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Einseins in Hoffenheim, einseins gegen Bremen, einszwei in Mainz. Das waren die Ergebnisse, die sie beim FC Bayern im Sommer 2009 davon überzeugt hatten, dass sie ihren Kader verstärken müssen. Also entschloss sich der Verein zu einer der nachhaltigsten Investitionen in seiner Geschichte: Für 25 Millionen Euro kam von Real Madrid der 25 Jahre alte Arjen Robben, der gemeinsam mit Franck Ribéry den FC Bayern prägte wie nur wenige andere Spieler. So wertvoll waren die beiden, dass der Kader jahrelang nur punktuell um die beiden herum verstärkt wurde. Bis zum nächsten Sommer. Dann endet zumindest die Zeit von Robben in München. "Es ist, glaube ich, mein letztes Jahr", sagte Robben am Sonntag beim Fanklub Bayernfreunde Tegernseer Tal. "Ich glaube, es war dann auch gut, zehn Jahre FC Bayern, sehr schön." Eine Würdigung in fünf Kapiteln. Das zweite Leben Wenige Tage nach seinem Wechsel wird Robben gegen Wolfsburg nach der Pause eingewechselt, er kommt für Hamit Altintop. 35 Minuten später hat er zwei Tore erzielt, eines davon selbstverständlich nach einem Sololauf, beide Tore bereitet Ribéry vor. Der FC Bayern gewinnt dreinull. In den 36 folgenden Saisonspielen schießt Robben 21 weitere Tore, darunter mehrere, die für immer gespeichert sind in der Videothek des Vereins. Im Pokalhalbfinale gegen Schalke rennt er in der 112. Minute die Seitenlinie entlang bis zur Grundlinie, von dort zieht er zurück in den Strafraum, insgesamt spurtet er an vier Spielern vorbei, dann schlenzt er den Ball ins Eck. "In der Verlängerung habe ich mein zweites Leben gefunden", erklärt er anschließend. Präsident Uli Hoeneß schwärmt: Robben sei "ein Weltklassespieler, der in jeder Sekunde ein Spiel entscheiden kann". Dazu zählt das Tor im Viertelfinale der Champions League bei Manchester United, als Robben nach einer Ecke von Ribéry den Ball volley ins Tor zaubert. Die Bayern gewinnen Meisterschaft und Pokal, verlieren aber im Finale der Champions League gegen Inter Mailand. Bei der Feier auf dem Rathausplatz bejubeln die Fans vor allem Ribéry und dessen frohe Botschaft: "Isch 'abe gemacht fünf Jahre mehr." Detailansicht öffnen Zwei, die nicht immer miteinander konnten: Arjen Robben und Franck Ribéry. (Foto: Andreas Gebert/dpa) Die Backpfeife Rib&Rob, Robbery, das sind schnell die Spitznamen dieser legendärsten Flügelzange der Münchner Fußballgeschichte. Legendär sind jedoch nicht nur ihre Sololäufe auf dem Platz, sondern auch die daneben. Gerade die ersten Jahre zwischen den beiden prägen Eifersüchteleien. Spielt einer nicht, schmollt er sofort, und der andere hat auffallend prächtige Laune. Hat der eine recht, fühlt sich der andere gleich im Unrecht. Im April 2012 eskaliert die Missgunst. Kurz vor der Pause im Spiel gegen Real Madrid gibt es einen Freistoß, Ribéry will schießen. Robben drängt ihn weg, er wirbt für den Schützen Kroos: "Lass Toni schießen, der hat im Training fast alles getroffen." Kroos trifft die Mauer. Ribéry beschimpft in der Halbzeitpause Robben, gibt ihm eine Backpfeife. Ein Jahr später gesteht Robben: "Ich dachte anfangs, das geht nicht, ich kann nicht mehr mit ihm spielen." Er habe ihm aber "vergeben". Elfmeter Finale in der Champions League 2012, in München, der FC Bayern gegen Chelsea, Robbens Ex-Klub. "Es hätte nicht besser geschrieben werden können", erinnert sich Robben später, "außer dass es sich in einen Albtraum verwandelt." Der FC Bayern hat bereits die Meisterschaft an Dortmund verloren, unter anderem, weil Robben in Dortmund einen Elfmeter verschießt. Das Team hat das Pokalfinale gegen den BVB 2:5 verloren, obwohl Robben vom Elfmeterpunkt trifft. Im Finale dahoam gegen Chelsea muss Bayern nach dem späten Ausgleich in die Verlängerung, in der 95. Minute gibt es einen Elfmeter. Robben schießt, eher mittig als nach rechts, Petr Cech pariert. Im folgenden Elfmeterschießen tritt Robben nicht an, Bayern verliert dennoch. Eine Woche später, beim Testspiel gegen die Niederlande, pfeifen die eigenen Fans Robben aus. Sie nennen ihn "Alleinikow". Der Streichler Vor dem Start der Saison 2012/13 sagt Sportvorstand Matthias Sammer über Robben: "Wir müssen ihn besser schützen." Trainer Jupp Heynckes schützt ihn vor allem, indem er ihn oft auf die Bank setzt, obwohl Robben erst wenige Monate zuvor gesagt hatte, dass dies für ihn die "Todsünde" sei. Von März bis Mai darf er nur fünfmal durchspielen. Es sind dennoch die wichtigsten Wochen seiner Karriere. In der Champions League trifft er in beiden Halbfinalspielen gegen Barcelona, im Finale gegen Dortmund in Wembley bereitet er das erste Tor vor, dann läuft er in der 89. Minute los. Vorbei an Mats Hummels. Vorbei an Neven Subotic. Dann streichelt er den Ball sanft ins Tor. Der Treffer zum Titel wird auf ewig gespeichert in der Videothek des Vereins, und die eigenen Fans singen seitdem: "Der Arjen hat's gemacht." Detailansicht öffnen 25. Mai 2013, London, Wembley-Stadion, die 89. Minute: Arjen Robben trifft gegen Roman Weidenfeller – es ist das Tor zum Champions-League-Titel. (Foto: Phil Noble/Reuters) Niemals satt Unter Heynckes' Nachfolger Pep Guardiola wird Robben noch einmal ganz anders geschätzt. In dessen Ballbesitzfußball gelten seine Sololäufe nicht als egoistisch, sondern als unberechenbar. "Ü-ber-ra-gend", schwärmt Guardiola einmal. Im ersten Jahr unter dem Katalanen schießt Robben 19 Tore, im zweiten 21, im dritten ist er oft verletzt. Das Bild von außen auf Robben gleicht sich nun seinem eigenen Selbstbild an, es ist das Bild von einem außergewöhlich ehrgeizigen Fußballer. "Der Hunger hat niemals nachgelassen." Im Frühjahr 2018 gewinnt er seine siebte deutsche Meisterschaft. Anfang Dezember 2018 sagt er: "Der Verein geht weiter, ich gehe vielleicht auch weiter und höre nicht ganz auf. Ich glaube, dass es dann zumindest das Ende einer sehr schönen und langen Periode ist." Robben überlegt wohl, noch ein Jahr in Eindhoven oder bei seinem Jugendverein in Groningen dranzuhängen. Und der FC Bayern geht weiter, indem er auf die Suche nach einem Ersatz für eine seiner besten Investitionen geht.
Nach zehn Jahren voller Höhen und Tiefen wird Arjen Robben die Münchner im Sommer verlassen. Eine Würdigung in fünf Kapiteln.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/fc-bayern-robben-abschied-1.4237411
Arjen Robben: Eine der besten Investitionen der Bayern
00/12/2018
Die Europa League 2 soll kommen, aber wer will eigentlich CFR Cluj gegen FC Milsami sehen? Es werden die Zuschauer sein, die die Schmerzgrenze bestimmen. Es war gewiss kein Auftritt, den die Welt gebraucht hat. Aber in Südamerika hat Gianni Infantino halt ein Heimspiel. Und weil der jüngste G-20-Gipfel in Argentinien stattfand, im Fußballreich Diego Maradonas, der ja mit einem (sicher lukrativen) Fifa-Beraterjob ausstaffiert ist und zudem ein enger Kick- und Feierkumpel des Weltverbands-Bosses, durfte also Infantino tatsächlich bei den Gipfel-Politikern in die Bütt. Dort lud er die üblichen PR-Banalitäten über die gesellschaftlichen Heilkräften des Kickergewerbes ab: Frauen, Integration, dingens, Gesundheit, äh, Jugend und Bildung - was man so runterbetet als affärenumtoster Fußballboss. Nichts erzählt hat er über reale Themen: Etwa darüber, wie er die Fifa mithilfe einer obskuren Investorengruppe ausschlachten will. Das hätte ja entlarvt, was der Werte-Kram in der Fifa wirklich zählt: nichts. Der Boss fädelt klammheimlich mit arabischen und anderen Geschäftskameraden den totalen Rechte-Ausverkauf ein (SZ vom 17.11.); parallel erzählt er seinen Vorständen monatelang von neuen Turnierformaten, die aber nur als Tarnung über diesen Ausverkauf gespannt worden sind: eine reformierte Klub-WM und eine neue Nations League. Seit das Projekt aufgeflogen ist, wurde es still darum. Und weil es nie ein gutes Zeichen ist, wenn der Autokrat zu heiklen Wirtschaftsthemen schweigt, halten stattdessen kritische Geister das Thema wach. Das ein oder andere Kontrollorgan in der Fifa will die Pläne des Patrons nun genauer studieren; und vor allem jene alarmierende Expertise, die dazu von den Topjuristen des Hauses verfasst wurde. Letztere können ihre Sorgen ja nicht mehr selbst darlegen, sie mussten leider gehen. Höchste Zeit also, dass Compliance- und Governance-Experten der Fifa ihre Fragen an den Herrscher richten. Zumal die fachkundigen Aufseher mit satten sechsstelligen Salären entlohnt werden: Wofür genau? Für ihre Expertenarbeit - oder fürs Wegschauen? Auch das ist nun zu klären. Uefa führt „Europa League 2“ ein Dublin - Die Uefa führt von der Saison 2021/22 an einen neuen Europacup ein. Neben Champions League und Europa League wird es einen dritten Wettbewerb geben, der vorerst den Namen Europa League 2 erhält. Das beschloss das Exekutivkomitee des Kontinentalverbandes am Sonntag. Aus der Bundesliga wird der Sechste oder Siebte der Tabelle der Vorsaison vertreten sein, in der Europa League dann nur noch zwei statt maximal drei Teams, inklusive Pokalsieger. An allen drei Wettbewerben werden je 32 Teams teilnehmen, die Europa League wird also um 16 Teams reduziert. Die Zahl aller Vereine in Europapokal-Wettbewerben erhöht sich von 80 auf 96. Nach der Gruppenphase der EL 2 spielen die Gruppenersten und -zweiten mit den Gruppendritten der Europa League eine K.o.-Runde, gespielt wird wie in der Europa League donnerstags, manche Partien beginnen künftig bereits um 16.30 Uhr. Der Wunsch nach einem neuen Wettbewerb kam speziell aus den Schwellenländern des europäischen Fußballs. Teams aus Ländern wie Rumänien, Österreich, Schweden oder Ungarn versprechen sich die Chance, in einem internationalen Wettbewerb länger dabei zu sein. DPA Die Diaspora glaubt an sich, die Frage ist aber, was die Zuschauer tun Zudem rumort es in einem anderen Gremium. Das World Leagues Forum (WLF), das - unter Führung des deutschen Liga-Chefs Christian Seifert - die wichtigsten Ligen der Welt versammelt, lehnte soeben Infantinos Reformpläne zu Klub-WM und Nations League erneut strikt ab. Den Sonnenkönig früh und rigoros auszubremsen, zeugt von Weitblick. Zumal nächste Woche Infantinos Taskforce zum Thema tagt; irgendeinen Dreh wird er sich da schon einfallen lassen. Andererseits ist es nicht so, dass der Fußballbetrieb seine Marktgrenzen für ausgereizt hält. Sonst müsste sich das WLF, das aus Zusammenschlüssen hunderter Klubs besteht, auch gleich gegen diesen neuen, dritten Vereinswettbewerb in Europa wehren, der jetzt gegründet worden ist: Arbeitstitel Europa League 2. Diese wird unterhalb von Champions League und Europa League ausgetragen, mit 32 Teilnehmern. Das genau wollen sie also, die Klubs: Noch mehr Spiele. Für noch mehr Geld, so hoffen sie. Aber wer will CFR Cluj gegen FC Milsami sehen, außerhalb Rumäniens und Moldawiens? Die Diaspora glaubt an sich, die Frage ist aber, was die Zuschauer tun. Jüngste Erhebungen zeigen, dass in Europas fünf Topligen die Fans bereits im Schnitt pro Jahr 701 Euro für den Fußball ausgeben. Wo ist die Schmerzgrenze? Dass die Branche sogar vor- und nachmittags spielen würde, liegt in der Natur der Goldmine Profifußball. Warum auch nicht? Das Ende des Booms wird die Zahlkundschaft bestimmen. So lange rasen die Fußball-Züge dahin, und Medien und Sponsoren rasen mit. Gebremst wird erst, wenn die Passagiere abspringen. Dann kommt ja nur noch die Wand.
Die Europa League 2 soll kommen, aber wer will eigentlich CFR Cluj gegen FC Milsami sehen? Es werden die Zuschauer sein, die die Schmerzgrenze bestimmen.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/uefa-europa-league-europapokal-1.4237414
Dritter Europapokal-Wettbewerb - Noch mehr Spiele, noch mehr Geld
00/12/2018
Seit 1956 vergibt die Fachzeitschrift France Football jedes Jahr den Ballon d'Or - eine Auszeichnung für den Weltfußballer des Jahres in Form eines goldenen Balls. In diesem Jahr gab es bei der Verleihung in Paris ein Novum: Erstmals wurde auch die beste Fußballerin des Jahres geehrt. Die Norwegerin Ada Hegerberg von Olympique Lyon konnte die von der Fifa unabhängige Wahl für sich entscheiden. Die 23-Jährige hatte mit ihrer Mannschaft die Saison 2017/2018 der Division 1 Féminine gewonnen. Beim Ballon d'Or setzte sich Hegerberg gegen die Dänin Pernille Harder vom VfL Wolfsburg und ihre Teamkollegin und deutsche Nationalspielerin Dzsenifer Marozsán durch. So weit, so fortschrittlich. Denn dass Sexismus im Sport trotz einer Trophäe für die beste Fußballerin immer noch ein Thema ist, zeigte sich traurigerweise bereits kurz nachdem Hegerberg die Bühne verlassen hatte. Dort wurde sie von einem der Moderatoren des Abends, dem französischen DJ Martin Solveig, in Empfang genommen. Diesem fiel offenbar keine bessere Frage an die Preisträgerin ein, als diese nach ihren Twerking-Künsten zu fragen. Bei dem Tanz geht es vereinfacht ausgedrückt darum, möglichst effektvoll mit dem Hintern zu wackeln. Martin Solveig really asked Ada Hegerberg, the first ever Ballon D'Or winner, to twerk. The absolute disrespect bruh. pic.twitter.com/Mtc5DBjS7a — A West (@ayyy_west) 3. Dezember 2018 Hegerberg reagierte sichtlich entnervt und wandte sich mit einem entschiedenen "Nein!" von ihrem Gesprächspartner ab. In Videoausschnitten aus dem Saal ist ein Raunen des Publikum zu hören. Auch der französische Nationalspieler Kylian Mbappé, der die Auszeichnung als bester Nachwuchsspieler gewann, scheint die Szene mit Befremden zu beobachten. Ein offensichtlich "schlechter" Scherz In den sozialen Medien sorgte der Zwischenfall für Entsetzen. Einer der prominentesten Kritiker war der britische Tennis-Star Andy Murray. "Ein weiteres Beispiel für den lächerlichen Sexismus, den es noch immer im Sport gibt", schrieb der zweimalige Wimbledonsieger: "Warum müssen sich Frauen immer noch mit solchem Scheiß abgeben?" Solveig selbst versuchte sich via Twitter in Schadensbegrenzung. In einem ersten Video-Post sagte der Musiker, er habe mit seiner Frage niemanden kränken wollen. Es habe sich um einen Scherz gehandelt, offensichtlich um einen "schlechten". Als Entschuldigung führte er seine mangelnden Kenntnisse der englischen Sprache und Kultur an (die Frage hatte Solveig Hegerberg allerdings auf Französisch gestellt). Im späteren Verlauf der Verleihung hatte Hegerberg eingewilligt, einen normalen Tanz mit Solveig vorzuführen. I explained to @AdaStolsmo the buzz and she told me she understood it was a joke. Nevertheless my apologies to anyone who may have been offended. Most importantly congratulations to Ada pic.twitter.com/DATdg0TfQk — Martin Solveig (@martinsolveig) 3. Dezember 2018 Später postete er noch ein Foto von sich und der Fußballerin, inklusive Trophäe. Dazu schrieb er, dass er mit Hegerberg über den Aufruhr gesprochen habe - diese habe ihm versichert, dass sie verstanden habe, dass das Ganze als Witz gemeint gewesen sei. "Dennoch entschuldige ich mich bei allen, die möglicherweise beleidigt wurden", fügte Solveig hinzu. Die Veranstalter, die mit dem Abend ein Zeichen für Gleichberechtigung im Sport setzen wollten, dürften sich wohl trotzdem zweimal überlegen, ob sie den DJ ein weiteres Mal buchen.
Eigentlich sollte die erstmalige Auszeichnung einer Weltfußballerin beim Ballon d'Or zeigen, dass die Gleichberechtigung auch im Sport angekommen ist. Doch einer der Moderatoren hatte das wohl noch nicht mitbekommen.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/sexismus-hegerberg-twerking-1.4238349
Fußball: Sexismus-Eklat beim Ballon d'Or
00/12/2018
Im Dauerregen von Franken hat Bayer Leverkusen beim 1. FC Nürnberg den Anschluss ans obere Tabellendrittel der Fußball-Bundesliga verpasst. Trotz klarer spielerischer Vorteile im vom Fanboykott begleiteten ersten Montagsspiel dieser Saison musste sich die Werkself mit einem 1:1 (1:0) begnügen und versagte Trainer Heiko Herrlich zum 47. Geburtstag den zweiten Bundesligasieg nacheinander. Der Club belohnte sich nach einer Leistungssteigerung in der zweiten Hälfte vor 32 238 Zuschauern zumindest mit einem Punkt, wartet aber dennoch seit sieben Partien auf einen Dreier. Immerhin bleiben die Franken auf dem 15. Tabellenplatz, die Leverkusener verbesserten sich auf Rang elf. Nationalspieler Kai Havertz brachte Bayer in der 30. Minute auf dem heftig durchnässten Rasen mit einem gefühlvollen Schuss in Führung. Georg Margreitter (56.) bewahrte den FCN vor der sechsten Niederlage am Stück gegen Leverkusen. Der Punkt ist für Nürnberg schmeichelhaft, weil Leverkusen über weite Strecken besser war. Trotz teilweise großer Pfützen kombinierten die Gäste in der Offensive schneller und spielten sich früh die ersten Chancen heraus. Erst scheiterte Karim Bellarabi (9.) aus spitzem Winkel an FCN-Keeper Fabian Bredlow, der den verletzten Christian Mathenia ersetzte. Eine Minute später ging ein abgefälschter Schuss von Sven Bender an die Latte - und nach einer halben Stunde folgte die verdiente Führung. Nach einem Patzer von Kevin Goden spielte Bayer seine offensive Klasse aus: Über Initiator Julian Brandt landete der Ball nach einer zu kurzen Faustabwehr von Bredlow vor den Füßen von Havertz, der den Ball locker ins Tor hob. Die Mannschaft von Trainer Michael Köllner kam kaum zur Entlastung. Zwar hatte Club-Vorstand Andreas Bornemann seinem Coach vor dem Spiel nicht zum ersten Mal das Vertrauen selbst für den Fall des Abstiegs in die 2. Liga ausgesprochen. Die Jobgarantie für Köllner zeigte aber an diesem Abend keine Wirkung.
Leverkusen hat in Nürnberg einen Sieg verschenkt. Die Werkself war im Dauerregen dem Aufsteiger überlegen, aber der Club rettete ein 1:1.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/montagsspiel-remis-im-nuernberger-regen-1.4238331
Remis im Nürnberger Regen
00/12/2018
Basketball, Nationalteam: Die deutschen Basketballer haben den Knacks von Patras bestens verdaut und nehmen den Gruppensieg in der WM-Qualifikation wieder entschlossen ins Visier. Drei Tage nach der Niederlage im Spitzenspiel in Griechenland schlug das Team von Trainer Henrik Rödl ohne Dennis Schröder und Co. den Außenseiter Estland in Ludwigsburg problemlos mit 87:70 (41:27). Johannes Thiemann (18) und Andreas Seiferth (14) waren die besten Werfer für Rödls Team, das bereits im September das Ticket für das Turnier 2019 in China gelöst hatte. Mit dem neunten Sieg im zehnten Spiel bleibt Deutschland Tabellenführer Griechenland dicht auf den Fersen. Die Entscheidung über den Gruppensieg fällt in den letzten beiden Quali-Spielen am 21. Februar in Israel und drei Tage später in Bamberg gegen die Griechen, die am Freitag (84:92) etwas cleverer waren. Fußball, Auszeichnung: Das persönliche Triple von Luka Modric ist perfekt: Durch seinen erstmaligen Sieg bei der prestigeträchtigen "Ballon d'Or"-Wahl der französischen Fachzeitung France Football holte der kroatische Vizeweltmeister von Champions-League-Gewinner Real Madrid nach seinen Ehrungen als "Europas Fußballer des Jahres" und "Weltfußballer des Jahres" auch die dritte und letzte große individuelle Auszeichnung in 2018. Der 33-Jährige setzte sich bei der Wahl durch Fachjournalisten aus aller Welt vor Europameister Cristiano Ronaldo (Portugal/Juventus Turin) sowie den französischen Weltmeistern Antoine Griezmann (Atletico Madrid) und Kylian Mbappe (Paris St. Germain) durch. Argentiniens Superstar Lionel Messi (FC Barcelona), wie Ronaldo fünfmaliger Weltfußballer, kam auf den fünften Rang. Der brasilianische Topstar Neymar (Paris St. Germain) verfehlte als Zwölfter sogar eine Top-10-Platzierung. Deutsche Spieler und Profis aus deutschen Vereinen standen nicht auf der Nominierungsliste mit insgesamt 30 Namen. Bei der Premiere des "Goldenen Balls" für Frauen erreichte die deutsche Nationalmannschafts-Kapitänin Dzsenifer Marozsan vom französischen Champions-League-Gewinner Olympique Lyon mit Rang drei ein starkes Ergebnis. Mehr Stimmen sammelten nur ihre siegreiche Klubkollegin Ada Hegerberg aus Norwegen und die dänische Europa-Fußballerin Pernille Harder vom deutschen Double-Gewinner VfL Wolfsburg. FC Bayern, Transfer: Uli Hoeneß hat Berichten widersprochen, wonach der Transfer des französischen Weltmeisters Benjamin Pavard vom Fußball-Bundesligisten VfB Stuttgart zu Rekordmeister Bayern München bereits fix sei. "Wenn der Wechsel in trockenen Tüchern wäre, würde ich es hier jetzt bekannt geben", sagte Hoeneß am Montag bei einer Veranstaltung der Stuttgarter Nachrichten. Der 22-jährige Pavard sei aber "natürlich ein Spieler, der uns interessiert", bekannte Hoeneß (66): "Momentan ist aber keine Transferperiode und das Thema nicht aktuell." Dies werde auch nicht im Winter der Fall werden, beteuerte Hoeneß. Zuletzt war spekuliert worden, der FC Bayern habe den rechten Außenverteidiger für die kommende Saison bereits für 35 Millionen Euro Ablöse verpflichtet. Basketball, NBA: Moe Wagner hat bei seinem vierten Einsatz die ersten Punkte gesammelt. Beim klaren 120:96 (61:46) gegen die Phoenix Suns durfte der 2,11 m große Center der Los Angeles Lakers im Schlussviertel für zehn Minuten aufs Parkett und kam auf starke zehn Punkte und drei Rebounds. Wagner traf dabei zwei Dreier und ließ sich von Fans und Mitspielern im Staples Center feiern. "Er hat gerade gelernt, wie man ein Fahrrad fährt. Das war der Moment, wir sind begeistert", sagte Teamkollege LeBron James. Der Superstar spielt selbst erst seit der laufenden Saison für die Kalifornier. Als Wagner seinen ersten Zähler per Freiwurf erzielt hatte, flippte Tyson Chandler vor der Lakers-Bank aus, und JaVale McGee donnerte sein weißes Handtuch auf den Boden. "Ich habe ihre Reaktion gesehen, das war ein cooler Moment für mich", sagte Wagner. Champions League: Der Videobeweis wird in der Champions League schon ab dem Achtelfinale der laufenden Saison zum Einsatz kommen. Das Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union (Uefa) mit DFB-Präsident Reinhard Grindel stimmte am Montag in Dublin für die vorzeitige Einführung der Technik, die eigentlich erst ab der Spielzeit 2019/20 in der Königsklasse zum Einsatz kommen sollte. In der Europa League wird immerhin das Finale in Baku (29. Mai 2019) vom "VAR" (Video Assistant Referee) überwacht werden. Zudem wird der Videobeweis beim Finalturnier der Nations League (5. bis 9. Juni 2019 in Portugal) sowie bei der U21-EM 2019 in Italien (16. Juni bis 30. Juni) verwendet werden. "Wir sind früher bereit, den Videoassistenten einzusetzen und davon überzeugt, dass er große Vorteile für unsere Wettbewerbe haben wird", sagte Uefa-Präsident Aleksander Ceferin. Fußball, Frankreich: Der französische Fußball-Meister Paris St. Germain hat am 15. Spieltag der Ligue 1 erstmals in dieser Saison Punkte liegen gelassen. Nach 14 Siegen in Folge reichte es für das Star-Ensemble von Trainer Thomas Tuchel beim Liga-Elften Girondins Bordeaux nur zu einem 2:2 (1:0). Die Tabelle führt PSG dennoch mit komfortablen 14 Punkten Vorsprung auf HSC Montpellier an. "Ich bin nicht enttäuscht über die Leistung meiner Mannschaft, sondern über die Vorstellung des Schiedsrichters", sagte Tuchel und bezog sich auf eine strittige Strafraumsituation, die allerdings keinen Elfmeterpfiff zugunsten von PSG zur Folge hatte. Im Stade Matmut-Atlantique ging der Hauptstadtklub durch Neymar (34.) und Kylian Mbappe (66.) zweimal in Führung, Jimmy Briand (53.) sowie dem dänischen Nationalspieler Andreas Cornelius (84.) gelang jedoch jeweils der Ausgleich für den Gastgeber. Die Nationalspieler Julian Draxler und Thilo Kehrer spielten bei PSG durch, Draxler bereitete den zweiten Treffer von Mbappe mit einem feinen Zuspiel von der Mittellinie vor. FC Bayern, Winterpause: Trotz der anhaltenden Kritik am WM-Ausrichter 2022 hält der deutsche Fußball-Rekordmeister Bayern München an seinem Trainingslager in Katar fest. Präsident Uli Hoeneß bestätigte bei seinem Fanklub-Besuch am Sonntag in Forchheim, dass der FC Bayern sich auch im Januar 2019 im Emirat auf die Rückrunde vorbereiten werde. "Dort gibt es hervorragende Trainingsbedingungen", sagte Hoeneß. Die Bayern werden wohl von 4. bis 10. Januar ihr Trainingslager in Katar abhalten. Münchens Verbindungen nach Katar sorgen wegen der Menschenrechtssituation im Gastgeberland der WM-Endrunde 2022 wiederholt für Kritik. Die Fluglinie Qatar Airways ist Ärmelsponsor der Münchner. Die Bayern halten schon seit mehreren Jahren ihr Winter-Trainingslager in dem Wüstenstaat ab. In der vergangenen Saison hatte sich erstmals auch das Frauen-Team der Münchner in Katar auf die Bundesliga-Rückrunde vorbereitet.
Dem Team von Trainer Rödl gelingt der neunte Erfolg im zehnten Spiel. Luka Modric gewinnt den "Ballon d'Or". Der Pavard-Transfer zu den Bayern ist nicht fix.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/sieg-gegen-estland-deutschlands-basketballer-dominieren-wm-quali-1.4238340
Sieg gegen Estland - Deutschlands Basketballer dominieren WM-Quali
00/12/2018
Daumen hoch für Southampton? Ralph Hasenhüttl wird wohl in Kürze wieder als Trainer arbeiten. Als der Fußballtrainer Mark Hughes im Mai mit dem FC Southampton den Klassenerhalt in der Premier League geschafft hatte, bekam er zum Dank einen neuen Dreijahresvertrag überreicht. Der ist jetzt quasi sein Abschiedsgeschenk. Bereits neun Monate nach seiner Verpflichtung hat Southampton den 55 Jahre alten Hughes am Montag schon wieder freigestellt. In 14 Saisonpartien gelang Southampton unter Hughes nur ein Erfolg, mit neun Punkten steht der Verein auf einem Abstiegsplatz. In der Vorsaison hatte der Waliser die Saints, die Heiligen, im März übernommen, nachdem der Klub aus der englischen Hafenstadt am Ärmelkanal mit dem argentinischen Trainer Mauricio Pellegrino in Abstiegsnot geraten war. Doch im Anschluss an die Rettungstat schaffte es Hughes nicht, ein Konzept zu präsentieren, das der Mannschaft eine offensive Spielidee vermittelt und zudem die talentierten Jugendspieler der hauseigenen Akademie mit einbindet. Nach SZ-Informationen soll diese Aufgabe nun Ralph Hasenhüttl, 51, übernehmen, der bis zum Sommer bei RB Leipzig tätig war und als nächsten Schritt in seiner Trainerkarriere schon länger eine Tätigkeit in der Premier League anvisierte. Am Samstag hat Hasenhüttl bereits in Southampton im Stadion das 2:2 gegen Manchester United begutachtet. Bislang ist allerdings kein Vertrag unterschrieben, die Verhandlungen zwischen beiden Parteien laufen noch. An diesem Mittwoch, beim anstehenden Auswärtsspiel von Southampton gegen Tottenham Hotspur, wird Hasenhüttl noch nicht auf der Bank sitzen. Dann soll es aber schnell gehen. Als bislang größter Erfolg des Trainers Hasenhüttl gelten Rang zwei in der Bundesliga mit RB Leipzig in der Saison 2016/17 sowie der Erstliga-Aufstieg mit dem FC Ingolstadt 2015. Nun sieht es danach aus, dass der in Graz geborene Hasenhüttl der erste österreichische Trainer in der Premier League wird.
Vor einem Jahr galt er als Kandidat für den FC Bayern, jetzt steht der ehemalige Trainer von RB Leipzig davor, den FC Southampton zu übernehmen - die Verhandlungen laufen.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/hasenhuettl-fc-southampton-trainer-1.4237417
Hasenhüttl soll Trainer bei FC Southampton werden
00/12/2018
Dieter Hecking hat null Probleme damit, den Gegner zu loben, wenn es dafür die zwingende Notwendigkeit gibt. Am Sonntagabend zum Beispiel, die Gladbacher hatten in der Leipziger Arena gerade eine 0:2-Niederlage verkraften müssen, da huldigte der Trainer erst mal der Abwehrarbeit des Gastgebers, der nicht nur "sehr", sondern gleich "sehr, sehr gut" verteidigt hätte. Und auch zum Leipziger Torwart Peter Gulacsi wurde Hecking befragt: Ob der denn derzeit der beste Bundesliga-Torhüter sei? Man müsse da Ralf Rangnick fragen, sagte Hecking, der Leipzig-Coach erlebe ihn im Training ja viel öfter als er. Und dann schob er nach: "Er hat die Null gehalten. Das war sicher sehr sinnvolles Halten von ihm." Sinnvolles Halten, das lässt sich durchaus in Zahlen ausdrücken: Sieben von 13 Bundesligapartien konnte Leipzig bisher ohne Gegentreffer überstehen - der Spitzenwert der Liga. Und wer sich ein bisschen tiefer in die Schüsse und Schüsschen eingräbt, die da zuletzt aufs Leipziger Tor zugeflogen sind, findet auch weiteres belastbares Material, das Gulacsi als derzeit recht passablen Torhüter ausweist: Von 46 Bällen, die ungehindert auf ihn zukamen, wehrte der Torwart 37 ab, eine Fangquote von 80,4 Prozent, die Nationaltorhüter Manuel Neuer (Fangquote von 58 Prozent) neidisch machen dürfte. Nur der Mainzer Robin Zentner kommt auf einen besseren Wert, bei allerdings erheblich weniger Spielen. Also, warum läuft's denn so gut, Herr Gulacsi? "Weil ich viel trainiere", sagt der 28-Jährige. Ach so. Es gibt zwei Beobachtungen, die man derzeit zu RB Leipzig aufstellen kann, die eine hat mit Gulacsi tun, die andere mit der Mannschaft vor ihm: Die Leipziger sind in der aktuellen Saison sehr stark aufs Verteidigen gepolt, was sich am Sonntag in einer Antwort von Trainer und Sportdirektor Rangnick verdichtete: Klar, er habe sich über die zwei Tore von Timo Werner gefreut, noch mehr aber darüber, wie der Stürmer im Spiel gegen den Ball aufgetreten sei. "Das wünsche ich mir von ihm für die kommenden Wochen." "Ich mache meinen Teil", sagt Gulacsi nur zu seiner Leistung Auf den Positionen, die standesgemäß fürs Verteidigen zuständig sind, kann sich Leipzig an zwei Talenten erfreuen, die vor einem Jahr in den Verein gelotst wurden: Ibrahima Konaté, 19 Jahre jung, und Dayot Upamecano, 20 Jahre alt, über die Gulacsi nach der Partie gegen Gladbach sagte: "Die beiden sind unglaublich." Körperlich robust, flink zur Stelle, wenn sie gebraucht werden, "die können Bälle abfangen", sagte der Torhüter am Sonntagabend, weil er ja ohnehin findet: Die Mannschaft macht ihm den Job durch die konzentrierte Abwehrarbeit leicht. "Dann hat der Torwart mal die Chance, den Ball zu halten. Ich mache meinen Teil, die Jungs machen ihren auch, und es hat gut geklappt heute." 2015 kam Gulacsi nach Leipzig, es ist seine erste Bundesliga-Station. Nach der Jugend in Ungarn hatte es ihn ins Reserveteam des FC Liverpool verschlagen und auch mal zum Zweitligisten Hull City, bevor er 2013 zu RB Salzburg kam, wo er zum besten Torhüter der Liga gewählt wurde. Ein Umstand, der einen ja umgehend auf die Autobahn Richtung Nordsachsen befördern kann. Vielleicht ist die aktuelle Form nur eine Momentaufnahme - auf jeden Fall passt sie jedoch nicht mehr zu den Szenen, die Gulacsi bei seiner Premiere für Leipzig erlebte: September 2015, zweite Runde im DFB-Pokal gegen den Viertligisten SpVgg Unterhaching, Endstand: 3:0 für den Außenseiter.
Leipzigs Peter Gulacsi ist der zurzeit beste Torhüter in der Fußball-Bundesliga. Dass der Ungar dabei nicht viel Aufhebens um seine Person macht, kommt der Mannschaft zugute.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/bundesliga-rb-leipzig-gulacsi-1.4237422
Leipzigs Peter Gulacsi ist kaum zu überwinden
00/12/2018
Makoto Hasebe ist ein Bestsellerautor. Das ist in Deutschland nicht so bekannt, hier steht Makoto Hasebe vor allem als Fußballer von Eintracht Frankfurt in der Öffentlichkeit. Bei der Eintracht nennen sie den 34 Jahre alten Profi, der sich in seiner Freizeit mit Philosophie beschäftigt, liebevoll "Hase". Sein Werk "Die Ordnung der Seele - 56 Gewohnheiten, um den Sieg zu erringen" war in seiner Heimat Japan ein Verkaufsschlager.
Die aufsteigende Form des eigenen Angriffstrios stärkt beim VfL die Hoffnung, dass das Team zusammenwächst.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/wolfsburg-aus-dem-lehrbuch-des-hasen-1.4237425
Aus dem Lehrbuch des Hasen
00/12/2018
Wenn die Dinge zusammenkommen, lohnt sich manchmal ein Blick in die Zeit, in der sie fast auseinanderfielen. Es war im Januar 2017, der Skirennfahrer Stefan Luitz rutschte beim Riesenslalom in Adelboden erst von der Ideallinie, dann aus dem Rennen - wieder ein Flüchtigkeitsfehler, obwohl er bis dahin einen formidablen Lauf aufgeführt hatte, wieder einmal. Luitz, so hat sich Mathias Berthold, der Cheftrainer der deutschen Männer, später im Gespräch erinnert, habe danach "fast alles infrage gestellt, nach dem Motto: Ich schaff's einfach nicht." Aber das sah Berthold gar nicht ein. "Das wird immer mal wieder passieren, Fehler darf man machen", sagte er. Dann fragte er Luitz: "Hey, was lernst du jetzt eigentlich daraus? Wenn man sagt: Ich lern daraus, ist das nicht genug. Du musst das gleich mit einer Aufgabe verknüpfen." Also setzten sie sich ein paar Ziele, und seit diesem frostigen Tag im Berner Oberland lesen sich Luitz' Erträge in seiner Paradedisziplin so: Dritter, Fünfter, Vierter, Dritter, Zweiter, Kreuzbandriss, Erster. Am Sonntagabend grüßte Stefan Luitz, 26, vom SC Bolsterlang tatsächlich von der höchsten Stelle des Podests, nach dem ersten Riesenslalom des Winters in Beaver Creek, USA. Es war sein erster Triumph im Weltcup, sieben Jahre nachdem er in der höchsten Klassenstufe des alpinen Skisports debütiert hatte. Luitz ist zudem erst der dritte Deutsche nach Max Rieger (1973) und Felix Neureuther (2014), der einen Riesenslalom im Weltcup gewonnen hat. Das ist die eine, historische Komponente, die seinen Erfolg versüßte. Die andere ist seine Vita, seine frühe Begabung, die Flüchtigkeitsfehler, der Kreuzbandriss vor einem Jahr, als Luitz gerade dabei war, zu einem Stammgast in der Weltelite aufzusteigen. Und nun, nach elf Monaten Wettkampfabsenz gewann er plötzlich den Hauptpreis. "Verrückt", japste Luitz im Ziel. Marcel Hirscher, der Olympiasieger aus Österreich, bester Riesenslalomfahrer der vergangenen Jahre und am Sonntag Zweiter, übermittelte in einer Art präsidialen Grußbotschaft: "Stefan ist es von Herzen zu vergönnen, weil er einen der schwersten und steinigsten Wege im Weltcup hatte." Erfolgsgeschichten wie die von Luitz sind immer auch Frustgeschichten; Luitz hatte die Nerven seiner Vorgesetzten in all den Jahren ja doch öfter strapaziert, als allen Beteiligten lieb war. Da waren seine ersten Erfolge, Platz zwei in Val d'Isère vor sechs Jahren etwa, der erste Kreuzbandriss, ein formidabler erster Lauf bei den Winterspielen 2014, der kurz vor dem Ziel mit einer schweren Panne endete: Luitz fädelte am letzten Tor ohne Not ein, statt einer möglichen Medaille winkte ein Platz im olympischen Kuriositätenkabinett. Nach Sotschi übernahm Mathias Berthold die Männer-Abteilung. Der Österreicher hatte schon während seiner Zeit im Heimatverband bemerkt, wie "superschnell" dieser Luitz war - aber er streute eben auch immer wieder diese Fehler ein, vor allem einen, den er sich in seinen Lehrjahren eingefangen hatte. "Das sitzt so tief drin, das ist wahnsinnig schwer rauszubekommen", sagte Berthold, er müsse da ein ganzes Bewegungsmuster austreiben. Und das flammte meist dann auf, wenn Luitz abgelenkt war, wie im Januar 2017 in Adelboden. Wolfgang Maier, der deutsche Alpindirektor, sagte damals halb wohlwollend, halb grantig: "Mein Unvollendeter, seit Jahren." Als höre man Franz Schuberts gleichnamige Sinfonie, der nach zwei monumentalen Sätzen der krönende dritte fehlt. Die wichtigste Hausaufgabe, die Berthold nach seiner Unterredung mit Luitz in Adelboden stellte, war die: "Wir haben ihn mehr aufs Skifahrerische gelenkt, dass er mit der Konzentration nicht schon bei irgendeiner Schlüsselstelle ist, an die man erst drei Tore später hinkommt. Und dadurch den Fokus verliert." So konnte man an Luitz' Entwicklung fortan studieren, was passiert, wenn beides zusammenkommt: ein starkes Betreuerteam im Verband und ein Hochbegabter, der diese Ressourcen annimmt. Fritz Dopfer, der in Beaver Creek nach einem starken ersten Lauf im zweiten auf Platz 24 rutschte, sagte schon vor einem Jahr: "Stefan hat an den richtigen Schrauben gedreht, hat seine Ernährung noch mal umgestellt, hat mit einem Mentaltrainer gearbeitet - er ist in sich sehr gestärkt, sehr ruhend, extrem professionell." Es gebe "wenige bei uns, die das so ernsthaft angehen". Wenn ein Kapitel dann früh endet, wie nach Luitz' Verletzung im Dezember 2017, kann freilich genauso gut etwas Neues anfangen. "Viele haben mich damals angesprochen und gemeint: Scheiße", hat Luitz neulich erzählt. Er habe dann stets entgegnet: "Nein, das ist ein Kreuzbandriss. Es gibt so viel Schlimmeres auf der Welt." Er sah seine Verletzung auch als Chance, in den ersten Trainingswochen nach der Reha: "Man versucht von Anfang an diese Fehler, die sich in der Technik eingeschlichen haben, zu minimieren." In Beaver Creek war dann beides stabil, Kopf und Technik. Gut, Luitz leistete sich im zweiten Lauf wieder "ein paar große Fehler", aber er behielt diesmal die Kontrolle, und mit Fehlern kann es im Skisport auch so sein: Wer Fehler macht, ist schnell. Und jetzt? Dass Luitz im ersten Rennen nach seiner schweren Verletzung den Status des Unvollendeten fürs Erste abgestreift hat, das überrascht schon. Dass er so oder so auf dem Weg dorthin war, davon waren sie im deutschen Team aber schon ausgegangen. Nun verschafft ihnen der Coup auch etwas Linderung, nachdem Kitzbühel-Sieger Thomas Dreßen am Freitag das Kreuzband gerissen war. Und ein gewisser Felix Neureuther steigt bald ja auch wieder in den Weltcup ein, vielleicht schon am kommenden Wochenende in Val d'Isère - nach Daumenbruch und Kreuzbandriss.
Zwei Tage nach Thomas Dreßens Kreuzbandriss verschafft Stefan Luitz dem Deutschen Skiverband ein unverhofftes Erfolgserlebnis: Der 26-Jährige gewinnt nach vielen Rückschlägen sein erstes Weltcup-Rennen.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/stefan-luitz-ploetzlich-vollendet-1.4238050
Plötzlich vollendet
00/12/2018
Andreas Eder sprach ruhig und bedächtig, als er am Sonntagabend frisch geduscht in den Katakomben der Münchner Olympia-Eishalle erschien, um das kurz zuvor zu Ende gegangene Eishockeyspiel Revue passieren zu lassen. Das passte zu seinem Naturell, denn der 22-Jährige ist kein ein Lautsprecher. Seine gute Laune schimmerte trotzdem auf subtile Art und Weise durch. Etwa als er auf seinen Aushilfs-Sturm-Partner Ryan Button, der eigentlich Verteidiger ist, zu sprechen kam und sagte, dieser habe seine Sache besser als sonst gemacht. Oder als der Stürmer des EHC Red Bull München in den Raum stellte, dass Training sowieso überbewertet sei. Grinsen. Pause. Lachen.
"Jetzt können sie ganz Europa zeigen, was für ein starkes Team sie sind": Der EHC München trifft auf die Malmö Redhawks im Viertelfinale der Champions League.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/eishockey-gruesse-aus-chicago-1.4237435
Grüße aus Chicago
00/12/2018
Lohmann meint vielmehr, dass ihm zusehends Stammpersonal verloren geht. In Ann-Christin Steinhart, die schwanger ist, und Sara Markovic, die aus privaten Gründen eine Handballpause einlegt, hat sich nun auch die Verletzung von Vera Laipple als "veritabler Knieschaden" herausgestellt. Vor allem die zielstrebige Laipple fehlt im Rückraum, was sich beim Gastspiel in Baden-Württemberg unschön bemerkbar machte. Denn nach einer ausgeglichenen ersten Halbzeit, nach der die Gäste mit 14:16 Toren durchaus aussichtsreich im Rennen lagen, gingen dem jungen und dezimierten Kader die Körner aus. Pforzheim schraubte den Vorsprung schell auf fünf Tore (19:14) und hielt die HSG, trotz guter Leistungen von Toptorschützin Bema Belba (6), Isabell Toth und Nicole Huber (je 5), stets in diesem Bereich. Was auch an den 16 Toren von Desire Kolasinac lag, die vor zwei Jahren noch für Nellingen in der Bundesliga spielte und für die TG zweistellig zu treffen pflegt. Immerhin konnte sich Lohmann über die starke Leistung von Simone Padberg freuen, die für die HSG normalerweise noch in der A-Jugend spielt. Ralf Tögel Langsam, sagt Claus Lohmann, "wird es eng". Damit meint der Trainer der Würmtaler Wildkatzen, wie sich die Drittliga-Handballerinnen der HSG Würm-Mitte nennen, nicht einmal den Tabellenplatz. Seine Mannschaft steht nach der 28:35-Auswärtsniederlage bei der TG 88 Pforzheim als Zehnter auf dem ersten Abstiegsplatz. Selbst das schmuddelige und kalte Winterwetter hält Lisa Antl nicht davon ab, vom Bahnhof zur Sporthalle mit dem Skateboard zu rollen. Davor ist sie schon mehr als eine Stunde Zug gefahren, von Ingolstadt, wo sie lebt, nach Gröbenzell, wo sie Handball spielt. Auf diese Weise reist Antl drei Mal pro Woche zum Training und zu den Heimspielen. Häufig ist sie erst um Mitternacht wieder zu Hause in Ingolstadt. Das mag manch einer für verrückt halten, aber genau diese Leidenschaft zeichnet die 18-jährige Kreisläuferin des HCD Gröbenzell auch auf dem Spielfeld aus. Fleiß schlägt Talent, ist ihr Motto, wobei sie mit beidem gesegnet ist. Beim 32:26 (16:11) ihres HCD Gröbenzell gegen Aufsteiger SG Kappelwindeck/Steinbach macht Antl sieben Treffer, viele nach ähnlichem Muster: Zuspiel am Kreis, schnelle Drehung um die Gegenspielerin, Wurf. Als ihr der Ball dabei einmal in den Kreis kullert, springt sie hinterher und schlägt ihn im Flug ins Netz. Das Publikum goutiert diesen Einsatz mit lautem Applaus, und selbst Gäste-Trainer Arnold Manz lobt: "Lisa Antl hat das überragend gemacht heute, Kompliment." Ihr eigener Trainer, Hendrik Pleines, ist während des Spiels nicht immer so begeistert. Schon in der ersten Halbzeit zitiert er seine Kreisläuferin mehrmals an den Seitenrand, um über ihre Laufwege zu sprechen. "Sie hat heute ein gutes Spiel gemacht, manchmal fehlt ihr aber noch die taktische Disziplin." In der zweiten Halbzeit gerät Pleines dann kurzzeitig in Rage, was aber nicht an Antl allein liegt, sondern am taktischen Verhalten des gesamten Teams. "Acht, neun Minuten lang hat der Gegner eine komplette Manndeckung gespielt, in denen wir unclever sind und nach zehn Sekunden den Weg in die Tiefe suchen, anstatt uns ohne Ball zu bewegen und anspielbar zu sein." Die Folge waren viele Ballverluste im Aufbau und das Zusammenschrumpfen der Sieben-Tore-Führung auf vier Treffer. Mehr nicht, denn die meiste Zeit sieht Pleines gegen einen "saustarken", sehr offensiv deckenden und selbstbewussten Aufsteiger eine disziplinierte Leistung seines Teams. Die Gäste sind zwar zunächst besser im Spiel und führen 1:0 und 2:1, nach einigen Minuten bekommen die Gröbenzellerinnen aber die beiden hochtalentierten 17-jährigen Rückraumakteurinnen der Badener, Laetitia Quist und Stephanie Elies, besser in den Griff. Mitte der ersten Halbzeit trifft Antl zum 9:8, und von da an gibt der HCD die Führung nicht mehr aus der Hand. Kurz vor der Pause muss Quist wegen der dritten Zweiminutenstrafe auf die Tribüne, kein Nachteil für den HCD: "Sie ist eine wahnsinnig gefährliche Spielerin, die Disqualifikation war ein Schlüssel zum Sieg heute", sagt Pleines. Im zweiten Durchgang spielt Johanna Leubner auf Gröbenzeller Seite groß auf. Die Außenspielerin erzielt dabei fünf ihrer insgesamt sieben Treffer. In den vergangenen Wochen hat sie noch gehadert, weil sie als Rechtshänderin auf der Rechtsaußenposition nicht in Schwung kam. Nach dem Spiel ist sie erleichtert: "Ich bin ein Mensch, der so etwas ab und zu braucht und da viel Selbstbewusstsein rausziehen kann." Das ist auch das, was Pleines aus diesem Spiel mitnimmt für die nächsten Wochen. Das Selbstbewusstsein, dass seine Mannschaft selbst nach einer misslungenen Vorbereitung ein gutes Spiel abliefern kann. Denn erst am Montag vor dem Spiel hatte er erfahren, dass die Wildmooshalle wegen Reparaturarbeiten bis zum Wochenende gesperrt sei. Das Team durfte zwar beim Ligakonkurrenten Würm-Mitte und beim TuS Fürstenfeldbruck trainieren, was "aller Ehren wert sei", so Pleines, das Abschlusstraining aber musste ausfallen. Man habe die holprige Trainingswoche dem Spiel schon etwas angemerkt, findet auch Antl hinterher. Ansonsten sei es ein "ganz normales Drittligaspiel" gewesen. Die vielen Anweisungen ihres Trainers ist sie gewohnt und findet sie gut, nur so könne sie sich weiterentwickeln. Mit ihrer Leistung an diesem Abend ist sie zufrieden, was bei der ehrgeizigen und selbstkritischen 18-Jährigen nicht immer der Fall ist. Ihre Einstellung hat sie schon weit gebracht, in diesem Jahr nach Ungarn, wo sie die U-20-Weltmeisterschaft gespielt hat. Pleines sagt: "In ihrer Altersklasse ist sie eine der besten Kreisläuferinnen in Deutschland, vielleicht die beste." Irgendwann will Antl erste Bundesliga spielen. Bis es soweit ist, wird sie noch einige Male mit Bahn und Skateboard durch Bayern rollen. Wobei das in Zukunft weniger werden dürfte: Am Tag vor dem Duell gegen Kappelwindeck hat sie ihre Führerscheinprüfung bestanden.
Jung, ehrgeizig, talentiert: Die Kreisläuferin Lisa Antl, 18 Jahre, steht beispielhaft für den Drittligisten HCD Gröbenzell.
muenchen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/handball-groebenzeller-erfolgsmuster-1.4237092
Gröbenzeller Erfolgsmuster
00/12/2018
Nach dem Timeout wischt Trainer Luca Burci erst die Taktik von der Tafel, dann den Schweiß von seiner Stirn und schaut auf die Anzeige. Noch eine Minute. Drei Punkte Rückstand. 18 Zähler hatte der MTSV Schwabing schon zurückgelegen. Eigentlich zu viel, um gegen den Vorjahreszweiten der Basketball-Regionalliga noch einmal zurückzukommen - aber jetzt hat das Team die Chance zum Ausgleich. Jens Großmann wirft den Ball zu Joshua Obiesie. Zwei Verteidiger rennen zu Schwabings bestem Spieler, versuchen seinen Wurf zu verhindern, doch er passt zurück zu Großmann. Großmann, völlig frei hinter der Dreierlinie, springt, wirft, trifft. 75:75. Schwabings Bankspieler und die 70 Zuschauer springen auf. 19 Sekunden vor Schluss hat Obiesie die Chance, mit dem letzten Angriff das Spiel zu entscheiden, doch der Ball springt ihm beim Dribbling von der Hand. Es geht in die Overtime. "Es war ein sehr intensives, ein sehr emotionales Spiel. Wir haben uns von dem 18-Punkte-Rückstand nicht beeindrucken lassen - und plötzlich waren wir wieder da", sagte Burci nach dem Spiel. Der MTSV Schwabing, vor dem Spiel Vierter, empfing den Favoriten der 1. Regionalliga. Die Oberhaching Tropics stehen punktgleich mit Leitershofen an der Tabellenspitze. In ihrem Kader stehen in Christian Hustert und Moritz Wohlers zwei Ex-Schwabinger, die vor dem Spiel freundlich begrüßt wurden. Für Wohlers sollte sich das noch ändern. Es war ein Spiel mit Höhen und Tiefen. Zwei Mal holten die Schwabinger einen großen Rückstand auf. Doch in der Verlängerung machte die junge Mannschaft die selben Fehler wie schon im ersten und dritten Viertel: "Wir haben in der Verteidigung nicht kommuniziert, haben viel zu schnell abgeschlossen und dann die Würfe nicht getroffen", so Burci. So war Oberhaching schnell mit zehn Punkten vorne gelegen, am Ende des ersten Viertels waren es 14. Doch Schwabing blieb dran. Mitte des zweiten Viertels führte der 18-jährige Juniorennationalspieler Obiesie sein Team zu einem 9:0-Punkte-Lauf. Mit schnellen Angriffen verkürzten die Münchner den Abstand auf drei Punkte. Doch kaum war Obiesie auf der Bank, erlahmte die Offensive der Gastgeber, in der Verteidigung offenbarte sich der körperliche Unterschied zu den Tropics: Immer wieder holten sich die Gäste Offensivrebounds und kamen leicht in die Zone, wo sie fast die Hälfte ihrer Punkte machten. So wuchs ihr Vorsprung zur Halbzeit wieder auf neun Punkte. "Teilweise haben wir nicht richtig ausgeboxt. Die sind von draußen reingelaufen und haben sich die Rebounds geholt, das war für uns der Killer", sagte Burci. Die zweite Halbzeit begann, wie die erste aufgehört hatte: Oberhaching dominierte. Die Gäste schafften es im Angriff immer wieder, den starken Point Guard John Boyer ins Eins-gegen-eins mit Schwabings Center Marco Lachmann zu schicken, der in diesem Duell kaum eine Chance hatte. Nach einem 8:0-Lauf schien das Spiel so gut wie entschieden. Doch wieder war es Obiesie, der die Aufholjagd antrieb. Er steht bereits beim Erstligisten s.Oliver Würzburg unter Vertrag, wo er spätestens in der kommenden Saison zum Profikader stoßen soll. Am Ende kam er auf 25 Punkte und vier Assists. Oberhaching versuchte ihn mit allen Mitteln zu stoppen. Der rund 30 Kilo schwerere ehemalige Bundesligaprofi Wohlers räumte Obiesie in dessen stärkster Phase mit einem harten Foul in der Luft ab. Der junge Schwabinger blieb lange am Boden liegen, während Assistenztrainer Robert Scheinberg auf Wohlers zustürmte und sich nur schwer beruhigen ließ. Scheinberg ist nicht nur Kopf der Schwabinger Basketballer, er ist auch Ziehvater des hochtalentierten Obiesie. Es ging weiter, zudem kam auch Isaiah Ihnen, ebenfalls Jugendnationalspieler, besser ins Spiel, holte in der zweiten Halbzeit acht Rebounds und traf zwei wichtige Dreier. So kam es zur 18-Punkte-Aufholjagd - und der vergebenen Siegchance wenige Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit. In der Verlängerung war Schwabing chancenlos, Oberhaching startete einen 9:0-Lauf und gewann 89:80. "Ich hätte mir einen Sieg gewünscht", sagte Burci, "den Tabellenzweiten zu schlagen, wäre möglich gewesen, aber es gibt ja auf jeden Fall ein Rückspiel." Immer wieder hatte er zuvor lautstark mit den Schiedsrichtern diskutiert, mit denen er unzufrieden war, aber "deswegen haben wir nicht verloren." Kurz vor Schluss gerieten die Schwabinger Teamkollegen Ihnen und Lachmann lautstark aneinander und wurden vom Trainer in die Kabine geschickt. "Es war eben ein emotionales Spiel. Unsere Leute kochen, die schreien sich auch mal an. Aber am Ende ist das alles nur Blabla", sagte Burci beschwichtigend. In zwei Wochen kommt es in der Schwabinger Morawitzkyhalle zum Derby gegen die Hellenen München. Spätestens dann sollte der Streit beigelegt sein.
Der MTSV Schwabing verliert ein hitziges Regionalliga-Derby gegen Oberhaching - die Tropics bleiben damit an der Tabellenspitze.
muenchen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/basketball-das-hat-ein-rueckspiel-1.4237094
Das hat ein Rückspiel
00/12/2018
Wer weiß das schon, aber vielleicht wird dieses Spiel einmal als jenes in Erinnerung bleiben, in dem die Alpenvolleys aus Tirol ihr Meisterstück abgeliefert haben; in dem sie endgültig in dieser für sie noch immer irgendwie fremden Bundesliga angekommen sind. Diese Tragweite hatte das Duell am Sonntagabend in der Innsbrucker Olympiahalle jedenfalls. Dort, wo die beste Stimmung herrschte, seit sich der österreichische Dauermeister vor eineinhalb Jahren per Wildcard und protegiert von seinem deutschen Projektpartner und Lizenznehmer TSV Unterhaching der höchsten deutschen Spielklasse angeschlossen hat. Den sprachlich so sperrigen Hypo Tirol Alpenvolleys Haching war ja ein locker-leichter Coup gelungen, sie waren im Duell des ungeschlagenen Tabellenführers gegen den Meister einfach über die Berliner hinweggefegt, mit 3:0 (25:19, 25:22, 25:16), nach nicht einmal 80 Minuten. Wie ein Segelflugzeug bei Föhnwind. Es war ihr erster Sieg gegen ein Großkaliber, von denen es in Friedrichshafen und Berlin nur zwei gibt in der Liga - oder eben gab, wenn man die Leistung der Alpenvolleys vom Sonntag zugrunde legt. Das war ihrem Manager Hannes Kronthaler am wichtigsten - dass sie endlich einen der beiden Topklubs geschlagen haben. "Wir haben bewiesen, dass die Tabellenführung kein Zufall ist", sagte der Bauunternehmer Kronthaler, der fast platzte vor Stolz, als er nach dem Schlusspfiff die Spieler und das Trainerteam herzte. Nicht nur das: Sie hatten Berlins mächtigen Manager Kaweh Niroomand den Abend gewaltig verdorben, was auch erst mal einer schaffen muss. "Heute war null, nichts, da gibt es auch nichts schönzureden", schimpfte Niroomand schon kurz nach dem Schlusspfiff und holte zur Generalkritik aus: "Das ist noch keine Mannschaft, wir haben keine Verantwortlichkeiten, keine Führungsspieler, keine Hackordnung. Und ich sehe da leider auch keinen Fortschritt." Fortschritte machten nur die Alpenvolleys, auch im Vergleich zu ihrem stark herausgespielten, aber unnötig knappen 3:2-Erfolg im CEV-Cup-Hinspiel vom Donnerstag gegen Novi Sad. Danilo Gelinski? Ist derzeit wohl der beste Zuspieler der Liga - und einer ihrer brachialsten Aufschläger. Wie er Berlin gleich zweimal mit frechen Finten am Netz bezwang, zeugte von seinem Spielwitz. Kirill Klets? Der anfangs so verschüchterte 2,10-Meter-Schlaks wurde gegen die Volleys zum wertvollsten Spieler gekürt, er entwickelt sich immer mehr zu dem Diagonalmann, der Spiele alleine entscheiden kann. Hugo da Silva und Pawel Halaba? Die Außenangreifer haben gerade noch Schwankungen von der Höhe des Patscherkofels, aber gegen Berlin überzeugten sie vollends. Auch die Blocker erledigten ihren Job, Matthew Pollock hatte selbst im Angriff eine 100-Prozent-Quote. Mehr und mehr kristallisiert sich heraus, dass die vielen neuen und wenigen alten Spieler zu einer Einheit werden. "3:0 gegen den deutschen Meister, das passiert selten. Es gibt nicht viel, was wir schlecht gemacht haben", sagte selbst Alpenvolleys-Trainer Stefan Chrtiansky, ansonsten ein kritischer Geist. Die "Wochen der Wahrheit" hatten sie ausgerufen Mitte der vergangenen Woche. Das klang recht dramatisch, andererseits ist es ja tatsächlich so, dass dieser Dezember ihnen aufzeigen wird, wo sie wirklich stehen. In der Liga treffen sie auf sämtliche starken Gegner, Novi Sad im CEV-Cup ist auch alles andere als ein einfaches Los. Die Serben waren erst in der letzten Qualifikationsrunde zur Champions League gescheitert. Zwei dieser richtungsweisenden Spiele haben die Alpenvolleys nun schon gewonnen, das zweite auf eine beeindruckende Art und Weise. Wobei man natürlich einschränkend hinzufügen muss, dass das seit Saisonbeginn ohnehin kriselnde Berlin ein Schatten seiner selbst war. "Wie stark die Alpenvolleys wirklich sind, wird man erst sehen, wenn sie auf eine Mannschaft treffen, die Widerstand leistet", sagte der angesäuerte Niroomand. Das war aber eher als ein weiterer verbaler Niederschlag gegenüber seiner Mannschaft zu verstehen denn als Kritik am Gegner. Düren, Frankfurt, nun die Alpenvolleys - drei verlorene Ligaspiele und Platz fünf sind weit weg vom Anspruch dieses Klubs. Und nun kommt auch noch ein Konkurrent, den man von Berlin aus nur erreicht, wenn man nach München fliegt und dann weiter mit dem Bus durch die Berge zuckelt. Und dem man dann innerhalb einer guten Stunde unterliegt. "Ich glaube, diese Mannschaft und der Standort tun der Bundesliga gut", hatte Berlins Trainer Cedric Enard trotzdem noch vor der Partie gesagt. "Völlig zu Recht befinden sich die Alpenvolleys in der Spitzengruppe." Das ist leicht untertrieben. Sie führen die Tabelle mit makellosen 18 Zählern an, drei Punkte vor Friedrichshafen. Verrückte Welt. Im Sommer 2017 waren die Alpenvolleys mit dem Dreistufenplan angetreten, im ersten Jahr Fünfter zu werden, im zweiten Dritter und im dritten am liebsten Meister. Idealerweise. Nun sind sie im ersten Jahr Dritter geworden und im zweiten noch immer ungeschlagen - bis auf dieses unpassende 0:3 im DVV-Pokal in Düren. "Man sieht, wir reden hier nicht von heißer Luft. Wir können auf diesem Niveau mitspielen", sagte Kronthaler, dem endlich auch die Atmosphäre in der Olympiahalle gefiel. "Die Stimmung war perfekt. Klar, es könnten mehr als 1200 Zuschauer sein, aber sie werden wiederkommen. Heute kann man nix finden in der Suppe." Nicht das kleinste Haar. Kronthaler hatte zuletzt ja schon leise Zweifel geäußert, ob sein Projekt denn irgendwann auch bei den Fans zünden würde. Und nun, kapert Österreich erstmals den Bundesliga-Titel? "Die deutsche Meisterschaft ist noch ein weiter Weg. Aber wir nehmen alles mit, was geht", sagte Trainer Chrtiansky. Er scherzte nicht, was den anderen Klubs Sorgen machen sollte. Für seine eigenen Spieler hatte Chrtiansky noch ein Wellnessprogramm auf dem Plan: "Fitness, Sauna, Regeneration" am Montag. Einen Tag später reisen die Alpenvolleys schon mit dem Flieger über Wien nach Belgrad, und dann weiter mit dem Bus nach Novi Sad. In den serbischen Hexenkessel, den sie kaum erwarten können nach ihrer gelungenen Feuertaufe.
In kaum 80 Minuten fegen die Alpenvolleys über den Meister Berlin hinweg. Mit ihrem 3:0-Erfolg in Innsbruck beweisen sie ihren Fans und sich selbst, dass ihr Projekt auf einem ausgezeichneten Weg ist.
muenchen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/volleyball-nichts-als-die-wahrheit-1.4237086
Nichts als die Wahrheit
00/12/2018
Versbach, Uentrop und Bendigo haben nicht viel gemeinsam. Am ehesten vielleicht, dass keiner dieser Orte zum Allgemeinwissen zählt. Versbach ist ein Ortsteil von Würzburg, Uentrop gehört zu Hamm, Bendigo wiederum liegt 200 Kilometer von Melbourne entfernt und ist am ehesten durch den victorianischen Goldrausch bekannt. Man kann mit großer Sicherheit davon ausgehen, dass ungeachtet aller Bodenschätze die Tischtennisspieler Daniel Rinderer (FC Bayern München) und Laura Tiefenbrunner (TSV Schwabhausen) klar für Bendigo gewesen wären, wenn sie sich ihren Aufenthaltsort für das vergangene Wochenende hätten aussuchen können. Denn dort werden zurzeit die Jugend-Weltmeisterschaften ausgetragen. Und beide haben es dorthin geschafft. Für den FC Bayern hatte Rinderers Fehlen am Wochenende keine Auswirkungen. Das Regionalliga-Spitzenspiel der Münchner beim noch ungeschlagenen SB Versbach ist um drei Wochen nach hinten verlegt worden. Rinderer kam in Bendigo bislang einmal im Teamwettbewerb zum Einsatz, beim 3:0 in der Vorrunde gegen Argentinien gewann er sein Einzel. Laura Tiefenbrunner muss sich in Australien noch etwas länger gedulden: Das deutsche Mädchen-Team ist nicht qualifiziert, die 16-Jährige wird aber in Einzel, Doppel und Mixed starten. Ihr Fehlen hatte durchaus Auswirkungen auf ihren Verein, denn dessen Zweitliga-Heimspiel gegen Tabellenführer TuS Uentrop am Samstag fand statt - allerdings hat Schwabhausen den Ausfall seiner Jüngsten locker weggesteckt. Mit 6:2 gewannen die Gastgeberinnen die Partie deutlich und schoben sich damit auf Rang zwei vor, einen der beiden Aufstiegsplätze. "Es ist schwer zu erklären", sagte Alexander Yahmed später beinahe ratlos. Er habe eigentlich immer das Gefühl gehabt, "dass die anderen besser sind", doch irgendwie sei es dann zum ersten Mal so richtig gut gelaufen. Dabei seien die Gäste, die vor einem Jahr ihren Rückzug aus der zweiten Liga mangels Geld verkündet und nach einer Rettungsaktion später wieder zurückgenommen hatten, zurzeit "die stärkste Mannschaft". Und noch nach den verlorenen Auftaktsätzen seiner beiden Doppel habe er befürchtet: "Oh, oh, heute gibt es Prügel." Doch beide Schwabhauser Duos drehten ihre Partien in 3:1 Sätzen. Die seit Wochen formstarke Nummer eins Mateja Jeger erhöhte zum 3:0-Zwischenstand. Damit stand Uentrops estnische Spitzenspielerin Airi Avameri gewaltig unter Druck. Das nutzte Schwabhausens Abwehrspielerin Alina Nikitchanka zu einem 3:1-Sieg. Die Weißrussin war für Tiefenbrunner ins vordere Paarkreuz gerutscht, die dort in dieser Saison ohnehin einen schweren Stand hat. Nachdem die Gäste durch Siege gegen Sarah Mantz und Christina Feierabend auf 2:4 verkürzt hatten, machten erneut Jeger und Nikitchanka den deutlichen Sieg perfekt. "Alina versteht immer besser, was ich von ihr erwarte", sagte Yahmed, vor allem mehr Variationen, um unberechenbarer zu werden. "Sie hat viel umgesetzt." Noch immer weiß der TSV nicht, ob er am Saisonende überhaupt aufsteigen will. Aber sportlich hat er nun wieder einen Platz eingenommen, der ihn dafür qualifizieren würde.
Die Zweitligafrauen des TSV Schwabhausen bezwingen Tabellenführer Uentrop überraschend klar. Dabei fehlt ihnen eine ihrer Jugendnationalspielerinnen.
muenchen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/tischtennis-unerklaerlich-gut-1.4237088
Sport in der Region
00/12/2018
Nach ihrem durchwachsenen Saisonstart hat sich Viktoria Rebensburg mit einem Podestplatz im Super-G von Lake Louise zurückgemeldet. Die beste Athletin des Deutschen Skiverbands (DSV) musste sich am Sonntagabend nur der Amerikanerin Mikaela Shiffrin und Ragnhild Mowinckel aus Norwegen geschlagen geben. Shiffrin war 0,83 Sekunden schneller als Rebensburg und trug sich mit dem ersten Weltcup-Sieg im Super-G in ihrer Karriere in die Sportgeschichtsbücher ein: Sie hat nun in allen fünf klassischen Disziplinen mindestens ein Mal gewonnen (Slalom, Riesenslalom, Super-G, Abfahrt, Kombination). Nimmt man die noch jungen Parallelrennen hinzu, ist Shiffrin sogar der erste alpine Skiprofi, der in allen Disziplinen erfolgreich war. Auf die Norwegerin Mowinckel fehlten Rebensburg nur sechs Hundertstelsekunden. Nach einem vierten Platz zum Auftakt des WM-Winters in Sölden als bislang bestes Ergebnis gelang der Olympiasiegerin von 2010 in Kanada nun der erste Vermerk unter den besten Drei. Rebensburg sorgte damit auch für das zweite deutsche Podestresultat in Lake Louise. Am Freitag war Kira Weidle in der Abfahrt Dritte geworden und erstmals in ihrer Karriere zu einem Podiumsplatz gefahren. Am Sonntag verpasste die 22-Jährige aus Starnberg im Super-G - wie alle anderen DSV-Fahrerinnen außer Rebensburg - die Punkteränge. "Das war eine gute und solide Fahrt", sagte Rebensburg zu ihrer Leistung. "Im unteren Teil war ich nicht die Allerschnellste, da wäre noch Luft nach oben gewesen. Mikaela hat gezeigt, dass das Limit bei mir nicht ausgereizt war." Nach dem wechselhaften Saisonstart hatte sich die routinierte Athletin am ersten Speedwochenende des neuen Winters frisches Selbstvertrauen verschaffen wollen - und landete in den beiden Abfahrten zunächst auf den enttäuschenden Rängen 16 und 18. Mit dem Schwung vom Super-G will Rebensburg nun auch am nächsten Wochenende beim Super-G von St. Moritz überzeugen. Die Speed-Rennen am Wochenende darauf in Val d'Isère wurden am Montag wegen Schneemangels abgesagt. In der Disziplin habe sie "ein gutes Gefühl in diesem Jahr", sagte Rebensburg. Der Super-G zählt zwar zu den schnelleren Wettbewerben, kommt der Deutschen aber mehr entgegen als vielen klassischen Schnellfahrerinnnen, weil die 29-Jährige auf den kurvigeren Kursen ihre Kompetenz als Riesenslalom-Fahrerin einbringen kann. Nicht zu schlagen war Weltcup-Gesamtsiegerin Shiffrin, die auch eher eine Technik-Spezialistin ist - und nun die siebte Skirennfahrerin der Geschichte, die in allen fünf klassischen Disziplinen siegte. Das Kunststück war vor ihr nur ihrer aktuell verletzten Teamkollegin Lindsey Vonn, den Schwedinnen Pernilla Wiberg und Anja Pärson, Janica Kostelic aus Kroatien, der Österreicherin Petra Kronberger und Tina Maze aus Slowenien gelungen. "Ich kann es gar nicht glauben", sagte die 23 Jahre alte US-Athletin, die mit ihrem 46. Sieg im alpinen Skiweltcup ihren Vorsprung in der Gesamtwertung der noch jungen Saison weiter ausbaute.
Viktoria Rebensburg wird im Super-G von Lake Louise Dritte - und holt sich nach ihrem durchwachsenen Saisonstart neues Selbstbewusstsein.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/ski-alpin-frischer-schwung-1.4237427
Frischer Schwung
00/12/2018
Die Biathlon-Saison ist am Sonntag gestartet - und das deutsche Team hat viele personelle Wechsel erlebt. Kann es so die Erfolge des vergangenen Winters wiederholen? Die Biathlon-Saison ist am Sonntag mit den ersten Mixed-Staffeln gestartet, und schon jetzt zeigt sich, dass in dieser Saison einiges anders sein wird. Das deutsche Team hat - trotz der erfolgreichen Olympischen Spiele mit sieben Medaillen - viele personelle Wechsel erlebt, vor allem im Betreuerstab. Die bekannten Athletinnen und Athleten sind dagegen weiterhin dabei - mit Ausnahme von Doppel-Olympiasiegerin Laura Dahlmeier, die derzeit pausiert. Im zweiten Teil der Wintersport-Vorschau blicken die SZ-Biathlon-Experten Saskia Aleythe und Volker Kreisl mit Moderator Christopher Gerards auf die Saison. Sie erläutern die Wechsel im deutschen Trainer-Team, sprechen über die Pause von Laura Dahlmeier und über die Frage, ob in der Männer-Konkurrenz erneut Martin Fourcade und Johannes Thingnes Bö dominieren werden. Außerdem geht es um den Skandal, der den Biathlon-Verband Internationale Biathlon-Union erschüttert hat. In der weiten Welt des Sports braucht es manchmal einen tieferen Einblick - den bietet "Und nun zum Sport", der neue Podcast der Süddeutschen Zeitung. SZ-Sportredakteure bieten Einschätzungen, die über den reinen Ergebnisbericht hinausgehen. Sie finden den Sport-Podcast auf iTunes, Spotify, Deezer, Soundcloud und allen anderen gängigen Podcast-Apps. Alle Informationen finden Sie unter sz.de/podcast. Sie erreichen die Redaktion dieses Podcasts via podcast@sz.de.
Die Biathlon-Saison ist am Sonntag gestartet - und das deutsche Team hat viele personelle Wechsel erlebt. Kann es so die Erfolge des vergangenen Winters wiederholen?
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/biathlon-team-deutschland-1.4238081
Biathlon - das ist neu im deutschen Team
00/12/2018
Der Deutsche glänzt bei den LA Lakers - Lob kommt sogar von LeBron James. Der Videobeweis wird in der Champions League ab dem Achtelfinale eingeführt. Basketball, NBA: Deutschlands Basketball-Hoffnung Moritz Wagner hat bei seinem vierten Einsatz in der nordamerikanischen Profiliga NBA die ersten Punkte gesammelt. Beim klaren 120:96 (61:46) gegen die Phoenix Suns durfte der 2,11 m große Center der Los Angeles Lakers im Schlussviertel für zehn Minuten aufs Parkett und kam auf starke zehn Punkte und drei Rebounds. Wagner traf dabei zwei Dreier und ließ sich von Fans und Mitspielern im Staples Center feiern. "Er hat gerade gelernt, wie man ein Fahrrad fährt. Das war der Moment, wir sind begeistert", sagte Teamkollege LeBron James. Der Superstar spielt selbst erst seit der laufenden Saison für die Kalifornier. Als Wagner seinen ersten Zähler per Freiwurf erzielt hatte, flippte Tyson Chandler vor der Lakers-Bank aus, und JaVale McGee donnerte sein weißes Handtuch auf den Boden. "Ich habe ihre Reaktion gesehen, das war ein cooler Moment für mich", sagte Wagner. Champions League: Der Videobeweis wird in der Champions League schon ab dem Achtelfinale der laufenden Saison zum Einsatz kommen. Das Exekutivkomitee der Europäischen Fußball-Union (Uefa) mit DFB-Präsident Reinhard Grindel stimmte am Montag in Dublin für die vorzeitige Einführung der Technik, die eigentlich erst ab der Spielzeit 2019/20 in der Königsklasse zum Einsatz kommen sollte. In der Europa League wird immerhin das Finale in Baku (29. Mai 2019) vom "VAR" (Video Assistant Referee) überwacht werden. Zudem wird der Videobeweis beim Finalturnier der Nations League (5. bis 9. Juni 2019 in Portugal) sowie bei der U21-EM 2019 in Italien (16. Juni bis 30. Juni) verwendet werden. "Wir sind früher bereit, den Videoassistenten einzusetzen und davon überzeugt, dass er große Vorteile für unsere Wettbewerbe haben wird", sagte Uefa-Präsident Aleksander Ceferin. Fußball, Frankreich: Der französische Fußball-Meister Paris St. Germain hat am 15. Spieltag der Ligue 1 erstmals in dieser Saison Punkte liegen gelassen. Nach 14 Siegen in Folge reichte es für das Star-Ensemble von Trainer Thomas Tuchel beim Liga-Elften Girondins Bordeaux nur zu einem 2:2 (1:0). Die Tabelle führt PSG dennoch mit komfortablen 14 Punkten Vorsprung auf HSC Montpellier an. "Ich bin nicht enttäuscht über die Leistung meiner Mannschaft, sondern über die Vorstellung des Schiedsrichters", sagte Tuchel und bezog sich auf eine strittige Strafraumsituation, die allerdings keinen Elfmeterpfiff zugunsten von PSG zur Folge hatte. Im Stade Matmut-Atlantique ging der Hauptstadtklub durch Neymar (34.) und Kylian Mbappe (66.) zweimal in Führung, Jimmy Briand (53.) sowie dem dänischen Nationalspieler Andreas Cornelius (84.) gelang jedoch jeweils der Ausgleich für den Gastgeber. Die Nationalspieler Julian Draxler und Thilo Kehrer spielten bei PSG durch, Draxler bereitete den zweiten Treffer von Mbappe mit einem feinen Zuspiel von der Mittellinie vor. FC Bayern, Winterpause: Trotz der anhaltenden Kritik am WM-Ausrichter 2022 hält der deutsche Fußball-Rekordmeister Bayern München an seinem Trainingslager in Katar fest. Präsident Uli Hoeneß bestätigte bei seinem Fanklub-Besuch am Sonntag in Forchheim, dass der FC Bayern sich auch im Januar 2019 im Emirat auf die Rückrunde vorbereiten werde. "Dort gibt es hervorragende Trainingsbedingungen", sagte Hoeneß. Die Bayern werden wohl von 4. bis 10. Januar ihr Trainingslager in Katar abhalten. Münchens Verbindungen nach Katar sorgen wegen der Menschenrechtssituation im Gastgeberland der WM-Endrunde 2022 wiederholt für Kritik. Die Fluglinie Qatar Airways ist Ärmelsponsor der Münchner. Die Bayern halten schon seit mehreren Jahren ihr Winter-Trainingslager in dem Wüstenstaat ab. In der vergangenen Saison hatte sich erstmals auch das Frauen-Team der Münchner in Katar auf die Bundesliga-Rückrunde vorbereitet.
Der Deutsche glänzt bei den LA Lakers - Lob kommt sogar von LeBron James. Der Videobeweis wird in der Champions League ab dem Achtelfinale eingeführt.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/basketball-wagner-zeigt-sein-koennen-in-der-nba-1.4236827
Wagner zeigt sein Können in der NBA
00/12/2018
Der Konflikt mit seinem früheren Partner Paul Breitner sagt einiges über Uli Hoeneß aus. Aber längst nicht so viel wie seine Sätze über die mögliche Zukunft mit Oliver Kahn. Nun hat also auch Rudi Völler etwas zum Thema Hoeneß/Breitner gesagt, das schlohweiße Gewissen der Bundesliga, der Elder Statesman aus Leverkusen. Von der Bild am Sonntag zum Zerwürfnis der beiden 1974er-Weltmeister befragt, hob Völler zunächst seine "Wertschätzung für Breitners Leistungen als Spieler" hervor - schlug sich dann aber auf die Seite von Hoeneß: Gemessen daran, "wie viele Leute" Breitner über die Jahre schon "verletzt" habe, könne er Hoeneß verstehen, wenn der "den Paul nicht als moralische Instanz akzeptiert". Da hatte Völler wie so oft recht, übersah aber, wie ebenfalls oft, auch etwas. Die Posse um Breitners Verbannung von der Münchner Ehrentribüne erzählt ja nicht nur viel über Breitner und seine Rolle als ewiger Heckenschütze im Bayern-Kosmos. Sie erzählt halt auch viel über Hoeneß. Darüber, dass der Bayern-Präsident die Arena offenbar als sein Refugium begreift, in dem für Störenfriede kein Platz ist. Und auch darüber, welche Halbwertszeit Hoeneß' Versprechen haben. Am Freitag hatte Hoeneß verkündet, zum Thema nichts mehr zu sagen. Zwei Tage später sprach er auf einem Fantreffen wieder ausführlich darüber ("Paul Breitner ist nicht Opfer, sondern Täter"). Auch Kahn gehört gerade nicht zur Generation 2006 Auch Klaus Allofs hat am Wochenende sein Sätzchen zur Causa beigetragen. Allofs riet Hoeneß, er solle "eine gewisse Toleranz zeigen" und "milder sein". Allofs saß dabei in einem Sky-Studio, und wahrscheinlich haben sich manche Zuschauer gedacht, dass sie diesen Allofs nun schon eine Weile nicht mehr gesehen haben. Rudi Völler, Weltmeister von 1990, ist jetzt 58, Klaus Allofs, Europameister von 1980, ist 61. Beide gehörten über Jahrzehnte zum Inventar der Bundesliga, als Vertreter jener Manager-Generation, die jeweils auch den Anspruch hatte, das Gesicht ihres Vereins zu sein. Allofs musste 2016 in Wolfsburg aufhören, nach zuvor 13 Jahren in Bremen. Völler wiederum ist in Leverkusen gerade formal aufgestiegen, schiebt aber eine Etage tiefer schon die nächste Manager-Generation in die Verantwortung: Simon Rolfes, 36, ist jetzt Sportdirektor. Ähnlich agiert Hans-Joachim Watzke, 59, in Dortmund: Dort ist Sebastian Kehl, 38, nun Leiter der Lizenzspielerabteilung. Und beim VfB Stuttgart könnte Thomas Hitzlsperger, 36, bald eine wichtigere Funktion übernehmen. Rolfes, Kehl, Hitzlsperger: In der Liga rückt gerade die Generation "WM 2006" in den Hierarchien auf. Jene Generation, zu der man auch Oliver Kahn, 49, gerade noch dazuzählen darf. Über Kahn haben am Freitag bei der Bayern-Versammlung Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß geredet - wenigstens ein kleines bisschen. Klar, sagten sie, beschäftige man sich mit so einem Namen. Aber in erster Linie wünschte sich Hoeneß, dass der Vorstandschef Rummenigge, 63, über 2019 hinaus weitermacht, und Rummenigge wünschte sich, dass Hoeneß, 66, weiter an Bord bleibt. Und Kahn? Der komme "dann infrage, wenn Karl-Heinz aufhören sollte", sagte Hoeneß, und schob allen Ernstes hinterher: "Bis dahin werden wir uns in Ruhe gedulden und ihn warmhalten." Überall modernisieren und verjüngen sich die Bundesligisten. Aber bei den Bayern soll Oliver Kahn jetzt ein paar Jährchen auf der Warmhalteplatte vor sich hin köcheln? Das erzählt viel mehr über diesen Klub und seinen Präsidenten als die Tribünen-Fehde mit Paul Breitner, 67.
Der Konflikt mit seinem früheren Partner Paul Breitner sagt einiges über Uli Hoeneß aus. Aber längst nicht so viel wie seine Sätze über die mögliche Zukunft mit Oliver Kahn.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/hoeness-fc-bayern-breitner-1.4236001
Uli Hoeneß begreift den FC Bayern als sein Refugium
00/12/2018
Einfach drauf, was blieb Virgil van Dijk anderes übrig? Zu verlieren hatte der FC Liverpool nichts mehr in der finalen Aktion des Spiels, ein Unentschieden war im Lokalduell mit dem FC Everton bereits eingeplant. Ob van Dijk deswegen den Ball nur halbwegs erwischte oder gar nicht, war eigentlich egal: Der Ball musste dringend ins Tor, wenn Liverpool noch gewinnen wollte. Und so holte van Dijk am Strafraum kurz aus, um den Ball auf Höhe der eigenen Hüfte mit einem Alles-oder-Nichts-Volleyschuss in den Torwinkel zu knallen. Statt den Ball jedoch mit dem Spann zu erwischen, traf ihn der Verteidiger mit dem Schienbein. Das Spielgerät stieg mit unberechenbarem Rückwärtsdrall in den Himmel auf, die letzte Chance schien dahin. Selbst van Dijk gab die Hoffnung auf und wendete sich ab. Mit dem Remis wäre ManCity an der Tabellenspitze der englischen Liga auf vier Punkte davongezogen - und wer weiß schon, ob Liverpool diesen Rückstand auf den Meister in dieser Saison je hätte aufholen können? Doch es kam anders. Zur Weisheit des Fußballs gehört eben auch, dass ein hochgeflogener Ball irgendwann wieder herunterkommen muss. Und so titschte der Ball zur Überraschung von Evertons Keeper Jordan Pickford zweimal auf die Latte - und dann zu Divock Origi, der ein Tor schoss, das ganz Liverpool ausrasten ließ, nicht zuletzt seinen Trainer Jürgen Klopp. Der obligatorische Lauf von Jürgen Klopp Mit dem Kopf drückte Origi den Ball über die Torlinie, sechs Minuten nach seiner Einwechslung im ersten Ligaspiel für ihn in dieser Spielzeit. Der Siegtreffer bot ihm die Möglichkeit, endlich Frieden zu schließen mit einem wüsten Foul von Ramiro Funes Mori, dessen Folgen ihn im April 2016 gegen Everton aus der Bahn geworfen hatten. Der belgische Angreifer, in der Vorsaison nach Wolfsburg ausgeliehen, zog sich eine Bänderverletzung im Knöchel zu. Bei seinem Torjubel schnappte sich Origi, 23, den Ball aus dem Netz und hielt ihn derart fest im Arm, als wolle er ihn nie mehr hergeben. Nach dem 1:0 in der sechsten Minute der Nachspielzeit spielte sich an der Anfield Road der übliche Wahnsinn ab. Von der Trainerzone aus legte Jürgen Klopp seinen obligatorischen Freudenlauf aufs Parkett. Wenn nicht Torwart Alisson Becker ihn mitten auf dem Spielfeld gestoppt hätte, wäre Klopp vermutlich immer noch unterwegs. Anschließend habe er seinen Trainerkollegen Marco Silva um Verzeihung gebeten: "Ich wollte nicht loslaufen. Das war nicht mein Plan, aber ich konnte halt einfach nicht anhalten", erklärte Klopp seinen Gefühlsausbruch: "Als der Ball den Fuß von Virgil verlassen hat, dachte ich, es wäre vorbei." Silva selbst sagte, er haben von einer Entschuldigung nichts mitbekommen: "Ich sage nicht, dass es ihm an Respekt mangelt, weil ich es nicht gesehen habe." Durch den Sieg im 232. Merseyside-Derby (dem 100. Aufeinandertreffen der Klubs in Anfield) bleibt Liverpool auf zwei Punkte an Manchester City dran und bringt den Meister damit in Zugzwang. Für City stehen in dieser Woche zwei Auswärtsspiele an, die es durchaus in sich haben. Mit Watford wartet am Dienstag eine nicht zu unterschätzende Stolperfalle vor dem Topspiel mit Chelsea am Samstag. Das emotionale Hoch des Erfolgs über Everton soll Liverpool durch den anstrengenden nächsten Monat helfen, mit dem Entscheidungsspiel gegen Neapel ums Weiterkommen in der Champions League, dem Aufeinandertreffen mit Manchester United und dem Titelshowdown bei City zu Beginn des neuen Jahres.
Anfield Road, 96. Minute und ein Tor, das wie ein Vulkanausbruch wirkt: Jürgen Klopp erlebt mit dem FC Liverpool ein denkwürdiges Derby gegen Everton. Später muss er sich entschuldigen.
sport
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Klopp jubelt gegen Everton - und entschuldigt sich
00/12/2018
Stefan Luitz schmeißt sich nicht sofort in den Schnee, als er die Ziellinie überquert hat und erkennt, dass er soeben Historisches vollbracht hat. Im Stehen ballt er seine Fäuste, er lächelt und schreit, weil er sieht, dass hinter seinem Namen die Eins aufleuchtet. Er hat den Riesenslalom in Beaver Creek/USA gewonnen, sein erstes Weltcuprennen überhaupt. Ein paar Meter weiter steht Marcel Hirscher, der beste und erfolgreichste Skifahrer der Gegenwart klatscht aufrichtig, die Ovationen gehören Luitz, dem Skirennläufer aus Bolsterlang im Allgäu. Erst jetzt beginnt er zu realisieren, was geschehen ist, er steigt aus der Bindung und wirft sich rücklings in den Schnee, da liegt er nun, alle Viere von sich gestreckt, erschöpft, überglücklich. Ein kurzer Moment des Innehaltens. Zu kurz aber, um alles begreifen zu können. "Es ist unbeschreiblich", bringt er im ersten Interview nur heraus, "unglaublich, ich bin so happy." Es ist nicht übertrieben, zu behaupten, dass der Sieg von Luitz im ersten Riesenslalom des Winters schon jetzt eine der erstaunlichsten Geschichten der alpinen Skisaison ist. Vor knapp einem Jahr hatte er sich in Alta Badia das Kreuzbrand gerissen, er war zuvor in der Form seines Lebens, hatte die Plätze zwei und drei im Weltcup belegt - und dann verletzte er sich so schwer, dass für ihn der Winter im Dezember bereits beendet war. Ein Winter mit Olympia in Pyeongchang. Jetzt kehrt Luitz plötzlich als Weltcupsieger zurück, erst als dritter deutscher Skirennläufer in dieser technischen Disziplin nach Max Rieger (1973/Mount St. Anne) und Felix Neureuther (2014/Adelboden). Sein Sieg ist keine Sensation, Luitz gehört schon seit Längerem zu den wenigen Skifahrern der Welt, die einen extrem schnellen Schwung fahren können, aber der Zeitpunkt kommt dann doch sehr überraschend, weil es sein erstes Rennen nach seiner langen Verletzungspause ist. "Es war ein harter Weg", gibt er später zu, als die Siegerehrung vorüber ist, "so eine Verletzung dauert ihre Zeit, aber ich wusste, dass ich stärker zurückkommen kann." "Es ist Stefan von Herzen zu gönnen", sagt Marcel Hirscher Der 26-Jährige ist schon immer ein Siegfahrer im Konjunktiv gewesen, aber er hat sich lange selbst im Weg gestanden, weil er mehr riskierte, als er musste, er ist ein Instinktskiläufer mit einem bemerkenswerten Fahrgefühl. Aber immer dann, wenn es um den Sieg im Weltcup oder eine Medaille ging (wie bei den Winterspielen 2014 in Sotschi), baute er einen kapitalen Schnitzer ein, stürzte oder kam mit Verspätung ins Ziel. Auch sein zweiter Durchgang in Beaver Creek blieb nicht fehlerfrei, er hatte Hakler drin, es war keine Fahrt wie auf Schienen, die Ski ruckelten gewaltig, standen schon mal kurz quer. "Es hat sich nicht schnell angefühlt", gab Luitz zu, "weil ich große Fehler gemacht habe." Aber er zog sein enge Linie auf dem Eis und im Steilhang mit einer Brutalität durch, die auch seine Konkurrenten erstaunte und die ihm vor allem zeigte: Sein repariertes Knie hält. "Es ist Stefan von Herzen zu gönnen, weil er sich immer verletzt hat, wenn er auf dem Sprung war. Er hat mit den schwersten Weg aller Weltcup-Fahrer gehen müssen", sagte Hirscher anerkennend, der vor dem Schweizer Thomas Tumler den zweiten Platz belegte.
Der Skirennläufer holt in Beaver Creek seinen ersten Weltcup-Sieg im ersten Rennen nach seinem zweiten Kreuzbandriss. Es ist eine erstaunliche Geschichte, die nun zum Vorbild für Neureuther und Dreßen taugt.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/luitz-riesenslalom-weltcup-1.4236851
Stefan Luitz gewinnt Riesenslalom in Beaver Creek
00/12/2018
Fußball, England: Der FC Liverpool bleibt ManCity auf den Fersen. Die Mannschaft von Teammanager Jürgen Klopp gewann das Merseyside-Derby gegen den FC Everton in letzter Minute mit 1:0 (0:0) und bleibt mit 36 Punkten erster Verfolger von Primus City (38). Mann des Tages war der frühere Wolfsburger Divock Origi (90.+6), der einen Fehler von Evertons Torhüter Jordan Pickford zum Siegtreffer nutzte. Trainer Klopp rannte daraufhin jubelnd über das halbe Spielfeld, um seine Spieler zu herzen. Auch der FC Arsenal feierte einen Derbysieg. Ohne den ehemaligen Nationalspieler Mesut Özil siegten die Gunners im furiosen Verfolgerduell gegen Tottenham Hotspur nach zwischenzeitlichem Rückstand 4:2 (1:2). Pierre-Emerick Aubameyang (10./56.) erzielte einen Doppelpack, Alexandre Lacazette (75.) und Lucas Torreira (77.) entschieden die Partie. In der Tabelle zog Arsenal mit 30 Zählern am punktgleichen Rivalen vorbei auf Rang vier. Dritter ist der FC Chelsea (31), der nach zwei Spielen ohne Sieg wieder einen Dreier einfahren konnte. Die Londoner feierten einen 2:0 (1:0)-Erfolg im Südwest-Derby gegen den FC Fulham, dem 2014er-Weltmeister Andre Schürrle kurzfristig wegen eines "Zwickens" fehlte. Meister ManCity hatte die Tabellenführung am Samstag mit einem 3:1 (1:1) gegen den AFC Bournemouth zunächst ausgebaut. Für das Starensemble war es der sechste Sieg in Folge, für Teammanager Pep Guardiola der 400. als Trainer. "Ich wusste das nicht. Glückwunsch, Pep", flachste der 47-Jährige. Fußball, Frankreich: Der französische Fußball-Meister Paris St. Germain hat am 15. Spieltag der Ligue 1 erstmals in dieser Saison Punkte liegen gelassen. Nach 14 Siegen in Folge reichte es für das Star-Ensemble von Trainer Thomas Tuchel beim Liga-Elften Girondins Bordeaux nur zu einem 2:2 (1:0). Die Tabelle führt PSG dennoch mit komfortablen 14 Punkten Vorsprung auf HSC Montpellier an. Im Stade Matmut-Atlantique ging der Hauptstadtklub durch Neymar (34.) und Kylian Mbappe (66.) zweimal in Führung, Jimmy Briand (53.) sowie dem dänischen Nationalspieler Andreas Cornelius (84.) gelang jedoch jeweils der Ausgleich für den Gastgeber. Die Nationalspieler Julian Draxler und Thilo Kehrer spielten bei PSG durch, Draxler bereitete den zweiten Treffer von Mbappe mit einem feinen Zuspiel von der Mittellinie vor. Ski alpin, Luitz: Skirennläufer Stefan Luitz hat sensationell den Riesenslalom in Beaver Creek gewonnen. Bei seinem ersten Weltcup-Sieg verwies der 26-Jährige im erst zweiten Rennen nach seinem Kreuzbandriss aus dem vergangenen Dezember den Gesamtweltcup-Rekordsieger Marcel Hirscher (Österreich) und Thomas Tumler aus der Schweiz auf die Plätze. "Es ist unglaublich, die Ziellinie zu überqueren und dann die Eins zu sehen", sagte Luitz: "Ganz oben zu stehen, ist einfach großartig. Von ganz oben bis nach ganz unten muss man hier perfekt fahren." Es war erst der dritte deutsche Riesenslalom-Sieg bei den Männern nach Max Rieger 1973 in Mount St. Anne/Kanada und Felix Neureuther im Januar 2014 in Adelboden/Schweiz. In Abwesenheit des verletzten Neureuther und unter dem Eindruck des Kreuzbandrisses von Kitzbühel-Sieger Thomas Dreßen behielt Luitz, der vor Jahresfrist an gleicher Stelle noch eine Führung verspielt hatte, im zweiten Durchgang als letzter Starter trotz zwischenzeitlichen Rückstands auf Hirscher und einiger Rutscher die Nerven. Basketball, NBA: Deutschlands Hoffnung Moritz Wagner hat bei seinem vierten Einsatz in der nordamerikanischen Profiliga NBA die ersten Punkte gesammelt. Beim klaren 120:96 (61:46) gegen die Phoenix Suns durfte der 2,11 m große Center der Los Angeles Lakers im Schlussviertel für zehn Minuten aufs Parkett und kam auf starke zehn Punkte und drei Rebounds. Wagner traf dabei zwei Dreier und ließ sich von Fans und Mitspielern im Staples Center feiern. Gegen das mit Abstand schlechteste Team der Western Conference (4:19 Siege) lagen die Lakers nach einem 40:15-Run im zweiten Viertel deutlich in Führung und ließen nichts mehr anbrennen. Kyle Kuzma (23) und LeBron James (22 Punkte) waren beim dritten Lakers-Sieg in Serie die treffsichersten Schützen, für Phoenix kam Richaun Holmes auf 15 Punkte. In der Tabelle der Western Conference liegt L.A. mit 14 Siegen aus 23 Spielen als Sechster auf Play-off-Kurs. FC Bayern, Winterpause: Trotz der anhaltenden Kritik am WM-Ausrichter 2022 hält der deutsche Fußball-Rekordmeister Bayern München an seinem Trainingslager in Katar fest. Präsident Uli Hoeneß bestätigte bei seinem Fanklub-Besuch am Sonntag in Forchheim, dass der FC Bayern sich auch im Januar 2019 im Emirat auf die Rückrunde vorbereiten werde. "Dort gibt es hervorragende Trainingsbedingungen", sagte Hoeneß. Die Bayern werden wohl von 4. bis 10. Januar ihr Trainingslager in Katar abhalten. Münchens Verbindungen nach Katar sorgen wegen der Menschenrechtssituation im Gastgeberland der WM-Endrunde 2022 wiederholt für Kritik. Die Fluglinie Qatar Airways ist Ärmelsponsor der Münchner. Die Bayern halten schon seit mehreren Jahren ihr Winter-Trainingslager in dem Wüstenstaat ab. In der vergangenen Saison hatte sich erstmals auch das Frauen-Team der Münchner in Katar auf die Bundesliga-Rückrunde vorbereitet. Ski alpin, Verletzung: Skirennfahrer Thomas Dreßen hat sich bei seinem folgenschweren Sturz in Beaver Creek doch nicht beide Kreuzbänder gerissen. Eine erste Diagnose am Sonntag in München ergab, dass nur das vordere Kreuzband, nicht aber wie zunächst befürchtet auch das hintere im rechten Knie gerissen sei. Die Saison ist für den 25-Jährigen trotzdem beendet. Der Kitzbühel-Sieger landete am Sonntag mit dem Lufthansaflug 481 von Denver kommend in München und humpelte auf Krücken durch den Franz-Josef-Strauß Airport. Von dort ging es umgehend zu Untersuchungen in die Orthopädische Klinik München. Außerdem hatte sich Dreßen in den USA auch an der Schulter verletzt. Boxen, WM: Deontay Wilder hat seinen Weltmeistertitel im Schwergewichtsboxen verteidigt. Der 33 Jahre alte Amerikaner trennte sich Samstagnacht in Los Angeles vom Briten Tyson Fury unentschieden (115:111, 110:114, 113:113) und behält damit den Gürtel des World Boxing Council (WBC). Wilder bleibt damit auch im 41. Profikampf unbesiegt. Erst zum zweiten Mal musste er über alle Runden gehen, 39 Kämpfe zuvor hatte er vorzeitig gewonnen. Ex-Weltmeister Fury bleibt in 28 Profikämpfen ebenfalls unbesiegt. Für Fury war es der Versuch, zum zweiten Mal in seiner Karriere Weltmeister zu werden. Vor drei Jahren hatte er Wladimir Klitschko besiegt und dem Ukrainer die Titel der Verbände IBF, WBO und WBA entrissen. Danach wurde er wegen Drogenmissbrauchs und Dopings für zwei Jahre gesperrt und musste die WM-Gürtel abgeben.
Der FC Liverpool jubelt spät, sehr spät. Thomas Tuchel lässt in Frankreich mit PSG erstmals Punkte. Stefan Luitz gewinnt überraschend den Riesenslalom von Beaver Creek.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/fussball-klopp-stuermt-den-rasen-in-der-96-minute-1.4236784
Fußball - Klopp stürmt den Rasen in der 96. Minute
00/12/2018
Der Oberschenkel von Uli Hoeneß war von der Zuschauertribüne aus nicht zu erkennen. Das war schade, denn jetzt wäre der Moment gewesen, an dem man die Bayern an ihren großen Worten hätte messen können. Das ist bei solchen Veranstaltungen ja immer die Frage: Tun die Herren auf dem Podium nur so transparent und ehrlich, oder sind sie's wirklich? Er werde "Uli in Zukunft hin und wieder die Hand auf den Oberschenkel drücken, wenn ich merke, du wirst unruhig - damit du nicht irgendwann explodierst": Das hatte Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef des FC Bayern, im Verlauf dieser Mitgliederversammlung leichtsinnig angekündigt, nicht ahnend vermutlich, dass der Oberschenkel-Alarmfall so schnell eintreten würde. Beim sehr berüchtigten Tagesordnungspunkt "Wortmeldungen" stand gerade das Bayern-Mitglied Johannes Bachmayr auf dem Podium und erklärte, dass er früher als Bub immer "Uli Hoeneß" als Berufswunsch gehabt habe, jetzt aber eher nicht mehr. Ein Ehrenspielführer sei nicht zu verbannen, sagte der Mann auf dem Podium Bei seiner Suche nach Vorwürfen hatte sich der ehemalige Bub offenbar viel Zeit genommen, er ließ jedenfalls nichts aus: Hoeneß' Wortwahl, sein "Nachtreten" gegen ehemalige Familienangehörige wie den Ex-Spieler Juan Bernat, Spezlwirtschaft hier, Spezlwirtschaft da - ein wilder Ritt war das, stramm zugaloppierend auf den Höhepunkt, wonach Hoeneß es "nicht im Kreuz gehabt" habe, den sehr früheren Kumpel Paul Breitner persönlich von seiner Entfernung aus dem Ehrengastbereich in Kenntnis zu setzen; Hoeneß habe den Finanzvorstand Dreesen "zum Telefonlakaien degradiert". Ein Ehrenspielführer sei nicht zu verbannen, sagte der Mann auf dem Podium dann noch, "es ist nicht Ihr Stadion, der Verein ist nicht Ihr Eigentum". Wie jetzt, der FC Bayern München ist nicht Uli Hoeneß' Eigentum? Seit wann? Und wirklich: Hoeneß' Oberschenkel hätte man jetzt schon gerne gesehen. Man wird wohl nie erfahren, ob es nun Rummenigges Einfluss war, der Hoeneß antworten ließ. Jedenfalls sagte der Präsident: In diesem Vortrag seien so viele Unwahrheiten drin gewesen, da brauche er drei Stunden, um zu antworten - und überhaupt, "eine Diskussion auf diesem Niveau lehne ich total ab". Es folgten Buh- und auch noch ein paar schlimmere Rufe. Es ist bei solchen Jahreshauptversammlungen nie leicht, vom Kleinen aufs Große zu schließen, und noch schwieriger ist es, die Einzelmeinungen auf ihre Mehrheitsfähigkeit zu untersuchen. Solche Bühnen ziehen ja grundsätzlich auch wissenschaftlich interessante Exemplare an, und auch bei einem Verein wie dem FC Bayern muss der Folklorefaktor immer mitberechnet werden. Auch diesmal ist ja der Mann mit dem Bilderbuchbart und dem Bilderbuchhut wieder in die Bütt gestiegen und hat auf Bilderbuchbairisch gesagt, dass das gegen Düsseldorf übrigens Abseits war. Oder ging's drum, dass es gegen Düsseldorf kein Abseits war? Kann sein. Aber ist ja wahrscheinlich auch wurscht. Ein anderes Vereinsmitglied ging dann übrigens auf die Bühne, um all "den fleißigen Bienchen" zu danken, wobei man nicht ganz genau wusste, welchen. Und dass Bienchen rein optisch eher aussehen, als stünden sie beim BVB unter Vertrag? Auch das: vielleicht gar nicht mal so wichtig. Im Gegensatz dazu war es die offensichtliche Reaktion in der Halle, die die scharfe Predigt des Hoeneß-Kritikers Bachmayr von anderen Einzelmeinungen unterschied. Die Leute im Saal lachten nicht, sie schlugen sich auf eine Seite. Sie gaben entweder dem Kritiker lautstark recht (hinten auf den Rängen) oder sie gaben ihm etwas vornehmer unrecht (die Stuhlreihen vorne, in Nachbarschaft von Edmund Stoiber). Die Familie war sich hörbar uneinig: Und das ist doch sehr neu beim FC Bayern - auch wenn es, wie Hoeneß bei einem Fanklubtreffen am Sonntag sagte, "nur ein ganz kleiner Teil der Mitglieder war, die den Versuch unternommen haben, meinen tadellosen Ruf als Manager, Vorstand und jetzt Präsident zu beschädigen". Man muss sagen: Für einen ganz kleinen Teil waren sie doch ganz schön laut. Auf die Mitglieder des Vereins, von dem man ja schon irgendwie dachte, dass er ihm gehört, hat sich Hoeneß immer verlassen können, die Mitgliederversammlung war stets seine Machtbasis. Solche Abende haben ihn legitimiert, den FC Bayern quasi in einen inhabergeführten Fußballverein zu verwandeln - der Verein wirkte wie ein superedler, supertraditioneller Herrenausstatter, der seit 118 Jahren am selben und selbstverständlich besten Platz der Stadt seinen Sitz hat. In diesem Familienbetrieb war Hoeneß Gründer, Inhaber, Geschäftsführer, Einkäufer und dann später und bis zum heutigen Tag der unfassbar verdienstvolle Seniorchef, den alle verehrten und dessen Gespür für den Markt und dessen Bauchgefühl fürs Personal alle vertrauten. Und natürlich wusste der Inhaber auch immer genau, was zu tun ist, wenn die Stimmung im Familienbetrieb mal etwas angespannter war. Drei Dinge helfen/halfen dann immer: Attacken gegen den BVB, den TSV 1860 und natürlich die Medien, und auch das war doch sehr neu an diesem Abend - dass ausgerechnet die Medien im Moment nicht mehr als Feindbild taugen. Die Pressekonferenz kürzlich sei "verbesserungswürdig" gewesen, sagte Hoeneß am Ende seiner 27-minütigen, sehr um Sachlichkeit bemühten Rede und kassierte spöttisches Gelächter.
Auf die Mitglieder des FC Bayern konnte sich Uli Hoeneß immer verlassen. Doch der Präsident ist "schockiert", wie komisch sein Familienbetrieb derzeit drauf ist.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/hoeness-fc-bayern-jahreshauptversammlung-1.4235997
Uli Hoeneß fremdelt mit dem FC Bayern
00/12/2018
"Die Punkte-Trauben hängen hoch", mit diesem etwas merkwürdigen Bild auf ihrer Homepage sind die Berlin Volleys nach Innsbruck gereist, zum Spitzenspiel des deutschen Meisters gegen den in der Liga ungeschlagenen Tabellenführer Alpenvolleys Haching. Ein Duell in der Bundesliga in Österreich - so ungewöhnlich das klingen mag, so normal ist das inzwischen. Die Alpenvolleys spielen dort ihre zweite Saison, seit sie im vergangenen Jahr per Wildcard mit ihrem Kooperationsverein TSV Unterhaching, der als deutscher Klub die Lizenz hält, in der Bundesliga angekommen sind. Die Hälfte der Heimspiele tragen sie in Unterhaching aus, die andere Hälfte in Innsbruck. Auf Anhieb sind sie in der vorigen Saison Dritter geworden, und aktuell läuft es noch besser, wie sie am Sonntagabend gegen Berlin eindrucksvoll unter Beweis stellten. Die Alpenvolleys zerpflückten den Meister, als wäre er eine Ansammlung überreifer Weintrauben, und gewannen die Partie vor 1200 Zuschauern mit 3:0 (25:19, 25:22, 25:16). Dabei lagen die Gäste im ersten Satz schnell in Führung. Diese hielt lange, bis die Alpenvolleys beim 17:16 den Satz und damit das ganze Spiel drehten. Denn von da an gelang den Berlinern fast nichts mehr - und den Alpenvolleys fast alles. Mit einer 8:2-Rallye gewannen sie den Satz, in den beiden folgenden Sätzen demontierten sie den Favoriten mit einer angriffslustigen Mannschaftsleistung, ihrem gewitzten Zuspieler Danilo Gelinski und dem starken jungen Diagonalmann Kirill Klets. Die Berlin Volleys reisten gedemütigt zurück in die Hauptstadt, dafür aber mit dem schalen Gefühl, dass ihnen neben Friedrichshafen jenseits der Grenze ein ernst zu nehmender Titel-Konkurrent erwächst. Ohnehin ist den Berlinern in Innsbruck auf sehr schmerzhafte Weise klar geworden, dass sie in dieser Verfassung sicher nicht um den Titel mitspielen werden. Ihr langjähriger Manager Kaweh Niroomand sagte der SZ: "Dieses Auseinanderbrechen, dass sich überall Baustellen auftun, macht mir langsam Sorgen. Das ist noch keine Mannschaft, wir haben keine Verantwortlichkeiten, keine Führungsspieler, keine Hackordnung. Und ich sehe da leider auch keinen Fortschritt." Dagegen haben die vom Slowaken Stefan Chrtiansky trainierten Alpenvolleys nun all ihre sechs Ligaspiele gewonnen, sie liegen drei Punkte vor Friedrichshafen und schon sechs vor Berlin, das enttäuschender Fünfter ist. Nur im DVV-Pokal ist das Projekt aus Bayern und Tirol bislang gescheitert, im europäischen CEV-Cup besiegte der Klub, der vom Innsbrucker Bauunternehmer Hannes Kronthaler gemanagt wird, am Donnerstag im Sechzehntelfinal-Hinspiel Novi Sad mit 3:2. Nun haben sie erstmals Berlin, die "Lokomotive" der Volleyball-Bundesliga, wie sich der Hauptstadt-Klub gerne bezeichnet, geschlagen. Und können nach einer verdienten Pause am Dienstag sehr selbstbewusst zum Europacup-Rückspiel nach Serbien reisen.
Das Spitzenspiel der Volleyball-Bundesliga fand in Innsbruck statt. Und die Alpenvolleys Haching, die mit deutscher Lizenz in Österreich antreten, demontierten den deutschen Meister Berlin. Dessen Manager zeichnet danach ein düsteres Bild.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/alpenvolleys-3-0-in-innsbruck-1.4236355
Alpenvolleys - 3:0 in Innsbruck
00/12/2018
Vor nicht allzu langer Zeit rief Wolfsburg beim EHC Red Bull München höchste Alarmbereitschaft hervor. Zweimal, 2016 und 2017, standen die Münchner den Niedersachsen im Finale der Deutschen Eishockey Liga gegenüber, und obwohl beide Serien deutlich an den EHC gingen, war der Respekt vor Wolfsburg riesig. Aktuell sind die Grizzlys in einer Situation, in der das Finale unendlich weit weg scheint: Seit Wochen stecken sie im Tabellenkeller fest. Trotzdem tat sich der EHC am Sonntag lange schwer, die drei Punkte einzuheimsen. 5:1 (1:0, 1:1, 3:0) hieß es am 24. Spieltag schließlich, es war der siebte Münchner Sieg in den vergangenen acht DEL-Heimspielen. Durch den Dreier verteidigte der Meister Platz zwei vor Augsburg (4:0 gegen Krefeld) und rückt bis auf drei Zähler an Mannheim (2:3 gegen Berlin) heran. "Wolfsburg hat sich hinten rein gestellt und gemauert, am Ende sind die Dinger dann rein gefallen", sagte Doppeltorschütze Andreas Eder. Nach dem 1:3 am Freitag in Düsseldorf hatte EHC-Trainer Don Jackson Kevin Reich ins Tor beordert, Nationaltorhüter Danny aus den Birken nahm auf der Bank Platz. Im Angriff fehlte neben den verletzten Michael Wolf, Mads Christensen, Patrick Hager und Jason Jaffray auch Maximilian Daubner. Der 21-Jährige hatte sich im Training eine Oberkörperverletzung zugezogen. Verteidiger Ryan Button lief daher als Angreifer in der vierten Sturm-Formation auf. Wolfsburgs Trainer Hans Kossmann hätte solch eine Personalkonstellation wohl mit Handkuss genommen, er musste gleich auf zehn Spieler verzichten. Der ehemalige Münchner David Leggio war einer der fitten Spieler, anders als auf dem Spielberichtsbogen angekündigt hütete aber Gerald Kuhn das Gäste-Tor. Zu Beginn war wenig geboten, erst eine Strafzeit gegen Wolfsburg brachte Schwung aufs Eis. Bis auf einen harten Schuss von Kapitän Yannic Seidenberg, den Kuhn entschärfte (6.), ließ das statistisch schlechteste Unterzahlspiel der Liga allerdings kaum etwas zu. Wenige Sekunden nachdem die Strafe abgelaufen war, bediente John Mitchell aber Trevor Parkes, und der zimmerte die Scheibe präzise zum 1:0 unter die Querlatte (8.). Von den Gästen kam offensiv lange Zeit nichts. Knapp 13 Minuten lang gelang ihnen nicht einmal ein Schuss auf das Gehäuse von Reich. Der erste war dann allerdings gleich sehr gefährlich, weil Derek Joslin die Scheibe hinter dem eigenen Tor verlor und Cole Cassels frei vor Reich zum Abschluss kam. Der Münchner Torwart war aber zur Stelle und bewahrte dem Meister die Führung. Alles andere wäre bei einem Torschussverhältnis von 19:2 nach dem Startdrittel auch nur schwer zu erklären gewesen. Kuhn hielt sein Team mit mehreren starken Paraden, speziell in Münchner Überzahl, im Spiel. "Es war wichtig, das Spiel eng zu halten", sagte Wolfsburgs Nationalspieler Gerrit Fauser nach den ersten 20 Minuten, viel mehr war bis dahin für den Tabellen-Vorletzten nicht drin. Daran änderte sich auch im Mitteldrittel nichts. Die Münchner kurvten nun im Wolfsburger Drittel umher, als hätten sie ständig mindestens einen Spieler mehr auf dem Eis. Da sie diesen faktisch nicht hatten, nahm Kossman nach fünf Minuten eine Auszeit - er hatte genug vom Münchner Kreiseln. Jackson machte nicht einmal die Anstalt, seinen Spielern etwas mitzuteilen, für ihn sprachen die Statistiken. Etwa das Schussverhältnis, das nach 28 Minuten bei 24:2 stand. In Toren stand es allerdings weiterhin nur 1:0 für den Meister. Und das auch nur bis Minute 31, als Jason Jaspers den völlig überraschenden Ausgleich erzielte. All die Münchner Überlegenheit war mit dem einen Schuss weg gewischt. "Schießen, einfach schießen", ertönte es aus der Münchner Kurve. Das 2:1 für den EHC fiel aber, weil Maximilian Kastner toll quer legte, statt selbst abzuziehen. So musste Mark Voakes, der bis zum Sommer ein Wolfsburger gewesen war, die Scheibe nur noch über die Linie schieben (39.). Als Andreas Eder das 3:1 nachlegte (46.), war die Partie gefühlt entschieden - nach Jakob Mayenscheins 4:1 (55.) war sie es. Eder legte sogar noch einen Treffer drauf (57.). Am Freitag war der EHC in Düsseldorf vieles schuldig geblieben. Beim 1:3 traf für die Münchner nur Konrad Abeltshauser, der hinterher beklagte: "Wir haben viel zu viele Strafzeiten genommen." Gegen Wolfsburg steigerte sich der Meister in diesem Bereich, nur Andrew Bodnarchuk musste auf die Strafbank. Diese Disziplin käme dem EHC sicher auch am Dienstag (19.30 Uhr) zupass. Dann tritt er erneut zu Hause an, allerdings nicht in der DEL, sondern in der Champions Hockey League (CHL). Im ersten CHL-Viertelfinalspiel der Klubgeschichte sind die Malmö Redhawks aus Schweden zu Gast. Das sollte alarmierend genug sein.
Der dezimierte Meister EHC Red Bull rennt immer wieder an, bis die ersatzgeschwächten Grizzlys Wolfsburg, Finalgegner von 2016 und 2017, Lücken preisgeben. Im letzten Drittel trifft Andres Eder zwei Mal.
muenchen
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Deutsche Eishockey Liga - Münchner Mauerspechte
00/12/2018
Die Uefa hat die Einführung eines weiteren Europacups beschlossen. Von der Saison 2021/22 an wird es neben Champions League und Europa League einen neuen Wettbewerb geben, an dem 32 Teams in einer Gruppenphase starten. Das beschloss das Exekutivkomitee des Kontinentalverbandes am Sonntagabend in Dublin. Die Zahl aller Vereine in den Europapokal-Wettbewerben erhöht sich damit von 80 auf 96 Teams. Die Europa League wird von 48 auf ebenfalls 32 Teams reduziert. Die Anzahl der Starter in der Champions League bleibt bei 32 Teams. "Es wird mehr Spiele für mehr Vereine geben, wobei in den Gruppenphasen mehr Verbände vertreten sind. Dieser Wettbewerb wurde aus dem laufenden Dialog mit den Clubs über die European Club Association geboren", sagte Uefa-Präsident Aleksander Ceferin. Auch in der neuen Liga soll jeweils am Donnerstag gespielt werden Andrea Agnelli, Chef der europäischen Vereinigung der Topclubs (ECA), begrüßte die Entscheidung. Der Beschluss stelle die faire Entwicklung der Club-Wettbewerbe sicher und sichere dem Fußball die Rolle als Sport Nummer eins in der Welt. Welche Auswirkungen die neue Liga, die zunächst den Arbeitstitel Europa League 2 bekommt, auf die Anzahl und Zuteilung der Bundesliga-Vereine hat, war vorerst unklar. Gespielt wird in dem Wettbewerb in der Gruppenphase wie in der Europa League donnerstags. Das Finale soll jeweils zum Saisonende in einer Woche mit den Endspielen der Champions League und der Europa League stattfinden.
In dem Wettbewerb mit dem Arbeitstitel "Europa League 2" sollen 32 Teams in einer Gruppenphase starten. Die Zahl aller Vereine in den Europapokal-Wettbewerben erhöht sich damit von 80 auf 96 Teams.
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Fußball: Uefa beschließt neuen Europacup-Wettbewerb
00/12/2018
Die Frankfurter verpassen Platz zwei, weil das Team gegen clevere Gäste zu viele Chancen liegen lässt. Der VfL siegt 2:1 - auch dank überzeugender Offensivleute. Die Partywochen von Eintracht Frankfurt sind nach elf Pflichtspielen ohne Niederlage vom VfL Wolfsburg jäh beendet worden. Der DFB-Pokalsieger unterlag den Niedersachsen am Sonntagabend vor 48 000 Zuschauern mit 1:2 (0:1) und verpasste dadurch den Sprung auf den zweiten Tabellenplatz der Fußball-Bundesliga. Admir Mehmedi in der 31. Minute und Daniel Ginczek (68.) trafen zum verdienten Sieg für die Gäste, die sich mit 18 Punkten auf Rang acht verbesserten. Die Hessen, die letztmals am 26. September beim 1:3 in Mönchengladbach verloren hatten, rutschten mit 23 Zählern auf Platz fünf ab. Luka Jovic erzielte den einzigen Frankfurter Treffer (87.). Wie erwartet schickte Eintracht-Trainer Adi Hütter wieder seine derzeit stärkste Startformation um das offensive Traum-Trio Sébastien Haller, Jovic und Ante Rebic auf den Platz. Und die Hessen legten auch gleich gut los. Schon nach zwei Minuten gab Filip Kostic den ersten Warnschuss in Richtung VfL-Tor ab. Noch gefährlicher wurde es in der 10. Minute, als Rebic im Wolfsburger Strafraum zu Fall kam und Schiedsrichter Sascha Stegemann zunächst auf den Elfmeterpunkt zeigte. Auf Hinweis des Video-Assistenten verlegte der Referee den Tatort jedoch nach außerhalb und gab nur Freistoß, der nichts einbrachte. Die Eintracht kontrollierte das Spiel und kam durch Jonathan de Guzmán (14.) zur größten Chance. Der Defensivspieler traf jedoch nur den Pfosten. Von den Gästen war offensiv nichts zu sehen - bis zur 27. Minute. Bei einem Konter wurde Wout Weghorst frei gespielt, dessen Schuss aber an die Oberkante der Latte prallte. Die Eintracht überhörte das Warnsignal und wurde fünf Minuten später für ihre Nachlässigkeit in der Defensive bestraft. Dieses Mal hatte Mehmedi freie Bahn und überwand Nationaltorhüter Kevin Trapp mit einem Schuss ins lange Eck. Der Gegentreffer nahm den Hausherren etwas den Schwung. Gefahr entwickelte Frankfurt bis zur Pause nicht mehr. Nach dem Wechsel drängte die SGE mit Macht auf den Ausgleich, die beste Chance bot sich aber wieder den Gästen. Anthony Brooks (55.) köpfte den Ball aus Nahdistanz über das Tor. Wolfsburg hatte sich nun heftiger Attacken des Europa-League-Teilnehmers zu erwehren, blieb bei seinen Gegenstößen aber stets gefährlich. 22 Minuten vor Ultimo belohnte Ginczek mit einer feinen Direktabnahme zum 2:0 die engagierte Leistung des VfL. Angetrieben von den eigenen Fans bäumte sich die Eintracht zwar noch einmal auf, konnte dem Spiel aber trotz des späten Anschlusstreffers von Jovic keine Wende mehr geben.
Die Frankfurter verpassen Platz zwei, weil das Team gegen clevere Gäste zu viele Chancen liegen lässt. Der VfL siegt 2:1 - auch dank überzeugender Offensivleute.
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Wolfsburg siegt verdient in Frankfurt
00/12/2018
Im letzten Viertel wird das Zweitligaspiel der Münchner Wasserballer im Anton-Fingerle-Bad noch einmal spannend. Es gibt Aufruhr in der linken Ecke der kleinen Schwimmhalle. Erst deutet Ivan Mikic, Spielertrainer der SG Stadtwerke, mit seinen Händen an, dass er sich für das Spiel eine Auszeit wünscht. Die Schiedsrichter reagieren nicht. Dann ruft er laut: "Auszeit!" Die Auswechselspieler auf der Bank springen auf und stimmen mit ein. Bis es den Schiedsrichtern zu bunt wird. Sie geben eine rote Karte: wegen Tumults. Als sich die Situation nicht beruhigt, treffen sich die beiden Unparteiischen am Beckenrand, um zu beraten. Sie entscheiden, die Auszeit zu gewähren. Das Spiel wird auf die Ausgangssituation zurückgesetzt: Die SG büßt das Tor ein, das sie in der Zwischenzeit erzielt hatte, aber kann zumindest die rote Karte abwenden. Ivan Mikic nimmt seinen Job sehr ernst. Der 37-Jährige ist schon in der fünften Saison verantwortlich für die Mannschaft. Der Spielausgang gibt ihm und seiner ambitionierten Strategie recht. Die Münchner gewinnen am Samstagabend ihr erstes Heimspiel in dieser Saison mit 14:5 gegen Friedberg. Sie waren den Friedbergern konditionell überlegen, was sich in der zweiten Hälfte des Spiels deutlich herausstellt. Vor allem der Niederländer Brinio Hond überzeugt als schneller Schwimmer. "Ein oder zwei Tore mehr wären aber schon drin gewesen", sagt Mikic, obwohl er vor allem junge Spieler im Einsatz hatte. Am Sonntag im zweiten Heimspiel läuft es nicht viel schlechter. 13:6 endet die Partie gegen den SC Neustadt II. Und auch die Erstrunden-Partie im Süddeutschen Pokal gegen Ulm, die die SG gleich im Anschluss an das Sonntagsspiel gegen Neustadt austrägt, gewinnt sie 18:10. Kurzum: Es war ein erfolgreiches Mammut-Wochenende für die Münchner. Bisher verlief die Saison schleppend. Die ersten drei Spiele endeten unentschieden, obwohl sich die Münchner als Zweiter der Vorsaison mehr ausgerechnet hatten. "Das ist die Quittung für die aktuelle Trainingssituation", sagt Mikic. Seitdem die Olympiahalle saniert wird, ist ein vollumfängliches Training kaum möglich. "Wir sind schwimmerisch fit, aber es fehlt uns definitiv an der Balltechnik", sagt Mikic. Auch taktisches Üben sei unter den derzeitigen Bedingungen nur schwer möglich. Dem Anton-Fingerle-Bad, in dem die Mannschaft sonntags und montags trainiert und ihre Heimspiele austrägt, fehlen fünf bis zehn Meter in der Breite. Zudem ist das Wasser zu seicht: Mit 1,80 Meter fehlen dem Becken 20 Zentimeter zur Erstliga-Norm. Bei Heimspielen schäme sich Mikic für das Bad, die Olympiahalle dürfte erst Mitte März 2019 wieder geöffnet werden. Ob die Münchner dort dann spielen dürfen, ist trotzdem nicht klar. Mikic wundert sich, dass eine reiche Stadt wie München nicht mehr in den Sport investiert. Er zeigt auf das Tor auf der linken Seite. "Das ist schon seit einiger Zeit kaputt", sagt er. Nun sei es notdürftig geflickt. Im Anton-Fingerle-Bad trainiere nicht nur die SG, sondern auch die Uni-Mannschaft und die Gehörlosen. Ein neues Tor würde helfen, weil Mikic sich auch als Sozialarbeiter versteht. "Wir holen die Jugendlichen von der Straße und sind auch ein Stück weit Familie für sie", sagt der Trainer. Teilweise trainierten bis zu 50, 60 Jugendliche in allen Altersklassen im Verein. Wenn das der Stadt nicht positiv auffalle, dann wisse er auch nicht, sagt Mikic und folgert: "Wir müssen entschiedener auf die Stadt zugehen." Trotz der Bedingungen ist Mikic sehr zufrieden mit dem aktuellen Kader, der im Vergleich zum Vorjahr unverändert geblieben ist. Für das Heimspiel hätte er aus 19 Spielern wählen können. Die Jungen wie Joachim Hess, Anton Spanjol und die Brüder Abel und Aaron Katona zeigten solide Leistungen, ein Ergebnis der erfolgreichen Nachwuchsarbeit. Auf die Frage nach dem Saisonziel antwortet Mikic: "Auch wenn andere Mannschaften behaupten, dass wir uns als Ziel den Aufstieg gesteckt haben: Das ist nicht so." Saisonziel sei, wie in den letzten vier Jahren unter die drei Besten der zweiten Liga zu kommen. Der Aufstieg bleibe unter den aktuellen Bedingungen eher ein langfristiges Ziel.
Zwei Siege in der zweiten Liga, ein Pokalerfolg: Nach schleppendem Saisonstart feiern Münchens Wasserballer einen gelungenen Heimauftakt. Ihre Hallenprobleme bleiben allerdings ungelöst.
muenchen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/sg-stadtwerke-muenchen-tumulte-und-ein-kaputtes-tor-1.4236119
SG Stadtwerke München - Tumulte und ein kaputtes Tor
00/12/2018
Nicht wenige in der Fußballszene in der Region München hatten es bereits geahnt. Seit Samstag ist es nun offiziell: Frank Schmöller wird nach dieser Saison beim Fußball-Bayernligisten SV Pullach als Trainer aufhören und seinen bis Ende Juni datierten Vertrag nicht verlängern. "Alles hat seine Haltbarkeit", sagt der 52 Jahre alte Coach. "Ich mache jetzt auch im Training seit fünf Jahren immer die gleichen Übungen. Es ist vielleicht für die Jungs auch ganz gut, wenn sie mal was anderes sehen." Er gehe jedoch keineswegs im Groll, das betont der Trainer: "Das Umfeld in Pullach ist perfekt, ich bin dem Verein sehr dankbar, auch weil mir Manager Theo Liedl jedes Jahr eine tolle und starke Mannschaft hingestellt hat." Für Schmöller ist sein Job beim Klub aus dem Isartal dennoch nun ausgereizt: Im November 2013 war er als Nachfolger von Carsten Teschke an die Gistlstraße gekommen und hatte den Sportverein in den folgenden Jahren an der Spitze der Bayernliga etabliert. Nach zwei zweiten Plätzen folgte in der Saison 2016/17 der umjubelte Meistertitel. Das Happy End - der Aufstieg in die Regionalliga - blieb den Pullachern jedoch mangels geeigneter Spielstätte vorenthalten. Für einen Wettkämpfer wie Schmöller ein derber Nackenschlag; nach etwas Bedenkzeit entschied er sich dennoch, in Pullach zu bleiben. Sein Team wurde 2018 abermals Zweiter hinter Aufsteiger Heimstetten und ist trotz fehlender Aufstiegsperspektive auch in der aktuellen Saison wieder vorne dabei: Nach dem 4:2 im Nachholspiel gegen die SpVgg Hankofen-Hailing überwintert der SV auf Tabellenplatz zwei. Detailansicht öffnen Entscheidet im Frühjahr, ob er weitermacht: Manager Theo Liedl. (Foto: Claus Schunk) Es war das erste Pullacher Saisonspiel auf Kunstrasen. Auf dem engen, schnellen Platz machte nicht zufällig ein technisch starker Spieler den Anfang: Ludwig Reischl erzielte nach einer Viertelstunde seinen ersten Saisontreffer. Während auch die weiteren Tore der Pullacher durch Alexander Jobst (31.), Felix Braun (37.), und den eingewechselten Max Zander (83.) gut herausgespielt waren, traf Hankofens Mateusz Krawiec mit einem direkt verwandelten Freistoß (20.) und einer direkt verwandelten Ecke (36.) jeweils zum zwischenzeitlichen Ausgleich. Insgesamt sei dieses 4:2 aber verdient, fand Liedl: "Wir waren wirklich glücklich. Wir würden uns wahnsinnig freuen, gerade auch der Frank, wenn wir diesen Platz bis zum Saisonende behalten können." Nach dem Spiel machte Schmöller in der Kabine mit "einer sehr guten Ansprache" (Liedl) dann den Abschied offiziell: Er sei als Fremder gekommen und gehe als Freund, er bedankte sich bei den Spielern für ihren nimmermüden Einsatz. Der gebürtige Hamburger war Profi unter anderem beim HSV, Hertha BSC Berlin und in Belgien, ehe er bei der SpVgg Unterhaching seine aktive Laufbahn ausklingen ließ. Nach Trainerstationen in Heimstetten und Ismaning ist Pullach der dritte Klub im Münchner Umland, den er nach vorne gebracht hat - er gilt als einer der besten Amateurcoaches in der Region. Dementsprechend dürften Angebote nicht lange auf sich warten lassen. "Ich will jetzt erst mal im nächsten halben Jahr konzentriert mit dem SV Pullach arbeiten und das Maximale herausholen. Und dann lasse ich alles auf mich zukommen", sagt Schmöller. Heißt: Er strebt nicht direkt ein Folgeengagement an, könnte sich aber "bei einer reizvollen Aufgabe" durchaus vorstellen, "gleich wieder loszulegen". Sollte das nicht der Fall sein, werde er es sich statt zum Training zu fahren auf der Couch gemütlich machen "und Vorabendserien genießen". Vermutlich verbunden mit Heimatgefühlen: "Notruf Hafenkante" und "Großstadtrevier" spielen in Schmöllers Heimat. Detailansicht öffnen Enttäuscht wegen fehlender Aufstiegsperspektiven: Frank Schmöller. (Foto: Claus Schunk) Bleibt die Frage, wie es mit dem SV Pullach im Sommer weitergeht. "Es wird weitergehen", sagt Liedl. Und das, obwohl er selbst noch nicht genau weiß, ob er nach bald zwei Jahrzehnten als Sportlicher Leiter und/oder Trainer nicht auch zum Saisonende aufhört. "Im Frühjahr werde ich mich entscheiden, relativ zeitnah", sagt er. Bis dahin wird das Duo Schmöller/Liedl aber noch einmal alles dafür tun, bestmöglich abzuschneiden und die Saison zu genießen. Dazu gehören auch noch der jährliche Ausflug nach Kitzbühel und die Weihnachtsfeier. "Und dann ruhen wir uns aus." Möglich, dass sich Liedl da gar nicht auf die Feier bezog. Aber bei der letzten gemeinsamen dürfte es sicherlich noch einmal hoch hergehen.
Nach dem 4:2 gegen Hankofen-Hailing kündigt Pullachs Trainer Schmöller seinen Abschied zum Saisonende an. Auch Manager Liedl erwägt seinen Rückzug.
muenchen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/sv-pullach-das-haltbarkeitsdatum-laeuft-ab-1.4236151
SV Pullach - Das Haltbarkeitsdatum läuft ab
00/12/2018
Schon schade, sagte Miroslav Klose. Natürlich wäre der ehemalige Nationalspieler am Samstag gerne in Bremen gewesen, als sein aktueller Arbeitgeber in der Bundesliga auf seinen früheren Verein traf. Und natürlich hätte er sich am Freitag gerne auch Kaiserslautern in Unterhaching angeschaut. Doch der Weltmeister hat jetzt eben einen neuen Job, der ihn zeitlich fordert und Vorrang hat. Da ist es umso besser, wenn es gut läuft in diesem Job. Nach dem klaren 3:0-Erfolg der U17 des FC Bayern gegen die SpVgg Unterhaching schwärmte Klose davon, wie sich das Team nach 15 von 26 Spieltagen schon entwickelt hat. Die U17 ist die einzige Mannschaft des FC Bayern im Leistungssportbereich, das sich aktuell Tabellenführer nennen kann. "Nee, überhaupt nicht", sagt Klose auf die Frage, ob das so geplant gewesen sei. Erstens ist er als Trainer ja noch Anfänger, zweitens besteht die Mannschaft zu einem großen Teil aus dem jüngeren Jahrgang 2003. Am Samstag standen sieben von ihnen in der Startelf, und sie dominierten die Hachinger über weite Strecken. Ein kleiner Trost für deren Trainer Marc Unterberger: "Das war heute kein Muss-Spiel. Das nächste gegen Wehen Wiesbaden schon eher." Die Partie gegen den Tabellennachbarn auf dem ersten Abstiegsplatz steht am kommenden Wochenende an. Im Hinspiel hatten sich die Bayern noch schwergetan, obwohl die Hachinger damals vier verschiedene Torhüter einsetzen mussten, 70 Minuten in Unterzahl spielten und beinahe trotzdem noch einen Punkt geholt hätten. "Jetzt haben wir deutlich zugelegt, im Ballbesitzspiel, im Positionsspiel. Und wir haben auch gelernt, aggressiv zu sein und die Spannung zu halten", erklärte Klose. Im Rückspiel klappte das zumindest eine Halbzeit lang. Moritz Mosandl traf nach guter Vorarbeit von David Herold schon nach acht Minuten, Torben Rhein legte in der 34. Minute mit einem Schlenzer nach. Dann leitete der wichtigste Leistungsträger der Mannschaft ein typisches Tor ein: Malik Tillman nahm Hachings Verteidiger Felix Göttlicher den Ball ab, vor dem Tor legte er ihn quer zu Lasse Günther, der problemlos einschob (40.). "Malik ist ein super Spieler, keine Frage", sagt Klose über den Kapitän, der diesmal einen Lattentreffer hatte und viele Sololäufe zeigte. Er freue sich aber auch darüber, dass andere "in die Bresche springen", zum Beispiel in jener Phase, als Tillman mit einem Muskelfaserriss fehlte, wie im Hinspiel gegen Haching. Diesmal zeigte das Team, dass es auch ohne seinen besten Offensivspieler Torchancen kreieren kann. Als Schwäche machte Klose eine bei Teenagern erwartbare Neigung aus: Ungeduld. In der torlosen zweiten Halbzeit seien die Spieler oft zu weit aufgerückt. "Wenn sie zu hoch stehen, können die Gegner mit einem Ball aufs Tor laufen. Das geht nicht", sagt Klose, "da müssen sie geduldiger bleiben, noch mehr querspielen, damit der Gegner weiter läuft." Obwohl die Mannschaft besser dasteht als gedacht und Klose sagt, sie habe selbst die "Messlatte höher gelegt", steigen die Erwartungen nicht. Das Erreichen des DM-Halbfinales sei weiterhin keine Pflicht. Es stünden noch schwere Auswärtsspiele an nach der Winterpause, die nach dem Spiel in Nürnberg am Samstag beginnt. "Es wird ja nicht immer so laufen, aber ich bleibe ruhig, wenn es mal nicht so läuft. Wie in der Fußballerkarriere." Klose grinst. Mit 40 ist er als Trainer ja auch immer noch ziemlich jung.
Die von Miroslav Klose trainierte U17 des FC Bayern München gewinnt das Derby gegen Unterhaching 3:0 - und ist einziger Tabellenführer des Klubs.
muenchen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/u-17-fussballderby-fc-bayerns-beste-1.4236153
U-17-Fußballderby - FC Bayerns Beste
00/12/2018
In der 15. Spielminute überrumpelte Mareike Konsek den Feudenheimer HC mit dem ersten Hallen-Saisontor für die Frauen des Münchner Sportclubs. Sie leitete am Sonntag nicht nur den 4:2-Auswärtserfolg beim Aufsteiger aus Mannheim ein, sondern erlöste auch ihren Trainer André Schriever, dem am Vortag noch Böses schwante: "Wenn wir morgen nicht gewinnen, wissen wir schon nach dem ersten Wochenende, was die Stunde geschlagen hat - dann wird es ungemütlich", hatte er gesagt. Denn anders als beim durch Tore von Konsek, Verena Neumann (32.), Jacqueline Dorner (33.) und Jule Bleuel (53.) ungefährdeten Erfolg in Feudenheim war der Start in die Hallenhockey-Bundesliga am Vortag für den MSC gründlich missraten. Die Münchnerinnen waren beim TSV Mannheim mit 0:6 (0:2) unter die Räder gekommen. Entsprechend konsterniert war Schriever gewesen, der zwar einkalkuliert hatte, "dass man beim TSV mal verlieren kann", die Deutlichkeit aber als "ernüchternd" bezeichnete. "Wir sind erleichtert nach diesem schwachen Auftritt gestern", sagte er am Sonntag, und fügte hinzu: "Hut ab vor meiner jungen Mannschaft, dass sie so eine gute Reaktion gezeigt hat." Der Standort Mannheim ist für den MSC in der kurzen Hallenserie entscheidend, denn die halbe Süd-Staffel ist dort beheimatet. Favorit ist der Mannheimer HC, der vor Jahren seine zweite Mannschaft in einen eigenen Verein ausgliederte, damit Talente höherklassig als in der Oberliga spielen durften, was der süddeutsche Verband für zweite Teams untersagte. Als Ergebnis ist jene ehemalige zweite Mannschaft unter dem Namen Feudenheimer HC nun neben dem Lokalrivalen TSV die dritte Mannheimer Mannschaft in der Sechsergruppe und einer jener Gegner, gegen die sich der MSC schnell ein Polster zum Abstiegsplatz erarbeiten will. Das Rückspiel gegen Feudenheim findet am kommenden Samstag statt. Doch bei der Frage, ob es gelingt, sich bereits am zweiten Doppelspieltag der gröbsten Abstiegssorgen zu entledigen, könnte ausgerechnet die eigene Heimspielstätte zum ausschlaggebenden Faktor werden. Denn der MSC wird wegen Baumaßnahmen nicht in Allach, sondern in der Halle am Bauhausplatz spielen. Dort liegt Parkettboden, der schnellste zulässige Belag für Bundesliga-Spiele. "Das ist für gut eingespielte Teams perfekt", sagte Schriever, und meinte damit: "Für uns ist das momentan also nicht optimal." Die MSC-Männer starteten ebenfalls in Mannheim, allerdings beim Mannheimer HC. Beim 4:4 (2:3) gelang ihnen trotz der kurzfristigen Absagen der Rückkehrer Felix Greffenius (beruflich verhindert) und Moritz Rünzi (Saisonaus wegen Kahnbeinfraktur) ein Achtungserfolg. Es trafen Christian Schellinger (12.), Korbinian Grießl (14.) und Alexander Inderthal (37., 53.). "Das ist ein Bonuspunkt, den wir gerne mit in diese weitere Saison nehmen", sagte Trainer Patrick Fritsche. Am Sonntag veredelte seine Mannschaft den Punkt mit einem 6:4 (2:0) bei den Stuttgarter Kickers, die neben Frankfurt der ärgste MSC-Konkurrent um den Verbleib in der Liga sind. Der MSC lag durch Treffer von Fabian Humpfer (24.), Michael Rostek (30.), Maternus Burgmer (41., 59.) und Inderthal (48., 51.) permanent in Führung, schaffte es aber lange nicht, "den Deckel draufzumachen", wie Fritsche sagte. Die Heimreise trete sein Team "mit schweren Beinen, aber leichtem Gepäck an", am kommenden Wochenende hofft er in den Heimspielen gegen Stuttgart und Frankfurt auf "einen Riesenschritt in Richtung Klassenerhalt". Auch der muss auf dem schnellen Boden der Ausweichhalle gemacht werden, was auch nicht unbedingt förderlich ist für die schweren Münchner Beine.
Die Hockey-Frauen des Münchner SC starten mit einer 0:6-Niederlage gegen den TSV Mannheim und einem 4:2-Sieg gegen den Feudenheimer HC in die Hallensaison - die MSC-Männer überraschen positiv in Mannheim.
muenchen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/hockey-missratener-auftakt-1.4236125
Missratener Auftakt
00/12/2018
Die Mannschaft von Trainer Holger Seitz stand unter Druck. Drei Spiele in Serie hatte der FC Bayern II nicht mehr gewonnen. Um die Chance zu wahren, auf Platz eins in der Regionalliga Bayern zu überwintern, mussten die Münchner beim FV Illertissen gewinnen. Keine leichte Aufgabe, denn seit Marco Küntzel Trainer ist, läuft es bei Illertissen richtig gut. "Wir wussten, dass wir gegen eine hervorragend eingestellte Mannschaft spielen würden. Ihr 3:0-Sieg gegen Eichstätt war für uns Warnung genug", sagte Seitz. Es war eine zähe erste Halbzeit. Die Bayern waren zwar überlegen, doch Illertissen ließ kaum Chancen zu. Die beste hatte Kwasi Okyere Wriedt, doch der Stürmer scheiterte an Torwart Felix Kielkopf. Auf der anderen Seite hätte auch der FV die Möglichkeit gehabt, in Führung zu gehen. Schiedsrichter Thomas Ehrnsperger konnte einen Zweikampf im Strafraum der Münchner nicht eindeutig bewerten und fragte bei Illertissens Maurice Strobel nach, ob er gefoult worden sei. Strobel verneinte. "Das möchte ich wirklich herausheben. Maurice Strobel hat in dieser Szene wirklich gezeigt, dass er einen tollen Charakter hat. Das ist nicht selbstverständlich, das war wirkliches Fair Play", lobte Seitz. 66 Minuten warteten die Zuschauer auf das erste Tor. Drei Minuten später war die Partie entschieden: Meritan Shabani brachte Bayern in Führung, Wooyeong Jeong erhöhte auf 2:0 (69.). Der 19-jährige Südkoreaner hatte am Dienstag in der Champions League debütiert, was laut Seitz keinerlei Einfluss auf seine Arbeitseinstellung hatte: "Der Junge braucht keine zusätzliche Motivation. Der geht immer ans Limit, gibt in jedem Spiel, in jedem Training Vollgas. Er ist ein sehr zielstrebiger Spieler." Es blieb beim 2:0 für die Münchner. Ein Ergebnis, mit dem Seitz zufrieden sein kann. Die Bayern liegen noch immer hinter dem VfB Eichstätt, der allerdings schon drei Spiele mehr absolviert hat und nächste Woche nicht spielt. Am kommenden Freitag kann der FCB dank des besseren Torverhältnisses an Eichstätt vorbeiziehen. "Wir sind in einer tollen Situation: Wir haben Heimspiel und alles in unserer Hand. Schweinfurt ist zwar ein starker Gegner, aber unser Ziel ist ein Sieg - dann sind wir am sonnigen Platz in der Tabelle", so Seitz. Am Dienstag beginnt für den Kader die Vorbereitung auf das Spitzenspiel. Zusätzliche Motivation dürften dafür weder Wooyeong Jeong noch seine Kollegen brauchen.
Die U23 des Rekordmeisters schlägt den FV Illertissen mit 2:0 durch Tore von Shabani und Jeong und kann am Freitag dank des besseren Torverhältnisses wieder die Tabellenspitze vom VfB Eichstätt übernehmen.
muenchen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/fc-bayern-muenchen-ii-wintersonne-1.4236157
FC Bayern München II - Wintersonne
00/12/2018
Nach nicht einmal drei Monaten ist die Amtszeit von Manfred Bender als Trainer des FC Pipinsried abgelaufen. Wie der Tabellenvorletzte der Fußball-Regionalliga Bayern mitteilte, trennen sich die Wege des Klubs und des 52-Jährigen mit Beginn der Winterpause (die Partie am Samstag gegen Ingolstadt II war abgesagt worden). Der ehemalige Profi war erst Mitte September an die Seite von Spielertrainer Fabian Hürzeler gerückt. Als Grund für die Trennung führten beide Seiten unterschiedliche Auffassungen über die Kaderzusammenstellung an. "Leider sind wir bei unserer Personalplanung auf keinen gemeinsamen Nenner gekommen", sagt Sportleiter Roman Plesche. Der Verein bedauere den Schritt, "weil wir einen hervorragenden Übungsleiter verlieren". Dennoch sei der Klub der Meinung, dass am Kader "nur punktuelle Veränderungen vorzunehmen sind". Bender dachte wohl radikaler. Dennoch habe ihm die Aufgabe Spaß gemacht: "Wir trennen uns im Guten." Für Benders Nachfolge gebe es mehrere Optionen, sagt Plesche: "Wir werden aber keine täglichen Wasserstandsmeldungen abgeben, sondern uns erst äußern, wenn wir eine finale Lösung präsentieren können."
Nach drei Monaten trennt sich Regionalligist FC Pipinsried von Trainer Manfred Bender.
muenchen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/fc-pipinsried-bender-geht-1.4236159
Sport in der Region
00/12/2018
Das soll jetzt gar nicht überheblich klingen, sagt Dominik Stahl, aber so sei es eben: "Wenn wir mal ins Rollen kommen, dann kann es schon mal brutal werden bei uns." Angesicht dessen, was da zurzeit passiert bei der SpVgg Unterhaching, klang das ganz und gar nicht überheblich. Die Mannschaft hat in drei Spielen in der dritten Liga 16 Tore geschossen und dabei zu Hause zuletzt 6:0 und am Freitag 5:0 gewonnen. In einer Liga, in der nachweislich jeder jeden schlagen kann. Da passte es gut, dass der Hauptsponsor zugunsten der "Sternstunden" des Bayerischen Rundfunks Platz gemacht hatte auf der Trikotbrust. Für den Gast, den 1. FC Kaiserslautern, wurde es dann sehr brutal. Die Fans der Roten Teufel mussten von einem großen Polizeiaufgebot vom Platzsturm abgehalten werden, Trainer Michael Frontzeck deutete in der Pressekonferenz seine Beurlaubung an, die am Samstag erfolgte. Unterhaching übernachtete auf Tabellenrang zwei und ist nun Vierter, einen Punkt hinter Uerdingen, zwei hinter dem KSC. Der Vollständigkeit halber sei gesagt, dass die Hachinger nach einer langen Remis-Serie zuletzt auf instabile Gegner trafen und auch deshalb ihre spielerischen Fähigkeiten entfalten konnten. Auch war dem 1:0 gegen Kaiserslautern, ein Schlenzer aus spitzem Winkel von Luca Marseiler, eine Abseitsstellung des Flügelspielers vorausgegangen. Trotzdem war der Sieg hochverdient. "Zurzeit klingelt's halt", sagt Stahl. Nach dem 2:0 durch Stefan Schimmer (28.) schienen sich die Pfälzer ihrem Schicksal zu ergeben. Einige Male musste zwar auch Hachings Torwart Lukas Königshofer eingreifen, in der 43. Minute zeigte er eine Glanzparade, und mit der Phase vor der Pause war Trainer Claus Schromm "auf keinen Fall einverstanden". Trotzdem wirkte der Sieg kinderleicht erspielt, vor allem dank Sascha Bigalke, mal wieder. Nach den ersten beiden Treffern legte er auch das 5:0 für Stephan Hain auf (84.), vor dem 4:0 durch Jim-Patrick Müller (71.) hatte er die Flanke geschlagen. Und beim 3:0, das er per Foulelfmeter-Nachschuss erzielte, verbuchte er quasi den vierten Assist, weil er zuerst Keeper Wolfgang Hesl angeschossen hatte. "5:0 ist dann schon heftig", lautete Bigalkes Analyse zur gnadenlosen Effizienz seiner Mannschaft. Haching wurde schon vor der im Spätherbst einsetzenden Torflut immer wieder von Experten und Konkurrenten gelobt. Angesichts einer einzigen Saisonniederlage dürften die Stimmen, die das Team zum Aufstiegsaspiranten erheben, wieder anschwellen. Schromm will davon nichts wissen, er flüchtet sich in Mathematik: "Wichtig ist, dass wir 30 Punkte haben. Wir haben uns vor der Länderspielpause das freche Ziel gesetzt, zur Winterpause die gleiche Punktzahl zu haben wie letztes Jahr, nämlich 34." Seitdem seien schon sechs Punkte dazu gekommen, es fehlten aber noch vier. "Diese Salami-Taktik, das macht am meisten Sinn", sagt der Trainer. Im Falle des Klassenverbleibs setzen sich die Hachinger vorsichtshalber lautstark für den Status quo der dritten Liga ein. Nachdem die seit Jahren geplante Reform der Regionalligen Mitte November in der Auflösung einer Arbeitsgruppe endete, kritisieren die Drittliga-Vereine den DFB scharf und fordern den Erhalt der Eingleisigkeit der dritten Liga. Am Freitag machten Haching und Lautern den Auftakt zu einem ungewöhnlichen Protest: Nach der Ausführung des Anstoßes blieben alle Spieler eine Minute lang einfach stehen. Der Vorwurf: Die Vereine seien dem DFB sehr weit entgegen gekommen mit dem Zugeständnis, dass künftig vier statt drei Teams absteigen. Nach den aus ihrer Sicht halbherzigen Bemühungen wurde dieses Angebot nun wieder zurückgezogen. Weil sich Vereine wie Haching aufgrund der niedrigen TV-Erlöse ohnehin vernachlässigt vorkommen, wurde das Thema schnell emotional. SpVgg-Präsident Manfred Schwabl spricht man besser gar nicht erst darauf an, bei Nachfrage könnten die Antworten recht laut ausfallen. Auch Schromm argumentierte mit Nachdruck: "Es ist bitter notwendig gewesen, und es ist sehr schön, dass da eine Einigkeit entsteht", sagte er über die Protestaktion. Die dritte Liga sei dazu da, jungen, in Deutschland ausgebildeten Spielern eine Bühne zu bieten. Subtext: Bezahlen müssen das die Vereine, vom DFB kommt fast keine Hilfe. Schwabl schimpft, die dritte Liga labbere "wie ein Meniskus" zwischen Profi- und Amateurfußball herum. Hachings Stehfußballer wollten sich zu dem Protest übrigens nicht äußern. Stahl meinte später nur, als er das erste Mal davon gehört habe, glaubte er an einen Scherz. Dann protestierten auch noch die Fans aller Lager, und zwar gegen Montagsspiele, indem sie 45 Minuten lang keine Stimmung machten. Doch selbst die vielen Proteste, der Regen und deprimierte Lauterer konnten nicht verhindern, dass die SpVgg eine Sternstunde erlebte.
Nach sieben Unentschieden in Serie hagelt es bei der SpVgg neuerdings Tore. Das 5:0 gegen Kaiserslautern, das Michael Frontzecks Zeit auf dem Betzenberg beendet, wird von Protesten begleitet.
muenchen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/spvgg-unterhaching-alles-flut-1.4236139
Sport in der Region
00/12/2018
Die sechs kräftigen Männer sind ganz nah aneinandergerückt, damit sich ihre Körper möglichst zu einer einzigen Fläche verschweißen. Dann reißen sie auch noch die Arme so weit es geht nach oben. Mauer nennt sich das im Sportjargon, und eine Mauer zu überwinden, ist so leicht bekanntlich nicht. Weil Falk Kolodziej mit 1,84 Meter eher zu den mittelgroßen Handballern zählt, muss er sich einer List bedienen - und wirft den Ball, während er sich selbst auf die linke Seite fallen lässt, um die Mauer herum und über Horkheims Keeper Sven Grathwohl hinweg ins Tor. Ein Geistesblitz des Fürstenfeldbruckers kurz vor der Pause, der die Wende im Spiel bringt. Später drehen die Spieler des TuS Fürstenfeldbruck richtig auf, besiegen den TSB Horkheim mit 23:21 Toren und ziehen an ihm in der Tabelle der dritten Liga Süd vorbei auf Platz fünf. Es wird hinterher niemanden geben, der dieser Partie nicht alle Attribute eines Spitzenspiels zuschreiben und jegliche Art von Superlativen vergeben möchte. "Auf allerhöchstem Drittliga-Niveau" hat Fürstenfeldbrucks Trainer Martin Wild beide Mannschaften, aber auch das Publikum agieren sehen. Die 700 Zuschauer auf der Tribüne springen bisweilen von ihren Sitzen auf, so begeistert sind sie vom Treiben auf dem Parkett. "Es war eine tolle Energie in der Halle", sagt Wild. Florian Drechsler, der für den TuS viele Jahre als Zweit- und Drittligaschiedsrichter im Einsatz war, sieht die Partie gar an Zweitliganiveau heranreichen. Dass Fürstenfeldbruck für den Vorjahreszweiten aus dem Heilbronner Stadtteil Horkheim "Auswärts-Angstgegner" ist, wie man dort zugibt, bestätigt sich am Samstagabend einmal mehr. Dabei sind es in der ersten Halbzeit die Gäste, die vor allem dank ihrer kompakten Abwehr zumeist in Führung liegen. Doch der Abstand bleibt überschaubar, und der nach Ablauf der ersten dreißig Minuten noch auszuführende Freiwurf von Rückraumspieler Kolodziej bringt den TuS zum 9:10-Halbzeitstand heran. Nach der Pause entwickelt sich ein superschnelles Handballspiel. Geradezu entfesselt und mit unbändigem Willen gehen die Gastgeber zu Werke, wiederholt gelingt es ihnen, ihre schärfste Waffe zu ziehen, den Tempogegenstoß. Max Horner ist kaum auf dem Feld, schon setzt er den Ball zum 14:13 (39.), der ersten Brucker Führung, ins Tor. Acht Minuten später sind es schon vier Treffer, darunter einer in den leeren Horkheimer Kasten und ein Heber über den Keeper. Dabei sollte der 20-Jährige nach einem Meniskusriss noch nicht spielen. Auch Trainer Wild gibt ein paar Gewissensbisse ob des Einsatzes zu. Doch der Jüngere der beiden Horner-Brüder bringt Quirligkeit ins Spiel, zumal er als Linkshänder die richtige Besetzung auf der rechten Seite ist. Die übrigen drei Linkshänder sind noch verletzt. Der Vorsprung der Brucker bleibt zumeist bei knappen zwei Toren, weil es auch die Horkheimer verstehen, immer wieder nachzulegen. Auch wenn ihr Trainer Volker Blumenschein hinterher von zu vielen Fehlern im eigenen Team spricht und davon, "heute schon sehr traurig" zu sein. TuS-Trainer Martin Wild muss viel durchwechseln, die Partie kostet Kraft. Bei der Abwehrarbeit geben beide Seiten keinen Ball vorzeitig verloren, die Torhüter hüben wie drüben nutzen die Gelegenheiten, sich auszuzeichnen. Enttäuscht verharrt deshalb Horkheims Keeper Sven Grathwohl, der im Spiel nach seinen vielen Paraden immer wieder die Fäuste geballt hat, nach der Schlusssirene regungslos auf dem Spielfeld, während Gegenüber Michael Luderschmid und seine Brucker Kollegen siegestrunken im Kreis tanzen. Martin Wild nimmt derweil zufrieden zur Kenntnis, dass von seinen vielen Verletzten einer nach dem anderen zurückkehrt. Yannick Engelmann ist nach seinem Kreuzbandriss wieder da und wurde am Samstag als Kreisläufer gebraucht. Auch Falk Kolodziej hatte zuletzt mehrere Spiele verpasst, aber natürlich nichts verlernt. Seinen kecken Freiwurf um die Mauer, ja, den habe er "früher schon mal geübt", sagt er hinterher. Im Pokalspiel gegen die deutschen Meister von den Rhein-Neckar-Löwen Ende August hat er ihn ebenfalls gezeigt. Jetzt aber ist er erstmals im Tor gelandet.
In einer Partie "auf allerhöchstem Drittliga-Niveau" schlagen die Handballer des TuS Fürstenfeldbruck den TSB Horkheim und schieben sich auf Platz fünf.
muenchen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/tus-fuerstenfeldbruck-alle-attribute-eines-spitzenspiels-1.4236099
Alle Attribute eines Spitzenspiels
00/12/2018
Früher stand im Dezember der Winter vor der Tür. Aber Winter gibt's nicht mehr, und Hoeneß lächelt. Nur der FC Pipinsried bleibt kühl - zum Trainer. Früher, ganz, ganz früher, konnte man im Dezember sicher sein: Wenn es an die Pforte klopft, steht Weihnachten vor der Tür. So wie Maria und Josef, die beiden Herbergssuchenden, die ihrerseits an manche Pforte klopften, um Weihnachten in die Welt zu setzen. Ob man's glaubt oder nicht: Ohne Jesus kein Christbaum und kein Glühmarkt und schon gar keine Bescherung. In der guten alten Zeit wurde Weihnachten stets begleitet von seinem Weggefährten, dem grimmigen Winter, der die fröhliche Weihnacht ergänzte wie der Krampus den Nikolaus, diesen Johannes Baptist der Adventszeit, nur in Weiß und nicht ganz so Furcht einflößend. Aber irgendwann hat der Winter gemerkt, dass es anderswo viel toller ist, richtig schön zapfig und saukalt, und seitdem treibt er sich im tiefsten Sibirien herum oder am Nordpol und spielt Schneeball mit den Rentieren vom Coca-Cola-Claus. Den Krampus wird bald die Spiritual Correctness für immer aus der Tradition des jüdisch-christlichen Abendlands gefegt haben, dann kann er sehen, wo er bleibt, der grausliche Wicht, und seinen barmherzigen Bischof von Myra, den kann er gleich mitnehmen. Soweit kommt's, dass ein Migrant aus der Türkei uns sagt, wie wir das Fest der Nächstenliebe zu feiern haben. Wenn es dieser Tage, da der Advent angebrochen ist, an der Pforte klopft, steht da ja auch kein Winter mehr vor der Tür. Erstens hat niemand mehr eine Pforte, kann sich ja keiner leisten, außer dem Herrn Merz vielleicht in seiner gehobenen Mittelschicht. Zweitens gibt es keinen Winter mehr. Wenn es heute in einer Dezembernacht an die Tür klopft, ist da kein durchgefrorenes Paar mehr, das ein wenig Wärme sucht und einen Platz in der Kinderkrippe. Wahrscheinlich ist es die Lounge-Sitzgruppe vom Nachbarn, die ein Föhnsturm aus der Sahara von der Dachterrasse geblasen hat und nun durchs Viertel taumelt wie der rotbemäntelte Kaufhaus-Klausi nach zu viel Wunsch-Punsch. Wenn es heute an die Tür klopft, steht der Klimawandel vor der Tür. Wer noch immer nicht glaubt, dass sich was geändert hat an der Großwetterlage, der muss nur mal wieder zum Fußball gehen. In Pipinsried zum Beispiel war das im November noch möglich. Im November! Kein einziges Spiel hatte der FC in der laufenden Regionalliga-Saison abgesagt - im November! Obwohl Nebel und andere Wetterphänomene dem heiligen Rasen arg zusetzten, leichter Sprühnebel etwa oder, gütiger Gott, Tageslicht! Wenn das der Konny Höß noch miterleben müsste (aber er geht ja zu keinem Heimspiel mehr, seit ihn seine Untergebenen von der Vereinsspitze geputscht haben, Saubande, miserablige). Oder beim FC Bayern: Da ist ja auch nix mehr, wie's dazumal war. Da verliert der Kowatsch Nikolaus ein Spiel nach dem anderen, und dann ist Weihnachtsfeier respektive Mitgliederversammlung, alle freuen sich, dass der Uli gleich die Rute auspackt und die Fans zusammenfaltet von wegen Scheißstimmung und so oder dass der Kalle ein paar von diesen Schreiberlingen gescheit mit dem Grundgesetz verdrischt - und dann? Spricht Hoeneß von Nachhaltigkeit, als wäre er ein Biolandwirt, verspricht "bessere Tagesform" für künftige Pressebeschimpfungskonferenzen, lässt sich auspfeifen und - lächelt. Lächelt! Der Klimawandel hat sogar schon neue Berufsbilder gemalt. Snowfarmer beackern Schneefelder aus dem letzten Jahr und hüllen sie, nein, nicht in wärmende Mäntel wie der heilige Martin, sondern wie Christo in kühlende Planen. Und wenn dann zur neuen Saison die alte weiße Pracht neu erblüht, spricht man von übersommertem Schnee. Der Abschmelzpunkt ist nah. Noch aber ist nicht aller Tage Abend. Am Samstag sollten die Pipinsrieder gegen den FC Ingolstadt II spielen mit seinem Trainer Tobias Strobl. Der war mal Spielertrainer in Pipinsried, bis ihn der Krampus, äh, der Konny von seiner Schwelle gejagt hat wie die AfD jeden Herbergssuchenden. Aber so schnell schießen die preußischen CO₂-Kanonen auch wieder nicht. Pipinsried hat abgesagt. Und sich auch gleich von Trainer Manfred Bender getrennt. Ja, es gibt sie noch, die gute kalte Zeit.
Früher stand im Dezember der Winter vor der Tür. Aber Winter gibt's nicht mehr, und Hoeneß lächelt. Nur der FC Pipinsried bleibt kühl - zum Trainer.
muenchen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/linksaussen-uli-am-abschmelzpunkt-1.4236105
Uli am Abschmelzpunkt
00/12/2018
Sebastiano Nappo hat auch diesmal wieder nach dem Spiel mit seinen Ex-Kollegen gescherzt, das Verhältnis zum SV Heimstetten ist immer noch sehr gut. Dabei tut Nappo alles dafür, dass der SVH ihm böse sein könnte. Am Freitag erzielte der Stürmer den 2:1-Siegtreffer für den FC Augsburg II, wodurch Heimstetten als Tabellenletzter der Regionalliga in die Winterpause geht. "Wir wurden zweimal vom Ex-Spieler gekillt", sagte SV-Trainer Christoph Schmitt - schon in der Hinrunde hatte Nappo das Duell entschieden. Die Heimstettener waren gut ins letzte Spiel des Jahres gestartet. "Wir haben in der ersten Halbzeit vieles sehr gut umgesetzt, gut verteidigt und waren offensiv immer wieder gefährlich", sagte Schmitt. Der Lohn dafür war das 1:0 von Moritz Hannemann (22.), der fast das 2:0 nachgelegt hätte. In Hälfte zwei dauerte es aber nur 80 Sekunden, ehe der Bundesliga-erfahrene Markus Feulner ausglich und die Gäste damit ins Grübeln brachte. "Wir hatten danach keinen richtigen Zugriff mehr", sagte Schmitt, "die Abstände haben nicht mehr gestimmt und wir hatten viele Ballverluste." Dass es Nappo sein musste, der das bestrafte (77.), passte ebenso ins Bild der letzten Wochen wie die Aktion in der Schlussphase, als die Augsburger den Ball nach einem Schuss von Lukas Riglewski noch von der Torlinie kratzten. Nach nur einem Sieg in 14 Spielen kann dem Aufsteiger die Winterpause eigentlich nur gut tun. Die Spieler verabschiedeten sich nach der Weihnachtsfeier am Samstag, "jetzt sind uns die Jungs ein paar Wochen los", sagte Schmitt. Jeder Spieler bekam ein Laufprogramm mit auf den Weg, ab Mitte Januar wird wieder gemeinsam trainiert. Die Winter-Vorbereitung wird allerdings eine andere werden als die vergangene. Sie werde "mit Sicherheit intensiver", sagte Schmitt. Er stellte die Team-Fitness nicht völlig in Frage, aber es sei selten, "dass bei uns zehn Mann fleißig gegen den Ball arbeiten." Das soll sich ändern. Das inhaltliche Hauptthema für die Rückrunden-Trainingsarbeit ist leicht auszumachen: die Defensivarbeit. "Wir müssen besser verteidigen", betonte Schmitt, 46 Gegentore in 21 Spielen zeigten, dass sein Team in diesem Bereich "massiven Aufholbedarf" habe. Er verriet auch, dass er schon Schlüsse über den Kader gezogen habe und kündigte Änderungen an. "Ob über Abgänge oder Zugänge", werde sich zeigen, sagte Schmitt.
Regionalliga-Aufsteiger Heimstetten will in der Winterpause vermehrt an seiner Fitness und an seiner Defensive arbeiten. Auch das letzte Spiel vor dem Jahreswechsel beim FC Augsburg II geht verloren.
muenchen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/sv-heimstetten-rote-laterne-zum-fest-1.4236155
Rote Laterne zum Fest
00/12/2018
Vom Fanboykott hält Nürnbergs Trainer Michael Köllner herzlich wenig - und auf lautstarke Unterstützung kann auch das Leverkusener Geburtstagskind Heiko Herrlich nicht vertrauen. Aus Protest gegen fan-unfreundliche Anstoßzeiten wollen Anhänger beim Montagsspiel (20.30 Uhr) in der ersten Hälfte unter anderem keine Gesänge anstimmen. "Ich habe Verständnis, dass Fans ihren Unmut über die Kommerzialisierung des Fußballs und gewisse Regularien zeigen. Allerdings schaden sie mit solchen Aktionen der Mannschaft", hatte Köllner schon lange vor dem Duell klargemacht. Zumal seine Mannschaft lautstarke Unterstützung von Beginn an wirklich gut gebrauchen könnte. Nach sechs sieglosen Bundesligapartien am Stück geraten die Franken zunehmend in Bedrängnis. Sein Team müsse gegen "eines der Schwergewichte der Liga", so beschrieb Köllner den Rivalen, mit "viel Herz, Laufstärke und Kampfgeist" auftreten. Der FCN muss dabei personell umbauen: Nach dem Ausfall der Rechtsverteidiger Enrico Valentini und Robert Bauer ist eine kreative Lösung gefragt. "Es ist keine einfache Situation, wenn beide ausfallen", räumte Köllner ein. Der 19-jährige Kevin Goden, im Sommer vom 1. FC Köln gekommen, sei eine Option. Im Tor hat sich Köllner festgelegt. Aufstiegstorwart Fabian Bredlow wird Christian Mathenia ersetzen, der sich gegen Schalke eine schwere Knieverletzung zugezogen hatte. "Wir haben uns nicht von ungefähr vor der Saison für ihn als Nummer eins entschieden", sagte Köllner zu Bredlow, der nach mehreren unglücklichen Vorstellungen am achten Spieltag seinen Platz an Mathenia verloren hatte. "Wir dürfen gegen Leverkusen nicht nur einen Plan im Kopf haben, ein guter Rhythmuswechsel wird nötig sein. Und wir müssen weit über unsere Grenzen gehen und unsere Fehler minimieren", sagte Köllner. Wenn seine Spieler all das umsetzen, wird er am Ende auch den Stimmungsboykott der Anhänger verschmerzen können.
Sorgen auf der Rechtsverteidigerposition: Der 1. FC Nürnberg muss gegen Leverkusen auf Enrico Valentini und Robert Bauer verzichten. Trainer Köllner macht seiner Mannschaft dennoch Mut.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/1-fc-nuernberg-goden-als-option-1.4236694
Goden als Option
00/12/2018
Die guten Nachrichten hielten sich am Freitag in Grenzen für die Tölzer Löwen, aber immerhin: Es gab welche. Trotz einer 1:4 (0:1, 0:2, 1:1)-Niederlage standen sie auch am Samstag noch auf Rang neun der DEL2, auf einem Platz, der nach der Hauptrunde für die Pre-Playoffs reichen würde; Platz sechs, der die sichere Qualifikation für das Viertelfinale bedeutet, war nur zwei Zähler entfernt. 2011 Zuschauer sahen dieses 1:4 gegen die Lausitzer Füchse aus Weißwasser, fast doppelt so viele wie am vergangenen Dienstag, als gerade einmal 1040 Zuschauer die 5:0-Gala gegen den EHC Freiburg im Stadion verfolgten. Der lange verletzte Verteidiger Valentin Gschmeißner war zurück, der Kader damit komplett. Und am Sonntag waren die Löwen spielfrei, was ihnen nach einer Englischen Woche eine willkommene Pause verschaffte, ehe sie am nächsten Freitag im dritten Heimspiel nacheinander auf Aufsteiger Deggendorf treffen werden. Das war es dann aber auch an positiven Inhalten, die die Löwen aus diesem 1:4 destillieren konnten. Denn auch nach unten sind die Abstände in der Tabelle extrem eng. Einem Sieg folgt eine Niederlage folgt ein Sieg folgt eine Niederlage. Trainer Markus Berwanger, wie immer um den Betriebsfrieden bemüht, sagte: "Wir haben es nicht besonders gut gemacht, aber auch nicht besonders schlecht. Weißwasser hat es einfach sehr, sehr gut gemacht." Kann man ja mal anerkennen. Natürlich war das nur ein schwacher Trost nach einer Partie, in der Tölz das schönste Tor des Tages vorgelegt hatte. Florian Strobl jubelte nach einer Direktkombination über drei Stationen über das 1:0. Nach Videostudium erkannten die Schiedsrichter den vermeintlichen Treffer aber nicht an: Die Scheibe hatte sich lediglich im Außennetz verfangen. Als Strobl wenig später auf die Strafbank musste, traf David Kuchejda einwandfrei zur Führung für Weißwasser (18.), und die Partie drehte sich. Das zweite Drittel ging klar an die Sachsen, Jeff Hayes (25., 32.) schraubte die Führung der Füchse auf 3:0. Kevin Wehrs weckte mit einer Schlagschuss-Direktabnahme zwar noch Hoffnung (55.). Doch dann unterlief Routinier Casey Borer im Spielaufbau bei Tölzer Überzahl ein fataler Fehler an der eigenen Blauen Linie, den Fabian Dietz mit dem 1:4 (57.) bestrafte. Drei Tage nach ihrem ersten Shutout, als sie sich in jeden Schuss geworfen hatten, leisteten sich die Löwen am Freitag zu viele individuelle Nachlässigkeiten. Torhüter Ben Meisner, am Dienstag noch "Man of the Match", musste diesmal zusehen, wie sein Freund und Gegenüber Olafr Schmidt zum Matchwinner wurde. Meisners Frust entlud sich nach der Schlusssirene. Zornig schmetterte der Deutschkanadier seine Trinkflasche aufs Eis. "Wir haben im letzten Drittel alles versucht. Aber zwanzig Minuten sind zu wenig, um gegen eine Topmannschaft Punkte zu holen", sagte Berwanger. Das war weder gut noch schlecht noch neu. Aber es war die eigentliche Botschaft des Abends: Die Konstanz fehlt.
Dem ersten Shutout dieser Saison beim Tölzer 5:0-Sieg gegen Freiburg folgt eine 1:4-Heimniederlage gegen Weißwasser.
muenchen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/del2-konstantes-auf-und-ab-1.4236095
Konstantes Auf und Ab
00/12/2018
Ach, Neuried. Klar, man kann 1:4 verlieren in Traunstein, ist ja ein schönes Geschenk für die Chiemgauer, die zur Winterpause in der Fußball-Landesliga Südost wieder den Nichtabstieg vor Augen haben. Dafür ist der TSV nun über Monate hinweg drittschlechteste bayerische Fußballmannschaft. Von der Bezirksliga aufwärts! Kein Sieg, zwei Zählerchen aus drei Unentschieden (ein Punkt Abzug wegen Einsatzes eines nicht spielberechtigten Akteurs). Nur der SV Hutthurm, Landesliga Mitte, ist schlechter, ein Punkt. Und der FV Karlstadt, Bezirksliga Unterfranken West, ein Punkt. 13 Zähler sind es noch bis zur Abstiegsrelegation für Neuried. Der SC Oberweikertshofen aus der West-Staffel dagegen: Nur 0:3 beim Zweiten Türkspor Augsburg (!), zwei Siege und zwei Remis in der Bilanz. Blöd nur, dass dem SCO 14 Punkte zur Relegation fehlen. Ach, du glückliches Neuried.
Letzter Platz bleibt letzter Platz? Nicht unbedingt. Es kommt zum Beispiel darauf an, ob man in der Landesliga Südwest oder in der Landesliga Südost Fußball spielt.
muenchen
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/sport/kurze-ecke-tu-felix-neuried-1.4236241
Kurze Ecke - Tu felix Neuried
00/12/2018
Die Frage eines Fürther Journalisten war eigentlich freundlich gemeint gewesen. Ob sein Team beim 0:4 denn wirklich um vier Tore schlechter gewesen sei als der 1. FC Köln, wollte ein Reporter der Fürther Nachrichten von Sascha Burchert wissen. Der verneinte das auch prompt, schob aber Überraschendes nach: "Ich glaube, wir waren um sechs oder sieben Tore schlechter." Das war nun etwas arg negativ, denn zumindest im ersten Durchgang hatte Fürth bei konzentrierten und offensiven Kölnern noch ganz ordentlich mitgespielt. Doch dann passierten ein paar Dinge, die nun gar nicht gut liefen für die Franken. Zum ersten, dass Köln immer stärker wurde. Und zum zweiten, dass der Schiedsrichter Sören Storks ein paar Wahrnehmungsprobleme zu viel hatte. Vor dem Kölner 1:0 durch Dominick Drexler standen zuerst Passgeber Simon Terrodde und dann der Schütze abseits. Und das relativ deutlich. Zunächst wehrte sich Fürth weiter, doch nach dem 2:0 durch einen verwandelten Foulelfmeter von Terodde war das Spiel entschieden. Denn gefoult hatte der junge Maximilian Bauer, und da der zuvor bereits verwarnt worden war, flog er damit vom Platz. "Wenn du 2:0 gegen Köln zurückliegst und zu zehnt auf dem Platz bist, wird's halt sauschwer", fand Fürths Sport-Geschäftsführer Rachid Azzouzi, was Verteidiger Mario Maloca auch so sah: "Nach dem 2:0 wusste jeder im Stadion, dass es vorbei ist." Pro forma ließen Jhon Cordoba und Terrodde noch die Treffer drei und vier folgen. Danach ging es nur noch darum, nicht mehr in den Dimensionen zu verlieren, in denen der Lokalrivale aus Nürnberg in Leipzig und Dortmund unterging (mit sechs bzw. sieben Gegentoren). Dass die neun Fürther Feldspieler ab der 75. Minute dementsprechend konzentriert in der eigenen Hälfte blieben, freute dann auch niemanden mehr als den Keeper: "Ich war froh, dass wir dann nicht mehr so vorne drauf gegangen sind und nicht mehr so naiv gespielt haben." Burchert, mit 29 Jahren eine Art Vaterfigur in der jungen Fürther Mannschaft, lag damit ganz auf der Linie von Trainer Damir Buric, der schon nach dem Sieg gegen Magdeburg in der vergangenen Woche seine Mannschaft durchaus liebevoll als "lieb" und "zu gut" bezeichnet hatte. Zu wenige taktische Fouls, zu wenige Schauspielereien, zu wenig Zeitspiel, all das meinte Buric. Und all das sah er auch am Samstag nicht, was man ja auch ganz sympathisch finden kann: "Wir haben bei den Kölner Angriffen zu viele Fehler gemacht. Aber darüber, dass das erste Tor gegeben wurde, bin ich immer noch sauer." Der Lernerfolg der jungen Fürther bestand in Köln also vielleicht darin, nicht auch noch ein fünftes oder sechstes Gegentor bekommen zu haben. Zumal sich nach so einem 0:4 vielleicht schon mehr herleiten lässt als ein Spieltagsfazit. Man sei wohl gut präpariert für eine sorgenfreie Saison, die auch im ersten Tabellendrittel enden könne, prognostizierte Burchert. Aber für ganz oben werde es nicht reichen. Das Gute an dieser Prognose: Man läge damit weit über dem gesteckten Saisonziel, das nur eine Saison ohne langes Zittern vorgesehen hatte.
Für ganz oben wird es nicht reichen: Fürth verabschiedet sich nach dem 0:4 in Köln von großen Träumen.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/spvgg-greuther-fuerth-lernerfolg-im-misserfolg-1.4236359
Lernerfolg im Misserfolg
00/12/2018
Wada-Chef Craig Reedie soll einem Bericht der ARD zufolge die Aufklärung der russischen Doping-Staatsaffäre massiv behindert haben. Gemäß den Aussagen eines Top-Ermittlers versuchten die eigenen Mitarbeiter sogar, Druck auf ihren Chef auszuüben. Craig Reedie, Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur Wada, hat die Aufklärung zur russischen Staatsdoping-Affäre offenbar behindert statt befördert. Das legt eine neue ARD-Dokumentation von Sonntagabend nahe. Der Schotte sieht sich mit Fragen nach selbst verfassten Mails derart in die Enge getrieben, dass er ein Fernsehinterview abbricht, sich die Verkabelung vom Leib zieht und davonläuft. In einer Mail vom April 2015, als die Ermittlungen zur Staatsaffäre längst liefen, teilte der Wada-Chef der russischen Spitzenfunktionärin Natalia Zhelanowa mit, die Wada habe "keine Absichten, irgendetwas zu tun, das die Beziehung beeinträchtigt". Er entschuldigte sich sogar: Man sei "unter Druck gesetzt worden von mehreren Nationalen Anti-Doping-Agenturen, Ermittlungen zu starten" und habe die Prüfkommission eingesetzt, "um politische Probleme zu vermeiden". Den massiven Verdacht, dass Reedie nicht ermitteln lassen wollte, verstärkt der damalige Wada-Topermittler Robertson: Wada-Generaldirektor David Howman habe "befürchtet, dass Reedie Ermittlungen verhindern wollte. So wies er mich an, Nationale Anti-Doping-Agenturen zu informieren, damit sie Druck auf ihn ausüben." Ein Wada-General, der Komplotte schmieden muss, um Dopingsünder jagen zu dürfen? Reedie, der auch im IOC sitzt, habe auch nicht die Ausweitung der Russland-Ermittlungen betrieben, als 2015 Dopingbelege in weiteren Sportarten auftauchten. So seien die Doping-Spiele von Sotschi 2014 nur untersucht worden, "weil der Skandal aufgeflogen war"; Belege dafür habe es schon lange vorher gegeben. Reedie wies auch hier frühere Kenntnisse zurück.
Wada-Chef Craig Reedie soll einem Bericht der ARD zufolge die Aufklärung der russischen Doping-Staatsaffäre massiv behindert haben. Gemäß den Aussagen eines Top-Ermittlers versuchten die eigenen Mitarbeiter sogar, Druck auf ihren Chef auszuüben.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/vorwuerfe-gegen-wada-chef-verdaechtige-mails-1.4235862
Vorwürfe gegen Wada-Chef - Verdächtige Mails
00/12/2018
Schon in der ersten Halbzeit genügte ein Blick auf die Nordtribüne des Unterhachinger Sportparks um zu sehen, dass die Zeit abgelaufen war. Die SpVgg hatte das zweite von insgesamt fünf Toren geschossen, die letzten, die Michael Frontzeck als Trainer des 1. FC Kaiserslautern erleben sollte. Dessen Spieler verhielten sich völlig ratlos: Beim Anstoß nach dem 0:2 führte Julius Biada den Ball mit dem Rücken zum Gegner spazieren, als ob noch nicht wieder angepfiffen worden sei. Er verlor den Ball, der nächste Hachinger Angriff rollte. Da forderten die Gästefans erstmals Entlassungen, Dutzende Ordner stellen sich an den Zaun. Drei Tore später ersetzten Polizisten die Ordner, sie bewachten für den Fall eines Platzsturms sogar den Kabinengang an der gegenüberliegenden Südtribüne. Eine halbe Stunde später im Presseraum. "Das kann noch dauern", sagte Trainer Claus Schromm. Alle warteten auf Frontzeck, es roch nach Gulaschsuppe. Als Frontzeck da war, wirkten seine Worte wohlüberlegt. Dem 54-Jährigen mit der Erfahrung von 436 Bundesligaspielen war klar, dass er bald beurlaubt werden würde, was ja am Tag danach, am Samstag, offiziell gemacht wurde. Dass der Trainer die Verantwortung übernehme, meinte er, das sei ja "letztendlich auch das Einfachste". Er sagte, dass er 18 neue, meist junge Spieler einzubauen hatte nach dem Abstieg in die dritte Liga. Diese Spieler hätten gelernt, was es bedeutet, in Kaiserslautern Fußball zu spielen. "Das ist nicht nur, mit 45 000 Zuschauern gegen Sechzig 1:0 gewinnen", meinte er - damit spielte Frontzeck auf den furiosen ersten Spieltag an, als auf dem Betzenberg alle noch "himmelhoch jauchzend" unterwegs gewesen seien. So ein 0:5 wie in Unterhaching sei auch Teil eines Prozesses für so ein "fragiles Gebilde". Und: "Letztendlich ist es die Frage, die du dann anderen stellen musst, ob wir genug Zeit haben für diese Entwicklung." Sportdirektor Martin Bader übrigens hatte nach dem Spiel den Eindruck, dass "die Mannschaft nicht weiß, was es bedeutet, für den FCK Fußball zu spielen". Frontzecks Doppeldeutigkeit dürfte geplant gewesen sein. Er spielte auf die Historie des Vereins an, darauf, dass an einem Ort wie Kaiserslautern schnell Ungeduld aufkommt. Ein Treppenwitz, dass auch Otto Rehhagels Abschied vom FCK einst in Unterhaching begann, vor ziemlich genau 18 Jahren, ebenfalls nach einem Freitagabendspiel. Einziger Unterschied: Das 0:0 damals bescherte Rehhagel noch drei weitere Wochen. Frontzeck sprach aber auch von seiner eigenen Arbeit, die er erst im Februar begonnen hatte. Er sagte, dass man sich vor vier Wochen "noch in den Armen lag", und in der vergangenen Woche plötzlich "Druck auf dem Kessel" gewesen sei nach dem 0:0 gegen Wehen Wiesbaden. Mit anderen Worten: Ein bisschen mehr Zeit hätte er sich schon erhofft. Selbstkritik übte er im Presseraum zwar nicht. Doch nach dem Schlusspfiff hatte er in einem TV-Interview gesagt: "Wenn wir über Entwicklung sprechen, dann musst du natürlich irgendwann anfangen, diese individuellen Fehler abzustellen." Noch am Freitagabend schickte Frontzeck, als sei er schon ein Außenstehender, einen Appell an den Verein. Zusammenhalt und niedrigere Erwartungen seien vonnöten, um die dritte Liga zu meistern. Am Samstag sprach Sportdirektor Bader dann von "neuen Impulsen", die nötig seien. Die Zeit für den Trainer war da auch offiziell abgelaufen. Der Verein kündigte "zeitnah" eine Nachfolgelösung an. Dem nächsten Trainer dürfte klar sein, dass es angesichts von vier Punkten Vorsprung auf die Abstiegsplätze erst einmal nicht um den direkten Wiederaufstieg geht. Er wird darum bitten, im Abstiegskampf in Ruhe arbeiten zu können.
Der 1. FC Kaiserslautern trennt sich von Trainer Michael Frontzeck - dieser sieht die Probleme allerdings auch im Kader.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/dritte-liga-appell-vor-dem-rauswurf-1.4236075
Appell vor dem Rauswurf
00/12/2018
Stefan Luitz hat sensationell den Riesenslalom von Beaver Creek gewonnen und nach fast einem Jahr Verletzungspause eine märchenhaftes Comeback hingelegt. Der Skirennfahrer aus dem Allgäu raste am Sonntag den Topfavoriten auf und davon und feierte den ersten Weltcupsieg seiner Karriere. Und das im ersten Rennen in seiner Paradedisziplin nach dem Kreuzbandriss in der vorigen Saison. Nach zwei beherzten Durchgängen verwies Luitz den österreichischen Olympiasieger Marcel Hirscher (+0,14 Sekunden) und Überraschungsmann Thomas Tumler aus der Schweiz (+0,51) auf die Plätze. "Das ist unglaublich", stammelte der Sieger im Ziel. "Verrückt." Nach seinem Coup hatte sich der 26-Jährige strahlend in den Schnee fallen lassen, alle Viere von sich gestreckt und dann die Glückwünsche der Kollegen angenommen. Luitz ist nun der 14. Deutsche, der im Weltcup mindestens einen Sieg erringen konnte. Er hatte in der Saisonvorbereitung mit starken Trainingseindrücken aufhorchen lassen und bestätigte dies nun in seinem ersten Riesenslalom seit dem von Alta Badia im Dezember 2017: Damals riss er sich nach wenigen Toren ohne Sturz das Kreuzband. "Alles ist wieder zurückgekommen, das hat so Spaß gemacht", sagte er nach der Bestzeit in Lauf eins. Auch voriges Jahr hatte er in Beaver Creek nach dem ersten Durchgang geführt und war am Ende Dritter geworden. "Ich habe gewusst, dass ich einen schnellen Schwung fahren kann", sagte er. Im Slalom von Levi konnte er das mit hoher Startnummer nicht zeigen. Luitz zeigte auf der WM-Strecke von 2015 in Beaver Creek überhaupt keine Nervosität, profitierte im ersten Lauf im Vergleich zu Hirscher und anderen Top-Fahrern aber wohl auch von etwas besseren Lichtverhältnissen. Im Finale steckte er nicht zurück und holte den vor ihm gestarteten Hirscher noch ein. "Luitz kann es, Wahnsinn, der Typ!", meinte Hirscher im Sender ORF zum Comeback des Athleten vom SC Bolsterlang. Auch im letzten Rennen vor seiner Verletzung hatte Luitz den Österreicher hinter sich gelassen, als er in Val d'Isère Zweiter geworden war. Der Riesenslalom in Frankreich steht am nächsten Samstag an. Für die anderen deutschen Rennfahrer im Finale reichte es nicht für die Top Ten: Alexander Schmid wurde 17. und verpasste damit knapp die halbe WM-Norm. Fritz Dopfer, der in der vergangenen Saison mit den Folgen eines Schien- und Wadenbeinbruchs zu kämpfen hatte, belegte Rang 24. Nach dem schweren Unfall von Streif-Sieger Thomas Dreßen haben auch die Frauen die Stimmung im DSV-Alpinteam wieder heben können: Viktoria Rebensburg ist beim Super-G von Lake Louise in Kanada Dritte geworden und hat den ersten Podestplatz ihres Weltcup-Winters gefeiert. Kira Weidle, 22, aus Starnberg hatte am Freitag als Dritte der Abfahrt den größten Erfolg ihrer Karriere gefeiert; beim zweiten Rennen wurde sie Elfte.
gewonnen. Der erste Weltcup-Sieg gelang dem Skirennfahrer aus dem Allgäu im zweiten Rennen nach einer langen, fast einjährigen Verletzungspause.
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Riesenslalom - Märchenhaftes Comeback
00/12/2018
"Gerade eben hab' ich noch geträumt, küsste Valentino an einem kristallblauen italienischen Fluss. Aber ich darf nicht zu spät kommen, weil ich sonst kein Geld kriege. Das sind die Tage, an denen du dir wünschst, dein Bett wäre schon gemacht", singen The Bangles in ihrem Lied "Manic Monday". Auch bei Kater Garfield ("I hate mondays") geht am Montag stets alles schief, er fand gar mal eine Tretmine im Fressnapf. Und der polnische Regisseur Tadeusz Chmielewski drehte bereits 1971 seinen Film "Ich hasse Montage" (DDR-Titel: "Die Woche fängt erst Dienstag an"). Der Montag ist überall unbeliebt. Das ist ungerecht, denn er ist ja nicht schlimmer als der Dienstag oder der Mittwoch, höchstens ein bisschen schlimmer als der Freitag. Dennoch werden Fahrzeuge mit Produktionsfehlern als Montagsautos bezeichnet, und sogar die sonst seriöse Apotheken-Umschau behauptete, dass es normal sei, "montags immer müde" zu sein. Psychologen haben festgestellt, dass der Hass auf den Montag durch Hashtags und Bilder in sozialen Netzwerken noch verstärkt wird. Besonders unbeliebt ist er bei Fußballfans, denn noch schlimmer, als wieder arbeiten zu müssen, ist: wieder arbeiten zu müssen, wenn am Abend ein Auswärtsspiel ist. Was bislang nicht bekannt war, ist, dass auch der Dortmunder Trainer Lucien Favre ungern am Montag zur Arbeit geht: "Ich verstehe total die Leute, die protestieren, hier und überall", sagte er nun. "Ich würde alle Spiele am Montag total, total verbieten. Das ist lächerlich. Lächerlich!" Favre muss sich wohl nicht mehr lange echauffieren. Was die erste Liga angeht, werden die Montagsspiele ab 2021 total verboten, jedenfalls: wieder abgeschafft. "Die Einführung war sowieso kalter Kaffee", sagte Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge unlängst, wohlwissend, dass kalter Kaffee jeden Tag noch schlimmer macht. In der zweiten Liga hingegen bleiben die Montagsspiele bestehen ("Scheiß DSF"). Man könnte also von weiser Voraussicht sprechen, wenn die Anhänger des 1. FC Nürnberg an diesem Montagabend gegen Bayer Leverkusen 45 Minuten lang aus Protest schweigen.
Der Montag ist seit jeher unbeliebt. Das ist ungerecht, aber jetzt gibt es einen neuen Wortführer: Dortmunds Coach.
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Hängende Spitze - Die Woche fängt erst Dienstag an
00/12/2018
Am Sonntagmittag landete Thomas Dreßen, aus Denver kommend, am Flughafen in München, viel früher als geplant. Wenn ihm überhaupt etwas Mut machen konnte in dem Moment, als er auf Krücken durch die Ankunftshalle humpelte, dann war es der Gedanke an sein Alter. "Ich schaue jetzt schon wieder nach vorne, ich bin noch nicht so alt", sagte er in die Mikrofone und fügte an, dass er zur Rückkehr auf die Pisten fest entschlossen sei. Wann das der Fall sein könnte, vermag niemand zu sagen nach dem schweren Sturz am Freitag in Beaver Creek in Colorado, bei dem ihm laut Diagnose das vordere und hintere Kreuzband im rechten Knie rissen und er sich eine Schulterluxation zuzog. Im Bewusstsein der Schwere der Verletzung war Dreßen jedoch klar, dass es einige Zeit dauern kann, bis er wieder einigermaßen sicher auf den Ski steht. Von sechs bis acht Monaten hätten die Ärzte im Krankenhaus in Vail gesprochen. Aber wenn er für den Heilungsprozess mit zwölf oder 18 Monaten rechnen müsse, sagte er, "nehme ich es auch in Kauf". Thomas Dreßen ist 25, Streif-Bezwinger 2018, zweimaliger Weltcup-Sieger, Drittbester der Abfahrts-Wertung der vergangenen Saison. Fast sein ganzes Leben hat er an der Vervollkommnung seines Könnens, der Schwungtechnik, dem Stil, dem Gefühl für Geschwindigkeitsdosierung und Schnee gefeilt, in einer Disziplin, in der schon der kleinste Fehler einen Rennfahrer für Monate oder Jahre aus der Bahn werfen kann. Das ist das Dilemma in diesem Metier der Spezialisten, die sich mit 125 km/h ungeschützt auf zwei schmalen Brettern alpine Steilhänge hinunter stürzen. Abfahrtsfahrer, das gehört zum Wesen dieses Hochrisikosports, können nicht auf Nummer sicher gleiten. Vor den Folgen, die sich aus dieser Grundgefahr ergeben, sind auch die Besten nicht gefeit. Daran, dass Thomas Dreßen aus Mittenwald nach einem rauschhaften Winter inzwischen zur Weltspitze der Speedfahrer gehört, besteht kein Zweifel: "Wir werden jetzt nicht resignieren", sagte der deutsche Alpindirektor Wolfgang Maier nach Dreßens Sturz am Telefon in Beaver Creek: "Aber natürlich ist klar, dass man einen so außergewöhnlichen Skifahrer wie ihn nicht ersetzen kann." Die Unfallursache bei der Abfahrt in Colorado war auch für den DSV-Sportchef nur schwer zu ergründen. Maier hatte am Freitag am Rande der Piste nicht weit von der Sturzstelle entfernt gestanden. Er sah die schnelle Zwischenzeit, er wusste, dass sich Dreßen in körperlich und technisch hervorragender Verfassung befand und beobachtete die "Eleganz, mit der er die Sprünge nahm". Es war dann wohl eine minimale Unebenheit, die ihn aus dem Gleichgewicht warf, "an einer Stelle, an der man das im Leben nicht erwarten würde", wie Maier sagte, am letzten Tor vor dem Flachstück der Strecke. Die Kante des Skis fräste sich ein. So eine Millimeterentscheidung kann bei den Geschwindigkeiten enorme Konsequenzen haben: Dreßen schoss quer über die Piste und prallte dann ungebremst in die Fangnetze. Er musste im Akia ins Tal transportiert werden. So endet für ihn die Saison, die gerade erst vielversprechend begonnen hatte. In der Woche zuvor war der beste deutsche Skirennfahrer in Lake Louise in Kanada beachtlich in Saison gestartet als Siebter der Abfahrt und Neunter im Super-G. Beaver Creek in den Rocky Mountains, die nächste Weltcup-Station, verfügt über ein Terrain, das ihm liegt: Auf der WM-Piste "Birds of Prey" hatte er vor einem Jahr als Dritter seinen ersten großen Weltcup-Erfolg verbucht: Diesen phänomenalen Schwung nahm er mit, er trug ihn im Januar im Triumph die Streif hinunter und dann durch den ganzen Winter. Nun wurde Dreßen ausgerechet auf der Piste der Raubvögel grausam gebremst. Und der DSV musste noch in den USA die Neuplanung der Saison vornehmen, eine Übung, in der die Alpin-Verantwortlichen mittlerweile triste Routine erworben haben. Auch im vergangenen Jahr hatten die Skirennfahrer den Ausfall zweier hochveranlagter Athleten beklagt: Felix Neureuther, der beste Slalom-Spezialist, zog sich in Copper Mountain, nur eine Autostunde von Beaver Creek entfernt, ebenfalls einen Kreuzbandriss zu und fehlte den ganzen Olympiawinter. Stefan Luitz ereilte im Dezember 2017 nach bestechender Frühform dasselbe Unglück: Er feierte am Sonntag eine phänomenale Rückkehr mit einem Sieg im Riesenslalom in Beaver Creek, den nach einer derart langen Verletzungspause kaum jemand auf Anhieb erwarten durfte. Luitz' rasante Ritt über die Piste hat die pessimistische Prognose etwas abmildern können, die Maier unmittelbar nach dem Unfall Dreßens äußerte: "Eine Saison wie die vergangene können wir nicht wiederholen", sagte er, weil seinem Abfahrer-Team von nun an der Vorfahrer, der Verlässlichste fehlte. Der DSV habe ja gerade erst allen Skeptikern bewiesen, dass er nicht nur über Slalomkünstler verfüge, sondern über rasante Abfahrer, die das Tempo der Weltelite mitbestimmen, sagte er: "Und nun fehlt uns der beste Mann." Thomas Dreßen wird nun in ärztliche Behandlung begeben, danach beginnt die Reha. Die Ski-WM in Are in Schweden findet im Februar ohne ihn statt. Aber tröstlich ist vielleicht dann doch das Alter: Bei der übernächsten 2019 in Cortina d'Ampezzo wird er erst 27 Jahre alt sein.
Skirennfahrer Thomas Dreßen erleidet einen doppelten Kreuzbandriss und muss monatelang pausieren. Der Verband schraubt nach dem Unfall bei der Abfahrt in Colorado die Saisonerwartungen herunter.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/ski-alpin-ankunft-auf-kruecken-1.4235858
Ankunft auf Krücken
00/12/2018
Die Worte des Kritikers waren für Markus Weinzierl absolut überzeugend. "So etwas machst du normalerweise nicht", rief der Kritiker dem Trainer Weinzierl zu, er bezog sich darauf, dass Weinzierl im Heimspiel des VfB Stuttgart gegen den FC Augsburg Anastasios Donis eingesetzt hatte. "Man hat ja gesehen, dass er noch Trainingsrückstand hat", formulierte der Kritiker offen seinen Vorwurf. Seine Kritik entschärfte der Kritiker allerdings selbst, er fügte versöhnlich hinzu: "Aber er hat ein Tor gemacht." Überzeugend waren diese kritischen Worte für den Trainer Weinzierl hauptsächlich deshalb, weil der Kritiker in diesem Fall einen guten Einblick in die Abläufe vor der Partie und im Verein überhaupt hat, der Kritiker war schließlich Markus Weinzierl selbst. Dass der Trainer den Spieler Donis trotz dieser Bedenken einsetzte, zeigt, wie groß die Not beim VfB Stuttgart zurzeit ist. Und es zeigt, wie sehr die Mannschaft von dem 22 Jahre alten Offensivsprinter abhängt. Durch das 1:0 (1:0) gegen Augsburg hat der VfB Stuttgart die Abstiegsplätze erst mal verlassen, nach zähen Wochen am Tabellenende; auf den FCA, den früheren Klub von Weinzierl, beträgt der Rückstand nur noch zwei Punkte. Der Sieg, gestand der Trainer, war wichtig "für uns und auch für mich", ihn störte es auch nicht, dass es spielerisch ein wenig ansehnlicher Nachmittag war. Weinzierl schwärmte von einem "tollen Fight", er forderte, dass "diese Leidenschaft auch die Basis für die nächsten Spiele sein muss". Die fußballerischen Glanzmomente, das war am Samstag zu erkennen, kehren in das Spiel des VfB ganz automatisch zurück, wenn einer mitwirken darf: Anastasios Donis. Tayfun Korkut, Weinzierls Vorgänger, hatte sich selten getraut, den flinken Griechen einzusetzen, er zog die defensive Absicherung der offensiven Wucht vor. Weinzierl konnte auf Donis zunächst nicht zurückgreifen, da dieser wegen eines Muskelbündelrisses fehlte. Gegen Augsburg war der Rückkehrer dann zwar weit von seiner dynamischen Bestform entfernt, ein Geistesblitz genügte ihm jedoch. In der 39. Minute schoss er den Ball nicht kraftvoll aufs Tor, er schob ihn überlegt und präzise ins Eck. "Ich bin ein wichtiger Spieler. Ich kann Spiele gewinnen und der Mannschaft helfen", sagte Donis, er sprach damit an, woran es dem VfB weiterhin mangelt: an Spielern, die mit einer ähnlichen Selbstüberzeugung auftreten. Und die diesen großen Worten dann noch größere Taten folgen lassen. Und so lastet der Großteil der Hoffnungen für den Rest des Jahres auf den noch nicht vollständig erstarkten Muskeln des Flitzers Donis. Zur Halbzeit wechselte Weinzierl den Rückkehrer dann wieder aus, es war eine Maßnahme, die den Kritiker in ihm besänftigen sollte. Und eine, die Donis klaglos akzeptierte: "Ich hatte keine Kraft mehr. Wir wollten kein Risiko eingehen." Gerade im Abstiegskampf müssen so seltene Fähigkeiten gefühlvoll dosiert werden.
Ein Rückkehrer zeigt, wie sehr der VfB Stuttgart von der Offensivkraft abhängt. Trainer Weinzierl atmet auf.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/stuttgart-gewinnt-der-dosierte-donis-1.4236057
Stuttgart gewinnt - Der dosierte Donis
00/12/2018
Es gibt eine merkwürdige Parallele zwischen Hannover 96 und dem ungeliebten Rivalen Eintracht Braunschweig. Nicht nur, aber vor allem dann, wenn ihr Team extrem schlecht spielt, singen die Fans vehement von der großen Vergangenheit. Bei der Eintracht, die gerade Gefahr läuft, in die vierte Liga abzusteigen, lebt dann das Jahr 1967 wieder auf, in dem der Klub zum einzigen Mal Deutscher Meister wurde. Bei 96, das nach dem 0:2 gegen Hertha BSC mal wieder auf einem Abstiegsplatz der ersten Liga angekommen ist, preisen sie dann 1954, als Hannover nach 1938 zum zweiten Mal Meister wurde, sowie den DFB-Pokal-Sieg im Jahr 1992. Diese Art Anfeuerung in der zweiten Halbzeit nützte aber auch nichts. 96-Trainer André Breitenreiter musste am Samstag von der "schlechtesten ersten Halbzeit" reden, "seit ich hier Trainer bin". Das sind knapp 21 Monate, in denen der Klub die Rückkehr in die Bundesliga schaffte und vergangene Saison recht souverän im Mittelfeld landete. Klubchef Martin Kind verweigerte nach der Partie jeden Kommentar und sagte Medientermine ab. Nur Manager Horst Heldt musste in die Bütt. Er hatte schon vorher seine Teilnahme an einer Sonntags-TV-Talkshow zugesagt. Da musste er nicht nur über das 0:2 sprechen, sondern über ein ganzes Problempaket, das dazu führen könnte, dass die 20-jährige, in weiten Teilen erfolgreiche Ära Kind dem Verein um die Ohren fliegt. Es geht in Hannover schon lange nicht mehr allein um das Versagen auf dem Rasen, aber auch das ist ein Thema: Stürmer Niclas Füllkrug beklagte eine miserable Körpersprache, wollte aber die Kader-Qualitätsfrage lieber nicht stellen. Er vermisse "Typen" in der Mannschaft, die in schwierigen Situationen helfen, sagte er - eine kritische Notiz gegenüber der sportlichen Führung, die es nicht schaffte, "Typen" wie die abgewanderten Salif Sané oder Martin Harnik im Sommer gleichwertig zu ersetzen. Die Frage, was ihm Mut für das Auswärtsspiel in Mainz mache, beantwortete Füllkrug so: "Da muss ich mal überlegen." Das "Zusammenstehen", das Hannovers Torwart Michael Esser in dieser Lage fordert, ist wohl eher romantisches Wunschdenken. Heldt, der schon auf Schalke mit Breitenreiter zusammengearbeitet hatte, vermied ein klares Bekenntnis zum Aufstiegstrainer von 2017, zu dem er ein exzellentes Verhältnis habe, wie er betont. "Freifahrtsscheine" gebe es nicht in diesem Geschäft. Jedoch genieße "André im Verein großes Vertrauen", es sei "eine Selbstverständlichkeit, in der Krise Vertrauen auszusprechen". Übersetzt hieß das wohl, dass Mainz die letzte Chance für den gebürtigen Hannoveraner Breitenreiter ist, um "den Bock umzustoßen", so Heldt. Dem Plädoyer einiger Profis, der Trainer mache einen "Superjob", hält Heldt entgegen: "Wir brauchen Lippenbekenntnisse auf dem Platz." Tatsächlich hat Hannover die schlechteste Bilanz nach 13 Spieltagen seit 47 Jahren - und bereits 28 Gegentore. Auch diesmal durften die Berliner Jordan Torunarigha (44.) und Vedad Ibisevic (73.) fast unbedrängt einköpfeln. Nur 43 Prozent der Zweikämpfe gewann 96. Doch das sportliche Problem ist nur das eine. Es wird bald eine außerordentliche Mitgliederversammlung geben, die nach einer erfolgreichen Unterschriftenaktion der Opposition gegen Vereinschef Kind stattfinden muss. Die Kind-Gegner wollen die Mehrheit im Aufsichtsrat übernehmen. Zudem heißt es, sie hätten fünf Kandidaten, die mit Millionensummen Kind als Präsidenten und Geschäftsführer ablösen wollen, was dieser bestreitet. Auch der Streit um die von Kind geforderte Aufhebung der 50+1-Regel für Hannover wurde erneut angeheizt. Die Deutsche Fußball Liga droht 96 laut Sport-Bild mit Punkte-Abzügen oder gar Lizenz-Entzug, wenn eine Satzungsänderung bei 96, die gegen diese 50+1-Regel verstoße, nicht zurückgenommen werde. Die Regel besagt, dass Stammvereine in Deutschland die Mehrheit an den ausgegliederten Profi-Kapitalgesellschaften halten müssen. Was sind da schon die Bürden der Berliner, die zuvor sechs Spiele sieglos waren? Nicht mal die taktisch gewagte Aussage von Hertha-Trainer Pal Dardai vor der Partie, es werde "in Hannover nichts passieren, wenn wir unser Potenzial abrufen", hatte die Gastgeber angestachelt. Stattdessen hatte Dardai mit der neuen Doppelspitze Ibisevic und Selke Erfolg - und fühlte sich in seiner Einschätzung bestätigt. Mit dem Formanstieg von Abwehrspieler Torunarigha, der auch die Flanke zum 0:2 gab, und dem genesenen Mittelfeldlenker Marco Grujic hatte Hertha wieder mehr Klasse. Die kritischen Hannover-Fans machten wegen der bundesweiten Anti-Montagsspiele-Demo eine Halbzeit so wenig Alarm wie in der ganzen Vorsaison, als sie wegen Kinds Übernahme-Plan fast durchgängig schwiegen. Das Verrückte damals: das vom Aufstieg euphorisierte Team gewann trotzdem oft. Doch der Rausch ist vorbei. Die Ära Kind könnte schlimmstenfalls mit einem Abstieg enden.
Nach der desolaten Vorstellung beim 0:2 gegen Hertha BSC bleibt ein Bekenntnis zu Hannover-Trainer Breitenreiter aus, der Klubchef bangt um sein Werk.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/hannover-96-aera-in-gefahr-1.4236030
Ära in Gefahr
00/12/2018
Wenn ein spektakulär und erfolgreich spielender Tabellenführer mal nur erfolgreich spielt, aber unspektakulär, dann wird er gern für den kommenden Meister gehalten. Solche Fragen musste sich nach dem zähen 2:0 gegen den SC Freiburg auch Borussia Dortmunds dänischer Mittelfeldspieler Thomas Delaney gefallen lassen. Doch seine abschlägige Antwort lautete, zu Meisterfragen äußere er sich lieber nicht. Zehn Siege, 33 Punkte, 37 Tore - so gut waren die Dortmunder nach 13 Spieltagen nicht mehr, seit sie in der Saison 2010/11 unter Trainer Jürgen Klopp Meister geworden sind. Beim BVB nimmt trotzdem niemand das Wort "Meister" in den Mund, nicht mal Stadionsprecher Norbert Dickel, der noch am ehesten zu kecken Sprüchen neigt. Bei einer Talkrunde im Deutschen Fußballmuseum sagte Dickel: "Wir sollten sehen, dass wir die Tabellenführung in die Sommerpause retten." Ein Elfmeter von Marco Reus (39.) und ein Treffer in der Nachspielzeit durch den erstaunlichen Serientorschützen Paco Alcácer waren gegen tapfere Freiburger die etwas glückliche Ausbeute, nachdem der BVB drei Tage zuvor gegen Brügge in der Champions League an selber Stelle kein Tor erzielt hatte. Kapitän Reus spricht angesichts der immer destruktiveren Defensivhaltung gegnerischer Teams von einer "Katastrophe" - Verständnis dafür, dass qualitativ schlechter bestückte Mannschaften bei Gastspielen in Dortmund lieber Vorsicht walten lassen, klingt anders. Freiburgs Trainer Christian Streich hingegen lobte sein Team für eine "gut organisierte Defensive", musste aber gestehen, dass man "gegen dieses unglaublich hohe Tempo" der Dortmunder unmöglich 90 Minuten lang dichthalten konnte. Zu Null gegen den BVB, das ist in dieser Saison bislang nur Brügge und Atletico Madrid gelungen sowie in der Bundesliga überraschenderweise Hannover 96. Paco Alcácer holt Nils Petersen ein - als Rekordjoker Drei Spieler stehen am meisten für den hochprozentigen Dortmunder Offensivgeist: Alcácer hat nun zehn Tore geschossen, Reus neun - Jadon Sancho hat acht vorbereitet, Reus sieben. Gegen Freiburg erzielte Reus das 1:0, nachdem Sancho im Strafraum gefoult worden war. Sancho leitete überdies maßgeblich das 2:0 ein, auch wenn den Scorer-Punkt für die direkte Vorlage Lukas Piszczek erhielt. Alcácer hat seine zehn Bundesligatore binnen acht Spielen geschossen, respektive 281 Minuten. Das macht ein Tor alle 28 Minuten. Neun dieser zehn Tore hat der 25-jährige Spanier nach Einwechslungen erzielt. Mit diesen neun Jokertoren holte Alcacer bereits jetzt die Rekordhalter Ioan Viorel Ganea (VfB Stuttgart, 2002/03) und Nils Petersen (SC Freiburg, 2016/17) ein. Nur in der Champions League hat Trainer Lucien Favre den Spanier bislang zwei Mal durchspielen lassen. Mit Geduld einfordernden Äußerungen über Alcácer befeuert Favre Spekulationen, der Spanier habe nach seiner Ankunft aus Barcelona im August ziemlich schlechte Fitnesswerte gehabt und erhole sich nur sukzessive davon, dass er dort zwei Jahre lang kaum gespielt hatte. Favre hat ein fantastisches Gespür dafür, welcher Spieler wie, wo und wie lange am besten eingesetzt wird. 20 Jokertore haben seine Fußballer in dieser Saison zusammen bereits erzielt. Der 61-jährige Schweizer kommt mit dem BVB in den ersten 13 Ligaspielen auf 2,54 Punkte im Schnitt sowie auf 2,85 Tore. Das ist sowohl Favres beste Bilanz als Trainer als auch die beste für den BVB in der jüngeren Vereinshistorie. Neben dem Offensivtrio Reus, Sancho und Alcácer sind im Mittelfeld Axel Witsel sowie hinten der Torwart Roman Bürki maßgebliche Kräfte. "Wenn man uns nur den Axel Witsel geben würde, dann sähe es bei uns schon ganz anders aus", sagte Freiburgs Trainer Streich. Der Belgier Witsel ist im BVB-Kader das Ruhe ausstrahlende Genie an der Umschaltstelle im Mittelfeld. Und so auffällig mau gegen Brügge und Freiburg die Chancenverwertung auch ausfiel, so froh waren die Dortmunder am Ende, dass sie aus beiden Spielen ohne Gegentor herausgegangen waren. Am kommenden Samstag gastieren die in der Bundesliga weiter unbesiegten Dortmunder in Gelsenkirchen-Buer. Im großen Revierderby werden erfahrungsgemäß alle Karten neu gemischt, wie auch immer die jeweiligen Blätter gerade aussehen. Die exklusive Position an der Tabellenspitze erspart den Dortmundern die Pflicht, erste verbale Giftpfeile gen Schalke zu schießen. "Es ist gut, dass wir jetzt eine ruhige Woche vor uns haben", sagte Reus angesichts der reinen Trainingswoche, die auch dazu genutzt werden soll, Blessuren auszuheilen. Christian Pulisic, Manuel Akanji, Dan-Axel Zagadou und Marcel Schmelzer sind vor dem Derby angeschlagen, die letzteren drei sind allesamt Abwehrspieler.
Neuntes Jokertor von Paco Alcacér, statistische Spitzenwerte für Trainer Favre: Das unspektakuläre Dortmunder 2:0 gegen Freiburg beinhaltet frohe Botschaften - nur von der Meisterschaft will weiterhin niemand reden.
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Zähes Spiel der Rekordbrecher
00/12/2018
Ihm blieb nur diese eine Gelegenheit. Mehr Chancen, sich im Profifußball zu beweisen, hatte der Interimstrainer des FC Ingolstadt nicht, das wusste Roberto Pätzold bereits vor dem Spiel gegen den Hamburger SV am Samstag. Und so schaffte es der 39-Jährige mit etwas Mut, dass er zumindest in Oberbayern und Hamburg in Erinnerung bleiben dürfte: Er stellte vier Debütanten beim Fußball-Zweitligisten auf, setzte den seit Wochen nach einer guten Form suchenden Kapitän Marvin Matip auf die Bank - und erschuf so eine schlagkräftige Truppe, die bis zum Schluss mithielt beim 1:2 (0:1) gegen den Tabellenersten HSV. "Der Trainer kommt mit großen Eiern, bringt drei, vier junge Spieler", sagte Almog Cohen, der statt Matip die Spielführerbinde trug und einer der Stärksten war beim Tabellenletzten.
Interimstrainer Pätzold wagt Experimente beim Versuch, den HSV zu besiegen. Nach dem 1:2 setzt der Zweitliga-Letzte im Existenzkampf auf Jens Keller.
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FC Ingolstadt - Endlich mal ein Grauhaariger
00/12/2018
Die Kickers schaffen gegen Carl Zeiss Jena die Wende. Bei dem 5:2 beantworten sie auch die entscheidende Frage: Wie konnte diese durchaus begabte Mannschaft, bei allem Engagement, so lange so schlecht spielen? Im Grunde genügte es, sich nach dem Spiel mit Dominic Baumann zu unterhalten. Das allein war ausreichend, um ein Gespür dafür zu bekommen, wie es nun um die Gemütslage der Würzburger Kickers bestellt ist. Die Unterfranken hatten soeben in der dritten Fußball-Liga 5:2 gegen Jena gewonnen, und Baumann wurde gefragt, ob nun eine Party anstehe. In diesem Augenblick spazierte zufällig Trainer Michael Schiele durch die Tür, also rief Baumann durch den Raum: "Trainer, ist morgen Training?" Und als Schiele entgegnete, er dürfe das selbst entscheiden, sagte der Angreifer: "Dann wahrscheinlich nicht." In Würzburg sind sie wieder zu Scherzen aufgelegt. Die Heiterkeit ist zurück nach sieben Spielen ohne Sieg, die dem Erfolg gegen Jena vorausgegangen waren. Das 5:2 lenkte den Blick aber auch noch mal auf die zurückliegenden Wochen, in denen die Kickers nach ihrem zwischenzeitlichen Siegeszug gehörig aus dem Tritt geraten waren. Wer am Samstagnachmittag sah, welch mitreißenden Offensivfußball diese Mannschaft spielen kann, stellte sich die Frage: Wie konnte diese durchaus begabte Mannschaft, bei allem Engagement, so lange so schlecht spielen? Seit Ende September hatten die Kickers nicht mehr gewonnen und sich in dieser Zeit wieder und wieder in der Defensive naiv, in der Offensive einfallslos präsentiert. So reihten sie drei Remis und vier Niederlagen aneinander und schlitterten in der Tabelle Richtung Abstiegsplätze. Schiele betonte am Samstag zwar: "Wir brauchen nicht alles kaputtreden, was in den letzten Wochen war." Doch auch er weiß natürlich, dass seine Mannschaft zu weitaus mehr imstande ist. "Heute haben wir gezeigt, dass wir es können", unterstrich Baumann nach dem Sieg gegen Jena, während sein Nebenmann Orhan Ademi sagte: "Wir haben lange gelitten, und ich hoffe, dass wir aus dem Dreck heraus sind." Wer das Spiel gegen Jena verfolgt hatte, verstand nun, warum die Kickers so lange so schlecht spielten - und warum sie es eben doch können: Schieles Mannschaft ist eine Laune-Mannschaft. Und so gab sie gegen Jena ein schizophrenes Bild ab. Man sah eine verunsicherte und eine selbstbewusste Mannschaft. Man sah eine wankelmütige und eine sattelfeste Defensive. Man sah planlose Angriffe und feine Kombinationen in der Offensive. All das komprimiert in 90 Minuten, die Probleme und Lösungen dieser Elf in sich vereinten. An guten Tagen und in guten Momenten, das zeigte das Spiel gegen Jena, können die Kickers einen Gegner in Grund und Boden spielen. An schlechten Tagen und in schlechten Momenten aber, und auch das zeigte das Spiel gegen Jena, sind sie grotesk mittellos. Wenn sich die guten Tage und Momente häufen, dann müssen sich die Mannschaften in der Spitzengruppe in Acht nehmen. Dann kann Würzburg statt Misserfolg an Misserfolg auch wieder Sieg an Sieg reihen.
Die Kickers schaffen gegen Carl Zeiss Jena die Wende. Bei dem 5:2 beantworten sie auch die entscheidende Frage: Wie konnte diese durchaus begabte Mannschaft, bei allem Engagement, so lange so schlecht spielen?
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Die Laune-Mannschaft
00/12/2018
Der Schwergewichtskampf am Samstagabend in Los Angeles zwischen Tyson Fury und Deontay Wilder beinhaltete so ziemlich alles, was Profiboxen so faszinierend und fesselnd macht - aber auch das, weshalb es für viele ohnehin nur eine als Sport getarnte Sparte der Unterhaltungsbranche ist, und so ein Remis wie jenes zwischen Fury und Wilder ist meist das unwürdige Ergebnis des hemmungslosen Strebens nach Profitmaximierung. In diesem Fall jedoch muss man angesichts der faszinierenden zwölf Runden fragen: Entschuldigung, aber was war das bitteschön für ein Kampf? Man muss die Vorgeschichte kennen, um zu verstehen, was da passiert ist. Es gibt einen britischen Boxer, der tatsächlich den Nachnamen Fury trägt (zu deutsch: Raserei) und dem der Vater, ein Mitglied der ethnischen Minderheit der Irish Traveller und semiprofessioneller Straßenprügler, als Hommage an Mike Tyson diesen Vornamen geschenkt hat. Fury ist einer, der sich selbst "The Gypsy King" nennt, König der Zigeuner, und der über sich selbst sagt, dass er jeden Tag Dämonen in seinem Kopf bekämpfen müsse: "Ich hoffe, dass mich jemand umbringt, bevor ich mich selbst töte. Sonst müsste ich in die Hölle." So einen lieben sie beim Boxen, weil er sich prächtig als böser Bube vermarkten lässt. Fury war ein Flegel, der Schwule, Frauen und Andersgläubige beleidigte. Er ist mit der Statur eines sibirischen Baumfällers gesegnet (206 cm groß, 115 kg wuchtig), und mit Siegen über Dereck Chisora und Kevin Johnson empfahl er sich für einen Titelkampf gegen Wladimir Klitschko. Die Dramaturgie sah vor, dass er dieses Duell im November 2015 mit ein paar Beleidigungen vermarkten und dann im Ringstaub verschwinden sollte. Fury gewann. So ein Titel kann die Befreiung von den Dämonen sein, die im Kopf von Fury allerdings wurden danach erst so richtig grantig. Er pumpte sich mit Alkohol und Drogen voll, schwoll an auf 180 Kilogramm, beschäftigte sich mit Selbstmord. Fury verschwand außerhalb des Ringes im Staub. Es gibt einen US-Boxer, der tatsächlich den Nachnamen Wilder trägt (zu deutsch: der noch Wildere) und sich in Anlehnung an den ebenfalls im US-Bundesstaat Alabama geborenen Boxer Joe Louis den Spitznamen "Bronze Bomber" gegeben hat. Er gewann die ersten 40 Kämpfe seiner Karriere, 39 davon durch Knockout, seit Januar 2015 ist er Weltmeister des Verbandes WBC. Was ihm fehlte: ein starker und vermarktbarer Kontrahent. Wie gut, dass Fury im Januar bei Twitter schrieb: "Guess Who's back?" Ratet mal, wer wieder da ist. Der Kampf war schnell vereinbart und ans Pay-TV verkauft, es gab zuletzt die üblichen Beleidigungen und Schaumschlägereien. Wilder, der bis zu 30 Millionen Dollar verdienen wird, kam in Vogelkostüm und bronzener Gladiatorenmaske zum Ring, Fury (10,25 Millionen) gab den blödelnden bösen Buben. Dann begann der Kampf. Fury mag aussehen wie ein sibirischer Baumfäller, es dürfte jedoch auf der ganzen Welt kaum jemanden geben, der sich angesichts dieser Statur derart geschmeidig bewegt. Er öffnete die Deckung seines Gegners mit der linken Führhand und setzte dann mit rechten Geraden oder Haken nach. Fury dominierte diesen Kampf in mindestens acht von zwölf Runden. Was jedoch auch passierte: In den Durchgängen neun und zwölf wurde Fury von Wilder in den Ringstaub geschickt - in der letzten Runde mit einem linken Haken, nach dem kein Mensch der Welt innerhalb von zehn Sekunden aufstehen darf. Fury lag da wie einer, der selbst nach zehn Minuten nicht würde aufstehen können. "Ich habe das Weiße in seinen Augen gesehen, er ist umgefallen wie ein Baum", sagte Wilder danach: "Ich weiß, wenn einer fertig ist - und Fury war fertig." Fury jedoch erhob sich, irgendwie, und er versicherte dem Ringrichter glaubhaft, dass er die letzten Minuten dieses Kampfes überstehen würde. Er überstand sie nicht nur, er attackierte weiter. So eine Wiederauferstehung, solch dramatische Wendungen in der Schlussrunde hat diese Gewichtsklasse schon lange nicht mehr erlebt, und sie führte zur Frage: Sollte der siegen, der mehr Runden gewonnen hatte - oder der, der seinen Gegner zwei Mal zu Boden geschickt hatte? Es folgte das, was diesen Sport so viele Zuschauer kostet: Das Urteil hätte dem Reglement zufolge 114:112 für Fury lauten müssen, so wie es auf der Karte eines Punktrichters vermarkt war - auf den anderen beiden Karten jedoch stand: 113:113 und 115:111 für Wilder. So hat sonst wohl niemand geurteilt, der nicht mit Wilder verwandt ist oder von ihm bezahlt wird, und dieses Urteil hat den Vorteil, dass sich beide Boxer weiterhin als unbesiegt vermarkten und über einen noch lukrativeren Rückkampf verhandeln dürfen. Fury küsste die Fäuste seines Gegners und sagte: "Das Wichtigste ist, dass wir beide gesund nach Hause gehen." Er regte sich nicht auf über dieses Urteil, er gab den schüchternen Gentleman und zeigte so, das zumindest ein paar dieser Dämonen in seinem Kopf wohl nur deshalb existieren, weil sich mit diesen Dämonen mehr Geld verdienen lässt. Es dürfte einen Rückkampf geben, und das ist angesichts dieses fesselnden Fights auch völlig in Ordnung. Sie müssen ihn nicht mal groß vermarkten, sie müssen die Leute nur fragen: Entschuldigung, aber was war das bitteschön für ein Kampf?
Beim Remis im Schwergewichtskampf zwischen Tyson Fury und Deontay Wilder zeigt das Boxen seine ganze Faszination und seine Hemmungslosigkeit.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/boxen-er-steht-wieder-auf-1.4235870
Er steht wieder auf
00/12/2018
Am Sonntag waren Henk Groener und Emily Bölk ins Rathaus der französischen Stadt Brest eingeladen. Leider durften sie sich dort nicht ins Goldene Buch eintragen, dazu sind unverständlicherweise noch größere Heldentaten erforderlich. Die beiden Repräsentanten jenes deutschen Teams, dem zum EM-Auftakt ein überraschender 33:32-Sieg gegen Titelverteidiger Norwegen gelungen ist, waren dort Gäste bei einem Empfang der Europäischen Handballföderation. Den Pflichttermin konnten der Bundestrainer und seine beste Rückraumspielerin aber trefflich genießen mit dem Wissen um einen überragenden Auftritt am Vortag. Zehn Siege in zehn EM-Spielen nacheinander hatten die Norwegerinnen als Europameisterinnen 2014 und 2016 (sowie Weltmeisterinnen 2015) zuletzt hingelegt, als sie nun auf jenes deutsche Team trafen, das in den vergangenen Jahren bei Turnieren mit ihren Nerven meist auch die relevanten Spiele verloren hatte. Was diese halberneuerte Equipe unter dem neuen Bundestrainer Groener dann aber ablieferte, war erstens ziemlich unglaublich und zweitens genau das, worauf man beim Deutschen Handball-Bund seit vielen Jahren wartet. Mit einem weiteren Sieg an diesem Montag gegen Rumänien (18 Uhr, Eurosport) könnte man nicht nur den Einzug in die Zwischenrunde perfekt machen, sondern womöglich auch die Maximalausbeute von vier mitzunehmenden Punkten. 23 Sekunden vor dem Ende eines ausgeglichenen und spannenden Auftaktspiels in Brest hat die 20-jährige Bölk vom Thüringer HC das Tor zum 33:32 erzielt, und neun Sekunden vor dem Ende parierte die Torhüterin Isabell Roch vom TuS Metzingen den letzten Wurf der Norwegerinnen. Als die Schlusssirene schrie, hüpften die deutschen Handballerinnen im Kreis, als hätten sie schon das Finale erreicht. Ein ganz kleines bisschen so fühlte sich dieser Triumph aber auch an. Mit neuem Trainer und sechs EM-Debütantinnen war das Team hoffnungsvoll, aber ohne übertriebene Erwartungen ins Turnier gestartet. Diese Druckentlastung half. Bölk mit fünf Toren und 59:49 Minuten Einsatzzeit, Xenia Smits (vier Tore/50:37 Minuten) sowie Julia Behnke (vier/37:10) waren die Stützen. Groß auftrumpfen konnten zudem die Debütantinnen Roch und Ina Großmann. Letztere, 28-jährige Linksaußen vom Thüringer HC, stahl den Norwegerinnen zwei Minuten vor Schluss bei 31:31 den Ball und warf mit ihrem fünften Treffer im Gegenzug die Führung heraus, während Roch in ihrem 24-minütigen Auftritt fast ein Drittel aller norwegischen Würfe parierte. Bölk, Smits, Behnke und Alicia Stolle bildeten im Zentrum der Abwehr zumeist auch jene Mauer, mit der sich die Norwegerinnen schwer taten. Nach geblockten Versuchen spielten die deutschen Frauen meist blitzschnell nach vorne. "Es hat Mega-Spaß gemacht", schwelgte Bölk, mit ihren 20 Jahren eine der jüngste Spielerinnen im 16er-Kader. Die Tochter der deutschen 1993er-Weltmeisterin Andrea Bölk saß nach dem Schluss lange auf der Bank und versuchte, das Ergebnis auf der Anzeigetafel zu begreifen. "So richtig fassen kann ich's noch nicht", sagte sie, "das hat niemand erwartet, aber zum Glück sind wir cool geblieben, als es eng wurde." Und so war auch der Niederländer Groener, 58, am Ende begeistert. Das Team "hat unglaublich gekämpft und super gespielt", lobte er. "Wir haben es geschafft, Norwegens Tempospiel zu unterbinden und im Angriff Lösungen zu finden." In der Zwischenrunde in Nancy winkt ihm ein Wiedersehen mit jenen Niederländerinnen, die er 2015 ins WM- sowie 2016 ins EM-Finale geführt hatte.
Die deutschen Handballfrauen besiegen Titelverteidiger Norwegen nach einem lange ausgeglichenen Krimi. Die Skandinavier waren zuvor bei Europameisterschaften jahrelang ungeschlagen gebleiben.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/handball-em-der-frauen-furioser-auftakt-1.4235872
Handball-EM der Frauen - Furioser Auftakt
00/12/2018
Noch heute gilt auf vielen Bolzplätzen das ungeschriebene Gesetz: Drei Ecken gibt Elfmeter. Das ist eine einfache Regel, die jeder versteht und die nicht anzufechten ist. Zweieinhalb Ecken gibt es halt nicht. Man sollte annehmen, dass dem hochkommerzialisierten Bundesligafußball eindeutige Regeln zugrunde liegen, die den Protagonisten wie den Fans nur wenig Interpretationsspielraum lassen. Aber besonders im Fall der Handspiel-Regel kann schon lange kaum noch jemand nachvollziehen, wann nun ein Verstoß vorliegt und wann nicht. Und auch nach dem 1:1 zwischen der TSG Hoffenheim und dem FC Schalke dominierte mal wieder dieses Thema. Hoffenheims Torwart Oliver Baumann bemerkte genervt: "So wird das eine ewiges Stammtischthema bleiben." Im Zentrum der Debatte standen diesmal zwei Entscheidungen von Schiedsrichter Robert Kampka. Nach 42 Minuten entschied er auf Handspiel des Hoffenheimers Steven Zuber und auf Strafstoß. Nach Ansicht der TV-Bilder aber nahm er seine Entscheidung zurück - zu Recht. Zuber war der Ball nach einer Hereingabe von Daniel Caligiuri zunächst an die Hüfte und erst dann an die Hand gesprungen. Nach dem zweiten Elfmeterpfiff, und das regte die Schalker mächtig auf, verzichtete Kampka auf den Video-Beweis - Andrej Kramaric konnte den Elfmeter zum 1:0 verwandeln (59.). Hätte Kampka die TV-Bilder zu Rate gezogen, hätte er gesehen, dass dem Hoffenheimer Ishak Belfodil die Kugel zuerst gegen die Hand gesprungen war, bevor er sie dem Schalker Verteidiger Bastian Oczipka an dessen Hand schoss. Wie hätte Oczipka bei dem Tempo des Schusses und der geringen Distanz zum Schützen den Arm so schnell zur Seite ziehen können? Zwar wird alles trainiert heutzutage, aber die Disziplin des aerodynamischen Armwegziehens steht selbst bei den zwei jüngsten Trainern der Bundesliga, dem Hoffenheimer Julian Nagelsmann, 31, und dem Schalker Domenico Tedesco, 33, noch nicht auf dem Lehrplan. Auf dem Bolzplatz, und früher auch in der Bundesliga, wäre die Aktion zwischen Belfodil und Oczipka unter der Rubrik "angeschossen" ungeahndet abgehakt worden. "Ich kann mir die Hand nicht abschneiden", haderte Oczipka. Das Pech des Schalker Verteidigers: Bewegt sich ein Arm ein bisschen zu weit vom Körper weg, ahnden die Schiedsrichter dies konsequent als Handspiel. Dies gehe zwar womöglich mit der Regel konform, aber stehe mit der Praxis der Fußballer nicht in Einklang, sagte selbst TSG-Trainer Nagelsmann. Dieser Widerspruch führte in den vergangenen Jahren zu einer bizarren Form des Verteidigens: Aus Angst, den Ball an die Hand zu bekommen und so einen Elfmeter oder Freistoß zu verursachen, greifen Verteidiger Gegenspieler oft mit beiden Armen auf dem Rücken verschränkt an. Diese Haltung des altväterlichen Sonntagsspaziergängers nimmt ihnen aber Tempo. Die aktuelle Regelpraxis ermutigt manchen Stürmer, in der Hoffnung auf einen Pfiff des Referees den Ball dem Verteidiger irgendwie an die Hand zu spielen. Domenico Tedesco meinte: "Uns wurde bei allen Schiedsrichterschulungen gesagt: Wenn der Arm bei einer Aktion vibriert oder keine Spannung hat, dann ist es kein Elfmeter." Und beide Trainer waren am Samstag der Meinung, mehr Klarheit sei durch eine Vereinfachung zu erreichen: Ein Handspiel sei ein Handspiel, wenn sich eine klare Absicht dahinter verberge. Wobei die Regel dies schon so ausdrückt, im Detail aber Interpretation Tür und Tor öffnet: Entscheidend, so heißt es, sei die Bewegung der Hand zum Ball (nicht des Balls zur Hand), die Entfernung zwischen Gegner und Ball (unerwarteter Ball) und die Position der Hand (das Berühren des Balls an sich ist noch kein Vergehen). Der DFB orientiere sich an der internationalen Auslegung der Regel, teilte jüngst DFB-Schiedsrichter-Boss Lutz Michael Fröhlich mit. Das ist aber offenbar keine gute Idee, elf (oft umstrittene) Handelfmeter wurden bislang gepfiffen - so viele wie noch nie nach 13 Bundesligaspieltagen. Da war es immerhin gut, dass die dritte Elfmeterentscheidung des Tages keine Debatte auslöste. Bicakcic hatte Daniel Caligiuri zu Fall gebracht, Nabil Bentaleb verwandelte zum 1:1 für agile Schalker - und so gewann das Team nach zuletzt mauer Leistung beim 1:3 in der Champions League in Porto wieder Selbstvertrauen und den Applaus seiner Fans. Rechtzeitig vor dem Derby gegen Tabellenführer Borussia Dortmund.
Hoffenheim und Schalke 04 liefern sich ein packendes Duell mit vielen Höhepunkten. Und doch wird das gerechte 1:1 von der Regel-Debatte um die Berechtigung von Elfmetern nach Handspielen auf beiden Seiten überlagert.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/elfmeterwirren-hand-oder-nichthand-1.4236033
Elfmeterwirren - Hand oder Nichthand
00/12/2018
Kann die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) wirklich eine Organisation sein, die unabhängig, mit vollem Einsatz und modernen Mitteln gegen Betrüger kämpft? Nach den neuesten Enthüllungen um den Wada-Chef Craig Reedie bleibt dies eine naive Hoffnung. Die jüngste Fortschreibung der russischen Staatsdoping-Affäre zielt nicht auf die Enthüllung weiterer Sünder. Sie zielt auf die wahren Urheber. Also nicht auf Sportler, Betreuer oder Analytiker, die in ein System eingebunden sind; nicht mal auf die Schreibtischtäter im Schatten des Kreml. Das Kernübel im industriellen Gaukelspiel mit dem Spitzensport sind die Dachverbände und ihre Bosse. Im Fall Russland das Internationale Olympische Komitee (IOC) - und jene nachgeordnete Organisation, die die Propaganda-Arbeit am Publikum verrichtet: die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada. Sie übt eine Schlüsselrolle in der olympischen Geschäftsstrategie aus, sie muss einen pharmaverseuchten Sport als sauberes Premiumprodukt verkaufen. Man stelle sich vor, die Wada wäre eine unabhängige Instanz, die mit allen Mitteln der Laboranalytik und der Kriminalforensik Dopingsünder jagte. Man stelle sich vor, sie schleuste Informanten ins Sportsystem und zöge Whistleblower heraus, sie kooperierte eng mit Behörden und würde ihre ritualisierten Kontrollen speziell in Dunkelbereichen wie Fußball und Tennis durch das ersetzen, was sie ja selbst als "intelligente Tests" bezeichnet: Überraschungs- und Zielkontrollen, wann und wo immer Doping tatsächlich Sinn ergibt. Man stelle sich weiter vor, die Wada würde ihre Arbeit ernsthaft von der obersten Sportebene abwärts betreiben, statt all diese vietnamesischen Pistolenschützen und indischen Gewichtheberinnen auffliegen zu lassen - kurz: Man stelle sich vor, die Wada wäre eine seriös unabhängige, eine ernstzunehmende Organisation: Hallo! Geht's noch? Was hätte denn der organisierte Sport davon? Wer Doping wirklich bekämpft, zumal im Spitzenbereich, der gefährdet das Erfolgsmodell der globalen Industriesparte Spitzensport. Punkt. Deshalb brauchen die Ringe-Makler eine Wada: um so tun zu können, als täten sie was. Zugleich muss sie natürlich von IOC-Figuren in Schach gehalten werden. Damit nicht die wirklich engagierten Kräfte (die es leider immer noch gibt im hauptamtlichen Bereich der politisch straff durchgetakteten Verbandsapparate) zu viel aufdecken. Anders gesagt: damit die Sportfahnder keinen Mist bauen. Derzeit befehligt der Schotte Craig Reedie die Wada, kein Kabarettist könnte sich den Vorsteher des Sportsaubermännerbundes besser ausdenken. Der gelernte Badmintonspieler hat eine spiegelglatte Funktionärskarriere hingelegt, im üblichen Funktionärsalter von 77 Lenzen ist er für das Amt prädestiniert. Also dafür, den Zentralfiguren der Sportindustrie wie Wladimir Putin die tiefe Ergebenheit der Wada-Spitze auch dann zu versichern, wenn hartes Material gegen deren Dopingregime vorliegt - und Whistleblower um ihr Leben fürchten müssen. Ein ARD-Team hat Reedie nun mit seinem unterwürfigen Verhalten in der Russland-Affäre konfrontiert, mit seinen devoten Mails und all den Widersprüchen, die nur den Schluss zulassen: Der IOC-Mann Reedie hat die Wada (was für ein Interessenskonflikt!) mit aller Kraft zu zügeln versucht, um die Staatsaffäre einzudämmen. Sieht man den Ringe-Herrn vor heiklen Fragen davonrennen, ist klar: In einem Spielfilm käme so eine Figur als Hüter der Sportmoral niemals durch. In einer Dokumentation des realen Sports hingegen ist Reedie die Idealbesetzung.
Kann die Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) wirklich eine Organisation sein, die unabhängig, mit vollem Einsatz und modernen Mitteln gegen Betrüger kämpft? Nach den neuesten Enthüllungen um den Wada-Chef Craig Reedie bleibt dies eine naive Hoffnung.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/kommentar-unterwuerfiges-verhalten-1.4235860
Kommentar - Unterwürfiges Verhalten
00/12/2018
Vor dem Spiel zwischen Fortuna Düsseldorf und Mainz 05 hat der Eurosport-Experte Matthias Sammer gesagt: "Es zeichnet sich die Tendenz ab, dass Düsseldorf bis zuletzt da unten kämpfen wird." Damit wollte Sammer die Fortunen nach ihrem 3:3 beim FC Bayern München erden. Doch zugleich formulierte er ungewollt eine hoffnungsvolle Prognose für Düsseldorf. Denn man darf eigentlich eher nicht damit rechnen, dass die Fortuna bis zum letzten Spieltag noch in Reichweite des rettenden Ufers bleiben wird. Nach ihrem 4:1-Heimsieg gegen Hertha BSC und dem überraschenden Remis in München verloren sie nun gegen Mainz mit 0:1. Wenn die Düsseldorfer ein überlegen geführtes Heimspiel gegen schwache Mainzer nicht gewinnen, dann wird es hart in dieser Saison. 19:14 Torschüsse, 12:5 Ecken und 19:8 Flanken - aber 0:1 verloren. "Ich habe mich selten so geärgert über eine Niederlage", sagte Friedhelm Funkel, der 64-Jährige, der 859 Pflichtspiele als Trainer auf dem Buckel hat. Sandro Schwarz ist 40 Jahre alt, dieses Spiel war erst sein 53. Pflichtspiel als Trainer des FSV Mainz 05, und er sagte, er könne sich nicht erinnern, mit Mainz schon mal zwei Auswärtsspiele nacheinander gewonnen zu haben. Mit einem 3:1 in Freiburg und dem 1:0 in Düsseldorf hat das nun geklappt. "Aber das war ein glücklicher Sieg", sagte Schwarz. "Das war ein dreckiger Sieg", sagte Sportdirektor Rouven Schröder. "Oft gewinnt man solche Spiele nicht", sagte Torwart Robin Zentner, der mit allerhand Paraden in der Schlussphase die Führung wahrte. "Es ist allerdings auch nicht so, dass wir uns für solche Siege entschuldigen müssten", sagte Schwarz. Drei Siege aus den jüngsten vier Bundesligaspielen haben die Mainzer geholt und sich aus dem unteren Mittelfeld ins obere gekämpft. Als Schwarz nach dem Sieg in Düsseldorf gefragt wurde, ob solch ein schmeichelhafter Erfolg nicht auch Ausdruck eines Reifeprozesses sei, schaute der Trainer erst grübelnd - und lächelte dann. Der Gedanke gefiel ihm. "Das ist eine Bestätigung unseres Entwicklungsprozesses", sagte Schwarz irgendwann, "die 18 Punkte, die wir jetzt haben, sind eine gute Basis für die kommenden Spiele." Nächsten Sonntag können die Mainzer mit einem weiteren Sieg gegen Hannover 96 Ambitionen anmelden, die sie bis Weihnachten allerdings in Leipzig, gegen Frankfurt und in Hoffenheim bestätigen müssten. Dann werden bessere Leistungen als in Düsseldorf erforderlich sein. Das entscheidende Tor am Freitag erzielte Jean-Philippe Mateta in der 67. Minute, indem er erst Düsseldorfs Abwehrspieler Robin Bormuth austrickste und dann so aufs Tor schoss, dass der Torwart Michael Rensing nicht wusste, ob er die Hand oder den Fuß zur Abwehr nehmen sollte. Zwischen beidem flutschte der Ball hindurch. "Ein blödes Scheißtor", schimpfte Rensing. "Ein Unentschieden wäre verdient gewesen", fand der Stürmer Rouwen Hennings. "Leider haben wir Dodi Lukebakio diesmal nicht so gut ins Spiel bekommen." Der 21-jährige Belgier, der beim 3:3 in München alle drei Tore geschossen hatte, blieb diesmal glücklos und wurde nach 68 Minuten ausgewechselt. Schon am kommenden Freitagabend beim Auswärtsspiel in Bremen könnte Lukebakio eventuelle Konter-Räume wieder besser nutzen. Die Leistung und Leidenschaft der Mannschaft im Spiel gegen Mainz haben dem Trainer Funkel nämlich durchaus gefallen. "So müssen wir auch in den kommenden Wochen spielen", sagte er - "nur unsere Chancen müssen wir dann natürlich besser nutzen."
Das 1:0 in Düsseldorf ist Ausdruck des Mainzer Reifeprozesses. Die Fortuna hingegen landet nach dem Höhenflug in München besonders hart.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/mainz-ueberrascht-duesseldorf-nach-oben-geflutscht-1.4236026
Mainz überrascht Düsseldorf - Nach oben geflutscht
00/12/2018
Schwache Nerven am Schießstand: Zum Auftakt des Weltcup-Winters im Biathlon verpassen die Deutschen zweimal das Podest. Die ersten Siege in den Mixed-Staffeln gehen an Norwegen und Frankreich. Die Serie ist gerissen: In Abwesenheit ihrer beiden Olympiasieger Laura Dahlmeier und Arnd Peiffer sind die deutschen Biathleten erstmals seit fünf Jahren ohne Podestplatz in den Weltcup-Winter gestartet. Im slowenischen Pokljuka belegte am Sonntag zunächst die Single-Mixed-Staffel den achten Rang, wenig später war auch die Mixed-Staffel in der Besetzung Vanessa Hinz, Denise Herrmann, Philipp Horn und Benedikt Doll auf Platz sieben chancenlos. Laura Dahlmeier, Doppel-Olympiasiegerin bei den Spielen im vergangenen Februar in Pyeongchang in Südkorea, ist nach ihrer krankheitsbedingten Pause derzeit noch im Aufbautraining. Zwar feilt sie nur noch an ihrer Form, doch es gilt als unwahrscheinlich, dass sie noch in diesem Jahr in den Weltcup zurückkehrt. Zum Start am Sonntag erwiesen sich die anwesenden Biathleten des deutschen Verbandes allerdings auch noch nicht sämtlich in ausgefeilter Form. Während sich in der Single-Mixed-Staffel der erfahrene Erik Lesser eine Strafrunde einhandelte, erwischte es in der klassischen Mixed-Staffel zunächst den Weltcup-Debütanten Philipp Horn: "Ich habe mir das anders vorgestellt. Ich hatte schon ein bisschen die Hosen voll und war zu verkrampft", sagte Horn im ZDF. Weil er gleich zum Einstieg in seine Weltcup-Laufbahn direkt an der Seite des elfmaligen Weltmeisters und fünfmaligen Olympiasiegers Martin Fourcade aus Frankreich in die Spur ging, hatte Philipp Horn eine psychologisch besonders schwere Aufgabe zu lösen. Einerseits wollte er mutig mithalten, andererseits kann ein Unerfahrener solch einen rasanten Auftakt am Schießstand bitter bezahlen. Und so kam es auch. Horns Trefferbild verriet Unruhe und Ungenauigkeit, er musste einmal in die Strafrunde abbiegen und fiel zurück. Beim Sieg von Olympiasieger Frankreich ereilte dann Schlussläufer Benedikt Doll zu allem Überfluss das gleiche Schicksal. "Es war der Wurm drin", sagte der Sprint-Weltmeister von 2017. Seit 2012 werden die Weltcups nun schon traditionell mit Mixed-Wettbewerben eröffnet. Einen deutschen Sieg hatte es zwar noch nie gegeben, in den vergangenen drei Jahren hatten die Teams des Deutschen Skiverbandes aber immer mit zwei Podestplatzierungen geglänzt. Diesen hatten im ersten Rennen Franziska Hildebrand und Lesser auch wegen der fehlerfreien Vorstellung der umsichtigen Schützin Hildebrand im Blick. Dann aber unterliefen dem Schnellschützen Lesser zu viele Fehler. "Das war schwierig zu verkraften, danach war mental ein Bruch drin. Es ist eben anders, um Platz sieben oder acht zu kämpfen als um den Sieg", sagte Lesser. Überraschender als Laura Dahlmeiers Fehlen war der kurzfristige Ausfall von Sprint-Olympiasieger Arnd Peiffer - er war ja fest in der Mixed-Staffel eingeplant. Aus privaten Gründen, wie es offiziell hieß, weilt der beste deutsche Skijäger der vergangenen Saison noch in der Heimat, sein Start in den Einzelrennen in der kommenden Woche ist aktuell offen. Ab diesem Mittwoch stehen für die Biathleten bis zum Sonntag noch das lange Einzelrennen, der Sprint und die Verfolgung auf dem Programm. Die weiteren Weltcup-Stationen sind vor Jahresende in Hochfilzen/Österreich ab 13. Dezember sowie in Nove Mesto/Tschechien ab 20. Dezember angesetzt.
Schwache Nerven am Schießstand: Zum Auftakt des Weltcup-Winters im Biathlon verpassen die Deutschen zweimal das Podest. Die ersten Siege in den Mixed-Staffeln gehen an Norwegen und Frankreich.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/biathlon-start-in-pokljuka-in-der-strafrunde-1.4236576
Biathlon-Start in Pokljuka - In der Strafrunde
00/12/2018
Erstmals muss sich ein DOSB-Präsident einer Kampfabstimmung stellen. Zwar gewinnt Alfons Hörmann gegen Martin Engelhardt ziemlich deutlich. Doch es ist fraglich, ob er aus der Kritik an seinem Stil Konsequenzen zieht. Alfons Hörmann wartete direkt am Fuße des Podiums. Sichtlich angespannt war er, ein paar Vertraute kamen zum Plausch vorbei, bisherige und designierte Präsidiumsmitglieder, auch die DOSB-Vorstandsvorsitzende Veronika Rücker. Nach einer knappen Viertelstunde setzte sich Hörmann hin, wie alle anderen Anwesenden im Saal auch. Und als der Sitzungsleiter das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen vortrug und um ihn herum der Applaus einsetzte, verharrte Hörmann erst einmal auf dem Stuhl. Einige Sekunden nickte er zufrieden vor sich hin, ehe er auf die Bühne schritt und seine Wiederwahl zum Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes annahm. 383 Stimmen für Alfons Hörmann, 61 für den Gegenkandidaten Martin Engelhardt, so endete diese für den organisierten Sport so ungewöhnliche Kampfabstimmung ums Präsidentenamt. Hörmann, 58, durfte zwar mit dem Votum zufrieden sein und kann sich nun auch klarer legitimiert fühlen als bei den üblichen offenen Abstimmungen, bei denen es nur einen Kandidaten gibt. Aber zugleich dokumentiert der Vorgang die große Unzufriedenheit im Sport - und es ist die zentrale Frage für die nächsten vier Jahre, ob Hörmann daraus Konsequenzen zieht. Zumindest am Samstag sah es nicht danach aus. "Das Wahlergebnis bestätigt uns auf eindrucksvolle Art und Weise in unserem bisherigen Handeln", sagte er: "Ich sage einfach: 86 Prozent sind Antwort genug." Es war aus vielerlei Gründen ein ungewöhnlicher Schritt, zu dem sich Engelhardt, 58 Jahre alt, im Hauptberuf Orthopäde am Klinikum Osnabrück und seit 2011 zum zweiten Mal Präsident der Deutschen Triathlon-Union (DTU), entschloss. Erstens weil im deutschen Sport Kampfkandidaturen sehr unüblich sind; um das Präsidentenamt des Sportdachverbandes hatte es das noch nie gegeben. Zweitens, weil Engelhardt im kleinen Kreis zwar schon vor wenigen Wochen eine Kandidatur angekündigt hatte, falls sonst niemand gegen Hörmann antrete, er dies aber erst in der Plenarsitzung am Samstag öffentlich mitteilte. Und drittens, weil Engelhardt keinen Hehl daraus machte, dass seine Kandidatur in erster Linie symbolischen Charakter hatte - und ihm wichtig war, dass überhaupt mal jemand kandidiert. "Ich weiß, dass diese Kandidatur die Wiederwahl des Präsidenten nicht verhindern wird", sagte er in seiner Bewerbungsrede - auch wenn er sicher mit einem besseren Ergebnis rechnete. Aber sein Vortrag und seine späteren Ergänzungen waren eine öffentliche Generalabrechnung mit der Amtsführung des Präsidenten. Hörmann sei kein Brückenbauer und nicht teamfähig; es gebe destruktive Auseinandersetzungen und einen rüden Ton, was auch dazu führe, dass viele gute Hauptamtliche den DOSB verließen; es brauche mehr Vertrauen und Verlässlichkeit sowie mehr Glaubwürdigkeit in der Öffentlichkeit; und inhaltlich mehr als die stete Fokussierung auf die Reform des Leistungssports. Es war in der Versammlung gar kein sonderlich feuriger Auftritt. Aber es war doch auffallend, dass der Applaus nach Engelhardts Bewerbungsrede kaum leiser ausfiel als der für Hörmann. Und hinterher klangen selbst manche Hörmann-Wähler so, als seien sie froh, dass mal jemand gegen den Präsidenten aufgestanden sei. Die Hauptbotschaft sei, so sagte es Engelhardt, dass in einer Demokratie Gegenkandidaten selbstverständlich sein müssten. Und sie nicht von der Angst geprägt sein dürften, dass hinterher die Person oder der Verband hinter dieser Person Sanktionen erleiden müssen. Doch viele Funktionäre hätten genau diese Angst. Im Sommer fand sich trotz aller Unzufriedenheit niemand, der gegen Hörmann antrat. Engelhardt wurde am Samstag auch nicht von einem Verbandsvertreter vorgeschlagen, sondern vom Fechter Benedikt Wagner, erst kurz zuvor zum Persönlichen Mitglied des DOSB gewählt. Und auch dass er die Kandidatur erst so kurzfristig öffentlich machte und damit die strategisch wohl nicht geschickteste Vorgehensweise wählte, habe laut Engelhardt mit diesem Klima zu tun. Dass er sich nämlich Anfeindungen und einen Spießrutenlauf ersparen wollte. Hörmann wollte zu diesen Vorwürfen sowie zu Inhalt und Form der Gegenkandidatur nicht groß Stellung beziehen. "Die Mitglieder haben entschieden", sagte er nur, es sei ein demokratischer Prozess gewesen. Aber er erweckte den Eindruck, als habe er auf diesen demokratischen Prozess auch gut verzichten können. Hörmann sagte, er wolle einen Stil pflegen, der von "Offenheit und Transparenz geprägt" sei, und er will sich jetzt mit stark verändertem Präsidium an die weitere Arbeit machen. Die beiden wichtigsten Vize-Posten sind neu besetzt: Die frühere Hockeyspielerin Uschi Schmitz, 66, ist nun für den Leistungssport zuständig (statt Ole Bischof), und der Berliner Unternehmer und Sportmanager Kaweh Niroomand, 65, für die Finanzen (statt Stephan Abel). Wie ungewohnt demokratische Grundübungen für manche im Sport sind, zeigte sich auch kurz nach Hörmanns Kür. Da stand die Wahl von Andreas Silbersack, 51, zum Vize-Präsidenten für Breitensport an. Der Landessportbund-Chef von Sachsen-Anhalt ist ebenfalls umstritten, und so gab es einen Antrag auf eine geheime Wahl. Ein Geraune setzte da ein, so laut, dass sich Thomas de Maizière zu einer Bemerkung veranlasst war. Der ehemalige Innenminister leitet künftig - formal wohl ab Mittwoch, wenn die Erlaubnis der Regierung vorliegen soll - das neue DOSB-Ethikkomitee und gab in Düsseldorf zugleich den Wahlleiter. "Da gibt es nichts zu murmeln", sagte er in den Saal: "Geheime Wahlen sind doch eigentlich der Normalfall."
Erstmals muss sich ein DOSB-Präsident einer Kampfabstimmung stellen. Zwar gewinnt Alfons Hörmann gegen Martin Engelhardt ziemlich deutlich. Doch es ist fraglich, ob er aus der Kritik an seinem Stil Konsequenzen zieht.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/sportpolitik-uebung-in-demokratie-1.4235868
Übung in Demokratie
00/12/2018
Am Samstag hat der TSV 1860 München in der dritten Fußball-Liga 2:0 (2:0) gegen den FSV Zwickau gewonnen. Dabei ragte Stefan Lex heraus, der Zugang vom Zweitligisten FC Ingolstadt, von dem man erwartet hatte, dass er aus dieser Mannschaft herausragen würde; es dauerte eine Weile, bis er unter Beweis stellte, dass er dazu in der Lage ist, aber diesmal war es so weit. Beim 1:0 (16.) überlupfte Lex auf Zuspiel des ebenfalls starken Sascha Mölders den Zwickauer Torhüter Johannes Brinkies, in weiteren starken Szenen verpasste er einen zweiten Treffer knapp. Für diesen sorgte Philip Steinhart per Handelfmeter (31.), so dass die Löwen nach zuletzt vier Partien ohne Sieg diesmal zu einem souveränen Erfolg kamen und nun fünf Zähler Abstand zur Abstiegszone aufweisen.
Nach dem 2:0 gegen Zwickau warten die Löwen nicht mehr auf einen Sieg, aber noch auf über eine Million Euro.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/tsv-1860-muenchen-klemmende-weiche-1.4236361
TSV 1860 München
00/12/2018
Es gibt diese Tage, an denen die Vergangenheit wieder hervorgekramt wird, die schöne selbstverständlich. Bei Borussia Mönchengladbach zählt Rainer Bonhof zu einer schönen Vergangenheit, an vier Meisterschaften der Borussia war der heutige Vizepräsident in den Siebzigerjahren beteiligt, und weil es seinem Verein in diesem Herbst bisher ganz gut erging, gibt es für ihn nun mehr Redeanteile. "Es scheint niemandem aufzufallen, dass zwischen Platz eins und fünf noch etwas dazwischen liegt", sagte er etwa kürzlich der Welt, und auch: "Es geht nicht alles nur um Ostwestfalen und Süddeutschland." Eine kleine Spitze war das in Richtung Dortmund und München, wobei, in Richtung Dortmund vielleicht eineinhalb Spitzen: Mit Ostwestfalen hat der Verein so viel zu tun wie derzeit mit den Abstiegsrängen. Auch dass es zwischen Platz eins und fünf auch noch andere Plätze gibt, ist nachweislich bekannt, Platz zwei zum Beispiel: Den hat die Gladbacher Borussia weiterhin inne, sie unterlag am Sonntag aber in Leipzig 0:2. RB hat damit nur noch einen Punkt weniger als Mönchengladbach. RB-Trainer Ralf Rangnick hatte drei Spieler im Aufgebot, die er zuletzt schmerzlich vermisste: Diego Demme, Marcel Sabitzer und Kevin Kampl. "Selbst der eine oder andere Spieler bei uns hofft, dass sie zurückkommen", hatte Rangnick vorher gesagt - und vielleicht Timo Werner gemeint. Der Stürmer profitierte gegen Gladbach in der Startphase am meisten vom genesenen Kampl, der aus der Rehaphase nicht nur einen frischen Geist, sondern auch eine flexible Hüfte mitgebracht hatte. Drei Minuten dauerte es gerade mal, als Kampl mit langem Ball auf Werner das 1:0 einleitete: Dieser spielte noch kurz Doppelpass mit Sabitzer und nutzte dann gleich seine erste Chance, was es so oft in den vergangenen Wochen nicht gegeben hatte. Gladbach fehlte es an Präzision Erst am Donnerstag hatten die Leipziger gegen den Schwesterverein RB Salzburg in der Europa League eine schmerzliche Niederlage kassiert, nun galt es, nicht auch die Bundesliga aus den Fingern gleiten zu lassen. So machte RB temporeich weiter, hatte vor allem über die linke Seite durch den lauffreudigen Werner gefährliche Szenen, Gladbachs Nico Elvedi klärte mehrfach in höchster Not. In der 14. Minute hatte Lukas Klostermann für die Leipziger das 2:0 auf dem Fuß, drosch den Ball aber nach einer Flanke von Werner zentral übers Tor. Gladbach fehlte es vor allem an Präzision, um im Spielaufbau bis zum gegnerischen Tor zu kommen, hatte aber dennoch Chancen zum Ausgleich: In der 16. Minute schickte Thorgan Hazard den Ball auf der rechten Seite zu Lars Stindl, doch als der den Ball an den Fuß bekam, war auch Torwart Peter Gulacsi schon hinausgeeilt. Gulacsi parierte auch in der 31. Minute, als Oscar Wendt von links auf Stindl flankte, sein Kopfball landete an Gulascis Händen. Nach einer halben Stunde wurde Werner mehr in die Zentrale geschickt, immer nur Flügelspiel wird ja auch irgendwann langweilig. Tatsächlich hätte Werner dann mittig im Strafraum ein formschönes Volley-Tor machen können, mit dem rechten Bein hatte er schon ausgeholt, doch Strobl stahl ihm da mit einer Rettungsaktion noch die Show (41.). Das 2:0 sollte trotzdem noch vor der Pause fallen, per Konter und im Zusammenspiel mit Yussuf Poulsen erhöhte Werner kurz vor dem Halbzeitpfiff. "Doppelpacks liegen mir in dieser Saison irgendwie - vor allem haben die Tore drei Punkte gebracht", sagte Werner später. "Es war eine Top-Teamleistung in allen Bereichen. Nur so kann man den Zweiten besiegen." Gladbach-Trainer Dieter Hecking hatte nach dem zweiten Tor die Lippen aufeinander gepresst. Er schluckte bedient, die Haare nassgeregnet. Auch die zweite Halbzeit brachte die Fohlen nicht gerade auf die Idee, aus Leipzig noch etwas mitnehmen zu können, was den zweiten Tabellenplatz dauerhaft sichern könnte - stattdessen gelang Sabitzer beinahe das 3:0, er wurde aber fünf Meter vor dem Tor im Gewühle entscheidend gestört (53.). Das spektakulärere Spiel an diesem Nachmittag boten die Leipziger. "Das war ein verdienter Sieg", räumte Gladbachs Coach Hecking ein, als er wieder etwas trockener war. Die siegreichen Leipziger gaben zur Abrundung ihres schönen Sonntags noch bekannt, dass erwartungsgemäß das US-Talente Tyler Adams, 19, im Winter von RB New York kommen wird. Auch Hecking suchte das Gute an diesem Nachmittag: "Wir haben dazu beigetragen, dass es ein gutes Spiel wurde. Ich kann mir nicht erklären, warum wir im Moment immer frühe Gegentore kassieren. Erschwerend war, dass RB im Moment sehr gut verteidigt. Jetzt schütteln wir uns, nächste Woche geht es weiter." Und eines ist ja auch sicher: Leipzig liegt definitiv zwischen Ostwestfalen und Süddeutschland.
Dem starken Leipziger Nationalstürmer gelingen beim 2:0 gegen Mönchengladbach beide Treffer. Nach dem nahenden Aus in der Europa League hat RB nun andere Ziele.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/werner-leipzig-gladbach-1.4236018
Leipzig besiegt Gladbach in der Bundesliga
00/12/2018
"Absolut locker" sei er, sagte Hasan Salihamidzic, während er von einem Fuß auf den anderen trippelte wie ein Musikstudent beim Vorspielen. Salihamidzic, der Sportdirektor des FC Bayern, stand nach dem 2:1 (1:1)-Sieg der Münchner im Erdgeschoss des Bremer Weserstadions, und irgendwo in dieser ungastlichen Kulisse aus Beton und Kunstlicht stand auch Oliver Kahn. Also nicht, dass sich der Titan hinter einer der Säulen versteckt hätte - dafür wäre die markenrechtlich geschützte Torwartlegende eindeutig zu groß. Er stand eher: im Raum. Gegner, die man nicht sehen kann, sind allerdings die schlimmsten, und so entschied sich Salihamidzic also einfach mal dafür, "absolut locker" zu sein. Nützt ja nix. Der Sportdirektor der Bayern, über den die Chefs Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge am Abend zuvor bei der Jahreshauptversammlung gesprochen hatten wie über einen Auszubildenden im ersten Lehrjahr ("geht durch ein Stahlbad", "wird daraus lernen", "wird daran wachsen", etc. pp.), er sollte erklären, was das Erscheinen eines möglichen Vorstandschefs Oliver Kahn am Horizont seines Vereins wohl für ihn zu bedeuten hätte. "Das ist nicht mein Thema", sagte Salihamidzic, total locker, er mache seinen Job "wie immer", das mit Kahn sei eine "Idee vom Vorstand", er aber, der Brazzo, habe einen "sehr guten Draht zu Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß, wir funktionieren richtig gut zusammen". Außerdem werde er weiter "engagiert arbeiten", und Kahn, ja mei, der käme ja eh erst, wenn Rummenigge aufhört. Hasan Salihamidzic klang in diesem Moment tatsächlich so locker wie der Trainer eines Abstiegskandidaten, dessen möglicher Nachfolger gerade auf der Tribüne gesichtet worden ist - und letztlich beschreibt das die Situation dieses FC Bayern im Herbst 2018 ja auch ganz gut. "Für die Tabellensituation, für uns, für das Gefühl ganz wichtig" sei das verdiente 2:1 in Bremen gewesen (nach dem schönen 5:1 gegen Benfica Lissabon), sagte Thomas Müller. Die Münchner haben damit gerade so noch einmal die Kurve gekriegt, bevor alles infrage gestellt worden wäre. Besser: bevor alles sofort infrage gestellt worden wäre. Denn dass beim FC Bayern kein Stein auf dem anderen bleiben wird, das hat Uli Hoeneß, der noch immer amtierende Präsident und Vorsitzende des Aufsichtsrats, während der Jahreshauptversammlung noch einmal wiederholt: Investitionen "im großen Stil" hat er angekündigt, als würde das Christkind die Geschenke diesmal zwar erst im kommenden Sommer bringen, dafür dann aber gleich lastwagenweise. Nur, was macht man, wenn der Advent plötzlich sieben Monate dauert? Den Bayern ist jetzt so oft eingeredet worden, dass sie eine Mannschaft, womöglich sogar ein Verein im Umbruch seien, dass es fast schon komisch wirkte, was Florian Kohfeldt über die Münchner zu sagen hatte. Kohfeldt ist Trainer von Werder, das gerade zum 16. Mal in Serie gegen die Münchner ohne Punkt geblieben ist. Das ist eine dermaßen einmalig unterirdische Bilanz, dass es dafür nicht mal eine der beliebten Tasmania-Berlin-Kategorien gibt. "Das waren fast wieder die alten Bayern", sagte Kohfeldt, sie hätten "richtig gut gespielt heute", "sie haben wieder durchs Zentrum kombiniert, was man lange nicht gesehen hat", und sie hätten "bessere Bewegungen in den Achter-Räumen" gehabt.
Der fixe Abschied von Robben und Ribéry, Transferoffensive 2019, ein Sportdirektor als Azubi - und ein vorerst geretteter Trainer Kovac. Der FC Bayern kämpft sich in den Winter hinein.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/bayern-bremen-robben-1.4236003
Bayern-Sieg in Bremen: Robben geht im Sommer
00/12/2018
Wie weit der deutsche Fußball trotz allem gekommen ist, das zeigt ein Blick zurück in den Mai 2008. Die deutsche Nationalmannschaft empfing damals die Auswahl aus Weißrussland, eingewechselt wurden: Jermaine Jones, Marko Marin, Oliver Neuville, Patrick Helmes, Piotr Trochowski und Clemens Fritz. Das Testspiel endete 2:2, das Tor zum Ausgleich fiel in der 88. Minute. Dennoch störte das Ergebnis niemanden wirklich lang, weil der Trainer ja dieser aufregende, moderne Joachim Löw war. Das jüngste Spiel des DFB endete ebenfalls 2:2, der Gegner war die niederländische Auswahl, eingewechselt wurden Marco Reus, Thomas Müller und Leon Goretzka. Der Ausgleich fiel in der ersten Minute der Nachspielzeit, und dennoch störte das Ergebnis niemand wirklich lange (was auch daran lag, dass es das letzte Gruppenspiel im Format der Nations League war, mit dem sich noch keiner porentief auseinander gesetzt hatte). Hauptsächlich lag das jedoch an den ausgewechselten Spielern, an Timo Werner, Serge Gnabry und Leroy Sané, die mit ihrer Dynamik, mit ihrem Tempo, mit ihrem Spielwitz gezeigt hatten, wie aufregend die Gegenwart sein kann. Und ein bisschen lag es auch am Trainer. Es lag daran, dass Joachim Löw erneut gezeigt hatte, wie aufregend er sein kann. Von Weißrussland bis zu den Niederlanden, das ist der Spannungsbogen der nun auch über der deutschen Gruppe in der EM-Qualifikation liegt. Neben den beiden genannten Nationen trifft die DFB-Auswahl auf Nordirland und Estland, Löw bezeichnete die Gruppe nach der Auslosung am Sonntag in Dublin als "normal schwierig". Der Schwierigkeitsgrad ist ja tatsächlich überschaubar, da sich alle Gruppenersten und alle Gruppenzweiten für das paneuropäische Turnier 2020 qualifizieren. Löw sieht Deutschland und die Niederlande als die Favoriten, dass es für einen der beiden eng werden könnte, erwartet der Bundestrainer nicht: "Es sollte für beide reichen." Die Spannung in dieser Gruppe entsteht aus deutscher Sicht daher allein aus dem Blick nach innen, aus dem, was innerhalb dieser deutschen Mannschaft passieren wird, was sich in ihr entwickeln wird. Die Spannung entsteht daraus, ob Löw sich weiter an den jungen, experimentierfreudig und doch an seine Ideen glaubenden Trainer erinnert, als der er bei der EM 2008 in sein erstes Turnier als Bundestrainer ging, kurz nach dem 2:2 gegen Weißrussland. Die Spannung entsteht aber auch daraus, dass sich zeigen wird, was Deutschland aus den vergangenen Spielen gegen die Niederlande gelernt hat. Im ersten Duell in der Nations League, beim 0:3 in Amsterdam, hatte Löw wie ein Trainer gewirkt, der so stur an seinen einst aufregenden Gedanken festhält, dass er der Moderne nicht mehr hinterherkommt. Wenige Tage später verlor er zwar ein zweites Spiel in der Nations League, in Paris gegen Frankreich, aber dort präsentierten sich der Trainer und die Mannschaft wieder als ein aufregendes Kunstwerk. Löw hatte Werner, Gnabry und Sané als junge, frische, unverschämt unbekümmerte Offensive installiert, die zum Ausklang eines erschütternd erfolglosen Jahres (Aus nach der Gruppenphase der WM in Russland, Abstieg in der Nations League, die schwächste Bilanz in 111 Jahren Länderspielgeschichte) gerade noch rechtzeitig für den überfälligen Schwung gesorgt hatte. Wie stabil dieser Schwung ist und wie sehr er auch andere Mannschaftsteile sowie weitere personelle Maßnahmen des Bundestrainers vitalisieren wird, darum also geht es in dieser EM-Qualifikation. Wenige Tage vor der Auslosung hatte das DFB-Präsident Reinhard Grindel betont, indem er nicht nur "eine souveräne Qualifikation" forderte, sondern auch, "dass wir den Umbruch konsequent fortsetzen, dass das veränderte Gesicht, das wir in den Spielen gerade in der Nations League gezeigt haben, zu einem ganz neuen Bild der Mannschaft wird". Ob er den Umbruch zu lange verzögert habe, wurde Löw in Dublin gefragt. "Ich habe das Gefühl, dass er jetzt richtig ist", sagte der Bundestrainer. Allzu radikal will er aber auch 2019 nicht werden: "Die Jungen brauchen Halt und Orientierung." Es dürfte ein aufregendes Jahr werden.
In einer lösbaren Gruppe in der Quali für die Fußball-Europameisterschaft 2020 muss die Nationalelf nachweisen, dass sich der Umbruch fortsetzt. Der Bundestrainer ist besonders gefragt.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/dfb-elf-em-2020-qualifikation-1.4236067
EM 2020: Nationalelf bekommt machbare Gegner
00/12/2018
Arjen Robben wird den FC Bayern nach zehn erfolgreichen Jahren 2019 verlassen. "Das ist mein letztes Jahr beim FC Bayern", sagte der 34-Jährige am Sonntag bei einem Fanklub-Treffen laut Algemeen Dagblad: "Es waren zehn wundervolle Jahre. Und dann ist es auch gut. Die Entscheidung habe ich schon vor ein paar Wochen getroffen." Zuvor hatte bereits Präsident Uli Hoeneß angedeutet, dass für Robben, aber auch für Franck Ribéry die Zeit beim deutschen Fußball-Rekordmeister im kommenden Sommer abgelaufen ist. "Ribéry und Robben machen sehr wahrscheinlich ihr letztes Jahr beim FC Bayern", kündigte Hoeneß am Sonntag an. Der FC Bayern werde stattdessen die Mannschaft "auf einigen Positionen verändern. Wir werden eine sehr offensive Transferpolitik machen. Die Kassen sind gut gefüllt", betonte Hoeneß erneut. Erst am Freitag hatten Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge eine Lanze für ihre "Rentnerband" (Rummenigge) gebrochen. "Das Duo Robbery bekommt ein eigenes glorreiches Kapitel in unserer Geschichte. Sie haben über 700 Spiele absolviert, dabei 261 Tore geschossen und 289 Vorlagen gegeben. Sie sind Legenden des FC Bayern", sagte Rummenigge bei der Jahreshauptversammlung. Was über Ribéry (35) und Robben (34) in den vergangenen Wochen geschrieben worden sei, "war ungehörig, manchmal sogar schäbig. Gerade deshalb habe ich mich für sie am Dienstag unheimlich gefreut. Man sollte sie nicht am Alter, sondern an ihrer Qualität messen", ergänzte Rummenigge. Beim 5:1 gegen Benfica Lissabon in der Champions League hatte Robben zwei Tore erzielt, Ribéry traf einmal. Die Verträge von Ribéry, seit 2007 im Verein, und von Robben (2009) laufen im kommenden Sommer aus.
Jetzt ist es fix: Mit Arjen Robbens Weggang endet im kommenden Sommer eine Ära in München - der Holländer verkündet seinen Abschied. Es dürfte nicht der einzige beim FC Bayern sein.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/fc-bayern-robben-bundesliga-1.4236485
Arjen Robben kündigt Abschied von Bayern an
00/12/2018
Diese Glückslose machten Joachim Löw wieder zu "Jogi-Lässig". Entspannt stand der Bundestrainer bei seiner letzten Dienstreise im vermaledeiten Jahr 2018 im Convention Center von Dublin, das weiße Hemd bis zum zweiten Knopf unter dem feinen blauen Anzug geöffnet. Löw lächelte - auch über das erneute Duell mit dem ewigen Rivalen Holland. Die Aussicht auf die schnelle Revanche gegen die Niederlande und die vermeintlich problemlosen Mini-Hürden Nordirland, Estland und Weißrussland auf dem Weg zur EM 2020 geben dem DFB-Chefcoach die Gelegenheit auf eine weitgehend konfliktfreie Fortsetzung beim Neuaufbau der Fußball-Nationalmannschaft. "Wir sind uns unserer Stärken bewusst", sagte Löw am Sonntag nach der Auslosung der EM-Qualifikationsgruppen in der irischen Hauptstadt. "Wir gehen selbstbewusst in die Qualifikation rein. Wir haben schon den Anspruch, dass wir das schaffen", sagte Löw. Im Gegensatz zu früheren Qualifikationsrunden wollte der 58-Jährige aber nach den herben Enttäuschungen 2018 mit WM-Aus und Abstieg in der Nations League nicht den ersten Platz in der Gruppe C als Ziel vorgeben. "Nach 2014 und 2016 waren wir in einer Phase, in der wir gut harmoniert haben. Da konnten wir so eine Zielsetzung ausgeben. Jetzt fangen wir weiter unten an. Jetzt wollen wir nicht gleich überheblich sein", mahnte der 58-Jährige. Hauptziel bleibt für Löw, junge Spieler wie Leroy Sané, Serge Gnabry und Thilo Kehrer fit zu machen für die erhoffte Rückkehr in die absolute Weltspitze. "Wer glaubt, man kann eine Mannschaft einfach so mit elf jungen Spielern zusammensetzen, irrt sich", sagte der DFB-Chefcoach. Auch Teammanager Oliver Bierhoff und DFB-Chef Reinhard Grindel gaben die EM-Endrunde aber als klares Ziel aus. "Angesichts dieser Gruppe muss man sich qualifizieren, das ist keine Frage", sagte Grindel. Bierhoff betonte zudem seine "Vorfreude" auf die erneuten Duelle mit Holland. Gegen Oranje hatte es zuletzt in der Nations League ein schmerzhaftes 0:3 und ein ärgerliches 2:2 gegeben - zu wenig, um nach dem WM-Desaster von einem gelungenen Neuanfang zu sprechen. Nordirland ist Löw noch als "kampfstarkes Team" in Erinnerung. "Sie verlieren nie mit mehr als ein, zwei Toren Unterschied", sagte Löw - aber sie verlieren eben. Auf dem Weg zur WM 2018 gäbe es zwei problemlose DFB-Siege in der Quali. Mit dem 3:1 im Windsor Park von Belfast wurde im Oktober 2017 das Russland-Ticket gelöst. Zuvor gab es bei der EM 2016 ein 1:0 im Gruppenspiel in Paris. Gegen Estland spielte Deutschland nur in den 1930er Jahren dreimal und gewann alle Duelle. Gegen Weißrussland spielte die DFB-Elf bislang erst einmal. Kurz vor der EM 2008 gab es in einem Test in Kaiserslautern ein 2:2. "Da können wir im Moment wenig sagen. Ich habe sie zuletzt selten gesehen", sagte Löw. In der Weltrangliste sind die Kontrahenten auf den Plätzen 35 (Nordirland), 76 (Weißrussland) und 96 (Estland) weit hinter der auf Platz 16 abgestürzten DFB-Elf platziert. Holland liegt auch nur einen Rang vor Deutschland. Estland und Weißrussland waren zudem noch nie für ein großes Turnier qualifiziert. Die irische Legende Robbie Keane zog das deutsche Los. Die Qualifikationsrunde wird von März bis November 2019 an fünf Doppelspieltagen ausgetragen. Da Deutschland in einer Fünfergruppe spielt, sind 2019 noch zwei Testpartien möglich. Ein Wunsch von Löw wird aber wohl unerfüllt bleiben. "Ich würde gerne gegen Brasilien und Argentinien spielen", sagte er. Die UEFA-Regularien verlangen allerdings europäische Testpartien. Bierhoff versprach, beim Kontinentalverband die Möglichkeiten nochmals auszuloten. Den Umweg über die Playoffs muss Deutschland bei diesen Kontrahenten ziemlich sicher nicht gehen. Alle zehn Gruppensieger und zehn Gruppenzweiten lösen das Ticket für die Endrunde vom 12. Juni bis 12. Juli 2020 in zwölf Gastgeberländern. Die restlichen vier Tickets werden in Miniturnieren im März 2020 vergeben. Startberechtigt sind dabei die je vier Gruppensieger jeder Staffel der Nations League. Sollten sich diese schon über die normale Qualirunde das EM-Ticket geholt haben, rücken die nächst besseren noch nicht qualifizierten Mannschaften der jeweiligen Ligen nach. Im Extremfall geht das Startrecht auf Teams der nächst tieferen Liga über. Im Hintergrund kann Bierhoff nun sogar schon die Planungen für die EM angehen, die zumindest in der Gruppenphase ein Heimturnier werden wird. In München finden drei Gruppenspiele und ein Viertelfinale statt. Die DFB-Elf würde bei erfolgreicher Qualifikation zwei oder drei Heimpartien in der Gruppe F dort bestreiten. Anschließend wären dann Bukarest und St. Petersburg oder Dublin und Rom Spielorte, wenn man als Erster oder Zweiter in die K.o.-Runde kommt. Beide Halbfinals und das Endspiel finden in London statt. In Dublin wurde derweil von der UEFA bestätigt, dass sich Deutschland für das Heim-Turnier 2024 nicht qualifizieren muss. Die Entscheidung für ein automatisches Startrecht bestätigte Turnier-Chefplaner Lance Kelly der Deutschen Presse-Agentur. Unmittelbar nach dem Turnierzuschlag im September hatte die UEFA eine Zusicherung für einen garantierten Startplatz noch nicht geben wollen.
Bei der Auslosung zur Fußball-Europameisterschaft 2020 bekommt es die Mannschaft von Joachim Löw mit einer interessanten Gruppe zu tun. Erstmals findet die Endrunde in zwölf europäischen Städten statt.
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EM-Qualifikation: DFB-Team trifft auf Holland
00/12/2018
FC Bayern, Winterpause: Trotz der anhaltenden Kritik am WM-Ausrichter 2022 hält der deutsche Fußball-Rekordmeister Bayern München an seinem Trainingslager in Katar fest. Präsident Uli Hoeneß bestätigte bei seinem Fanklub-Besuch am Sonntag in Forchheim, dass der FC Bayern sich auch im Januar 2019 im Emirat auf die Rückrunde vorbereiten werde. "Dort gibt es hervorragende Trainingsbedingungen", sagte Hoeneß. Die Bayern werden wohl von 4. bis 10. Januar ihr Trainingslager in Katar abhalten. Münchens Verbindungen nach Katar sorgen wegen der Menschenrechtssituation im Gastgeberland der WM-Endrunde 2022 wiederholt für Kritik. Die Fluglinie Qatar Airways ist Ärmelsponsor der Münchner. Die Bayern halten schon seit mehreren Jahren ihr Winter-Trainingslager in dem Wüstenstaat ab. In der vergangenen Saison hatte sich erstmals auch das Frauen-Team der Münchner in Katar auf die Bundesliga-Rückrunde vorbereitet. Ski alpin, Verletzung: Skirennfahrer Thomas Dreßen hat sich bei seinem folgenschweren Sturz in Beaver Creek doch nicht beide Kreuzbänder gerissen. Eine erste Diagnose am Sonntag in München ergab, dass nur das vordere Kreuzband, nicht aber wie zunächst befürchtet auch das hintere im rechten Knie gerissen sei. Die Saison ist für den 25-Jährigen trotzdem beendet. Der Kitzbühel-Sieger landete am Sonntag mit dem Lufthansaflug 481 von Denver kommend in München und humpelte auf Krücken durch den Franz-Josef-Strauß Airport. Von dort ging es umgehend zu Untersuchungen in die Orthopädische Klinik München. Außerdem hatte sich Dreßen in den USA auch an der Schulter verletzt. Boxen, WM: Deontay Wilder hat seinen Weltmeistertitel im Schwergewichtsboxen verteidigt. Der 33 Jahre alte Amerikaner trennte sich Samstagnacht in Los Angeles vom Briten Tyson Fury unentschieden (115:111, 110:114, 113:113) und behält damit den Gürtel des World Boxing Council (WBC). Wilder bleibt damit auch im 41. Profikampf unbesiegt. Erst zum zweiten Mal musste er über alle Runden gehen, 39 Kämpfe zuvor hatte er vorzeitig gewonnen. Ex-Weltmeister Fury bleibt in 28 Profikämpfen ebenfalls unbesiegt. Für Fury war es der Versuch, zum zweiten Mal in seiner Karriere Weltmeister zu werden. Vor drei Jahren hatte er Wladimir Klitschko besiegt und dem Ukrainer die Titel der Verbände IBF, WBO und WBA entrissen. Danach wurde er wegen Drogenmissbrauchs und Dopings für zwei Jahre gesperrt und musste die WM-Gürtel abgeben. Ski alpin: Einen Tag nach dem Saison-Aus von Thomas Dreßen haben die deutschen Skirennfahrer beim Super-G in Beaver Creek enttäuscht. Josef Ferstl war nach 48 gestarteten Fahrern am Samstag nur 27. und damit bester Deutscher. Andreas Sander verpasste die Top 30, Klaus Brandner stürzte. Ähnlich schwach waren die Herren in einem Weltcup-Super-G zuletzt vor genau drei Jahren, ebenfalls auf der WM-Strecke in den Rocky Mountains. Der Sieg auf der Raubvogelpiste ging an Max Franz. Der Österreicher war bei seinem bereits zweiten Saisonsieg 0,33 Sekunden schneller als Mauro Caviezel aus der Schweiz. Auf den geteilten dritten Platz mit jeweils 0,41 Sekunden Rückstand kamen die beiden Norweger Aksel Lund Svindal und Aleksander Aamodt Kilde sowie Dominik Paris aus dem italienischen Team. In der Abfahrt am Freitag war Dreßen schwer gestürzt und hatte sich dabei das vordere und hintere Kreuzband im rechten Knie gerissen sowie die linke Schulter ausgekugelt. Ein Comeback noch in der laufenden WM-Saison ist ausgeschlossen. 3. Liga, 1. FC Kaiserslautern: Der Klub hat seinen Trainer Michael Frontzeck am Samstag beurlaubt. Die Entscheidung bestätigten die Pfälzer einen Tag nach der 0:5-Pleite im Punktspiel bei der SpVgg Unterhaching. Ein Nachfolger für den 54 Jahre alten Ex-Nationalspieler beim früheren Meister, der im Tabellenmittelfeld mit 21 Punkten nach 17 Spielen immer weniger Chancen auf den direkten Wiederaufstieg in die zweite Liga besitzt, steht noch nicht fest. "Die jüngsten Entwicklungen haben uns dazu bewogen, neue Impulse zu setzen. Diese Entscheidung ist uns schwergefallen, zumal wir nach den Siegen gegen Uerdingen und in Aalen eine positive Entwicklung beobachten konnten. Der Eindruck der vergangenen vier Spiele hat in Summe jedoch dazu geführt, dass wir uns für einen Wechsel auf der Trainerposition entschieden haben", sagte Sport-Geschäftsführer Martin Bader: "Leider hat sich die Mannschaft am Freitag in keiner Weise so präsentiert, wie wir es von Spielern im FCK-Trikot erwarten." Frontzeck hatte sein Trainer-Amt bei den "Roten Teufeln" am 1. Februar angetreten. Obwohl er den Abstieg aus der zweiten Bundesliga nicht verhindern konnte, sollte der frühere Profi den FCK wieder zurück in die 2. Liga führen. Zuletzt verlor das Team aber drei von vier Spielen. Ski alpin: Skirennfahrerin Kira Weidle ist bei der Abfahrt von Lake Louise Dritte geworden und hat den ersten Podiumsplatz ihrer Weltcup-Karriere gefeiert. Die 22 Jahre alte Starnbergerin wurde am Freitag nur von Nicole Schmidhofer aus Österreich und der Schweizerin Michelle Gisin geschlagen. Weidle war bislang erst zweimal in die Top 10 gefahren und hatte einen achten Platz vor einem Jahr am selben Hang in Kanada als größten Erfolg vorzuweisen. Als Schnellste des Trainings am Mittwoch hatte sie ihre starke Form schon angedeutet. Viktoria Rebensburg wurde nur 16., Michaela Wenig (32.), Meike Pfister (43.) und Patrizia Dorsch (47.) verpassten die Punkteränge. Langlauf: Die Norwegerin Therese Johaug hat auch das zweite Distanzrennen in der noch jungen Langlauf-Weltcup-Saison gewonnen. Am Samstag setzte sie sich im norwegischen Lillehammer über 10 Kilometer in der freien Technik in 26:22,4 Minuten vor der Schwedin Ebba Andersson durch, die 9,2 Sekunden Rückstand hatte. Dritte wurde deren Landsfrau Charlotte Kalla mit 15,7 Sekunden Rückstand. Die deutschen Starterinnen enttäuschten. Pia Fink als 26. und Sandra Ringwald als 28. kamen zwar in die Weltcup-Punkte, blieben von den angestrebten Top-15-Rängen sehr weit entfernt. Rodeln: Der dreimalige Rodel-Olympiasieger Felix Loch hat sich zum Auftakt des zweiten Weltcup-Wochenendes im kanadischen Whistler einen Podestplatz gesichert. Hinter Weltmeister Wolfgang Kindl (1:39,774 Minuten) fuhr der 29-jährige Berchtesgadener am Freitag (Ortszeit) mit 0,099 Sekunden Rückstand auf Platz zwei, Dritter wurde Kindls Landsmann Reinhard Egger (+0,127). Der Sieger von Innsbruck und Olympia-Dritte Johannes Ludwig musste sich diesmal mit Rang fünf begnügen (+0,179), Chris Eißler fuhr auf Platz sieben (+0,275), Sebastian Bley wurde Neunter (+0,383). Angeführt von Toni Eggert und Sascha Benecken haben die deutschen Rodel-Doppelsitzer einen Dreifach-Erfolg gefeiert. Nach ihrem zweiten Platz beim Weltcup-Auftakt in Innsbruck-Igls setzten sich die Olympiadritten von Pyeongchang auf der Hochgeschwindigkeitsbahn in Whistler vor Robin Geueke/David Gamm und den Olympiasiegern Tobias Wendl/Tobias Arlt durch. Die Sieger hatten nach dem zweiten Durchgang nur knappe 0,019 Sekunden auf die Zweiten und 0,029 Sekunden auf die Drittplatzierten Vorsprung. Die deutschen Teams profitierten dabei von einem Fahrfehler der Österreicher Thomas Steu/Lorenz Koller, die im zweiten Lauf ihre Führung abgaben und sich mit Platz vier zufriedengeben mussten.
Uli Hoeneß bestätigt das erneute Trainingslager der Münchner. Skifahrer Thomas Dreßen bleibt doppelter Kreuzbandriss erspart.
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Fußball - Trotz Kritik - Bayern wieder in Katar
00/12/2018
Dem amerikanischen Boxer reicht gegen Tyson Fury ein Unentschieden. Die deutschen Skirennfahrer enttäuschen im Super-G von Beaver Creek, viel besser macht es Kira Weidle bei der Abfahrt von Lake Louise. Boxen, WM: Deontay Wilder hat seinen Weltmeistertitel im Schwergewichtsboxen verteidigt. Der 33 Jahre alte Amerikaner trennte sich Samstagnacht in Los Angeles vom Briten Tyson Fury unentschieden (115:111, 110:114, 113:113) und behält damit den Gürtel des World Boxing Council (WBC). Wilder bleibt damit auch im 41. Profikampf unbesiegt. Erst zum zweiten Mal musste er über alle Runden gehen, 39 Kämpfe zuvor hatte er vorzeitig gewonnen. Ex-Weltmeister Fury bleibt in 28 Profikämpfen ebenfalls unbesiegt. Für Fury war es der Versuch, zum zweiten Mal in seiner Karriere Weltmeister zu werden. Vor drei Jahren hatte er Wladimir Klitschko besiegt und dem Ukrainer die Titel der Verbände IBF, WBO und WBA entrissen. Danach wurde er wegen Drogenmissbrauchs und Dopings für zwei Jahre gesperrt und musste die WM-Gürtel abgeben. Ski alpin: Einen Tag nach dem Saison-Aus von Thomas Dreßen haben die deutschen Skirennfahrer beim Super-G in Beaver Creek enttäuscht. Josef Ferstl war nach 48 gestarteten Fahrern am Samstag nur 27. und damit bester Deutscher. Andreas Sander verpasste die Top 30, Klaus Brandner stürzte. Ähnlich schwach waren die Herren in einem Weltcup-Super-G zuletzt vor genau drei Jahren, ebenfalls auf der WM-Strecke in den Rocky Mountains. Der Sieg auf der Raubvogelpiste ging an Max Franz. Der Österreicher war bei seinem bereits zweiten Saisonsieg 0,33 Sekunden schneller als Mauro Caviezel aus der Schweiz. Auf den geteilten dritten Platz mit jeweils 0,41 Sekunden Rückstand kamen die beiden Norweger Aksel Lund Svindal und Aleksander Aamodt Kilde sowie Dominik Paris aus dem italienischen Team. In der Abfahrt am Freitag war Dreßen schwer gestürzt und hatte sich dabei das vordere und hintere Kreuzband im rechten Knie gerissen sowie die linke Schulter ausgekugelt. Ein Comeback noch in der laufenden WM-Saison ist ausgeschlossen. 3. Liga, 1. FC Kaiserslautern: Der Klub hat seinen Trainer Michael Frontzeck am Samstag beurlaubt. Die Entscheidung bestätigten die Pfälzer einen Tag nach der 0:5-Pleite im Punktspiel bei der SpVgg Unterhaching. Ein Nachfolger für den 54 Jahre alten Ex-Nationalspieler beim früheren Meister, der im Tabellenmittelfeld mit 21 Punkten nach 17 Spielen immer weniger Chancen auf den direkten Wiederaufstieg in die zweite Liga besitzt, steht noch nicht fest. "Die jüngsten Entwicklungen haben uns dazu bewogen, neue Impulse zu setzen. Diese Entscheidung ist uns schwergefallen, zumal wir nach den Siegen gegen Uerdingen und in Aalen eine positive Entwicklung beobachten konnten. Der Eindruck der vergangenen vier Spiele hat in Summe jedoch dazu geführt, dass wir uns für einen Wechsel auf der Trainerposition entschieden haben", sagte Sport-Geschäftsführer Martin Bader: "Leider hat sich die Mannschaft am Freitag in keiner Weise so präsentiert, wie wir es von Spielern im FCK-Trikot erwarten." Frontzeck hatte sein Trainer-Amt bei den "Roten Teufeln" am 1. Februar angetreten. Obwohl er den Abstieg aus der zweiten Bundesliga nicht verhindern konnte, sollte der frühere Profi den FCK wieder zurück in die 2. Liga führen. Zuletzt verlor das Team aber drei von vier Spielen. Ski alpin: Skirennfahrerin Kira Weidle ist bei der Abfahrt von Lake Louise Dritte geworden und hat den ersten Podiumsplatz ihrer Weltcup-Karriere gefeiert. Die 22 Jahre alte Starnbergerin wurde am Freitag nur von Nicole Schmidhofer aus Österreich und der Schweizerin Michelle Gisin geschlagen. Weidle war bislang erst zweimal in die Top 10 gefahren und hatte einen achten Platz vor einem Jahr am selben Hang in Kanada als größten Erfolg vorzuweisen. Als Schnellste des Trainings am Mittwoch hatte sie ihre starke Form schon angedeutet. Viktoria Rebensburg wurde nur 16., Michaela Wenig (32.), Meike Pfister (43.) und Patrizia Dorsch (47.) verpassten die Punkteränge. Langlauf: Die Norwegerin Therese Johaug hat auch das zweite Distanzrennen in der noch jungen Langlauf-Weltcup-Saison gewonnen. Am Samstag setzte sie sich im norwegischen Lillehammer über 10 Kilometer in der freien Technik in 26:22,4 Minuten vor der Schwedin Ebba Andersson durch, die 9,2 Sekunden Rückstand hatte. Dritte wurde deren Landsfrau Charlotte Kalla mit 15,7 Sekunden Rückstand. Die deutschen Starterinnen enttäuschten. Pia Fink als 26. und Sandra Ringwald als 28. kamen zwar in die Weltcup-Punkte, blieben von den angestrebten Top-15-Rängen sehr weit entfernt. Rodeln: Der dreimalige Rodel-Olympiasieger Felix Loch hat sich zum Auftakt des zweiten Weltcup-Wochenendes im kanadischen Whistler einen Podestplatz gesichert. Hinter Weltmeister Wolfgang Kindl (1:39,774 Minuten) fuhr der 29-jährige Berchtesgadener am Freitag (Ortszeit) mit 0,099 Sekunden Rückstand auf Platz zwei, Dritter wurde Kindls Landsmann Reinhard Egger (+0,127). Der Sieger von Innsbruck und Olympia-Dritte Johannes Ludwig musste sich diesmal mit Rang fünf begnügen (+0,179), Chris Eißler fuhr auf Platz sieben (+0,275), Sebastian Bley wurde Neunter (+0,383). Angeführt von Toni Eggert und Sascha Benecken haben die deutschen Rodel-Doppelsitzer einen Dreifach-Erfolg gefeiert. Nach ihrem zweiten Platz beim Weltcup-Auftakt in Innsbruck-Igls setzten sich die Olympiadritten von Pyeongchang auf der Hochgeschwindigkeitsbahn in Whistler vor Robin Geueke/David Gamm und den Olympiasiegern Tobias Wendl/Tobias Arlt durch. Die Sieger hatten nach dem zweiten Durchgang nur knappe 0,019 Sekunden auf die Zweiten und 0,029 Sekunden auf die Drittplatzierten Vorsprung. Die deutschen Teams profitierten dabei von einem Fahrfehler der Österreicher Thomas Steu/Lorenz Koller, die im zweiten Lauf ihre Führung abgaben und sich mit Platz vier zufriedengeben mussten.
Dem amerikanischen Boxer reicht gegen Tyson Fury ein Unentschieden. Die deutschen Skirennfahrer enttäuschen im Super-G von Beaver Creek, viel besser macht es Kira Weidle bei der Abfahrt von Lake Louise.
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Boxen - Wilder bleibt Weltmeister im Schwergewicht
00/12/2018
In dem Moment, als der Vierte Offizielle die Tafel mit der Leuchtziffer 22 in die Höhe reckte, wusste Serge Gnabry, dass sein Arbeitstag enden sollte. Den Doppeltorschützen des FC Bayern beim 2:1-Sieg im Bremer Weserstadion nach 80 Minuten auszuwechseln, schien nur allzu logisch. Es war die Phase, in der die Gäste aus München für jede Beruhigung dankbar zu sein schienen - und so hatte es selbst ihr eigentlich rasend schneller Angreifer nicht sonderlich eilig. Zuerst noch im Zuckeltrab, dann nur noch im Tempo eines Spaziergängers bewegte er sich vom Mittelkreis Richtung Außenlinie. Die Pfiffe der Fans des SV Werder waren ihm gewiss. Das hanseatische Publikum kümmerte es in diesem Moment wenig, dass genau derselbe Spieler vor zwei Jahren noch ihr Liebling war, der mit seiner irrsinnigen Beschleunigung zu einer grün-weißen Lebensversicherung im Abstiegskampf geworden war. Diesmal merkte sogar Werder-Trainer Florian Kohfeldt noch spitz an: "So wie Bayern München ab der 55. Minute auf Zeit gespielt hat, waren die nicht sicher, dass die hier gewinnen." Sollte aus Bremer Perspektive wohl heißen: Wenn ein Starensemble solche Mätzchen nötig hat, haben wir nicht so viel falsch gemacht. Fakt aber war: Die Bayern haben immer noch genügend individuelle Qualität in der Hinterhand, um auf einen kurzfristigen Ausfall ihrer heiligen Flügelspieler Arjen Robben, 34, und Franck Ribery, 35, angemessen reagieren zu können. Trainer Niko Kovac bestätigte hinterher, dass eigentlich Robben hätte beginnen und Gnabry anfänglich auf der Bank sitzen sollen, doch beim Warmlaufen habe der niederländische Altstar Probleme verspürt. Der Robben-Vertreter erwischte den perfekten Tag: Erst hob Gnabry die Kugel gekonnt im zweiten Versuch zum 1:0 ins Tor (20.), dann schaltete der 23-Jährige nach einer Vorarbeit von Thomas Müller beim 2:1 am schnellsten (50.). Dass seine Mitspieler deutlich ausgelassener jubelten als er selbst, begründete Gnabry am Sky-Mikrofon mit seiner Bremer Vergangenheit: "Ich bin natürlich überglücklich über die zwei Tore und dass ich der Mannschaft helfen konnte. Ich habe aber wenig gejubelt aus Respekt, ich hatte eine super Zeit hier in Bremen." "Das gibt uns nach vorne eine andere Dimension", sagt Kovac Gnabry wirkte dennoch ziemlich happy, dass ihm seine Bundesliga-Tore zwei und drei für die Bayern gelungen waren. "Die Siege sorgen für gute Stimmung. Es gibt uns Selbstbewusstsein, dass wir die Siege einfahren." Der gebürtige Stuttgarter scheint nun auch im Verein mit Verzögerung jenes Standing zu erreichen, das ihm Joachim Löw in der Nationalmannschaft schon zubilligt. In den letzten Länderspielen gegen Russland (3:0) und die Niederlande (2:2) zählte Gnabry im Sprintersturm mit Leroy Sané und Timo Werner zu den Besten, doch das in der DFB-Auswahl erlangte Selbstbewusstsein zeigte er nicht immer im Verein, weil ihn beispielsweise zuletzt beim Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf (3:3) Adduktorenprobleme ausbremsten. Und so käme er gar nicht auf die Idee, dieser Tage einen Stammplatzanspruch zu formulieren. Gnabry sagte: "Der Trainer stellt auf, ich versuche mich in jedem Training zu beweisen. Die anderen haben am Dienstag ein super Spiel gemacht." Solch eine artige Attitüde kam bei seinen Vorgesetzten gut an. Sportchef Hasan Salihamidzic lobte den Zugang, auf den sich die Bayern schon 2016 bei der Verpflichtung des SV Werder vom FC Arsenal ein Zugriffsrecht gesichert haben sollen, im Nachgang fast schon überschwänglich: "Der Junge hat einen super Charakter. Er ist hungrig. Mit ihm haben wir eine Waffe in unserem Spiel. Er hat Geschwindigkeit und weiß auch, wie man Tore macht. Er zeigt das immer mehr und mehr. Er ist für uns ganz wichtig." Klar, dass auch Kovac in diesen Zuspruch einstimmte: "Serge hat das gut gemacht. Man hat gesehen, dass das Vertrauen wieder da war. Er hat auch in der Defensive gut gearbeitet." Der bereits für seine Vorhersehbarkeit bei Aufstellung und Ausrichtung kritisierte Coach wurde in Bremen förmlich zu seinem Glück gezwungen, den beiden Hoffnungsträgern auf außen mal gemeinsam länger zu vertrauen: Denn Ribery, der zweite Oldie, humpelte nach einer überschaubaren Darbietung vor der Pause nach einem Schlag auf den Oberschenkel vom Feld und machte Platz für den genesenen Kingsley Coman. Dass dem 22-jährigen Franzosen noch nicht jedes Dribbling gelang, war nach der wochenlangen Zwangspause nach einem Syndesmosebandriss verständlich, aber einige Aktionen sahen vielversprechend aus. Kovac sagte in Bezug auf Gnabry und Coman: "Das gibt uns nach vorne eine andere Dimension." Vielleicht demnächst auch mal von Anfang an.
Der Flügelspieler schießt in Bremen zwei Tore. Nach dem Sieg bekommt der junge Angreifer fast überschwängliches Lob - Trainer Niko Kovac erkennt im Angriffsspiel gar "eine andere Dimension".
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FC Bayern - Gnabry hellt die Stimmung auf
00/12/2018
Nein, einfach so wollte sie die Halle nicht verlassen. Dieser Moment war besonders, er musste aufgesogen werden. Also setzte sich Emily Bölk auf die Spielerbank in der Arena im französischen Brest, atmete noch einmal tief ein und schaute dann auf den Videowürfel. Ihre Mitspielerinnen hatten den Innenraum der Halle zu diesem Zeitpunkt bereits verlassen. "Ich konnte es nicht glauben", sagte Bölk später. Doch es war tatsächlich geschehen, auf der Anzeigetafel stand immer noch das Endergebnis: Die deutschen Handballerinnen hatten das erste Spiel der Europameisterschaft 33:32 gegen Norwegen gewonnen. Die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) war im Duell mit dem Titelverteidiger der krasse Außenseiter, eigentlich sollte die Partie gegen die Skandinavierinnen dazu dienen, um sich auf die entscheidenden Duelle in der Gruppenphase gegen Rumänien am Montag und Tschechien am Mittwoch vorzubereiten. Es kam anders, die Deutschen wuchsen über sich hinaus und Bölk wurde zur entscheidenden Figur - 24 Sekunden vor dem Ende traf die 20-Jährige zum Endstand und machte die Sensation perfekt. Es gab anschließend viele Möglichkeiten, die eigenen Emotionen auszudrücken, aber Bölk brauchte nicht viele Worte. "Das ist mega-geil", sagte die Rückraumspielerin. Vermutlich hat die neu zusammengestellte deutsche Mannschaft selbst nicht daran geglaubt, gegen die herausragende Mannschaft des zurückliegenden Jahrzehnts eine Chance zu haben. Und vermutlich lag darin das Geheimnis für den unerwarteten Coup. "Wir haben alle viel Mut gehabt, jeder ist aufs Tor gegangen", erklärte Bölk. Wer nichts zu verlieren hat, kann wenig falsch machen. Die deutschen Damen befinden sich gerade im Neuaufbau, nur sechs der 16 Spielerinnen des EM-Kaders waren im vergangenen Jahr bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land dabei. Auch Trainer Henk Groener nahm seine Arbeit erst nach dem Turnier auf, das mit dem enttäuschenden Ausscheiden im Achtelfinale endete. Der Auftritt in Brest könnte der Beginn einer großen Karriere sein In der Heimat waren die deutschen Damen unter dem Druck zerbrochen, den die Öffentlichkeit und des eigenen Verbandes aufgebaut hatten. Das Team war mental nicht stabil genug. Die DHB-Führung hatte das Turnier zur großen Chance für die Sportart in Deutschland erklärt, Vizepräsident Bob Hanning im Vorfeld von der "letzten Chance für den Frauenhandball" gesprochen. Wenn die Leistung des EM-Auftaktmatches gegen Norwegen kein Zufall war und eine Wiederholung findet, könnte die Aussage von Hanning schon ein Jahr später von der Realität überrollt werden. Es könnte nicht zuletzt an Bölk gelegen haben. Vielleicht wird es in ein paar Jahren heißen, dass in Brest die internationale Karriere der Spielerin begann, die schon seit vielen Jahren ein Versprechen auf eine erfolgreiche Zukunft ist. Das Talent der Rechtshänderin ist unbegrenzt, Handballkenner trauen ihr zu, eine der besten Spielerinnen weltweit zu werden. Eigentlich sollte Bölk, deren Mutter Andrea 1993 Weltmeisterin wurde, schon bei der Heim-WM vor einem Jahr zum Star emporsteigen. Eine in der Vorbereitung wenige Tage vor dem Auftaktspiel erlittene Fußverletzung durchkreuzte diese Hoffnung jedoch. Dem Auftreten von Bölk fehlte es wegen eines maladen Sprunggelenks an Explosivität wie es dem deutschen Spiel insgesamt an Kreativität mangelte. Gegen Norwegen war das Gegenteil zu sehen. Im linken Rückraum überzeugte Bölk, traf fünf Mal und erhielt viel Unterstützung von den Kolleginnen um sie herum. Die Deutschen versprühten die Lust aufs Gewinnen, bei der WM vor einem Jahr hatte die Angst vor dem Verlieren dominiert. Das veränderte Denken der deutschen Mannschaft ist wichtiger als taktische Feinheiten oder Wurfhärte. Es gibt ihr die Chance, schon bei diesem Turnier weit zu kommen, obwohl die Planungen von Bundestrainer Groener eher mittelfristig angelegt sind. Der Überraschungscoup gegen Norwegen öffnet die Tür für die Hauptrunde - sichert sie aber noch nicht. Bei Niederlagen gegen den EM-Fünften Rumänien und dem WM-Viertelfinalisten Tschechien droht weiterhin der vorzeitige K.o. Die ersten drei Teams der ersten Gruppenphase kommen weiter, für den Vierten ist das Turnier beendet. Bölk und ihre Mitspielerinnen müssen ab sofort den nächsten Schritt in der Entwicklung machen, denn ein Überraschungseffekt ist in den weiteren EM-Partien nicht mehr möglich. Die Konkurrenz ist vor der deutschen Mannschaft mit ihrem Supertalent Emily Bölk gewarnt, die den Titelfavoriten Norwegen geschlagen hat.
Die deutschen Handballerinnen überraschen zum EM-Auftakt und gewinnen gegen Norwegen. Den entscheidenden Treffer erzielt Emily Bölk, die beim Turnier in Frankreich durchstarten könnte.
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https://www.sueddeutsche.de/sport/handball-em-der-frauen-die-lust-aufs-gewinnen-1.4235417
Handball-EM der Frauen - Die Lust aufs Gewinnen
00/12/2018
Als diese ungewöhnliche Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) zu Ende war, gab sich der wiedergewählte Präsident Alfons Hörmann ziemlich selbstbewusst. Von einem "beeindruckenden Ergebnis" sprach er beispielsweise, von einer "hocherfolgreichen Wahl" und einem "großartigen Vertrauensbeweis". Und wenn es in dieses Hörmann'sche Gefühl hinein Fragen gab, ob er die Umstände seiner Wiederwahl nicht auch als Denkzettel oder als Anlass für eine Korrektur seine Führungsstils bewerte, dann sagte er solche Sachen wie: "Die Mitglieder haben entschieden." Ein anderes Mal sagte er auch: "Ich sage nur: 86 Prozent." Erstmals in der Historie des obersten deutschen Sportverbandes war der Amtsinhaber zu einer Kampfabstimmung herausgefordert worden. Martin Engelhardt, der Präsident der Deutschen Triathlon-Union (DTU) trat kurzfristig gegen Hörmann an - verlor aber deutlich. 450 Stimmen wurden abgegeben, sechs waren ungültig. Hörmann bekam 383 Stimmen, also 86,2 Prozent, sein Gegenkandidat 61. Diese Gegenkandidatur von DTU-Chef Engelhardt, im Hauptberuf Orthopäde in Osnabrück, war durchaus bemerkenswert. Denn normalerweise meidet der Sport die Kontroverse auf offener Bühne, erst Recht in Personalfragen - und zudem unterstrich Engelhardt von Beginn an den symbolischen Charakter seines Charakters. Es gibt Kritik an Hörmanns Führungsstil - hinter vorgehaltener Hand "Ich weiß, dass diese Kandidatur die Wiederwahl des Präsidenten nicht verhindern wird", sagte er bereits in seiner Bewerbungsrede. Aber er tat es aus zweierlei Gründen trotzdem. Zum einen, weil er Hörmann für den falschen Präsidenten hält - und nun einmal auf offener Bühne zum Ausdruck brachte, was hinter vorgehaltener Hand viele Verbandsvertreter seit Langem an Hörmann monieren. Von einem "destruktiven" und "rüden" Stil sprach Engelhardt. Zum anderen und vor allem sollte die Hauptbotschaft seiner Kandidatur sein, dass in einer Demokratie Gegenkandidaten selbstverständlich sein müssten. Kandidaturen dürften nicht von Angst geprägt sein, dass die Person oder der hinter dieser Person stehende Verband anschließend dafür bestraft würden - aber genau diese Angst gebe es im Sport. So war es dann auch auffallend, dass sich kein Verbandspräsident fand, der Engelhardt vorschlug, obwohl in den zurückliegenden Monaten viele Funktionäre in kleinen Zirkeln immer wieder über mögliche Gegenkandidaten für Hörmann nachgedacht hatten. Stattdessen tat es dann der Fechter Benedikt Wagner, ein persönliches Mitglied des DOSB. Hörmann kündigte nach seiner Wahl an, er werde einen Stil pflegen, "der von Offenheit und Transparenz geprägt ist". Dabei wird er das mit einem stark veränderten Team tun. Gleich drei wichtige Vize-Posten sind im Präsidium neu besetzt worden. Die frühere Hockey-Spielerin Heidi Schmitz, 66, ist künftig für den Leistungssport zuständig anstelle von Ole Bischof und für die Finanzen der Berliner Unternehmer Kaweh Niroomand, 65, statt Stephan Abel. Das Ressort Breitensport wiederum obliegt nun dem sachsen-anhaltinischen Landessportbund-Chef Andreas Silbersack, 51, bei dessen Wahl sich aber auch erhebliche Bedenken zeigten. Ungewöhnlicherweise gab es einen Antrag auf eine geheime Wahl und Silbersack erhielt sogar noch mehr Gegenstimmen (97) als Hörmann, obwohl er gar keinen Gegenkandidaten hatte. Horst Seehofer trat erstmals als Sportminister auf Dabei wird nun neben Hörmanns künftigem Umgang mit den Vertretern des Sports das Verhältnis zum Bundesinnenministerium als größtem Geldgeber zentral sein. Am Samstag in Düsseldorf trat erstmals Horst Seehofer als Sportminister auf. Der CSU-Politiker präsentierte sich in seiner bisherigen Amtszeit als sehr wohlgesonnen gegenüber dem organisierten Sport und gab sich auch am Samstag ganz zugetan, aber manche Bemerkung war doch auffallend. Das betraf zum einen das latent diskutierte Thema einer neuerlichen deutschen Olympia-Bewerbung. Der Konvent-Ort Düsseldorf ist Teil der Rhein-Ruhr-Region, die eine Kandidatur um die Olympischen Sommerspiele 2032 forciert, und entsprechend warben auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet und der Düsseldorfer Oberbürgermeister Thomas Geisel in ihren Grußworten um Unterstützung für dieses Projekt. Seehofer sagte zwar, Olympia würde Deutschland gut zu Gesicht stehen, "allerdings mit einem umsichtigen, einem maßvollen Konzept". Und sonderlich euphorisch klang er bei dem Thema nicht. Stattdessen verwies er auf das Großveranstaltungs-Konzept, das sein Ministerium nun erarbeiten wolle. Die andere Bemerkung betraf das Geld. Einen Rekordtetat von 235 Millionen Euro erhält der Sport künftig aus dem BMI-Haushalt, nachdem er die sogenannte Spitzensportreform angegangen ist. "Aber mein lieber Präsident Hörmann", sagte Seehofer in Richtung seines CSU-Parteifreundes. "Wir erwarten natürlich, wenn man so viel Geld zur Verfügung gestellt bekommt, dass man es auch ausgibt und es auch gut ausgibt. Und man nicht jeden Tag lesen muss, dass es nicht einfach ist."
DOSB-Präsident Alfons Hörmann wird in seinem Amt bestätigt, bekommt allerdings Gegenwind.
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Wiederwahl mit Beigeschmack
00/12/2018
"Servus, da ist der Juno", sagte Zlatko Junuzovic, dann grüßte er die Zuschauer einer morgendlichen österreichischen Radioshow und wünschte ihnen einen guten Tag. Die Pressezone im Stadion des FC Salzburg war längst verlassen, die Ordner hatten schon mit dem Abbau begonnen, es war, wie man in Österreich zu sagen pflegt, saukalt. Nur Junuzovic, 31, genannt Juno, war so gut gelaunt und redefreudig, dass er noch Zeit und Muße hatte, Radioeinsprecher vorzusagen. Vorher hatte er sich nach dem 1:0 im Europapokal gegen RB Leipzig am vergangenen Donnerstagabend Zeit genommen, um einige grundsätzliche Dinge zu seinem Verein, dem FC Salzburg, zu sagen. Was aktuell in Salzburg passiere, sei "schon etwas Außergewöhnliches", sagte er: "Es ist nicht selbstverständlich. Auch wenn viele immer davon reden, es sei nur eine Geldgeschichte. Das ist es nicht. Hier ist etwas entstanden. Das hat man schon in der letzten Saison gesehen. Die Jungs machen einfach so weiter." Einfach so weitermachen heißt in Zahlen, dass Salzburg in dieser Saison noch kein Spiel verloren hat, dass in der österreichischen Bundesliga mit 12 Punkten Vorsprung nach 15 Spieltagen alles auf die sechste Meisterschaft in Serie hindeutet und dass auch die Gruppenphase der Europa League bislang ohne Punktverlust verlaufen ist. In der heilen Welt, in der sich der FC Salzburg, der in der heimischen Liga weiterhin mit Hauptsponsor Red Bull im Vereinsnamen aufläuft, derzeit befindet, wird guter Fußball gespielt, modernste Jugendarbeit geleistet und oft klug investiert. Zum Beispiel in Spieler wie Zlatko Junuzovic. Gehaltsrekord für den ehemaligen Nationalmannschaftskapitän? Vor der Saison wechselte der Mittelfeldspieler doch etwas überraschend von Werder Bremen in die österreichische Liga, man hätte das durchaus als Rückschritt auffassen können, Reisen führen ihn seither nicht mehr nach Dortmund, sondern nach Hartberg. Auch wenn Salzburgs Sportdirektor Christoph Freund im Sommer Spekulationen über Gehaltsrekorde als "realitätsfern" bezeichnete, darf man davon ausgehen, dass Junuzovic für solche Reisen in die steirische Provinz ausreichend entlohnt wird. Der FC Salzburg ist der einzige österreichische Verein, der sich einen ehemaligen Nationalmannschaftskapitän mit der Erfahrung von 188 Bundesligaspielen leisten kann. Junuzovic selbst spricht jedoch vor allem über seine Mitspieler, wenn er nach einem Vergleich zu seinen früheren Stationen gefragt wird: "Ich habe schon mit Individualisten gespielt, die Extraklasse waren. Aber der Geist, dieser Hunger von den Jungs ist phänomenal." Wenn Junuzovic von "den Jungs" erzählt, meint er eine Mannschaft, die im Schnitt knapp über 23 Jahre alt ist und geprägt wird von Spielern wie Xaver Schlager, 21, Amadou Haidara, 20, oder Hannes Wolf, 19. Mit 31 Jahren zählt Junuzovic zu den Ältesten, er ist in gewisser Weise die Vaterfigur in einer der vermutlich besten Vereinsmannschaften in der Geschichte des österreichischen Fußballs. "Einige dieser Mannschaft werden noch große Karriere machen. Sie sind jung, gleichzeitig aber schon so reif für ihr Alter", sagt Junuzovic. Im System von Trainer Marco Rose spielt er halblinks im Mittelfeld. Auf die Frage, ob er denn auch ein sogenannter verlängerter Arm sei, lieferte Rose einen Vergleich aus der Tierwelt: "In der Beziehung bin ich ein Krake. Ich habe viele verlängerte Arme." Junuzovic ist einer davon, nimmt allerdings auch abseits des Platzes eine wichtige Rolle ein, insbesondere bei einem der wenigen Tiefpunkte der Saison, dem Ausscheiden in der Qualifikation für die Champions League gegen Roter Stern Belgrad. Eine Episode, die Salzburg und Junuzovic vermutlich zum letzten Mal erlebt haben: Ab dieser Saison qualifiziert sich der österreichische Meister automatisch für die Gruppenphase der Königsklasse. Für Salzburg wäre es eine Premiere, für Junuzovic, dann 32, auch: Champions League hat selbst die Vaterfigur noch nicht gespielt.
Als Zlatko Junuzovic Werder Bremen nach Salzburg verließ, wirkte das wie ein Abbiegen auf die Karriere-Ziellinie. Doch nun spielt der 31-Jährige in der wohl besten Mannschaft der österreichischen Geschichte.
sport
https://www.sueddeutsche.de/sport/oesterreich-papa-in-der-heilen-welt-1.4235357
Papa in der heilen Welt
00/12/2018
Viele Apps schicken ohne Zustimmung Daten an das soziale Netzwerk. Frederike Kaltheuner von der Organisation Privacy International erklärt, wie Nutzer sich wehren können. Wenn in der Öffentlichkeit über Tracking diskutiert wird, also darüber, wie einzelne Menschen bei ihrem Weg durch das Internet verfolgt werden, hinkt diese Diskussion der Realität hinterher, findet Frederike Kaltheuner. Sie beschäftigt sich bei Privacy International, einer Organisation für digitale Bürgerrechte, mit der Aufrechterhaltung von Privatsphäre im Netz. Denn während die Öffentlichkeit über Web-Browser und über Cookies diskutiere, also Technologien aus den 90er und frühen 2000er Jahren, werde das Tracking durch Apps häufig übersehen. Dabei sei die Art und Weise, wie dort Daten über Nutzer gesammelt werden, "drei Schritte weiter". Auf dem Hacker-Kongress des Chaos Computer Clubs stellte Kaltheuner einen neuen Bericht von Privacy International vor. 34 Apps analysierte die Organisation daraufhin, ob Daten an Facebook geschickt werden. Zu den Apps gehören unter anderem der Musikdienst Spotify, das Spiel Candy Crush und Skyscanner, eine App, mit der sich Flüge finden lassen. Der Bericht zeigt, dass ein Großteil dieser Apps Daten an Facebook schickt, sobald die App geöffnet wird - auch dann, wenn die Person über keinen Facebook-Account verfügt. SZ.de: Frau Kaltheuner, was ist das Problem, wenn Apps für das Tracking verwendet werden? Kaltheuner: Wir verwenden unser Handy dauernd, mehrere Stunden täglich. Wenn eine Firma verfolgen kann, welche Apps wir heruntergeladen haben und wie wir diese verwenden, bekommt sie deshalb einen guten Einblick in unsere persönlichen Interessen. Das greift in die Privatsphäre hinein. Forscher der Universität Oxford haben eine Million Apps analysiert und konnten belegen, dass viele von ihnen Daten mit Drittanbietern teilen, darunter auch erstaunlich oft große Konzerne, wie Google und Facebook. Es existieren zwar Tausende Tracking-Firmen, die man alle kaum kennt, aber 90 Prozent aller Apps waren technisch so programmiert, dass Daten mit Alphabet, also Google, geteilt werden könnten. Bei knapp 43 Prozent aller Apps könnten die Daten an Facebook gehen. Wenn Google mit Abstand auf Platz 1 liegt, warum haben Sie dann Facebook analysiert? Weil wir wissen wollten, ob man sich wenigstens diesem Konzern entziehen kann.Deshalb haben wir nur analysiert, ob Daten auch dann an Facebook gesendet werden, wenn man dort kein Konto besitzt. Die Oxford-Studie hat geprüft, ob die Apps es technisch erlauben würden, Daten an Google und Facebook zu schicken. Wir wollten wissen, ob das dann auch tatsächlich passiert. Also haben wir die Datenströme analysiert; jene Daten, die verschickt werden, sobald man die App öffnet. Sie haben 34 Apps genauer untersucht. Nach welchen Kriterien haben Sie diese Apps ausgewählt? Wir haben die Apps zum Beispiel nach der Größe sortiert. Mit dieser Studie lassen sich also Aussagen treffen, die Hunderte Millionen Menschen betreffen. Außerdem haben wir Kategorien ausgesucht, die zumindest dem Namen nach sehr persönliche Interessen betreffen. Apps, in denen Gebetszeiten für Muslime angezeigt werden, in denen es um körperliche Gesundheit geht oder aber auch zwei Periodenkalender für Frauen. Werden Daten an Facebook geschickt? Ja, in fast zwei Drittel aller Fälle. Kaum wird die App geöffnet, landen Daten bei Facebook. Geschickt werden Informationen darüber, dass die App geöffnet und geschlossen wurde, um welche App es sich handelt und außerdem noch eine Google Werbe-ID. Also eine Nummer, die für Werbezwecke eindeutig einer Person zugeordnet werden kann. Das sind personenbezogene Daten. Es gibt eine Reihe von Apps, die viel detailliertere Daten teilen. Mit Skyscanner oder Kayak lassen sich Reisen buchen. Dort werden viele Interaktionen geteilt, zum Beispiel von welcher Stadt aus man fliegt und was das Ziel ist, ob man Kinder dabei hat und ob man Business Class fliegt. Diese Suchanfragen wurden geteilt. Das sind sehr spezifische Informationen. Facebook hat zwei Milliarden Nutzer. Facebook verfügt also sowieso schon über unglaublich viele Daten über unfassbar viele Menschen. Es ist bedenklich, dass der Konzern darüber hinaus auch noch über Millionen von Apps und Webseiten auch an Daten von Nutzern kommen kann, die überhaupt nicht bei Facebook angemeldet sind. Facebook sieht die Entwickler in der Pflicht. Diese müssen die Erlaubnis der Nutzer einholen, bevor Daten verschickt werden. Richtig, Apps haben die Verantwortung, die Privatsphäre ihrer Nutzer zu schützen. Das ist die Position von Facebook. Aber darf Facebook die Verantwortung einfach so abwälzen oder trägt der Konzern nicht auch eine Verantwortung? Hinzu kommt, dass sich einige Entwickler beschwert haben, dass Daten verschickt werden, noch bevor es überhaupt die Möglichkeit gibt, die Nutzer um Erlaubnis anzufragen. Da hat Facebook aber mittlerweile ein Update veröffentlicht. Das war im Juni, Wochen nach dem Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung. Nutzer müssen auf jeden Fall die Möglichkeit bekommen, der Datenweitergabe zuzustimmen. Wie genau verwendet Facebook Daten über Nicht-Nutzer? Wir haben analysiert welche Daten wann geteilt werden, können aber natürlich nicht wissen, wie diese verwendet werden. Facebook baut nach eigenen Angaben derzeit ein Tool, dass es auch Nicht-Nutzern erleichtern soll, von ihren Datenrechten Gebrauch zu machen. Das ist lange überfällig und wir hoffen sehr, dass Facebook wirklich einfachen Zugang zu allen personenbezogenen Daten gewährt. Welchen Nutzen haben die App-Anbieter überhaupt, wenn sie Daten an Facebook weiterleiten? Facebook bietet App-Entwicklern die Möglichkeit, Daten einfach an Facebook zu senden. Eine muslimische Gebets-App hat uns zum Beispiel erklärt, dass sie ihren Nutzern ermöglichen möchte, Gebetszeiten auf Facebook mit ihren Freunden zu teilen. Es gibt also durchaus legitime Gründe dafür, warum Apps Daten mit Dritten teilen, also auch mit Facebook. Die Frage ist nur, wie transparent Nutzern gesagt wird, welche Daten wann verschickt werden - und ob Nutzern, dort wo es angebracht wäre, eine echte Wahl geboten wird, eben auch nicht zuzustimmen. Sie haben Facebook die Ergebnisse Ihrer Studie vorgelegt. Wie hat der Konzern reagiert? Facebook betont gerne, dass diese Art des Datensammelns weit verbreitet ist und auch Firmen wie Amazon, Twitter und Microsoft Daten außerhalb ihrer Plattformen sammeln. Das stimmt. Es gibt aber kein Naturgesetz, das besagt, dass jede Website und jede App, die wir benutzen, Daten mit Drittanbietern teilen muss, sondern das ist das Resultat einer Entwicklung der letzten Jahre. Apps und Webseiten möchten Werbung schalten und verstehen, wie ihre Nutzer sich auf ihren Seiten bewegen. Aber das kann auch fair und transparent geschehen. Bis dahin: Kann man sich als Nutzer gegen so eine Datenweitergabe wehren? Es ist unheimlich schwer, sich vor der Art von Tracking zu schützen, die wir in unserem Bericht beschrieben haben. Aber es gibt Dinge, die man dennoch tun sollte. Wenn man ein Handy mit dem Android-Betriebssystem hat, kann man die Werbe-ID ändern. Das geht auch auf iOS. Dadurch bekommt man ein neues Werbe-Profil. Man kann diese ID aber nicht löschen. Man sollte außerdem personalisierte Werbung deaktivieren.
Viele Apps schicken ohne Zustimmung Daten an das soziale Netzwerk. Frederike Kaltheuner von der Organisation Privacy International erklärt, wie Nutzer sich wehren können.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/app-tracking-facebook-1.4269556
"""Kaum wird die App geöffnet, landen Daten bei Facebook"""
00/12/2018
Fortnite Kein Spiel hat 2018 so geprägt wie "Fortnite". Ob auf Schulhöfen oder während der Fußball-WM in Russland - der quietschbunte Shooter 2018 groß im Gespräch. Dabei ist er schon im Sommer 2017 erschienen. Der Erfolg des Spiels hängt zum einen mit einem Spielmodus zusammen. In "Battle Royale" kämpfen bis zu hundert Spieler auf einer immer weiter schrumpfenden Fläche auf Leben und Tod gegeneinander. Zu ihrem Schutz können sie Treppen, Wände und Bodenplatten in wenigen Sekunden errichten. Gewinnen sie ein Duell, können sie ihre Spielfigur in Fortnite tanzen lassen. Diese virtuellen Tänze sind so ikonisch, dass Fußballstars wie Antoine Griezmann mit ihnen ihre Tore bejubeln und sich um die Urheberrechte ein Streit entfacht hat. Zum anderen haben es die Entwickler von Epic Games geschafft, dieses martialische Spielprinzip deutlich harmloser darzustellen, als es klingen mag. Die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) hat das Spiel ab zwölf Jahren freigegeben und Epic Games damit den Weg in deutsche Kinderzimmer freigeräumt. Auch in 2019 dürfte das Battle Royale einer der großen Gaming-Trends bleiben. Immer mehr Spieleentwickler planen eine eigene Interpretation des Genres oder haben bereits eine auf den Markt gebracht, wie Activision mit "Call of Duty: Black Ops 4". Link-Tipps: Wie die Jubeltänze in Fortnite zum neuesten Trend der Popkultur wurden, analysiert Dorion Weickmann für die SZ. Vom 19-Dollar-Entwickler zum Milliardär: Wie Fortnite den Epic-Gründer Tim Sweeney in wenigen Monaten reich machte. "Fortnite" ist für Nintendo Switch, PC, Playstation 4 und Xbox One erhältlich.
"Fortnite" dominierte in Kinderzimmern und sogar während der Fußball-WM, mit "Red Dead Redemption 2" kann sich der Spieler in der Prärie austoben. Unsere Gaming-Highlights des Jahres.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/games-highlights-2018-red-dead-redemption-fortnite-1.4268896
Games: Das waren die besten Computerspiele 2018
00/12/2018
Häusliche Gewalt macht vor der Digitalisierung nicht halt. Welche Auswirkungen das hat, ist bisher ungenügend untersucht. Wenn man sich die Webseite nur oberflächlich anschaut, könnte man meinen, es gehe um Eltern, die sich um ihre Kinder sorgen. Das legt zumindest der Name nahe: Kinderhüter. Der Nachwuchs soll auch im digitalen Raum behütet und geschützt werden. Dafür gibt es auf der Seite Blogbeiträge mit Tipps, wie Eltern ihre Kinder digital begleiten und auch überwachen können, etwa indem sie deren SMS mitlesen. Und dann gibt es noch die anderen Überschriften. Zum Beispiel: "Wie ich es geschafft habe, dank GPS-Software meine Frau beim Betrügen zu erwischen." Oder: "Wie Sie bereits gelöschte Nachrichten auf dem Handy Ihres Liebhabers lesen können". Eifersüchtige Menschen können still und heimlich ihre Partner ausspionieren, ohne dass diese es merken. Unter anderem um solche Webseiten und Anbieter geht es in diesem Jahr beim Hacker-Kongress des Chaos Computer Clubs (CCC). 16 000 Menschen sind gekommen, um sich über IT-Security-Dauerbrenner und neue Bedrohungen im Netz auszutauschen. Cyberstalking ist eine dieser neuen Bedrohungen. Am ersten Tag der Konferenz widmen sich gleich zwei Vorträge dem Thema. Zehntausende Menschen betroffen Ähnlich wie die "Kinderschutz"-Webseite gibt es mittlerweile dutzende Anbieter digitaler Spionagewerkzeuge für den Privatbereich. Davon betroffen sind zehntausende Menschen, wie aus Recherchen der New York Times hervorgeht. Insbesondere die Tech-Seite Motherboard hat sich intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und zum Beispiel herausgefunden, dass "mehr als Tausend Deutsche" bei einem Anbieter namens Flexispy Spionage-Dienstleistungen in Anspruch genommen haben. Spionage-Apps müssen nicht teuer sein: Für 150 Euro bekommen Kunden eine App, die leicht bedienbar ist und sich heimlich installieren lässt, sodass sie nur auffallen, wenn IT-Forensiker die Geräte danach durchsuchen. Mit den Apps können verlassene Ehemänner zum Beispiel herausfinden, wo sich ihre Ex-Frauen befinden. Die GPS-Ortungsdaten ihrer Geräte werden bequem an das Handy der Männer weitergereicht. Und Spionage-Apps sind nur eine Form von digitaler Gewalt: Diesen Begriff verwendet Anne Roth, Referentin für Netzpolitik bei der Linksfraktion, während ihres Vortrages beim Hackerkongress des CCC. Zu digitaler Gewalt nach Roths Definition gehören Mobbing, Diffamierungen und Beleidigungen, Erpressungen durch das Veröffentlichen intimer Fotos oder Videos, das sogenannte Doxing, bei dem Wohnadressen im Netz veröffentlicht werden, oder der Ausschluss aus Messenger-Gruppen. Über digitale Gewalt wird kaum gesprochen Dass es in Deutschland bisher keine öffentliche Debatte über die "digitale Seite der häuslichen Gewalt" gibt, liegt laut Roth auch daran, dass das Thema bislang kaum erforscht wurde: "Es gibt kaum aussagekräftige Studien, weder international noch in Deutschland". Das Problem werde dadurch nicht als solches erkannt. Die Linksfraktion fragte im Rahmen einer kleinen Anfrage nach (hier als PDF), ob in Deutschland Studien zu diesem Themenbereich geplant sind. Das ist nicht der Fall. Eine der wenigen Untersuchungen kommt vom Verein "Frauen gegen Gewalt". 60 Frauenberatungsstellen sollten unter anderem die Frage beantworten, wie häufig digitale Gewaltformen eine Rolle in der Beratungspraxis spielen. Das Ergebnis: In den letzten drei Jahren sind Anfragen zu diesem Thema angestiegen (hier als PDF). Immer häufiger wollen Frauen und Mädchen von ihren Beraterinnen wissen, wie sie sich gegen digitale Gewalt wehren können. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty befasst sich mit dem Thema: In acht Ländern wurden je 500 Frauen zwischen 18 und 55 Jahren nach ihren Erfahrungen zu (sexuellen) Belästigungen im Internet gefragt (Link). Fast ein Viertel aller Frauen war mindestens einmal betroffen. Von den Betroffenen wiederum fühlten sich 41 Prozent in ihrer Unversehrtheit bedroht. Sie hatten also Angst, körperlich angegriffen zu werden. Auch Männer können von Belästigung und Stalking betroffen sein, wie eine Untersuchung des Forschungsinstituts Pew Research zeigt, die sich mit Belästigungen und Beleidigungen auf sozialen Netzwerken beschäftigt. Die Studie weist aber auch daraufhin, dass Frauen und junge Menschen eher betroffen sind. Was fehlt? "Alles!", sagt die Expertin Doch nicht nur Studien fehlen, fasst Roth zusammen. Sondern schlicht: "Alles". Auch in der Weiterbildung der Polizei spiele das Thema bisher keine Rolle. Ein Lichtblick: Aus der Antwort der Bundesregierung lässt sich entnehmen, dass im Bachelor-Studiengang des Bundeskriminalamts auch digitale Gewalt berücksichtigt werden soll. Wie und in welcher Form, bleibt hingegen offen. Zumindest in einem Punkt lässt sich an diesem Abend Abhilfe schaffen. Normalerweise haben Betroffene keinen schnellen Kontakt zu IT-Forensikern. Das ist auf dem CCC-Hackerkongress anders - deshalb wird gleich ein erster Workshop zum Thema veranstaltet. Und so diskutieren drei Dutzend Menschen eine Stunde lang, wie betroffenen Personen geholfen werden kann. Eine Möglichkeit sind technische Lösungen: Apps wie "FlexiKiller" erkennen und entfernen etwa die Spionage-Software eines Herstellers. Doch auch hier ist Vorsicht geboten: Die App entfernt zwar die Schad-Software, vernichtet aber auch mögliche Beweismittel. Das erschwert es später, rechtlich gegen die Stalker vorzugehen.
Immer häufiger fragen Frauen in Beratungsstellen, wie sie sich gegen digitale Gewalt wehren können. Eine öffentliche Debatte über die neuen Bedrohungen fehlt bislang.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/digitale-gewalt-stalking-35c3-leipzig-anne-roth-1.4268089
Die digitale Seite der der häuslichen Gewalt
00/12/2018
Über Manhattan hängt Nebel, die Spitze des One World Trade Center verschwindet in diffusem Weiß. Dort, wo bis zum 11. September 2001 die Zwillingstürme standen, findet man heute zwei schwarze Quadrate, tief in den Boden gestanzt. Zwei bedrückende Lücken in dieser zubetonierten Stadt. Die Namen der Toten sind eingraviert in ein Eisenband, das um die Leerstellen herumführt. Davor stehen Touristen und fotografieren sich mit Smartphones, um ihre Anwesenheit am Ort des Massenmordes zu belegen. Einige machen das Victory-Zeichen. Klick, ein Wisch und das Bild steht auf Instagram, wo es auf Bestätigung lauert. Ich bin hier.
Gregor Hochmuth war im Gründungsteam von Instagram und später bei Facebook. Heute benutzt er keine sozialen Medien mehr. Dafür gibt es gute Gründe.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/social-media-instagram-facebook-1.4267213
"Instagram-Gründer: ""Natürlich verpasst man gar nichts"""
00/12/2018
In einem Logistikzentrum räumt ein Amazon-Mitarbeiter Regale ein. Das Unternehmen ist bekannt dafür, seine Angestellten streng zu überwachen und jeden Handgriff zu kontrollieren. Ob Elon Musk sein Unternehmen Tesla tatsächlich zum Erfolg führen kann, muss er noch beweisen. Was er auf jeden Fall beherrscht: Angst zu machen vor künstlicher Intelligenz, kurz KI genannt. Die Technologie sei "die größte Gefahr für die Menschheit" und "viel gefährlicher als Atomwaffen", wiederholt er bei jeder Gelegenheit. Musk liefert knackige Zitate, Medien freuen sich über Schlagzeilen, Leser gruseln sich vor KI. Viele Forscher, die sich seit Jahrzehnten mit diesem Thema beschäftigen, nervt dieser Alarmismus. Er könne kaum eine Zeitung aufschlagen, ohne dass Musk darin vor KI warne, die einen Weltkrieg auslösen werde, schreibt der australische Professor Toby Walsh im Magazin Wired. Er glaubt nicht, dass wir uns vor dem fürchten müssen, was Leute wie er Singularität nennen: also den Zeitpunkt, an dem Maschinen beginnen, sich von selbst weiterzuentwickeln. Musk habe recht: KI-Forschung müsse reguliert werden. Aber nicht, weil sonst Roboter die Macht übernähmen, sondern weil Unternehmen und Staaten zu sehr auf die vermeintliche Intelligenz der Maschinen vertrauten. Der Terminator wird Science-Fiction bleiben, doch ohne Regeln droht eine Dystopie. Die folgenden Beispiele zeigen, dass technologischer Fortschritt auch nach hinten losgehen kann. Maschine foppt Mensch Auf einer Konferenz Anfang Mai spielte Google-Chef Sundar Pichai einen Anruf ab. Man hörte eine weibliche Stimme, die einen Tisch in einem Restaurant reserviert. Das Publikum vor Ort bejubelte das scheinbar banale Gespräch. In sozialen Medien hielten sich zwei Reaktionen die Waage: Die eine Hälfte war begeistert, die andere entsetzt. "Das ist schrecklich und so offensichtlich falsch", schrieb die Soziologin Zeynep Tufekci. Die Zuschauer hatten zum ersten Mal miterlebt, wie KI menschliches Sprechverhalten so perfekt nachahmte, dass die Mitarbeiterin des Restaurants am anderen Ende der Leitung nicht merkte, dass sie mit einer Maschine sprach. Pichai beteuerte mehrmals, dass der Anruf genau so stattgefunden habe. Inzwischen sind Zweifel aufgetaucht, möglicherweise hat Google die Aufzeichnung zusammengeschnitten oder nachträglich bearbeitet. Entscheidender ist ohnehin die Debatte, die der Anruf ausgelöst hat. Muss sich KI zu erkennen geben, wenn sie mit Menschen direkt kommuniziert? Die Frage geht weit über den Google-Assistenten hinaus, der Termine vereinbaren kann. Was passiert, wenn Enkeltrick-Betrüger Software einsetzen, die dann automatisiert massenhaft Rentner anruft? Müssen Bots in sozialen Netzwerken gekennzeichnet werden, damit Nutzer verstehen, dass sie mit einem Computer chatten? KI-Forscher wie Walsh fordern deshalb, autonome Systeme so zu gestalten, dass sie nicht mit Menschen verwechselt werden können. Algorithmen entscheiden über Meinungsfreiheit Tech-Konzerne beschäftigen Zehntausende Menschen, um den Schmutz aus dem Netz zu fischen. Die digitale Müllabfuhr klickt sich durch verstörende Bilder und Videos, sie sichtet und löscht Darstellungen extremer Gewalt. Um Facebook- und Youtube-Nutzern den Anblick zu ersparen, riskieren billige Hilfskräfte in Schwellen- und Entwicklungsländern ihre psychische Gesundheit. Nebenbei füttern sie Datenbanken und trainieren Software, die ihre Jobs überflüssig machen könnte. Ständig spricht Facebook-Chef Mark Zuckerberg von "KI-Werkzeugen", die Facebook in Zukunft sauber halten sollen. Bei einer Anhörung vor dem US-Kongress nahm er mehr als 30 Mal Bezug auf KI, die selbstständig Inhalte löschen solle, wenn diese gegen Facebooks Gemeinschaftsstandards verstoßen. Doch tilgt KI im Zweifel eben nicht nur Terrorpropaganda und Kindesmissbrauch, bei denen die Entscheidung eindeutig ist. Selbst Juristen sind uneins, wo die Grenze zwischen Meinungsfreiheit und Zensur verläuft. Zahlreiche Beispiele aus den vergangenen Jahren haben immer wieder gezeigt, dass es keine gute Idee ist, Algorithmen darüber entscheiden zu lassen. "Die Maschine war's", darf keine Ausrede für Facebook oder Youtube werden, wenn mal wieder etwa ein Satire-Video gesperrt wurde, weil KI nicht in der Lage ist, Ironie zu erkennen. KI erzeugt täuschend echte Fake-Videos Im April veröffentlichte das Medienportal Buzzfeed ein Video, in dem ein Mann vor gefälschten Videos warnt. Er sieht aus wie Barack Obama, spricht wie Obama, ist aber nicht Obama. Tatsächlich handelt es sich um Schauspieler Jordan Peele. Das Video ist ein sogenannter Deepfake. You won't believe what Obama says in this video 😉 pic.twitter.com/n2KloCdF2G — BuzzFeed (@BuzzFeed) April 17, 2018 Künstliche neuronale Netze, die natürlichen Vernetzungen von Nervenzellen nachempfunden sind, können Ton- und Videoaufnahmen mittlerweile so perfekt fälschen, dass sie kaum noch vom Original zu unterscheiden sind. Mit Anwendungen wie der Fakeapp können auch normale Nutzer ohne besondere technische Fertigkeiten erschreckend gute Fake-Videos erstellen. Viele mögen es lustig finden, wenn der künstliche Obama sagt: "Trump ist ein kompletter Vollidiot. So etwas würde ich natürlich nie sagen - zumindest nicht öffentlich." Weniger lustig wird es, wenn auf Twitter plötzlich ein manipuliertes Video kursiert, in dem Kim Jong-un verkündet, soeben eine Atomrakete in Richtung USA abgeschossen zu haben. Ob Trumps Berater genug Zeit haben, ihn über Deepfakes aufzuklären, bevor er den roten Knopf drückt? Stimmungsmache mit gefälschten Videos ist bereits Realität: Eine belgische Partei hat am Sonntag einen Trump-Fake in sozialen Medien verbreitet, in dem der Präsident Belgien vermeintlich dazu auffordert, aus dem Pariser Klimaabkommen auszusteigen. Experten warnen vor einer Ära der Desinformation. Aviv Ovadya, der bereits die Fake-News-Flut im US-Wahlkampf vorausgesagt hatte, sieht die Menschheit auf die "Infokalypse" zusteuern. Falschnachrichten überschwemmen das Netz, doch lange Zeit galten zumindest Videos als fälschungssicher. Jetzt muss man auch seinen Augen und Ohren misstrauen. Firmen überwachen Mitarbeiter Bei Amazon zu bestellen, ist bequem. Bei Amazon zu arbeiten, ist oft das Gegenteil. In den Logistikzentren wird jeder Handgriff gefilmt. Die Überwachung könnte künftig noch totaler werden: Anfang des Jahres bekam Amazon zwei Patente für ein Armband zugesprochen, das alle Bewegungen der Mitarbeiter minutiös verfolgt. Dank Ultraschall- und Funktechnologie soll das Armband immer wissen, wo sich die Hände des Trägers in Relation zum Inventar in den Regalen befinden. Vibrationen könnten dem Mitarbeiter signalisieren, dass er die falsche Ware verpackt. Amazon bestreitet, das Armband einsetzen zu wollen, um Angestellte zu überwachen. Es solle dazu dienen, Arbeitsabläufe der Logistikmitarbeiter zu vereinfachen - falls es überhaupt jemals zur Anwendung komme. Selbst wenn man Amazon glaubt, bleibt das Missbrauchspotenzial enorm. Millionen Menschen schuften in Schwellenländern im Akkord, um Smartphones zu bauen, die sie sich nie werden leisten können. Gewerkschaften und Arbeitnehmerrechte sind für sie Fremdworte. Ihre Arbeitgeber fänden Überwachungs-Armbänder bestimmt praktisch. Die Menschen würden dadurch noch ein Stück weiter zu Robotern degradiert. Dass Länder wie China wenig Hemmungen kennen, was Überwachung angeht, zeigt ein aktuelles Beispiel. Eine Schule in der Stadt Hangzhou im Osten Chinas testet ein Gesichtserkennungsystem: Drei Kameras beobachten die Schüler und interpretieren deren Gesichtsausdruck. Wenn die Software glaubt, ein unaufmerksames Kind erkannt zu haben, wird der Lehrer benachrichtigt. "Seit die Kameras im Klassenzimmer hängen, traue ich mich nicht mehr, mich ablenken zu lassen", sagte ein Schüler. "Es ist, als ob mich unheimliche Augen ständig beobachteten." Dieser Text wurde zuerst am 19.05.2018 veröffentlicht.
Unternehmen überwachen Mitarbeiter und Maschinen entscheiden über Meinungsfreiheit. Vier Beispiele zeigen, dass technischer Fortschritt auch nach hinten losgehen kann.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/jahresrueckblick-kuenstliche-intelligenz-diese-technologien-koennen-angst-machen-1.3985146
Künstliche Intelligenz: Technologien, die Angst machen
00/12/2018
Weihnachtszeit ist Geschenkezeit, und unter vielen Christbäumen lagen auch dieses Jahr neue Smartphones. Manche Menschen verkaufen ihre alten Geräte, andere verschenken oder verschrotten sie. Eins sollten Sie nicht vergessen: alle Daten darauf gründlich zu sichern und anschließend zu löschen. Denn nahezu jedes Handy enthält sensible Informationen, die nicht in die falschen Hände gelangen sollten. Backup erstellen Zuerst empfiehlt sich ein Backup, um die Daten auf dem alten Gerät nicht zu verlieren, etwa Fotos, Videos, Kontakte oder SMS. Falls Sie ein Google-Konto besitzen, nutzen Sie dafür am besten die Synchronisierung Ihres Accounts. Wenn Sie sich auf einem neuen Gerät mit ihren Nutzerdaten einloggen, können viele Daten automatisch wiederhergestellt werden. In den Einstellungen des Geräts sehen Sie unter "Konten" (bei einigen Herstellern und Android-Versionen kann die Bezeichnung geringfügig abweichen), welche Daten mit Ihrem Google-Account synchronisiert werden. Tippen Sie dazu auf Ihren Account und anschließend auf "Kontosynchronisierung". So werden viele, aber nicht alle App-Daten gesichert. Spezielle Backup-Apps sind oft umfangreicher, etwa das kostenlose Programm Helium. Es funktioniert auch ohne Google-Account. Noch mächtiger ist Titanium Backup. Dafür benötigen Sie aber sogenannte Root-Rechte. Das ist nur erfahrenen Nutzern zu empfehlen. Für manche Apps können Sie eigene Backups anlegen, etwa für den Chatverlauf von Whatsapp. Gehen Sie dazu in die Whatsapp-Einstellungen, wählen Sie "Chats" und anschließend "Chat-Backup". Auch die Nachrichten anderer verschlüsselter Messenger wie Threema oder Signal lassen sich über die jeweiligen App-Einstellungen exportieren und auf einem neuen Smartphone einspielen.
Wer ein altes Android-Smartphone verkauft, sollte darauf achten, alle Daten sicher zu löschen. Mit dieser Anleitung vermeiden Sie, dass Fotos und Nachrichten in die falschen Hände geraten.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/smartphone-android-daten-1.3803235
Android: So löschen Sie Daten von alten Smartphones
00/12/2018
Eine 1-Cent-Münze neben einer eSim. Künftig soll der Chip im Gerät fest verbaut sein und die herkömmlichen SIM-Karten ersetzen. Das vereinfacht für Nutzer den Kartentausch und hat auch für Handyhersteller Vorteile. Mini, Micro oder Nano? Beim Handywechsel standen Kunden in den vergangenen Jahren immer wieder vor der Frage, welche Größe die zum Gerät passende SIM-Karte hat. Wer zum Beispiel vom iPhone 4 zum iPhone 5 wechselte, benötigte für das ältere Modell die mittelkleine Micro-SIM, für das neuere die 3,2 Millimeter schmalere Nano-SIM. Meistens blieb dann nichts anderes übrig als beim Mobilfunkanbieter eine neue Karte zu bestellen und zu warten. Alternativ konnten Kunden - auf eigenes Risiko - selbst zur Schere greifen, um die Karte passend zuzuschneiden. Solche Umstände soll die neue eSIM verhindern. Was ist die eSIM? Die eSIM soll die klassischen SIM-Karten in jeglichen Formaten ersetzen. Stattdessen verbauen die Hersteller künftig den Chip, der einen Nutzer im Mobilfunknetz authentifiziert, fest im Gerät. Das "e" steht für "embedded" (deutsch: integriert) und nicht etwa für "Elektro" wie in E-Auto oder "electronic" wie in E-Mail. Die Nutzerdaten werden als Profil auf der eSIM gespeichert. Dabei kann dasselbe Profil auf mehreren der fest verbauten Chipsverwendet werden. Das ermöglicht es, auch andere smarte Geräte über denselben Handyvertrag miteinander zu vernetzen. Davon profitieren schon jetzt Smartwatches, aber auch Autos und smarte Fahrrad-Gadgets, die alle auf GPS-Daten angewiesen sind. Mittlerweile bieten in Deutschland alle drei deutschen Netzbetreiber die eSIM an. Nach der Telekom und Vodafone steht die neue Technologie auch für Kunden von Mobilfunkanbietern von Telefónica zur Verfügung, darunter O2, Blau und Ay Yildiz. Was sind die Vorteile einer integrierten SIM-Karte? Neben den Problemen mit den unterschiedlichen Formaten der SIM-Karten fällt auch der umständliche Kartentausch als solches weg. Nutzer bekommen von ihrem Mobilfunkanbieter etwa einen QR-Code, über den auf der eSIM ein Profil für sie angelegt wird. In diesem sind die Nutzerdaten für den jeweiligen Netzbetreiber gespeichert. Technisch ermöglicht der fest verbaute Chip mehrere Profile von verschiedenen Betreibern. Die Technologie vereinfacht ebenfalls die Einrichtung desselben Profils auf mehreren Geräten (genannt: Multi-SIM). Auf Auslandsreisen müssen Kunden keine SIM-Karte mehr kaufen, sondern können recht einfach ein neues Profil auf ihr Gerät spielen. Für Handyhersteller bietet die eSIM ebenfalls Vorteile: Im Inneren der Geräte ist mehr Platz für andere Bauteile, es fällt zudem mit dem Kartenschlitz ein sehr fehleranfälliges Teil weg. Welche Nachteile gibt es? Häufig werden fest verbaute Teile in Geräten kritisiert. Aber zum Beispiel im Gegensatz zu fest verbauten Akkus entgeht Nutzern bei der eSIM nichts, weil sie den Chip nicht austauschen können. Theoretisch können Kunden künftig viel einfacher ihre Mobilfunkanbieter wechseln. Allerdings schränken die Anbieter diese Möglichkeit ein. Wie das Tech-Portal Golem berichtet, lassen sie nur ein aktives Profil pro eSIM zu. Dabei wären mehrere Profile pro Chip technisch möglich. Wer ein anderes Netz nutzen möchte, muss das Profil wechseln. In den USA drängen die Netzbetreiber AT&T und Verizon sogar auf einen sogenannten Netlock. Damit sind Kunden mit ihrem Gerät an einen Anbieter gebunden. Kein nachteil, aber eine Einschränkung: Derzeit gibt es nur wenige Geräte, die den Chip bereits verbaut haben. Für welche Geräte ist eine eSIM bereits verfügbar? Auf dem deutschen Markt sind bisher nur einige Smartwatch-Modelle mit einer eSIM kompatibel. Für Handys gibt es den Chip für das Google Pixel 3 und das Pixel 3 XL sowie für die iPhone-Modelle XS, XR und XS Max. Während Nutzer der neuen iPhones parallel eine Nano-SIM-Karte und eine eSIM nutzen können (genannt: Dual-SIM), um zum Beispiel unter zwei Telefonnummern erreichbar zu sein, ist das mit den Google-Handys nicht möglich. Was ändert sich für den Nutzer? Erst einmal wenig. Eine eSIM beherrscht dieselben Funktionen einer herkömmlichen SIM-Karte, in dem Profil sind dieselben Daten gespeichert. Rufnummernmitnahme beispielsweise oder Roaming wird es weiterhin geben. Zudem liefern die Mobilfunkanbieter selbst bei den oben genannten Geräten standardmäßig eine Plastik-SIM-Karte mit. Es wird also noch dauern, bis sich der fest verbaute Chip durchsetzt.
Seit kurzem brauchen Kunden nicht mehr zwingend die herkömmliche Plastikkarte im Handy. Das sind die Vor- und Nachteile.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/esim-telekom-vodafone-o2-vorteile-nachteile-1.4263482
eSIM: Vorteile und Nachteile
00/12/2018
Zu den Bildern dieses Jahres gehört der unfreiwillige Washington-Besuch eines Mannes, den die Welt bis dahin nur als jungenhaften Unternehmenslenker in T-Shirt, Jeans und Turnschuhen gekannt hatte. Es wirkte beinahe putzig, wie er da saß in seinem blauen Maßanzug, umgeben von streng drein blickenden älteren Mitbürgern, die in ihrer Mehrheit zwar wenig mit Algorithmen anfangen können, aber dennoch die Macht haben, selbst einen Milliardär wie Mark Zuckerberg, 34, vor den Kongress zu laden. Die Botschaft, die sich die Senatoren von den Bildern erhofften, war klar: Hier holen sich die Politik und der Rechtsstaat jene Macht und Autorität zurück, die sie durch den kometenhaften Aufstieg von Technologiekonzernen wie Facebook, Google, Amazon und Twitter zeitweise verloren hatten. Tatsächlich? Richtig ist, dass die Tech-Riesen das mit Abstand schwierigste Jahr hinter sich haben, seit sie vor über einem Jahrzehnt auf der Bildfläche erschienen: Ausspionieren der Nutzer, Verbreitung von Hassbotschaften, Steuervermeidung, Monopolbildung, Aktienkursverluste in teils dreistelliger Milliardenhöhe - die Liste der Skandale und schlechten Nachrichten ist so lang, dass die Öffentlichkeit zeitweise kaum Schritt halten konnte. Erst diese Woche wurde bekannt, dass der gerade in Deutschland so beliebte Mitteilungsdienst Whatsapp - wie der Fotodienst Instagram ein Teil von Facebook - in großem Stil zur Verbreitung von Kinderpornografie genutzt wird. Die Streamingdienste Netflix und Spotify, aber auch Amazon oder Microsoft durften laut New York Times sogar private Nachrichten von Facebook-Nutzern lesen und hatten weitreichenden Zugriff auf Daten, weil Zuckerbergs Manager glaubten, davon profitiere auch das eigene Unternehmen. Politiker mögen die sozialen Medien - weil sie dort Stimmung machen können Kein Wunder also, dass der politische Druck wächst und immer öfter von strikter Regulierung, neuen Steuern, gar Zerschlagung die Rede ist, in den USA und - noch deutlich lauter - in Europa. Allein: Viel passieren wird wohl auch 2019 nicht. "Die Aufsichtsbehörden in den USA haben keinerlei Neigung, allzu strenge Regeln zu setzen, schließlich will niemand amerikanische Firmen außer Landes treiben", sagt Jennifer Grygiel, Dozentin für Kommunikation und Soziale Medien, an der Universität von Syracuse. Zudem hätten weltweit Politiker die sozialen Medien als ideale Plattform entdeckt, um Stimmung zu machen und Stimmen zu sammeln. Dass die US-amerikanische oder irgendeine andere Regierung das Geschäftsmodell der Konzerne tatsächlich im Kern antastet, ist und bleibt deshalb unwahrscheinlich. Wenn es überhaupt irgendwo Ernst zu nehmende Aktivitäten gibt, dann in Europa. Gegen Facebook etwa ermittelt seit fast drei Jahren das deutsche Bundeskartellamt. "Wir arbeiten mit Hochdruck an dem Fall und machen laufend Fortschritte. Anfang kommenden Jahres werden wir eine Entscheidung verkünden", sagt Andreas Mundt, der Präsident der Behörde. Bei den Untersuchungen, die in Absprache mit den Wettbewerbshütern in Brüssel laufen, wird konkret geprüft, ob Facebook seine marktbeherrschende Stellung dazu missbraucht, um an möglichst viele Nutzerdaten zu kommen und diese dann zum eigenen Vorteil zusammenzuführen. Das wiederum würde den Wettbewerb beeinflussen. Dass es dafür konkrete Hinweise gibt, hat das Kartellamt bereits bestätigt. Am Ende könnte Mundts Behörde den Konzern per Verfügung dazu zwingen, solche Praktiken abzustellen - durch eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen etwa oder durch andere Vorkehrungen. Derzeit laufen offenbar noch letzte Gespräche mit Facebook, ob die kritisierten Praktiken freiwillig geändert werden können. Da es sich um ein sogenanntes Missbrauchsverfahren handelt, kann am Ende aber kein Bußgeld verhängt werden. "Die Korrektur der wettbewerbsfeindlichen Teile von Geschäftsmodellen muss unser Ziel sein. Gerade die großen Internetunternehmen müssen dann ihr Verhalten ändern", sagt Mundt, der sich zum möglichen Ausgang des Facebook-Verfahrens nicht äußern will. Durch die Digitalwirtschaft werde "eine neue ökonomische Ordnung" begründet, für die sich auch die Behörden wappnen müssten. Daher nehme die Digitalwirtschaft einen immer größeren Raum der Arbeit ein. "Das Kartellamt plant Vieles im kommenden Jahr, besonders im Digitalbereich. Ich habe eine klare Vorstellung von unserer digitalen Agenda", so Mundt. Die Verfahren seien allerdings langwierig, da jede Entscheidung so wasserdicht sein müsse, dass sie am Ende auch vor Gericht Bestand haben kann. Nicht nur Facebook, auch andere große Internetunternehmen haben die Kartellbehörden in Europa inzwischen ins Visier genommen. Die EU-Kommission ist gleich mehrfach gegen Google vorgegangen, unter anderem wegen des Android-Betriebssystems für Mobilfunkgeräte. Bußgelder in Milliardenhöhe wurden verhängt. In Deutschland hat das Bundeskartellamt Verfahren gegen Hotelbuchungsportale wie HRS oder Booking geführt und ihnen sogenannte Best-Preis-Regeln untersagt. Danach mussten Hoteliers ihre günstigesten Preise etwa immer bei Booking anbieten - das behindert laut Kartellamt den Wettbewerb. Auch Amazon, der größte Onlinehändler der Welt, wird sowohl in Brüssel als auch in Bonn genau darauf hin überprüft, ob eine mögliche marktbeherrschende Stellung missbraucht wird. Und die EU verfügt zudem - anders als die USA - mit der Datenschutz-Grundverordnung inzwischen auch über ein einigermaßen wirksames Instrument zum Schutz der Privatsphäre. So richtig in ihren Grundfesten erschüttern aber konnten die Behörden vor allem die Großkonzerne bisher nicht. Milliardenstrafen zahlen die Unternehmen aus der Portokasse, und so einig sich Politiker, Parteien und Regierungen in ihrer Kritik an Facebook, Google oder Amazon auch sein mögen, so unterschiedlich sind ihre Motive und Ziele. Das zeigt schon die inneramerikanische Debatte. So klagen etwa die Demokraten, dass die Präsidentschaftswahl von 2016 mit Hilfe der sozialen Medien aus dem Ausland beeinflusst wurde. Zugleich haben sie aber große Beißhemmungen gegenüber den Tech-Konzernen, weil deren Manager und Beschäftigte ihnen mehrheitlich politisch nahe stehen. Genau das wiederum werfen die Republikaner den Firmen vor - obwohl keine US-Partei so von den sozialen Medien profitiert wie die des Donald Trump: Denn auch wenn die Chefs von Facebook, Google und Twitter in gesellschaftspolitischen Fragen wie Zuwanderung oder Homoehe liberal sein mögen, hält sie das nicht davon ab, in großem Stil rechte und rechtsextreme Inhalte über ihre Plattformen zu verbreiten, wenn ihnen das Geld bringt. Tatsache ist: Kein anderer aktiver US-Politiker kommt wie Präsident Trump auf 56 Millionen Follower - und verbreitet zugleich so viele Halbwahrheiten und Verschwörungstheorien wie der Twitterer-in-Chief. Angesichts der vielen Skandale und der Lernunfähigkeit der Konzerne wäre eine globale Debatte über strikte gemeinsame Regeln, ja, im Einzelfall vielleicht gar über Zerschlagung, dringend geboten. Vor allem Facebook sei zwar "nicht zu groß, um zu scheitern", so Timothy Wu, Rechtsprofessor an der New Yorker Columbia-Universität, mit Blick auf die Bankendebatte des vergangenen Jahrzehnts. "Sie sind aber zu groß, um sie weiter zu tolerieren." Ähnlich sieht das Jeff Chester, Chef des Zentrums für digitale Demokratie, einer US-Datenschutzorganisation. Statt sich zu reformieren, hielten die Unternehmen die Politik nur hin und weiteten die Datensammelei sogar noch aus, klagt er. Die Probleme sind mittlerweile so groß, dass nach Ansicht von Kommunikationsexpertin Grygiel selbst die Zerschlagung eines Konzerns nicht reichen würde. "Wir müssen das gesamte Internet wieder dezentralisieren", sagt sie. "Die Unternehmen haben das Netz privatisiert - zum Schaden der Meinungs-, Ideen- und Redefreiheit." Um welche Dimension es geht, machte jüngst Bob Goodlatte deutlich, der Vorsitzende des Justizausschusses im US-Repräsentantenhaus, wo Google-Chef Sundar Pichai Rede und Antwort stehen musste: "Google", so Goodlatte, "ist in der Lage, so viele Daten über seine Nutzer zu sammeln, dass selbst die NSA vor Scham rot würde."
US-Konzerne wie Facebook und Google sammeln Daten über die Menschen und werden dabei immer mächtiger. Wie kann sich etwas ändern?
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-google-macht-wettbewerb-europa-1.4262647
"Google und Facebook: ""Die NSA würde rot vor Scham"""
00/12/2018
Der Chipkonzern Qualcomm hat in seinem Patentstreit mit Apple ein Verkaufsverbot für mehrere iPhone-Modelle in Deutschland erstritten. Das Landgericht München stellte am Donnerstag fest, dass Apple ein Qualcomm-Patent verletzt habe. Qualcomm kann das Urteil vorläufg vollstrecken, allerdings muss das Unternehmen dazu eine Sicherheitsleistung von 668,4 Millionen Euro hinterlegen. Diese Summe wurde für jedes der zwei Verfahren festgesetzt, in denen es jeweils um eine andere Patentnummer geht. Betroffen sind die Modellreihen iPhone 7 und 8 sowie das iPhone X aus dem vergangenen Jahr. Die aktuellen Modelle iPhone XS und XR sind nicht betroffen. Apple soll auch Schadenersatz an Qualcomm zahlen. Qualcomm ist vor allem bekannt als Anbieter von Prozessoren und Funkchips, beansprucht aber auch die Erfindung vieler anderer Technologien in Smartphones für sich. Das Unternehmen erzielte nun in München seinen ersten größeren Erfolg in dem weltweit ausgetragenen Streit mit Apple. Der iPhone-Konzern hatte bis zuletzt erklärt, sich nicht auf einen Vergleich einlassen zu wollen. Apple erklärte, man sei von dem Urteil "enttäuscht", und kündigte an, Berufung einzulegen. Während des Berufungsverfahrens werden nach Angaben eines Apple-Sprechers die iPhones 7 und 8 nicht in den 15 Apple Stores in Deutschland verfügbar sein. Alle Modelle seien aber weiterhin an 4300 anderen Standorten in Deutschland erhältlich. Zahlt Qualcomm die Sicherheit, kann das Vekraufsverbot schon greifen, bevor in der Berufung ein Urteil fällt. Qualcomm hatte vor der Entscheidung erklärt, ein eventuelles Verkaufsverbot schnell umzusetzen. Zwar war zu dem Zeitpunkt noch nicht die erhebliche Sicherheitsleistung bekannt. In Branchenkreisen wurde aber davon ausgegangen, dass der Konzern die erforderliche Summe zügig aufbringen werde, um das Verkaufsverbot auszulösen. Darum geht es bei dem Streit zwischen Qualcomm und Apple Bei dem Patent geht es um Technologie, die den Stromverbrauch von Telekommunikations-Chips anpasst, damit der Akku länger hält. Aus Sicht von Qualcomm ist es nicht möglich, dieses Patent durch eine Software-Änderung zu umgehen. Das entsprechende Bauteil für die in Deutschland verkauften iPhones stellt die US-Firma Qorvo her. Diese verweist darauf, dass sie für das sogenannte envelope tracking eine eigene Lösung verwende, die Qualcomms Patent nicht verletze. "Die Kammer hat nicht aufgeklärt, wie genau die technische Ausgestaltung dieses Chips ist", sagte der Vorsitzende Richter Matthias Zigann. "Wenn die Verteidigung nur dadurch geschehen kann, dass man ein Geheimnis offenbart", müsse man es entweder offenlegen - und dann sei es kein Geheimnis mehr. "Oder man offenbart das Geheimnis nicht und verliert dann möglicherweise den Prozess, wie auch heute geschehen." Das Gericht entschied also anhand von Qualcomms Darstellung der eingesetzten Technik in den Apple-Geräten. Mehr als ein Dutzend Verfahren in Deutschland Qualcomm klagt gegen Apple in Deutschland in mehr als einem Dutzend Verfahren in München und Mannheim. Bisher wurde ein Verfahren ausgesetzt, in einem wurde die Qualcomm-Klage abgewiesen. Der Streit begann, als Apple Qualcomm verklagte, weil der Chipkonzern angeblich zu hohe Gebühren für die Nutzung seiner Patente verlange. Apple argumentiert, Qualcomm wolle keinen Festpreis, sondern einen Anteil am Verkaufspreis der Geräte haben. So versuche er, auf ungerechtfertigte Weise von Apples eigenen Innovationen zu profitieren. Qualcomm bekommt seitdem kein Geld mehr von den iPhone-Auftragsfertigern. Im Gegenzug wirft das Unternehmen Apple die Verletzung diverser Patente vor. Weltweiter Streit zweier Unternehmen In China erreichte Qualcomm auf Basis von zwei Software-Patenten vor einigen Wochen ein Verkaufsverbot für mehrere Modelle vom iPhone 6 bis zum iPhone X aus dem vergangenen Jahr. Apple setzte den Verkauf jedoch fort und verweist darauf, dass das Patent durch ein Software-Update nicht verletzt werde. Die Unternehmen streiten unter anderem auch in den USA. Apple und mehrere iPhone-Auftragsfertiger werfen Qualcomm vor, durch zwielichtige Wettbewerbspraktiken überhöhte Lizenzgebühren kassiert zu haben. Die Hersteller, unter anderem der iPhone-Zulieferer Foxconn, wollen in den USA neun Milliarden Dollar von Qualcomm einklagen, der Prozess soll Mitte April beginnen, sagte Kläger-Anwalt Theodore Boutrous diese Woche. Bei dem Betrag handele es sich hauptsächlich um die Lizenzgebühren in Höhe von fünf Prozent vom Gerätepreis für mehrere Jahre. Die Hersteller müssten doppelt bezahlen, einmal für die Chips und dann für die Technologie darin, sagte Boutrous. Es sei eine "Steuer auf Innovationen". Der Chipkonzern versuche, mit "trivialen Klagen auf der Peripherie" davon abzulenken, dass sein Geschäftsmodell unter Druck stehe, um so Apple und die Fertiger zu einem Vergleich zu zwingen. In den USA soll im Januar auch ein Prozess zu einer Klage der US-Handelsbehörde FTC gegen die Qualcomm-Praktiken beginnen. Qualcomm hat zudem mit finanziellen Einbußen zu kämpfen, weil große iPhone-Fertiger bereits 2017 die Lizenzzahlungen einstellten.
Der Chiphersteller Qualcomm hat Apple verklagt. Damit das Verbot greift, muss er mehr als eine halbe Milliarde Euro hinterlegen. Apple nimmt schon einmal zwei Modelle aus den Apple Stores.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/apple-qualcomm-iphone-verbot-verkaufsverbot-urteil-1.4261684
Apple: Gericht erlässt Verkaufsverbot für iPhone 7 8 X
00/12/2018
Ulrich Bartholmös saß auf dem Rennrad, als sein Arbeitgeber vernichtet werden sollte. Es war halb sechs Uhr morgens, sein Smartphone klingelte, er ging nicht ran. Dann klingelte das Telefon ein zweites Mal. Er sah, dass der Anruf von der Firma kam, hob ab und erfuhr von einem Totalausfall. Bartholmös ist IT-Sicherheitschef einer Digitalagentur, sie verwaltet Kunden-Webseiten und Datenbanken. Die Webseiten waren offline, mindestens eine Marketing-Datenbank komplett gelöscht. Ein Kunde der Firma ist Titelsponsor bei der Tour de France, die wenige Tage später beginnen sollte. Er habe gelernt, sich von Kunden anschreien zu lassen, sagt Bartholmös, als er die Geschichte im Juli 2017 erzählt, bei einem Treffen, wo Staatsanwälte mit dem Schwerpunkt Cyberkriminalität für ihre Arbeit werben. Die Staatsanwälte sagen: Hacker machen Fehler, Hacker können erwischt werden. Wichtig sei, dass eine Anzeige gestellt wird. Bartholmös stellte eine Anzeige. Der Prozess ist gewonnen, zu feiern gibt es nichts Anderthalb Jahre später sitzt Bartholmös im Amtsgericht in Böblingen, gerade hat der Richter ein Urteil gefällt, den Täter schuldig gesprochen. Bartholmös bittet darum, noch ein paar Momente in Ruhe gelassen zu werden. Er schaut in Richtung des Verurteilten, eines 26 Jahre alten Mannes. Bartholmös fixiert ihn mit seinem Blick, der Mann redet abwechselnd mit Polizisten und seinem Anwalt, lässt sich Handschellen anlegen und wird abgeführt. Bartholmös verlässt den Saal, der Prozess ist gewonnen, doch zu feiern gibt es wenig: 2,8 Millionen Euro Schaden, ein Mensch hinter Gittern und eine Firma, die gerade noch einmal davongekommen ist. Sie hat eine der gefährlichsten Arten von Hackerangriffen überstanden, mit der es Unternehmen weltweit zu tun haben: einen Angriff durch Innentäter. Der verurteilte junge Mann ist ein Ex-Mitarbeiter von Bartholmös. Ist von Cyberangriffen die Rede, vermutet die Öffentlichkeit dahinter in aller Regel wildfremde Menschen oder Hacker im Staatsauftrag. Dabei geht von Innentätern eine größere Gefahr aus, da ihre Angriffe "größere Aussicht auf Erfolg" haben, wie es das für IT-Sicherheit zuständige Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) formuliert. Denn der Angreifer habe "bereits Zugang zu internen Ressourcen einer Organisation und (könne) so Schutzmaßnahmen und Schwachstellen über einen langen Zeitraum analysieren". Auch der Ex-Mitarbeiter von Bartholmös hatte Zugang zu internen Ressourcen. Während des Prozesses schweigt der Mann. Ein IT-Forensiker, der den Angriff technisch analysiert hat, geht aber davon aus, dass er für die Attacke einen Account benutzte, der vor Jahren angelegt, aber nie verwendet wurde. Er modifizierte ihn so, dass er sich über einen VPN-Zugang einloggen, also sich bequem von zu Hause aus in das Firmennetz einwählen konnte. Dann schlummerte das Konto ungenutzt ein halbes Jahr vor sich hin. In dieser Zeit wurde dem Mitarbeiter gekündigt, es gab einen Aufhebungsvertrag und eine Abfindung. Um 2:37 Uhr in der Nacht vom 25. auf den 26. Juni startete er den Angriff in zwei Wellen. "Wir befanden uns vollkommen im Blindflug" Zu Beginn des Angriffs - IT-Sicherheitschef Bartholmös sitzt noch auf seinem Rennrad - werden alle Daten auf den Servern überschrieben, die Konfigurations-Dateien werden gelöscht. Schnelles Reagieren ist ausgeschlossen, da die Zugänge der Administratoren entfernt wurden. "Wir befanden uns vollkommen im Blindflug", wird Bartholmös später im Zeugenstand sagen. 60 Kunden werden informiert, zu diesem Zeitpunkt ist noch unklar, wie systematisch der Hacker vorgegangen ist. Eine externe Firma wird hinzugezogen, sie analysiert die IT-Systeme. Die Spuren, die der Hacker hinterließ, zeigten, dass sich die Person sehr gut im System auskannte. "Der Täter bewegte sich virtuos im System", fasst es die Staatsanwaltschaft zusammen. Normalerweise schauen sich Hacker zunächst in Netzwerken um. Sie analysieren, wie das Netzwerk aufgebaut ist, welche Berechtigungen sie haben und wo wichtige Daten liegen könnten - sie sind schließlich zum ersten Mal im Unternehmensnetz. Nicht so in diesem Fall. Der Täter kannte das System genau und wusste, wo er hin musste. Der erste Angriff richtete großen Schaden an, doch Bartholmös hatte Back-ups der Daten auf alten Bandlaufwerken, die Prozesse können wiederhergestellt werden. Doch dann beginnt ein paar Tage später die zweite Attacke: Der Mailverkehr wird ausgeschaltet, die Web-Auftritte werden auf eine Porno-Seite umgeleitet. Technisch ist dieser Angriff nicht besonders ausgefeilt, aber er verunsichert die Mitarbeiter und erweckt zumindest kurzzeitig das Gefühl, erneut die Kontrolle zu verlieren. Ein reiner Indizienprozess Der Tatverdacht fiel schnell auf den Angeklagten, da die Angriffe von Accounts gestartet wurden, die er angelegt hatte. Doch glasklare Beweise fehlen. Der Prozess, der gegen den Angeklagten geführt wird, basiert auf Indizien. Zwar weiß man in diesem Fall, dass es sich um einen Innentäter gehandelt haben muss, um einen Administrator, aber davon gibt es mehrere. Ein paar von ihnen können ausgeschlossen werden, aber eben nicht alle. Wie also hat man den Angreifer überführt? Bei dem Angeklagten habe es sich nicht um einen "High-Class-Hacker" gehandelt, führt der Staatsanwalt in seinem Plädoyer aus. Ihm unterliefen also Fehler. Als die Polizei seine Wohnung durchsucht, findet sie einen Rechner, auf dem sie eine Verzeichnisstruktur rekonstruieren können. Es sind Ordner mit Namen wie "Mitarbeitergespräche" und "Verträge". Jemand hatte von diesem Rechner aus auf Daten zugegriffen, die auf den Firmenservern lagen. Für die Staatsanwaltschaft ist dies "der große Fehler", der dem Angeklagten unterläuft. Er griff außerdem ausschließlich auf Dateien zu, die während seiner Zeit in der Firma schon vorhanden waren. Neuere Dateien, die ihm also unbekannt waren, ignorierte er. Den Richter haben die Staatsanwälte mit ihren Argumenten überzeugt. Er verurteilt den 26-Jährigen zu drei Jahren und drei Monaten: Computersabotage in besonders schwerem Fall. Der Angeklagte wird Berufung einlegen.
Serverdaten gelöscht, Webseiten offline, keine schnelle Reaktion möglich. Ein Fall aus Baden-Württemberg zeigt, wie schnell ein mittelständisches Unternehmen an den Rand seiner Existenz gebracht werden kann.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/it-sicherheit-innentaeter-hacker-1.4260798
Innentäter: Wenn der Admin die Firma zerstören will
00/12/2018
"Aller Amfang ost schwer, erdt recht mir dem Yiga Book." Der erste Versuch, mit zehn Fingern und ohne Rechtschreibprüfung zu tippen, endet mit fünf Fehlern. Später wird es besser, aber dieser Testbericht, zu großen Teilen auf der Tastatur des Lenovo Yoga Book C930 geschrieben, nimmt trotzdem mehr Zeit in Anspruch als mit einem anderen Gerät. Dafür gibt es zwei Gründe: Die Tastatur bleibt auch nach mehreren Stunden gewöhnungsbedürftig. Vor allem aber ist das Yoga Book ein Gerät, das sich am besten mit einem Wort beschreiben lässt, das Tech-Unternehmen allzu gern verwenden: einzigartig. Lenovo wollte die eierlegende Wollmilchsau erschaffen - das Gadget, das alles kann und für jede Situation gerüstet ist. Das Yoga Book soll Laptop, Tablet, Zeichenblock und E-Reader in einem sein. Der erste Eindruck Die erste Begegnung mit dem Yoga Book nimmt vieles weitere vorweg: ein Wow-Effekt, gefolgt von Ernüchterung. Optisch und haptisch macht das Gerät einiges her. Es ist nicht viel dicker als ein Smartphone und wiegt mit knapp 800 Gramm kaum mehr als ein dicker Notizblock. Das Yoga Book wird seinem Namen gerecht: ein ultraflexibles Convertible, ein Gerät also, das sich aufklappen (Laptop), umklappen (Tablet) und als eine Art Zelt aufstellen lässt, zum Beispiel um Videos anzuschauen. Doch schon beim Öffnen beginnen die Probleme. Der Spalt zwischen Tastatur und Display ist zu schmal, um es wie einen gewöhnlichen Laptop aufzuklappen. Eigentlich soll das Gerät von selbst aufspringen, wenn man "anklopft", indem man zweimal mit den Fingerknöcheln auf den Deckel pocht. Eine nette Idee, doch der Mechanismus hat seine Tücken. Wer mehrfach und mit zunehmender Verzweiflung auf seinem teuren High-Tech-Spielzeug herumhämmert und von den Mitreisenden im Zug mitleidige Blicke erntet, wünscht sich einen stinknormalen Klappdeckel zurück. Zum Glück bietet Lenovo Nutzern ohne langen Fingernägeln eine Alternative: Langes Drücken der seitlichen Lautstärketaste löst denselben Effekt aus. Das erregt zwar nur halb so viel Aufsehen, funktioniert aber zuverlässiger. Die ... Tastatur? Einmal geöffnet, wird das Yoga Book erst recht eigenwillig. Es besitzt zwei Displays, aber keine Tastatur. Wo bei normalen Laptops die Tasten sind, hat Lenovo einen E-Ink-Bildschirm platziert, der sonst bei Lesegeräten wie Kindle, Kobo und Tolino zum Einsatz kommt. Bei Bedarf wird darauf ein Tastatur-Layout eingeblendet. Jedes Tippen quittiert das Gerät mit kurzem Aufleuchten und einem Vibrationseffekt, die das Gefühl simulieren sollen, ein mechanisches Keyboard mit echtem Tastenhub zu bedienen. Detailansicht öffnen Lenovos Yoga Book mit und ohne ausgeklappte Tastatur. (Foto: Lenovo) Eine Stichprobe mit fünf Personen ergibt: Vor allem für Zehnfingerschreiber ist die Umstellung groß, da sie die Fingerspitzen nicht ablegen können, ohne ungewollte Tastendrücke auszulösen. Wer mit dem Vier-Finger-Suchsystem tippt, kommt besser zurecht. Alle Testpersonen waren sich einig: Für E-Mails und kurze Texte reicht die Tastatur aus. Einen Roman will darauf niemand schreiben. Natürlich haben die digitalen Tasten auch Vorteile. Zum einen lässt sich beliebig zwischen verschiedenen Spracheinstellungen wechseln. Wer sowohl deutsches als auch US-Layout benötigt, wird das zu schätzen wissen. Zum anderen dient der zweite Bildschirm eben nicht nur als Tastatur, sondern auch als Anzeige für Dokumente und E-Books. Die E-Ink-Technologie schont Augen und Akku, derzeit gibt es aber noch eine große Einschränkung: Bislang stellt das Display ausschließlich PDF-Dokumente dar. Anfang 2019 soll das Yoga Book lernen, mit den verbreiteten E-Book-Formaten Mobi und Epub umzugehen. Bis Lenovo das versprochene Software-Update freigibt, ist das Gerät kein Kindle-Konkurrent. Das Display Abgesehen von der E-Ink-Tastatur, ist das Yoga Book ein schickes, flaches Convertible. Das Haupt-Display misst 10,8 Zoll, auf denen es 2560 x 1600 Pixel darstellt. Es spiegelt und ist nicht außergewöhnlich hell, eignet sich aber für den Einsatz im Freien, solange die Sonne nicht direkt auf dem Bildschirm scheint. Der Touchscreen lässt sich nicht nur mit den Fingern bedienen, sondern auch mit dem Bluetooth-Stift, den Lenovo bei den beiden teureren Modellen mitliefert. Der Stift funktioniert auch auf dem sekundären Display, wobei Schreiben und Zeichnen dort ähnlich gewöhnungsbedürftig sind wie Tippen, weil die E-Ink-Technologie alle Eingaben leicht verzögert. Die Leistung Wer Bilder und Videos bearbeiten will, wird mit dem Yoga Book nicht glücklich. Die meisten modernen Spiele starten erst gar nicht. Fotografen und Gamer nutzen allerdings ohnehin andere Geräte. Für die meisten Alltagsaufgaben reichen der energiesparende Intel-Prozessor und die vier Gigabyte Arbeitsspeicher aus. Viele geöffnete Browsertabs und hochauflösende Videos bringen das Yoga Book aber an seine Leistungsgrenze. Lenovo verzichtet auf einen Lüfter, dementsprechend arbeitet das Gerät nahezu lautlos. Trotzdem wird es selten bedenklich warm und benötigt keine Abkühlpausen. Der Akku hält bei normaler Nutzung etwa einen Arbeitstag durch. Maximale Displayhelligkeit, hohe Prozessorauslastung und ständig aktive Wlan- und Bluetooth-Verbindungen reduzieren die Laufzeit auf drei bis fünf Stunden. Die Anschlüsse Wer schmal sein will, muss Verzicht üben: Das Yoga Book spart an den Ein- und Ausgängen. Für mehr als zwei USB-C-Anschlüsse war kein Platz mehr. Wer Beamer, Festplatten oder normale USB-Sticks anschließen will, benötigt Adapter. Immerhin hat Lenovo noch einen Steckplatz für Micro-SD-Karten untergebracht, mit denen sich der interne Speicher erweitern lässt. Das teuerste Modell nimmt außerdem eine Nano-Sim-Karte auf, mit der das Yoga Book mobile Daten empfangen kann. Der Preis und das Fazit Schon die Einstiegsversion mit Intel-m3-Prozessor und 128-GB-SSD kostet mehr als 1100 Euro. Für die Varianten mit Intel-i5-Prozessor und doppelter Festplattenkapazität verlangt Lenovo 1400 Euro (ohne LTE) bzw. 1600 Euro (mit LTE). Für die meisten Nutzer ist das zu viel Geld für ein Gerät, das nicht mehr ist als die Summe seiner Teile: ein hübscher Laptop mit mieser Tastatur, ein brauchbares Tablet, ein (noch) unbrauchbarer E-Reader. Selbst wenn Lenovo in ein paar Wochen die Unterstützung für weitere E-Book-Formate ausliefert, muss man sich beim Yoga Book auf viele Kompromisse einlassen. Wer ein Convertible und einen E-Reader separat kauft, zahlt weniger und erhält zwei spezialisierte Geräte, auf denen es sich besser tippen und angenehmer lesen lässt. Für Menschen, die viel unterwegs sind, Platz und Gewicht sparen müssen, viel mit Dokumenten arbeiten müssen oder diese gern handschriftlich mit Notizen versehen, bietet das Yoga Book echten Mehrwert. Manche Tech-Firmen wollen Probleme lösen, die es nicht gibt. Das Yoga Book ist mehr als eine verkopfte Idee, die an den Bedürfnissen der Nutzer vorbeikonstruiert worden ist. Wenn Lenovo die Tastatur weiterentwickelt und den Preis senkt, könnte der Nachfolger für breitere Zielgruppen interessant werden.
Laptop? Tablet? E-Reader? Das Yoga Book will alles auf einmal sein. Das Ergebnis fasziniert, aber die Tastatur nervt, und der Preis schreckt ab.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/lenovo-yoga-book-c930-test-1.4260797
Lenovo Yoga Book C930 im Test: Faszinierend und teuer
00/12/2018
Es fällt erst einmal nichts in dieser Apotheke auf. Die üblichen Regale, die üblichen Medikamente. Aspirin, Voltaren, Hustenbonbons. Vorne dann drei blaue Kassen und eine Frau im weißen Kittel. Die Apothekerin scannt gerade ein Rezept für eine Creme mit dem Namen Advantan ein. Wirkstoff Methylprednisolonaceponat. Die blaue Kasse sollte dieses Rezept vergessen, sie sollte sich nicht mehr an den Namen des Kunden erinnern und auch nicht an sein Geburtsdatum. Doch die Kasse wird sich erinnern. Wer mit einem Rezept in diese Apotheke kommt, dessen Daten bleiben gespeichert. Die Inhaberin vermutet, dass viele Apotheken im Land das gleiche Problem haben, auch wenn sie vielleicht noch nichts davon wissen. Die Apothekerin nutzt ein Programm der Firma ADG, einem der größten Hersteller für Apotheken-Software in Deutschland. Ihre Vermutung legt den Verdacht nahe, dass Daten von Millionen Menschen unzulässig gespeichert werden - und die Apotheker wenig dagegen tun können. Es sind Vorwürfe, denen nun auch das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht nachgeht. Die Apothekerin mit den blauen Kassen kann nach einem halben Jahr noch immer nachsehen, welcher Kunde wann eine bestimmte Creme gekauft hat. Sie muss auf ihrem Computer nur den Namen eines Medikaments eingegeben und schon listet der Rechner alle Verkäufe der vergangenen Monate auf, mit Vorname, Nachname, Anschrift, Geburtsdatum und Krankenkasse. In einer Zeile steht dann zum Beispiel "Text: Hans Meier". Das Wort "Text" ist der Hinweis darauf, dass Hans Meier kein Kundenkonto hat, sondern sich die Kasse den Namen vom Rezept gespeichert hat - und Hans Meier davon vermutlich keine Ahnung hat. Der Softwarehersteller weist alle Schuld von sich Die Software von ADG soll Apothekerinnen wie Kristine Fritsch das Leben eigentlich einfacher machen. Doch als sie sich im Frühjahr dieses Jahres um die Einhaltung der neuen Datenschutzgrundverordnung kümmern wollte und ihre Kundenkonten durchging, fiel ihr auf, dass mit der Software etwas nicht stimmen könne - und sie viel mehr speichert als erlaubt ist. In ihrer Datei fand Fritsch, die eigentlich anders heißt, etwa 8650 Kunden. Ungefähr das Vierfache ihrer Stammkunden. Fritsch fragte sich, wem all die anderen Konten gehören. "Ich habe mich mit meinem Mitarbeiter kurz ins System reingehängt. Es war erschreckend einfach." Hinter dem Verkaufstresen sitzt gerade ein Professor aus Bamberg. Dominik Herrmann forscht und lehrt zu Datenschutz und Informationssicherheit. Heute will er herausfinden, ob Kristine Fritsch ihre Software überhaupt korrekt betreiben könnte. Nach kurzem Suchen im unverschlüsselten Apothekennetzwerk findet er ein Passwort für das Innerste der Software. Und dort: Kundendaten über Kundendaten, die eigentlich gelöscht sein sollten. Der Softwarehersteller ADG weist alle Schuld von sich: "Selbstverständlich können nicht (mehr) benötigte Daten auch von der Apotheke gelöscht werden, wobei jedoch ein abgestuftes Löschkonzept zum Tragen kommt", teilt das Unternehmen auf Nachfrage mit. Es bestünden "zahlreiche gesetzliche Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten für Apotheken", etwa aus dem Steuerrecht, der Arzneimittelsicherheit oder dem Betäubungsmittelgesetzt. Nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen würden die personenbezogenen Daten jedoch "irreversibel durch anonyme Daten überschrieben". Zwei Wege, um Kunden zu "löschen" - beide sind heikel Auf Bitten der Süddeutschen Zeitung untersuchte Dominik Herrmann dasselbe System in einer weiteren Apotheke. Auch dort stieß er auf mehrere, ähnlich fragwürdige Vorgänge. Es gebe zwei Wege, um Kunden zu "löschen". In Variante eins verschwinden die Kunden aus der Anzeige. Allerdings kann man sie mit einem Klick wieder zurückholen. In der zweiten, vermeintlich DSGVO-konformen Variante lassen sich die Kunden nicht reaktivieren. In der Datenbank bleiben sie aber trotzdem gespeichert. Als Kristine Fritsch die Apotheke von einer Vorgängerin übernimmt, fragt die bei ihren Kunden nach, ob sie Stammkunden bleiben wollen. Nur ein kleiner Teil stimmt zu. Die Firma ADG wird daraufhin beauftragt, die Datenbank entsprechend zu bereinigen. "ADG hätte die Aufgabe gehabt, die Datenbank ordentlich neu aufzusetzen", sagt Herrmann. "Das wäre aber ein erheblicher Programmieraufwand gewesen, um dem man sich gedrückt hat". Etwa 7000 versteckte Kunden ihrer Vorgängerin bekommt Frau Fritsch übermittelt, entgegen rechtlicher Bestimmungen. Die Software von ADG speichert viel mehr als sie sollte, sie erfasst zum Beispiel auch Daten von Kunden, die nur einmal vorbeikommen. Wird das Rezept beim Besuch der Apotheke eingescannt, passiert das mit einer Kamera, die den Text automatisch verarbeitet. Apothekern müssen die Adresse dann nicht mehr mit der Hand eintippen, doch die Informationen bleiben gespeichert. Möglicher Konflikt mit der DSGVO Die Kamera erfasst unter anderem die Pharmazentralnummer, die jedem Medikament zugeordnet ist, Vorname, Nachname, Anschrift, Geburtsdatum und Krankenkasse. Grundsätzlich müssen Apotheker solche Daten von Kassenpatienten erfassen, um die Medikamente abrechnen zu können. Die Apotheker scannen die Rechnungen separat ein und schicken sie an das Apotheken-Rechenzentrum. Dazu müssen die Informationen aber nicht in einer Datenbank gespeichert bleiben und solange die Kunden nicht zustimmen, dürfen sie das auch nicht. Die ADG-Software speichert die Daten offenbar trotzdem ab. Bernhard Witt, Experte für Datenschutz und Informationssicherheit, sieht hier einen Konflikt mit dem Prinzip der Datenminimierung der DSGVO, wonach so wenig wie nötig gespeichert werden soll. Vor allem, wenn Privatpatienten ihre Rezepte nur vorlegen und dann selbst bezahlen. Kristine Fritsch beschwerte sich wiederholt bei ADG und wandte sich an das Bayerische Landesamt für Datenschutz. Das Landesamt für Datenschutz beteuert, dass das Thema "sehr hoch aufgehängt" sei. Das Amt könne einen datenschutzkonformen Zustand der Software erzwingen, im Zweifel auch Bußgelder verhängen. Noch prüfe man die Darstellungen aller Beteiligten. Anfang 2019 gebe es Antworten. Ein Dreivierteljahr nach Einführung der DSGVO.
Eine Apothekerin schöpfte Verdacht: Eine weit verbreitete Software speichert offenbar ungefragt und unerlaubt Kundendaten. Den Vorwürfen geht nun die bayerische Datenschutzaufsicht nach.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/datenschutz-verdacht-auf-unzulaessig-gespeicherte-kundendaten-in-apotheken-1.4261029
Apotheken: Verdacht auf unzulässig gespeicherte Daten
00/12/2018
Was weiß Amazon dank seiner "smarten" Sprachsoftware Alexa alles über seine Nutzer und wie geht der Konzern mit den vielen aufgezeichneten Sprachdateien um? Wie das Computermagazin c't in seiner neuesten Ausgabe aufdeckt, hat der US-Konzern Tondateien aus Bad und Schlafzimmer eines Nutzers aufgezeichnet und an eine fremde Person geschickt. Das sei ein Versehen, sagt Amazon. Die c't schreibt, ein Nutzer habe nach der neuen EU-Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eine Selbstauskunft bei Amazon angefordert. Zwei Monate nach der Anfrage Anfang August habe er diese auch erhalten und zwar in Form eines Download-Links zu einer 100 MB großen Zip-Datei. In dem Datensatz befanden sich allerdings nicht nur seine getrackten Suchverläufe, sondern auch rund 1700 WAV-Dateien, also Sprach-Aufnahmen, und ein PDF mit Abschriften, was von diesen Sprachdateien Alexa offenbar verstanden hatte. Allerdings hatte der Nutzer nach eigenen Angaben überhaupt kein Alexa-fähiges Gerät zu Hause. Befehle an Dusch-Thermostat und Wecker aufgezeichnet Auf eine Nachricht an Amazon, dass er da offenbar Sprachnachrichten eines fremden Nutzers bekommen habe, bekam der Nutzer keine Antwort. Der Downloadlink zur Selbstauskunft funktionierte allerdings kurze Zeit später nicht mehr. Daraufhin wandte sich der Nutzer, der die Daten gespeichert hatte, an die Redakteure der c't. Diesen gelang es, den Alexa-Nutzer ausfindig zu machen, dessen Sprachnachrichten Amazon dem Unbefugten geschickt hatte. Die Software hatte zum Beispiel Befehle an Dusch-Thermostat und Wecker sowie Fahrplanabfragen aufgezeichnet und mit diesen auch Orte, Vornamen und in einem Fall einen Nachnamen. Die Redaktion kontaktierte daraufhin den Betroffenen. "Er schluckte hörbar, als wir ihm berichteten, welche seiner höchst privaten Daten Amazon.de an einen Fremden weitergereicht hatte", schreibt das Magazin. Die c't konfrontierte Amazon mit dem Fall, allerdings ohne zu erwähnen, dass die Betroffenen identifiziert und kontaktiert worden seien. Das Magazin wollte wissen, ob Amazon die Panne den Betroffenen und den Datenschutzbehörden gemeldet habe, wie es Pflicht wäre. Auf die Fragen ging Amazon nicht ein, das Unternehmen berief sich auf einen "menschlichen Fehler" und beteuerte, das Problem mit beiden Kunden geklärt zu haben. Man sei dabei, die entsprechenden Prozesse zu verbessern. Beide Betroffenen bekamen drei Tage nach der c't-Anfrage einen Anruf von Amazon-Mitarbeitern: Zu der Panne sei es gekommen, weil beide ungefähr zur selben Zeit eine DSGVO-Abfrage gestellt hätten. Amazon speichert Daten, um seine KI zu trainieren Tatsächlich erklärt Amazon in seinem Datenschutz-FAQ, dass die Sprachaufzeichnungen nicht zeitnah gelöscht, gepeichert werden, um Amazons künstliche Intelligenz kontinuierlich zu verbessern. Der Kunde könne die Aufzeichnungen jedoch überprüfen und einzeln oder auf einmal löschen. Allerdings ist die Frage, wer diese Option unter amazon.de/alexaprivacy kennt und nutzt. Zudem bleibt die Frage offen, ob diese Datenpanne tatsächlich einmalig war und ob die Datenschutzbehörden nun Sanktionen gegen Amazon ergreifen. Denn Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, Datenpannen innerhalb von 72 Stunden einer Aufsichtsbehörde zu melden. Bei einer Verletzung dieser Vorgaben können die Datenschutzbehörden ein Bußgeld verhängen. Nach den Regeln der DSGVO kann es bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes des Unternehmens betragen. Bei einem Jahresumsatz von 177,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2017 wäre das wohl eine Milliardensumme.
Wer Alexa nutzt, muss damit rechnen, dass seine Daten gespeichert werden. In mindestens einem Fall gab der Konzern Sprachaufzeichnungen weiter.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/amazon-alexa-datenskandal-dsgvo-1.4261117
Amazon verschickte intime Sprachdateien an Wildfremden
00/12/2018
Der Generalstaatsanwalt von Washington, D.C. verklagt Facebook wegen des fahrlässigen Umgangs mit Nutzerdaten. Er wirft dem Tech-Konzern in der Klageschrift (PDF) vor, die Daten der Facebooknutzer unzureichend vor Missbrauch geschützt zu haben. Das Unternehmen habe Mitglieder der Plattform über die Verwendung ihrer Daten getäuscht und Datenlecks nicht rechtzeitig oder gar nicht offengelegt. Verschärft werde das Problem dadurch, dass die Facebook-Nutzungsbedigungen missverständlich und verwirrend seien. Anlass für die Klage sind offenbar die Enthüllungen im Zuge des Cambridge-Analytica-Skandals. Im März 2018 hatte ein ehemaliger Mitarbeiter von Cambridge Analytica enthüllt, dass die britische Politik-Marketing-Agentur Daten von mehr als 70 Millionen Facebooknutzern verwendete, um detaillierte Persönlichkeitsprofile zu erstellen und Nutzer mit zielgerichteter politischer Werbung auf Facebook zu beeinflussen. Die Nutzerdaten stammten von einer Psycho-Test-App und wurden ohne Wissen der Nutzer an Cambridge Analytica weiterverkauft. In welchem Ausmaß das passierte, zeigt die Klageschrift: Demnach luden zwar nur 852 Nutzer in Washington die Psycho-Test-App herunter. Die App griff allerdings auch auf die Daten der Freunde dieser Nutzer zu. Bei Cambridge Analytica sollen dadurch die Daten von mehr als 340 000 Bewohnern gelandet sein. Zuckerberg gelobte Besserung - die blieb bislang aus Die Enthüllungen im Frühjahr 2018 hatten weltweit Empörung ausgelöst. Facebook-Chef Mark Zuckerberg und andere Top-Manager mussten in Folge des Skandals unter anderem dem US-Kongress und dem Europäischen Parlament Rede und Antwort stehen - und versprachen, in Zukunft besser auf die Daten der Nutzer aufzupasssen. Entgegen dieser Absichtserklärungen wurden in den vergangenen Wochen erneut Fälle bekannt, die zeigen, dass Datenschutz innerhalb des Unternehmens immer noch nicht höchste Priorität genießt. So veröffentlichte die New York Times erst diese Woche einen Bericht, wonach Facebook großen Tech-Konzernen wie Spotify, Netflix und Amazon weitreichende Zugriffsrechte auf Nutzerdaten einräumte - und zwar unabhängig von den Privatsphäreeinstellungen der Nutzer. Auch auf diese Praxis nimmt der Washingtoner Generalstaatsanwalt in seiner Klage Bezug. Lokale Justiz gegen globales Facebook Die Klage in Washington ist insofern ungewöhnlich, dass hier der Generalstaatsanwalt - also quasi der Justizminister - des Hauptstadtdistrikts Facebook wegen Verstößen gegen ein lokales Verbraucherschutzgesetz verklagt. Dabei wäre ein bundesweites Vorgehen gegen Facebook vermutlich sinnvoller. Dass die lokale Justiz jetzt Fakten schaffen will, könnte damit zusammenhängen, dass bislang völlig unklar ist, inwieweit Bundesbehörden gegen Facebook vorgehen werden. Die ebenfalls zuständige Aufsichtsbehörde FTC hat zwar bestätigt, das Verhalten Facebooks zu untersuchen, sich aber seit März nicht in die Karten schauen lassen. Unklar ist noch, wie teuer das Verfahren in Washington für Facebook werden könnte. In der Klageschrift fordert die Generalstaatsanwalt zwar Schadenersatz für betroffene Nutzer und wirtschaftliche Schäden, nannte allerdings keine konkrete Summe. Die Gesetze, auf die sich die Klageschrift bezieht, erlauben Strafen von bis zu 10 000 Dollar pro Verstoß. Eine mögliche Strafe wäre also auch davon abhängig, in wie vielen Fällen solche Verstöße in einem Verfahren festgestellt würden. In der Klageschrift ist die Rede von 340 000 Betroffenen in Washington, D.C. Bei einem möglichen Verfahren zum Cambridge-Analytica-Skandal auf Bundesebene, wo unter anderem die staatliche Verbraucherschutzbehörde FTC zuständig wäre, gehen Experten von Milliardenstrafen aus.
Die US-Bundesbehörde für Verbraucherschutz prüft seit Monaten, ob Facebook die Daten seiner Nutzer missbraucht hat. Jetzt schafft ein Generalstaatsanwalt Fakten - und verklagt das Unternehmen auf lokaler Ebene.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-klage-washington-cambridge-analytica-datenschutz-1.4260815
Washington verklagt Facebook wegen Cambridge Analytica
00/12/2018
Erneut wegen seines Umgangs mit den Daten seiner Nutzer in der Kritik: das soziale Netzwerk Facebook. Facebook hat anderen großen Tech-Unternehmen weitreichenden Zugriff auf Nutzerdaten ermöglicht - in einigen Fällen ohne Wissen der Nutzer. Wie umfassend die Zugriffsrechte von Microsoft und Amazon über Yahoo bis Netflix waren, geht aus einer Recherche der New York Times hervor. Die Reporter werteten 270 Seiten interner Dokumente aus und sprachen mit 60 Personen, darunter ehemalige Angestellte von Facebook. Es geht um maßgeschneiderte Deals von Facebook mit 150 Unternehmen - unter denen sich auch das Digitalangebot der New York Times selbst befindet. Sie konnten Daten der Nutzer abgreifen, selbst wenn diese überhaupt keinen direkten Kontakt mit den Unternehmen gehabt hatten. Dieser mindestens sorglose Umgang mit Nutzerdaten verstößt möglicherweise gegen eine Vereinbarung Facebooks mit einer US-Aufsichtsbehörde. Fahrlässig oder mit Vorsatz? In jedem Fall aber ist die Enthüllung peinlich für Facebook. Im Zuge des Falls Cambridge Analytica, in dem externe App-Entwickler unkontrolliert Daten des sozialen Netzwerks abgreifen konnten, hatten Konzernchef Mark Zuckerberg und Geschäftsführerin Sheryl Sandberg immer wieder beteuert, den Datenzugriff für andere Firmen seit 2014 deutlich eingeschränkt zu haben. Dem Bericht der Times zufolge ging die Praxis für ausgewählte Unternehmen danach aber noch Jahre weiter. Demnach beinhalteten die Abmachungen unter anderem: Nachrichten, die Nutzer einander auf Facebook schrieben, waren jahrelang noch weniger privat als gedacht. Drittfirmen wie Spotify, Netflix und die Bank of Canada hatten nicht nur Lese- sondern auch Schreibrechte für private Nachrichten. Das bedeutet: Die Unternehmen waren nicht nur in der Lage, Facebook-Nutzer auszuspionieren, sie hätten die Nachrichten auch verändern können. Es ist völlig unklar, warum diese Fähigkeit nötig gewesen sein soll, um eine Verbindung zu Facebook in ihre Dienste zu integrieren, sodass Nutzer zum Beispiel Lieder von Spotify leicht auf Facebook teilen konnten. Nutzer sollten so Facebook-Nachrichten direkt aus der Spotify-Desktop-App verschicken können. Die Unternehmen erklärten allerdings, gar nicht gewusst zu haben, dass sie so weitreichende Eingriffsrechte gehabt hätten. Es ist auch kein Fall bekannt, in dem sie von dieser Möglichkeit Gebrauch machten. Ein Sprecher von Netflix schrieb in einer Stellungnahme, das Empfehlungs-Feature für den Facebook-Messenger sei 2015 abgeschaltet worden, und weiter: "Zu keinem Zeitpunkt haben wir auf private Nachrichten von Personen auf Facebook zugegriffen oder um die Möglichkeit dazu gebeten." Die Dokumente verraten der Times zufolge auch etwas über die mysteriöse Facebook-Funktion "Personen, die du kennen könntest". Sie verunsichert Mitglieder des Netzwerkes seit Jahren, weil sie Verbindungen mit Menschen herstellt, die nichts mit dem Facebook-Freundeskreis der Betroffenen zu tun haben. Nutzer und Journalisten mutmaßen, dass sie in Teilen auf Verbindungen außerhalb Facebooks basiert - die manche Mitglieder aber aus privaten oder beruflichen Gründen nicht mit ihrem Facebook-Leben vermischen wollen. Dem Bericht zufolge nutzte Facebook Kontaktlisten von Amazon, Huawei und Yahoo, um Nutzern mögliche neue "Freunde" vorzuschlagen. zufolge auch etwas über die mysteriöse Facebook-Funktion "Personen, die du kennen könntest". Sie verunsichert Mitglieder des Netzwerkes seit Jahren, weil sie Verbindungen mit Menschen herstellt, die nichts mit dem Facebook-Freundeskreis der Betroffenen zu tun haben. Nutzer und Journalisten mutmaßen, dass sie in Teilen auf Verbindungen außerhalb Facebooks basiert - die manche Mitglieder aber aus privaten oder beruflichen Gründen nicht mit ihrem Facebook-Leben vermischen wollen. Dem Bericht zufolge nutzte Facebook Kontaktlisten von Amazon, Huawei und Yahoo, um Nutzern mögliche neue "Freunde" vorzuschlagen. Amazon konnte dem Bericht zufolge Namen und Kontaktinformationen von Nutzern herausfinden, ohne mit diesen direkt Kontakt gehabt zu haben. Das Unternehmen griff sie über die Freundeslisten von deren Facebook-Kontakten ab - ohne dass die Betroffenen dies mitbekamen. Yahoo konnte wohl noch diesen Sommer Beiträge von Nutzern sehen, die gar keinen Kontakt mit dem Unternehmen hatten, auch Microsofts Suchmaschine Bing konnte bis 2017 auf Daten nichtsahnender "Freunde" von Nutzern zugreifen - obwohl Facebook erklärt hatte, diese Möglichkeit 2014 abgeschafft zu haben. Facebook gab zu, einige Schnittstellen nicht geschlossen zu haben, auch nachdem die heiklen Features offiziell abgeschafft worden waren. Das Unternehmen hatte die vollständige Absicherung seiner Nutzerdaten demnach also jahrelang verschleppt. Hat Facebook gegen eine Vereinbarung mit der Aufsichtsbehörde FTC verstoßen? Die neuen Informationen über Zugriffmöglichkeiten Dritter könnten Konsequenzen für Facebook haben. Mehrere Fachleute äußerten, das Unternehmen könnte gegen eine Abmachung mit der Handelskommission FTC verstoßen haben, die in den USA über den fairen Wettbewerb wacht. Die Vereinbarung sieht vor, dass Nutzer informiert werden müssen, wer wie auf ihre Daten zugreift. Diese Abkommen mit dem Staat, die auch Google und Twitter geschlossen haben, gehören zu den wenigen Datenschutz-Regeln, die es in den USA überhaupt gibt. Das Land verfügt nicht über ein umfassendes rechtliches Datenschutz-System wie die Europäische Union und Deutschland. Facebooks Rechtfertigung klingt abenteuerlich: Die Drittunternehmen habe man als Erweiterungen von Facebook selbst angesehen, zitiert die New York Times Steve Satterfield, im Konzern für den Datenschutz der Nutzer zuständig. Deshalb habe man Facebook-Nutzer auch nicht gesondert um Erlaubnis fragen müssen, was diese anderen Unternehmen mit ihren Daten machen dürfen. Die Unternehmen seien vertraglich verpflichtet, die Informationen nicht zu missbrauchen. (Facebooks schriftliche Stellungnahme lesen Sie hier.) Alex Stamos, der ehemaliger Sicherheitschef von Facebook, wies auf Twitter darauf hin, dass der Zugang, den Facebook Drittanbietern zu seinem Ökosystem gewährt, im Sinne des Wettbewerbs sei. Würde Facebook anderen Unternehmen den Zugang verweigern, würde es noch mehr Marktmacht gewinnen. Er kritisierte die New York Times dafür, diesen Vorgang zu "skandalisieren". Zugleich warf Stamos seinem ehemaligen Arbeitgeber aber vor, die Namen und Zugriffsrechte der Drittanbieter nicht von sich aus transparent zu machen.
Netflix und Spotify konnten private Chats mitlesen und löschen, Amazon Infos über ahnungslose "Freunde" auslesen: Die "New York Times" hat herausgefunden, was in Facebooks Deals mit Fremdfirmen über den Zugriff auf Nutzerdaten stand.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-datenskandal-nutzerdaten-microsoft-netflix-spotfiy-1.4259570
Facebook teilte Daten mit Spotify, Netflix und Co.
00/12/2018
Die Unionsfraktion im Bundestag denkt über eine Kennzeichnungspflicht für automatisierte Nachrichten in sozialen Netzwerken nach, die von sogenannten Social Bots stammen. "Man sollte das ernsthaft prüfen", sagte Fraktionschef Ralph Brinkhaus auf eine entsprechende Frage in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Er mache sich Sorgen um die Demokratie, es sei höchste Zeit aufzuwachen. Brinkhaus' Vorschlag wird auch von Vertretern der SPD goutiert, die Grünen hatten die gleiche Idee schon vor der Bundestagswahl im vergangenen Jahr. Dabei ist noch nicht einmal klar, was einen Bot zum Bot macht. Wie lässt sich ein Bot eindeutig identifizieren? Social-Bots sind seit der US-Wahl 2016 ein großes Thema, wenn nicht sogar ein Hype. Verschiedene Studien und Zeitungsartikel stellten damals die These auf, dass die automatisierten Twitter-Helfer mitverantwortlich waren für die für viele unerwartete Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Seitdem wird auch in Deutschland immer wieder vor möglicher Beeinflussung von Wahlen durch Bots gewarnt. Einen Nachweis hierfür gibt es bislang allerdings nicht. Das liegt auch daran, dass keine Einigkeit darüber herrscht, wann ein Twitter-Account eigentlich als Bot zu verstehen ist. Manche Wissenschaftler stufen einen Account als Bot ein, wenn er 50 oder mehr Tweets am Tag absetzt. Um sehr große Mengen an Tweets wissenschaftlich zu untersuchen, ist das möglicherweise ein guter erster Schritt. Doch um festzulegen, ob ein einzelner Account ein Bot ist, ist dieses Kriterium offensichtlich Unsinn: Jeder kann sich noch heute einen Twitter-Account anlegen und 150 Tweets verfassen. Dadurch wird man aber nicht zur Maschine. Ein anderer Weg, Social Bots zu klassifizieren, ist der Einsatz von Machine-Learning. Dabei klopft eine künstliche Intelligenz automatisch Tweets auf bestimmte Merkmale ab, die bereits bei sicher als Bots identifizierten Accounts festgestellt wurden. Die Anzahl der Tweets pro Tag kann dabei ebenso eine Rolle spielen wie das Alter eines Accounts, die verwendete Sprache, die Anzahl der verwendeten Hashtags oder die Uhrzeit, zu der für gewöhnlich gepostet wird. Unglückliche Debatte über eingebildete Probleme Die dritte mögliche Variante ist die händische Suche nach den oben genannten Auffälligkeiten, gepaart mit journalistischer Recherche - zum Beispiel durch Anfragen bei den Account-Betreibern. Der Schweizer Social-Media-Experte Luca Hammer etwa empfiehlt eine Kombination aus den Varianten zwei und drei um Bots aufzuspüren. Doch selbst dann könne man sich nie sicher sein, ob man es mit einem Bot zu tun hat. Aussagen wie die der Berliner Firma "Botswatch", die herausgefunden haben will, dass rund um die Verabschiedung des umstrittenen UN-Migrationspakts im Bundestag mehr als 25 Prozent der Tweets von Bots stammten, sind deshalb mit großer Vorsicht zu genießen. Oder wie es der Nürnberger Informatik-Professor Florian Gallwitz im Gespräch mit der NZZ zusammenfasste: Weil wissenschaftlich nicht geklärt sei, was ein Bot überhaupt ist, sei "jede quantitative Aussage über Bots unseriös". Auch im Fall der Berliner Firma Botswatch stellt sich die Frage, welche Methodik sie anwendet und wie die Firma Bots definiert. Tabea Wilke, Geschäftsführerin von Botswatch, will darauf aber nicht eingehen. Wie Botswatch zu seinen Ergebnissen komme, sei ein Geschäftsgeheimnis, sagte sie der NZZ. Das mag für ein Unternehmen, das exklusive Expertisen verkaufen will, eine nachvollziehbare Einstellung sein, entkräftet die Kritik von vielen Fachleuten aber nicht. Die aktuelle Debatte über Social Bots ist zumindest unglücklich. Zwar bezweifelt kaum jemand, dass es Versuche der politischen Beeinflussung über soziale Netzwerke gibt. Erst gestern wurde ein Bericht öffentlich, der den US-Senat über Details der russischen Desinformationskampagne zu den Wahlen 2016 informierte. Die meisten Fachleute sind allerdings der Auffassung, dass diese Einflussnahme eher selten von Bots ausging, sondern vielmehr von echten Menschen an Computern versucht wurde, zum Beispiel an Computern in der Sankt Petersburger Trollfabrik IRA (Internet Research Agency). Achtung: SZ-Bot! Wenn Politiker jetzt entgegen der Ratschläge vieler Experten eine Kennzeichnungspflicht für Bots einführen, dann könnte das auch Folgen für diese Zeitung haben: Denn auch der SZ-Twitter-Account hat Bot-Tendenzen: Immer wenn ein Text auf SZ.de veröffentlicht wird, geht eine Twitter-Nachricht mit kurzem Beschreibungstext online. Dieser Kurztext kann vom Autor des Textes oder einem SZ-Redakteur zwar geändert werden, wenn das aus irgendwelchen Gründen aber nicht passiert, dann besteht der Tweet aus der Dachzeile und der Überschrift des Artikels - ganz automatisch. Echte Übeltäter aus Trollfabriken fremder Mächte würden sich von einer strafbewehrten Kennzeichnungspflicht sicher nicht abschrecken lassen, unter teilautomatisierten Medien-Accounts dagegen wäre künftig zu lesen: "Achtung: Social Bot."
Der Unionsfraktionschef im Bundestag will Social Bots in sozialen Netzwerken kennzeichnen. Dabei sind sich die meisten Experten einig, dass hier ein Problem bekämpft werden soll, das es nicht gibt.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/social-bots-brinkhaus-twitter-kennzeichnungspflicht-1.4258344
Social-Media-Debatte - Wann ist ein Bot ein Bot?
00/12/2018
Die Imagekrise der sozialen Medien fußt auf dem Datenhunger der Plattformen. Dieses Problem ließe sich recht einfach lösen: zum Beispiel durch ein Facebook-Abo. Das Jahr 2018 war nicht gut für Facebook und Twitter. Beide Unternehmen werden regelmäßig kritisiert, weil sie zu wenig gegen Hassrede und Gewaltaufrufe tun. Im Frühjahr wurde bekannt, wie das Unternehmen Cambridge Analytica mithilfe von Facebook-Nutzerprofilen den US-Präsidentschaftswahlkampf beeinflusste. Im Dezember veröffentlichte ein britischer Abgeordneter E-Mails aus Facebooks Chefetage, die zeigen, wie skrupellos das angeblich soziale Netzwerk Geschäfte macht. Dazu kommen immer wieder Datenlecks. Und vergangene Woche klagte eine Mutter Facebook und Twitter in einem offenen Brief an: Sie warf den Unternehmen vor, zwar ihre Schwangerschaft digital erkannt zu haben, aber nicht die Totgeburt ihres Kindes. Ihre Nutzerkonten wurden auch in der Trauerzeit weiter mit Werbung rund um Baby und Mutterschaft bespielt. Gerade der letzte Fall zeigt, dass die sozialen Medien an einem gefährlichen Punkt sind. Zwar steigen Nutzerzahlen und Umsätze noch. Doch je größer die Kritik, desto größer wird irgendwann der Ekel bei Nutzern, die sich in der Folge abwenden. Das ist unternehmerisch gefährlich. Als Reaktion schrauben die Konzerne zwar an ihren Algorithmen oder geben sich mehr Mühe mit der Überwachung. Das aber, was sie so anfällig für Werbefehler und Missbrauch macht, ändern sie nicht: ihr Geschäftsmodell. Da liegt der eigentliche Fehler. Und den sollten die Verantwortlichen schleunigst korrigieren. Facebook macht den gleichen Fehler wie die Medienunternehmen zuvor Viele Industrien finanzieren sich, indem Kunden für das Erzeugnis und seine Erzeugung zahlen. Unternehmen wie Facebook dagegen bepreisen nicht ihr Produkt, sondern die Daten derjenigen, die kostenfrei ein Nutzerprofil pflegen. Kunden sind so nicht die Nutzer, sondern all jene Firmen, die für personalisierte Werbung zahlen. Und der Kunde ist König. Interessanterweise machen die sozialen Medien den gleichen Fehler wie einst die analogen. Die Printmedien setzten lange auf ein Mischmodell aus Verkaufserlösen und bis zu zwei Dritteln Anzeigenverkäufen und vertrauten darauf, dass die fetten Jahre anhalten würden. Eine Konjunkturkrise und der neue Werbekanal Internet ließen die Anzeigenerlöse weltweit so stark sinken, dass manche Zeitung aufgeben musste. Viel zu lange dauerte es dann, bis sich die Medienunternehmen trauten, auch ihre digitalen Inhalte zu monetarisieren. Dass viele sich wirtschaftlich von diesem Fehler noch nicht erholt haben, sollte den sozialen Medien zu denken geben. Der Erfinder des Internets, Tim Berners-Lee, gratulierte in diesem Jahr seinem "Kind" mit einem offenen Brief zum 29. Geburtstag. Darin nannte er zwei Mythen, die die kollektive Vorstellung vom Internet beschränken: dass Werbung das einzig mögliche Geschäftsmodell für Online-Unternehmen sei. Und dass es zu spät sei, die Arbeitsweise von Plattformen zu ändern. In beiden Punkten müsse man kreativer werden. Recht hat er. Die digitalen Netzwerke könnten im Kern gute Produkte sein Was spräche dagegen, eine monatliche Gebühr für Netzwerke und Kurznachrichtendienste zu nehmen? Anders ausgedrückt: Warum machen Facebook, Twitter und all die anderen nicht endlich die Nutzer zu Kunden? Mit einem Abopreis für den Dienst, den man in Anspruch nimmt, so wie man ja auch für den Internetzugang zahlt, den man dafür braucht. Im Gegenzug müssten die Firmen darauf verzichten, die digitalen Seelen ihrer Nutzer für den Anzeigenverkauf auszuwerten. Das ist im Sinne von Berners-Lee nicht mal ein kreativer Gedanke, denn der Videostreamingdienst Netflix etwa arbeitet längst mit solch einem Modell. Auch diverse Apps bieten Basisdienste und werbefreie Premiumservices gegen Aufpreis. Die Abscheu gegenüber der personalisierten Werbung und vor allem ihren moralischen Missgriffen überlagert die Tatsache, dass Facebook und Twitter im Kern gute Produkte sein könnten. Wer etwa mit Menschen, die im Ausland leben, mit ehemaligen Kollegen, Mitschülern und Studienfreunden in Kontakt bleiben will, hat in dem sozialen Netzwerk eine einfache technische Möglichkeit dafür. Ein neues Geschäftsmodell kann zwar Hassrede und Desinformation nicht eindämmen. Aber es würde unternehmerisch für mehr Sicherheit sorgen, wenn sich die Konzerne breiter aufstellen und von Werbung auf Nutzerbasis unabhängiger machen. Die nächste Konjunkturkrise kommt bestimmt. Und der nächste Skandal auch.
Die Imagekrise der sozialen Medien fußt auf dem Datenhunger der Plattformen. Dieses Problem ließe sich recht einfach lösen: zum Beispiel durch ein Facebook-Abo.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-daten-bezahlmodell-soziale-medien-1.4255119
Ein Facebook-Abo könnte viele Probleme lösen
00/12/2018
Zwei Facebook-Nutzer unterhalten sich über den Messenger. Sie flirten. Das Gespräch wird intim, eine anzügliche Bemerkung fällt: "Ich möchte heute Nacht noch Spaß haben." Dieser Satz müsste Facebook eigentlich gefallen. Schließlich ist es das erklärte Ziel des Unternehmens, die Welt zu vernetzen, Beziehungen aufzubauen und "Menschen näher zusammenzubringen". Außerdem testet Facebook seit einigen Monaten eine Dating-Funktion, die Tinder Konkurrenz machen soll. Ein Flirt zwischen zwei Erwachsenen sollte also zur Strategie des Unternehmens passen. Das Gegenteil ist der Fall. Im Oktober hat Facebook stillschweigend seine Gemeinschaftsstandards überarbeitet und den Umgang mit bestimmten sexuellen Inhalten verschärft. Öffentlich wurde die Änderung nicht kommuniziert. Auf Nachfrage sagt eine Sprecherin, dass künftig ein durchsuchbares Archiv mit älteren Versionen der Hausregeln zur Verfügung gestellt werden soll, um Überarbeitungen transparent zu machen. Die neuen Formulierungen blieben knapp zwei Monate lang unbemerkt, bis die US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) und später das deutsche Blog Netzpolitik.org das Thema aufgriffen. In den Gemeinschaftsstandards formuliert Facebook weltweit gültige Regeln, die teils deutlich über nationale Gesetzgebung hinausgehen. Facebook hat sie nun um einen Punkt ergänzt: "sexuelle Kontaktaufnahme". Dort werden teils Inhalte gebündelt, die zuvor in anderen Abschnitten zu finden waren, teils finden sich neue, strengere Regeln.(*) Facebook listet mehrere Kategorien verbotener Inhalte auf. Dazu zählen kommerzielle Pornographie, explizite sexuelle Sprache und "sexuelle Kontaktaufnahme" wie das Versenden von Nacktbildern. Ein weiterer Absatz untersagt auch "implizite sexuelle Kontaktaufnahme". Darunter versteht Facebook unter anderem: vage anzügliche Bemerkungen wie "möchte heute Nacht noch Spaß haben" sexualisierter Slang sexuelle Andeutungen wie die Erwähnung von Folgendem: sexuelle Rollen, Sexstellungen, Fetischszenarien, sexuelle Vorlieben/Präferenzen (...) Inhalte (von Hand gezeichnet, digital oder echte Kunstobjekte), die explizite sexuelle Handlungen oder (...) anzüglich positionierte Personen zeigen oder zu zeigen scheinen. Die Regeln gelten für alle Plattformen und Kanäle auf Facebook, also nicht nur für öffentliche Beiträge, sondern auch für private Gruppen und Chats im Messenger. Dort müssen sie allerdings von einer der an der Unterhaltung beteiligten Personen gemeldet werden, bevor Facebooks Content-Moderatoren tätig werden. Die EFF mutmaßt, dass Facebook auf ein neues Gesetz in den USA reagiert haben könnte. Seit der "Stop Enabling Sex Traffickers Act" in Kraft ist, drohen Online-Plattformen hohe Strafen, wenn sie etwa Menschenhandel und Zwangsprostitution ermöglichen. Die Bürgerrechtler glauben, dass das Gesetz zu weit geht und Unternehmen wegen der teils schwammigen Formulierungen vorsorglich zu viel löschen könnten. Facebook widerspricht dieser Darstellung und verweist darauf, dass sich die Gemeinschaftsstandards laufend weiterentwickelten. Die Richtlinien enthalten unklare Formulierungen Unabhängig davon, was ursächlich für Facebooks Entscheidung war, werfen die neuen Regeln Fragen auf. Ein Großteil der Inhalte, die Facebook verbietet, ist selbst in den im Vergleich zu Westeuropa prüden USA legal. In Deutschland wäre eine Bemerkung wie "Ich möchte heute Nacht noch Spaß haben" vermutlich kein Problem in einem Film, der ab zwölf Jahren freigegeben ist. Dennoch sollen sich erwachsene Facebook-Nutzer auch in beiderseitigem Einvernehmen keine "vagen, anzüglichen Bemerkungen" schicken. Genauso unklar erscheint das Verbot von Kunstobjekten, die "anzüglich positionierte Personen" zeigen - oder auch nur zu zeigen scheinen. Die Gemeinschaftsstandards sollen eine möglichst unmissverständliche und allgemeingültige Richtlinie darstellen. Wenn sie die Entscheidung der Interpretation des Betrachters überlassen, sind Missverständnisse programmiert. Bereits in der Vergangenheit hat Facebook immer wieder angeblich anstößige Kunstwerke gelöscht, etwa die berühmte Freiheitskämpferin auf dem Gemälde von Eugène Delacroix (nackte Brüste) oder eine Statue des nackten Meeresgottes Neptun, die auf einem Platz in Bologna steht ("explizit sexuell").
Facebook hat stillschweigend seine Hausregeln geändert. Bemerkungen wie "Ich möchte heute Nacht noch Spaß haben" sind verboten. Das Netzwerk wird noch prüder.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-zensur-sex-flirten-1.4254021
Facebook verbietet anzügliches Flirten und verbannt Sex
00/12/2018
Die USA und Australien verbieten dem Tech-Konzern Huawei, seine Technik in ihren 5G-Netzen zu verwenden. In Deutschland wurde fast jeder zweite Sendemast von der Firma aufgestellt, deren Verbindungen zum chinesischen Staat Fragen aufwirft. Europa liegt in Südchina. Genauer gesagt in Dongguan. Mitten in die chinesische Einöde hat der Telekomausrüster Huawei die Architektur von einem Dutzend europäischen Universitätsstädten nachbauen lassen. Heidelberg befindet sich nun zwischen Verona und Dijon im Burgund. Über eine Brücke gelangt man nach Paris. Prag und Luxemburg sind etwas ab vom Schuss, genauso wie Cambridge. 25 000 Entwickler sind vor wenigen Wochen in die Gebäude gezogen. Sie haben ihre Labore und Studios eingerichtet in deutschen Fachwerkhäusern und barocken Palästen - Baujahr 2018.
Die USA und Australien verbieten dem Tech-Konzern Huawei, seine Technik in ihren 5G-Netzen zu verwenden. In Deutschland wurde fast jeder zweite Sendemast von der Firma aufgestellt, deren Verbindungen zum chinesischen Staat Fragen aufwirft.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/huawei-deutschland-1.4251653
Huawei in Deutschland: Funkstörung
00/12/2018
Als Taylor Swift in einem hautengen schwarzen Bodysuit die Bühne betritt, kreischen und schreien 60.000 begeisterte Menschen im Publikum. "Seid ihr bereit?" ruft die Sängerin ihren Fans zu. Sie sind es. An diesem Freitagabend spielt Taylor Swift zum ersten Mal im Rose-Bowl-Stadium im kalifornischen Pasadena. Kritiken und Youtube-Videos zufolge war es ein mitreißendes Konzert - das jetzt, mehr als ein halbes Jahr nach Swifts Auftritt, erneut in die Schlagzeilen gerät. Am 18. Mai 2018 sollen Kameras die Konzertbesucher gefilmt und die Aufnahmen mit einer Datenbank abgeglichen haben, berichtet der Rolling Stone. Auf einem Bildschirm seien Videos von Swifts Proben gezeigt worden, um die wartenden Fans zu unterhalten. Eine versteckte Kamera habe die Gesichter aller Personen erfasst, die in Richtung des Bildschirms blickten. Das Material sei quer durch die USA zu einem "Kommandoposten" in Nashville übertragen worden, um es dort mit einer Datenbank abzugleichen, in der Hunderte Stalker von Swift gespeichert sind. Die Sängerin wird seit Jahren von Fans belästigt und bedroht, einige brachen sogar in ihr Haus ein. Aus Swifts Sicht ist die Rasterfahndung als Notwehrmaßnahme nachvollziehbar. In den USA ist sie mutmaßlich legal. Konzerte sind private Veranstaltungen. Dennoch wirft das Vorgehen Fragen auf. Wurden die Fans informiert? Kamen die Kameras auch bei anderen Konzerten zum Einsatz? Wer hat die Überwachung in Auftrag gegeben und wie lange bleiben die Aufnahmen gespeichert? Auf welcher Grundlage wurde die Datenbank erstellt? Gab es Treffer und was wäre mit den angeblich erkannten Stalkern geschehen? Weder Swifts Management noch der Veranstalter haben auf eine Anfrage reagiert. Die Antworten wären nicht nur für Fans von Taylor Swift wichtig. Die Fragen gehen weit über das Rose-Bowl-Stadion hinaus. Bei immer mehr Konzerten, Sportveranstaltungen und teils auch im öffentlichen Raum werden Kameras installiert, die Besucher und Passanten filmen. Die Aufnahmen könnten theoretisch verknüpft und verkauft werden. Sie geben Aufschluss über Musikgeschmack, Freundeskreise, Konsumvorlieben und weitere Merkmale, für die werbetreibenden Unternehmen viel Geld bezahlen würden. Gesichtserkennung breitet sich aus Es geht aber nicht nur um Werbung. Im vergangenen April wurde auf einem Konzert in China ein Verdächtiger in einer Menge von 60 000 Menschen identifiziert und festgenommen. "Er war komplett geschockt, als wir ihn mitgenommen haben", sagte ein Beamter. "Er konnte nicht fassen, dass wir ihn in einer so großen Menge erkannt haben." Datenschützer und Menschenrechtsorganisationen warnten damals vor drohender Massenüberwachung, falls Technik für Gesichtserkennung flächendeckend zum Einsatz komme. Diese Befürchtung ist real. Das gilt nicht nur für China, wo Hunderte Millionen Kameras die Bürger überwachen. Anfang Mai veröffentlichte das Kartenverkaufsportal Ticketmaster, eine Tochterfirma des Musikkonzerns Live Nation, eine Investition in Blink Identity. Dieses Unternehmen stellt Gesichtserkennungssoftware her, die angeblich in Sekundenbruchteilen die Gesichter von Menschen erkennen kann, selbst wenn sich diese bewegen und nicht direkt in die Kamera blicken. Konzertbesucher müssten keine Eintrittskarten mehr vorzeigen, sondern können einfach durch die Sicherheitsschleuse gehen, so die Vision von Ticketmaster. Das klingt praktisch, aber auch unheimlich. Ticketmaster könnte eine gewaltige Datenbank mit allen Konzertbesuchern aufbauen. Die Technik soll 2019 erstmals zum Einsatz kommen und vorerst auf Freiwilligkeit beruhen. Wer vorab ein Selfie schickt, kann rein, ohne das Konzertticket rauszuholen. Die Technik macht Unschuldige zu vermeintlichen Kriminellen Gesichtserkennung ist auch in Deutschland schon im Einsatz. Am Bahnhof Südkreuz in Berlin und in Mannheim laufen Pilotprojekte. Die Software soll angeblich verdächtige Verhaltensweise im Voraus erkennen. Beim Champions-League-Finale im Mai setzte die Polizei flächendeckend Kameras im Stadion und in der Stadt ein, um Hooligans zu identifizieren. Unternehmen wie Amazon verkaufen solche Technik an US-Behörden. Die Technik arbeitet bisher allerdings ausgesprochen fehlerhaft. Beim Champions-League-Spiel lag die Fehlerquote bei 92 Prozent. Amazons Software verwechselte kürzlich 28 US-Kongressabgeordneten mit Kriminellen, und auch die Gesichtserkennung in Berlin würde bei einem Regelbetrieb Tausende Passanten zu Unrecht verdächtigen. Zumindest können deutsche Taylor-Swift-Fans wohl weiter Konzerte der Sängerin besuchen, ohne befürchten zu müssen, dass sie gefilmt werden. Ein Sprecher der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff sagte, für das Vorgehen gebe es in Deutschland vermutlich keine Rechtsgrundlage. Selbst die Gesichtserkennung in Berlin, bei der die Betroffenen informiert werden, sei nach Auffassung der Datenschutzbeauftragten problematisch. Ohne ausreichende Einwilligung sei es kaum vorstellbar, dass ein privater Veranstalter alle Konzertbesucher filmen und die Aufnahmen auch noch mit einer Datenbank abgleichen dürfe.
Auf einem Konzert sollen Besucher heimlich gefilmt und mit einer Datenbank abgeglichen worden sein. Das Vorgehen wirft Fragen auf.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/taylor-swift-konzert-gesichtserkennung-stalker-1.4252619
Taylor-Swift-Konzert: Gesichtserkennung gegen Stalker
00/12/2018
In einer vernetzten Welt können nicht nur Gesetze und Verfassungen für faire Bedingungen sorgen, sondern auch Daten. Vier Projekte von vier Frauen. ÆRTH: Adina Popescu will Blockchain für den Umweltschutz nutzen Blockchain ermöglicht es, digitale Vorgänge nachvollziehbar und fälschungssicher zu machen, seien es Finanztransaktionen oder auch der Austausch wissenschaftlicher Daten. Und zwar ohne, dass große Institutionen wie Banken oder Regierungen als Mittelsmänner daran beteiligt sind. Das Verfahren kann also für Transparenz und Unabhängigkeit im Netz sorgen - wenn es für einen guten Zweck eingesetzt wird. Adina Popescu will Blockchain nun für den Umweltschutz nutzen. Die gebürtige Rumänin ist studierte Philosophin, beschäftigt sich inzwischen aber hauptsächlich mit Technologie. Für die US-amerikanische Umweltorganisation Conservation International produzierte sie beispielsweise 360-Grad-Videos, um den Zustand der Erde besser erfahrbar zu machen. "Doch ich habe gemerkt, dass es nicht reicht, Menschen die Zerstörung unseres Planeten auf diese Art vor Augen zu führen", sagt sie. Deshalb baut sie gerade an einer Blockchain-Lösung, um Klima- und Umweltdaten verlässlicher und transparenter zu machen. Die Vision: ein interaktives 4-D-Modell der Erde, das in Echtzeit den Zustand des Planeten aufzeigt. Als Grundlage sollen unparteiisch erhobene Daten und deren Verifizierung dienen. Marktreif ist ÆRTH, wie sie ihr Projekt nennt, noch nicht. Doch das Potenzial, die Welt mit Blockchain gerechter zu machen, sei enorm: "Blockchain ist eine Revolution", sagt Adina Popescu. Die Technologie werde "ebenso starke gesellschaftliche Auswirkungen mit sich bringen wie das Internet bei dessen Einführung." Die Technologie habe lediglich einen schlechten Ruf, weil sie mit Bitcoin und Co. bislang vor allem im Bereich der Währungsspekulation eingesetzt wird und sehr viel Strom benötigt. Moderne Blockchains seien hingegen energie-effizienter und könnten in vielen Bereichen positive Veränderungen bewirken. Projekte in den USA arbeiteten daran, via Blockchain die Krankenversicherung neu zu strukturieren, andere an der gerechteren Vergütung von online vertriebener Musik. Und vor allem: an der Sicherung der eigenen, personenbezogenen Daten, was momentan eine der größten Herausfor-derungen des Internets darstellt. Was sich ebenfalls ändern sollte: "mehr Frauen, die sich mit der Technologie auseinandersetzen", sagt Popescu.
In einer vernetzten Welt können nicht nur Gesetze und Verfassungen für faire Bedingungen sorgen, sondern auch Daten. Vier Projekte von vier Frauen.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/technologie-und-faire-arbeitsbedingungen-vier-projekte-von-frauen-1.4252417
Wie Technologie für faire Arbeitsbedingungen sorgt
00/12/2018
In der digitalen Welt geht es zunehmend gleichförmiger zu. Es ist kein Zufall, dass es inzwischen Instagram-Accounts wie insta_repeat gibt, die ähnliche Motive anderer Nutzer zu einem Mosaik der Massenkultur zusammenstellen. Hier sieht man Dutzende Fotos, die kaum voneinander zu unterscheiden sind. Egal, ob pastellige Tischauflagen, Füße am Sandstrand oder dramatische Posen auf hohen Berggipfeln - alles schon mal dagewesen. Individualismus funktioniert einfach nicht, vor allem wenn seine Ausprägungen in leicht indizierbaren Suchbegriffen wie #travel, #goodlife oder #whereiwokeup daherkommen. Hinein in die konformistische Trostlosigkeit platzt nun Tiktok, eine Kurzvideo-App, die seit vergangenem Sommer die App-Stores der Welt von hinten aufrollt. Ein paar Hundert Millionen Mal ist das Programm inzwischen heruntergeladen worden. Aktive Nutzer gibt es aber deutlich weniger. Die App funktioniert ähnlich wie das vor einiger Zeit von Twitter aufgegebene Video-Projekt Vine, auch ein Quäntchen Snapchat ist in der Formel enthalten, jedenfalls wird den Nutzern eine Vielzahl von Bearbeitungsfunktionen und Filtern für ihre Filmchen geboten. Pausenhof-Atmosphäre Man muss die kurzen Filmchen nicht mögen. Trotzdem sind sie erst mal erfrischend. Vielleicht auch nur deshalb, weil man hier all das nicht vorfindet, was ein handelsübliches soziales Netzwerk in den vergangenen Jahren so schwierig gemacht hat. Es gibt hier weder auf den Nutzer zugeschnittene Inhalte noch penetrante Werbung und gesponserte Beiträge, es werden auch keine Blogeinträge geteilt, die auf die eine oder andere Seite des politischen Spektrums einschlagen. Hasserfüllte Posts sieht man ebenso selten wie Influencer, die irgendein obskures Produkt anpreisen, und das auch noch Arbeit nennen. Anders gesagt: Tiktok wäre ein kleines digitales Paradies - wenn es Nutzer gäbe, die älter als zwanzig sind. Entsprechend herrscht Pausenhof-Atmosphäre, wenige Peinlichkeiten werden ausgelassen. Die Nutzer zeigen Tanz-Choreografien zu aktuellen Hits, führen Zaubertricks auf oder liefern kleine Slapstick-Einlagen, und man sitzt davor und schämt sich fremd. Die New York Times schrieb dazu zuletzt sardonisch, Tiktok bringe den "Spaß zurück in die sozialen Medien". Wie es mit dem Portal weitergeht, ist schwer zu sagen. Das Geschäftsmodell ist mindestens unklar, helfen mag, dass hinter der App die chinesische Firma Bytedance steht, die mit einem Wert von mehr als 100 Milliarden Dollar derzeit als wertvollstes Start-up der Welt gilt. Das beste Zeichen dafür, dass es sich hier doch um ein Portal handeln könnte, das Potenzial für mehr hat, findet man allerdings bei der Konkurrenz: Facebook hat vor ein paar Wochen seinen eigenen Tiktok-Klon gestartet.
Mitten in die konformistische Trostlosigkeit platzt eine Kurzvideo-App namens Tiktok, hinter der Bytedance steckt, das derzeit wertvollste Start-up der Welt. Bringt Tiktok die Leichtigkeit zurück ins Netz?
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/kurzvideo-app-wie-tiktok-wieder-spass-ins-netz-bringen-moechte-1.4245789
Wie Tiktok wieder Spaß ins Netz bringen möchte
00/12/2018
Fotograf Kevin Abosch erklärt, wie Instagram die Fotografie verändert und warum teure Kameras kaum mehr bessere Bilder machen. Für Handy-Knipser hat er einen simplen, aber effektiven Tipp. Vor zehn Jahren war die Aufteilung klar: Handys zum Telefonieren, Kameras zum Fotografieren. Doch moderne Smartphones machen klassischen Kameras das Leben schwer. Für viele Menschen reicht die Qualität der Handyfotos völlig aus. Und für Profis? Der irische Starfotograf Kevin Abosch, dessen berühmtes Porträt einer Kartoffel für eine Million Dollar verkauft wurde, hat dem Smartphone-Hersteller Oneplus geholfen, die Kameras seiner Geräte zu entwickeln. Im Interview erzählt er, wie Instagram seine Arbeit verändert, und gibt Smartphone-Fotografen Tipps, wie sie am meisten aus ihrer Kamera herausholen. SZ: Mit modernen Smartphones kann fast jeder ein technisch nahezu perfektes Foto schießen, weil das Bild automatisch optimiert wird. Machen Sie sich Sorgen um den Beruf des Fotografen? Kevin Abosch: Ich weiß nicht, wie ein perfektes Foto aussieht. Vielleicht sind alle Bilder vollkommen unvollkommen. Trotz feinster Optik, empfindlichsten Sensoren und innovativer Bildverarbeitung ist es letztlich der Mensch, der den Auslöser betätigt und der unzählige Elemente außerhalb des Bereichs der Kamera steuert. Diese Entscheidungen werden sowohl bewusst als auch unbewusst gefällt und stellen sicher, dass die Menschheit selbst Teil des fotografischen Gleichgewichts ist. Warum sollte sich ein professioneller Fotograf Sorgen machen? Wie haben Smartphones und Instagram die Arbeit von professionellen Fotografen verändert? Mit dem Smartphone haben Nutzer ein tief greifendes und sinnvolles Mittel zur Verfügung. Viele Fotografen haben nur eine Smartphone-Kamera, mit der sie arbeiten, und mit der sie beeindruckende Arbeiten produzieren. Instagram hat sich als effektiver Weg erwiesen, um ein globales Publikum zu erreichen. Noch interessanter für mich ist, wie es die Ästhetik der Menschen beeinflusst und formt. Wenn Sie Zehntausende Ihrer besten Freunde sehen, die denselben "coolen" Filter verwenden, den Sie bereits verwendet haben, ist er nicht mehr so cool. Diese Landschaft mit den aufgebauschten Wolken war einmal "fantastisch", bis zu dem Zeitpunkt, an dem wir ständig eine ähnliche Landschaft von irgendwo auf der Welt sehen. Technologie hat einen tief greifenden Einfluss darauf, wie wir Fotos heute sehen - und wie wir dasselbe Bild morgen beurteilen. Detailansicht öffnen Kevin Abosch ist berühmt für das Bild einer Kartoffel, die vor schwarzem Hintergrund erscheint wie ein ferner Planet. Das Foto heißt "Potato #345" und wurde für eine Million Euro gekauft. (Foto: Kevin Abosch) Vor fünf Jahren war der Unterschied zwischen Spiegelreflex- und Smartphone-Fotos auf den ersten Blick ersichtlich. Heute gibt es manche Motive, bei denen Handyfotos fast mit professionellen Aufnahmen mithalten können. Braucht es in fünf Jahren überhaupt noch große, schwere Profikameras? Bei der Geschwindigkeit, mit der sich Kameras und Computer-Fotografie weiterentwickeln, glaube ich, dass innerhalb von fünf Jahren kaum noch eine schwere DSLR-Spiegelreflexkamera nötig sein wird. Für welche Motive und Lichtbedingungen eignen sich Smartphones besonders gut, und wofür benötigt man auch 2018 noch eine richtige Kamera? Smartphone-Kameras liefern aufgrund der relativ geringen Größe ihrer Sensoren bei guten Lichtbedingungen die besten Ergebnisse. Ich benutze mein Smartphone aber wie die meisten Leute für den Großteil meiner Fotos, und ich bereue es später nicht. Milliarden Menschen fotografieren mit Smartphones, wo vom Autofokus bis zum Weißabgleich alles von Maschinen statt von Menschen gesteuert wird. Deshalb ähneln sich die Bilder oft. Verliert die Fotografie an Charakter und Vielfalt? Gute Frage. Erinnert mich an die "Parkerisierung" von Weinen, bei denen der globale Weinmarkt Weine produzierte, die dem Gaumen des Weinkritikers Robert Parker gefallen sollten. Daraus resultierten Weine mit so ähnlichen Eigenschaften, dass Kenner den Weinmarkt für tot erklärten. Die Öffentlichkeit schien die große Anzahl an eichigen, vertrauten Aromen zu mögen. Wenn es um Ästhetik geht, stelle ich fest, dass Fotografien oft Merkmale aufweisen, auf die die Massen zu reagieren scheinen. Warum sie auf Schärfe, bestimmte sich wiederholende Muster, wärmere Farben und verschiedene Kompositionen und geometrische Elemente reagieren, hängt von Natur, Kultur und Einfluss ab. Der Fotograf kann jedoch Belichtung, Fokus, Farbbalance, Kontrast und andere Parameter manuell steuern, wenn er möchte. Die Frage ist: Will er das? Ich ermutige die Menschen, aus ihrer Komfortzone herauszutreten und mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Werkzeugen zu experimentieren. Um darauf zurückzukommen: Glaube ich, dass die Fotografie aufgrund von Smartphones an Charakter und Vielfalt verliert? Das tue ich nicht. Während die Technologie jedem ein großartiges Ausdrucksmittel zur Verfügung stellt, wird das Mittelmaß definitionsgemäß immer den Durchschnitt und somit den Großteil aller fotografischen Bilder darstellen. Könnte man Aufnahmen wie Potato #345 oder Ihre Porträt-Serien in vergleichbarer Qualität mit einem Smartphone machen? Ich habe kürzlich ein Porträt des Präsidenten von Qualcomm mit einem Oneplus 6T und einem LED-Lichtpanel aufgenommen. Die Ergebnisse waren fast nicht von Bildern zu unterscheiden, die ich mit einer DSLR gemacht habe. Die Lücke zwischen Smartphone- und Spiegelreflex-Kameras schließt sich. Ist ein Profi-Fotograf, der mit einer 10 000-Euro-Kamera atemberaubende Aufnahmen macht, automatisch auch ein guter Smartphone-Fotograf? Ich würde sagen, nicht unbedingt. Man darf die Bedeutung der Beziehung eines Fotografen zu einem bestimmten Gerät nicht unterschätzen. Wenn das Nutzererlebnis nicht reibungslos abläuft, kann dies problematisch sein. Es kann einige Zeit dauern, sich mit einem neuen Gerät vertraut zu machen. Gibt es objektive Kriterien für ein gelungenes Foto? Ein gelungenes Foto gefällt dem Fotografen. Mal angenommen, ich will mit meinem Smartphone ein Foto schießen, das Ihnen gefällt. Was sind die drei wichtigsten Dinge, auf die ich achten muss? Denken oder fühlen Sie, bevor Sie ein Foto aufnehmen. Fragen Sie sich, wie sich die Komposition auf das Motiv bezieht. Geringfügige Änderungen bei der Zusammenstellung können den emotionalen Wert eines Bildes ändern. Und das, was die meisten vergessen: Halten Sie die Linse sauber.
Fotograf Kevin Abosch erklärt, wie Instagram die Fotografie verändert und warum teure Kameras kaum mehr bessere Bilder machen. Für Handy-Knipser hat er einen simplen, aber effektiven Tipp.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/smartphones-fotografen-instagram-kameras-1.4249917
Smartphones könnten bald Spiegelreflexkameras ablösen
00/12/2018
Schlecht ausgeleuchteter Fußweg, Rascheln im Gebüsch, keine Menschenseele zu sehen - das sind die Momente, in denen es einem abends beim Joggen oder nachts auf dem Heimweg schon mal mulmig werden kann. An dieser Stelle setzen Begleit-Apps an. Sie geben Nutzern das Gefühl, nicht allein auf weiter Flur zu sein. Einmal gestartet, registrieren sie die Geo-Daten eines Smartphones, während dessen Besitzer auf dem Weg nach Hause ist. Sollte er oder sie dabei wirklich in Gefahr geraten, kann die Position an die Polizei übermittelt werden. Der größte Anbieter solch einer Begleit-App ist der Versicherungskonzern Axa, seine Anwendung heißt Wayguard. Registrierte Nutzer bitten entweder einen ebenfalls registrierten Kontakt, Freunde, Bekannte, Familienangehörige, mit ihnen virtuell nach Hause zu gehen. Der Begleiter sieht dann den Standort im Verlauf, beide können miteinander chatten und telefonieren. Oder man lässt sich vom Wayguard-Team begleiten. Die Mitarbeiter sitzen in der Leitstelle des Versicherers und sind rund um die Uhr erreichbar. Neben dem Axa-Produkt gibt es noch Komm Gut Heim, Vivatar und My Bodyguards. Was allerdings für sie alle gilt: Ist der Handyakku platt, das Datenvolumen verbraucht oder die Netzabdeckung schlecht, nutzen die Apps nichts. Meist wird das Angebot nachts und am Wochenende genutzt - vor allem von Frauen Axa möchte mit der App auch im Alltag als Sicherheitspartner wahrgenommen werden, heißt es im Konzern. Seit Oktober 2016 ist die Anwendung auf dem Markt, die Idee dazu war schon ein Jahr zuvor entstanden, betont Albert Dahmen, Leiter der Axa-Innovationseinheit und Mitentwickler der App: Wayguard sei keine Reaktion auf die Silvesternacht 2015/2016, in der zahlreiche Frauen auf dem Bahnhofsvorplatz und der Domplatte in Köln sexuell belästigt, genötigt und bestohlen wurden. Aktuell sind bei Wayguard rund 200 000 Menschen registriert, die Mehrzahl ist zwischen 18 und 35 Jahre alt und weiblich, immerhin 20 Prozent sind Männer. Am intensivsten wird das Angebot von Freitag bis Sonntag zwischen 17 Uhr und 2 Uhr morgens genutzt, eher zur Party- und Nachtzeit also. Dabei ist nicht die Dunkelheit das Problem, "sondern das, was sie verbergen könnte", sagt die Hamburger Psychologin Alissa von Malachowski: zwielichtige Gestalten, potenzielle Angreifer, aber auch ein Loch im Boden oder ein Tier. Angst vor solchen Gefahren ist nichts Schlechtes, sie schärft evolutionsbedingt unsere Sinne. Sie ist aber belastend und negativ, "wenn sie ins Übermäßige schlägt, das klare Denken hemmt", so Malachowski. Wenn eine Begleit-App ihrer Nutzerin so viel Sicherheit vermittelt, dass sie sich weniger belastet fühlt, ist viel erreicht. Gefahren entstehen natürlich nicht nur nachts. 2017 wurde der Fall einer 17-Jährigen aus Bayreuth bekannt, die im Ostsee-Urlaub bei einem Spaziergang zwar noch merkte, dass sie das Bewusstsein verlor, aber nicht mehr selbst Hilfe holen konnte. Sie schaffte es jedoch, über den Wayguard den Notruf zu aktivieren. Mithilfe der Geo-Daten fanden Rettungskräfte die junge Frau in einem Waldstück, die sich danach in einem Krankenhaus erholte. Doch trotz der Notruf-Funktion, für die es auch viele andere Apps gibt, zeigen die Erfahrungen, dass die Nutzer vor allem nicht allein sein wollen. "Die Hauptmotivation für Wayguard ist nicht der Notruf, sondern das Bedürfnis von Menschen, sich begleiten zu lassen", sagt Dahmen. Ungefähr 20 000 Begleitungen macht sein Team im Monat. Doch in den zwei Jahren, in denen die App auf dem Markt ist, gingen nur 1000 Notrufe ein. Und dabei handelte es sich etwa zur Hälfte um Testnotrufe, mit denen sich Nutzer vergewissern wollen, dass die Funktion arbeitet wie versprochen. "Rund 200 Notrufe mussten wir bisher aufgrund der Gefahrenlage von der Leitstelle an die Polizei weitergeben", so Dahmen. Ein Feedback bekommen die Mitarbeiter danach nicht, sie erfahren eher, wie im Fall der Bayreutherin, aus Zeitungsveröffentlichungen und Kommentaren auf ihrer Facebook-Seite, ob sie helfen konnten. Wayguard enthält zusätzlich Verhaltenshinweise, die in einer Kooperation mit dem Polizeipräsidium Köln erarbeitet wurden. "Wir haben das als Plattform gesehen, unsere Präventionstipps an die Frau und den Mann zu bringen", sagt Nina Bockheiser. Die Kriminalhauptkommissarin aus dem Polizeipräventionsteam betont, "eine App wie Wayguard kann das Sicherheitsgefühl einer Frau stärken. Aber sie stellt keine Sicherheit her." Trotzdem: Wenn sich jemand durch die digitalen Begleiter sicher fühle, strahle sie oder er das auch aus. Das nehmen potenzielle Angreifer wahr: "Täter suchen Opfer und keine Gegner. Sie möchten möglichst ohne Gegenwehr und ohne Zeugen ans Ziel gelangen." Axa trägt die Kosten für den Dienst und entwickelt ihn weiter. Für Menschen mit Sehbehinderungen etwa gibt es eine Voice-Over-Funktion. Außerdem zeigt die App 19 000 sogenannte Notinseln in Deutschland, eine Kooperation mit der Stiftung Hänsel + Gretel, die Anlaufstellen für Kinder in Gefahrensituationen schafft, etwa bei Einzelhändlern. Damit bedient Wayguard eine Zielgruppe, die sich nachträglich ergeben hat: Kinder, deren Eltern sie auf dem Heimweg von Schule, Sportverein oder Spielverabredung virtuell begleiten. Zu sehr sollte sich jedoch niemand auf die digitale Begleitung verlassen, der ständige Blick aufs Smartphone lenkt schließlich auch ab. "Eine Tat bahnt sich sehr häufig in irgendeiner Form an", sagt Kriminalbeamtin Bockheiser. Daher gelte so oder so: aufmerksam bleiben, sich immer wieder umsehen. Und im Zweifel einen Umweg gehen, der besser beleuchtet und mit friedlichen Menschen belebt ist.
Wer nicht allein unterwegs sein möchte, kann sich digital begleiten lassen. Spezielle Apps erfassen den Standort und setzen bei Bedarf einen Notruf ab.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/sicherheitstechnik-wie-apps-gegen-das-angstgefuehl-helfen-1.4248425
Wie Apps gegen das Angstgefühl helfen
00/12/2018
30 000 Herzen sind Gillian Brockell zugeflogen, und alle sind sie gebrochen. Mit dem Herz-Symbol drücken Twitter-Nutzer ihre Anteilnahme aus. Denn Brockell hat einen Brief an die Tech-Unternehmen Facebook, Instagram und Twitter sowie die Kredit-Scoring-Firma Experian auf Twitter veröffentlicht. Sie richtet eine Frage an diese Unternehmen, die Daten über Bürger sammeln. Eine Frage über Anstand in einer von Daten und Algorithmen getriebenen Gesellschaft: Warum konntet ihr meine Schwangerschaft erkennen, aber nicht den Tod meines Babys? Die Videoredakteurin der Washington Post hatte anfangs ihre Freude über ihre Schwangerschaft im Internet kundgetan. Sie verwendete den Hashtag #30weekspregnant, suchte im Netz nach Schwangerschaftskleidung und "baby-sichere Farbe für die Wiege". Sie legte bei Amazon eine "Baby-Wunschliste" an, über die Verwandte ihr Produkte für das Kind schicken lassen konnten, und bedankte sich bei Freundinnen für die Teilnahme an ihrer Baby-Party. Die Netzwerke, die Werbung im Internet verteilen, analysierten diese Daten und speicherten: Diese Frau ist schwanger - und bombardierten sie mit Anzeigen für alles, was Schwangere eben so brauchen sollen. Soweit, so Internet. Doch Brockells Sohn wurde tot geboren. "Vier Pfund, eine Unze", schreibt sie. Sie trauerte mit ihrem Mann. Doch die besten Werbe-Algorithmen der Welt trauerten nicht mit. Obwohl Brockell "Baby bewegt sich nicht" gegoogelt und den Tod später sogar in einem Beitrag bekanntgegeben hatte, in dem düstere Schlagworte wie "Stillgeburt" und "untröstlich" standen. (Allerdings postete sie diesen als Textkarte, die technisch schwieriger zu auszuwerten ist als ein Text-Post.) Die "zweihundert Tränen-Emojis meiner Freunde" seien ebenfalls ignoriert worden. Die Algorithmen nahmen an, die Geburt sei problemlos verlaufen Immer wenn sie das Smartphone zur Hand genommen habe, sei sie wieder mit der Werbung konfrontiert worden: für Schwangerschaftskleidung und "jeden gottverdammten Nippes von Etsy, den ich für das Kinderzimmer geplant hatte". Das Phänomen kennen viele Internetnutzer: Werbung zu einem bestimmten Produkt oder Thema verfolgt sie über mehrere Webseiten - und ist auch noch da, wenn sie das Produkt längst gekauft haben. Denn der Kauf wird nicht an das Werbenetzwerk gemeldet. Was im Fall von Sneakern irritiert, empfand Brockell als konstante Demütigung, während sie um ihr Baby trauerte. Ständig erinnerte Werbung sie an die Katastrophe. Die Scoring-Firma Experian sandte ihr sogar eine Mail, in der sie vorschlug, ihr Baby doch gleich zu registrieren, damit dessen Kredithistorie von Geburt an gespeichert werden könne. Die Algorithmen nahmen an, die Geburt sei problemlos verlaufen. Wie für alle Nutzer dürfte es auch für Brockell undurchsichtig gewesen sein, auf Basis welcher ihrer Daten ihr welche Werbung in welchem Netzwerk ausgespielt wurde. Für viele der mitfühlenden Kommentatoren unter dem Beitrag ist Brockells Geschichte mehr als eine Anekdote und zeigt die Kälte des Riesengeschäfts mit digitalem, angeblich maßgeschneidertem Marketing. Es ist die Geldmaschine im Herzen des Geschäftsmodells der Internet-Ökonomie. Wer bestimmte Begriffe sucht, bestimmte Links klickt, wird zum Beispiel von Facebook in Kategorien eingeteilt. Sie basieren auf den Interessen, die Facebook bei dem Nutzer vermutet. Dann verkauft Facebook die digitalen Werbeflächen im Facebook-Strom des Nutzers an Unternehmen, die zu diesen Interessen passende Produkte anbieten. Einige der IT-Konzerne erfassen freudige Ereignisse: Jahrestage von Freundschaften im Facebookschen Sinne oder Geburtstage, Amazon kennt Geburtstermine, wenn die Kunden diese für ihre "Baby-Wunschliste" angeben. Berüchtigt ist ein Fall von 2012, in dem die Handelskette Target die Schwangerschaft einer Teenagerin anhand von deren Datenspuren erkannte. Damals rückte die Idee, dass Unternehmen mehr über Menschen wissen als die über sich selbst, erstmals ins öffentliche Bewusstsein. Aber geht es um die dunklen Seiten des Lebens, versagen die Algorithmen. Der Fall erzählt viel über die ethischen Auswirkungen, die angeblich zielgerichtete Werbung auf unser Leben haben kann. Und über die Erwartungen, die wir mittlerweile mit Algorithmen verbinden. Für Gillian Brockell war es nicht die viel beschworene Allwissenheit der Algorithmen, die zum Albtraum wurde, sondern deren Dummheit: Einmal in eine Kategorie sortiert, kommt man so einfach nicht mehr aus ihr heraus. Im Bild der "künstlichen Intelligenz": Die Netzwerke waren geistig zu unflexibel, um dem Tod gerecht zu werden. Die richtige Einstellung ist schwer zu finden Brockells Erfahrung widerspricht der verbreiteten Furcht vor perfekten Datensammlungen, die über uns angelegt sind, und übermenschlich guter Überwachung durch Algorithmen. Sie sind nicht mehr so primitiv, dass sie uns völlig abseitige Werbung anzeigen. Sie sind aber auch noch nicht so komplex, dass sie sich an alle Unwägbarkeiten des Lebens geschmeidig anpassen. Um das zu schaffen, wäre entweder noch größere Datensammlungen und feinsinnigere Algorithmen nötig - also ein noch stärkeres Eindringen der Unternehmen in die Privatsphäre. Oder bessere Möglichkeiten, Werbung einzuschränken, die die intimsten Lebensbereiche betrifft. Damit diese wirklich viele Nutzer erreichen, müssten sie aber als Standardeinstellung gelten und nicht erst mühsam gesucht werden. Die Möglichkeit, Anzeigen zum Thema "Schwangerschaft" und "Elternschaft" abzustellen, fand Brockell erst nach dem Hinweis einer Person, die ihren offenen Brief gelesen hatte. Während sie trauerte, seien diese Einstellungen zu verwirrend für sie gewesen. (Zu finden sind diese Einstellungen für "Kindererziehung", "Alkohol" und "Haustiere" hier unter "Werbethemen verbergen".) Sie fordert, dass ein Begriff für Fehl- oder Totgeburt (im Englischen stillbirth) "automatisch eine Werbepause" auslösen sollte. Auch im Deutschen wird immer öfter der Begriff Stillgeburt verwendet, aus Rücksicht auf betroffene Frauen. Der österreichische Datenschutzaktivist Wolfie Christl äußert sich pessimistisch zu dem Fall. Er kommentiert auf Twitter: "Die heutige Werbetechnologie, die auf allgegenwärtigem Tracking basiert, kann nicht repariert werden." Brockell schreibt an die Unternehmen: "Wenn ihr klug genug seid, um zu merken, dass ich schwanger bin, dann seid ihr auch klug genug, um zu merken, dass mein Baby gestorben ist, und mir entsprechende Anzeigen zu zeigen, oder vielleicht, ganz vielleicht, überhaupt keine." Der Anfang ist gemacht. Neben Frauen, die von ihren verlorenen Babys erzählten, meldeten sich unter Brockells Brief Dutzende Informatiker, die gelobten, beim Programmieren künftig ethische Folgen ihrer Software stärker zu berücksichtigen. Rob Goldmann, bei Facebook für das Anzeigensystem zuständig, antwortete Brockell auf Twitter. Er entschuldigte sich für die "schmerzhafte Erfahrung", die sie erleben musste. Die Einstellung, die Anzeigen zum Thema "Kindererziehung" zu vebergen, werde man weiter verbessern. Brockell reagierte auf der Webseite ihres Arbeitgebers, der Washington Post: Wenn Facebooks Systeme auf Hinweise reagieren könnten, dass sie schwanger sei, sollten sie das auch auf Hinweise hin können, dass sie ihr Baby verloren habe. Wer mehr Kontrolle über die Anzeigen haben will, die ihm im Netz ausgespielt werden, kann das zum Beispiel auf youronlincechoices.com des digitalen Werbeverbundes EDAA tun.
Gillian Brockell hat ihr Baby verloren, aber sie wird immer noch mit Werbung für Mütter-Zubehör belästigt. Jetzt knöpft sie sich Facebook und Instagram vor.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-instagram-werbung-fehlgeburt-stillgeburt-anzeigen-1.4250009
Frau klagt Facebook und Instagram wegen Baby-Werbung an
00/12/2018
Komm Gut Heim 2014 entwickelten drei Regensburger Studenten die Begleit-App mit dem unmissverständlichen Namen Komm Gut Heim. Anlass war ein Unternehmensgründungswettbewerb. Doch der schnelle Erfolg zeigte, wie groß der Bedarf ist - die App hat rund 60 000 registrierte Nutzer. Der virtuelle Begleiter kann den Weg seines Schützlings auf einer Karte mitverfolgen, gezeigt werden außerdem Informationen wie Gehgeschwindigkeit und Akkustand. Ist der Nutzer zu lange inaktiv, warnt die Anwendung und fragt nach. In einer Gefahrensituation alarmieren Nutzer mit einem Button Menschen, die sie vorher als Notfallkontakt gespeichert haben. Außerdem praktisch: Mit der App können Nutzer gleiche mehrere Menschen gleichzeitig begleiten - wichtig etwa für Eltern, die ihre Kinder auf dem Schulweg oder auf dem Weg zum Musikunterricht digital im Blick behalten wollen. Die Geo-Daten werden nur mit den ausgewählten Kontakten geteilt. Das Start-up speichert jedoch die Wege für zwei Wochen, falls es im Nachhinein nötig werden sollte, die Strecke nachzuvollziehen. (kostenlos, für Android und iOS)
Die Apps Vivatar, my Bodyguards und Komm Gut Heim helfen.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/digitale-sicherheit-apps-gegen-die-angst-1.4248579
Digitale Sicherheit - Apps gegen die Angst
00/12/2018
Niedlich sieht sie aus, die kleine graue Box mit den drei Knöpfen. Die "Playstation Classic" passt in eine Hand, sonst ähnelt sie dem deutlich größeren Original - der ersten Playstation von 1994. Entwickler Sony hat das Gehäuse detailgetreu nachgebaut, im Innern treiben natürlich moderne Komponenten die Retro-Konsole an. Vor knapp 25 Jahren war die Playstation eine Revolution. Die Konsole markiert den Start der 3D-Ära im Gaming. Spiele wie "Tomb Raider", "Resident Evil" und "Gran Turismo", deren Fortsetzungen zwei Jahrzehnte später noch auf den nachfolgenden Konsolen-Generationen erscheinen, wurden durch die Playstation geprägt und prägten ihrerseits viele Spieler und Spiele. Die Folge: Viele heute erwachsene Gamer blicken nostalgisch zurück, Retro-Gaming liegt schon seit Jahren im Trend. Der japanische Spieleentwickler Nintendo hatte mit seinen Neuauflagen der noch älteren Konsolen NES und SNES in den vergangenen beiden Jahren große Erfolge. Für Sony ist es also als ein logischer Schritt, die Kult-Konsole in einer überholten Form neu aufzulegen. Aber die Nachbildung der Kult-Konsole steht seit dem Marktstart in der Kritik. Ähnlich wie Nintendo liefert auch Sony ein Paket von 20 Spielen mit. Das auf dem Gehäuse angedeutete CD-Laufwerk dient nur der Zierde, die Computerspiele sind auf einer kleinen Festplatte gespeichert. Es muss also niemand seine alten Spiele vom Dachboden holen und entstauben. Mehr Spiele wird es erst einmal nicht geben. Zu dem Paket gehören absolute Klassiker wie das erwähnte "Resident Evil", "Grand Theft Auto" und "Final Fantasy 7". Außerdem stehen einige weniger bekannte Spiele zur Verfügung, zum Beispiel das Snowboard-Spiel "Cool Boarders 2" oder das Rätselspiel "Intelligent Qube". Liebe zum Detail beim Gehäuse, Mängel bei Technik Neben der Retro-Grafik der Spiele hat Sony versucht, viele Funktionen möglichst an die originale Playstation anzulehnen. Die Classic-Version ist mit viel Liebe zum Detail gestaltet: Die beiden mitgelieferten Controller kennen weder die Vibrationsfunktion noch haben sie einen Steuerknüppel. Das macht die Steuerung in einigen Spielen aus heutiger Sicht ziemlich fummelig. Seine Spielstände speichert der Spieler auf virtuellen Speicherkarten und in umfangreicheren Titeln, zum Beispiel "Final Fantasy", bittet die Konsole zwischendurch um einen virtuellen CD-Wechsel. Ein Gag der Entwickler: Nach einem Druck auf den "Open"-Knopf am Gehäuse verschwindet die Nachricht. Trotzdem hat die Playstation Classic einige Mängel. Am wenigsten stört noch, dass zum Lieferumfang zwar ein USB-Kabel gehört, der Netzwerkadapter aber fehlt, um die Konsole an den Strom anzuschließen. Bei der Auswahl der Spiele hat Sony auf einige der wichtigsten Klassiker verzichtet: "Tomb Raider", "Gran Turismo" oder "Crash Bandicoot", eines der ersten Jump-'n'-Run-Spiele in 3D überhaupt, gehören nicht zu den 20 vorinstallierten Spielen. Sony plant nicht, die Konsole in Zukunft upzudaten, einen Internetanschluss hat die Classic auch keinen. Bei vielen Fans und Fachzeitschriften kommt die Konsole deshalb nicht besonders gut an. Unterschiedliche Versionen führen zu Rucklern Noch mehr als das Fehlen von Spielen wird kritisiert, dass viele der Spiele ruckelten oder die Grafik noch schlechter dargestellt werde als auf der ursprünglichen Playstation. Um die alten Games heute spielbar zu machen, nutzt die Playstation Classic einen Open-Source-Emulator, doch offenbar hat Sony bei der Umsetzung geschludert. Wie das Techportal Golem berichtet, kommt es im Rennspiel "Ridge Racer Type 4" zu Aussetzern beim Sound und die Bildrate stottert. Große Diskussionen unter Gamern löste zudem aus, dass die Spiele in unterschiedlichen Formaten auf der Playstation Classic installiert sind - neun in PAL und elf in NTSC. Die beiden Formate nutzen unterschiedliche Bildraten, dadurch werden neun der Spiele langsamer dargestellt. Im Test machte sich das am ehesten in "Grand Theft Auto" und in "Tekken 3" bemerkbar. Gelegenheitsspieler, die sich die Retro-Konsole der Nostalgie wegen gekauft haben, werden die Unterschiede ohne einen direkten Vergleich sonst nicht bemerken. Für die Computerexperten unter den Fans gibt es aber auch eine gute Nachricht: Weil die Software Open-Source ist, lässt sie sich vergleichsweise einfach manipulieren. Golem erklärt im Video, wie Spieler mit einer Tastatur in die Einstellungen gelangen, um dort die Grafik anzupassen. Bastler haben es mittlerweile auch geschafft, das von Sony ignorierte "Crash Bandicoot" auf der Playstation Classic zu installieren. Beides ist von den Entwicklern nicht vorgesehen. Aber möglicherweise braucht es einfach andere Hardware, um die Playstation-Klassiker zu Hause ruckelfrei spielen zu können. Wie ein Youtube-Video beweisen soll, läuft das Playstation-Spiel "Ridge Racer Type 4" auf der Nintendo-Nachbildung SNES Classic deutlich flüssiger als auf dem Gerät von Sony.
Sony hat die erste Playstation von 1994 geschrumpft und neu aufgelegt. Allerdings fehlen dem enthaltenen Spielepaket viele Klassiker.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/playstation-classic-spiele-test-1.4249418
Playstation Classic im Test: Jede Menge Fehler
00/12/2018
Die Deutschen sind Bargeld-Fans. Die einzige politische Forderung, die kurzfristig ähnlich viele Wählerstimmen kosten dürfte wie die geplante Einführung eines Veggie-Days in deutschen Kantinen, ist die Abschaffung des Bargelds. Nur folgerichtig, dass das Land bei der Entwicklung mobiler Bezahlsysteme hinterherhinkt. Dabei tut sich auch in Deutschland was: In diesem Jahr betrug der Anteil des mit EC-Karte, Kreditkarte oder sonstigem bargeldlos Gezahlten fast 50 Prozent. Das beste Argument für diesen langsamen, aber doch stetigen Wandel: Bequemlichkeit. Banken bauen Filialen ab, die Suche nach einem Geldautomaten des eigenen Bankenverbundes ist frustrierend. Bezahlen mit dem Handy soll diese Entwicklung jetzt noch beschleunigen. Doch kann in Deutschland Ende 2018 überhaupt überleben, wer ausschließlich mit dem Telefon bezahlt? Ein zweiwöchiges Experiment mit Google Pay soll eine Antwort geben.
Jetzt führt auch Apple in Deutschland mobiles Bezahlen ein. Google Pay für Android-Handys gibt es schon seit Juni. Aber kann das Smartphone im Alltag wirklich schon das Bargeld ersetzen? Ein Selbstversuch.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/bargeldlos-bezahlen-smartphone-1.4246748
Mobile Pay per Handy: Für Pommes und Burger reicht's
00/12/2018
Mit Apple Pay zu zahlen ist ab heute in Deutschland möglich. Allerdings bleiben viele Bankkunden außen vor. Bezahlen mit Apple Pay ist seit heute auch für iPhone-Besitzer in Deutschland möglich. Die Anmeldung dauert nur wenige Minuten und man benötigt nicht einmal eine extra App. iPhone-Nutzer öffnen auf ihrem Handy das Wallet - die digitale Brieftasche. Dort wird man direkt auf den neuen Bezahldienst hingewiesen. Um den Dienst nutzen zu können, braucht der Nutzer allerdings eine Kreditkarte, die von Apple Pay unterstützt wird. Welche das aktuell sind, erfährt man direkt beim Einrichten. Folgende Geldhäuser kooperieren aktuell mit Apple: Comdirect, Deutsche Bank, American Express, Boon, Bunq, Fidor Bank, Hanseatic Bank, Hypo Vereinsbank/Unicredit, N26, O2 Banking, Ticket Restaurant Edenred, Vimpay. Die Kreditkarte wird dann entweder über die Kamera eingescannt, oder man tippt die Daten manuell ein. Alles recht einfach und selbsterklärend - außer man ist kein Kunde bei einer der bereits kooperierenden Banken. Und das dürften in Deutschland einige sein, zum Beispiel alle Kunden von Sparkassen oder Volksbanken. Diesen Menschen bleibt nur das Hintertürchen über Dienste, die virtuelle Prepaid-Kreditkarten anbieten. Sparkassenkunden müssen einen Umweg gehen Der bekannteste Anbieter dafür ist Boon. Zuerst muss die Boon-App auf dem Handy installiert werden. Noch bevor man sich mit seinen persönlichen Bankdaten registriert, kommt bereits die erste Ernüchterung: Boon möchte nach drei kostenlosen Monaten eine Gebühr von 1,49 Euro pro Monat. Ist der Nutzer bereit, das zu zahlen, kann er mit der App eine virtuelle Kreditkarte erstellen, die dann wiederum im Apple-Wallet hinterlegt werden kann. Das funktioniert technisch einwandfrei. Allerdings ist Boon keine echte Kreditkarte, sondern ein Prepaid-System. Das bedeutet, der Kunde muss die virtuelle Kreditkarte in der Boon-App mit Guthaben aufladen - zum Beispiel über ein Kreditkartenkonto oder ein Girokonto bei seiner Hausbank. Im Basic-Paket geht das gerade mal mit hundert Euro pro Monat. Will man mehr Geld auf seine virtuelle Kredikarte buchen, muss man die Boon-Plus-Mitgliedschaft freischalten. Dafür braucht es dann Identitäts- und Adressnachweise, die man über die App hochladen muss. Nach einem ähnlichen Prinzip funktioniert die App Vimpay. Auch darüber kann man eine Prepaid-Kreditkarte aktivieren und mit einem Bankkonto verknüpfen, um am Ende über Apple Pay bezahlen zu können. Die Basisversion ist kostenlos und erlaubt einen Umsatz von 2500 Euro pro Jahr, am Tag kann man maximal hundert Euro einzahlen. Will man größere Beträge über Vimpay verwalten, kostet die App 4,99 Euro pro Monat. Der größte Nachteil dieser Apps: Der Kunde muss vor dem Bezahlen mit Apple Pay immer erst sicherstellen, dass sein Guthaben auf der virtuellen Kreditkarte für den Einkauf ausreicht - oder die Karte aufladen. Beim Apple-Konkurrenten Google, der mit Google Pay bereits seit diesem Sommer ein kontaktloses Bezahlsystem per Smartphone anbietet, ist die Liste der kooperierenden Banken zwar noch kürzer. Dafür bietet Google seit Oktober die Möglichkeit, ein Paypal-Konto als Zahlungsmittel zu nutzen, wenn man ein Bankkonto bei Paypal hinterlegt hat. Der US-Zahlungsdienst kann prinzipiell von jedem genutzt werden und hat laut eigenen Angaben in Deutschland aktuell mehr als 20 Millionen Nutzer.
Apple Pay auf dem iPhone einzurichten, geht in wenigen Minuten - wenn man die richtige Kreditkarte hat. Google ist seinem Konkurrenten auch hier einen Schritt voraus.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/apple-pay-bezahlen-kreditkarte-1.4248233
Apple Pay einrichten und nutzen
00/12/2018
Jeder Staatsbürger muss sich an die im Bundesgesetzblatt verkündeten Gesetze halten. Zugriff auf die Publikation haben die Bürger jedoch bislang nur eingeschränkt. Jedes Gesetz, das in Deutschland gelten soll, muss vorher im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. So schreibt es Artikel 82 des Grundgesetzes vor - welches am 23. Mai 1949 selbst in der ersten Ausgabe des Bundesgesetzblattes verkündet wurde. Das Bundesgesetzblatt ist ein hochoffizielles amtliches Organ. Jeder Staatsbürger muss sich an die darin verkündeten Gesetze halten. Zugriff auf die Publikation hatten die Bürger jedoch bislang nur eingeschränkt. Aktivisten der Open Knowlegde Foundation (OKF) wollen das ändern und veröffentlichen am Montag alle Ausgaben frei im Internet. Die Süddeutsche Zeitung konnte das Portal vorab einsehen. Die OKF, die sich für Informationsfreiheit einsetzt, greift damit ein Monopol an. Denn das Bundesgesetzblatt ist trotz aller Amtlichkeit ein kommerzielles Produkt eines profitorientierten Unternehmens. Der für seine Verbreitung zuständige Bundesanzeiger-Verlag wurde zuerst teilweise und dann ganz privatisiert. Seit 2006 ist er eine hundertprozentige Tochter des Kölner Medienkonzerns Dumont, zu dem auch Regionalzeitungen und Radiosender gehören. Verschiedene Abo-Modelle Dumont bietet verschiedene Abo-Modelle rund ums Bundesgesetzblatt an: Für 85 Euro pro Halbjahr bekommt man jede neue Ausgabe gedruckt nach Hause, für halbjährlich 99 Euro digitalen Zugriff auf das gesamte Archiv, für 24 Euro eine E-Mail-Benachrichtigung bei jeder Neuerscheinung. Kostenlos gibt es lediglich eingeschränkten Online-Zugang. Die Datenbank lässt sich nicht durchsuchen, die PDF-Dateien lassen sich nicht ausdrucken und dürfen nicht weiterverarbeitet werden. Für die allermeisten Bürger dürfte dieses Angebot ausreichen. Zumal das Bundesjustizministerium ein eigenes Online-Portal betreibt, in dem der jeweils aktuelle Stand aller Gesetze unbeschränkt veröffentlicht ist (anders als im Gesetzblatt lassen sich darüber beispielsweise Gesetzesänderungen nicht nachvollziehen). Auf dieses Angebot weist auch ein Sprecher des Ministeriums auf Anfrage hin. Für die OKF geht es aber um eine Grundsatzfrage: "Amtliche Dokumente müssen kostenfrei und uneingeschränkt online für die Öffentlichkeit zugänglich sein", schreiben die Aktivisten, "Monopolisten dürfen nicht für den Zugang zu staatlichen Daten zur Kasse bitten. Das Urheberrecht muss geändert werden, damit zentrale Dokumente der Demokratie offen bereitstehen." Der Bundesanzeiger-Verlag verweist auf Anfrage darauf, dass die amtliche Verbreitung des Bundesgesetzblattes die gedruckte Ausgabe sei. Der Online-Zugang sei ein reines Zusatzangebot des Verlages. Zugangsbeschränkungen dank Urheberrecht? Im Kleingedruckten auf der Verlags-Webseite sind die Zugangsbeschränkungen mit dem Urheberrecht begründet. Von diesem sind amtliche Schriftstücke wie die Bundesgesetzblätter zwar zunächst ausgenommen - niemand kann sich solche Texte schützen lassen. Der Bundesanzeiger-Verlag argumentiert aber mit dem Datenbankschutz. Das ist ein spezieller Passus im Urheberrechtsgesetz, der systematische Sammlungen von Werken unter Schutz stellt, selbst wenn die Werke selbst nicht geschützt sind. Wer sich also die Mühe macht, Texte aus verschiedenen Quellen zusammenzutragen, aufzubereiten und systematisch zu ordnen, dem gesteht das Recht einen gewissen Schutz zu. Voraussetzung ist dabei, dass der Aufbau der Datenbank "eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition erfordert". Verlag und Justizministerium sehen diesen Aufwand als erbracht an. Manche Urheberrechtler kommen zu einer anderen Einschätzung. Denn der Verlag bekommt die Dokumente vom Justizministerium fertig geliefert und muss sie nur noch online stellen. Genau das macht nun die Open Knowlegde Foundation - nur eben ohne Einschränkungen. Die Dokumente lassen sich abspeichern, kopieren, ausdrucken und weiterverbreiten. Eine Abmahnung durch den Bundesanzeiger-Verlag nimmt die Organisation dabei bewusst in Kauf. "Dann könnten wir die Rechtmäßigkeit der Zugangsbeschränkung grundsätzlich vor Gericht klären lassen", sagt Arne Semsrott, der sich bei der OKF um das Thema Informationsfreiheit kümmert, "wir sehen dem gelassen entgegen." Es stellt sich die Frage, warum das Bundesjustizministerium die Dokumente nicht einfach selbst online stellt. Die Antwort erzählt auch etwas über den Stand der Digitalisierung des deutschen Staatswesens. Denn der primäre Verbreitungsweg der Bundesgesetzblätter ist eben weiterhin die gedruckte Ausgabe. Der Bundesanzeiger-Verlag hat sich gegenüber dem Bundesjustizministerium verpflichtet, sich um Druck und Vertrieb zu kümmern. Und darf im Gegenzug eben auch an der Online-Version etwas dazuverdienen. So lässt es sich aus dem Vertrag zwischen Verlag und Ministerium herauslesen - den die Vertragspartner allerdings lieber unter Verschluss halten möchten und auch auf Drängen der Open Knowlegde Foundation nur mit umfangreichen Schwärzungen offengelegt haben. Ein interessanter Satz immerhin ist frei lesbar: "Der Bund beabsichtigt, die heutigen Funktionen des Bundesgesetzblattes künftig ganz oder teilweise von einem hierzu noch zu beauftragenden Dritten in elektronischer Form erfüllen zu lassen." Das Bundesjustizministerium teilt dazu mit, es beabsichtige, die Voraussetzungen dafür im Laufe der aktuellen Legislaturperiode zu schaffen. Der Bundesanzeiger-Verlag betreut noch eine Reihe weiterer Veröffentlichungen und Portale des Bundes, etwa das Transparenzregister, die Drucksachen des Bundestags und eben den Bundesanzeiger, in dem amtliche und gerichtliche Bekanntmachungen sowie Geschäftsberichte von Unternehmen veröffentlicht werden. Die Stellungnahme des Bundesjustizministeriums wurde nachträglich ergänzt.
Im Bundesgesetzblatt werden alle beschlossenen Gesetze verkündet. Daran muss sich jeder Bürger halten, aber nicht jeder darf auf sie kostenlos zugreifen. Die Open Knowledge Foundation ändert das nun.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/offene-daten-aktivisten-stellen-alle-bundesgesetzblaetter-ins-netz-1.4246682
Offene Daten - Aktivisten stellen alle Bundesgesetzblätter ins Netz
00/12/2018
Nach einem EuGH-Urteil sind Facebook und die Betreiber von Fanpages für die Nutzerdaten verantwortlich. Rechtsanwältin Franziska Ladiges erklärt, was nun zu beachten ist. Im Juni hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass die Betreiber von Facebook-Fanpages zusammen mit Facebook dafür verantwortlich sind, wie Daten verarbeitet werden. Das Unternehmen hat seine Nutzungsbedingungen aktualisiert und die Berliner Datenschutzbeauftragte einen Fragenkatalog veröffentlicht, mit dem die Betreiber prüfen sollen, ob sie die gesammelten Daten rechtmäßig verarbeiten. Franziska Ladiges, Rechtsanwältin im Bereich IT bei SKW Schwarz in München, weiß, was die Fanpage-Betreiber beachten sollten, ob ihnen nun Abmahnungen drohen. SZ: Frau Ladiges, wie sieht eine datenschutzkonforme Facebook-Fanpage aus? Franziska Ladiges: Betreiber sollten Besuchern ihrer Website oder Fanpage in jedem Fall transparent machen, welche Daten zu welchem Zweck durch wen verarbeitet werden, und sie sollten darüber aufklären, dass sie dafür die gemeinsame Verantwortlichkeit mit Facebook tragen. Die Datenschutzerklärung der Unternehmen, auf die auf jeder Webseite verlinkt werden muss, ist anzupassen. Besonders die Besucher sind zu berücksichtigen, die kein Mitglied von Facebook oder einer anderen Social-Media-Plattform sind, weil sie der Verarbeitung ihrer Daten durch Facebook nie zugestimmt haben. Dass er eine rechtmäßige Datenverarbeitung gewährleisten kann, muss der Fanpage-Betreiber nachweisen können. Und er muss angeben, wem gegenüber Seitenbesucher ihre Rechte aus der DSGVO geltend machen können. Interview am Morgen Diese Interview-Reihe widmet sich aktuellen Themen und erscheint von Montag bis Freitag spätestens um 7.30 Uhr auf SZ.de. Alle Interviews hier. Reicht das? Nutzt der Betreiber der Social-Media-Plattform Trackingtools, muss er nach Ansicht der Datenschutzkonferenz auch dazu eine Einwilligung der Besucher einholen. Diese Anforderung ist jedoch stark umstritten, da anonymes Tracking auch auf das berechtigte Interesse des Betreibers gestützt werden könnte. Inwieweit soll der jetzt veröffentlichte Fragenkatalog der Berliner Datenschutzbeauftragten dabei helfen? Der Fragenkatalog ist sehr detailliert und wird durch die Betreiber von Fanpages nicht ohne die Hilfe von Facebook bearbeitet werden können. Er zeigt, worauf die Aufsichtsbehörde ein besonderes Augenmerk legt. Aus dem Fragenkatalog ergibt sich, dass die Behörde davon ausgeht, dass die bislang von Facebook vorgelegte Vereinbarung nicht ausreichend ist, um Datenschutzkonformität herzustellen. Betreiber von Fanpages sind insofern gut beraten, so detaillierte Informationen zur gemeinsamen Verarbeitung wie möglich in ihre Datenschutzerklärungen aufzunehmen. Was können die Betreiber dabei alles falsch machen? Die größte Hürde dürfte noch immer sein, dass Facebook keinen Einblick in die internen Verarbeitungsvorgänge gewährt. Insofern stehen Betreiber einer Fanpage vor einem Informationsdefizit und können nicht so detailliert aufklären, wie sich einige Datenschutzbehörden das wohl vorstellen. Aber die Datenschutzerklärung sollte so transparent wie möglich über die Datenverarbeitung und die Rechte der Besucher aufklären. Drohen Sanktionen, wenn die Betreiber die Vorgaben nicht einhalten? Die zuständige Aufsichtsbehörde kann die umgehende Stilllegung der Fanpage verlangen und Bußgelder nach der DSGVO verhängen. Zu beachten ist, dass erster Ansprechpartner für die korrekte Ausgestaltung des Datenschutzes auch nach Ansicht des EuGH Facebook ist. Inwiefern sich deutsche Aufsichtsbehörden daran halten, bleibt abzuwarten. Müssen die Betreiber zusätzlich mit Abmahnungen rechnen? Abmahnungen durch Nutzer oder Konkurrenten sind aktuell nicht sehr wahrscheinlich. Zum einen gibt es inzwischen Gerichtsurteile, die die Abmahnfähigkeit von Verstößen gegen Datenschutzvorschriften verneinen (z.B. LG Bochum vom 07.08.2018, I.12 O 85/18 ). Zum anderen ist die Rechtslage zu Fanpages bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - auf dessen Vorlagefragen hatte der EuGH entschieden - nicht abschließend geklärt, sodass nicht einmal feststeht, ob es tatsächlich einen Verstoß gibt. Was raten Sie den Betreibern von Facebook-Fanpages? Auf keinen Fall sollten Fanpage-Betreiber in Panik geraten und voreilig ihre Fanpage stilllegen. Viele Unternehmen nutzen ihre Fanpage, um Kunden oder Mitarbeiter zu gewinnen. In diesem Fällen wäre eine Stilllegung fatal. Wird die Fanpage nicht aktiv genutzt, ist die vorübergehende Stilllegung eine Option. Die Betreiber sollten die Entwicklung weiter verfolgen und abwarten. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts wird entscheidend dafür sein, wie es mit diesen Seiten weitergeht.
Nach einem EuGH-Urteil sind Facebook und die Betreiber von Fanpages für die Nutzerdaten verantwortlich. Rechtsanwältin Franziska Ladiges erklärt, was nun zu beachten ist.
digital
https://www.sueddeutsche.de/digital/facebook-fanpage-datenschutz-rechtsanwalt-1.4227276
Datenschutzrecht bei Facebook-Fanpages
00/12/2018