehenden Verwaltungsprovision zum Nachteil des Tankstellenpächters endgültig fest. 69Damit weicht die beanstandete Klausel in bestimmten Fallkonstellationen von der Berechnungsregelung des Ausgleichsanspruchs nach § 89 b HGB zu Lasten des Tankstellenpächters ab und verstößt damit gegen das Verschlechterungsverbot des § 89 b Abs. 4 HGB. Denn die Klausel bewirkt durch die Aufteilung der Gesamtprovision im Ergebnis, daß dem Tankstellenpächter ggfls. auch Provisionsanteile bei der Berechnung des Ausgleichsanspruchs abgezogen werden, die in Wahrheit auf werbende Tätigkeit entfallen. 70Dagegen läßt sich auch nicht einwenden, daß die Bewertung der beiden Tätigkeitsbereiche des Tankstellenpächters den Vertragsparteien grundsätzlich freistünde. Richtig ist in diesem Zusammenhang, daß die Bereiche der verwaltenden und werbenden Tätigkeit des Tankstellenpächters unterschiedlich bewertet werden können. Die Gesamtvergütung muß nicht proportional im Umfang der jeweiligen Tätigkeitsbereiche aufgeteilt werden. Hier besteht sicher ein Spielraum der Parteien bei der Festlegung der Vergütungsanteile. 71Andererseits darf eine unterschiedliche Festlegung dieser Vergütungsanteile aber auch nicht zu einer Aushöhlung des Ausgleichsanspruchs führen (BGHZ 58, 60). Eine provisionsmäßige Bewertung der Verwaltungstätigkeit, die den wirtschaftlichen Verhältnissen nicht mehr gerecht würde, verstieße ebenfalls gegen das Verschlechterungsverbot des § 89 b Abs. 4 AGB, weil auch eine solche Regelung wirtschaftlich gesehen nur den Zweck haben kann, den Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB entgegen seiner gesetzlichen Regelung zu vermindern. 72Angesichts der rigiden Fassung der beanstandeten Klausel, die die Umstände des Einzelfalles unberücksichtigt läßt, besteht damit die naheliegende Gefahr, daß die Klausel im Einzelfall durch eine wirtschaftlich ungerechtfertigte Höhe des Abzugspostens "Verwaltungsprovision" zu einer Aushöhlung des Ausgleichsanspruches nach § 89 b HGB führt und damit gegen das Verschlechterungsverbot des § 89 b Abs. 4 HGB verstößt. 73 74Damit stellt sie zugleich eine ungemessene Benachteiligung des Vertragspartners der Beklagten als Verwenderin im Sinne des § 9 Abs. 2 Ziff. 1 AGBG da, mag sich die Klausel im Einzelfall auch einmal zugunsten des Vertragspartners auswirken können. 75Zu Unrecht beruft sich die Beklagte auf eine Verwirkung des Unterlassungsanspruches des Klägers. Eine solche Verwirkung kommt im Rahmen des § 13 AGBG von vornherein nicht in Betracht, weil bei der hier durchgeführten AGB-Kontrollklage auch Interessen der Allgemeinheit wahrgenommen werden, denen gegenüber der Gesichtspunkt der Verwirkung zurücktreten muß (BGH NJW 1995, 1488; Ulmer u.a. a.a.O., § 13 AGBG Rdz. 33). 76Die Entscheidung über die Veröffentlichungsbefugnis folgt aus § 18 AGBG wegen der häufigen Verwendung der beanstandeten Klausel durch die Beklagte. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen. 77Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 78Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 10, 711 ZPO. | 1 | 2bei dem kläger handelt es sich um die dachorganisation der tankstellenbetreiber und -pächter sowie des garagengewerbes. gemäß satzung fördert er die gewerblichen interessen seiner mitglieder und der ihnen angeschlossenen unternehmen. 3wegen des inhaltes der satzung des klägers im einzelnen wird auf die fotokopie bl. 13 ff. d.a. verwiesen. 4die beklagte ist eine mineralölgesellschaft, die ihre produkte überwiegend über tankstellen vertreiben läßt. der einzelne tankstellenbetreiber bzw. -pächter vertreibt dabei als handelsvertreter die produkte der beklagten im namen und auf rechnung der beklagten. dabei werden die vertragsbeziehungen zwischen den als handelsvertreter auftretenden tankstellenbetreibern/-pächtern und der beklagten durch einen von der beklagten vorformulierten sogenannten "tankstellenvertrag" geregelt. 5§ 5 dieses vertrages, der gemäß seiner überschrift die vergütung für den tankstellenpächter regelt, lautet unter anderem wie folgt: 6"1. 7für die erfüllung aller verpflichtungen aus diesem vertrag erhält partner folgende vergütungen: 81.1 9für getätigte agentur-geschäfte nach § 1, ziffer 1.1 10a) litervergütung: dm 2,70 % liter 11.... 124. 13mit den in dieser vereinbarung genannten vergütungen sind alle von partner übernommenen verpflichtungen, aufwendungen, leistungen und von (der beklagten) nicht zu vertretende risiken aus dem tankstellenvertrag (agenturverhältnis) abgegolten. 50 % der von (der beklagten) an partner nach dieser vereinbarung zu zahlenden agenturvergütung sind für verwaltende tätigkeiten." 14wegen des inhalts des "tankstellenvertrages" im einzelnen wird auf die fotokopie bl. 18 ff. d.a. verwiesen. 15der kläger beanstandet im wege der agb-kontrollklage nach § 13 agbg diese zuletzt genannte klausel, daß 50 % der agenturvergütung für verwaltende tätigkeit seien, als unwirksam nach § 9 agbg, weil sie den tankstellenpächter unangemessen benachteilige. 16zweck der beanstandeten regelung sei lediglich, den handelsvertreterausgleichsanspruch aus § 89 b hgb des ausscheidenden tankstellenbetreibers/-pächters zu reduzieren. 17der handelsvertreter könne den ausgleich nach § 89 b hgb nur unter berücksichtigung der provision für werbende, nicht jedoch derjenigen für verwaltende tätigkeiten beanspruchen. durch die festlegung in der beanstandeten klausel sei dem ausscheidenden tankstellenbetreiber/-pächter die möglichkeit genommen, geltend zu machen, daß der anteil an verwaltender tätigkeit geringer sei als 50 %. dies sei aber der fall. denn der anteil an verwaltender tätigkeit des tankstellenbetreibers/-pächters betrage allenfalls 10 %. 18die klausel pauschaliere damit entgegen bestehenden rechtsgrundsätzen zum einen den anteil der verwaltenden tätigkeit; zum anderen stelle sie nicht klar, was im einzelnen zu den verwaltenden tätigkeiten gehöre und welchen anteil sie an der gesamttätigkeit des tankstellenpächters einnehme. damit führe die hohe festsetzung des verwaltungsanteils der provision unmittelbar zu einer reduzierung des handelsvertreterausgleichsanspruches nach § 89 b hgb. die allenfalls die inkassotätigkeit umfassende verwaltenden tätigkeit mache - wie bereits ausgeführt - maximal 10 % der gesamttätigkeit des tankstellenbetreibers/-pächters aus. 19 20die beanstandete klausel sei auch unter dem blickwinkel des transparenzgebotes mit § 9 agbg nicht zu vereinbaren. zum einen sei dem vertragspartner der beklagten regelmäßig die abgrenzung zwischen werbender und verwaltender tätigkeit und deren einfluß auf die höhe des handelsvertreterausgleichsanspruchs nicht bekannt. zum anderen sei die einschränkung des ausgleichsanspruchs nicht etwa im rahmen der vertragsbeendigung geregelt, sondern unter der überschrift "vergütung" in § 5 des tankstellenvertrages. 21die beanstandete klausel verstoße darüber hinaus gegen die regelungen der §§ 9, 11 nr. 15 b agbg. 22in der klausel erfolge eine tatsachenbestätigung, die im ergebnis dazu führe, daß der tankstellenbetreiber/-pächter im streitfall verpflichtet sei, der beklagten gegenüber nachzuweisen, daß der verwaltungsanteil seiner tätigkeit unter der formulierten 50 %-grenze liege. hierin liege eine unangemessene benachteiligung des vertragspartners der beklagten. denn grundsätzlich habe der unternehmer - also die beklagte - die darlegungs- und beweislast hinsichtlich der behauptung, es bestehe ein höherer verwaltungsaufwand als der von ihrem vertragspartner substantiiert behauptete. 23das landgericht hat durch urteil vom 20. november 1998 der beklagten antragsgemäß unter androhung von ordnungsmitteln untersagt, 24im zusammenhang mit dem abschluß von tankstellenverträgen in allgemeinen geschäftsbedingungen folgende, oder inhaltlich gleiche klauseln zu verwenden: 25"50 % der von aral an partner nach dieser vereinbarung zu zahlenden agenturvergütung sind für verwaltende tätigkeiten." 26darüber hinaus hat es dem kläger die befugnis zugesprochen, die urteilsformel zu veröffentlichen. 27wegen des inhaltes des urteils im einzelnen wird auf bl. 216 ff. d.a. verwiesen. 28gegen dieses urteil hat die beklagte form- und fristgerecht berufung eingelegt, mit der sie ihr klageabweisungsbegehren aus erster instanz weiter verfolgt. 29unter ergänzung und vertiefung ihres erstinstanzlichen vortrages ist die beklagte der ansicht, daß die beanstandete regelung als bloße vergütungsregelung schon nicht der agb - rechtlichen inhaltskontrolle gemäß § 8 agbg unterliege. daß die beklagte ihre gesamtvergütung kalkulatorisch in zwei preise aufgeschlüsselt habe, vermöge an der kontrollfreiheit der hier in rede stehenden entgeltklausel nichts zu ändern. dem gericht sei es aber verwehrt, in die kalkulation des unternehmers über eine inhaltskontrolle der entgeltregelungen einzugreifen. 30dies könne auch nicht damit begründet werden, daß lediglich eine preisnebenabrede vorliege, die der inhaltskontrolle zugänglich sei. dies setze voraus, daß anstelle der beanstandeten regelung auf dispositives gesetzesrecht zurückgegriffen werden könne. dies sei hier nicht der fall. die parteien könnten die höhe des verwaltungs- bzw. vermittlungsentgeltes frei vereinbaren. würden solche vereinbarungen fehlen, so werde nicht auf dispositives gesetzesrecht zurückgegriffen, sondern eine ergänzende vertragsauslegung vorgenommen. dispositives gesetzesrecht existiere nämlich zu der frage der bemessung der höhe der verwaltungsprovisionsanteile nicht. außerdem wirke die klausel einer ständigen verringerung des vermittlungsprovisionsanteils in der handelsvertretervergütung entgegen, indem sie den anteil der jeweiligen vergütung für die parteien verbindlich festschreibe. im übrigen stelle die höhe des entgeltes für vermittelnde bzw. verwaltende tätigkeit im rahmen der anwendung des § 89 b hgb eine dem tatbestand dieser vorschrift vorgelagerte prämisse da, die sich ausschließlich nach den zwischen den parteien getroffenen entgeltvereinbarungen richte. 31im übrigen verstoße die klausel auch nicht gegen die vorschriften des agbg. entgegen der ansicht des landgerichts werde durch die beanstandete klausel nicht die beweislast im rahmen der ermittlung des handelsvertreterausgleichsanspruchs verändert. denn die streitgegenständliche klausel gebe lediglich eine vom bundesgerichtshof geforderte aufteilung vor, so daß schon von daher eine beweislastumkehr nicht vorliege. auch würden dem tankstellenhalter durch die klausel keine gegenbeweismöglichkeiten abgeschnitten. denn auf die frage, ob im betrieb des jeweils betroffenen tankstellenbetreibers der konkrete zeitanteil für vermittelnde tätigkeiten höher anzusetzen sei, komme es in diesem zusammenhang gar nicht mehr an. denn der tankstellenbetreiber erhalte nach dem hier in rede stehenden vertragswerk weder für verwaltende noch für vermittelnde tätigkeiten ein zeitbezogenes, sondern nur ein umsatz- und damit erfolgsbezogenes entgelt. dies entspreche dem gesetzlichen leitbild des § 87 b abs. 1 satz 1 hgb. ein prinzip, wonach sich die vergütung des tankstellenbetreibers für verwaltende und vermittelnde tätigkeiten vorrangig nach den tatsächlichen verhältnissen zu richten habe, bestehe nicht. 32die angegriffene klausel eröffne der beklagten auch keinen ungerechtfertigten beurteilungsspielraum, der bei ihren vertragspartnern unklarheiten über deren rechte und pflichten hinterlassen und diese von der durchsetzung ihrer rechte abhalten könnte. unter zugrundelegung der angegriffenen klausel könne der vertragspartner der beklagten exakt den anteil der provision erkennen, der der ausgleichsberechnung zugrunde gelegt werden dürfe. damit liege weder ein verstoß gegen das transparenzgebot vor, noch benachteilige die klausel den tankstellenbetreiber unangemessen im sinne des § 9 agbg. 33entgegen der auffassung des klägers könne der von der beklagten angesetzte anteil der verwaltungsprovision auch nicht als so unangemessen hoch angesehen werden, daß dies auf eine umgehung des unabdingbaren gesetzlichen ausgleichsanspruches nach § 89 b hgb hinausliefe. die beklagte habe vielmehr festgestellt, daß der durchschnittliche zeitanteil für verwaltende tätigkeiten eines tankstellenhalters bei dem hier in rede stehenden agenturgeschäft sich auf rund 53 % belaufe. dabei entfielen bereits rund 42 % der tätigkeiten im agenturgeschäft des tankstellenhalters (verkauf von frostschutz- und mineralölprodukten im namen und auf rechnung der beklagten) allein auf das inkassowesen (beweis: sachverständigengutachten). 34im übrigen sei der klageanspruch auch verwirkt. dem kläger sei die beanstandete klausel seit märz 1989 bekannt. die klausel sei eingehend mit dem kläger besprochen worden, wobei der kläger selbst nicht verkannt habe, daß gute argumente für die einführung dieser klausel sprechen würden. der kläger habe lediglich gegen die höhe des verwaltungsanteils einwendungen erhoben. 35die beklagte beantragt, 36unter abänderung des erstinstanzlichen urteils die klage abzuweisen. 37der kläger beantragt, 38die gegnerische berufung zurückzuweisen. 39unter ergänzung und vertiefung seines erstinstanzlichen vortrages ist der kläger der ansicht, daß die streitgegenständliche klausel eine preisregelnde vertragsklausel sei, die als folge ihrer pauschalierung vergütungsteile zugunsten des verwenders abzuspalten suche, ohne daß eine entsprechende gegenleistung zugrunde liege. wenn die vom tankstellenpächter erbrachte inkassodienstleistung einen geringeren umfang als 50 % seiner tätigkeit ausmache, beziehe sich die in der streitgegenständlichen klausel enthaltene inkassovergütung nicht auf eine echte gegenleistung des tankstellenpächters, so daß keine echte preisbestimmung, sondern eine kontrollfähige preisnebenabrede im sinne des agbg vorliege. wenn es aber zutreffe, daß in jedem einzelfall der umfang der werbenden und der verwaltenden tätigkeit eines handelsvertreters zu ermitteln sei, um den ausgleichsanspruch gemäß § 89 b hgb festzustellen, dann wirke sich die streitgegenständliche klausel entgegen der wertung des § 9 abs. 2 nr. 1 agbg i.v.m. § 11 ziff. 15 a) agbg dahin aus, daß dem tankstellenpächter, bezogen auf den zu entscheidenden einzelfall, der nachweis für die behauptung abgeschnitten werde, seine werbende tätigkeit habe mehr als 50 % und seine verwaltende tätigkeit - entgegen dem wortlaut der streitgegenständlichen klausel - weniger als 50 % ausgemacht. 40wegen des inhaltes der parteivorträge im einzelnen wird auf die gewechselten schriftsätze nebst anlagen verwiesen. 41 | 42die berufung der beklagten ist unbegründet. 43die klage ist zulässig. der kläger ist nach § 13 abs. 2 ziff. 2 agbg klagebefugt. es handelt sich bei ihm um einen rechtsfähigen verband zur förderung gewerblicher interessen, nämlich unter anderem der der tankstellenpächter. 44die klage ist auch begründet. die beanstandete klausel verstößt gegen § 9 abs. 2 ziff. 1 agbg, weil sie den tankstellenpächter als vertragspartner des verwenders, nämlich der beklagten, unangemessen benachteiligt. denn sie verstößt gegen § 89 b abs. 4 hgb, indem sie den ausgleichsanspruch des tankstellenpächters als handelsvertreter entgegen dem gesetzlichen verbot verkürzt. solche verstöße von agb-klauseln gegen gesetzliche verbote können jedenfalls auch dann im wege der agb-kontrollklage nach § 13 agbg geltend gemacht werden, wenn die verletzte norm die gleiche schutzrichtung hat wie die kontrollregelung des agbg wie hier, wo es jeweils um den schutz des tankstellenpächters vor der willkürlichen verkürzung seines ausgleichsanspruches nach § 89 b abs. 4 hgb geht (palandt, bürgerliches gesetzbuch 57. aufl. § 13 agbg rz. 4). 45entgegen der ansicht der beklagten liegt hier im ergebnis keine bloße vergütungsregelung vor, die nach § 8 agbg der inhaltskontrolle entzogen ist. 46 47vordergründig spaltet die beanstandete klausel lediglich die von der beklagten dem tankstellenpächter geschuldete vergütung in zwei bestandteile auf, nämlich einmal in die vergütung für dessen werbende tätigkeit und zum anderen in die vergütung für dessen verwaltende tätigkeit. damit weicht die beanstandete klausel ihrem wortlaut nach nicht von anderen rechtsvorschriften ab, wie es § 8 agbg voraussetzt, um sie der kontrolle nach dem agb-gesetz unterwerfen zu können. der wortlaut der klausel spricht vielmehr für eine kontrollfreie entgeltvereinbarung (palandt a.a.o. § 8 agbg rz. 4 m.w.n.). 48die beanstandete klausel läßt sich nicht als bloße preisnebenabrede auffassen, die der kontrolle nach dem agb-gesetz unterliegt (zur abgrenzung kontrollfreier preisklauseln von kontrollfähigen preisnebenabreden vergleiche: ulmer/brandner/hensen agbg 8. aufl. § 8 rdz. 14 ff.; palandt a.a.o., § 8 agbg rdz. 4 ff. jeweils m.w.n.). denn mit der beanstandeten klausel wird lediglich die zunächst einheitlich festgesetzte provisionsverpflichtung der beklagten auf die beiden tätigkeitskomplexe aufgegliedert, die der tankstellenpächter als handelsvertreter für die beklagte zu erbringen und die die beklagte demgemäß zu vergüten hat. vordergründig liegt also lediglich eine offenlegung der kalkulationsgrundlage der beklagten für die bemessung der gesamtvergütung vor, die keine nach § 8 agbg kontrollfähige preisnebenbestimmung darstellt (bgh zip 1998, 2097; njw 1998, 383). 49es liegt auch keine willkürliche aufspaltung der provisionspflichtigen tätigkeit des tankstellenpächters vor, mit der vertragsfremde leistungsverschiebungen bezweckt würden, etwa dergestalt, daß aus der werbenden tätigkeit etwas abgespalten würde und nur noch als verwaltende tätigkeit honoriert würde, was ansich von der werbenden tätigkeit umfaßt würde (vgl. zum umgekehrten fall der kostenüberwälzung auf den bankkunden entgegen der gesetzlichen kostenlastverteilung: bgh zip 1997, 1638; zip 1997, 2151; bghz 124, 254). vielmehr ist die unterscheidung von werbender und verwaltender tätigkeit für den tankstellenpachtvertrag grundlegend (bgh njw rr 1988, 1061; schreiber njw 1998, 3757). die vorliegende vertragsgestaltung unterscheidet sich im ergebnis nicht davon, als hätte die beklagte die geschuldeten provisionssätze für die werbende tätigkeit einerseits und die verwaltende tätigkeit andererseits von vornherein getrennt festgesetzt. eine solche aufgliederung eines gesamtentgeltes auf unterschiedliche gegenleistungen bleibt eine der privatautonomie überlassenen festsetzung der vergütungspflicht, in die nicht über das agb-gesetz kontrollierend eingegriffen werden kann (bgh zip 1998, 2097). 50eine kontrollfähige preisnebenabrede könnte nur allenfalls dann angenommen werden, wenn die beklagte in dem vertrag festgelegt hätte, was als werbende tätigkeit und was als verwaltende tätigkeit anzusehen ist. dann läge lediglich eine bemessungsklausel vor, die als preisnebenabrede zu qualifizieren wäre und mithin von § 8 agbg erfaßt würde. denn diese trennung zwischen werbender tätigkeit und verwaltender tätigkeit ist eine rechtsfrage (bgh njw 1998, 66). wenn die beklagte insoweit anders trennen würde, etwa (entgegen der entscheidung bgh njw 1998, 66) das lagergeschäft zur verwaltenden tätigkeit ziehen würde, könnte eine klausel angenommen werden, die ohne weiteres der inhaltskontrolle des agb-gesetzes unterliegen würde. 51gleiches könnte man auch annehmen, wenn das verhältnis von verwaltender und werbender tätigkeit dem umfange nach klauselmäßig festgelegt würde. dann würde nämlich lediglich die tatsächliche gewichtung der beiden tätigkeitsbereiche festgeschrieben und damit wiederum lediglich ein bemessungskriterium für die provision festgelegt, was als preisnebenabrede zu qualifizieren sein könnte. 52diese wege hat die beklagte im vorliegenden fall mit der beanstandeten klausel aber gerade nicht beschritten. sie hat vielmehr die vergütung selbst für die verwaltende und damit gleichzeitig auch die für die werbende tätigkeit festgelegt. denn wenn 50 % der gesamtprovision auf die verwaltende tätigkeit entfällt, entfällt damit notwendigerweise die andere hälfte auf die werbende tätigkeit. 53 54vordergründig muß es deshalb dabei bleiben, daß mit der beanstandeten klausel lediglich die vergütung selbst für die verwaltende und für die werbende tätigkeit festgelegt worden ist, die zunächst einmal genau so wenig der inhaltskontrolle nach dem agb-gesetz unterliegt wie die festsetzung der gesamtvergütung selbst. 55bei dieser vordergründigen betrachtungsweise darf man aber nicht stehen bleiben. nach § 7 agbg findet nämlich das agb-gesetz auch dann anwendung, wenn seine vorschriften durch anderweitige gestaltungen umgangen werden. das bedeutet, daß es bei der frage der kontrollfähigkeit einer agb-klausel nicht auf eine formale betrachtungsweise ankommt, sondern daß auf inhalt und zweck der klausel, insbesondere auf ihren wahren regelungsbereich abzustellen ist. so kann eine klausel, die von sinn und zweck her nebenbestimmungen des vertrages regelt, nicht dadurch der inhaltskontrolle nach dem agb-gesetz entzogen werden, daß sie in die bestimmung der hauptleistungspflicht "eingebaut" wird (ulmer/brandner/hensen agb-gesetz 8. aufl., § 7 rdz. 12; wolf/horn/lindacher agb-gesetz 3. aufl. § 9 rdz. h 103). eine kontrollfreie vergütungsregelung kann deshalb nur dann angenommen werden, wenn es tatsächlich nur um die bloße festlegung der gegenleistung, auch wirtschaftlich gesehen, geht. nur das reine äquivalenzverhältnis von leistung und gegenleistung ist der inhaltskontrolle nach dem agb-gesetz entzogen (bgh njw-rr 1993, 375). 56dagegen liegt eine kontrollfähige nebenabrede vor, wenn die entgeltregelung auch bestimmungen enthält, die die abwicklung und vergütung von nebenpflichten regelt (bgh zip 1997, 1638). 57ein solcher fall ist hier gegeben. denn die mit der beanstandeten klausel vorgenommene vergütungsaufspaltung entfaltet ihre wirkung und bedeutung ausschließlich erst nach beendigung des vertragsverhältnisses, wenn es um die berechnung des ausgleichsanspruches des tankstellenpächters nach § 89 b hgb geht. während der laufzeit des vertrages spielt die aufspaltung keine rolle. während dieser zeit erfolgt die abrechnung zwischen der beklagten und dem jeweiligen tankstellenpächter allein nach den bestimmungen hinsichtlich der gesamtvergütung. die beanstandete klausel könnte ohne weiteres fehlen, ohne daß dies auswirkungen auf die abrechnung zwischen der beklagten und dem jeweiligen tankstellenpächter hätte. auch die beklagte selbst hat in diesem zusammenhang eingeräumt, daß sie die klausel gerade zur vereinfachung der berechnung des ausgleichsanspruches des tankstellenpächters nach § 89 b hgb eingeführt hat. 58damit stellt die beanstandete klausel nach verfolgtem zweck und erreichter wirkung in wahrheit eine vertragliche bestimmung für die berechnung des ausgleichsanspruchs nach § 89 b hgb dar und ist damit eine kontrollfähige nebenbestimmung im sinne des § 8 agbg, da an ihre stelle § 89 b hgb und die zu dieser vorschrift entwickelten rechtsgrundsätze treten würden. denn zum dispositiven recht im sinne des § 8 agbg gehören nicht nur die gesetzlich normierten regelungen, sondern auch alle damit zusammenhängenden rechtsgrundsätze (bghz 93, 358). 59die beanstandete klausel ist unwirksam nach § 9 agbg, weil sie den tankstellenpächter als vertragspartner der beklagten und verwenderin der agb unangemessen benachteiligt, indem diese klausel das verschlechterungsverbot des § 89 b abs. 4 hgb verletzt. 60nach dieser bestimmung darf der ausgleichsanspruch des handelsvertreters nach beendigung seines vertragsverhältnisses nicht im voraus ausgeschlossen werden. das bedeutet, daß dieser ausgleichsanspruch des handelsvertreters, zu dem auch der tankstellenpächter gehört, wie in § 1 ziff. 1 des vertrages auch ausdrücklich festgelegt ist, im handelsvertretervertrag auch nicht zu ungunsten des handelsvertreters modifiziert oder in seiner durchsetzung erschwert werden darf. der ausgleichsanspruch muß dem handelsvertreter so unverkürzt verbleiben, wie er ihm nach § 89 b hgb zusteht (bgh njw rr 1991, 156; staub/brüggemann hgb 4. aufl. § 89 b rdz. 105; küstner/von manteuffel/evers, handbuch des gesamten außendienstrechts band 2 6. aufl., rdz. 1377). jegliche erschwerung bei der berechnung und durchführung des ausgleichsanspruches führt zur unwirksamkeit der entsprechenden klausel auch nach § 9 agbg (graf von westphalen, vertragsrecht und agb-klauselwerke abschnitt "handelsvertretervertrag" rdz. 54, 60). zu solchen verbotenen einschränkungen zählen auch berechnungsgrundsätze, die von der gesetzlichen berechnungsart abweichen (münchkom hgb/von hoyningen-huene § 89 b rdz. 190; olg frankfurt njw rr 1986, 458; anderer ansicht: olg hamburg versr 1993, 476; heymann hgb § 89 b rdz. 37). 61nicht erfaßt werden dagegen bloße mittelbare auswirkungen vertraglicher vereinbarungen auf den ausgleichsanspruch, etwa ein provisionsverzicht für bestimmte fälle, was sich dann beim ausgleichsanspruch als verminderung der berechnungsgrundlage auswirkt (münchkomm hgb a.a.o. § 89 b rdz. 194). letztlich entscheidend ist der wahre sinn und zweck einer regelung, ob die freie aushandlung der provisionshöhe im vordergrund steht oder die abänderung des ausgleichsanspruches des handelsvertreters nach § 89 b hgb zu dessen lasten (bghz 58, 60; bgh njw 1983, 1727; küstner u.a. a.a.o. rdz. 1364, 1394). 62die beanstandete klausel legt vordergründig zwar nur den anteil für die verwaltende tätigkeit an der gesamtvergütung fest. gleichwohl liegt keine bloße mittelbare auswirkung auf den ausgleichsanspruch nach § 89 b hgb vor, weil, wie dargelegt, sinn und zweck der klausel sich erst bei der berechnung dieses ausgleichsanspruches entfalten sollen. sie bestimmt den betrag von der gesamtprovision, der in die berechnung des ausgleichsanspruchs nicht eingestellt werden darf, weil sich dieser ausgleichsanspruch nur nach den für werbende tätigkeit erhaltenen provisionen berechnet (bgh njw 1985, 860; njw 1998, 71; münchkomm hgb a.a.o. § 89 b rdz. 92 ff., 132). damit beeinflußt die klausel die berechnung des ausgleichsanspruches und muß sich folglich an dem verschlechterungsverbot des § 89 b abs. 4 hgb messen lassen. 63im rahmen dieser berechnung bewirkt die klausel, wie der beklagten zuzugeben ist, zunächst sicher eine vereinfachung, als es nicht mehr auf mehr oder weniger komplizierte abgrenzungsfragen ankommt, was zur verwaltenden tätigkeit zu rechnen und wie hoch deren anteil an der gesamttätigkeit und der gesamtprovision ist (vgl. bgh njw 1998, 71; schreiber njw 1998, 3737). vielmehr kann ohne weiteres die hälfte der anrechenbaren gesamtprovision als nicht ausgleichspflichtige verwaltungsprovision abgezogen werden (küstner u.a. a.a.o. rdz. 863; münchkom agb § 89 b rdz. 132). 64allein dieser vereinfachungseffekt läßt die klausel aber noch nicht wirksam sein. nach § 89 b abs. 4 hgb darf diese berechnungsvereinfachung jedenfalls nicht zu lasten des tankstellenpächters gehen. 65dies läßt sich zwar abstrakt nicht abschließend beurteilen. bei einem tankstellenpächter, bei dem die verwaltende tätigkeit überwiegt, mag sich die klausel auch hinsichtlich der höhe des ausgleichsanspruchs positiv zu dessen gunsten auswirken, so daß sie in diesem falle nicht gegen das verschlechterungsverbot des § 89 b abs. 4 hgb verstieße. 66im rahmen der agb-kontrollklage ist aber jeweils von der kundenfeindlichsten auslegung auszugehen (palandt, a.a.o., § 13 agbg rdz. 3). das bedeutet für den vorliegenden fall, daß die beanstandete klausel nur dann bestand haben kann, wenn sie sich stets, also von ihrer struktur her - unabhängig von den umständen des einzelfalles - wenn nicht zugunsten des tankstellenpächters, so doch zumindest nicht zu seinem nachteil auswirkt. 67das ist aber jedenfalls dann nicht der fall, wenn der umfang der verwaltenden tätigkeit des tankstellenpächters im vergleich zur werbetätigkeit tatsächlich weniger als die hälfte ausmacht. auch in diesem fall würden gleichwohl 50 % der anrechenbaren gesamtprovision als nicht ausgleichspflichtige verwaltungsprovision abgezogen. 68die beanstandete klausel bewirkt in diesem fall auch nicht nur eine beweislastumkehr (vgl. dazu schreiber a.a.o.), sondern dem tankstellenpächter ist die geltendmachung einer höheren ausgleichsprovision endgültig abgeschnitten. denn die klausel legt die höhe der abzuziehenden verwaltungsprovision zum nachteil des tankstellenpächters endgültig fest. 69damit weicht die beanstandete klausel in bestimmten fallkonstellationen von der berechnungsregelung des ausgleichsanspruchs nach § 89 b hgb zu lasten des tankstellenpächters ab und verstößt damit gegen das verschlechterungsverbot des § 89 b abs. 4 hgb. denn die klausel bewirkt durch die aufteilung der gesamtprovision im ergebnis, daß dem tankstellenpächter ggfls. auch provisionsanteile bei der berechnung des ausgleichsanspruchs abgezogen werden, die in wahrheit auf werbende tätigkeit entfallen. 70dagegen läßt sich auch nicht einwenden, daß die bewertung der beiden tätigkeitsbereiche des tankstellenpächters den vertragsparteien grundsätzlich freistünde. richtig ist in diesem zusammenhang, daß die bereiche der verwaltenden und werbenden tätigkeit des tankstellenpächters unterschiedlich bewertet werden können. die gesamtvergütung muß nicht proportional im umfang der jeweiligen tätigkeitsbereiche aufgeteilt werden. hier besteht sicher ein spielraum der parteien bei der festlegung der vergütungsanteile. 71andererseits darf eine unterschiedliche festlegung dieser vergütungsanteile aber auch nicht zu einer aushöhlung des ausgleichsanspruchs führen (bghz 58, 60). eine provisionsmäßige bewertung der verwaltungstätigkeit, die den wirtschaftlichen verhältnissen nicht mehr gerecht würde, verstieße ebenfalls gegen das verschlechterungsverbot des § 89 b abs. 4 agb, weil auch eine solche regelung wirtschaftlich gesehen nur den zweck haben kann, den ausgleichsanspruch nach § 89 b hgb entgegen seiner gesetzlichen regelung zu vermindern. 72angesichts der rigiden fassung der beanstandeten klausel, die die umstände des einzelfalles unberücksichtigt läßt, besteht damit die naheliegende gefahr, daß die klausel im einzelfall durch eine wirtschaftlich ungerechtfertigte höhe des abzugspostens "verwaltungsprovision" zu einer aushöhlung des ausgleichsanspruches nach § 89 b hgb führt und damit gegen das verschlechterungsverbot des § 89 b abs. 4 hgb verstößt. 73 74damit stellt sie zugleich eine ungemessene benachteiligung des vertragspartners der beklagten als verwenderin im sinne des § 9 abs. 2 ziff. 1 agbg da, mag sich die klausel im einzelfall auch einmal zugunsten des vertragspartners auswirken können. 75zu unrecht beruft sich die beklagte auf eine verwirkung des unterlassungsanspruches des klägers. eine solche verwirkung kommt im rahmen des § 13 agbg von vornherein nicht in betracht, weil bei der hier durchgeführten agb-kontrollklage auch interessen der allgemeinheit wahrgenommen werden, denen gegenüber der gesichtspunkt der verwirkung zurücktreten muß (bgh njw 1995, 1488; ulmer u.a. a.a.o., § 13 agbg rdz. 33). 76die entscheidung über die veröffentlichungsbefugnis folgt aus § 18 agbg wegen der häufigen verwendung der beanstandeten klausel durch die beklagte. zur vermeidung von wiederholungen wird auf die zutreffenden gründe des angefochtenen urteils verwiesen. 77die kostenentscheidung folgt aus § 97 abs. 1 zpo. 78die entscheidung über die vorläufige vollstreckbarkeit folgt aus § 708 ziff. 10, 711 zpo. |
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"name": "Oberlandesgericht Hamm",
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} | 4 UF 15/99 | 1999-09-02T00:00:00 | Urteil | Tenor 1Tatbestand: 2Die am 19.05.1972 geborene Klägerin und der am 11.10.1968 geborene Beklagte sind getrennt lebende Eheleute. Die Klägerin lebt seit Juni 1998 nicht mehr in der ehelichen Wohnung. Die Parteien haben ein gemeinsames Kind, und zwar den am 04.05.1995 geborenen Sohn R . Die Klägerin ist als Verkäuferin teilzeitbeschäftigt. Sie hat den Beklagten auf Zahlung von Kindesunterhalt und Trennungsunterhalt für die Zeit ab Juli 1998 in Anspruch genommen. Der Beklagte, der in erster Instanz anwaltlich nicht vertreten war, hat sich auf Kreditverbindlichkeiten berufen. 3Durch das angefochtene Urteil, auf welches verwiesen wird, hat das Amtsgericht den Beklagten verurteilt, an Kindesunterhalt für Juli 1998 508,00 DM und ab August 1998 monatlich 288,00 DM, sowie ab Juli 1998 973,00 DM monatlichen Trennungsunterhalt zu zahlen. Das Amtsgericht hat das Einkommen des Beklagten auf 3.390,00 DM bemessen, davon Darlehensverbindlichkeiten in Höhe von 355,00 DM und 64,00 DM abgezogen und ist so zu einem Einkommen von 2.971,00 DM gelangt. Danach hat es den Kindesunterhalt auf einen Tabellenbetrag von 398,00 DM bemessen, für Juli 1998 110,00 DM Kindergeld hinzugerechnet und für die Zeit danach 110,00 DM Kindergeld abgezogen, weil der Beklagte bis Juli und die Klägerin ab August das Kindergeld bezogen habe. Nach Abzug des Tabellenbetrages von 398,00 DM und beruflichen Aufwendungen von 100,00 DM von dem Ausgangsbetrag von 2.971,00 DM hat das Amtsgericht der Klägerin 973,00 DM zugesprochen, weil eine höhere Leistungsfähigkeit nicht gegeben sei. Den Eigenverdienst der Klägerin hat das Amtsgericht außer Betracht gelassen, da die Tätigkeit überobligatorisch sei. 4Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der Berufung, mit der er den Kindesunterhalt ab Januar 1999 angreift, da er das inzwischen höhere Kindergeld berücksichtigt wissen will. Den Trennungsunterhalt greift er für die Zeit ab Juni 1998 an und trägt zur Begründung vor, das Amtsgericht habe einen weiteren Kredit mit einer monatlichen Rate von 64,70 DM, den er bei der C für eine Waschmaschine aufgenommen habe, unberücksichtigt gelassen. Außerdem sei es unzutreffend, daß das Amtsgericht den Verdienst der Klägerin außer Betracht gelassen habe, obwohl die Klägerin selbst in der Klageschrift sich 300,00 DM anrechnen lassen wolle. Sein eigenes Einkommen sei um den Gewerkschaftsbeitrag von 28,00 DM noch zu vermindern. 1999 sei das Einkommen geringer wegen Wechsel der Steuerklasse und weil Sonderzahlungen wie in 1998 nicht mehr flössen. Der Beklagte ist der Auffassung, das Einkommen der Klägerin sei im Wege der Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen, weil sie auch während des Zusammenlebens gearbeitet habe, und der Sohn von 7.30 Uhr bis 12.30 Uhr den Kindergarten besuche. 5 Der Beklagte beantragt, 6unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen, soweit er verurteilt worden sei, an die Klägerin Kindesunterhalt für R ab Januar 1999 von mehr als monatlich 273,00 DM 7und Trennungsunterhalt für die Klägerin von Juli bis Dezember 1998 von mehr als monatlich 842,00 DM und ab Januar 1999 von mehr als monatlich 415,00 DM zu zahlen. 8Die Klägerin beantragt, 9die Berufung zurückzuweisen. 10Sie ist der Auffassung, es könnten nur der Gewerkschaftsbeitrag von 28,00 DM und Fahrtkosten für eine Entfernung von 5 km = 77,00 DM in Abzug gebracht werden. Sie ist ferner der Auffassung, daß ihre Berufstätigkeit nur hälftig angerechnet werden könne, da sie überobligationsmäßig erfolge. Sie meint, daß ein über 300,00 DM hinausgehendes Einkommen außer Betracht zu lassen sei. 11Wegen der weiteren Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Parteien sind gem. § 141 ZPO in der mündlichen Verhandlung persönlich angehört worden. 12Entscheidungsgründe: 13Die Berufung ist zum Teil begründet. 14Das Einkommen des Beklagten im Jahre 1998 ist der Dezember-Abrechnung zu entnehmen. Nach Berücksichtigung der gesetzlichen Abzüge verbleibt ein monatlicher Betrag von 3.683,00 DM. In Abzug zu bringen sind der Gewerkschaftsbeitrag mit 28,00 DM und Fahrtkosten von 77,00 DM, insgesamt also 105,00 DM. Dies ist bei der Erörterung unter den Parteien unstreitig geworden. In Abzug zu bringen sind weiterhin 35,00 DM vermögenswirksame Leistungen sowie Kredite mit einer monatlichen Rate von 355,02 DM, 64,00 DM und 64,70 DM. Auch insoweit ist zwischen den Parteien nach der Erörterung in der mündlichen Verhandlung nicht mehr streitig, daß diese Kreditraten bestehen und von dem Beklagten bedient werden. Hinzuzurechnen ist eine Steuererstattung von 25,11 DM. Daraus ergibt sich ein Einkommen des Beklagten von 3.084,98 DM. Der Kindesunterhalt mit dem Tabellenbetrag von 398,00 DM ist zwischen den Parteien ebenfalls nicht umstritten. Die Berufung des Beklagten hat insofern Erfolg, als ab Januar 1999 von diesem Tabellenbetrag das Kindergeld mit dem hälftigen Betrag von 125,00 DM in Abzug zu bringen ist, so daß ein Zahlbetrag von 273,00 DM verbleibt. 15Nach Abzug des Tabellenbetrages vom errechneten Einkommen des Beklagten verbleiben noch 2.686,98 DM. Daraus ergibt sich ein Bedarf der Klägerin von 3/7 = 1.151,76 DM. 16Entgegen der von dem Beklagten vertretenen Auffassung sind die Eigeneinkünfte der Klägerin nicht im Wege der Differenzmethode in die Unterhaltsberechnung einzubeziehen, weil sie die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt haben. Wenngleich die Klägerin auch während des Zusammenlebens bereits ihre jetzige Tätigkeit ausgeübt und mit ihrem Verdienst zu den Einkünften beigesteuert hat, hat eine Prägung der ehelichen Lebensverhältnisse dadurch nicht nachhaltig stattgefunden. Eine Prägung ehelicher Lebensverhältnisse kann nur durch solche Einkünfte erfolgen, von denen feststeht, daß sie nachhaltig erzielt werden können und nicht unter Umständen plötzlich aufgegeben werden müssen. Die Eheleute können nämlich nicht die Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse auch nur teilweise durch solche Einkünfte bestimmen lassen, deren Fortbestehen mit erheblichen Unsicherheitsfaktoren behaftet ist. Eheprägende Einkünfte in diesem Sinne hat die Klägerin aber nicht erzielt und erzielt sie auch weiterhin nicht. Denn ihre Tätigkeit übt sie aus, obwohl ihr die Betreuung des gemeinsamen Kindes obliegt. Zwar kann sie ihrer Berufstätigkeit nachgehen, solange das Kind den Kindergarten besucht. Unsicherheiten ergeben sich aber daraus, daß das Kind krank werden kann und den Kindergarten nicht aufsucht und sie deshalb genötigt ist, bei dem Kind zu weilen. Darüber hinaus ist die Betreuungssituation ohnehin unsicherer, sobald das Kind in die Schule kommt, weil vor allem in den unteren Schulklassen der Grundschule oft unregelmäßiger Unterricht stattfindet und auch bei Krankheit eine Betreuung für das Kind zu Hause erforderlich ist. Aus dieser Situation ergibt sich für die Klägerin unter Umständen die Notwendigkeit, zu jeder Zeit damit rechnen zu müssen, in stärkerem Umfange als bisher für das Kind da zu sein und ihre Berufstätigkeit zurückzustecken und unter Umständen sogar ganz aufzugeben. Daß das Kind zur Zeit während ihrer Abwesenheit zeitweilig von der Großmutter betreut wird, ändert daran nichts wesentliches. Auch die Großmutter steht nicht zwangsläufig immer zur Verfügung; ob das Kind in einem solchen Fall einer anderen Betreuungsperson anvertraut werden könnte, ist spekulativ und kann nicht zugrundegelegt werden. Damit steht fest, daß aus der Betreuungssituation für das Kind eine nachhaltige Prägung der Einkünfte der Klägerin nicht angenommen werden kann, ganz abgesehen davon, daß die Klägerin als betreuender Elternteil bei einem Kind diesen Alters ohnehin nicht verpflichtet wäre, neben der Betreuung einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, auch wenn für das Kind eine anderweitige Betreuungsmöglichkeit besteht. Wegen der Unzumutbarkeit und der mangelnden Prägung der ehelichen Lebensverhältnisse können deshalb ihre Einkünfte nicht im Wege der Differenzmethode berücksichtigt werden (vgl. BGH FamRZ 1993, 146). Auf den so ermittelten Bedarf der Klägerin von 1.151,76 DM sind die Eigeneinkünfte in entsprechender Anwendung des § 1577 Abs. 2 BGB anzurechnen. Da hier keine besondere Gesichtspunkte geltend gemacht worden sind, erscheint es gerechtfertigt, die Hälfte des Eigenverdienstes auf den Bedarf anzurechnen. Dabei ist zuvor jedoch der Erwerbstätigenbonus der Klägerin anrechnungsfrei zu belassen. Bei im Senatstermin unstreitig gewordenen Einkünften von 677,00 DM ergibt sich nach Abzug des Erwerbstätigenbonus noch ein Betrag von 580,28 DM, der mit der Hälfte = 290,14 DM anzurechnen ist. Es bleibt dann noch ein Anspruch in Höhe von rund 861,00 DM übrig. Eine hälftige Anrechnung des Eigenverdienstes der Klägerin erscheint deswegen angemessen, weil dadurch der Klägerin der Erwerbstätigenbonus verbleibt und im übrigen der Vorteil ihrer Tätigkeit beiden Parteien in gleicher Weise zugute kommt. Die Klägerin hat damit insgesamt 861,00 DM + 677,00 DM zur Verfügung, also insgesamt Beträge, die oberhalb der als notwendiger Selbstbehalt angesehenen finanziellen Mitteln von 1.500,00 DM liegen, wodurch ihr Lebensunterhalt gesichert ist. 17Für die Zeit von Januar bis September 1999 ergeben sich Änderungen im Einkommen des Beklagten durch Steuerklassenwechsel, wodurch eine Einkommenseinbuße beim Beklagten von etwa 629,00 DM anzunehmen ist. Dies ergibt sich aus einem Vergleich der Juli-Abrechnungen für 1998 und 1999. Dies bedeutet, daß nach Abzug des Kindesunterhalts das Einkommen des Beklagten nicht mehr 2.686,98 DM, sondern lediglich noch 2.057,98 DM beträgt. Daraus leitet sich ein Bedarf der Klägerin von 3/7 = 881,99 DM ab. Darauf ist nach § 1577 Abs. 2 BGB das Eigeneinkommen anzurechnen. Nach den Erörterungen im Senatstermin ist das Einkommen der Klägerin auf etwa 580,00 DM gesunken. Nach Abzug des Erwerbstätigenbonus verbleiben davon noch 497,14 DM. Die Hälfte davon = 248,57 DM ist auf den Bedarf anzurechnen, so daß noch ein Restbedarf von 633,42 DM besteht. Jedoch beträgt die Leistungsfähigkeit des Beklagten lediglich rd. 558,00 DM (2.057,98 DM abzüglich notwendiger Selbstbehalt von 1.500,00 DM). Damit ist der Unterhaltsanspruch für diesen Zeitraum auf 558,00 DM zu ermäßigen. 18Von Oktober 1999 bis Dezember 1999 ergibt sich eine Änderung daraus, daß die Kreditrate in Höhe von 64,70 DM entfällt, so daß die Leistungsfähigkeit des Beklagten auf rund 623,00 DM steigt. 19Für die Monate Januar und Februar 2000 kann der Beklagte das Realsplitting geltend machen, da ein monatlicher Unterhaltsbetrag von mindestens 600,00 DM als gesichert feststeht. Bei einem Grenzsteuersatz von etwa 40 % ergibt sich dadurch eine Steuerersparnis für den Beklagten von rund 240,00 DM. Das Einkommen des Beklagten beträgt damit 2.057,98 DM + 240,00 DM Steuerersparnis + 64,70 DM Wegfall einer Kreditrate, so daß das Einkommen des Beklagten 2.362,68 DM beträgt. Daraus ergibt sich ein Bedarf für die Klägerin von 1.012,57 DM. Darauf sind 248,57 DM anzurechnen, so daß sich ein Restbedarf von rund 764,00 DM ergibt. 20Für die Zeit ab März 2000 fällt auch die größere Kreditrate mit 355,02 DM weg. Dadurch erhöht sich das Einkommen des Beklagten von 2.364,70 DM auf 2.717,70 DM. Daraus ergibt sich ein Bedarf der Klägerin von 1.164,28 DM. Unter Anrechnung von Eigeneinkünften von 248,57 DM verbleibt ein Restanspruch von 916,00 DM. 21Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Ziff. 10 ZPO. | 1 | 2die am 19.05.1972 geborene klägerin und der am 11.10.1968 geborene beklagte sind getrennt lebende eheleute. die klägerin lebt seit juni 1998 nicht mehr in der ehelichen wohnung. die parteien haben ein gemeinsames kind, und zwar den am 04.05.1995 geborenen sohn r . die klägerin ist als verkäuferin teilzeitbeschäftigt. sie hat den beklagten auf zahlung von kindesunterhalt und trennungsunterhalt für die zeit ab juli 1998 in anspruch genommen. der beklagte, der in erster instanz anwaltlich nicht vertreten war, hat sich auf kreditverbindlichkeiten berufen. 3durch das angefochtene urteil, auf welches verwiesen wird, hat das amtsgericht den beklagten verurteilt, an kindesunterhalt für juli 1998 508,00 dm und ab august 1998 monatlich 288,00 dm, sowie ab juli 1998 973,00 dm monatlichen trennungsunterhalt zu zahlen. das amtsgericht hat das einkommen des beklagten auf 3.390,00 dm bemessen, davon darlehensverbindlichkeiten in höhe von 355,00 dm und 64,00 dm abgezogen und ist so zu einem einkommen von 2.971,00 dm gelangt. danach hat es den kindesunterhalt auf einen tabellenbetrag von 398,00 dm bemessen, für juli 1998 110,00 dm kindergeld hinzugerechnet und für die zeit danach 110,00 dm kindergeld abgezogen, weil der beklagte bis juli und die klägerin ab august das kindergeld bezogen habe. nach abzug des tabellenbetrages von 398,00 dm und beruflichen aufwendungen von 100,00 dm von dem ausgangsbetrag von 2.971,00 dm hat das amtsgericht der klägerin 973,00 dm zugesprochen, weil eine höhere leistungsfähigkeit nicht gegeben sei. den eigenverdienst der klägerin hat das amtsgericht außer betracht gelassen, da die tätigkeit überobligatorisch sei. 4gegen diese entscheidung wendet sich der beklagte mit der berufung, mit der er den kindesunterhalt ab januar 1999 angreift, da er das inzwischen höhere kindergeld berücksichtigt wissen will. den trennungsunterhalt greift er für die zeit ab juni 1998 an und trägt zur begründung vor, das amtsgericht habe einen weiteren kredit mit einer monatlichen rate von 64,70 dm, den er bei der c für eine waschmaschine aufgenommen habe, unberücksichtigt gelassen. außerdem sei es unzutreffend, daß das amtsgericht den verdienst der klägerin außer betracht gelassen habe, obwohl die klägerin selbst in der klageschrift sich 300,00 dm anrechnen lassen wolle. sein eigenes einkommen sei um den gewerkschaftsbeitrag von 28,00 dm noch zu vermindern. 1999 sei das einkommen geringer wegen wechsel der steuerklasse und weil sonderzahlungen wie in 1998 nicht mehr flössen. der beklagte ist der auffassung, das einkommen der klägerin sei im wege der differenzmethode in die unterhaltsberechnung einzubeziehen, weil sie auch während des zusammenlebens gearbeitet habe, und der sohn von 7.30 uhr bis 12.30 uhr den kindergarten besuche. 5 der beklagte beantragt, 6unter abänderung des angefochtenen urteils die klage abzuweisen, soweit er verurteilt worden sei, an die klägerin kindesunterhalt für r ab januar 1999 von mehr als monatlich 273,00 dm 7und trennungsunterhalt für die klägerin von juli bis dezember 1998 von mehr als monatlich 842,00 dm und ab januar 1999 von mehr als monatlich 415,00 dm zu zahlen. 8die klägerin beantragt, 9die berufung zurückzuweisen. 10sie ist der auffassung, es könnten nur der gewerkschaftsbeitrag von 28,00 dm und fahrtkosten für eine entfernung von 5 km = 77,00 dm in abzug gebracht werden. sie ist ferner der auffassung, daß ihre berufstätigkeit nur hälftig angerechnet werden könne, da sie überobligationsmäßig erfolge. sie meint, daß ein über 300,00 dm hinausgehendes einkommen außer betracht zu lassen sei. 11wegen der weiteren einzelheiten des beiderseitigen parteivorbringens wird auf den inhalt der akten bezug genommen. die parteien sind gem. § 141 zpo in der mündlichen verhandlung persönlich angehört worden. 12 | 13die berufung ist zum teil begründet. 14das einkommen des beklagten im jahre 1998 ist der dezember-abrechnung zu entnehmen. nach berücksichtigung der gesetzlichen abzüge verbleibt ein monatlicher betrag von 3.683,00 dm. in abzug zu bringen sind der gewerkschaftsbeitrag mit 28,00 dm und fahrtkosten von 77,00 dm, insgesamt also 105,00 dm. dies ist bei der erörterung unter den parteien unstreitig geworden. in abzug zu bringen sind weiterhin 35,00 dm vermögenswirksame leistungen sowie kredite mit einer monatlichen rate von 355,02 dm, 64,00 dm und 64,70 dm. auch insoweit ist zwischen den parteien nach der erörterung in der mündlichen verhandlung nicht mehr streitig, daß diese kreditraten bestehen und von dem beklagten bedient werden. hinzuzurechnen ist eine steuererstattung von 25,11 dm. daraus ergibt sich ein einkommen des beklagten von 3.084,98 dm. der kindesunterhalt mit dem tabellenbetrag von 398,00 dm ist zwischen den parteien ebenfalls nicht umstritten. die berufung des beklagten hat insofern erfolg, als ab januar 1999 von diesem tabellenbetrag das kindergeld mit dem hälftigen betrag von 125,00 dm in abzug zu bringen ist, so daß ein zahlbetrag von 273,00 dm verbleibt. 15nach abzug des tabellenbetrages vom errechneten einkommen des beklagten verbleiben noch 2.686,98 dm. daraus ergibt sich ein bedarf der klägerin von 3/7 = 1.151,76 dm. 16entgegen der von dem beklagten vertretenen auffassung sind die eigeneinkünfte der klägerin nicht im wege der differenzmethode in die unterhaltsberechnung einzubeziehen, weil sie die ehelichen lebensverhältnisse nicht geprägt haben. wenngleich die klägerin auch während des zusammenlebens bereits ihre jetzige tätigkeit ausgeübt und mit ihrem verdienst zu den einkünften beigesteuert hat, hat eine prägung der ehelichen lebensverhältnisse dadurch nicht nachhaltig stattgefunden. eine prägung ehelicher lebensverhältnisse kann nur durch solche einkünfte erfolgen, von denen feststeht, daß sie nachhaltig erzielt werden können und nicht unter umständen plötzlich aufgegeben werden müssen. die eheleute können nämlich nicht die gestaltung ihrer lebensverhältnisse auch nur teilweise durch solche einkünfte bestimmen lassen, deren fortbestehen mit erheblichen unsicherheitsfaktoren behaftet ist. eheprägende einkünfte in diesem sinne hat die klägerin aber nicht erzielt und erzielt sie auch weiterhin nicht. denn ihre tätigkeit übt sie aus, obwohl ihr die betreuung des gemeinsamen kindes obliegt. zwar kann sie ihrer berufstätigkeit nachgehen, solange das kind den kindergarten besucht. unsicherheiten ergeben sich aber daraus, daß das kind krank werden kann und den kindergarten nicht aufsucht und sie deshalb genötigt ist, bei dem kind zu weilen. darüber hinaus ist die betreuungssituation ohnehin unsicherer, sobald das kind in die schule kommt, weil vor allem in den unteren schulklassen der grundschule oft unregelmäßiger unterricht stattfindet und auch bei krankheit eine betreuung für das kind zu hause erforderlich ist. aus dieser situation ergibt sich für die klägerin unter umständen die notwendigkeit, zu jeder zeit damit rechnen zu müssen, in stärkerem umfange als bisher für das kind da zu sein und ihre berufstätigkeit zurückzustecken und unter umständen sogar ganz aufzugeben. daß das kind zur zeit während ihrer abwesenheit zeitweilig von der großmutter betreut wird, ändert daran nichts wesentliches. auch die großmutter steht nicht zwangsläufig immer zur verfügung; ob das kind in einem solchen fall einer anderen betreuungsperson anvertraut werden könnte, ist spekulativ und kann nicht zugrundegelegt werden. damit steht fest, daß aus der betreuungssituation für das kind eine nachhaltige prägung der einkünfte der klägerin nicht angenommen werden kann, ganz abgesehen davon, daß die klägerin als betreuender elternteil bei einem kind diesen alters ohnehin nicht verpflichtet wäre, neben der betreuung einer erwerbstätigkeit nachzugehen, auch wenn für das kind eine anderweitige betreuungsmöglichkeit besteht. wegen der unzumutbarkeit und der mangelnden prägung der ehelichen lebensverhältnisse können deshalb ihre einkünfte nicht im wege der differenzmethode berücksichtigt werden (vgl. bgh famrz 1993, 146). auf den so ermittelten bedarf der klägerin von 1.151,76 dm sind die eigeneinkünfte in entsprechender anwendung des § 1577 abs. 2 bgb anzurechnen. da hier keine besondere gesichtspunkte geltend gemacht worden sind, erscheint es gerechtfertigt, die hälfte des eigenverdienstes auf den bedarf anzurechnen. dabei ist zuvor jedoch der erwerbstätigenbonus der klägerin anrechnungsfrei zu belassen. bei im senatstermin unstreitig gewordenen einkünften von 677,00 dm ergibt sich nach abzug des erwerbstätigenbonus noch ein betrag von 580,28 dm, der mit der hälfte = 290,14 dm anzurechnen ist. es bleibt dann noch ein anspruch in höhe von rund 861,00 dm übrig. eine hälftige anrechnung des eigenverdienstes der klägerin erscheint deswegen angemessen, weil dadurch der klägerin der erwerbstätigenbonus verbleibt und im übrigen der vorteil ihrer tätigkeit beiden parteien in gleicher weise zugute kommt. die klägerin hat damit insgesamt 861,00 dm + 677,00 dm zur verfügung, also insgesamt beträge, die oberhalb der als notwendiger selbstbehalt angesehenen finanziellen mitteln von 1.500,00 dm liegen, wodurch ihr lebensunterhalt gesichert ist. 17für die zeit von januar bis september 1999 ergeben sich änderungen im einkommen des beklagten durch steuerklassenwechsel, wodurch eine einkommenseinbuße beim beklagten von etwa 629,00 dm anzunehmen ist. dies ergibt sich aus einem vergleich der juli-abrechnungen für 1998 und 1999. dies bedeutet, daß nach abzug des kindesunterhalts das einkommen des beklagten nicht mehr 2.686,98 dm, sondern lediglich noch 2.057,98 dm beträgt. daraus leitet sich ein bedarf der klägerin von 3/7 = 881,99 dm ab. darauf ist nach § 1577 abs. 2 bgb das eigeneinkommen anzurechnen. nach den erörterungen im senatstermin ist das einkommen der klägerin auf etwa 580,00 dm gesunken. nach abzug des erwerbstätigenbonus verbleiben davon noch 497,14 dm. die hälfte davon = 248,57 dm ist auf den bedarf anzurechnen, so daß noch ein restbedarf von 633,42 dm besteht. jedoch beträgt die leistungsfähigkeit des beklagten lediglich rd. 558,00 dm (2.057,98 dm abzüglich notwendiger selbstbehalt von 1.500,00 dm). damit ist der unterhaltsanspruch für diesen zeitraum auf 558,00 dm zu ermäßigen. 18von oktober 1999 bis dezember 1999 ergibt sich eine änderung daraus, daß die kreditrate in höhe von 64,70 dm entfällt, so daß die leistungsfähigkeit des beklagten auf rund 623,00 dm steigt. 19für die monate januar und februar 2000 kann der beklagte das realsplitting geltend machen, da ein monatlicher unterhaltsbetrag von mindestens 600,00 dm als gesichert feststeht. bei einem grenzsteuersatz von etwa 40 % ergibt sich dadurch eine steuerersparnis für den beklagten von rund 240,00 dm. das einkommen des beklagten beträgt damit 2.057,98 dm + 240,00 dm steuerersparnis + 64,70 dm wegfall einer kreditrate, so daß das einkommen des beklagten 2.362,68 dm beträgt. daraus ergibt sich ein bedarf für die klägerin von 1.012,57 dm. darauf sind 248,57 dm anzurechnen, so daß sich ein restbedarf von rund 764,00 dm ergibt. 20für die zeit ab märz 2000 fällt auch die größere kreditrate mit 355,02 dm weg. dadurch erhöht sich das einkommen des beklagten von 2.364,70 dm auf 2.717,70 dm. daraus ergibt sich ein bedarf der klägerin von 1.164,28 dm. unter anrechnung von eigeneinkünften von 248,57 dm verbleibt ein restanspruch von 916,00 dm. 21die nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 abs. 1, 97 abs. 1, 708 ziff. 10 zpo. |
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} | 12 U 105/98 | 1999-09-01T00:00:00 | Urteil | Tenor 1Tatbestand: 2Die Klägerin macht aus gemäß § 67 VVG übergegangenem Recht gegen die Beklagte Ansprüche ihrer Versicherungsnehmerin auf Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 1 BGB und aus positiver Vertragsverletzung wegen eines Brandschadens in S geltend, wo in der Nacht vom 04. auf den 05. Mai 1993 durch Brandstiftung unbekannter Täter das bei der Klägerin als Gebäudeversicherer versicherte Mehrfamilienwohnhaus A-Straße ihrer Versicherungsnehmerin, der Firma X1 in S GmbH (im folgenden: Firma X1) beschädigt wurde. 3Bei diesem Gebäude handelt es sich um ein Mehrfamilienhaus, welches aus zwei zusammen errichteten Gebäudeblöcken besteht. Das Gebäude hat 5 Obergeschosse und ist auf Stahlbetonstützen und -unterzügen errichtet. Im Erdgeschoß des Gebäudes sind offene Durchfahrten und Plätze sowie massive Einbauten der Treppenhäuser und teilweise massive Abgrenzungen für Mieterabstellräume vorhanden. In jedem Geschoß befinden sich insgesamt 16 Mietwohnungen, die unterschiedliche Wohnungsgrößen aufweisen. 4Unmittelbar neben diesem Gebäude befand sich im Jahre 1993 die Baustelle der Gesellschaft bürgerlichen Rechts "T", die dort ein Einkaufszentrum mit Geschäften sowie Arztpraxen errichtete und deren Generalunternehmerin die Beklagte war. Dieses Bauvorhaben war Anfang Mai im Rohbau fertig gestellt. Bei dem geplanten Neubau handelte es sich überwiegend um Geschäftsräume, die einseitig bis an das Gebäude der Firma X1 herangeführt wurden. In diesem Zusammenhang sollte auch ein Teil des Wohnhauses (Gebäude Nr. #) unterbaut werden, um dort ebenfalls Geschäftsräume zu errichten. Zu diesem Zwecke beabsichtigte die GbR T den Abschluß eines Pachtvertrages über die betreffende Fläche mit der Firma X1. In dem Entwurf eines schriftlichen Pachtvertrages war die gewerbliche Unterbauung, nicht aber die Nutzung als Baustofflager gestattet. 5Die Beklagte lagerte in den Hohlraum (Durchgang) des auf Betonpfeilern erstellten Gebäudes Baumaterial ab, bei dem es sich um Betonschutzmatten des Fabrikats "F", Brandgefahrenklasse B 2 der DIN 4102 (schwer entflammbar), nämlich auf Rollen gewickelte Dämmatten, sowie um leere Klebstoffeimer handelte, die nach der Behauptung der Klägerin Reste von leicht entzündbarem Klebstoff auf Bitumenbasis enthielten. 6Nach der Behauptung der Beklagten erfolgte ihre Lagerung dort mit Einverständnis der GbR T. 7Den Zugang zu den abgelagerten Materialien und zu dem durch Stelzen abgegrenzten Raum sicherte die Beklagte durch einen 2 m hohen Bauzaun aus ca. 6 mm starkem Draht mit Stahlrohrstützen, der aus 3 bis 4 m breiten, mit Draht verbundenen Einzelelementen bestand. 8In der Nacht vom 04. auf den 05. Mai 1993 setzten unbekannte Täter das gelagerte Material in Brand. An dem Gebäude entstand erheblicher Schaden. Verschiedene Bewohner des Hauses erlitten Rauchvergiftungen. 9Die Staatsanwaltschaft Rostock leitete wegen der Brandstiftung das Ermittlungsverfahren 234 Js 17576/93 ein, das mangels Ermittlung der Täter inzwischen gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist. Im Schlußvermerk der Polizei vom 09.07.1993 heißt es unter anderem, daß als Brandursache die Zündung der Betonschutzmatten mit offener Flamme anzusehen sei; es sei nicht ausgeschlossen, daß zur Zündung Treibmittel verwendet worden seien. 10Die Klägerin hat zunächst mit ihrem am 24.12.1997 bei Gericht eingegangenen und am 19.01.1998 zugestellten Mahnbescheid Schadensersatz von 781.432,00 DM verlangt. Sodann hat sie mit ihrer Klagebegründung, auf deren Inhalt insoweit Bezug genommen wird, den von ihr nach ihrem Vortrag an ihre Versicherungsnehmerin X1 geleisteten Schadensersatz mit 697.492,53 DM geltend gemacht. 11Im einzelnen errechnet die Klägerin den genannten Schadensbetrag wie folgt: 121. 13Zeitwertschaden gemäß Gutachten des 14Sachverständigen Bauassessor Architekt 15Dipl.-Ing. C vom 15.03.1994: 635.876,00 DM 162. 17Aufräumungs- und Abbruchkosten gemäß 18Gutachten des Sachverständigen C: 24.437,50 DM 193. 20Rechnung des Ingenieur- und Planungsbüros 21X2 vom 03.08.1993 an die Klägerin 22über brutto: 9.572,60 DM 234. 24Rechnung des chemischen Labors X3 25und Partner vom 12.10.1993 an die Klägern 26über brutto: 13.197,86 DM 275. 28Rechnung des Sachverständigen C vom 2918.03.1994 an die Klägerin über brutto 14.408,57 DM 30Den Gesamtbetrag von 697.492,53 DM nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit macht die Klägerin nunmehr gegen die Beklagte geltend. 31Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagte hafte ihr aus gemäß § 67 VVG übergegangenem Recht auf Schadensersatz gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung von Sorgfaltspflichten und wegen positiver Vertragsverletzung aus einem Vertrag vom 29.04.1993, dessen Nebenpflichten über die Materiallagerung die Beklagte bewußt verletzt habe. 32Insoweit hatte die Beklagte unabhängig von dem Bauvorhaben der GbR T mit der Firma X1 einen schriftlichen VOB-Bauvertrag vom 29.04.1993 über die Fassadensanierung des Wohnhauses A-Straße abgeschlossen. In den vereinbarten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Firma X1 heißt es unter anderem: 33"Die Lagerung feuergefährlicher bzw. leicht entflammbarer Materialien in den Baulichkeiten ist unzulässig. 34Die Lagerung anderer Materialien muß von der Bauleitung ausdrücklich gestattet werden." 35Zum Zeitpunkt des Schadens hatte die Beklagte mit ihren Arbeiten aufgrund dieses Vertrages noch nicht begonnen. Als vertragliche Frist für den Beginn der Ausführungsleistungen war insoweit der 07.06.1993 vereinbart. Bei sämtlichen gelagerten Materialien handelte es sich um solche, die mit diesem Vertrag nicht in Zusammenhang standen. 36Die Klägerin hat beantragt, 37die Beklagte zu verurteilen, 38an die Klägerin 697.492,53 DM nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 39Die Beklagte hat beantragt, 40die Klage abzuweisen. 41Die Beklagte hat einen Anspruch der Klägerin nach Grund und Höhe bestritten. Sie ist der Auffassung, keine Sorgfaltspflichten verletzt zu haben. 42Ferner hat die Beklagte die Einrede der Verjährung erhoben. 43Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 06.05.1998, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, im wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, daß die Beklagte ihre Verkehrssicherungspflichten nicht verletzt habe und sie kein Verschulden treffe. Ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung scheide schon deshalb aus, weil die Beklagte das Material nicht im Rahmen des Vertrages vom 29.04.1993 dort abgelagert habe. 44Gegen dieses Urteil richtet sich die form- und fristgerechte Berufung der Klägerin, die unter Vertiefung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin ihre streitige Forderung in vollem Umfange verfolgt. 45Die Klägerin ist der Auffassung, mit seiner Verfahrensweise habe das Landgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, weil es zu Unrecht Vortrag der Beklagten aus der Klageerwiderung vom 29.04.1998 als unstreitig angesehen und zur Grundlage seiner Entscheidung vom 06.05.1998 gemacht habe, ohne der Klägerin die Möglichkeit zu der im Termin beantragten Stellungnahme binnen 2 Wochen zu geben. So habe das Landgericht fälschlicherweise den Abschluß eines Pachtvertrages der GbR mit der Firma X1 über die Lagerfläche und die Berechtigung der Beklagten zur dortigen Lagerung aufgrund ihres Vertrages mit der GbR zugrunde gelegt. 46Die Klägerin beantragt, 47unter Abänderung des angefochtenen Urteils 481. 49die Beklagte zu verurteilen, 50an die Klägerin 697.492,53 DM nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen, 512. 52hilfsweise, 53unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen. 54Die Beklagte beantragt, 55die Berufung zurückzuweisen. 56Sie bestreitet weiterhin einen Anspruch der Klägerin nach Grund und Höhe einschließlich Zinsen. Sie tritt unter Vertiefung sowie Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens dem Sachvortrag der Klägerin entgegen. 57Wegen der Einzelheiten des beiderseitigen Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen in den Akten verwiesen. 58Die Akten 334 Js 17576/93 StA Rostock waren zu Informationszwecken Gegenstand der mündlichen Verhandlung. 59Entscheidungsgründe: 60Die zulässige Berufung der Klägerin führt gemäß § 538 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO zur Zurückverweisung der nicht entscheidungsreifen Sache an das Landgericht, das zu Unrecht den nach Grund und Höhe streitigen Anspruch der Klägerin auf Schadensersatz als unbegründet abgewiesen hat. 61Der Schadensersatzanspruch der Klägerin aus übergegangenem Recht gemäß § 67 VVG, § 823 Abs. 1 BGB ist dem Grunde nach gerechtfertigt, da der Versicherungsnehmerin der Klägerin, der Firma X1 GmbH in S (im folgenden: Firma X1), gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz ihres Schadens aus der Brandstiftung vom 04./05.05.1993 zusteht und die Klägerin ihrer Versicherungsnehmerin den Schaden ersetzt hat (§ 67 I 1 VVG). 62Es kann dahinstehen, ob das Verfahren in erster Instanz entsprechend der Auffassung der Klägerin an einem wesentlichen Verfahrensfehler im Sinne von § 539 ZPO leidet, weil nach Ansicht der Klägerin ihr das Landgericht das rechtliche Gehör zu der von der Beklagten am 29.04.1998 eingereichten Klageerwiderung durch Versagung der beantragten Schriftsatzfrist verweigert und deshalb seiner Entscheidung vom 06.05.1998 einen unzutreffenden Sachverhalt als unstreitig zugrunde gelegt hat. Gegen die Auffassung der Klägerin spricht, daß die Frist des § 132 Abs. 1 ZPO bei dem Schriftsatz der Beklagten vom 29.04.1998 gewahrt gewesen war. Jedenfalls kann aber die Frage eines Verfahrensfehlers offenbleiben, weil eine eigene Sachentscheidung des Senats zum Grunde des Anspruchs ohne Beweisaufnahme möglich und deshalb gemäß § 540 ZPO sachdienlich war. 63Die Aktivlegitimation der Klägerin folgt aus § 67 Abs. 1 VVG i.V.m. § 823 Abs. 1 BGB, dessen Voraussetzungen entgegen der Auffassung des Landgerichts vorliegen. 64Die Beklagte bestreitet in ihrer Berufungserwiderung ohne Erfolg, daß zwischen der Klägerin und der Firma X1 versicherungsvertragliche Beziehungen bestehen, ferner daß die Klägerin für den streitigen Schadensfall eintrittspflichtig war und daß sie den behaupteten Schaden ausgeglichen hat. Die Klägerin hat in ihrer Klagebegründung vom 30.03.1998 vorgetragen, daß sie die Gebäudeversicherung der Firma X1 betreffend deren Gebäude A-Straße in S ist und sie deren Schaden aus der Brandstiftung vom 04./05.05.1993 gemäß § 67 VVG aus übergegangenem Recht geltend macht. Die Beklagte hat in ihrer Klageerwiderung vom 29.04.1998 vorgetragen, der streitgegenständliche Vorgang werde im Kern zutreffend angegeben. Die Beklagte hat sich in diesem Schriftsatz lediglich gegen ihren streitigen Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten sowie gegen die bestrittene Anspruchshöhe gewandt. Sie hat aber nicht die weiteren Voraussetzungen des § 67 VVG wie das Bestehen eines Versicherungsvertrages der Klägerin mit der Firma X1 und eines Schadensausgleiches durch die Klägerin in Abrede gestellt. Die Beklagte ist deshalb aufgrund ihres Schriftsatzes vom 29.04.1998, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 06.05.1998 war, unter dem Gesichtspunkt des prozessualen Geständnisses nach § 288 ZPO mit für die Berufungsinstanz bindender Wirkung (§ 532 ZPO) gehindert, jetzt erstmals diese laut Klageerwiderung "zutreffend angegebenen" versicherungsvertraglichen Beziehungen der Klägerin mit der Firma X1 und den Schadensausgleich seitens der Klägerin dem Grunde nach zu bestreiten. Im übrigen hat der Senat angesichts der zu den Akten gereichten Unterlagen und nach dem Inhalt der beigezogenen Ermittlungsakte der StA Rostock keinen Zweifel daran, daß die Klägerin tatsächlich die Gebäudeversicherung der Firma X1 für deren Gebäude A-Straße in S ist und sie der Firma X1 auch den streitigen Schaden ersetzt hat. In den Unterlagen und in der Ermittlungsakte ist stets vom Gebäude der Firma X1 als der Geschädigten aus der Brandstiftung vom 04./05.05.1993 die Rede. Die Klägerin hat den Bericht des Sachverständigen C vom 16.03.1994 zur Ermittlung der Schadenshöhe aus dem genannten Vorfall zur Schadensnummer ######## sowie zu ihrer Versicherungsscheinnummer ###### betreffend ihren Versicherungsnehmer X1 in Auftrag gegeben. Aus dem weiteren Schreiben der Klägerin vom 30.03.1999 ist zu entnehmen, daß sie die Überweisung der dort genannten Zahlung in einer die streitige Klageforderung übersteigenden Höhe an die Firma X1 veranlaßt hat. Angesichts dessen kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, daß die Klägerin als Gebäudeversicherer der Firma X1 dieser den streitigen Schaden ersetzt hat und insoweit die Voraussetzungen des § 67 Abs. 1 Satz 1 VVG vorliegen. 65Der Schadensersatzanspruch der Firma X1 gegen die Beklagte folgt aus § 823 Abs. 1 BGB, wobei die Beklagte entsprechend § 31 BGB für den von ihrem örtlichen Bauleiter verursachten Schaden haftet. 66Die Lagerung der Dämmstoffmatten im Erdgeschoß unterhalb der Wohnungen des Gebäudes A-Straße verletzte das Eigentum der Firma X1 und war rechtswidrig. 67Die Beklagte hatte kein Recht, das Grundstück der Versicherungsnehmerin der Klägerin zur Lagerung von Baumaterialien zu nutzen. Das Landgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, daß die Beklagte aufgrund des von der Firma X1 mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts "T" geschlossenen Pachtvertrages im Verhältnis zur Firma X1 berechtigt gewesen sei, das Baumaterial auf dem Grundstück der Firma X1 unter dem in deren Eigentum stehenden Gebäude zu lagern. Ein solcher Pachtvertrag war entgegen den Feststellungen des Landgerichts zwischen der Firma X1 und der GbR T als der Auftraggeberin der Beklgten zur damaligen Zeit nicht abgeschlossen worden. Das ist im Berufungsverfahren unstreitig geworden und folgt aus dem an die damalige Auftraggeberin der Beklagten gerichteten Schreiben der Firma X1 vom 07.05.1993, in dem es hierzu heißt: 68"Da zwischen uns und Ihnen über den vom Brand betroffenen Teil des Gebäudes in der A-Straße noch kein Pachtvertrag abgeschlossen worden ist, der vorliegende Entwurf des Pachtvertrages darüber hinaus Ihnen nur die gewerbliche Unterbauung, nicht aber die Nutzung des Baustofflager gestattet und sie dort Baumaterial (ohne unsere Zustimmung) eingelagert haben, ...." 69Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit die inhaltliche Richtigkeit dieses Schreibens eingeräumt. Das Schreiben beweist, daß zwar seinerzeit zwischen der Firma X1 sowie der GbR T Verhandlungen über den Abschluß eines Pachtvertrages geführt worden waren und daß nach dem vorliegenden Entwurf des Pachtvertrages eine gewerbliche Unterbauung, nicht die Einlagerung von Baumaterial, im fraglichen Bereich vorgesehen war, aber jedenfalls zur Zeit der Brandstiftung vom 04./05.05.1993 noch kein Pachtvertrag abgeschlossen worden war. Aus einem Pachtvertrag zwischen der Firma X1 und ihrer Auftraggeberin konnte die Beklagte deshalb ihre Berechtigung zur Lagerung von Baumaterial im hier in Rede stehenden Bereich nicht herleiten. Auf die weitere Frage, ob auch bei Abschluß des vorgesehenen Pachtvertrages nach den vertraglichen Vereinbarungen dann überhaupt die Ablagerung von Baumaterial in diesem Bereich zulässig gewesen wäre, kommt es deshalb nicht mehr an. Offensichtlich war in dem geplanten Pachtvertrag keine Erlaubnis für die Einlagerung von Baumaterial vorgesehen, wie dem zitierten Schreiben der Firma X1 an die GbR vom 07.05.1993 zu entnehmen ist. 70Sonstige konkrete Anhaltspunkte für das erforderliche Einverständnis der Firma X1 mit der Lagerung des streitigen Materials durch die Beklagte in dem hier in Rede stehenden Gebäudebereich liegen nicht vor. Aus dem genannten Schreiben vom 07.05.1993 ergibt sich, daß die Einlagerung des Baumaterials ohne Zustimmung der Firma X1 erfolgt war und sie davon vor dem Schadensfalls auch keine Kenntnis besessen hatte. Gegen ihr Einverständnis spricht außerdem der von ihr am 29.04.1993 mit der Beklagten geschlossene schriftliche Bauvertrag über die Fassadensanierung der in Rede stehenden Wohnanlage durch die Beklagte, wo es in den vertraglich vereinbarten Besonderen Vertragsbedingungen der Firma X1 zu Ziff. 4 der ZVB wie folgt heißt: 71"Materiallagerung: 72Die Lagerung feuergefährlicher bzw. leicht entflammbarer Materialien in den Baulichkeiten ist unzulässig. 73Die Lagerung anderer Materialien muß von der Bauleitung ausdrücklich gestattet werden." 74Diese Klausel beschränkt sich bei verständiger Würdigung ihres Wortlauts sowie ihres Sinnzusammenhanges (§§ 133, 157 BGB) nicht nur auf den Fall der Lagerung in den Baulichkeiten selbst, sondern erfaßt angesichts der Besonderheit des hier auf Betonstützen errichteten Gebäudes auch die Einlagerung unterhalb dieses Hauses, die einer Lagerung im Gebäude selbst gleichzusetzen ist. Nach der zitierten Vorschrift war daher die Lagerung feuergefährlicher bzw. leicht entflammbarer Materialien durch die Beklagte generell unzulässig und mußte die Lagerung anderer Materialien von der Bauleitung ausdrücklich gestattet sein. Daran fehlt es hier. In diesem Zusammenhang ist es unerheblich, daß die Beklagte das Baumaterial nicht mit Rücksicht auf den Fassadenrenovierungsvertrag vom 29.04.1993 gelagert hatte. Denn wenn die Beklagte schon im Rahmen dieses Vertrages dort kein Material einlagern durfte, jedenfalls nicht ohne die ausdrückliche und hier fehlende Erlaubnis der Firma X1, dann war sie erst recht nicht im Zusammenhang mit der Ausführung eines anderen Bauvertrages, den die Beklagte mit der GbR T abgeschlossen hatte, dazu berechtigt. Die von der Klägerin bestrittene Erlaubnis der GbR zur Lagerung des Baumaterials hat keine rechtliche Bedeutung, weil es keine wirksame Erlaubnis eines Dritten zu Lasten anderer gibt. 75Die nach alledem rechtswidrige Eigentumsverletzung der Beklagten durch die ungenehmigte Lagerung des Baumaterials auf dem Grundstück der Versicherungsnehmerin der Klägerin war für den eingetretenen Schaden kausal. 76Die gelagerten Baumaterialien sind nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils, dessen Berichtigung nach § 320 I ZPO die Beklagte nicht beantragt hat, und nach den polizeilichen Feststellungen in der Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Rostock in der Nacht vom 04. auf den 05.05.1993 von unbekannten Tätern in Brand gesetzt worden und haben den in Rede stehenden Schaden am Gebäude der Firma X1 verursacht. Die Beklagte kann sich nicht darauf berufen, daß es sich bei den in Brand gesetzten Materialien um Betonschutzmatten der Marke F handelte, die gemäß DIN 4102 der Brandgefahrenklasse B 2 (schwer entflammbar) angehören. Unstreitig sind jedenfalls diese Dämmatten in Brand gesetzt worden, wie auch die Beklagte eingeräumt hat. Andere Brandursachen scheiden ersichtlich aus und hat die Beklagte nicht schlüssig dargelegt. Nach den polizeilichen Feststellungen in der Ermittlungsakte sind technische Ursachen und eine Selbstentzündung des Materials ausgeschlossen. Vielmehr wurde der streitige Brandschaden am Gebäude der Firma X1 dadurch verursacht, daß unbekannte Täter die Dämmatten in Brand setzten. Darauf, ob entsprechend dem Vortrag der Klägerin von der Beklagten außerdem auch leere Eimer mit Resten von Klebstoffen auf Bitumenbasis dort gelagert worden waren, kommt es deshalb nicht mehr an. 77Der Brandschaden ist entgegen der Auffassung des Landgerichts eine adäquat kausale Folge der Verletzungshandlung der Beklagten, also ihrer rechtswidrigen Lagerung des Baumaterials auf dem Grundstück der Firma X1. Nach der Lebenserfahrung liegt es nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit, daß in einer Großstadt zur Nachtzeit kriminelle Personen versuchen, abgelagertes Baumaterial in Brand zu setzen, wie es hier geschehen ist. Die Möglichkeit eines solchen Schadenseintritts ist nicht so entfernt, daß sie nach der Erfahrung des Lebens vernünftigerweise nicht in Betracht gezogen werden kann (vgl. dazu RGZ 78, 272; Palandt-Heinrichs, BGB, 58. Aufl. 1999, Vorb. vor § 249 Rdn. 59 m.w.N.). Die von der Klägerin überreichte polizeiliche Kriminalstatistik für die Stadt S weist allein für das in Rede stehende Jahr 1993 insgesamt 144 Brandstiftungen aus. Dem steht der von der Beklagten zum Schutz des Materials errichtete Bauzaun nicht entgegen, weil er Brandstiftungen durch Dritte offensichtlich nicht zuverlässig verhindern konnte. Auch das Landgericht räumt in seinem angefochtenen Urteil ein, daß es für einen "zündelnden Täter" ein leichtes gewesen wäre, ohne Beiseiteschieben des Zaunes einen brennenden Gegenstand in den Materialbereich zu werfen (eine Lunte, ein Stück brennendes Papier oder ein Stück brennendes Holz). 78Der Kausalzusammenhang wird entgegen der Auffassung der Beklagten durch das vorsätzliche Handeln der unbekannten Täter nicht unterbrochen. 79Es ist anerkannt, daß aus dem vorsätzlichen Verhalten Dritter entstehende Schäden dem Erstschädiger nach dem Schutzzweck der verletzten Norm zuzurechnen sein können (vgl. Palandt a.a.O. Rdn. 76; BGHZ 106, 313, 316 = NJW 1989, 2127 ff.). Eine solche Zurechnung muß unter den vorliegenden Umständen erfolgen. Wie der BGH in der vorstehend zitierten Entscheidung darlegt, wird durch das auf freier Entschließung beruhende Verhalten eines Dritten die Kausalität eines früheren haftungsbegründenden Umstandes (Ereignisses) allenfalls dann unterbrochen, wenn dieser frühere Zustand (dieses frühere Ereignis) für das Dazutreten des Dritten und sein Verhalten völlig bedeutungslos und indifferent, mithin das Verhalten des Dritten von dem Vorhandensein oder von dem Nichtvorhandensein des früheren Umstandes (Ereignisses) gänzlich unabhängig war; hingegen wird die Ursächlichkeit des ersten, den konkreten Haftungsgrund bildenden Umstandes nicht ausgeschlossen, wenn dieser Umstand für das Verhalten des Dritten irgendwie bedingend war oder gar dieses Verhalten durch den ersten Umstand erst ausgelöst oder veranlaßt wurde. 80Danach ist hier eine Unterbrechung der Kausalität der Einlagerung des Baumaterials durch die Beklagte auf dem Grundstück der Firma X1 für den durch die Brandstiftung unbekannter Dritter entstandenen Schaden der Firma X1 nicht festzustellen. Vielmehr ist davon auszugehen, daß der durch die Brandstiftung verursachte Schaden gerade durch die Lagerung der Materialien auf dem Grundstück der Firma X1 ausgelöst worden ist. Es entspricht der Lebenserfahrung, daß Baustellen nicht selten das Ziel von vandalistischen Attacken einschließlich der Inbrandsetzung von Baumaterialien sind. Es war hier deshalb nicht völlig ungewöhnlich, daß die gelagerten Baustoffe im Erdgeschoß des Gebäudes der Firma X1 für entsprechend veranlagte Personen einen Anreiz dazu geben würden, zu versuchen, diese in Brand zu setzen. Angesichts dessen ist auch der Zurechnungszusammenhang zwischen der rechtswidrigen Materiallagerung der Beklagten und dem geltend gemachten Schaden zu bejahen. 81Die Zurechnung des Schadens wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß dieser erst unmittelbar durch das weitere Ereignis, das Eingreifen eines Dritten, die Brandstiftung, ausgelöst worden ist. Nach gefestigter Rechtsprechung wäre dafür erforderlich, daß die Ursächlichkeit des ersten Umstandes für das zweite Ereignis bei rechtlicher Wertung nach dem Schutzzweck der Norm völlig unerheblich war (vgl. dazu BGH a.a.O. und NJW-RR 1988, 731 sowie VersR 1988, 640). Bei der gebotenen rechtlich wertenden Betrachtung ergibt sich hier, daß die Folgen des haftungsbegründenden Tuns der Beklagten noch in den Bereich der Gefahr fallen, zu deren Abwehr § 823 Abs. 1 BGB erlassen worden ist. Diese Vorschrift dient auch der Verhinderung und dem Ausgleich von Schäden, die durch rechtswidrige Eingriffe in das Eigentum, wie sie die vorliegende rechtswidrige Materiallagerung auf einem fremden Grundstück darstellt, verursacht werden. Ein solcher Schaden hat sich hier verwirklicht. 82Die Beklagte hat schließlich auch fahrlässig schuldhaft gehandelt (§ 276 BGB). 83Ihr fahrlässiges Verhalten bezieht sich sowohl auf die Verletzungshandlung, die rechtswidrige Materiallagerung, als auch auf den Eintritt des Schadens. Die Beklagte hatte aus den dargelegten Gründen keinen konkreten Anhaltspunkt dafür, anzunehmen, daß ihr die Firma X1 die Lagerung der in Rede stehenden Baumaterialien auf ihrem Grundstück gestattet hatte. Aufgrund der zitierten Klausel des Fassadensanierungsvertrages mußte sie davon ausgehen, daß die Lagerung feuergefährlicher bzw. leicht entflammbarer Materialien generell unzulässig war und die Lagerung anderer Materialien auf dem Grundstück der Firma X1 ausdrücklich gestattet sein mußte. Aber auch unabhängig von dieser Klausel hätte sich die Beklagte bei der Versicherungsnehmerin der Klägerin zumindest danach erkundigen müssen, ob sie überhaupt das streitige Material in dem in Rede stehenden Bereich des Grundstückes, das bekanntermaßen nicht der Auftraggeberin der Beklagten gehörte, abgelagert werden durfte. Das hat die Beklagte unstreitig unterlassen und ist ihr vorzuwerfen. Das fahrlässige Verschulden der Beklagten erstreckt sich auch auf die schädigende Brandstiftung, weil die Beklagte damit hätte rechnen müssen, daß auf unbefugte dritte Personen durch die abgelagerten Baumaterialien ein Anreiz zur Brandstiftung verübt werden konnte und daß der aufgestellte Drahtzaun von seiner Beschaffenheit her wegen der dargelegten Möglichkeit, brennende Stoffe über diesen Zaun auf das Material zu werfen, nicht dazu geeignet war, eine solche Brandstiftung mit den daraus resultierenden Gebäudeschäden für die Firma X1 zu verhindern. 84Die Klägerin hat deshalb aus übergegangenem Recht ihrer Versicherungsnehmerin gegen die Beklagte Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 823 Abs. 1 BGB, 67 I 1 VVG. 85Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche sind nicht nach § 852 Abs. 1 BGB verjährt. 86Zwar hat die Beklagte ihre erstinstanzlich erhobene Einrede der Verjährung in der Berufungsinstanz nicht ausdrücklich wiederholt. Dies war aber auch nicht erforderlich, da es genügt, wenn die Verjährungseinrede einmal erhoben worden ist (vgl. BGH NJW 1990, 326). Dafür, daß sich die Beklagte jetzt nicht mehr auf die angeblich eingetretene Verjährung berufen will, liegt kein konkreter Anhaltspunkt vor. Jedoch ist die Verjährungseinrede nicht begründet, weil ausweislich der unstreitigen vorprozessualen Korrespondenz die Beklagte mit Schreiben vom 1.09.1995 einen Verjährungsverzicht bis zum 23.08.1996 erklärt hat. Mit Schreiben vom 23.05.1996 wurde der Verjährungsverzicht bis zum 31.12.1996 verlängert. Schließlich hat die Beklagte durch ihre Haftpflichtversicherung mit Schreiben vom 30.12.1996 auf die Einrede der Verjährung bis zum 31.12.1997 verzichtet. Die Verjährung ist demnach durch den am 24.12.1997 beantragten Mahnbescheid vom 9.1.1998 rechtzeitig unterbrochen worden (§ 693 Abs. 2 ZPO, § 209 II 1 BGB). 87Die Höhe des Schadens, mit der sich das Landgericht konsequenterweise nicht befaßt hat, ist weiterhin streitig und nicht ohne Beweisaufnahme entscheidungsreif. Schon jetzt ist aber nach dem bisherigen Sach- und Streitstand davon auszugehen, daß der geltend gemachte Anspruch mit hoher Wahrscheinlichkeit der Höhe nach wenigstens teilweise besteht, was für ein Grundurteil ausreichend ist (vgl. z.B. BGH ZfBR 1995, 292, 296). 88Auf die Berufung der Klägerin war nach alledem gemäß § 538 I 3 ZPO der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Berufungsverfahrens, an das Landgericht zurückzuverweisen. Von einer eigenen Sachentscheidung nach § 540 ZPO hat der Senat abgesehen. Zur Klärung der Höhe des Schadensersatzanspruches bedarf es der Durchführung einer umfangreichen Beweisaufnahme. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß die durch die Zurückverweisung verursachte Verfahrensverzögerung die Aussicht der Klägerin auf eine Realisierung des ihr zustehenden Anspruches verringern wird. Daher erscheint im Rahmen der gebotenen Abwägung zwischen der mit einer Zurückverweisung verbundenen Verzögerung und Verteuerung des Verfahrens auf der einen und dem Interesse der Parteien an der Wahrung des vollen Instanzenzuges auf der anderen Seite (vgl. dazu BGH ZfBR 1993, 221, 222) unter den vorliegenden Umständen eine eigene Sachentscheidung des Senats zur Höhe gemäß § 540 ZPO nicht als sachdienlich. 89Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Ziff. 10, 711, 546 Abs. 2 ZPO. | 1 | 2die klägerin macht aus gemäß § 67 vvg übergegangenem recht gegen die beklagte ansprüche ihrer versicherungsnehmerin auf schadensersatz gemäß § 823 abs. 1 bgb und aus positiver vertragsverletzung wegen eines brandschadens in s geltend, wo in der nacht vom 04. auf den 05. mai 1993 durch brandstiftung unbekannter täter das bei der klägerin als gebäudeversicherer versicherte mehrfamilienwohnhaus a-straße ihrer versicherungsnehmerin, der firma x1 in s gmbh (im folgenden: firma x1) beschädigt wurde. 3bei diesem gebäude handelt es sich um ein mehrfamilienhaus, welches aus zwei zusammen errichteten gebäudeblöcken besteht. das gebäude hat 5 obergeschosse und ist auf stahlbetonstützen und -unterzügen errichtet. im erdgeschoß des gebäudes sind offene durchfahrten und plätze sowie massive einbauten der treppenhäuser und teilweise massive abgrenzungen für mieterabstellräume vorhanden. in jedem geschoß befinden sich insgesamt 16 mietwohnungen, die unterschiedliche wohnungsgrößen aufweisen. 4unmittelbar neben diesem gebäude befand sich im jahre 1993 die baustelle der gesellschaft bürgerlichen rechts "t", die dort ein einkaufszentrum mit geschäften sowie arztpraxen errichtete und deren generalunternehmerin die beklagte war. dieses bauvorhaben war anfang mai im rohbau fertig gestellt. bei dem geplanten neubau handelte es sich überwiegend um geschäftsräume, die einseitig bis an das gebäude der firma x1 herangeführt wurden. in diesem zusammenhang sollte auch ein teil des wohnhauses (gebäude nr. #) unterbaut werden, um dort ebenfalls geschäftsräume zu errichten. zu diesem zwecke beabsichtigte die gbr t den abschluß eines pachtvertrages über die betreffende fläche mit der firma x1. in dem entwurf eines schriftlichen pachtvertrages war die gewerbliche unterbauung, nicht aber die nutzung als baustofflager gestattet. 5die beklagte lagerte in den hohlraum (durchgang) des auf betonpfeilern erstellten gebäudes baumaterial ab, bei dem es sich um betonschutzmatten des fabrikats "f", brandgefahrenklasse b 2 der din 4102 (schwer entflammbar), nämlich auf rollen gewickelte dämmatten, sowie um leere klebstoffeimer handelte, die nach der behauptung der klägerin reste von leicht entzündbarem klebstoff auf bitumenbasis enthielten. 6nach der behauptung der beklagten erfolgte ihre lagerung dort mit einverständnis der gbr t. 7den zugang zu den abgelagerten materialien und zu dem durch stelzen abgegrenzten raum sicherte die beklagte durch einen 2 m hohen bauzaun aus ca. 6 mm starkem draht mit stahlrohrstützen, der aus 3 bis 4 m breiten, mit draht verbundenen einzelelementen bestand. 8in der nacht vom 04. auf den 05. mai 1993 setzten unbekannte täter das gelagerte material in brand. an dem gebäude entstand erheblicher schaden. verschiedene bewohner des hauses erlitten rauchvergiftungen. 9die staatsanwaltschaft rostock leitete wegen der brandstiftung das ermittlungsverfahren 234 js 17576/93 ein, das mangels ermittlung der täter inzwischen gemäß § 170 abs. 2 stpo eingestellt worden ist. im schlußvermerk der polizei vom 09.07.1993 heißt es unter anderem, daß als brandursache die zündung der betonschutzmatten mit offener flamme anzusehen sei; es sei nicht ausgeschlossen, daß zur zündung treibmittel verwendet worden seien. 10die klägerin hat zunächst mit ihrem am 24.12.1997 bei gericht eingegangenen und am 19.01.1998 zugestellten mahnbescheid schadensersatz von 781.432,00 dm verlangt. sodann hat sie mit ihrer klagebegründung, auf deren inhalt insoweit bezug genommen wird, den von ihr nach ihrem vortrag an ihre versicherungsnehmerin x1 geleisteten schadensersatz mit 697.492,53 dm geltend gemacht. 11im einzelnen errechnet die klägerin den genannten schadensbetrag wie folgt: 121. 13zeitwertschaden gemäß gutachten des 14sachverständigen bauassessor architekt 15dipl.-ing. c vom 15.03.1994: 635.876,00 dm 162. 17aufräumungs- und abbruchkosten gemäß 18gutachten des sachverständigen c: 24.437,50 dm 193. 20rechnung des ingenieur- und planungsbüros 21x2 vom 03.08.1993 an die klägerin 22über brutto: 9.572,60 dm 234. 24rechnung des chemischen labors x3 25und partner vom 12.10.1993 an die klägern 26über brutto: 13.197,86 dm 275. 28rechnung des sachverständigen c vom 2918.03.1994 an die klägerin über brutto 14.408,57 dm 30den gesamtbetrag von 697.492,53 dm nebst 5 % zinsen seit rechtshängigkeit macht die klägerin nunmehr gegen die beklagte geltend. 31die klägerin ist der auffassung, die beklagte hafte ihr aus gemäß § 67 vvg übergegangenem recht auf schadensersatz gemäß § 823 abs. 1 bgb wegen verletzung von sorgfaltspflichten und wegen positiver vertragsverletzung aus einem vertrag vom 29.04.1993, dessen nebenpflichten über die materiallagerung die beklagte bewußt verletzt habe. 32insoweit hatte die beklagte unabhängig von dem bauvorhaben der gbr t mit der firma x1 einen schriftlichen vob-bauvertrag vom 29.04.1993 über die fassadensanierung des wohnhauses a-straße abgeschlossen. in den vereinbarten allgemeinen geschäftsbedingungen der firma x1 heißt es unter anderem: 33"die lagerung feuergefährlicher bzw. leicht entflammbarer materialien in den baulichkeiten ist unzulässig. 34die lagerung anderer materialien muß von der bauleitung ausdrücklich gestattet werden." 35zum zeitpunkt des schadens hatte die beklagte mit ihren arbeiten aufgrund dieses vertrages noch nicht begonnen. als vertragliche frist für den beginn der ausführungsleistungen war insoweit der 07.06.1993 vereinbart. bei sämtlichen gelagerten materialien handelte es sich um solche, die mit diesem vertrag nicht in zusammenhang standen. 36die klägerin hat beantragt, 37die beklagte zu verurteilen, 38an die klägerin 697.492,53 dm nebst 5 % zinsen seit rechtshängigkeit zu zahlen. 39die beklagte hat beantragt, 40die klage abzuweisen. 41die beklagte hat einen anspruch der klägerin nach grund und höhe bestritten. sie ist der auffassung, keine sorgfaltspflichten verletzt zu haben. 42ferner hat die beklagte die einrede der verjährung erhoben. 43das landgericht hat die klage durch urteil vom 06.05.1998, auf dessen inhalt bezug genommen wird, im wesentlichen mit der begründung abgewiesen, daß die beklagte ihre verkehrssicherungspflichten nicht verletzt habe und sie kein verschulden treffe. ein anspruch aus positiver vertragsverletzung scheide schon deshalb aus, weil die beklagte das material nicht im rahmen des vertrages vom 29.04.1993 dort abgelagert habe. 44gegen dieses urteil richtet sich die form- und fristgerechte berufung der klägerin, die unter vertiefung und ergänzung ihres erstinstanzlichen vorbringens weiterhin ihre streitige forderung in vollem umfange verfolgt. 45die klägerin ist der auffassung, mit seiner verfahrensweise habe das landgericht ihren anspruch auf rechtliches gehör verletzt, weil es zu unrecht vortrag der beklagten aus der klageerwiderung vom 29.04.1998 als unstreitig angesehen und zur grundlage seiner entscheidung vom 06.05.1998 gemacht habe, ohne der klägerin die möglichkeit zu der im termin beantragten stellungnahme binnen 2 wochen zu geben. so habe das landgericht fälschlicherweise den abschluß eines pachtvertrages der gbr mit der firma x1 über die lagerfläche und die berechtigung der beklagten zur dortigen lagerung aufgrund ihres vertrages mit der gbr zugrunde gelegt. 46die klägerin beantragt, 47unter abänderung des angefochtenen urteils 481. 49die beklagte zu verurteilen, 50an die klägerin 697.492,53 dm nebst 5 % zinsen seit rechtshängigkeit zu zahlen, 512. 52hilfsweise, 53unter aufhebung des angefochtenen urteils die sache zur erneuten verhandlung und entscheidung an das landgericht zurückzuverweisen. 54die beklagte beantragt, 55die berufung zurückzuweisen. 56sie bestreitet weiterhin einen anspruch der klägerin nach grund und höhe einschließlich zinsen. sie tritt unter vertiefung sowie ergänzung ihres erstinstanzlichen vorbringens dem sachvortrag der klägerin entgegen. 57wegen der einzelheiten des beiderseitigen parteivorbringens wird auf den vorgetragenen inhalt der gewechselten schriftsätze der parteien nebst anlagen in den akten verwiesen. 58die akten 334 js 17576/93 sta rostock waren zu informationszwecken gegenstand der mündlichen verhandlung. 59 | 60die zulässige berufung der klägerin führt gemäß § 538 abs. 1 ziff. 3 zpo zur zurückverweisung der nicht entscheidungsreifen sache an das landgericht, das zu unrecht den nach grund und höhe streitigen anspruch der klägerin auf schadensersatz als unbegründet abgewiesen hat. 61der schadensersatzanspruch der klägerin aus übergegangenem recht gemäß § 67 vvg, § 823 abs. 1 bgb ist dem grunde nach gerechtfertigt, da der versicherungsnehmerin der klägerin, der firma x1 gmbh in s (im folgenden: firma x1), gegen die beklagte ein anspruch auf ersatz ihres schadens aus der brandstiftung vom 04./05.05.1993 zusteht und die klägerin ihrer versicherungsnehmerin den schaden ersetzt hat (§ 67 i 1 vvg). 62es kann dahinstehen, ob das verfahren in erster instanz entsprechend der auffassung der klägerin an einem wesentlichen verfahrensfehler im sinne von § 539 zpo leidet, weil nach ansicht der klägerin ihr das landgericht das rechtliche gehör zu der von der beklagten am 29.04.1998 eingereichten klageerwiderung durch versagung der beantragten schriftsatzfrist verweigert und deshalb seiner entscheidung vom 06.05.1998 einen unzutreffenden sachverhalt als unstreitig zugrunde gelegt hat. gegen die auffassung der klägerin spricht, daß die frist des § 132 abs. 1 zpo bei dem schriftsatz der beklagten vom 29.04.1998 gewahrt gewesen war. jedenfalls kann aber die frage eines verfahrensfehlers offenbleiben, weil eine eigene sachentscheidung des senats zum grunde des anspruchs ohne beweisaufnahme möglich und deshalb gemäß § 540 zpo sachdienlich war. 63die aktivlegitimation der klägerin folgt aus § 67 abs. 1 vvg i.v.m. § 823 abs. 1 bgb, dessen voraussetzungen entgegen der auffassung des landgerichts vorliegen. 64die beklagte bestreitet in ihrer berufungserwiderung ohne erfolg, daß zwischen der klägerin und der firma x1 versicherungsvertragliche beziehungen bestehen, ferner daß die klägerin für den streitigen schadensfall eintrittspflichtig war und daß sie den behaupteten schaden ausgeglichen hat. die klägerin hat in ihrer klagebegründung vom 30.03.1998 vorgetragen, daß sie die gebäudeversicherung der firma x1 betreffend deren gebäude a-straße in s ist und sie deren schaden aus der brandstiftung vom 04./05.05.1993 gemäß § 67 vvg aus übergegangenem recht geltend macht. die beklagte hat in ihrer klageerwiderung vom 29.04.1998 vorgetragen, der streitgegenständliche vorgang werde im kern zutreffend angegeben. die beklagte hat sich in diesem schriftsatz lediglich gegen ihren streitigen verstoß gegen verkehrssicherungspflichten sowie gegen die bestrittene anspruchshöhe gewandt. sie hat aber nicht die weiteren voraussetzungen des § 67 vvg wie das bestehen eines versicherungsvertrages der klägerin mit der firma x1 und eines schadensausgleiches durch die klägerin in abrede gestellt. die beklagte ist deshalb aufgrund ihres schriftsatzes vom 29.04.1998, der gegenstand der mündlichen verhandlung vom 06.05.1998 war, unter dem gesichtspunkt des prozessualen geständnisses nach § 288 zpo mit für die berufungsinstanz bindender wirkung (§ 532 zpo) gehindert, jetzt erstmals diese laut klageerwiderung "zutreffend angegebenen" versicherungsvertraglichen beziehungen der klägerin mit der firma x1 und den schadensausgleich seitens der klägerin dem grunde nach zu bestreiten. im übrigen hat der senat angesichts der zu den akten gereichten unterlagen und nach dem inhalt der beigezogenen ermittlungsakte der sta rostock keinen zweifel daran, daß die klägerin tatsächlich die gebäudeversicherung der firma x1 für deren gebäude a-straße in s ist und sie der firma x1 auch den streitigen schaden ersetzt hat. in den unterlagen und in der ermittlungsakte ist stets vom gebäude der firma x1 als der geschädigten aus der brandstiftung vom 04./05.05.1993 die rede. die klägerin hat den bericht des sachverständigen c vom 16.03.1994 zur ermittlung der schadenshöhe aus dem genannten vorfall zur schadensnummer ######## sowie zu ihrer versicherungsscheinnummer ###### betreffend ihren versicherungsnehmer x1 in auftrag gegeben. aus dem weiteren schreiben der klägerin vom 30.03.1999 ist zu entnehmen, daß sie die überweisung der dort genannten zahlung in einer die streitige klageforderung übersteigenden höhe an die firma x1 veranlaßt hat. angesichts dessen kann kein vernünftiger zweifel daran bestehen, daß die klägerin als gebäudeversicherer der firma x1 dieser den streitigen schaden ersetzt hat und insoweit die voraussetzungen des § 67 abs. 1 satz 1 vvg vorliegen. 65der schadensersatzanspruch der firma x1 gegen die beklagte folgt aus § 823 abs. 1 bgb, wobei die beklagte entsprechend § 31 bgb für den von ihrem örtlichen bauleiter verursachten schaden haftet. 66die lagerung der dämmstoffmatten im erdgeschoß unterhalb der wohnungen des gebäudes a-straße verletzte das eigentum der firma x1 und war rechtswidrig. 67die beklagte hatte kein recht, das grundstück der versicherungsnehmerin der klägerin zur lagerung von baumaterialien zu nutzen. das landgericht ist zu unrecht davon ausgegangen, daß die beklagte aufgrund des von der firma x1 mit der gesellschaft bürgerlichen rechts "t" geschlossenen pachtvertrages im verhältnis zur firma x1 berechtigt gewesen sei, das baumaterial auf dem grundstück der firma x1 unter dem in deren eigentum stehenden gebäude zu lagern. ein solcher pachtvertrag war entgegen den feststellungen des landgerichts zwischen der firma x1 und der gbr t als der auftraggeberin der beklgten zur damaligen zeit nicht abgeschlossen worden. das ist im berufungsverfahren unstreitig geworden und folgt aus dem an die damalige auftraggeberin der beklagten gerichteten schreiben der firma x1 vom 07.05.1993, in dem es hierzu heißt: 68"da zwischen uns und ihnen über den vom brand betroffenen teil des gebäudes in der a-straße noch kein pachtvertrag abgeschlossen worden ist, der vorliegende entwurf des pachtvertrages darüber hinaus ihnen nur die gewerbliche unterbauung, nicht aber die nutzung des baustofflager gestattet und sie dort baumaterial (ohne unsere zustimmung) eingelagert haben, ...." 69die parteien haben in der mündlichen verhandlung vor dem senat insoweit die inhaltliche richtigkeit dieses schreibens eingeräumt. das schreiben beweist, daß zwar seinerzeit zwischen der firma x1 sowie der gbr t verhandlungen über den abschluß eines pachtvertrages geführt worden waren und daß nach dem vorliegenden entwurf des pachtvertrages eine gewerbliche unterbauung, nicht die einlagerung von baumaterial, im fraglichen bereich vorgesehen war, aber jedenfalls zur zeit der brandstiftung vom 04./05.05.1993 noch kein pachtvertrag abgeschlossen worden war. aus einem pachtvertrag zwischen der firma x1 und ihrer auftraggeberin konnte die beklagte deshalb ihre berechtigung zur lagerung von baumaterial im hier in rede stehenden bereich nicht herleiten. auf die weitere frage, ob auch bei abschluß des vorgesehenen pachtvertrages nach den vertraglichen vereinbarungen dann überhaupt die ablagerung von baumaterial in diesem bereich zulässig gewesen wäre, kommt es deshalb nicht mehr an. offensichtlich war in dem geplanten pachtvertrag keine erlaubnis für die einlagerung von baumaterial vorgesehen, wie dem zitierten schreiben der firma x1 an die gbr vom 07.05.1993 zu entnehmen ist. 70sonstige konkrete anhaltspunkte für das erforderliche einverständnis der firma x1 mit der lagerung des streitigen materials durch die beklagte in dem hier in rede stehenden gebäudebereich liegen nicht vor. aus dem genannten schreiben vom 07.05.1993 ergibt sich, daß die einlagerung des baumaterials ohne zustimmung der firma x1 erfolgt war und sie davon vor dem schadensfalls auch keine kenntnis besessen hatte. gegen ihr einverständnis spricht außerdem der von ihr am 29.04.1993 mit der beklagten geschlossene schriftliche bauvertrag über die fassadensanierung der in rede stehenden wohnanlage durch die beklagte, wo es in den vertraglich vereinbarten besonderen vertragsbedingungen der firma x1 zu ziff. 4 der zvb wie folgt heißt: 71"materiallagerung: 72die lagerung feuergefährlicher bzw. leicht entflammbarer materialien in den baulichkeiten ist unzulässig. 73die lagerung anderer materialien muß von der bauleitung ausdrücklich gestattet werden." 74diese klausel beschränkt sich bei verständiger würdigung ihres wortlauts sowie ihres sinnzusammenhanges (§§ 133, 157 bgb) nicht nur auf den fall der lagerung in den baulichkeiten selbst, sondern erfaßt angesichts der besonderheit des hier auf betonstützen errichteten gebäudes auch die einlagerung unterhalb dieses hauses, die einer lagerung im gebäude selbst gleichzusetzen ist. nach der zitierten vorschrift war daher die lagerung feuergefährlicher bzw. leicht entflammbarer materialien durch die beklagte generell unzulässig und mußte die lagerung anderer materialien von der bauleitung ausdrücklich gestattet sein. daran fehlt es hier. in diesem zusammenhang ist es unerheblich, daß die beklagte das baumaterial nicht mit rücksicht auf den fassadenrenovierungsvertrag vom 29.04.1993 gelagert hatte. denn wenn die beklagte schon im rahmen dieses vertrages dort kein material einlagern durfte, jedenfalls nicht ohne die ausdrückliche und hier fehlende erlaubnis der firma x1, dann war sie erst recht nicht im zusammenhang mit der ausführung eines anderen bauvertrages, den die beklagte mit der gbr t abgeschlossen hatte, dazu berechtigt. die von der klägerin bestrittene erlaubnis der gbr zur lagerung des baumaterials hat keine rechtliche bedeutung, weil es keine wirksame erlaubnis eines dritten zu lasten anderer gibt. 75die nach alledem rechtswidrige eigentumsverletzung der beklagten durch die ungenehmigte lagerung des baumaterials auf dem grundstück der versicherungsnehmerin der klägerin war für den eingetretenen schaden kausal. 76die gelagerten baumaterialien sind nach dem tatbestand des angefochtenen urteils, dessen berichtigung nach § 320 i zpo die beklagte nicht beantragt hat, und nach den polizeilichen feststellungen in der ermittlungsakte der staatsanwaltschaft rostock in der nacht vom 04. auf den 05.05.1993 von unbekannten tätern in brand gesetzt worden und haben den in rede stehenden schaden am gebäude der firma x1 verursacht. die beklagte kann sich nicht darauf berufen, daß es sich bei den in brand gesetzten materialien um betonschutzmatten der marke f handelte, die gemäß din 4102 der brandgefahrenklasse b 2 (schwer entflammbar) angehören. unstreitig sind jedenfalls diese dämmatten in brand gesetzt worden, wie auch die beklagte eingeräumt hat. andere brandursachen scheiden ersichtlich aus und hat die beklagte nicht schlüssig dargelegt. nach den polizeilichen feststellungen in der ermittlungsakte sind technische ursachen und eine selbstentzündung des materials ausgeschlossen. vielmehr wurde der streitige brandschaden am gebäude der firma x1 dadurch verursacht, daß unbekannte täter die dämmatten in brand setzten. darauf, ob entsprechend dem vortrag der klägerin von der beklagten außerdem auch leere eimer mit resten von klebstoffen auf bitumenbasis dort gelagert worden waren, kommt es deshalb nicht mehr an. 77der brandschaden ist entgegen der auffassung des landgerichts eine adäquat kausale folge der verletzungshandlung der beklagten, also ihrer rechtswidrigen lagerung des baumaterials auf dem grundstück der firma x1. nach der lebenserfahrung liegt es nicht außerhalb aller wahrscheinlichkeit, daß in einer großstadt zur nachtzeit kriminelle personen versuchen, abgelagertes baumaterial in brand zu setzen, wie es hier geschehen ist. die möglichkeit eines solchen schadenseintritts ist nicht so entfernt, daß sie nach der erfahrung des lebens vernünftigerweise nicht in betracht gezogen werden kann (vgl. dazu rgz 78, 272; palandt-heinrichs, bgb, 58. aufl. 1999, vorb. vor § 249 rdn. 59 m.w.n.). die von der klägerin überreichte polizeiliche kriminalstatistik für die stadt s weist allein für das in rede stehende jahr 1993 insgesamt 144 brandstiftungen aus. dem steht der von der beklagten zum schutz des materials errichtete bauzaun nicht entgegen, weil er brandstiftungen durch dritte offensichtlich nicht zuverlässig verhindern konnte. auch das landgericht räumt in seinem angefochtenen urteil ein, daß es für einen "zündelnden täter" ein leichtes gewesen wäre, ohne beiseiteschieben des zaunes einen brennenden gegenstand in den materialbereich zu werfen (eine lunte, ein stück brennendes papier oder ein stück brennendes holz). 78der kausalzusammenhang wird entgegen der auffassung der beklagten durch das vorsätzliche handeln der unbekannten täter nicht unterbrochen. 79es ist anerkannt, daß aus dem vorsätzlichen verhalten dritter entstehende schäden dem erstschädiger nach dem schutzzweck der verletzten norm zuzurechnen sein können (vgl. palandt a.a.o. rdn. 76; bghz 106, 313, 316 = njw 1989, 2127 ff.). eine solche zurechnung muß unter den vorliegenden umständen erfolgen. wie der bgh in der vorstehend zitierten entscheidung darlegt, wird durch das auf freier entschließung beruhende verhalten eines dritten die kausalität eines früheren haftungsbegründenden umstandes (ereignisses) allenfalls dann unterbrochen, wenn dieser frühere zustand (dieses frühere ereignis) für das dazutreten des dritten und sein verhalten völlig bedeutungslos und indifferent, mithin das verhalten des dritten von dem vorhandensein oder von dem nichtvorhandensein des früheren umstandes (ereignisses) gänzlich unabhängig war; hingegen wird die ursächlichkeit des ersten, den konkreten haftungsgrund bildenden umstandes nicht ausgeschlossen, wenn dieser umstand für das verhalten des dritten irgendwie bedingend war oder gar dieses verhalten durch den ersten umstand erst ausgelöst oder veranlaßt wurde. 80danach ist hier eine unterbrechung der kausalität der einlagerung des baumaterials durch die beklagte auf dem grundstück der firma x1 für den durch die brandstiftung unbekannter dritter entstandenen schaden der firma x1 nicht festzustellen. vielmehr ist davon auszugehen, daß der durch die brandstiftung verursachte schaden gerade durch die lagerung der materialien auf dem grundstück der firma x1 ausgelöst worden ist. es entspricht der lebenserfahrung, daß baustellen nicht selten das ziel von vandalistischen attacken einschließlich der inbrandsetzung von baumaterialien sind. es war hier deshalb nicht völlig ungewöhnlich, daß die gelagerten baustoffe im erdgeschoß des gebäudes der firma x1 für entsprechend veranlagte personen einen anreiz dazu geben würden, zu versuchen, diese in brand zu setzen. angesichts dessen ist auch der zurechnungszusammenhang zwischen der rechtswidrigen materiallagerung der beklagten und dem geltend gemachten schaden zu bejahen. 81die zurechnung des schadens wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß dieser erst unmittelbar durch das weitere ereignis, das eingreifen eines dritten, die brandstiftung, ausgelöst worden ist. nach gefestigter rechtsprechung wäre dafür erforderlich, daß die ursächlichkeit des ersten umstandes für das zweite ereignis bei rechtlicher wertung nach dem schutzzweck der norm völlig unerheblich war (vgl. dazu bgh a.a.o. und njw-rr 1988, 731 sowie versr 1988, 640). bei der gebotenen rechtlich wertenden betrachtung ergibt sich hier, daß die folgen des haftungsbegründenden tuns der beklagten noch in den bereich der gefahr fallen, zu deren abwehr § 823 abs. 1 bgb erlassen worden ist. diese vorschrift dient auch der verhinderung und dem ausgleich von schäden, die durch rechtswidrige eingriffe in das eigentum, wie sie die vorliegende rechtswidrige materiallagerung auf einem fremden grundstück darstellt, verursacht werden. ein solcher schaden hat sich hier verwirklicht. 82die beklagte hat schließlich auch fahrlässig schuldhaft gehandelt (§ 276 bgb). 83ihr fahrlässiges verhalten bezieht sich sowohl auf die verletzungshandlung, die rechtswidrige materiallagerung, als auch auf den eintritt des schadens. die beklagte hatte aus den dargelegten gründen keinen konkreten anhaltspunkt dafür, anzunehmen, daß ihr die firma x1 die lagerung der in rede stehenden baumaterialien auf ihrem grundstück gestattet hatte. aufgrund der zitierten klausel des fassadensanierungsvertrages mußte sie davon ausgehen, daß die lagerung feuergefährlicher bzw. leicht entflammbarer materialien generell unzulässig war und die lagerung anderer materialien auf dem grundstück der firma x1 ausdrücklich gestattet sein mußte. aber auch unabhängig von dieser klausel hätte sich die beklagte bei der versicherungsnehmerin der klägerin zumindest danach erkundigen müssen, ob sie überhaupt das streitige material in dem in rede stehenden bereich des grundstückes, das bekanntermaßen nicht der auftraggeberin der beklagten gehörte, abgelagert werden durfte. das hat die beklagte unstreitig unterlassen und ist ihr vorzuwerfen. das fahrlässige verschulden der beklagten erstreckt sich auch auf die schädigende brandstiftung, weil die beklagte damit hätte rechnen müssen, daß auf unbefugte dritte personen durch die abgelagerten baumaterialien ein anreiz zur brandstiftung verübt werden konnte und daß der aufgestellte drahtzaun von seiner beschaffenheit her wegen der dargelegten möglichkeit, brennende stoffe über diesen zaun auf das material zu werfen, nicht dazu geeignet war, eine solche brandstiftung mit den daraus resultierenden gebäudeschäden für die firma x1 zu verhindern. 84die klägerin hat deshalb aus übergegangenem recht ihrer versicherungsnehmerin gegen die beklagte anspruch auf schadensersatz gemäß §§ 823 abs. 1 bgb, 67 i 1 vvg. 85die mit der klage geltend gemachten ansprüche sind nicht nach § 852 abs. 1 bgb verjährt. 86zwar hat die beklagte ihre erstinstanzlich erhobene einrede der verjährung in der berufungsinstanz nicht ausdrücklich wiederholt. dies war aber auch nicht erforderlich, da es genügt, wenn die verjährungseinrede einmal erhoben worden ist (vgl. bgh njw 1990, 326). dafür, daß sich die beklagte jetzt nicht mehr auf die angeblich eingetretene verjährung berufen will, liegt kein konkreter anhaltspunkt vor. jedoch ist die verjährungseinrede nicht begründet, weil ausweislich der unstreitigen vorprozessualen korrespondenz die beklagte mit schreiben vom 1.09.1995 einen verjährungsverzicht bis zum 23.08.1996 erklärt hat. mit schreiben vom 23.05.1996 wurde der verjährungsverzicht bis zum 31.12.1996 verlängert. schließlich hat die beklagte durch ihre haftpflichtversicherung mit schreiben vom 30.12.1996 auf die einrede der verjährung bis zum 31.12.1997 verzichtet. die verjährung ist demnach durch den am 24.12.1997 beantragten mahnbescheid vom 9.1.1998 rechtzeitig unterbrochen worden (§ 693 abs. 2 zpo, § 209 ii 1 bgb). 87die höhe des schadens, mit der sich das landgericht konsequenterweise nicht befaßt hat, ist weiterhin streitig und nicht ohne beweisaufnahme entscheidungsreif. schon jetzt ist aber nach dem bisherigen sach- und streitstand davon auszugehen, daß der geltend gemachte anspruch mit hoher wahrscheinlichkeit der höhe nach wenigstens teilweise besteht, was für ein grundurteil ausreichend ist (vgl. z.b. bgh zfbr 1995, 292, 296). 88auf die berufung der klägerin war nach alledem gemäß § 538 i 3 zpo der rechtsstreit zur weiteren verhandlung und entscheidung, auch über die kosten des berufungsverfahrens, an das landgericht zurückzuverweisen. von einer eigenen sachentscheidung nach § 540 zpo hat der senat abgesehen. zur klärung der höhe des schadensersatzanspruches bedarf es der durchführung einer umfangreichen beweisaufnahme. es liegen keine anhaltspunkte dafür vor, daß die durch die zurückverweisung verursachte verfahrensverzögerung die aussicht der klägerin auf eine realisierung des ihr zustehenden anspruches verringern wird. daher erscheint im rahmen der gebotenen abwägung zwischen der mit einer zurückverweisung verbundenen verzögerung und verteuerung des verfahrens auf der einen und dem interesse der parteien an der wahrung des vollen instanzenzuges auf der anderen seite (vgl. dazu bgh zfbr 1993, 221, 222) unter den vorliegenden umständen eine eigene sachentscheidung des senats zur höhe gemäß § 540 zpo nicht als sachdienlich. 89die nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 ziff. 10, 711, 546 abs. 2 zpo. |
114,409 | {
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} | 12 K 4465/96 | 1999-08-30T00:00:00 | Urteil | Tenor 1Tatbestand: 2Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks Gemarkung G1 in X, das an die L Straße angrenzt. 3In der Zeit vom Januar 1989 bis September 1991 wurden in der L Straße Straßenbauarbeiten durchgeführt. Unter anderem wurden im Bereich zwischen C1- und Mstraße der Regenwasserkanal erneuert und die vorhandenen 4 alten Sinkkästen durch 14 neue ersetzt. Auf beiden Seiten der Straße wurden Parkflächen geschaffen, die in Längsrichtung durch neu hergestellte Baumscheiben unterteilt und begrenzt werden. 4Den Arbeiten lag ein Beschluß der Bezirksvertretung F vom 21. Juni 1988 (Drucksache Nr. 812/88) zugrunde, wonach in der L Straße zwischen Q- und C1straße folgende Straßenbauarbeiten durchzuführen waren: 51. Begrünung des Straßenraums 62. 73. Anordnen des Parkens in Längs- und Schrägaufstellung 84. 9Die Tiefbau- und Entwässerungsarbeiten wurden im Februar bzw. Mai 1990, die Baumpflanzungen am 21. Oktober 1991 abgenommen. 10Zu den anteiligen Kosten dieser Maßnahme im Bereich zwischen C1- und Mstraße zog der Beklagte den Kläger durch Bescheid vom 6. November 1995 auf der Grundlage von § 8 Kommunalabgabengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen - KAG - zu einem Straßenbaubeitrag in Höhe von 8.117,86 DM heran, auf den er anteilig für die Baumaßnahme gewährte Landeszuschüsse in Höhe von 1.101,78 DM anrechnete, so daß sich ein geforderter Betrag von 7.016,08 DM ergab. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies er durch Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 1996, als Einschreiben zur Post am selben Tag, als unbegründet zurück. 11Mit der am 27. März 1999 erhobenen Klage macht der Kläger geltend, der Bescheid sei bereits in formeller Hinsicht fehlerhaft, da er nicht eigenhändig unterschrieben sei. Zudem seien die Landeszuschüsse nicht richtig angerechnet worden. Sollte auch der Parkstreifen auf der Westseite abgerechnet worden sein, sei dies nicht rechtens, da auf der Westseite lediglich aufgrund einer Markierung das Parken halb auf der Fahrbahn und halb auf dem Gehweg erlaubt sei. 12Der Austausch von Sinkkästen sei bloße Instandsetzung, die nicht beitragsfähig sei. Die Maßnahme sei im übrigen überflüssig gewesen, da seines Erachtens die vorhandenen Sinkkästen nicht verschlissen gewesen seien. Kosten für Kanalerneuerung seien durch die Grundbesitzabgaben und den Anschlußbeitrag abgedeckt. Da die Maßnahme bereits 1989 abgeschlossen gewesen sei, sei die Beitragsforderung verjährt. 13Sein Grundstück sei sowohl bei der Abrechnung der M Straße als auch bei der vorliegenden Veranlagung jeweils mit der vollen Fläche in Ansatz gebracht worden. 14Der Kläger beantragt, 15den Heranziehungsbescheid des Beklagten vom 6. November 1995 in der Form des Widerspruchs- bescheides vom 26. Februar 1996 aufzuheben. 16Der Beklagte beantragt, 17die Klage abzuweisen. 18Er hält die Beitragsforderung dem Grunde und der Höhe nach für gerechtfertigt. Es seien nur die standardmäßig ausgebauten Parkstreifen abgerechnet worden; sog. "halbachsiges Gehwegparken" sei im abgerechneten Abschnitt jedoch auch nicht anzutreffen. Eine Verjährung sei vor Erlaß des streitigen Beitragsbescheides nicht eingetreten, da das gemeindliche Bauprogramm erst mit der Abnahme der Baumpflanzung im Jahre 1991 erfüllt gewesen sei. 19Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. 20Entscheidungsgründe: 21Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. 22Eine Straßenbaubeitragspflicht nach § 8 des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen - KAG - ist für das klägerische Grundstück dem Grunde nach entstanden, hinsichtlich der Höhe jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang gerechtfertigt. Im übrigen sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). 23Dabei ist in formeller Hinsicht allerdings nicht zu beanstanden, daß der Beitragsbescheid nicht vom zuständigen Sachbearbeiter des Beklagten eigenhändig unterzeichnet ist. Gem. § 119 Abs. 4 AO müssen schriftliche Verwaltungsakte, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen werden, nicht unterzeichnet sein. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Deckblatt und Berechnungsbogen, die die individuellen Angaben und Festsetzungen zum konkreten Beitragsschuldverhältnis enthalten, sind vorliegend nach Angaben des Beklagten, denen vom Kläger nicht substantiiert widersprochen wurde, mit Hilfe elektronischer Datenverarbeitung automatisiert erstellt und im Original an die Beitragspflichtigen versandt worden. Demgegenüber ist es unschädlich, wenn die für alle Anlieger der abgerechneten Straße gleichlautenden Erläuterungen als Fotokopie beigefügt waren, da diese Anlagen lediglich dem Verständnis des Inhalts der Beitragsbescheide dienen, am Regelungscharakter des jeweiligen Verwaltungsakts jedoch nicht teilhaben. 24Materiell-rechtlich ist die geltend gemachte Beitragsforderung dem Grunde nach entstanden, der Höhe nach jedoch nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang berechtigt. 25Rechtsgrundlage ist § 8 KAG in Verbindung mit der im Zeitpunkt der Abnahme der Arbeiten im Oktober 1991 geltenden Satzung über die Erhebung von Beiträgen nach § 8 KAG für straßenbauliche Maßnahmen im Gebiet der Stadt X vom 19. Oktober 1990 - KAGS -, die soweit es den hier in Rede stehenden Abrechnungsfall betrifft, gültiges Ortsrecht darstellt. 26Insbesondere ist nicht zu beanstanden, daß die Satzung keine Vergünstigung für sogenannte Eckgrundstücke enthält, mit der Folge, daß das Grundstück des Klägers sowohl bei der Veranlagung zu Beiträgen für die M Straße als auch im vorliegenden Beitragsverfahren jeweils mit der vollen Fläche in die Verteilung einbezogen wurde. Grundsätzlich steht die Entscheidung, ob eine Eckermäßigung gewährt werden soll, im Ermessen des Ortsgesetzgebers. Er kann sich auch ohne Rechtsverstoß dahin entscheiden, von einer Eckermäßigung gänzlich abzusehen, da die Vorteile der Eckgrundstücke und der sonstigen Grundstücke noch wenigstens annährend gleich sind und beide Gruppen daher gleich behandelt werden dürfen. 27Vgl. OVG NW, Urteil vom 20. Juli 1992 - 2 A 399/91 - mit weiteren Nachweisen. 28Nach den oben genannten Vorschriften erhebt die Stadt X Beiträge zum teilweisen Ersatz des Aufwandes für straßenbauliche Maßnahmen - dies sind gemäß § 1 Abs. 2 KAGS die Herstellung, Erweiterung und Verbesserung im Bereich der öffentlichen Straßen, Wegen und Plätze - und als Gegenleistung für die dadurch den Eigentümern der erschlossenen Grundstücke gebotenen wirtschaftlichen Vorteile. 29Die in der L Straße durchgeführten Arbeiten stellen eine beitragsfähige, mit wirtschaftlichen Vorteilen für die Anlieger verbundene Maßnahme in diesem Sinne dar. 30Für die Beurteilung ist allerdings nicht allein auf den vom Beklagten abgerechneten Bereich zwischen C1- und Mstraße abzustellen; vielmehr umfaßt das hier maßgebliche Abrechnungsgebiet auch das anschließende Teilstück zwischen M- und Qstraße. 31Enthält die maßgebliche Beitragssatzung wie hier den sogenannten weiten Anlagebegriff, wonach eine "Anlage" nicht mit einer Erschließungsanlage im Sinne des Erschließungsbeitragsrechts identisch sein muß, ist Anlage im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 KAG alles, was im Bereich von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen Gegenstand einer Maßnahme im Sinne dieser Vorschrift sein kann und was nach Maßgabe des Bauprogramms im Einzelfall hergestellt, erneuert oder verbessert werden kann. 32Vgl. OVG NW, Urteil vom 24. Oktober 1986, - 2 A 840/84 -, KStZ 1987, 74. 33Danach können grundsätzlich auch Teilstücke von Anbaustraßen selbständig abrechenbare Anlagen im beitragsrechtlichen Sinne sein, 34vgl. OVG NW, Urteil vom 5. Juli 1990, - 2 A 1691/88 -, GemHH 1992, 108 mit weiteren Nachweisen, 35wenn sich das maßgebliche Bauprogramm auf den entsprechenden Straßenbereich beschränkt. Wird dagegen aufgrund eines einheitlichen Bauprogramms im Zuge einer Gesamtbaumaßnahme eine vollständige Anbaustraße ausgebaut, und will die Gemeinde dennoch einzelne Bereiche dieser Straße einer jeweils selbständigen Beitragsveranlagung zuführen, ist dies nur im Wege einer förmlichen Abschnittsbildung nach § 8 Abs. 5 KAG möglich, es sei denn, die einzelnen Abrechnungsbereiche stellen sich bei objektiver Betrachtung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten jeweils als tatsächlich und rechtlich selbständige Erschließungsanlage dar. 36Vorliegend sah das gemeindliche Bauprogramm in Form des Beschlusses der Bezirksvertretung F vom 21. Juni 1988 (Drucksache Nr. 812/88) den Ausbau der L Straße zwischen Q- und C1straße vor. Anhaltspunkte, nach denen es sich bei objektiver Betrachtung der tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten bei dem Teilstück C1- bis Mstraße einerseits und der Anschlußstrecke M- bis Qstraße andererseits jeweils um tatsächlich und rechtlich selbständige Erschließungsanlagen handeln könnte, bestehen angesichts des weitgehend gleichartigen Ausbauzustandes und des untergeordneten Charakters der einmündenden Straßen nicht. Der Beklagte war zu einer gesonderten Abrechnung des Teilstücks zwischen C1- und Mstraße auch nicht etwa allein aufgrund dessen - rechtlich - gezwungen, daß - bei sonst weitgehend übereinstimmendem und zeitgleichem Ausbau - allein im abgerechneten Bereich der Regenwasserkanal vollständig erneuert werden mußte. Auch im Teilausbau einer Teileinrichtung kann nämlich eine beitragspflichtige Erneuerung in Bezug auf die gesamte Anlage liegen, was weiter unten noch ausführlich dargelegt werden wird. 37Eine separate Abrechnung des Bereichs zwischen C1- und Mstraße hätte mithin überhaupt nur im Wege der Abschnittsbildung erfolgen können, bei der sich jedoch die Frage stellen würde, ob es vorteilsgerecht wäre, allein die Anlieger dieses Abschnitts mit den Kosten der Kanalerneuerung zu belasten, obwohl die hiervon ausgehenden Vorteile den Eigentümern aller erschlossenen Grundstücke der gesamten L Straße zugute kommen dürften. Die Frage kann jedoch offen bleiben, weil ausweislich der Verwaltungsvorgänge vor Entstehen der Beitragspflicht für die L Straße insgesamt, 38vgl. hierzu Dietzel, Hinsen, Kallerhoff, Das Straßenbaubeitragsrecht nach § 8 KAG NW, 3. Auflage 1995, Rdnr. 134 mit weiteren Nachweisen, 39eine Abschnittsbildung durch das hierfür zuständige Gemeindeorgan gar nicht vorgenommen wurde und nach diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich war. 40Das fehlerhaft gebildete Abrechnungsgebiet führt allerdings nicht zur Rechtswidrigkeit und damit zur vollständigen Aufhebung des angefochtenen Beitragsbescheides. Bei Abgabenbescheiden, die eine durch materielles Recht begründete Abgabenpflicht lediglich deklaratorisch festsetzen, sind bei der gerichtlichen Überprüfung nämlich alle rechtlichen Begründungen und Tatsachen zu berücksichtigen, die die streitige Festsetzung zu rechtfertigen vermögen. Das schließt die Berücksichtigung auch solcher Rechtsgründe und Tatsachen ein, die die Verwaltungsbehörde zur Begründung des angefochtenen Bescheides nicht angeführt hat. Das Gericht hat also gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu prüfen, ob sich der Bescheid mit einer fehlerfreien Begründung ganz oder teilweise aufrechterhalten läßt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die anderweitige rechtliche Begründung oder das Zugrundelegen anderer Tatsachen zu einer Wesensänderung des Bescheides führen würde oder wenn die Rechtmäßigkeit des Beitrages und die (teilweise) Bestätigung des Bescheides einen Willensakt der Gemeinde voraussetzen würde und eine solche Entscheidung der Gemeinde nicht vorliegt. 41Vgl. zum Erschließungsbeitragsrecht BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1982, - 8 C 12.81 - DVBl. 1982 S. 548. 42Danach hatte das Gericht die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides unter Berücksichtigung des zutreffenden Abrechnungsgebietes zu beurteilen, weil es sich bei Fehlern infolge unrichtiger Abgrenzung des Abrechnungsgebietes nach der zitierten Rechtsprechung um reine, den Wesensgehalt des Bescheides nicht tangierende, Berechnungsfehler handelt und eine - wenn überhaupt mögliche - Abschnittsbildung vorliegend wegen des Entstehens der Beitragspflicht für die Kölner Straße insgesamt nicht mehr in Betracht kommen kann. 43Die in der L Straße in ihrer gesamten Ausdehnung durchgeführten Arbeiten erfüllen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8 Abs. 2 KAG i.V.m. § 1 Abs. 2 KAGS. 44Durch die Neuanlage der Parkstreifen wird die Gesamtfläche der Straße infolge der Schaffung einer zusätzlichen, bisher nicht vorhandenen Teilanlage, die den ruhenden Verkehr aufnimmt, weiter funktional aufgeteilt. Die Trennung des fließenden vom ruhenden Verkehr ermöglicht einen leichteren und sichereren Verkehrsablauf. Dem steht nicht entgegen, daß die Anlieger bereits bislang ihre Fahrzeuge am Fahrbahnrand abstellen konnten. Durch die Anlegung des von der Fahrbahn getrennten Parkstreifens wird das Parken auf Dauer sicherer. Die abgestellten Fahrzeuge behindern nicht den fließenden Verkehr, sie selbst sind vor Beschädigungen durch vorbeifahrende Kraftfahrzeuge besser geschützt. 45Vgl. OVG NW, Urteil vom 20. September 1989 - 2 A 2052/86 -. 46Anhaltspunkte dafür, daß auch Bereiche abgerechnet worden sein könnten, in denen nur sog. halbachsiges Parken möglich ist, bestehen nach dem Vortrag des Beklagten und dem Inhalt der Verwaltungsvorgänge nicht. 47Der Austausch des Regenwasserkanals gegen einen neuen Kanal gleicher Dimension stellt eine beitragsfähige Erneuerung dar, die dann anzunehmen ist, wenn die frühere Anlage infolge bestimmungsgemäßer Nutzung trotz ordnungsgemäßer Erhaltung und Instandsetzung so abgenutzt war, daß sie durch eine neue Anlage gleicher oder gleichwertiger Art ersetzt werden mußte. 48Vgl. OVG NW, Urteile vom 15. November 1991 - 2 A 1232/89 - und vom 4. Juli 1986 - 2 A 1761/85 -, ZKF 1987, 39 jeweils mit weiteren Nachweisen. 49Eine ordnungsgemäße Unterhaltung und Instandsetzung wird angenommen, wenn eine Anlage verschlissen und zumindest die übliche Nutzungszeit abgelaufen ist. 50Vgl. OVG NW, Urteile vom 15. November 1991 - 2 A 1232/89 - und vom 4. Juli 1986 - 2 A 1761/85 -, jeweils a.a.O. 51Daß diese Voraussetzungen bei einem Kanal, der lt. Aktenlage um die Jahrhundertwende verlegt wurde, im Jahre 1988 vorgelegen haben, kann nicht ernstlich zweifelhaft sein. 52Der Annahme einer Erneuerung steht auch nicht entgegen, daß nur der Kanal zwischen C1- und Mstraße erneuert wurde. Für das Merkmal "Erneuerung" ist nicht entscheidend, ob die Anlage quantitativ von der Strecke her nahezu vollständig vom Bauprogramm erfaßt wird. Maßgeblich ist vielmehr, ob bei natürlicher Betrachtungsweise lediglich eine oder mehrere punktuelle - nicht beitragsfähige - Unterhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten vorgenommen wurden, oder ob eine beitragsfähige Erneuerungsmaßnahme der Gesamtanlage unter Aussparung nach Einschätzung der Gemeinde nicht erneuerungsbedürftiger Teile vorliegt. § 8 Abs. 2 KAG will nämlich jedwede Verbesserung und Erneuerung einer Anlage gleich welchen räumlichen Umfangs von der Beitragspflicht erfaßt wissen und lediglich die laufende Unterhaltung und Instandsetzung ausscheiden. Daraus ergibt sich, daß eine Baumaßnahme in diese Typenkategorien eingeordnet werden muß, nicht aber danach unterschieden werden muß, ob sich eine Erneuerung räumlich mehr oder weniger vollständig auf die ganze Anlage erstreckt. Es würde die Gemeinden zu unnötigen, dem Grundsatz sparsamer und wirtschaftlicher Haushaltsführung widersprechenden Ausbauentscheidungen verleiten, wenn man für die Beitragsfähigkeit einer an sich notwendigen Erneuerung fordern würde, daß die Maßnahme in räumlicher Hinsicht bis auf untergeordnete Teile die vollständige Anlage umfaßt, weil die Gemeinden dann aus Gründen der Herbeiführung der Beitragsfähigkeit zu räumlich weiteren Bauprogrammen als der Sache nach für erforderlich gehalten geneigt sein könnten. 53Vgl. OVG NW, Urteil vom 8. Dezember 1995 - 15 A 2402/93 - zum vergleichbaren Fall einer Verbesserung i.S. des § 8 Abs. 2 KAG. 54Angesichts des Umstandes, daß der Austausch des Regenwasserkanals vorliegend ein 127 m langes, zusammenhängendes Teilstück der etwa 317 m langen L Straße betraf, können die durchgeführten Arbeiten nicht mehr als bloße Unterhaltung oder Instandsetzung bezeichnet werden, sondern sind als beitragsfähige Erneuerung im oben aufgezeigten Sinne zu qualifizieren. 55Demgegenüber stellt die Erhöhung der Zahl der Straßenabläufe eine beitragsrechtliche Verbesserung dar, weil hierdurch ein schnelleres Abfließen des auf die Straße auftreffenden Regenwassers ermöglicht wird. 56Vgl. Dietzel, Hinsen, Kallerhoff, a.a.O. Rdnr. 70. 57Anders als die Erneuerung setzt eine beitragsfähige Verbesserung allerdings keine Abnutzung der Anlage voraus 58vgl. OVG NW, Urteil vom 31. Januar 1992 - 2 A 2223788 -, 59so daß auch vorliegend offen bleiben kann, ob die vorhandenen Straßenabläufe verschlissen waren oder nicht. 60Durch die Anlegung der Parkstreifen ist auch ein wirtschaftlicher Vorteil in Form einer Steigerung des Gebrauchswertes der Anliegergrundstücke eingetreten. Die von der Fahrbahn abgegrenzten Parkstreifen verschaffen den Anliegern eine straßenrechtlich abgesicherte Parkmöglichkeit in unmittelbarer Nähe ihrer Grundstücke und verbessern insoweit die Erreichbarkeit der Grundstücke. 61Vgl. OVG NW, Urteile vom 28. Januar 1981 - 2 A 1277/79 und vom 22. Juli 1986 - 2 A 254/84 -. 62Wirtschaftliche Vorteile bieten auch die Erneuerung des Kanals und die erhöhte Zahl der Sinkkästen, da durch die Maßnahme nunmehr wieder eine auf Dauer - besser - funktionierende und störungsfreie Entwässerung der Straße gewährleistet wird, die die Erreichbarkeit der Grundstücke auf lange Zeit sichert. 63Vgl. insoweit OVG NW, Urteile vom 25. Februar 1989, - 2 A 2562/86 - und vom 21. Februar 1990, 2 A 2787/86 -. 64Die danach dem Grunde nach bestehende Beitragsforderung ist nicht verjährt. Gemäß § 12 Abs. 1 Ziffer 4 KAG in Verbindung mit § 69 Abs. 2 Abgabenordnung - AO - beträgt die Verjährungsfrist für Straßenbaubeiträge vier Jahre und beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die Beitragspflicht entstanden ist (§ 170 Abs. 1 AO). Gemäß § 8 Abs. 7 Satz 1 KAG entsteht die Beitragspflicht mit der endgültigen Herstellung der Anlage, d.h. mit deren Fertigstellung entsprechend dem gemeindlichen Bauprogramm, wobei die programmgemäße Herstellung nicht bereits mit Beendigung der Arbeiten durch den Bauunternehmer, sondern erst mit der Abnahme der letzten zur Baumaßnahme gehörenden Arbeiten durch die Gemeinde abgeschlossen ist. 65Vgl. OVG NW, Urteile vom 5. Juni 1985 - 2 A 1864/83 - KStZ 1986 und vom 22. August 1995 - 15 A 3907/92 - mit weiteren Nachweisen. 66Danach ist die Beitragspflicht am 21. Oktober 1991 entstanden, weil an diesem Tage lt. Abnahmeprotokoll die Pflanzarbeiten in den neu angelegten Parkstreifen (Bäume) von der Gemeinde abgenommen worden sind. Die Bäume dienen der Gestaltung und Unterteilung der Parkstreifen und damit als Zubehör im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 3 StrWG der Verkehrsfunktion dieser Teileinrichtung, 67vgl. OVG NW, Urteil vom 29. November 1989 - 2 A 1419/87 -, 68mit der Folge, daß ihre Pflanzung zur programmgemäßen Herstellung der Parkstreifen gehört und erst nach Abnahme dieser Arbeiten eine Beitragspflicht entstehen konnte. 69Der Höhe nach sind die beitragsfähigen Kosten und die Verteilung des umlegungsfähigen Aufwands auf die erschlossenen Grundstücke nach dem oben Gesagten insoweit zu korrigieren, als der Aufwand für beide Teilstrecken der L Straße zusammenzufassen und auf alle zwischen C1- und Qstraße erschlossenen Grundstücke zu verteilen war. 70Zweifel an der Richtigkeit der vom Beklagten für die beiden Abschnitte jeweils ermittelten Kosten bestehen nicht. Insbesondere sind bei der Ermittlung der Entwässerungskosten zu Recht die vollen Kosten für die neuen Straßenabläufe sowie die Hälfte der für die Erneuerung des Kanals angefallenen Kosten der Straßenentwässerung zugeordnet und nach Abzug des Gemeindeanteils in den umlegungsfähigen Aufwand eingestellt worden. 71Entsteht in Erfüllung des Bauprogramms Aufwand an der Entwässerungsanlage, so ist zu beachten, daß diese aus mehreren Teilen besteht, die entweder allein der Straßenentwässerung, allein der Grundstücksentwässerung oder beiden Zwecken dienen. Im Rahmen des durch Straßenbaubeiträge zu deckenden Aufwands können nur die Aufwendungen beitragsfähig sein, welche die der Straßenentwässerung dienenden Teile betreffen. Uneingeschränkt beitragsfähig sind aus diesem Grund die Kosten für die Straßenabläufe und die diese mit dem Kanal verbindenden Leitungen, da diese ausschließlich der Straßenentwässerung dienen. Sind von der Ausbaumaßnahme - auch - Einrichtungen betroffen, die mehreren Zwecken dienen, z.B. ein Regenwasserkanal, der wie im vorliegenden Fall sowohl das auf der Straße als auch das auf den - versiegelten - Grundstücksflächen anfallende Regenwasser aufnimmt, so muß dem dadurch Rechnung getragen werden, daß die Straßenentwässerung nur mit einem bestimmten Anteil der für den Ausbau oder Erneuerung dieser Anlage entstandenen Kosten belastet wird. Denn durch das Betreiben und in der Folge durch die Erneuerung einer solchen Gemeinschaftseinrichtung werden Kosten gespart, die zusätzlich anfallen würden, wenn sowohl für die Straßen- als auch für die Grundstücksentwässerung getrennte Anlagen betrieben würden. Dabei ist es im Fall eines reinen Regenwasserkanals im oben beschriebenen Sinne nach der Rechtsprechung grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der auf die Straßenentwässerung und die Grundstücksentwässerung entfallende Anteil jeweils mit 50 % der entstanden Kosten angesetzt wird. Denn es ist davon auszugehen, daß in der Regel die Kosten für zwei getrennte Regenwasserkanäle im wesentlichen gleich hoch sein werden, da Verlegungstiefe und Rohrdurchmesser nicht voneinander abweichen werden. 72Vgl. Dietzel, Hinsen, Kallerhoff, a.a.O. Rdnr. 165 sowie Driehaus, Kommunalabgabenrecht § 8, Rdnr. 328, jeweils mit weiteren Nachweisen. 73Danach hat auch der Beklagte vorliegend zu Recht die Hälfte der für die Erneuerung des Kanals entstandenen Kosten in den beitragsfähigen Aufwand einbezogen. Dem steht nicht entgegen, daß die Stadt X im Rahmen der Gebührenbedarfsberechnung für die Nutzung des städtischen Kanalsystems, wie die im Verfahren vom Kläger vorgelegte Berechnung zeigt, von einem anderen Verhältnis der eingeleiteten Regenwasseranteile und einem nicht unerheblich höheren Anteil des auf den Grundstücken anfallenden Regenwassers ausgeht, da beide Ermittlungsmethoden, -grundlagen und -zwecke nicht vergleichbar sind. Während nämlich bei der Zuordnung der anteiligen Kosten für die Herstellung bzw. Erneuerung des Regenwasserkanals zur Straßenentwässerung einerseits und Grundstücksentwässerung andererseits Grundlage die Kostenersparnis ist, die dadurch eintritt, daß in der konkreten Straße statt zwei getrennter Regenwasserkanäle nur ein - gemeinsamer - Kanal gebaut bzw. erneuert werden mußte, sind Ausgangspunkt bei der Berechnung der Kanalbenutzungsgebühr nicht Herstellungs- bzw. Erneuerungskosten einzelner - konkreter - Kanäle, sondern die Betriebskosten für das gesamte Kanalnetz der Gemeinde. Während in diesem Rahmen von Bedeutung ist, in welchem Verhältnis die gesamte - vorhandene - städtische Kanalisation durch das auf die Straße im Stadtgebiet anfallende Regenwasser einerseits und das von den übrigen versiegelten Flächen eingeleitete Wasser andererseits in Anspruch genommen wird, stellt sich bei der Bemessung des Straßenbaubeitrags allein die Frage, welche Kosten bei Herstellung getrennter Regenwasserkanäle entstanden wären und wie hoch dementsprechend die Kostenersparnis im Falle einer gemeinschaftlichen Einrichtung ist. 74Aus denselben Erwägungen ist auch die Annahme des Klägers unzutreffend, mit den von ihm entrichteten Grundbesitzabgaben und dem Anschlußbeitrag sei auch der Aufwand für die Straßenentwässerung abgegolten, da diese Abgaben ausschließlich auf den die Grundstücksentwässerung betreffenden Anteil erhoben und gezahlt werden. 75Die für die Maßnahme gewährten Landeszuschüsse sind in zutreffender Weise zur Finanzierung der Maßnahme verwendet worden. Bei öffentlichen Zuweisungen vom Bund oder den Ländern spricht eine Vermutung dafür, daß sie zunächst zur Abdeckung des von der Gemeinde endgültig zu tragenden Aufwands, d.h. zur Deckung etwaiger nicht beitragsfähiger Kosten sowie des Gemeindeanteils am beitragsfähigen Aufwand dienen. 76Vgl. Driehaus, Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 5. Auflage, NJW-Schriftenreihe Heft 42, § 34, Rdnr. 34 und 35 mit weiteren Nachweisen. 77Überschreitet die Zuwendung die Höhe der von der Gemeinde endgültig zu tragenden Kosten, kann der überschießende Betrag - nur - dann den Anliegern gutgeschrieben werden, wenn der Zuschußgeber für diesen Fall von vornherein auf eine Rückzahlung des Überschusses verzichtet hat. 78Demgemäß bestimmt Ziffer 8.10.5 der hier maßgeblichen "Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung städtebaulicher Maßnahmen" (Rd.Erl. d. MLS vom 16. März 1983 - III B 1-50.10-815/83 -, MBL.NW. S. 715), auf die der Zuwendungsbescheid vom 13. November 1985 ausdrücklich Bezug nimmt, daß zuwendungsfähig bei Maßnahmen im Sinne von § 8 KAG allein der nach der Beitragssatzung auf die Gemeinde entfallende Anteil ist. Ob aus den zitierten Richtlinien und dem Zuwendungsbescheid ein etwaiger Verzicht auf Rückerstattung nicht zur Deckung dieser Kosten verwendeter Fördermittel herauszulesen ist, kann vorliegend dahinstehen, da der Beklagte den überschießenden Betrag auf die Beiträge der Anlieger angerechnet hat, so daß diese jedenfalls nicht beschwert sind. 79Sonstige Fehler bei der Ermittlung des beitragsfähigen Aufwandes und der Verteilung desselben auf die erschlossenen Grundstücke sind nicht ersichtlich und wurden auch vom Kläger nicht geltend gemacht. 80Unter Berücksichtigung des zutreffenden Abrechnungsgebiets (L Straße in der gesamten Länge), d.h. eines berichtigten umlegungsfähigen Aufwandes von 73.281,18 DM und der neuen Summe der Beitragsquadratmeter von 31.907,76 qm errechnet sich ein Betrag von 2,296656 DM/qm. Auf dieser Basis entfällt auf das klägerische Grundstück - unter Berücksichtigung eines ebenfalls auf die gesamte Erschließungsanlage umgerechneten Zuschußanteils (Gesamtbetrag der auf beide Abschnitte anzurechnenden Zuschüsse: 12.675,84 DM / 31.907,76 qm = 0,397265 DM/qm) - ein Beitrag von 4204,10 DM. Soweit mit dem angefochtenen Bescheid ein diesen Betrag übersteigender Beitrag gefordert wird, war der Bescheid aufzuheben; im übrigen war die Klage abzuweisen. 81Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. 82 | 1 | 2der kläger ist eigentümer des grundstücks gemarkung g1 in x, das an die l straße angrenzt. 3in der zeit vom januar 1989 bis september 1991 wurden in der l straße straßenbauarbeiten durchgeführt. unter anderem wurden im bereich zwischen c1- und mstraße der regenwasserkanal erneuert und die vorhandenen 4 alten sinkkästen durch 14 neue ersetzt. auf beiden seiten der straße wurden parkflächen geschaffen, die in längsrichtung durch neu hergestellte baumscheiben unterteilt und begrenzt werden. 4den arbeiten lag ein beschluß der bezirksvertretung f vom 21. juni 1988 (drucksache nr. 812/88) zugrunde, wonach in der l straße zwischen q- und c1straße folgende straßenbauarbeiten durchzuführen waren: 51. begrünung des straßenraums 62. 73. anordnen des parkens in längs- und schrägaufstellung 84. 9die tiefbau- und entwässerungsarbeiten wurden im februar bzw. mai 1990, die baumpflanzungen am 21. oktober 1991 abgenommen. 10zu den anteiligen kosten dieser maßnahme im bereich zwischen c1- und mstraße zog der beklagte den kläger durch bescheid vom 6. november 1995 auf der grundlage von § 8 kommunalabgabengesetz für das land nordrhein-westfalen - kag - zu einem straßenbaubeitrag in höhe von 8.117,86 dm heran, auf den er anteilig für die baumaßnahme gewährte landeszuschüsse in höhe von 1.101,78 dm anrechnete, so daß sich ein geforderter betrag von 7.016,08 dm ergab. den hiergegen eingelegten widerspruch wies er durch widerspruchsbescheid vom 26. februar 1996, als einschreiben zur post am selben tag, als unbegründet zurück. 11mit der am 27. märz 1999 erhobenen klage macht der kläger geltend, der bescheid sei bereits in formeller hinsicht fehlerhaft, da er nicht eigenhändig unterschrieben sei. zudem seien die landeszuschüsse nicht richtig angerechnet worden. sollte auch der parkstreifen auf der westseite abgerechnet worden sein, sei dies nicht rechtens, da auf der westseite lediglich aufgrund einer markierung das parken halb auf der fahrbahn und halb auf dem gehweg erlaubt sei. 12der austausch von sinkkästen sei bloße instandsetzung, die nicht beitragsfähig sei. die maßnahme sei im übrigen überflüssig gewesen, da seines erachtens die vorhandenen sinkkästen nicht verschlissen gewesen seien. kosten für kanalerneuerung seien durch die grundbesitzabgaben und den anschlußbeitrag abgedeckt. da die maßnahme bereits 1989 abgeschlossen gewesen sei, sei die beitragsforderung verjährt. 13sein grundstück sei sowohl bei der abrechnung der m straße als auch bei der vorliegenden veranlagung jeweils mit der vollen fläche in ansatz gebracht worden. 14der kläger beantragt, 15den heranziehungsbescheid des beklagten vom 6. november 1995 in der form des widerspruchs- bescheides vom 26. februar 1996 aufzuheben. 16der beklagte beantragt, 17die klage abzuweisen. 18er hält die beitragsforderung dem grunde und der höhe nach für gerechtfertigt. es seien nur die standardmäßig ausgebauten parkstreifen abgerechnet worden; sog. "halbachsiges gehwegparken" sei im abgerechneten abschnitt jedoch auch nicht anzutreffen. eine verjährung sei vor erlaß des streitigen beitragsbescheides nicht eingetreten, da das gemeindliche bauprogramm erst mit der abnahme der baumpflanzung im jahre 1991 erfüllt gewesen sei. 19wegen des sach- und streitstandes im übrigen wird auf den inhalt der gerichtsakte sowie der beigezogenen verwaltungsvorgänge bezug genommen. 20 | 21die zulässige klage ist zum teil begründet. 22eine straßenbaubeitragspflicht nach § 8 des kommunalabgabengesetzes für das land nordrhein-westfalen - kag - ist für das klägerische grundstück dem grunde nach entstanden, hinsichtlich der höhe jedoch nur in dem aus dem tenor ersichtlichen umfang gerechtfertigt. im übrigen sind die angefochtenen bescheide rechtswidrig und verletzen den kläger in seinen rechten (§ 113 abs. 1 satz 1 vwgo). 23dabei ist in formeller hinsicht allerdings nicht zu beanstanden, daß der beitragsbescheid nicht vom zuständigen sachbearbeiter des beklagten eigenhändig unterzeichnet ist. gem. § 119 abs. 4 ao müssen schriftliche verwaltungsakte, die mit hilfe automatischer einrichtungen erlassen werden, nicht unterzeichnet sein. diese voraussetzung ist vorliegend erfüllt. deckblatt und berechnungsbogen, die die individuellen angaben und festsetzungen zum konkreten beitragsschuldverhältnis enthalten, sind vorliegend nach angaben des beklagten, denen vom kläger nicht substantiiert widersprochen wurde, mit hilfe elektronischer datenverarbeitung automatisiert erstellt und im original an die beitragspflichtigen versandt worden. demgegenüber ist es unschädlich, wenn die für alle anlieger der abgerechneten straße gleichlautenden erläuterungen als fotokopie beigefügt waren, da diese anlagen lediglich dem verständnis des inhalts der beitragsbescheide dienen, am regelungscharakter des jeweiligen verwaltungsakts jedoch nicht teilhaben. 24materiell-rechtlich ist die geltend gemachte beitragsforderung dem grunde nach entstanden, der höhe nach jedoch nur in dem aus dem tenor ersichtlichen umfang berechtigt. 25rechtsgrundlage ist § 8 kag in verbindung mit der im zeitpunkt der abnahme der arbeiten im oktober 1991 geltenden satzung über die erhebung von beiträgen nach § 8 kag für straßenbauliche maßnahmen im gebiet der stadt x vom 19. oktober 1990 - kags -, die soweit es den hier in rede stehenden abrechnungsfall betrifft, gültiges ortsrecht darstellt. 26insbesondere ist nicht zu beanstanden, daß die satzung keine vergünstigung für sogenannte eckgrundstücke enthält, mit der folge, daß das grundstück des klägers sowohl bei der veranlagung zu beiträgen für die m straße als auch im vorliegenden beitragsverfahren jeweils mit der vollen fläche in die verteilung einbezogen wurde. grundsätzlich steht die entscheidung, ob eine eckermäßigung gewährt werden soll, im ermessen des ortsgesetzgebers. er kann sich auch ohne rechtsverstoß dahin entscheiden, von einer eckermäßigung gänzlich abzusehen, da die vorteile der eckgrundstücke und der sonstigen grundstücke noch wenigstens annährend gleich sind und beide gruppen daher gleich behandelt werden dürfen. 27vgl. ovg nw, urteil vom 20. juli 1992 - 2 a 399/91 - mit weiteren nachweisen. 28nach den oben genannten vorschriften erhebt die stadt x beiträge zum teilweisen ersatz des aufwandes für straßenbauliche maßnahmen - dies sind gemäß § 1 abs. 2 kags die herstellung, erweiterung und verbesserung im bereich der öffentlichen straßen, wegen und plätze - und als gegenleistung für die dadurch den eigentümern der erschlossenen grundstücke gebotenen wirtschaftlichen vorteile. 29die in der l straße durchgeführten arbeiten stellen eine beitragsfähige, mit wirtschaftlichen vorteilen für die anlieger verbundene maßnahme in diesem sinne dar. 30für die beurteilung ist allerdings nicht allein auf den vom beklagten abgerechneten bereich zwischen c1- und mstraße abzustellen; vielmehr umfaßt das hier maßgebliche abrechnungsgebiet auch das anschließende teilstück zwischen m- und qstraße. 31enthält die maßgebliche beitragssatzung wie hier den sogenannten weiten anlagebegriff, wonach eine "anlage" nicht mit einer erschließungsanlage im sinne des erschließungsbeitragsrechts identisch sein muß, ist anlage im sinne von § 8 abs. 1 satz 1 kag alles, was im bereich von öffentlichen straßen, wegen und plätzen gegenstand einer maßnahme im sinne dieser vorschrift sein kann und was nach maßgabe des bauprogramms im einzelfall hergestellt, erneuert oder verbessert werden kann. 32vgl. ovg nw, urteil vom 24. oktober 1986, - 2 a 840/84 -, kstz 1987, 74. 33danach können grundsätzlich auch teilstücke von anbaustraßen selbständig abrechenbare anlagen im beitragsrechtlichen sinne sein, 34vgl. ovg nw, urteil vom 5. juli 1990, - 2 a 1691/88 -, gemhh 1992, 108 mit weiteren nachweisen, 35wenn sich das maßgebliche bauprogramm auf den entsprechenden straßenbereich beschränkt. wird dagegen aufgrund eines einheitlichen bauprogramms im zuge einer gesamtbaumaßnahme eine vollständige anbaustraße ausgebaut, und will die gemeinde dennoch einzelne bereiche dieser straße einer jeweils selbständigen beitragsveranlagung zuführen, ist dies nur im wege einer förmlichen abschnittsbildung nach § 8 abs. 5 kag möglich, es sei denn, die einzelnen abrechnungsbereiche stellen sich bei objektiver betrachtung der tatsächlichen örtlichen gegebenheiten jeweils als tatsächlich und rechtlich selbständige erschließungsanlage dar. 36vorliegend sah das gemeindliche bauprogramm in form des beschlusses der bezirksvertretung f vom 21. juni 1988 (drucksache nr. 812/88) den ausbau der l straße zwischen q- und c1straße vor. anhaltspunkte, nach denen es sich bei objektiver betrachtung der tatsächlichen örtlichen gegebenheiten bei dem teilstück c1- bis mstraße einerseits und der anschlußstrecke m- bis qstraße andererseits jeweils um tatsächlich und rechtlich selbständige erschließungsanlagen handeln könnte, bestehen angesichts des weitgehend gleichartigen ausbauzustandes und des untergeordneten charakters der einmündenden straßen nicht. der beklagte war zu einer gesonderten abrechnung des teilstücks zwischen c1- und mstraße auch nicht etwa allein aufgrund dessen - rechtlich - gezwungen, daß - bei sonst weitgehend übereinstimmendem und zeitgleichem ausbau - allein im abgerechneten bereich der regenwasserkanal vollständig erneuert werden mußte. auch im teilausbau einer teileinrichtung kann nämlich eine beitragspflichtige erneuerung in bezug auf die gesamte anlage liegen, was weiter unten noch ausführlich dargelegt werden wird. 37eine separate abrechnung des bereichs zwischen c1- und mstraße hätte mithin überhaupt nur im wege der abschnittsbildung erfolgen können, bei der sich jedoch die frage stellen würde, ob es vorteilsgerecht wäre, allein die anlieger dieses abschnitts mit den kosten der kanalerneuerung zu belasten, obwohl die hiervon ausgehenden vorteile den eigentümern aller erschlossenen grundstücke der gesamten l straße zugute kommen dürften. die frage kann jedoch offen bleiben, weil ausweislich der verwaltungsvorgänge vor entstehen der beitragspflicht für die l straße insgesamt, 38vgl. hierzu dietzel, hinsen, kallerhoff, das straßenbaubeitragsrecht nach § 8 kag nw, 3. auflage 1995, rdnr. 134 mit weiteren nachweisen, 39eine abschnittsbildung durch das hierfür zuständige gemeindeorgan gar nicht vorgenommen wurde und nach diesem zeitpunkt nicht mehr möglich war. 40das fehlerhaft gebildete abrechnungsgebiet führt allerdings nicht zur rechtswidrigkeit und damit zur vollständigen aufhebung des angefochtenen beitragsbescheides. bei abgabenbescheiden, die eine durch materielles recht begründete abgabenpflicht lediglich deklaratorisch festsetzen, sind bei der gerichtlichen überprüfung nämlich alle rechtlichen begründungen und tatsachen zu berücksichtigen, die die streitige festsetzung zu rechtfertigen vermögen. das schließt die berücksichtigung auch solcher rechtsgründe und tatsachen ein, die die verwaltungsbehörde zur begründung des angefochtenen bescheides nicht angeführt hat. das gericht hat also gemäß § 113 abs. 1 satz 1 vwgo zu prüfen, ob sich der bescheid mit einer fehlerfreien begründung ganz oder teilweise aufrechterhalten läßt. etwas anderes gilt nur dann, wenn die anderweitige rechtliche begründung oder das zugrundelegen anderer tatsachen zu einer wesensänderung des bescheides führen würde oder wenn die rechtmäßigkeit des beitrages und die (teilweise) bestätigung des bescheides einen willensakt der gemeinde voraussetzen würde und eine solche entscheidung der gemeinde nicht vorliegt. 41vgl. zum erschließungsbeitragsrecht bverwg, urteil vom 27. januar 1982, - 8 c 12.81 - dvbl. 1982 s. 548. 42danach hatte das gericht die rechtmäßigkeit des angefochtenen bescheides unter berücksichtigung des zutreffenden abrechnungsgebietes zu beurteilen, weil es sich bei fehlern infolge unrichtiger abgrenzung des abrechnungsgebietes nach der zitierten rechtsprechung um reine, den wesensgehalt des bescheides nicht tangierende, berechnungsfehler handelt und eine - wenn überhaupt mögliche - abschnittsbildung vorliegend wegen des entstehens der beitragspflicht für die kölner straße insgesamt nicht mehr in betracht kommen kann. 43die in der l straße in ihrer gesamten ausdehnung durchgeführten arbeiten erfüllen die tatbestandsvoraussetzungen des § 8 abs. 2 kag i.v.m. § 1 abs. 2 kags. 44durch die neuanlage der parkstreifen wird die gesamtfläche der straße infolge der schaffung einer zusätzlichen, bisher nicht vorhandenen teilanlage, die den ruhenden verkehr aufnimmt, weiter funktional aufgeteilt. die trennung des fließenden vom ruhenden verkehr ermöglicht einen leichteren und sichereren verkehrsablauf. dem steht nicht entgegen, daß die anlieger bereits bislang ihre fahrzeuge am fahrbahnrand abstellen konnten. durch die anlegung des von der fahrbahn getrennten parkstreifens wird das parken auf dauer sicherer. die abgestellten fahrzeuge behindern nicht den fließenden verkehr, sie selbst sind vor beschädigungen durch vorbeifahrende kraftfahrzeuge besser geschützt. 45vgl. ovg nw, urteil vom 20. september 1989 - 2 a 2052/86 -. 46anhaltspunkte dafür, daß auch bereiche abgerechnet worden sein könnten, in denen nur sog. halbachsiges parken möglich ist, bestehen nach dem vortrag des beklagten und dem inhalt der verwaltungsvorgänge nicht. 47der austausch des regenwasserkanals gegen einen neuen kanal gleicher dimension stellt eine beitragsfähige erneuerung dar, die dann anzunehmen ist, wenn die frühere anlage infolge bestimmungsgemäßer nutzung trotz ordnungsgemäßer erhaltung und instandsetzung so abgenutzt war, daß sie durch eine neue anlage gleicher oder gleichwertiger art ersetzt werden mußte. 48vgl. ovg nw, urteile vom 15. november 1991 - 2 a 1232/89 - und vom 4. juli 1986 - 2 a 1761/85 -, zkf 1987, 39 jeweils mit weiteren nachweisen. 49eine ordnungsgemäße unterhaltung und instandsetzung wird angenommen, wenn eine anlage verschlissen und zumindest die übliche nutzungszeit abgelaufen ist. 50vgl. ovg nw, urteile vom 15. november 1991 - 2 a 1232/89 - und vom 4. juli 1986 - 2 a 1761/85 -, jeweils a.a.o. 51daß diese voraussetzungen bei einem kanal, der lt. aktenlage um die jahrhundertwende verlegt wurde, im jahre 1988 vorgelegen haben, kann nicht ernstlich zweifelhaft sein. 52der annahme einer erneuerung steht auch nicht entgegen, daß nur der kanal zwischen c1- und mstraße erneuert wurde. für das merkmal "erneuerung" ist nicht entscheidend, ob die anlage quantitativ von der strecke her nahezu vollständig vom bauprogramm erfaßt wird. maßgeblich ist vielmehr, ob bei natürlicher betrachtungsweise lediglich eine oder mehrere punktuelle - nicht beitragsfähige - unterhaltungs- oder instandsetzungsarbeiten vorgenommen wurden, oder ob eine beitragsfähige erneuerungsmaßnahme der gesamtanlage unter aussparung nach einschätzung der gemeinde nicht erneuerungsbedürftiger teile vorliegt. § 8 abs. 2 kag will nämlich jedwede verbesserung und erneuerung einer anlage gleich welchen räumlichen umfangs von der beitragspflicht erfaßt wissen und lediglich die laufende unterhaltung und instandsetzung ausscheiden. daraus ergibt sich, daß eine baumaßnahme in diese typenkategorien eingeordnet werden muß, nicht aber danach unterschieden werden muß, ob sich eine erneuerung räumlich mehr oder weniger vollständig auf die ganze anlage erstreckt. es würde die gemeinden zu unnötigen, dem grundsatz sparsamer und wirtschaftlicher haushaltsführung widersprechenden ausbauentscheidungen verleiten, wenn man für die beitragsfähigkeit einer an sich notwendigen erneuerung fordern würde, daß die maßnahme in räumlicher hinsicht bis auf untergeordnete teile die vollständige anlage umfaßt, weil die gemeinden dann aus gründen der herbeiführung der beitragsfähigkeit zu räumlich weiteren bauprogrammen als der sache nach für erforderlich gehalten geneigt sein könnten. 53vgl. ovg nw, urteil vom 8. dezember 1995 - 15 a 2402/93 - zum vergleichbaren fall einer verbesserung i.s. des § 8 abs. 2 kag. 54angesichts des umstandes, daß der austausch des regenwasserkanals vorliegend ein 127 m langes, zusammenhängendes teilstück der etwa 317 m langen l straße betraf, können die durchgeführten arbeiten nicht mehr als bloße unterhaltung oder instandsetzung bezeichnet werden, sondern sind als beitragsfähige erneuerung im oben aufgezeigten sinne zu qualifizieren. 55demgegenüber stellt die erhöhung der zahl der straßenabläufe eine beitragsrechtliche verbesserung dar, weil hierdurch ein schnelleres abfließen des auf die straße auftreffenden regenwassers ermöglicht wird. 56vgl. dietzel, hinsen, kallerhoff, a.a.o. rdnr. 70. 57anders als die erneuerung setzt eine beitragsfähige verbesserung allerdings keine abnutzung der anlage voraus 58vgl. ovg nw, urteil vom 31. januar 1992 - 2 a 2223788 -, 59so daß auch vorliegend offen bleiben kann, ob die vorhandenen straßenabläufe verschlissen waren oder nicht. 60durch die anlegung der parkstreifen ist auch ein wirtschaftlicher vorteil in form einer steigerung des gebrauchswertes der anliegergrundstücke eingetreten. die von der fahrbahn abgegrenzten parkstreifen verschaffen den anliegern eine straßenrechtlich abgesicherte parkmöglichkeit in unmittelbarer nähe ihrer grundstücke und verbessern insoweit die erreichbarkeit der grundstücke. 61vgl. ovg nw, urteile vom 28. januar 1981 - 2 a 1277/79 und vom 22. juli 1986 - 2 a 254/84 -. 62wirtschaftliche vorteile bieten auch die erneuerung des kanals und die erhöhte zahl der sinkkästen, da durch die maßnahme nunmehr wieder eine auf dauer - besser - funktionierende und störungsfreie entwässerung der straße gewährleistet wird, die die erreichbarkeit der grundstücke auf lange zeit sichert. 63vgl. insoweit ovg nw, urteile vom 25. februar 1989, - 2 a 2562/86 - und vom 21. februar 1990, 2 a 2787/86 -. 64die danach dem grunde nach bestehende beitragsforderung ist nicht verjährt. gemäß § 12 abs. 1 ziffer 4 kag in verbindung mit § 69 abs. 2 abgabenordnung - ao - beträgt die verjährungsfrist für straßenbaubeiträge vier jahre und beginnt mit ablauf des jahres, in dem die beitragspflicht entstanden ist (§ 170 abs. 1 ao). gemäß § 8 abs. 7 satz 1 kag entsteht die beitragspflicht mit der endgültigen herstellung der anlage, d.h. mit deren fertigstellung entsprechend dem gemeindlichen bauprogramm, wobei die programmgemäße herstellung nicht bereits mit beendigung der arbeiten durch den bauunternehmer, sondern erst mit der abnahme der letzten zur baumaßnahme gehörenden arbeiten durch die gemeinde abgeschlossen ist. 65vgl. ovg nw, urteile vom 5. juni 1985 - 2 a 1864/83 - kstz 1986 und vom 22. august 1995 - 15 a 3907/92 - mit weiteren nachweisen. 66danach ist die beitragspflicht am 21. oktober 1991 entstanden, weil an diesem tage lt. abnahmeprotokoll die pflanzarbeiten in den neu angelegten parkstreifen (bäume) von der gemeinde abgenommen worden sind. die bäume dienen der gestaltung und unterteilung der parkstreifen und damit als zubehör im sinne des § 2 abs. 2 nr. 3 strwg der verkehrsfunktion dieser teileinrichtung, 67vgl. ovg nw, urteil vom 29. november 1989 - 2 a 1419/87 -, 68mit der folge, daß ihre pflanzung zur programmgemäßen herstellung der parkstreifen gehört und erst nach abnahme dieser arbeiten eine beitragspflicht entstehen konnte. 69der höhe nach sind die beitragsfähigen kosten und die verteilung des umlegungsfähigen aufwands auf die erschlossenen grundstücke nach dem oben gesagten insoweit zu korrigieren, als der aufwand für beide teilstrecken der l straße zusammenzufassen und auf alle zwischen c1- und qstraße erschlossenen grundstücke zu verteilen war. 70zweifel an der richtigkeit der vom beklagten für die beiden abschnitte jeweils ermittelten kosten bestehen nicht. insbesondere sind bei der ermittlung der entwässerungskosten zu recht die vollen kosten für die neuen straßenabläufe sowie die hälfte der für die erneuerung des kanals angefallenen kosten der straßenentwässerung zugeordnet und nach abzug des gemeindeanteils in den umlegungsfähigen aufwand eingestellt worden. 71entsteht in erfüllung des bauprogramms aufwand an der entwässerungsanlage, so ist zu beachten, daß diese aus mehreren teilen besteht, die entweder allein der straßenentwässerung, allein der grundstücksentwässerung oder beiden zwecken dienen. im rahmen des durch straßenbaubeiträge zu deckenden aufwands können nur die aufwendungen beitragsfähig sein, welche die der straßenentwässerung dienenden teile betreffen. uneingeschränkt beitragsfähig sind aus diesem grund die kosten für die straßenabläufe und die diese mit dem kanal verbindenden leitungen, da diese ausschließlich der straßenentwässerung dienen. sind von der ausbaumaßnahme - auch - einrichtungen betroffen, die mehreren zwecken dienen, z.b. ein regenwasserkanal, der wie im vorliegenden fall sowohl das auf der straße als auch das auf den - versiegelten - grundstücksflächen anfallende regenwasser aufnimmt, so muß dem dadurch rechnung getragen werden, daß die straßenentwässerung nur mit einem bestimmten anteil der für den ausbau oder erneuerung dieser anlage entstandenen kosten belastet wird. denn durch das betreiben und in der folge durch die erneuerung einer solchen gemeinschaftseinrichtung werden kosten gespart, die zusätzlich anfallen würden, wenn sowohl für die straßen- als auch für die grundstücksentwässerung getrennte anlagen betrieben würden. dabei ist es im fall eines reinen regenwasserkanals im oben beschriebenen sinne nach der rechtsprechung grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der auf die straßenentwässerung und die grundstücksentwässerung entfallende anteil jeweils mit 50 % der entstanden kosten angesetzt wird. denn es ist davon auszugehen, daß in der regel die kosten für zwei getrennte regenwasserkanäle im wesentlichen gleich hoch sein werden, da verlegungstiefe und rohrdurchmesser nicht voneinander abweichen werden. 72vgl. dietzel, hinsen, kallerhoff, a.a.o. rdnr. 165 sowie driehaus, kommunalabgabenrecht § 8, rdnr. 328, jeweils mit weiteren nachweisen. 73danach hat auch der beklagte vorliegend zu recht die hälfte der für die erneuerung des kanals entstandenen kosten in den beitragsfähigen aufwand einbezogen. dem steht nicht entgegen, daß die stadt x im rahmen der gebührenbedarfsberechnung für die nutzung des städtischen kanalsystems, wie die im verfahren vom kläger vorgelegte berechnung zeigt, von einem anderen verhältnis der eingeleiteten regenwasseranteile und einem nicht unerheblich höheren anteil des auf den grundstücken anfallenden regenwassers ausgeht, da beide ermittlungsmethoden, -grundlagen und -zwecke nicht vergleichbar sind. während nämlich bei der zuordnung der anteiligen kosten für die herstellung bzw. erneuerung des regenwasserkanals zur straßenentwässerung einerseits und grundstücksentwässerung andererseits grundlage die kostenersparnis ist, die dadurch eintritt, daß in der konkreten straße statt zwei getrennter regenwasserkanäle nur ein - gemeinsamer - kanal gebaut bzw. erneuert werden mußte, sind ausgangspunkt bei der berechnung der kanalbenutzungsgebühr nicht herstellungs- bzw. erneuerungskosten einzelner - konkreter - kanäle, sondern die betriebskosten für das gesamte kanalnetz der gemeinde. während in diesem rahmen von bedeutung ist, in welchem verhältnis die gesamte - vorhandene - städtische kanalisation durch das auf die straße im stadtgebiet anfallende regenwasser einerseits und das von den übrigen versiegelten flächen eingeleitete wasser andererseits in anspruch genommen wird, stellt sich bei der bemessung des straßenbaubeitrags allein die frage, welche kosten bei herstellung getrennter regenwasserkanäle entstanden wären und wie hoch dementsprechend die kostenersparnis im falle einer gemeinschaftlichen einrichtung ist. 74aus denselben erwägungen ist auch die annahme des klägers unzutreffend, mit den von ihm entrichteten grundbesitzabgaben und dem anschlußbeitrag sei auch der aufwand für die straßenentwässerung abgegolten, da diese abgaben ausschließlich auf den die grundstücksentwässerung betreffenden anteil erhoben und gezahlt werden. 75die für die maßnahme gewährten landeszuschüsse sind in zutreffender weise zur finanzierung der maßnahme verwendet worden. bei öffentlichen zuweisungen vom bund oder den ländern spricht eine vermutung dafür, daß sie zunächst zur abdeckung des von der gemeinde endgültig zu tragenden aufwands, d.h. zur deckung etwaiger nicht beitragsfähiger kosten sowie des gemeindeanteils am beitragsfähigen aufwand dienen. 76vgl. driehaus, erschließungs- und ausbaubeiträge, 5. auflage, njw-schriftenreihe heft 42, § 34, rdnr. 34 und 35 mit weiteren nachweisen. 77überschreitet die zuwendung die höhe der von der gemeinde endgültig zu tragenden kosten, kann der überschießende betrag - nur - dann den anliegern gutgeschrieben werden, wenn der zuschußgeber für diesen fall von vornherein auf eine rückzahlung des überschusses verzichtet hat. 78demgemäß bestimmt ziffer 8.10.5 der hier maßgeblichen "richtlinien über die gewährung von zuwendungen zur förderung städtebaulicher maßnahmen" (rd.erl. d. mls vom 16. märz 1983 - iii b 1-50.10-815/83 -, mbl.nw. s. 715), auf die der zuwendungsbescheid vom 13. november 1985 ausdrücklich bezug nimmt, daß zuwendungsfähig bei maßnahmen im sinne von § 8 kag allein der nach der beitragssatzung auf die gemeinde entfallende anteil ist. ob aus den zitierten richtlinien und dem zuwendungsbescheid ein etwaiger verzicht auf rückerstattung nicht zur deckung dieser kosten verwendeter fördermittel herauszulesen ist, kann vorliegend dahinstehen, da der beklagte den überschießenden betrag auf die beiträge der anlieger angerechnet hat, so daß diese jedenfalls nicht beschwert sind. 79sonstige fehler bei der ermittlung des beitragsfähigen aufwandes und der verteilung desselben auf die erschlossenen grundstücke sind nicht ersichtlich und wurden auch vom kläger nicht geltend gemacht. 80unter berücksichtigung des zutreffenden abrechnungsgebiets (l straße in der gesamten länge), d.h. eines berichtigten umlegungsfähigen aufwandes von 73.281,18 dm und der neuen summe der beitragsquadratmeter von 31.907,76 qm errechnet sich ein betrag von 2,296656 dm/qm. auf dieser basis entfällt auf das klägerische grundstück - unter berücksichtigung eines ebenfalls auf die gesamte erschließungsanlage umgerechneten zuschußanteils (gesamtbetrag der auf beide abschnitte anzurechnenden zuschüsse: 12.675,84 dm / 31.907,76 qm = 0,397265 dm/qm) - ein beitrag von 4204,10 dm. soweit mit dem angefochtenen bescheid ein diesen betrag übersteigender beitrag gefordert wird, war der bescheid aufzuheben; im übrigen war die klage abzuweisen. 81die kostenentscheidung folgt aus § 155 abs. 1 vwgo; die entscheidung hinsichtlich der vorläufigen vollstreckbarkeit beruht auf § 167 vwgo in verbindung mit §§ 708 nr. 11, 711 zpo. 82 |