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wienbarg_feldzuege_1834 | 190 | Seine Schuͤler ſchlagen ein Kreuz, faſſen ihn getroſt beim Rockzipfel und gehen mit ihm durch Dick und Duͤnn, was freilich am Ende nichts ſchadet, da die Leitung eines ausgezeichneten Mannes, ſelbſt in die Irre, immer belehrend und fruchtreich iſt. | Seine Schüler schlagen ein Kreuz, fassen ihn getrost beim Rockzipfel und gehen mit ihm durch dick und Dünn, was freilich am Ende nichts schadet, da die Leitung eines ausgezeichneten Mannes, selbst in die Irre, immer belehrend und fruchtreich ist. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 191 | Allein wir fragen nur, iſt das der Weg zur Geſchichte, kann ſelbſt in ſpaͤtern, ſogenannten hellen und hiſtoriſchen Zeiten etwas zur Geſchichte erhoben werden, was nicht im Urſprung Geſchichte war? | Allein wir fragen nur, ist das der Weg zur Geschichte, kann selbst in späteren, sogenannten hellen und historischen Zeiten etwas zur Geschichte erhoben werden, was nicht im Ursprung Geschichte war? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 192 | Duͤrfen alterthuͤmliche Forſchungen, waͤren ſie noch ſo geiſtreich und ſcharfſinnig, den großen Namen „Geſchichte“ an der Stirn fuͤhren? | Dürfen altertümliche Forschungen, wären sie noch so geistreich und scharfsinnig, den großen Namen „Geschichte“ an der Stirn führen? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 193 | Nein, meine Herren, das duͤrfen ſie nicht. | Nein, meine Herren, das dürfen sie nicht. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 194 | Geſchichte iſt nicht das Reſultat gelehrter Forſchungen, ſie ſpringt nackt und ſchoͤn wie Aphrodite aus dem Schaum der Wellen, wie Minerva in unmittelbarer Vollendung aus dem Haupte der kreiſenden Zeit. | Geschichte ist nicht das Resultat gelehrter Forschungen, sie springt nackt und schön wie Aphrodite aus dem Schaum der Wellen, wie Minerva in unmittelbarer Vollendung aus dem Haupte der kreisenden Zeit. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 195 | Nehmen Sie an, man koͤnnte es in einer nachtraͤglichen Geſchichte zu einer gewiſſen aͤußerlichen, ich moͤchte ſagen peinlichen, dem Verhoͤr von hundert durcheinanderſprechenden Zeugen abgewitzigten Wahrheit bringen, was waͤre dieſe? | Nehmen Sie an, man könnte es in einer nachträglichen Geschichte zu einer gewissen äußerlichen, ich möchte sagen peinlichen, dem Verhör von hundert durcheinandersprechenden Zeugen abgewitzigten Wahrheit bringen, was wäre diese? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 196 | Ein todtes Reſiduum von Kraͤften, die, laͤngſt im großen Weltenraum zerſtoben und verflogen, kein Zauberſpruch zuruͤckbeſchwoͤrt, Muſchel, kalkene Schale auf den Gebirgen, die nur ſchwache, unſichere Spuren ehemaliger Beſeelung erlugen laͤßt. | Ein totes Residuum von Kräften, die, längst im großen Weltenraum zerstoben und verflogen, kein Zauberspruch zurückbeschwört, Muschel, kalkene Schale auf den Gebirgen, die nur schwache, unsichere Spuren ehemaliger Beseelung erlugen lässt. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 197 | Aber die Seele? | Aber die Seele? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 198 | die innere Wahrheit? | die innere Wahrheit? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 199 | Wahrheit, ſeliger Reinhold, was iſt Wahrheit? | Wahrheit, seliger Reinhold, was ist Wahrheit? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 200 | Ich fuͤhle es, was ich geſchichtliche Wahrheit nenne, hat fuͤr mich etwas Unmittelbares und Zuverſichtliches, etwas, was allen kleinlichen Zweifel niederſchlaͤgt, was meinen Geiſt mit ſuͤßem Verſtaͤndniß in ſeine Kreiſe zieht. | Ich fühle es, was ich geschichtliche Wahrheit nenne, hat für mich etwas Unmittelbares und Zuversichtliches, etwas, was allen kleinlichen Zweifel niederschlägt, was meinen Geist mit süßem Verständnis in seine Kreise zieht. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 201 | Ich hoͤre das Fernſte aus fernen Zeiten und verſtehe es ſonder Muͤhe; ich ſehe die wunderbarſten Geſtalten und Erſcheinungen an mir voruͤberziehen und bin mit ihnen vertraut, wie mit alten Bekannten und kann mir ihre Wirklichkeit nicht anders denken, als wie ſie mir eben erſcheint. | Ich höre das Fernste aus fernen Zeiten und verstehe es sonder Mühe; ich sehe die wunderbarsten Gestalten und Erscheinungen an mir vorüberziehen und bin mit ihnen vertraut, wie mit alten Bekannten und kann mir ihre Wirklichkeit nicht anders denken, als wie sie mir eben erscheint. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 202 | Denn ſo kryſtalliſch klar ſteht die That, der geſchichtliche Heldenleib vor meinen Augen da, daß ich die innerſte Seele, die Alles belebt und bewegt, die zarteſten Adern, die feinſten Gefaͤße, den ganzen lebendigen Organismus hell und offen vor mir liegen ſehe. | Denn so kristallisch klar steht die Tat, der geschichtliche Heldenleib vor meinen Augen da, dass ich die innerste Seele, die alles belebt und bewegt, die zartesten Adern, die feinsten Gefäße, den ganzen lebendigen Organismus hell und offen vor mir liegen sehe. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 203 | Iſt das nun, wie ich's beſſer fuͤhle als ausſprechen kann, hervorſtechender Charakterzug der Geſchichte, ſo ſind mir Homer's goͤttliche Geſaͤnge tauſendmal geſchichtlicher, als die aſſyriſche, aͤgyptiſche, perſiſche Hiſtorie, ja, Homer's Achilles hat in meinen Augen mehr Fleiſch und Bein, als Cyrus und der große Alexander. | Ist das nun, wie ich es besser fühle als aussprechen kann, hervorstechender Charakterzug der Geschichte, so sind mir Homers göttliche Gesänge tausendmal geschichtlicher, als die assyrische, ägyptische, persische Historie, ja, Homers Achilles hat in meinen Augen mehr Fleisch und Bein, als Cyrus und der große Alexander. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 204 | Alexander — welche Verkehrheit, von einer Geſchichte Alexanders zu ſprechen. | Alexander — welche Verkehrtheit, von einer Geschichte Alexanders zu sprechen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 205 | Wiſſen wir nicht, daß es der einzige große Schmerz des Welteroberers war, keinen wuͤrdigen Geſchichtſchreiber, keinen Homer zu beſitzen? | Wissen wir nicht, dass es der einzige große Schmerz des Welteroberers war, keinen würdigen Geschichtsschreiber, keinen Homer zu besitzen? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 206 | Deſſenungeachtet haben wir eine Geſchichte von ihm? | Dessen ungeachtet haben wir eine Geschichte von ihm? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 207 | Was man unter Gevattern Geſchichte nennt, in der That aber ſo wenig eine, ſo ſehr keine, daß man heutigen Tags nicht weiß, ſoll man ihn einen jungen Gott oder einen wahnſinnigen Melech nennen. | Was man unter Gevattern Geschichte nennt, in der Tat aber so wenig eine, so sehr keine, dass man heutigentags nicht weiß, soll man ihn einen jungen Gott oder einen wahnsinnigen Melech nennen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 208 | Wer zeichnet uns das lebendige Alexandergeſicht? | Wer zeichnet uns das lebendige Alexandergesicht? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 209 | Plutarch von Chaͤronea, Quintus Curtius, Schloſſer von Heidelberg, oder die allgemeine Welthiſtorie, ſo in England durch eine Geſellſchaft von Gelehrten u. ſ. w. — o uͤber den armen großen Alexander! | Plutarch von Chaironeia, Quintus Curtius, Schlosser von Heidelberg, oder die allgemeine Welthistorie, so in England durch eine Gesellschaft von Gelehrten u. s. w. — o über den armen großen Alexander! |
wienbarg_feldzuege_1834 | 210 | Geſchichtliche Wahrheit iſt lebendige Harmonie zwiſchen Leib und Seele der Geſchichte, zwiſchen Gedanke und That. | Geschichtliche Wahrheit ist lebendige Harmonie zwischen Leib und Seele der Geschichte, zwischen Gedanke und Tat. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 211 | Wie in Toͤnen die Seele des Muſikers athmet, ſo athmet die Seele des Helden in der That. | Wie in Tönen die Seele des Musikers atmet, so atmet die Seele des Helden in der Tat. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 212 | Den wahren Geſchichtſchreiber muß das Spiel der Harmonien in unmittelbarer Gegenwaͤrtigkeit ergreifen, im hiſtoriſchen Konzertſaal, unter den ſchwellenden Toͤnen, den ringenden, jauchzenden Menſchen, da feſſelt er mit unnachahmlichem Zauber das Unſichtbare an das Sichtbare, den Geiſt an die Erſcheinung, den Sinn an die That. | Den wahren Geschichtsschreiber muss das Spiel der Harmonien in unmittelbarer Gegenwärtigkeit ergreifen, im historischen Konzertsaal, unter den schwellenden Tönen, den ringenden, jauchzenden Menschen, da fesselt er mit unnachahmlichem Zauber das Unsichtbare an das Sichtbare, den Geist an die Erscheinung, den Sinn an die Tat. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 213 | Geſchichtliche Wahrheit — mich uͤberfaͤllt ein Grauen, denke ich an den Todtentanz, den man Geſchichte nennt — geſchichtliche Wahrheit, iſt ſie nicht das Leben, ſelbſt gelebt und angeſchaut von einem Genius, ſchwebend auf den Fluͤgeln ſeiner Zeit, in ihre Stroͤme ſeine Feder ſenkend, wie ein begeiſterter Apoſtel niederſchreibend, was der zur That gewordene, der Fleiſch gewordene Geiſt der Zeiten ihm diktirt? | Geschichtliche Wahrheit — mich überfällt ein Grauen, denke ich an den Totentanz, den man Geschichte nennt — geschichtliche Wahrheit, ist sie nicht das Leben, selbst gelebt und angeschaut von einem Genius, schwebend auf den Flügeln seiner Zeit, in ihre Ströme seine Feder senkend, wie ein begeisterter Apostel niederschreibend, was der zur Tat gewordene, der Fleisch gewordene Geist der Zeiten ihm diktiert? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 214 | Wer ſchrieb Geſchichte, die ſolches Namens wuͤrdig war? | Wer schrieb Geschichte, die solches Namens würdig war? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 215 | Sind es nicht Maͤnner, die gleich Thukydides, Macchiavelli, Seguͤr, der Zeit im Schooße ſaßen? | Sind es nicht Männer, die gleich Thukydides, Macchiavelli, Ségur, der Zeit im Schoß saßen? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 216 | Geſchichte wird einmal nicht geſchrieben, ſie ſchreibt ſich ſelber, ſie waͤhlt einen ihrer Lieblinge unter den Sterblichen zur Verzeichnung ihrer großen Thatengedanken. | Geschichte wird einmal nicht geschrieben, sie schreibt sich selber, sie wählt einen ihrer Lieblinge unter den Sterblichen zur Verzeichnung ihrer großen Tatengedanken. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 217 | Wir haben keine Geſchichte Roms, Griechenlands, Italiens, Frankreichs, wir haben keine Weltgeſchichte im gewoͤhnlichen Sinn und Stil, aber die echte Blume der Geſchichte, die bluͤhendſte Entfaltung der Voͤlkerkraft, bluͤht und duftet durch alle Jahrhunderte, wenn auch das Volk, dem ſie angehoͤrt, laͤngſt erſtarrt, abgeſtorben, zerſtreut oder ausgeartet iſt. | Wir haben keine Geschichte Roms, Griechenlands, Italiens, Frankreichs, wir haben keine Weltgeschichte im gewöhnlichen Sinn und Stil, aber die echte Blume der Geschichte, die blühendste Entfaltung der Völkerkraft, blüht und duftet durch alle Jahrhunderte, wenn auch das Volk, dem sie angehört, längst erstarrt, abgestorben, zerstreut oder ausgeartet ist. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 218 | So haben wir eine Geſchichte der Griechen unter Miltiades und Perikles, eine Geſchichte der Roͤmer waͤhrend der Karthagerkriege, eine Geſchichte der lombardiſchen Staͤdte, als Freiheit ſie begeiſterte, eine Geſchichte Frankreichs unter dem ſiegreichen Kaiſer, eine Geſchichte Deutſchlands — welche die Zukunft geſchehen laſſen und dann auch ſchreiben wird. | So haben wir eine Geschichte der Griechen unter Miltiades und Perikles, eine Geschichte der Römer während der Karthagerkriege, eine Geschichte der lombardischen Städte, als Freiheit sie begeisterte, eine Geschichte Frankreichs unter dem siegreichen Kaiser, eine Geschichte Deutschlands — welche die Zukunft geschehen lassen und dann auch schreiben wird. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 219 | In der Geſchichte, hat man geſagt, gibt es großartige Epopoͤen; allein ich kenne keine andere Geſchichte, als die ſich von ſelbſt zur großartigen epiſchen Dichtung geſtaltet, Verherrlichung eines Volkes, das ſich ſelbſt verherrlicht hat. | In der Geschichte, hat man gesagt, gibt es großartige Epopöen; allein ich kenne keine andere Geschichte, als die sich von selbst zur großartigen epischen Dichtung gestaltet, Verherrlichung eines Volkes, das sich selbst verherrlicht hat. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 220 | Traum und Phantaſieleben, vegetatives Fortwuchern, Krankengeſchichten gehoͤren nicht ins goldene Buch des Lebens. | Traum und Phantasieleben, vegetatives Fortwuchern, Krankengeschichten gehören nicht ins goldene Buch des Lebens. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 221 | So hat Tazitus, der uͤber die unnatuͤrlichen Kraͤmpfe der roͤmiſchen Kaiſer und die fallende Sucht ihrer Unterthanen ſchrieb, nur einen aͤrztlichen Bericht, aber keine Geſchichte geſchrieben. | So hat Tacitus, der über die unnatürlichen Krämpfe der römischen Kaiser und die fallende Sucht ihrer Untertanen schrieb, nur einen ärztlichen Bericht, aber keine Geschichte geschrieben. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 222 | Das Gemaͤlde eines Peſthofes, wo das gelbe Fieber auf hundert verzerrten Geſichtern brennt, iſt kein Gemaͤlde, kein Kunſtwerk, — und Geſchichte, ſie iſt Kunſt, Kunſt auf ihrem hoͤchſten Gipfel. | Das Gemälde eines Pesthofes, wo das gelbe Fieber auf hundert verzerrten Gesichtern brennt, ist kein Gemälde, kein Kunstwerk, — und Geschichte, sie ist Kunst, Kunst auf ihrem höchsten Gipfel. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 223 | Ich ſchließe, meine Herren. | Ich schließe, meine Herren. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 224 | Moͤchte Ihnen dieſe Diatribe uͤber den wahren, aͤſthetiſchen Begriff der Geſchichte, uͤber ein ſo wichtiges Studium die Augen oͤffnen. | Möchte Ihnen diese Diatribe über den wahren, ästhetischen Begriff der Geschichte, über ein so wichtiges Studium die Augen öffnen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 225 | Gegen den Unfug Hiſtorie, gegen die ſchlechten Gewohnheiten, die das Leben umſtricken, gegen die gemeinen Anſichten, gegen das unfreie und knechtiſche Formelweſen, das nur den blinden Gehorſam und das todte Gedaͤchtniß in Anſpruch nimmt, gegen Alles, was die Aeußerungen der ſchoͤnen und wahren Natur im Keim erſtickt, kuͤhn und offen zu proteſtiren, das ſei die Aufgabe der edleren Jugend, war der Inhalt und die Aufforderung meiner letzten Vorleſung. | Gegen den Unfug Historie, gegen die schlechten Gewohnheiten, die das Leben umstricken, gegen die gemeinen Ansichten, gegen das unfreie und knechtische Formelwesen, das nur den blinden Gehorsam und das tote Gedächtnis in Anspruch nimmt, gegen alles, was die Äußerungen der schönen und wahren Natur im Keim erstickt, kühn und offen zu protestieren, das sei die Aufgabe der edleren Jugend, war der Inhalt und die Aufforderung meiner letzten Vorlesung. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 226 | Um Ihnen aber dieſe Aufgabe recht nahe zu legen und Sie auf den ganzen Umfang derſelben aufmerkſam zu machen, fuͤhrte ich Sie zum Schluß in die Hallen zweier Wiſſenſchaften, welche ſich humaniora nennen und durch dieſes epitheton ornans ſchon in der Benennung ſich uͤber jene Studien erheben, welche das Poſitive der drei Fakultaͤten umfaſſen und denen der Name: | Um Ihnen aber diese Aufgabe recht nahezulegen und Sie auf den ganzen Umfang derselben aufmerksam zu machen, führte ich Sie zum Schluss in die Hallen zweier Wissenschaften, welche sich humaniora nennen und durch dieses epitheton ornans schon in der Benennung sich über jene Studien erheben, welche das Positive der drei Fakultäten umfassen und denen der Name: |
wienbarg_feldzuege_1834 | 227 | Brodſtudien, leider nur mit zu vollem Rechte zukommt. | Brotstudien, leider nur mit zu vollem Rechte zukommt. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 228 | Warnen und verwahren wollte ich bei ſo paſſender Gelegenheit vor dem Irrthum, als bringe das Studium der Geſchichte und Philoſophie, wie es annoch damit gehalten wird von den Studierenden, in jenen hoͤhern Kreis der Humanitaͤt, und als ſei daſſelbe in der That etwas Beſſeres und Edleres, als z. B. das Studium des Rechts oder der Medizin oder der Diplomatik oder der Genealogie und Wappenkunde, welche letztere, wie Hegel ſpoͤttiſch ſagt, die poſitiveſte aller Wiſſenſchaften iſt. | Warnen und verwahren wollte ich bei so passender Gelegenheit vor dem Irrtum, als bringe das Studium der Geschichte und Philosophie, wie es annoch damit gehalten wird von den Studierenden, in jenen höheren Kreis der Humanität, und als sei dasselbe in der Tat etwas Besseres und Edleres, als z. B. das Studium des Rechts oder der Medizin oder der Diplomatik oder der Genealogie und Wappenkunde, welche letztere, wie Hegel spöttisch sagt, die positivste aller Wissenschaften ist. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 229 | Von dem Ungeſchichtlichen, das iſt Unepiſchen unſerer Geſchichte habe ich dies ausfuͤhrlicher und aus dem Begriff der Geſchichte ſelbſt zu erweiſen geſucht und ich zweifle nicht daran, daß manches Wort aufgehen wird, als Samenkorn, das die ſchoͤnere Idee und Anſicht zur Reife bringt; bin ich mir doch ſelbſt bewußt, daß mir von der Zeit an, als mir die Ahnung der Geſchichte aufging, das ganze Leben klarer geworden iſt und ich fuͤr das Theoretiſche und Praktiſche, fuͤr das Wahre und Schoͤne, das ſich gemeiniglich polariſch gegenuͤber zu ſtehen pflegt, einen Mittelpunkt gefunden habe, in dem ſich beide geſchwiſterlich vereinigen. | Von dem Ungeschichtlichen, das ist Unepischen unserer Geschichte habe ich dies ausführlicher und aus dem Begriff der Geschichte selbst zu erweisen gesucht und ich zweifle nicht daran, dass manches Wort aufgehen wird, als Samenkorn, das die schönere Idee und Ansicht zur Reife bringt; bin ich mir doch selbst bewusst, dass mir von der Zeit an, als mir die Ahnung der Geschichte aufging, das ganze Leben klarer geworden ist und ich für das Theoretische und Praktische, für das Wahre und Schöne, das sich gemeiniglich polarisch gegenüberzustehen pflegt, einen Mittelpunkt gefunden habe, in dem sich beide geschwisterlich vereinigen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 230 | Es bleibt mir noch, Sie auf das Studium der Philoſophie aufmerkſam zu machen, und auch in dieſer Hinſicht der lebendigeren Anſicht, der mit der Schoͤnheit verwandteren die Thuͤr zu oͤffnen, wogegen die unaͤſthetiſche Anſicht breitſtaͤmmig ſich anlehnt. | Es bleibt mir noch, Sie auf das Studium der Philosophie aufmerksam zu machen, und auch in dieser Hinsicht der lebendigeren Ansicht, der mit der Schönheit verwandteren die Tür zu öffnen, wogegen die unästhetische Ansicht breitstämmig sich anlehnt. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 231 | Ich habe aber abſichtlich die Philoſophie hinter der Geſchichte genannt, um von ihr einen Uebergang zu machen zu der Philoſophie jener Kunſt oder Wiſſenſchaft, welche der beabſichtigte Inhalt dieſer Vorleſungen iſt. | Ich habe aber absichtlich die Philosophie hinter der Geschichte genannt, um von ihr einen Übergang zu machen zu der Philosophie jener Kunst oder Wissenschaft, welche der beabsichtigte Inhalt dieser Vorlesungen ist. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 232 | In welcher Abſicht ſtudirt man auf Univerſitaͤten die Philoſophie? | In welcher Absicht studiert man auf Universitäten die Philosophie? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 233 | In der Regel aus keiner, oder um des Examens wegen. | In der Regel aus keiner, oder um des Examens wegen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 234 | Aus keiner; denn welche Abſicht ſoll einen zur Erlernung einer Wiſſenſchaft hintreiben, deren Weſen und Zweck ſo unbekannt ſind, wie die Philoſophie den Meiſten, die von der Schule auf die Univerſitaͤt ziehen. | Aus keiner; denn welche Absicht soll einen zur Erlernung einer Wissenschaft hintreiben, deren Wesen und Zweck so unbekannt sind, wie die Philosophie den Meisten, die von der Schule auf die Universität ziehen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 235 | Auch hier findet ſich das klaͤgliche Mißverhaͤltniß zwiſchen den hoͤhern und niedern Bildungsanſtalten, das uͤberall durchbricht und nach allen Seiten eine Scheidewand zwiſchen den beiden großen Schritten zieht, welche der ſtudirende Juͤngling zu machen gezwungen iſt, dem Schritt der Schulbildung und dem Schritt der akademiſchen Bildung. | Auch hier findet sich das klägliche Missverhältnis zwischen den höheren und niederen Bildungsanstalten, das überall durchbricht und nach allen Seiten eine Scheidewand zwischen den beiden großen Schritten zieht, welche der studierende Jüngling zu machen gezwungen ist, dem Schritt der Schulbildung und dem Schritt der akademischen Bildung. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 236 | In der That ſind die beiden Prinzipien, worauf hier die Schule, dort die Akademie gegruͤndet ſind, durchaus von einander verſchiedene und bewegen ſich in entgegengeſetzten Elementen. | In der Tat sind die beiden Prinzipien, worauf hier die Schule, dort die Akademie gegründet sind, durchaus voneinander verschiedene und bewegen sich in entgegengesetzten Elementen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 237 | Die Schulbildung leitet in die alte klaſſiſche Welt, oder wenigſtens macht Anſtalten, beſtrebt ſich, gibt ſich das Anſehen, dieſes zu thun. | Die Schulbildung leitet in die alte klassische Welt, oder wenigstens macht Anstalten, bestrebt sich, gibt sich das Ansehen, dieses zu tun. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 238 | Die Univerſitaͤtsbildung dagegen bereitet vor zum praktiſchen Leben, zum Staatsdienſt, zur Ausfuͤllung derjenigen Aemter, welche herkoͤmmlich in dieſe große hoͤlzerne Maſchine eingreifen, welche wir unſer oͤffentliches Leben nennen. | Die Universitätsbildung dagegen bereitet vor zum praktischen Leben, zum Staatsdienst, zur Ausfüllung derjenigen Ämter, welche herkömmlich in diese große hölzerne Maschine eingreifen, welche wir unser öffentliches Leben nennen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 239 | Ich wuͤßte aber nicht, welche beide Richtungen ſich kontraſtirender nach ganz verſchiedenen Regionen verlaufen, als die Richtung auf das Leben der Alten und auf unſer Leben, ſie beruͤhren ſich wirklich eben ſo nahe, als der Nordpol und der Suͤdpol am Himmel, als Hemmung und Freiheit, Kunſt und Unkunſt, Poeſie und Proſa, Geiſt und Geſchmackloſigkeit, freier Marktplatz und enge Stube, bewußter Genuß und dumpfe Vegetation, Maͤnnerwuͤrde und ergebenſte Diener u. ſ. w. Doch wird es gluͤcklicher oder ungluͤcklicher Weiſe mit dem Studium des freien Alterthums auf unſern Schulen, nicht ſo gruͤndlich ernſthaft gemeint, als ſollte denn nun auch im Gemuͤth der Jugend aufgehen der Strahl, der jene untergegangene Welt verklaͤrte, als ſollte es in Liebe entflammen fuͤr den großen Sinn und die Großthaten einer Heldenwelt, als ſollte es ſich mit der ahnungsvollen friſchen Begeiſterung jener gluͤcklichen Jahre, die wir in den hoͤheren Klaſſen der gelehrten Schule zubringen, den erzgegoſſenen Pforten des Heiligthums naͤhern, ſich unter die Schatten jener froͤhlichen Menſchheit mengen, die ihn bevoͤlkern, und aus ihren Geſichtern, Bewegungen, Reden und Geſaͤngen den ſchoͤnen Geiſt ſtudiren, der uͤber Allem thront und ſchimmert — ſo iſt es denn nicht ſo recht eigentlich gemeint, obgleich uns gelegentlich und in Schulreden und Schulprogrammen viel Schoͤnes und Ruͤhrendes vom bildenden Studium der alten Klaſſiker vor, geſprochen wird und wir ſelbſt auch ſelten verfehlen, beim Abgang in lateiniſchen oder deutſchen, gereimten oder ungereimten Abſchiedsworten, die hohe Wichtigkeit der Freundſchaft und der Vaterlantsliebe u. dergl. nach Muſtern des Alterthums darzuſtellen und dieſem mit dem beſten Kranze unſerer erſten jugendlichen Beredtſamkeit, mit den erleſenſten Floskeln aus Zizero das Haupt ſchmuͤcken. | Ich wüsste aber nicht, welche beide Richtungen sich kontrastierender nach ganz verschiedenen Regionen verlaufen, als die Richtung auf das Leben der Alten und auf unser Leben, sie berühren sich wirklich ebenso nahe, als der Nordpol und der Südpol am Himmel, als Hemmung und Freiheit, Kunst und Unkunst, Poesie und Prosa, Geist und Geschmacklosigkeit, freier Marktplatz und enge Stube, bewusster Genuss und dumpfe Vegetation, Männerwürde und ergebenste Diener u. s. w. Doch wird es glücklicher oder unglücklicherweise mit dem Studium des freien Altertums auf unseren Schulen, nicht so gründlich ernsthaft gemeint, als sollte denn nun auch im Gemüt der Jugend aufgehen der Strahl, der jene untergegangene Welt verklärte, als sollte es in Liebe entflammen für den großen Sinn und die Großtaten einer Heldenwelt, als sollte es sich mit der ahnungsvollen frischen Begeisterung jener glücklichen Jahre, die wir in den höheren Klassen der gelehrten Schule zubringen, den erzgegossenen Pforten des Heiligtums nähern, sich unter die Schatten jener fröhlichen Menschheit mengen, die ihn bevölkern, und aus ihren Gesichtern, Bewegungen, Reden und Gesängen den schönen Geist studieren, der über allem thront und schimmert — so ist es denn nicht so recht eigentlich gemeint, obgleich uns gelegentlich und in Schulreden und Schulprogrammen viel Schönes und Rührendes vom bildenden Studium der alten Klassiker vor, gesprochen wird und wir selbst auch selten verfehlen, beim Abgang in lateinischen oder deutschen, gereimten oder ungereimten Abschiedsworten, die hohe Wichtigkeit der Freundschaft und der Vaterlandsliebe u. dgl. nach Mustern des Altertums darzustellen und diesem mit dem besten Kranze unserer ersten jugendlichen Beredsamkeit, mit den erlesensten Floskeln aus Cicero das Haupt schmücken. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 240 | Allein ich frage Sie ſelbſt und die Mehrzahl deutſcher Studirender, ob dieſe feſtliche Begeiſterung, die ich ſo eben erwaͤhnte, der natuͤrliche, aufrichtige und ungekuͤnſtelte Erfolg und Erguß iſt aus den Studien, die wir in der Klaſſe getrieben, oder nicht vielmehr ein hergebrachter Aktus, bei dem wir entweder nichts fuͤhlen und denken, oder, im beſſeren Fall, bei dem wir mit Phantaſie und einigem Gefuͤhl gleichſam wehmuͤthig das ausſprechen, was uns das Alterthum haͤtte ſein ſollen und werden koͤnnen in der bluͤhenden Zeit, als wir in Prima ſaßen, und uͤber der Schale nicht zum Kern gelangen konnten. | Allein ich frage Sie selbst und die Mehrzahl deutscher Studierender, ob diese festliche Begeisterung, die ich soeben erwähnte, der natürliche, aufrichtige und ungekünstelte Erfolg und Erguss ist aus den Studien, die wir in der Klasse getrieben, oder nicht vielmehr ein hergebrachter Aktus, bei dem wir entweder nichts fühlen und denken, oder, im besseren Fall, bei dem wir mit Phantasie und einigem Gefühl gleichsam wehmütig das aussprechen, was uns das Altertum hätte sein sollen und werden können in der blühenden Zeit, als wir in Prima saßen, und über der Schale nicht zum Kern gelangen konnten. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 241 | Zerſtreut ſind wir worden und ermuͤdet vor der Zeit, ein nacktes, duͤrftiges Wiſſen von Vokabeln und Regeln, von Stellen und Gebraͤuchen haben wir in die Faͤcher unſeres Gedaͤchtniſſes eingeſammelt, roh und ungebildet oder froſtig gelehrt und altklug gehen wir aus der Schule der Alten hervor, und nicht duͤrfen uns beneiden jene Geſpielen unſerer erſten Jahre, welche nicht, wie wir, zur Fahne der Gelehrſamkeit ſchworen, ſondern mit duͤrftigem Wiſſen, aber deſto derberem und froͤhlicherem Lebensgefuͤhl ſich dem Landbau oder andern buͤrgerlichen Geſchaͤften widmeten. | Zerstreut sind wir worden und ermüdet vor der Zeit, ein nacktes, dürftiges Wissen von Vokabeln und Regeln, von Stellen und Gebräuchen haben wir in die Fächer unseres Gedächtnisses eingesammelt, roh und ungebildet oder frostig gelehrt und altklug gehen wir aus der Schule der Alten hervor, und nicht dürfen uns beneiden jene Gespielen unserer ersten Jahre, welche nicht, wie wir, zur Fahne der Gelehrsamkeit schworen, sondern mit dürftigem Wissen, aber desto derberem und fröhlicherem Lebensgefühl sich dem Landbau oder anderen bürgerlichen Geschäften widmeten. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 242 | Sie haben ſich noch ſelbſt behalten, ſie ſind ſich noch der Einheit ihres Lebens bewußt, ihre Seele wird nicht hin und her geworfen durch widerſprechende Gefuͤhle und Anſichten, ſie lieben die nahe Gegenwart, die kernhafte Arbeit des Tages, ſie ruhen von ihrem Geſchaͤft, ſpannen ſich an und ab nach dem aͤlteſten Geſetze der Natur, das im behaglichen Wechſel zwiſchen Thaͤtigkeit und Ruhe beſteht, und wenn ihr Geiſt auch nicht fuͤr den Genuß hoͤherer Freuden ausgebildet iſt, ſo ſchwebt er auch nicht, wie Tantalus, durſtig an der verbotenen Quelle, ohne einen Tropfen der Labung erhaſchen zu koͤnnen, ſo iſt er auch nicht verbildet, halbgebildet, unfruchtbar gebildet und durch die verſchiedenen Elemente ſeiner Bildung mit ſich ſelbſt in Kampf und Streit gerathen, was Alles, wie wir ſelbſt am Beſten wiſſen, unſerer jetzigen gelehrten Schulbildung ſaure Frucht zu ſein pflegt. | Sie haben sich noch selbst behalten, sie sind sich noch der Einheit ihres Lebens bewusst, ihre Seele wird nicht hin und her geworfen durch widersprechende Gefühle und Ansichten, sie lieben die nahe Gegenwart, die kernhafte Arbeit des Tages, sie ruhen von ihrem Geschäft, spannen sich an und ab nach dem ältesten Gesetze der Natur, das im behaglichen Wechsel zwischen Tätigkeit und Ruhe besteht, und wenn ihr Geist auch nicht für den Genuss höherer Freuden ausgebildet ist, so schwebt er auch nicht, wie Tantalus, durstig an der verbotenen Quelle, ohne einen Tropfen der Labung erhaschen zu können, so ist er auch nicht verbildet, halbgebildet, unfruchtbar gebildet und durch die verschiedenen Elemente seiner Bildung mit sich selbst in Kampf und Streit geraten, was alles, wie wir selbst am besten wissen, unserer jetzigen gelehrten Schulbildung saure Frucht zu sein pflegt. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 243 | Es unterliegt keinem Zweifel, daß es fuͤr den tuͤchtigſten Schulmann eine unendlich ſchwere Aufgabe iſt, den Dichter, den Redner, den Geſchichtſchreiber, den Philoſophen des griechiſchen und roͤmiſchen Alterthums, bei unſern heutigen geſellſchaftlichen Zuſtaͤnden, bei der Mechanik des Staatslebens, deſſen hoͤlzerne Raͤder auch in der Schulſtube klappern, fruchtreich in den Schulen zu erklaͤren; allein eben ſo gewiß iſt es, daß den Wenigſten nur einmal die Ahnung aufgegangen iſt von der Bedeutung der Alten fuͤr das jetzige Leben, daß ſie ſelbſt jene großen und leuchtenden Zuͤge in den Pergamenten klaſſiſchen Alterthums, die Zuͤge der reinen Natur, des tiefen Sinnes fuͤr die Myſterien der Welt, fuͤr Wahrheit und Schoͤnheit nur ſelten einmal mit verwandtem Auge ſelbſt angeſchaut und ſich von ihnen durchdrungen haben. | Es unterliegt keinem Zweifel, dass es für den tüchtigsten Schulmann eine unendlich schwere Aufgabe ist, den Dichter, den Redner, den Geschichtsschreiber, den Philosophen des griechischen und römischen Altertums, bei unseren heutigen gesellschaftlichen Zuständen, bei der Mechanik des Staatslebens, dessen hölzerne Räder auch in der Schulstube klappern, fruchtreich in den Schulen zu erklären; allein eben so gewiss ist es, dass den Wenigsten nur einmal die Ahnung aufgegangen ist von der Bedeutung der Alten für das jetzige Leben, dass sie selbst jene großen und leuchtenden Züge in den Pergamenten klassischen Altertums, die Züge der reinen Natur, des tiefen Sinnes für die Mysterien der Welt, für Wahrheit und Schönheit nur selten einmal mit verwandtem Auge selbst angeschaut und sich von ihnen durchdrungen haben. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 244 | Wie ſollte es anders kommen. | Wie sollte es anders kommen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 245 | Ein Schulmann bildet den andern und die Philologie iſt ſo weit aus dem Leben geruͤckt und das Leben ſelbſt aͤußert ſich noch ſo glatt, ſchwach, duͤrftig und widerſprechend, daß es immer ein halbes Wunder bleiben muß, wenn ein Voß, ein Auguſt Wolf mitten aus philologiſchem Wuſte ſich erheben und Funken poetiſcher Lebendigkeit ausſtroͤmen, die kein Menſch vor ihnen dieſer Wiſſenſchaft zutraute. | Ein Schulmann bildet den anderen und die Philologie ist so weit aus dem Leben gerückt und das Leben selbst äußert sich noch so glatt, schwach, dürftig und widersprechend, dass es immer ein halbes Wunder bleiben muss, wenn ein Voß, ein August Wolf mitten aus philologischem Wust sich erheben und Funken poetischer Lebendigkeit ausströmen, die kein Mensch vor ihnen dieser Wissenschaft zutraute. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 246 | Waͤren und wuͤrden nun ſolche Maͤnner haͤufig und haͤufiger, entvoͤlkerten ſich die Schulaͤmter nach und nach von Leuten, die mit dem Alterthum nicht blos ein Sylbenſtechen halten, konjugiren und dekliniren lehrten, ſondern deſſen Geiſt zu erlaͤutern und Juͤnglingen einzufloͤßen verſtaͤnden, ſo wuͤrde dies eine Reaktion auf die Univerſitaͤten verurſachen, welche ſich auf alle die humanen und inhumanen Studien erſtrecken wuͤrde, die man herkoͤmmlich auf ihnen treibt, und es wuͤrden nicht allein die ſogenannten Brodſtudien davon gut haben und zu Geiſtſtudien aufruͤcken und mit der Humanitaͤt mehr Hand in Hand gehen, ſondern auch ſelbſt die humaniora wuͤrden humaner werden und nicht ſo leicht einer Geſchichte und Philoſophie nur darum etwas ſtudiren, weil etwas Kenntniß davon im Examen verlangt wird, ſondern aus innerm Antrieb, aus reiner Bildungsluſt und mit der, auf Schulen bereits erzielten Vorbereitung zum wuͤrdigen Eintritt in dieſe hoͤhern Gebiete der Wiſſenſchaft. | Wären und würden nun solche Männer häufig und häufiger, entvölkerten sich die Schulämter nach und nach von Leuten, die mit dem Altertum nicht bloß ein Silbenstechen halten, konjugieren und deklinieren lehrten, sondern dessen Geist zu erläutern und Jünglingen einzuflößen verständen, so würde dies eine Reaktion auf die Universitäten verursachen, welche sich auf alle die humanen und inhumanen Studien erstrecken würde, die man herkömmlich auf ihnen treibt, und es würden nicht allein die sogenannten Brotstudien davon gut haben und zu Geiststudien aufrücken und mit der Humanität mehr Hand in Hand gehen, sondern auch selbst die humaniora würden humaner werden und nicht so leicht einer Geschichte und Philosophie nur darum etwas studieren, weil etwas Kenntnis davon im Examen verlangt wird, sondern aus innerem Antrieb, aus reiner Bildungslust und mit der, auf Schulen bereits erzielten Vorbereitung zum würdigen Eintritt in diese höheren Gebiete der Wissenschaft. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 247 | Denn es iſt eben das Leben der Alten, wie es in den Schriften derſelben erſcheint, wahrhaft geeignet, eine ſolche Vorbereitung zu bewerkſtelligen und eine Geſinnung und Gemuͤthsſtimmung zu erzeugen, die auf das Ideale in jeder Kunſt und Wiſſenſchaft gerichtet iſt. | Denn es ist eben das Leben der Alten, wie es in den Schriften derselben erscheint, wahrhaft geeignet, eine solche Vorbereitung zu bewerkstelligen und eine Gesinnung und Gemütsstimmung zu erzeugen, die auf das Ideale in jeder Kunst und Wissenschaft gerichtet ist. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 248 | Und ſchon allein das Studium, das iſt das lebendige Ergreifen der ſchoͤnſten platoniſchen Dialoge, in welchen die ewigen Ideen der Schoͤnheit wie Fixſterne fuͤr alle Zeiten leuchten, iſt hinlaͤnglich, um die Weihe fuͤr ein ganzes Leben zu erhalten, hinlaͤnglich zunaͤchſt, um auf das Studium der Philoſophie und der mit der Philoſophie unmittelbar verwandten, aus ihr entſprungenen und durch ſie zu befeſtigenden Wiſſenſchaften eingeleitet zu werden; denn wie Boͤckh richtig ſagt, in dem Maß, als der Juͤngling ergriffen wird vom Geiſt der Alten, in demſelben iſt er faͤhiger zum Philoſophiren. | Und schon allein das Studium, das ist das lebendige Ergreifen der schönsten platonischen Dialoge, in welchen die ewigen Ideen der Schönheit wie Fixsterne für alle Zeiten leuchten, ist hinlänglich, um die Weihe für ein ganzes Leben zu erhalten, hinlänglich zunächst, um auf das Studium der Philosophie und der mit der Philosophie unmittelbar verwandten, aus ihr entsprungenen und durch sie zu befestigenden Wissenschaften eingeleitet zu werden; denn wie Boeckh richtig sagt, in dem Maß, als der Jüngling ergriffen wird vom Geist der Alten, in demselben ist er fähiger zum Philosophieren. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 249 | Aber man glaube nicht, daß man Philoſophie ſtudirt, wenn man ſich die logiſche Technik zu eigen macht, wenn man Alles das lernt und weiß, was die Philoſophen von Indien durch Griechenland bis nach Deutſchland, von der aͤlteſten Zeit bis auf die jetzige gewußt und nicht gewußt haben, wenn man ungekochte und unverdaute Meinungen uͤber Gott und Welt in ſein Hirn preßt, wenn man die Sprache der Philoſophen als ein Abrakadabra unverſtanden und unverſtaͤndlich nachbetet, oder ſich auch ſelbſt „mit Worten ein Syſtem bereitet,“ weil man, um mich eines Ausdruckes von Goethe uͤber das hohle ſcholaſtiſche Treiben einer Gattung von Philoſophie zu bedienen, weil man der Anſicht lebt: | Aber man glaube nicht, dass man Philosophie studiert, wenn man sich die logische Technik zu eigen macht, wenn man alles das lernt und weiß, was die Philosophen von Indien durch Griechenland bis nach Deutschland, von der ältesten Zeit bis auf die jetzige gewusst und nicht gewusst haben, wenn man ungekochte und unverdaute Meinungen über Gott und Welt in sein Hirn presst, wenn man die Sprache der Philosophen als ein Abrakadabra unverstanden und unverständlich nachbetet, oder sich auch selbst „mit Worten ein System bereitet,“ weil man, um mich eines Ausdruckes von Goethe über das hohle scholastische Treiben einer Gattung von Philosophie zu bedienen, weil man der Ansicht lebt: |
wienbarg_feldzuege_1834 | 250 | An Worte laͤßt ſich trefflich glauben, Von einem Wort laͤßt ſich kein Jota rauben. | An Worte lässt sich trefflich glauben, von einem Wort lässt sich kein Jota rauben. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 251 | Philoſophie iſt nichts, was ſich lehren und lernen laͤßt auf dem Wege hiſtoriſcher Mittheilung. | Philosophie ist nichts, was sich lehren und lernen lässt auf dem Wege historischer Mitteilung. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 252 | Die Philoſophie ſteht nicht auf dem Katheder und ſpricht die Zuhoͤrer zu Philoſophen, der Lehrer kann ſie dem Schuͤler nicht in die Hand druͤcken, wie ein Stuͤck zurechtgekauter Wiſſenſchaft, wie ein fertiges Machwerk, die Philoſophie iſt eben nichts anders als das Philoſophiren, als das wiſſenſchaftliche Bearbeiten ſeiner eigenen Begriffe, als das Selbſtdenken, wenn ſie ſich theoretiſch, das Selbſtfuͤhlen und Selbſtanſchauen, wenn ſie ſich praktiſch aͤußert. | Die Philosophie steht nicht auf dem Katheder und spricht die Zuhörer zu Philosophen, der Lehrer kann sie dem Schüler nicht in die Hand drücken, wie ein Stück zurechtgekauter Wissenschaft, wie ein fertiges Machwerk, die Philosophie ist eben nichts anderes als das Philosophieren, als das wissenschaftliche Bearbeiten seiner eigenen Begriffe, als das Selbstdenken, wenn sie sich theoretisch, das Selbstfühlen und Selbstanschauen, wenn sie sich praktisch äußert. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 253 | Das iſt nun aber eben ſo wenig eines jeden Menſchen Sache, als die Poeſie, die Liebe, und was einem ſonſt als freies Geſchenk vom Himmel faͤllt, und das man wohl durch Fleiß und Muͤhe ausbilden und veredeln, aber im Schweiße ſeines Angeſichts ſich nicht anſchaffen kann, wenn das Organ dafuͤr nicht angeboren iſt. | Das ist nun aber ebensowenig eines jeden Menschen Sache, als die Poesie, die Liebe, und was einem sonst als freies Geschenk vom Himmel fällt, und das man wohl durch Fleiß und Mühe ausbilden und veredeln, aber im Schweiße seines Angesichts sich nicht anschaffen kann, wenn das Organ dafür nicht angeboren ist. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 254 | Allerdings ſind alle Menſchen zum Denken, zum Selbſtdenken berufen und wenn man die Menge ſo gedankenlos in den Tag leben ſieht, ſo ſchreibe man dies eben ihrer Erziehung und dem bleiernen Druck der Verhaͤltniſſe zu, der auf ihr laſtet; wird dieſer Druck aufgehoben, ſo fangen auch die Federn ihres Verſtandes an zu ſpielen und die Geburtſtunde der, freilich immer relativen, Selbſtſtaͤndigkeit hat fuͤr ſie geſchlagen. | Allerdings sind alle Menschen zum Denken, zum Selbstdenken berufen und wenn man die Menge so gedankenlos in den Tag leben sieht, so schreibe man dies eben ihrer Erziehung und dem bleiernen Druck der Verhältnisse zu, der auf ihr lastet; wird dieser Druck aufgehoben, so fangen auch die Federn ihres Verstandes an zu spielen und die Geburtstunde der, freilich immer relativen, Selbstständigkeit hat für sie geschlagen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 255 | Allein auch der gebildetſte Menſch, geſchweige denn die Maſſe, iſt nicht immer fuͤr jene Art der Bearbeitung ſeiner Begriffe geſchaffen, welche im heutigen Sinn und unter uns Deutſchen vorzugsweiſe die philoſophiſche heißt und die in ihrer letzten ſcharfen Beſtimmung auch nur als Laie zu ahnen, man einigermaßen von Natur beguͤnſtigt ſein muß, die alſo mit einem gelegentlichen Wort nicht abgethan werden kann. | Allein auch der gebildetste Mensch, geschweige denn die Masse, ist nicht immer für jene Art der Bearbeitung seiner Begriffe geschaffen, welche im heutigen Sinn und unter uns Deutschen vorzugsweise die philosophische heißt und die in ihrer letzten scharfen Bestimmung auch nur als Laie zu ahnen, man einigermaßen von Natur begünstigt sein muss, die also mit einem gelegentlichen Wort nicht abgetan werden kann. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 256 | Das Philoſophiren in dieſem ſtrengen Sinn, mag es nun fuͤr den Philoſophirenden ein Gluͤck, oder Ungluͤck ſein, mag es ein Zuſtand der Geſundheit oder Krankheit des Geiſtes genannt werden muͤſſen — und daruͤber lauten bedeutende Stimmen ſehr verſchieden — kann und darf nur als eine freie Kunſt getrieben werden, zu der Niemand gezwungen iſt, ja, zu der Niemand aufgefordert werden ſoll, noch weniger, von deſſen Reſultaten er zu Gluͤck ſtadt oder Schleswig endliche Rechenſchaft zu liefern haͤtte, es muß ſich freiwillig und von ſelbſt einfinden, es muß ihm, wie jedem freien Erzeugniß des Geiſtes allerdings nichts in den Weg geſchoben werden, im Gegentheil muß er die Mittel ſeiner Nahrung auf den vaterlaͤndiſchen Bildungsanſtalten antreffen und der Staat muß ſeinem ſpaͤteren Einfluß auf Geſellſchaft und oͤffentliches Leben ruhig entgegenſehen — das ſind die Bedingungen, unter welchen die hoͤhere Philoſophie bei uns wachſen und gedeihen muͤßte, wenn ſie Juͤnger und Enthuſiaſten findet, die, nach gewiſſenhafter Pruͤfung, ihr Leben ihr zu widmen gedaͤchten; denn darauf, auf die Widmung eines ganzen Lebens mit allen ſeinen Tendenzen macht ſie Anſpruch, denn ſie will nicht etwa dann und wann, und hie und da, zu dieſem oder jenem Behufe, ſtudirt, zitirt und benutzt werden, ſondern rein um ihrer ſelbſt willen, und verlangt alle die Opfer, welche eine eiferſuͤchtige und gerechtſtolze Geliebte ihrem Liebhaber zum Geſetze macht. | Das Philosophieren in diesem strengen Sinn, mag es nun für den Philosophierenden ein Glück, oder Unglück sein, mag es ein Zustand der Gesundheit oder Krankheit des Geistes genannt werden müssen — und darüber lauten bedeutende Stimmen sehr verschieden — kann und darf nur als eine freie Kunst getrieben werden, zu der Niemand gezwungen ist, ja, zu der Niemand aufgefordert werden soll, noch weniger, von dessen Resultaten er zu Glückstadt oder Schleswig endliche Rechenschaft zu liefern hätte, es muss sich freiwillig und von selbst einfinden, es muss ihm, wie jedem freien Erzeugnis des Geistes allerdings nichts in den Weg geschoben werden, im Gegenteil muss er die Mittel seiner Nahrung auf den vaterländischen Bildungsanstalten antreffen und der Staat muss seinem späteren Einfluss auf Gesellschaft und öffentliches Leben ruhig entgegensehen — das sind die Bedingungen, unter welchen die höhere Philosophie bei uns wachsen und gedeihen müsste, wenn sie Jünger und Enthusiasten findet, die, nach gewissenhafter Prüfung, ihr Leben ihr zu widmen gedächten; denn darauf, auf die Widmung eines ganzen Lebens mit allen seinen Tendenzen macht sie Anspruch, denn sie will nicht etwa dann und wann, und hie und da, zu diesem oder jenem Behufe, studiert, zitiert und benutzt werden, sondern rein um ihrer selbst willen, und verlangt alle die Opfer, welche eine eifersüchtige und gerechtstolze Geliebte ihrem Liebhaber zum Gesetze macht. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 257 | Ihr Bild ſoll er auf dem Herzen tragen, ihr Gedanke ſoll ihm vorſchweben Tag und Nacht, nur fuͤr ihre Geſpraͤche ſoll er ein Ohr haben, und in ihrem Umgang ſich gluͤcklich fuͤhlen und gegen jedermaͤnniglich behaupten und ausfechten, daß ſie die Unvergleichlichſte und Schoͤnſte ſei unter allen ihren Schweſtern auf der Welt. | Ihr Bild soll er auf dem Herzen tragen, ihr Gedanke soll ihm vorschweben Tag und Nacht, nur für ihre Gespräche soll er ein Ohr haben, und in ihrem Umgang sich glücklich fühlen und gegen jedermänniglich behaupten und ausfechten, dass sie die Unvergleichlichste und Schönste sei unter allen ihren Schwestern auf der Welt. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 258 | Iſt das nun, meine Herren, dieſer Urania echter und weſentlicher Charakterzug, an der ſie jeder Selbſtphiloſophirende erkennt, an der ſie ein Plato, ein Kant, ein Fichte, ein Reinhold wiedererkannt haͤtten, ſo fuͤhlen und begreifen Sie wohl, daß Philoſophie in dieſem deutſchen Sinn — denn Franzoſen und Englaͤndern iſt der Begriff der Philoſophie ſo weit, daß die erſteren eine leichte luſtige Lebensanſicht und die letzteren die Experimentalphyſik fuͤr Philoſophie und Elektriſirmaſchinen und Luftpumpen fuͤr philoſophiſche Inſtrumente ausgeben — daß Philoſophie in dieſem Sinn nur einer kleinen Zahl von Sterblichen angehoͤre, wozu namentlich weder ich, noch vielleicht einer von den Anweſenden ſich zaͤhlen moͤchte. | Ist das nun, meine Herren, dieser Urania echter und wesentlicher Charakterzug, an der sie jeder Selbstphilosophierende erkennt, an der sie ein Plato, ein Kant, ein Fichte, ein Reinhold wiedererkannt hätten, so fühlen und begreifen Sie wohl, dass Philosophie in diesem deutschen Sinn — denn Franzosen und Engländern ist der Begriff der Philosophie so weit, dass die ersteren eine leichte lustige Lebensansicht und die letzteren die Experimentalphysik für Philosophie und Elektrisiermaschinen und Luftpumpen für philosophische Instrumente ausgeben — dass Philosophie in diesem Sinn nur einer kleinen Zahl von Sterblichen angehöre, wozu namentlich weder ich, noch vielleicht einer von den Anwesenden sich zählen möchte. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 259 | Und da hoͤren Sie offen und freimuͤthig ausgeſprochen, was man ſo ſelten geſteht, womit man ſich unter einander ein Geheimniß macht, das aber die Waͤnde unſerer Hoͤrſaͤle laͤngſt ausgeplaudert haben, das Geſtaͤndniß, Philoſophie liegt de facto außer dem Kreis der groͤßten Anzahl der Menſchen, ja mehr, außer dem Kreis ſelbſt jener Auserwaͤhlteren, welche ſich auf Akademien dem Studium der Wiſſenſchaften hingeben. | Und da hören Sie offen und freimütig ausgesprochen, was man so selten gesteht, womit man sich untereinander ein Geheimnis macht, das aber die Wände unserer Hörsäle längst ausgeplaudert haben, das Geständnis, Philosophie liegt de facto außer dem Kreis der größten Anzahl der Menschen, ja mehr, außer dem Kreis selbst jener Auserwählteren, welche sich auf Akademien dem Studium der Wissenschaften hingeben. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 260 | — | — |
wienbarg_feldzuege_1834 | 261 | Wollten die Waͤnde noch etwas hinzufuͤgen, ſo koͤnnten ſie auch ſagen: das gerade iſt eine von euren vielen Luͤgen, daß ihr dutzendweiſe auftretet und ſagt: mit der Philoſophie auf vertrautem Fuß zu leben, obgleich euch dieſe verſchleierte, edle Dame kaum dem Namen nach kennt. | Wollten die Wände noch etwas hinzufügen, so könnten sie auch sagen: Das gerade ist eine von euren vielen Lügen, dass ihr dutzendweise auftretet und sagt: mit der Philosophie auf vertrautem Fuß zu leben, obgleich euch diese verschleierte, edle Dame kaum dem Namen nach kennt. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 262 | Sie ſehen hieraus, meine Herren, daß ich nicht der Meinung bin, als muͤſſe die Leſung der Alten auf Schulen und was man ſonſt noch auf denſelben zur Vorbereitung fuͤr die Akademie zu treiben pflegt, eine vorherrſchende Richtung auf die Philoſophie bekommen, im Gegentheil glaube ich, daß der Schulmann ſich in dieſer Hinſicht darauf zu beſchraͤnken hat, die geiſtreiche Faſſung, die wunderbare Form und Schoͤnheit bemerklich zu machen, wodurch ſich die philoſophiſchen Schriften des Alterthums ſo ſehr zu ihrem Vortheil von den neuen Schriftſtellern der Philoſophie unterſcheiden. | Sie sehen hieraus, meine Herren, dass ich nicht der Meinung bin, als müsse die Lesung der Alten auf Schulen und was man sonst noch auf denselben zur Vorbereitung für die Akademie zu treiben pflegt, eine vorherrschende Richtung auf die Philosophie bekommen, im Gegenteil glaube ich, dass der Schulmann sich in dieser Hinsicht darauf zu beschränken hat, die geistreiche Fassung, die wunderbare Form und Schönheit bemerkbar zu machen, wodurch sich die philosophischen Schriften des Altertums so sehr zu ihrem Vorteil von den neuen Schriftstellern der Philosophie unterscheiden. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 263 | Und ſind es nicht uͤberall vorzuͤglich dieſe idealen Formen des Alterthums, zu deren Anſchauung und Wuͤrdigung der Schuͤler fruͤhzeitig ſoll hingeleitet werden und auf denen am Ende die Frucht jener muͤhſeligen und zeitraubenden Studien beruht, denen ſich der Schuͤler unterziehen muß, um zum Verſtaͤndniß der Quellen zu gelangen? | Und sind es nicht überall vorzüglich diese idealen Formen des Altertums, zu deren Anschauung und Würdigung der Schüler frühzeitig soll hingeleitet werden und auf denen am Ende die Frucht jener mühseligen und zeitraubenden Studien beruht, denen sich der Schüler unterziehen muss, um zum Verständnis der Quellen zu gelangen? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 264 | Sind es nicht dieſe ſuͤßen, wohllautenden Toͤne der Ilias, an denen ſein Ohr Harmonie und Rhythmik erlauſchen ſoll, iſt es nicht die klare und durchſichtige Darſtellung der homeridiſchen Welt, die ſeinen Geiſt mit gewiſſem Zauber befangen und ihn aufmerkſam machen ſoll auf die dichteriſche Juweleneinfaſſung eines Stoffes, der unter andern Haͤnden, als unter Homers, von jedem andern gemeinen Stoffe vielleicht nur durch den tragiſchen Ausgang und die Zerſtoͤrung einer bluͤhenden Stadt verſchieden waͤre. | Sind es nicht diese süßen, wohllautenden Töne der Ilias, an denen sein Ohr Harmonie und Rhythmik erlauschen soll, ist es nicht die klare und durchsichtige Darstellung der homerischen Welt, die seinen Geist mit gewissem Zauber befangen und ihn aufmerksam machen soll auf die dichterische Juweleneinfassung eines Stoffes, der unter anderen Händen, als unter Homers, von jedem anderen gemeinen Stoffe vielleicht nur durch den tragischen Ausgang und die Zerstörung einer blühenden Stadt verschieden wäre. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 265 | Und wird darum nicht Herodot, Thuzydides recht eigentlich auf Schulen geleſen, oder ſollten ſie nicht darum geleſen werden, um den Schuͤlern den echten epiſchen Stil der Geſchichte fruͤhzeitig an ſo ausgezeichneten Muſtern vor Augen zu ſtellen und ihnen den Unterſchied zwiſchen ihm und der modernen Geſchichtsklitterung klar und augenfaͤllig zu machen? | Und wird darum nicht Herodot, Thukydides recht eigentlich auf Schulen gelesen, oder sollten sie nicht darum gelesen werden, um den Schülern den echten epischen Stil der Geschichte frühzeitig an so ausgezeichneten Mustern vor Augen zu stellen und ihnen den Unterschied zwischen ihm und der modernen Geschichtsklitterung klar und augenfällig zu machen? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 266 | Und Platons Sympoſium, Phaͤdrus nicht hauptſaͤchlich, um ihrem Geſchmack attiſches Salz auf die Zunge zu legen, Beſonnenheit in der Begeiſterung, Beherrſchung des Stoffes und ſokratiſche Ironie zu lernen? | Und Platons Symposium, Phädrus nicht hauptsächlich, um ihrem Geschmack attisches Salz auf die Zunge zu legen, Besonnenheit in der Begeisterung, Beherrschung des Stoffes und sokratische Ironie zu lernen? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 267 | Hat denn wirklich noch außerdem der deutſche Schulmann einen hoͤhern Zweck bei Leſung der Alten vor Augen, oder darf und ſoll er ihn haben? | Hat denn wirklich noch außerdem der deutsche Schulmann einen höheren Zweck bei Lesung der Alten vor Augen, oder darf und soll er ihn haben? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 268 | Soll er vollkommne Griechen aus unſern deutſchen Juͤnglingen machen, auch im beſten Sinn Grlechen, und nicht blos Graͤculi? | Soll er vollkommene Griechen aus unseren deutschen Jünglingen machen, auch im besten Sinn Griechen, und nicht bloß Gräculi? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 269 | Einmal muͤßte er nothwendig in ſeiner Abſicht ſcheitern, da ſich der Charakter einer Nation nicht uͤberdoziren laͤßt auf eine andere, und zweitens, waͤre ſchon die Abſicht ein Hochverrath gegen die eigene Nation, die, ſo ſchmaͤhlich ſie auch zerriſſen und zerruͤttet iſt, doch noch immer nicht an ſich ſelbſt zu verzweifeln braucht und noch im Grunde ihres Daſeins tieflaufende Adern bewahrt, die neu entdeckt und ausgegraben ploͤtzlich uͤber die Wuͤſte herſprudeln und dem ſchmachtenden Zuſtande ein Ende machen koͤnnen. | Einmal müsste er notwendig in seiner Absicht scheitern, da sich der Charakter einer Nation nicht überdozieren lässt auf eine andere, und zweitens, wäre schon die Absicht ein Hochverrat gegen die eigene Nation, die, so schmählich sie auch zerrissen und zerrüttet ist, doch noch immer nicht an sich selbst zu verzweifeln braucht und noch im Grunde ihres Daseins tieflaufende Adern bewahrt, die neu entdeckt und ausgegraben plötzlich über die Wüste hersprudeln und dem schmachtenden Zustande ein Ende machen können. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 270 | Erziehung des Juͤnglings nicht zum Philoſophen, nicht zum Griechen, ſondern zum wackern, gebildeten Deutſchen, iſt des deutſchen Lehrers hoͤchſte, zum lebendigen Glied jener Kette der Nationalitaͤt, die Gottlob von Tage zu Tage mehr Glieder und Ringe in ſich aufnimmt und von der Donau bis zur Oſtſee mehr freudig hoffende Seelen umſpannt, iſt des deutſchen Lehrers naͤchſte Pflicht. | Erziehung des Jünglings nicht zum Philosophen, nicht zum Griechen, sondern zum wackeren, gebildeten Deutschen, ist des deutschen Lehrers höchste, zum lebendigen Glied jener Kette der Nationalität, die Gottlob von Tage zu Tage mehr Glieder und Ringe in sich aufnimmt und von der Donau bis zur Ostsee mehr freudig hoffende Seelen umspannt, ist des deutschen Lehrers nächste Pflicht. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 271 | Bildung, meine Herren, iſt ein weites Wort und laͤßt ſich viel darein faſſen. | Bildung, meine Herren, ist ein weites Wort und lässt sich viel darein fassen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 272 | Von theologiſcher, philoſophiſcher, juriſtiſcher Bildung macht man ſich leichter Begriffe, aber, wo von hoͤherer, allgemeiner, von humaner Bildung die Rede iſt, da ſchwebt der Begriff ins Unbeſtimmte und weder der Bildung Ziel noch Umfang tritt den Meiſten recht klar vor Augen. | Von theologischer, philosophischer, juristischer Bildung macht man sich leichter Begriffe, aber, wo von höherer, allgemeiner, von humaner Bildung die Rede ist, da schwebt der Begriff ins Unbestimmte und weder der Bildung Ziel noch Umfang tritt den Meisten recht klar vor Augen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 273 | Das kommt, wir ſind, wie die Fiſche außer dem Waſſer, und leben in keinem rechten Element, wir geben uns im Ganzen Muͤhe genug uns zu bilden und vielleicht mehr als irgend je eine Nation auf dem Erdboden; allein, obgleich wir ſchon behaupten koͤnnen, daß wir unendlich viel mehr wiſſen und lernen, als z. B. unſere Nachbarn uͤberm Rhein und ſelbſt die Englaͤnder, ſo moͤchten wir uns ſchwerlich mit Recht, wenn wir im Leben mit ihnen zuſammenſtoßen, mehr Bildung beilegen duͤrfen, als ihnen. | Das kommt, wir sind, wie die Fische außer dem Wasser, und leben in keinem rechten Element, wir geben uns im Ganzen Mühe genug uns zu bilden und vielleicht mehr als irgend je eine Nation auf dem Erdboden; allein, obgleich wir schon behaupten können, dass wir unendlich viel mehr wissen und lernen, als z. B. unsere Nachbarn überm Rhein und selbst die Engländer, so möchten wir uns schwerlich mit Recht, wenn wir im Leben mit ihnen zusammenstoßen, mehr Bildung beilegen dürfen, als ihnen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 274 | Gutmuͤthig ſcheinen wir den Fremden, und das iſt Alles, was ſie Gutes von uns ſagen. | Gutmütig scheinen wir den Fremden, und das ist alles, was sie Gutes von uns sagen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 275 | Hoͤren wir dagegen unſere Philoſophen, ſo liegt die Unvollkommenheit unſerer Bildung darin, daß wir noch nicht tief genug in die Paragraphen ihrer Philoſophie eingedrungen ſind, und, waͤhrend der Franzoſe, der Englaͤnder, die aͤußere Form und Faſſung an uns vermißt, vermißt ein Hegel noch die erſte, nothwendige philoſophiſche Grundbildung bei den Gebildeten der Nation. | Hören wir dagegen unsere Philosophen, so liegt die Unvollkommenheit unserer Bildung darin, dass wir noch nicht tief genug in die Paragraphen ihrer Philosophie eingedrungen sind, und, während der Franzose, der Engländer, die äußere Form und Fassung an uns vermisst, vermisst ein Hegel noch die erste, notwendige philosophische Grundbildung bei den Gebildeten der Nation. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 276 | Wenn wir uns nun keineswegs dazu verſtehen koͤnnen, in eine uns fremde oberflaͤchliche Form und Feinheit nach Franzoſenart Werth zu ſetzen; auch nicht mit Allgemeinheit das tiefere philoſophiſche Beduͤrfniß fuͤhlen, ſo muͤſſen wir doch anerkennen, daß uns ſelbſt noch jenes ſchoͤne Mittel zwiſchen dem Allerinnerſten und Aeußerſten, zwiſchen dem myſterioͤſen Grund der Philoſophie und der mit Leichtſinn und Flittergold belegten Oberflaͤche des Lebens nicht ſo recht inwohne, ſo daß wir ſagen koͤnnten, wir lebten darin, wie die Voͤgel in der Luft, und wie die Fiſche im Waſſer. | Wenn wir uns nun keineswegs dazu verstehen können, in eine uns fremde oberflächliche Form und Feinheit nach Franzosenart Wert zu setzen; auch nicht mit Allgemeinheit das tiefere philosophische Bedürfnis fühlen, so müssen wir doch anerkennen, dass uns selbst noch jenes schöne Mittel zwischen dem Allerinnersten und Äußersten, zwischen dem mysteriösen Grund der Philosophie und der mit Leichtsinn und Flittergold belegten Oberfläche des Lebens nicht so recht innewohne, so dass wir sagen könnten, wir lebten darin, wie die Vögel in der Luft, und wie die Fische im Wasser. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 277 | Vielmehr iſt es gar Vielen nicht einmal zum Bewußtſein gekommen, daß ihnen der eigentliche Mittelpunkt der Bildung abgehe, daß ſie, um ſich zu foͤrdern und in guter Abſicht rechts und links umhergreifen, um ſich Elemente zur Bildung anzueignen, welche dann oft die allerheterogenſten ſind und eine wunderliche muſiviſche Arbeit hervorbringen, wo rothe, blaue, gelbe und gruͤne Steine ſeltſam und abenteuerlich neben einander liegen. | Vielmehr ist es gar Vielen nicht einmal zum Bewusstsein gekommen, dass ihnen der eigentliche Mittelpunkt der Bildung abgehe, dass sie, um sich zu fördern und in guter Absicht rechts und links umhergreifen, um sich Elemente zur Bildung anzueignen, welche dann oft die allerheterogensten sind und eine wunderliche musivische Arbeit hervorbringen, wo rote, blaue, gelbe und grüne Steine seltsam und abenteuerlich nebeneinander liegen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 278 | Wo die Grundwurzel dieſes Uebels liege, iſt leicht abzuſehen. | Wo die Grundwurzel dieses Übels liege, ist leicht abzusehen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 279 | Die Griechen hatten's leichter, ſich zu bilden, ſie wuchſen ſchon als Kinder in ſolche Bildung hinein, Religion, Politik, Moral, der Himmel ſelbſt beguͤnſtigte ſie. | Die Griechen hatten es leichter, sich zu bilden, sie wuchsen schon als Kinder in solche Bildung hinein, Religion, Politik, Moral, der Himmel selbst begünstigte sie. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 280 | Wir haben es dagegen ſchwer, oft iſt uns Alles entgegen, wir werden von fruͤh auf hierhin geriſſen, dorthin geriſſen, ſind eine Beute der widerſprechendſten Neigungen und haben nirgends einen breiten ſichern Grund, um in Gemeinſchaft mit Andern darauf fortzuwandeln. | Wir haben es dagegen schwer, oft ist uns alles entgegen, wir werden von früh auf hierhin gerissen, dorthin gerissen, sind eine Beute der widersprechendsten Neigungen und haben nirgends einen breiten sicheren Grund, um in Gemeinschaft mit Anderen darauf fortzuwandeln. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 281 | Es mangelt uns an großen gemeinſamen Zwecken, es mangelt uns an oͤffentlichem Leben, und wenn die Schwingungen des griechiſchen Geiſtes zwiſchen Wiſſenſchaft und Staat, zwiſchen Wahrheit und Schoͤnheit, zwiſchen Religion und Poeſie, zwiſchen Himmel und Erde gleichmaͤßig hin und her gingen und ſich nie aus der Bahn entfernten, ſo ſchwanken die unſrigen ohne rechtes Maß bald zu der einen, bald zu der andern Seite uͤber und es koͤnnen in einem Hauſe der tiefſinnigſte und abſtrakteſte Philoſoph, der plattſte Lebemenſch, der wuͤthendſte Demagoge und der ledernſte Philiſter wohnen. | Es mangelt uns an großen gemeinsamen Zwecken, es mangelt uns an öffentlichem Leben, und wenn die Schwingungen des griechischen Geistes zwischen Wissenschaft und Staat, zwischen Wahrheit und Schönheit, zwischen Religion und Poesie, zwischen Himmel und Erde gleichmäßig hin und her gingen und sich nie aus der Bahn entfernten, so schwanken die unsrigen ohne rechtes Maß bald zu der einen, bald zu der anderen Seite über und es können in einem Hause der tiefsinnigste und abstrakteste Philosoph, der plattste Lebemensch, der wütendste Demagoge und der ledernste Philister wohnen. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 282 | Es fehlt uns alſo an gemeinſamen Mitteln der Bildung, weil es uns an Aeußerungen des gemeinſamen Lebens fehlt. | Es fehlt uns also an gemeinsamen Mitteln der Bildung, weil es uns an Äußerungen des gemeinsamen Lebens fehlt. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 283 | Doch ſchon dieſe Einſicht, die ſich in der That immer mehr verbreitet, iſt ſchon ein halber Schritt zur Beſſerung und dieſe Einſicht, zur hoͤchſten Evidenz und Klarheit gebracht, die ein Jeder ihr zu geben im Stande iſt, ſteht ſchon mitten in der Vorhalle derjenigen Wiſſenſchaft, welche, unter Vorausſetzung eines rechten und tuͤchtigen nationalen Lebens, ſich den Zweck ſetzt, die Elemente jener hoͤhern, allgemeinern Bildung darzuſtellen und an Werken der Kunſt und Wiſſenſchaft zu erlaͤutern, der Aeſthetik, oder der Philoſophie der Kunſt, dies Wort im weiteſten Sinn befaßt, worin auch der Menſch als ein Kunſtwerk erſcheint. | Doch schon diese Einsicht, die sich in der Tat immer mehr verbreitet, ist schon ein halber Schritt zur Besserung und diese Einsicht, zur höchsten Evidenz und Klarheit gebracht, die ein Jeder ihr zu geben imstande ist, steht schon mitten in der Vorhalle derjenigen Wissenschaft, welche, unter Voraussetzung eines rechten und tüchtigen nationalen Lebens, sich den Zweck setzt, die Elemente jener höheren, allgemeineren Bildung darzustellen und an Werken der Kunst und Wissenschaft zu erläutern, der Ästhetik, oder der Philosophie der Kunst, dies Wort im weitesten Sinn befasst, worin auch der Mensch als ein Kunstwerk erscheint. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 284 | Es fehlt uns nicht an Philoſophie, wenigſtens nicht an Philoſophen, es fehlt uns nicht an Gelehrſamkeit, es fehlt uns an einem gemeinſamen Mittelpunkt der Bildung, und Urſache deſſen, es fehlt uns an gemeinſamem Leben. | Es fehlt uns nicht an Philosophie, wenigstens nicht an Philosophen, es fehlt uns nicht an Gelehrsamkeit, es fehlt uns an einem gemeinsamen Mittelpunkt der Bildung, und Ursache dessen, es fehlt uns an gemeinsamem Leben. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 285 | Was iſt der Zweck der Erziehung? | Was ist der Zweck der Erziehung? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 286 | Der Zweck der Erziehung iſt Vorbereitung auf den Zweck des Lebens. | Der Zweck der Erziehung ist Vorbereitung auf den Zweck des Lebens. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 287 | Was iſt Zweck des Lebens? | Was ist Zweck des Lebens? |
wienbarg_feldzuege_1834 | 288 | Der Zweck des Lebens iſt das Leben ſelbſt. | Der Zweck des Lebens ist das Leben selbst. |
wienbarg_feldzuege_1834 | 289 | Scheint etwas einfacher zu ſein, als dieſe Antworten auf dieſe Fragen? | Scheint etwas einfacher zu sein, als diese Antworten auf diese Fragen? |